gastrotel 5/6-2021

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IDEE & KONZEPT

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CÖLLN‘S IN HAMBURG

Die zeitgemäße Hamburgensie Im Cölln’s am Hamburger Rathaus präsentiert Jan Schawe, Gründer der Delikatessenmarke Mutterland, sein modernes Konzept nachhaltiger und regionaler Feinkost in den geschichtsträchtigen Räumlichkeiten Deutschlands ältester Austernstube – hauseigene Fischräucherei inklusive. Von Anne Glaser Die Hamburger Feinkost-Manufaktur ­Mutterland war bis 2017 mit drei Standorten­ in der Hansestadt vertreten: Das mittlerweile 2020 komplett erneuerte Stammhaus am Hauptbahnhof bietet neben einem ­Delikatessenhandel auch eine Gastronomie mit Café, Restaurant und Bar, eine gläserne Chocolaterie und einen großen Take-AwayBereich. Auch in der Innenstadt und im vornehmen Eppendorf führt Mutterland je ein Geschäft sowie eine hauseigene Backstube. Ergänzt wird das Angebot von einem Online­ shop. 2017 hat das Unternehmen zusätzlich das Restaurant Cölln’s übernommen, das als echte Hamburgensie gilt.

Eine lebhafte Geschichte Seit über 250 Jahren ist das Jugendstil-Haus im Brodschrangen eine beliebte Adresse für Fisch- und Meeresfrüchtespezialitäten. Was 1760 als kleine, aber feine Handlung

begann, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts von Johann Cölln übernommen und um eine weitläufige Gastronomie erweitert. Von ihm erhielt die erfolgreiche Fisch- und ­Austernstube auch den bis heute bekannten Namen. Seine Firma lancierte zum größten Kaviarlieferanten Europas und zählte neben­ berühmten Hotels auch ­ Königshäuser zu ihren Kunden. Mit dem guten Ruf kamen auch bedeutende Gäste: Kaiser ­Wilhelm II. und Bismarck dinierten im Cölln’s und auch Zar Nikolaus II. und seine Frau pausierten hier 1897 auf ihrem Weg nach England. In neueren Zeiten waren es Helmut und Loki Schmidt, die man hier regelmäßig antraf. Sie alle schätzten die Diskretion, die die Sepa­ rees des Restaurants ihnen boten – Das Cölln‘s begeisterte bereits Kaiser, Zaren und politische Größen. Besonders geschätzt werden seither die Separees

und ­natürlich auch das Essen. So heißt es über den Verleger Rudolf Augstein, dass dieser in den 1980er Jahren am liebs­ten die „Kanalarbeiter-Schnitte“ bestellte – 200 Gramm Tartar vom Rinderfilet auf Brot, kurz überbacken, dazu etwas Crème Fraîche und zwei Löffel Kaviar. Dabei stritt er mit seinen­­Begleitern John Jahr Senior und Gerd Bucerius­derart laut, dass sich die Gäste im benachbarten Separee beschwerten.

Zwischen Tradition und Moderne Auch heute spürt und sieht man die lange und lebhafte Geschichte des Cölln’s, das 1988 aufwendig restauriert und umgebaut wurde. Rund 30.000 handgefertigte Jugendstil-Fliesen von Villeroy & Boch zieren mehrere Bereiche des Restaurants mit delikaten Mustern und einem Gemälde der Elbe und ihres Reichtums an Meeresfrüchten. Auch der

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