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Morbus Fabry: Waren die Eltern oder Groß- eltern herz- oder nieren- krank?

Morbus Fabry: Waren die Eltern oder Großeltern herz- oder nierenkrank?

Die lysosomale Speicherkrankheit gilt als Erkrankung mit vielen Gesichtern. Unspezifische Symptome verzögern die Diagnose eines Morbus Fabry. Richtungsweisend können Herz- und Nierenleiden schon in jungen Jahren bei anderen Familienmitgliedern sein.

Die Eltern bitten immer wieder um Rat: Ihr 13-jähriger Sohn leidet häufig an Bauchkrämpfen, und Phasen von Völlegefühl wechseln sich mit Episoden von Durchfall ab. Der Jugendliche klagt zudem über kalte Finger und sogar über brennende Schmerzen an Füßen und Händen. Ansonsten ist er körperlich und sozial gut entwickelt. Allerdings berichtet die besorgte Mutter, dass er wegen seiner häufigen Fehlstunden Lücken beim Unterrichtsstoff und entsprechend schlechte Noten habe.

Die Familie ist vor wenigen Jahren aus einem anderen Bundesland zugezogen, die Krankengeschichten der Verwandten sind daher nicht bekannt. Doch gerade bei anhaltenden, unspezifischen Symptomen ohne klar erkennbare Ursache kann die Familienanamnese auf die richtige Spur führen. Im konkreten Fall erzählt die Mutter, dass ihre eigene Mutter sehr früh an einem „Nierenleiden“ gestorben sei. Und ihre Schwester müsse Herzmedikamente einnehmen, obwohl der Blutdruck nicht erhöht sei. Sie selbst sei wegen einer Depression in Behandlung, was sie auf ihre Sorgen um den kranken Sohn zurückführt. Diese Einblicke in Verbindung mit den geschilderten Symptomen des Jugendlichen lassen jedenfalls den Verdacht auf das Vorliegen einer hereditären Stoffwechselerkrankung, des Morbus Fabry, aufkeimen.

Was sind die Ursachen für Morbus Fabry?

Die Stoffwechselerkrankung Morbus Fabry zählt mit einer Inzidenz von etwa 1 : 40.000 zu den seltenen Erkrankungen, auch Orphan Diseases genannt. Hochgerechnet auf die heimische Bevölkerung, dürfte es in Österreich demnach etwa 200 Personen mit Morbus Fabry geben. Ursächlich für diese lysosomale Speicherkrankheit ist eine X-chromosomal vererbte Mutation im Alpha-GalaktosidaseA-Gen (GLA-Gen), die letztlich zu einem Funktionsverlust des Enzyms Alpha-Galaktosidase A (a-GAL A) in den Lysosomen führt. Es kommt zu einer fortschreitenden intrazellulären Akkumulation von Glycosphingolipiden, vor allem von Globotriaosylceramid (Gb3), mit Entzündungsreaktionen, Hypertrophie und letztlich Fibrosierung mit progredienten Zell- und Organdysfunktionen sowie irreversiblen Spätschäden.1

Welche Symptome kennzeichnen Morbus Fabry?

Von der chronisch progredienten Multisystemerkrankung sind häufig Niere, Herz, Gastrointestinaltrakt, ZNS und peripheres Nervensystem betroffen. Schon im Kindes- und Jugendalter können erste sehr unspezifische Fabry-Symptome auftreten, beispielsweise Hitzeempfindlichkeit, ein starkes Brennen an Handflächen und Fußsohlen, Angiokeratome, Schwindel oder gastrointestinale Beschwerden. Zu den wenigen typischen und richtungsweisenden Symptomen zählt die Cornea verticillata, eine beidseitig auftretende Hornhauttrübung durch wirbelförmige Ablagerungen.1

In späteren Lebensjahren manifestieren sich Organschäden vor allem an der Niere und am Herzen. Richtungsweisend aus nephrologischer Sicht sind Proteinurie und eine frühzeitige progrediente Nierenerkrankung ohne klar erkennbare Ursache, etwa in der vierten Lebensdekade. Kardiologische Hinweise sind eine hypertrophe Kardiomyopathie, bei der andere Ursachen wie kardiale Amyloidose oder Nachlasterhöhungen wie ausgeprägter Hypertonus oder hochgradige Aortenklappenstenose ausgeschlossen werden können, oder zerebrale Insulte in jüngeren Jahren (auch in der Familienanamnese). Aufgrund der Manifestation im ZNS können auch psychische Symptome wie Depression und Psychosen mit Morbus Fabry assoziiert sein.1 Die nebenstehende Abbildung zeigt die Heterogenität möglicher Symptome bei Morbus Fabry auf.

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Morbus Fabry: Behandlungsmöglichkeiten

Für die kausale Therapie des Morbus Fabry stehen zwei etablierte Therapieansätze zur Verfügung, die Enzymersatztherapie als Infusion, die alle 14 Tage verabreicht wird, und für Patienten mit geeigneten Mutationen auch eine pharmakologische Chaperon-Therapie in Form einer Kapsel zur oralen Einnahme.1

Wie wird Morbus Fabry diagnostiziert?

Die Diagnose dieser progredienten Multiorganerkrankung ist wegen der oft unspezifischen Beschwerden herausfordernd. Ein Blick in die Familienanamnese kann richtungsweisend sein, etwa wenn bei den Eltern oder Großeltern schon in jungen Jahren schwere Herz- oder Nierenerkrankungen aufgetreten sind. Auch bei Symptomen wie einem vergrößerten Herzen ohne erkennbare Ursache, vor allem ohne Hypertonie, sowie bei unklaren Bauchbeschwerden sollte differenzialdiagnostisch an einen Morbus Fabry gedacht und die Patienten an ein Spezialzentrum überwiesen werden. In einem ersten Schritt wird mittels einer Trockenblutkarte die Aktivität des Enzyms a-GAL A in Leukozyten bestimmt. Bei männlichen FabryPatienten ist die Enzymaktivität immer reduziert, die Mutation des GLA-Gens wird ergänzend bestimmt. Bei Frauen schließt eine Enzymaktivität im Normbereich einen Morbus Fabry nicht aus, sodass trotz eines normalen Bluttests immer eine molekulargenetische Untersuchung durchgeführt werden muss, um die Diagnose abzusichern oder auszuschließen.1

Warum ist eine frühzeitige Diagnose wichtig?

Die zunehmende Akkumulation von Speichermaterial führt zu Schäden in den betroffenen Organen, die letztlich irreversibel sind. Je früher mit symptomatischen und geeigneten kausalen Therapien (siehe Infobox) begonnen wird, desto eher kann es gelingen, die Organmanifestationen zumindest zu verzögern und die Prognose sowie die Lebensqualität zu verbessern.1

1 Lenders M, Brand E. Fabry Disease: The Current Treatment Landscape. Drugs 2021; 81:635–645.

MORBUS FABRY

Eine Krankheit - Viele ManifestationenMORBUS FABRY Eine Krankheit - Viele Manifestationen

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