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Gürtelrose im Vormarsch
Schutz vor „stärksten Schmerzerlebnissen“ durch innovative Impfung
Komplikationen keine Seltenheit
Das Risiko, Gürtelrose zu bekommen, steigt mit dem Lebensalter. Mindestens die Hälfte aller Patienten ab dem
Das Varizella-Zoster-Virus kann bei einer Primärinfektion Windpocken auslösen. Nach der FeuchtblatternErkrankung lebt das Virus in den Nervenzellen weiter. Normalerweise ist es inaktiv und wird von seinem Wirt nicht wahrgenommen. Gewisse Faktoren – etwa die Einnahme von immunsupprimierenden Medikamenten, ein geschwächtes Immunsystem, ein höheres Lebensalter oder Stress – können jedoch zu einer Reaktivierung des Virus und somit zu einer Gürtelrose (Herpes Zoster) führen. Schätzungen zufolge ist dies bei etwa zwei bis fünf von 1.000 Personen, also bei rund 30.000 Österreicherinnen und Österreichern der Fall. Tendenz steigend. Die Inzidenz nimmt seit Jahrzehnten graduell zu. Es gibt mehrere potentielle Erklärungen hierfür. „An erster Stelle ist die stetig steigende Lebenserwartung zu nennen. Ein zweiter Risikofaktor ist, dass verschiedenste das Immunsystem unterdrückende Maßnahmen und Krankheiten die Gürtelrose fördern. Und nachdem wir heute viele moderne Medikamente an der Hand haben, die das Immunsystem supprimieren, mag das auch zur Erhöhung der Inzidenz beitragen. Ein dritter Faktor könnte sein, dass in Ländern, in denen flächendeckend gegen Windpocken geimpft wird, die Gürtelrose zunimmt, was allerdings bis dato äußerst kontroversiell gesehen wird. Auf Österreich trifft dies nicht zu, aber zum Beispiel auf die USA oder Japan“, so der Dermatologe Prim. Univ.Doz. Dr. Robert Müllegger vom Landesklinikum Wiener Neustadt.
Kein Ausschlag, trotzdem Gürtelrose
Die häufigste Manifestation der Gürtelrose ist ein Hautausschlag. Dieser kann eine ungewöhnliche Form haben, weil er dem Muster der Nervenwurzeln folgt. Ein typisches Merkmal ist, dass der Ausschlag meist nur auf einer Körperseite verbleibt. „Wenn der Hautausschlag der Gürtelrose einmal vorhanden ist, dann lässt sich die Diagnose ohne Zusatzmethoden klinisch leicht stellen. Schwierig gestaltet sie sich hingegen, wenn die Schmerzen der Gürtelrose vorhanden sind, aber noch keine Hautveränderungen“, erläutert der Experte: „Bei halbseitigen neuropathischen Schmerzen, etwa im Gesicht oder am Körperstamm, wird oft primär an Herzinfarkt, Lungenentzündung, Zahnbeherdung, Blinddarmentzündung und vieles mehr gedacht, was durchaus plausibel ist.“ Weitere mögliche Anzeichen sind Taubheitsgefühl oder Kribbeln auf der Haut sowie Fieber.
DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE
Das Varizella-Zoster-Virus führt bei vielen
Kindern zu Windpocken. Das Virus verbleibt dann unbemerkt in den Nervenzellen. Bestimmte Faktoren können es wieder aktivieren und eine Gürtelrose auslösen. Das Risiko, dass das Varizella-Zoster-Virus reaktiviert wird, steigt mit den Lebensjahren. Mit zunehmendem Alter wächst zudem das Risiko, dass die Gürtelrose
Komplikationen verursacht. Das auffälligste Symptom ist ein schmerzhafter Ausschlag, bei dem sich auch entzündliche rote Flecken und Bläschen bilden. Nicht in allen Fällen tritt dieser
Ausschlag jedoch auf, was die Diagnose erschwert. Mit einer Schutzimpfung kann die Erkrankung verhindert werden. Empfohlen wird die Impfung allen Menschen ab dem 50.
