gastrotel 3-2019

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MANAGEMENT & MARKETING

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INTERVIEW: CHRISTOPHER NOLDE & MORITZ LECHNER, BOLERO

ZU DEN PERSONEN Christopher Nolde (rechts im Bild) wurde durch den Besitzerwechsel 2018 Geschäftsführer der Bolero-Gruppe. Zuvor war der ExFallschirmjäger und -Presseoffizier zwölf Jahre bei der Bundeswehr, studierte Politik und VWL und absolvierte ein MBA-Studium. Vor 15 Jahren folgte der Wechsel in mittelständische Unternehmen, in denen er mit den Themen Restrukturierung/Sanierung, Wachstum, Aufbau, Marketing, Sales und Markenführung, auch in der Gastronomie, betraut war. Moritz Lechner entdeckte während seines Ingenieurwesen-Studiums seine Liebe zur Gastronomie, indem er nebenbei im Bolero in Bremen als Aushilfe jobbte. Von 2003 bis 2012 war er hier für die Gruppe beschäftigt. Seit 2014 ist er Geschäftsführer in Kassel. Beim Bolero in Kassel ist die Adresse „Schöne Aussicht“ Programm. Auf zwei Etagen verteilt sich das Restaurant mit einer großen Außengastronomie, die auch den Beach umfasst. Herzstück ist die große Theke, die den Gast direkt beim Betreten „begrüßt“

Bolero ist bis auf zwei Lokale in Hamburg hauptsächlich in mittelgroßen Städten vertreten, wie etwa in Braunschweig (links) und Schwerin (rechts)

„So viel System wie nötig, so viel Individualität wie möglich“ ist ein Zitat von Ihnen, Herr Nolde. Wie setzen Sie dies um? Inwieweit unterscheiden sich Ihre Standorte? Nolde: Jeder hat sein Alleinstellungsmerkmal. In Schwerin­ist es die absolute Innenstadtlage. In Hamburg­ sind wir im Stadtteil Rotherbaum: Viel Kaufkraft und die Universität, die Tennisanlage Rotherbaum sowie ­Unternehmen, deren Mitarbeiter zu uns zum Mittagstisch kommen, sind in der Nähe. Hier in Kassel kann man von der Terrasse aus 20 Kilometer weit in die Kasseler Berge gucken. In Bremen und Rheine sind wir direkt­am Wasser. Wir versuchen, immer eine gute Lage zu bekommen. Denn ganz wichtig bei Bolero ist eine schöne Außen­ gastronomie: Draußen sitzen, Cocktails trinken. Wir wollen ein Look & Feel von Lateinamerika­ bieten und zum Verweilen einladen, obwohl wir eine Systemgastronomie­sind. Gut essen, fröhlich feiern und so vom Wettbewerb absetzen ist unsere Devise. Dafür bieten wir eine reichhaltige Küche des gesamten amerikanischen Kontinentes und über 100 Cocktails. Ist das Speisen- und Cocktailangebot in jedem Bolero also immer gleich? Nolde: Es gibt ein Rezeptbuch für die Cocktails, nach dem die Drinks zubereitet werden. Unsere Barkeeper werden zentral regelmäßig geschult. Auch die Speisen sind identisch, außer beim Mittagstisch. Da muss es schnell gehen und wir lassen jedem Betriebsleiter freie Hand, sie kennen die jeweilige Klientel besser. Die Gäs­ te in Duisburg sind anders als in Schwerin. Auch bei ­Aktionen beziehen wir soziographische Faktoren ein. In Kassel gibt es montags immer den 2 4 1 Burger Monday, der würde in Hamburg-Rotherbaum nicht funktionieren. Ähnlich verhält es sich bei unseren Events: In Bremen haben wir eine 90er-Party. Wir liegen dort direkt an der Weser im Ausgehviertel Schlachte. Das läuft dort sehr erfolgreich, würde aber an anderen Standorten nicht funktionieren. Kurz: Jedes Bolero hat im Grunde sein eigenes Positionierungskonzept und die Promotions werden darauf ausgerichtet. Was hat sich mit der Übernahme bei Bolero verändert? Nolde: Ein Grundanliegen ist es, dass ein Gast im Bolero außergewöhnlichen Service erfährt. Ein Tool dafür sind unsere Feedback-Kärtchen, die jeder Servicemitarbeiter mit seinem Namen personalisiert und dem Gast mit ei-

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ner Begrüßung und Vorstellung noch vor der Bestellung auf den Tisch legt. Das hat zur Folge, dass das Servicepersonal schon mit einer anderen Körperspannung an den Tisch kommt, weil es weiß: Ab der Begrüßung läuft die Feedback-Uhr. Der Gast kann mittels QR-Code sein Feedback in Form von Sternen abgeben. Den Betriebsleitern werden die Bewertungen direkt übermittelt und sie können dementsprechend reagieren. Wir haben auch Golden Rules, unsere kleine Servicebibel, die überall in den internen Räumen des Restaurants hängt. Eine Regel ist, dass jeder Gast nach dem Betreten des R ­ estaurants innerhalb von zehn Sekunden begrüßt werden muss – das kann auch von der Theke aus sein. Hauptsache der Gast merkt, dass er wahrgenommen wurde. Darüber hinaus haben wir den kompletten Außenauftritt geändert, von der Karte bis hin zur Website. Grafisch sowie inhaltlich, beispielsweise haben wir alles Mediterrane aus der Karte gestrichen. Ebenfalls wurde die Arbeitskleidung um neue schwarze Hemden ergänzt. Sie haben eben Ihre Anzahl von 100 Cocktails erwähnt. Lechner: Die Cocktails gehören zum Markenkern. Da­ rauf sind auch unsere Boleros mit dem großen Tresen zentral im Raum ausgerichtet, der sofort ins Auge fällt. Wir wollen unseren Gästen zeigen, wo wir herkommen. Früher war das Food- & Beverage-Angebot mehr getränke­lastig. Im Laufe der Zeit hat man das Speisenangebot weiterentwickelt, auch in der Qualität. Wir ­haben nur ein Sortiment, keine Happy Hour-Sparte, und mixen mit hochwertigen Marken-Spirituosen. Das ist der Weg, den wir schon immer gehen und auch weiterverfolgen werden. Wie entwickeln Sie die Rezepturen? Werden die Cocktail-Karten regelmäßig überarbeitet? Lechner: Natürlich haben wir die Klassiker, die jeder kennt. Eine Bar ohne Caipirinha, Cuba Libre oder Mai Thai wird schwierig. Da wir hier in Kassel direkt am Kino sind, bestellen Gäste, wenn beispielsweise ein neuer James Bond in die Kinos kommt, Wodka Martini, geschüttelt, nicht gerührt. Wir hatten früher die Kategorie „Der Bolero-Barkeeper empfiehlt“, in der jeder Laden einen Drink gestellt hat. Daraus sind Cocktails entstanden, die so erfolgreich liefen, dass wir sie beibehalten haben, wie den Rose of Kassel. Natürlich ist es trotz allem so, dass das Angebot auf die Zielgruppe ab-

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