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Wunden adäquat behandeln

„Beim Wundmanagement steht der ganze Patient im Mittelpunkt.“

Wunden jeglicher Art gehören nicht selten zum Arbeitsbereich von Ordinationsassistenten. Deren Versorgung, etwa das Reinigen, das Anlegen oder Wechseln von Verbänden, ist eine tägliche Herausforderung. Bei kleineren Schrammen gilt: Die Blutung mit sterilen Tupfern stillen, die verletzten Hautareale mit Desinfektionslösung oder physiologischer Kochsalzlösung reinigen und adäquat verbinden. Verbrennungen müssen zudem gekühlt werden. Worauf es beim umfassenden Wundmanagement ankommt, weiß die geprüfte Wundexpertin Nicole Edelmayer: „Durch eine fachgerechte Wundbehandlung lässt sich der Heilungsverlauf optimieren. Gute Wundversorgung bedeutet, die Strukturen, also die Wunden, zu erkennen und zu ‚verstehen‘ sowie diese mit einfachen, aber zielführenden Mitteln zu behandeln. Das oberste Ziel ist es, akute Wunden nicht zu chronischen werden zu lassen.“

Akute und chronische Wunden

Zu akuten Wunden zählen etwa jene, die durch traumatische Ereignisse verursacht wurden. Das sind beispielsweise Abschürfungen, Schnittverletzungen oder Verbrennungen. Ebenso zu dieser Gruppe gehören die iatrogenen – von Ärzten durch operative Eingriffe verursachten – Wunden. Vorsicht ist hier bei sogenannter Nahtdehiszenz geboten. Bereits in der Wunde vorhandene Keime könnten eine solche hervorrufen. Wesentlich komplizierter verhält es sich mit schlecht heilenden oder chronischen Wunden. Diese können die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken und ernste Folgen bis hin zur Sepsis oder Amputation von Gliedmaßen haben“, weiß die Fachfrau.

Expertin zum Thema: DGKP Pharm.-Ref.in Nicole Edelmayer

Stellvertretung der Verkaufsleitung, Training&-Education-Managerin, Sorbion Austria

Foto: © Sorbion-austria

Achtung: Störung!

Zu Wundheilungsstörungen kann es etwa durch das Eindringen von Bakterien kommen. Auch Fehler bei der Wahl von Verbandsstoffen können das Abheilen einer Wunde stark beeinträchtigen. Ein Fehlverhalten der Patienten kann ebenfalls zu Komplikationen führen – etwa wenn Arzttermine zur Wundkontrolle und -versorgung nicht eingehalten werden. Unerlässlich ist auch die Frage nach bestimmten Erkrankungen, die in Bezug auf die Wundheilung eine Rolle spielen. Das gilt etwa für Diabetes mellitus, Veneninsuffizienz oder arterielle Durchblutungsstörungen sowie für diverse andere Erkrankungen. Das Abheilen einer Wunde kann durch verschiedene lokale Faktoren behindert werden. Fremdkörper, direkter Druck auf die Wunde, eine ungeeignete Therapie oder Unterkühlung sind Beispiele dafür. Zu den systemischen „Wundheilungshemmern“ zählen Stress, bestimmte Medikamente, das Alter, Mangelernährung, Immobilität oder das Rauchen und vor allem die Grunderkrankung, welche hinter der chronischen Wunde steckt. Deswegen ist das Erkennen und Behandeln der Grunderkrankung eine der wesentlichen Säulen eines erfolgreichen Wundmanagements.

Das Wichtigste in Kürze

Von einer Wunde spricht man, wenn eine oder mehrere Hautschichten durchtrennt und Gewebe zerstört wurde. Oft sind traumatische Ereignisse, etwa Schnitte oder Abschürfungen, die Ursache dafür. Gemeinsam mit ärztlich verursachten Wunden – beispielsweise durch operative Eingriffe – zählen diese zu den akuten Wunden. Dem stehen chronische Wunden gegenüber. Um Beeinträchtigungen und Schäden der Haut zu vermeiden, wird im Körper ein „Reparaturprogramm“ in Gang gesetzt. Wie effizient dieses funktioniert, hängt von diversen lokalen und patientenspezifischen Faktoren ab. Die Wundheilung verläuft in drei Phasen: Reinigung, Granulation und Epithelisation. Als Exsudat wird in der Medizin eine Absonderung der Wunde bezeichnet. Einer ärztlichen Begutachtung und Versorgung bedürfen hingegen alle Arten von Wundsituationen, vor allem chronische Wunden, stark verunreinigte oder entzündete, sehr große, tiefe oder klaffende Wunden. Auch bei bestimmten Erkrankungen (Diabetes mellitus oder Blutgerinnungsstörungen) sollte man einen Arzt konsultieren.

Nicht zu feucht, nicht zu trocken

Entscheidend ist es, Entzündungszeichen zu erkennen. Dazu zählen Rötungen, Schmerzen, Schwellungen,

Überwärmung und Funktionseinschränkungen des Gewebes („Functio laesa“). Vor allem das Exsudat, also die Wundflüssigkeit, kann aufgrund der austretenden Menge, der Farbe und des Geruchs wertvolle Informationen liefern. Nässt eine Wunde etwa sehr stark, kann dies auf eine hohe Keimlast hindeuten. Generell spielt das Exsudat im Wundmanagement eine wesentliche Rolle. Entscheidend ist es, ein Gleichgewicht zu erhalten bzw. herzustellen. „Eine Wunde darf weder zu feucht noch zu trocken sein“, erklärt Edelmayer. Bei der Wundversorgung ist jener Faktor entscheidend für die Wahl des geeigneten Verbandmaterials. Tritt viel Exsudat aus, sind aufsaugende Verbände ratsam. Ist die Wunde hingegen sehr trocken, muss diese durch entsprechende Materialien feucht gehalten werden, außer man möchte die Wundheilung durch Austrocknung fördern. Ganz wesentlich sei es, so die Fachfrau, zu verstehen, dass eine Wunde nicht bloß abgedeckt werden solle. Es gilt zu überlegen: „Was zeigt mir die Wunde? Was ist das Ziel und mit welcher Produktgruppe erreiche ich es?“

Die Wunde im Auge behalten

In jedem Fall empfiehlt Nicole Edelmayer, Wunden (fotografisch) gut zu dokumentieren. Vor allem, wenn man häufig mit Wundversorgung und mit vielen verschiedenen Patienten zu tun hat, wird es schwierig sein, sich beim nächsten Termin noch genau an die Beschaffenheit, den Verlauf des Wundrandes etc. zu erinnern. Diese Dokumentation dient insbesondere auch der wundgerechten Versorgung.

Kein Standardrezept

Zu guter Letzt betont Frau Edelmayer: „Ich kann kein Patentrezept geben. Es gibt Richtlinien, welche bei allen Wunden umzusetzen sind, jedoch ist jede Wunde, jeder Patient individuell zu betrachten. Beim Wundmanagement steht der ganze Patient im Mittelpunkt – nicht die Wunde allein.“

Margit Koudelka

X Infobox: Weiterbildung zum Wund-

manager

Eine Weiterbildung im Wundmanagement befähigt die Absolventen zu praxisgerechten und ganzheitlichen Handlungen am Patienten. Über anerkannte Ausbildungsmöglichkeiten in Ihrer Nähe erhalten Sie Auskünfte unter BdA. office@arztassistenz.at.

Dieser Beitrag wurde im Fortbildungs-Fragebogen auf S. 23 berücksichtigt.

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