Lebensjahr, für manche Risikogruppen bereits im jüngeren Alter.
60. Lebensjahr ist von Komplikationen betroffen. Hier sind vor allem die Post-Zoster-Schmerzen zu erwähnen. Diese können bei manchen Personen bis zu vielen Monaten und gar Jahren anhalten. „Wer Erfahrung mit ZosterPatienten hat, weiß, dass sie zu den stärksten Schmerzerlebnissen in der Humanmedizin zählen. Und noch dazu sind sie schwer behandelbar. Häufig müssen wir Patienten mehrere Analgetika und Co-Analgetika verschreiben, und der Schmerz ist trotzdem noch nicht vollständig beherrscht“, berichtet Prim. Müllegger aus seiner Praxis. Bei Gürtelrose im Gesicht kommt es nicht selten zu entzündlichen Veränderungen am Auge.
Frühzeitig therapieren
Die Gürtelrose wird in leichten Fällen mit oralen Virostatika behandelt, sowie mit Puderpräparaten, die die Bläschen austrocknen. Schwerwiegendere Fälle werden mit Infusionen und Schmerzmitteln therapiert. Auftreten und Dauer von Nervenschmerzen können damit vermindert bzw. verkürzt werden. Je früher die Therapie einsetzt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit von Folgeerkrankungen, vor allem der PostZoster-Neuralgie.
Wer sich impfen lassen sollte
Seit vergangenen Herbst ist ein neuer Totimpfstoff gegen Herpes Zoster in Österreich uneingeschränkt verfügbar. Anders als – nicht mehr empfohlene – Lebendimpfstoffe schützt dieser auch noch nach mehreren Jahren vor dem Auftreten eines Herpes Zoster und den damit verbundenen Komplikationen. Empfohlen wird die Immunisierung laut österreichischem Impfplan allen Menschen ab dem 50. Lebensjahr. Zusätzlich rät der Dermatologe bestimmten Risikogruppen bereits ab dem 18. Lebensjahr zu die-
ser Impfung. Dazu zählen etwa Menschen mit HIV-Infektion, Rheuma, schweren Nierenleiden, Lupus (Schmetterlingsflechte) oder einer Krebserkrankung, Personen, die eine Transplantation hinter sich haben oder ein immunsupprimierendes Medikament einnehmen müssen. Dieser Rat gilt unabhängig davon, ob man als EXPERTE: Prim. Univ.-Doz. Dr. Kind eine Varizellen-ImpRobert Müllegger fung erhalten hat oder nicht, Abteilung für Dermatologie und Venero- obwohl bereits gegen Varilogie, Landesklinikum zellen geimpfte Personen ein Wiener Neustadt geringeres Risiko für Herpes Zoster aufweisen. „Die Impfung wirkt in deutlich über 90 Prozent gegen Herpes Zoster und in deutlich über 90 Prozent gegen Zoster-Schmerzen. Sie verursacht keine gefährlichen Nebenwirkungen und schon gar keine Todesfälle. Wir haben somit mit der Impfung eine sehr gute präventive Methode gegen die Erkrankung bei der Hand“, so der Dermatologe.
Mag.a Karin Martin, Margit Koudelka
BETRIFFT MICH GÜRTELROSE?
JA. UND SO FÜHLT SICH DAS AN.

Gürtelrose ist eine meist sehr schmerzhafte Erkrankung, die mit schweren Komplikationen einhergehen kann.
Fast alle Erwachsenen über 50 (>99%) tragen das Virus, das Gürtelrose auslöst, in sich.
Jede/r Dritte erkrankt im Laufe des Lebens an Gürtelrose.
Betroffene beschreiben die Schmerzen wie Stiche – als würden sich die Dornen einer Rose tief in die Haut bohren.
Sind Sie 50 oder älter? Für Personen ab 50 Jahren ist laut österreichischem Impfplan eine Impfung gegen Gürtelrose empfohlen. Fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt nach dem bestmöglichen Schutz vor Gürtelrose.
