kult! 04 (2/11)

Page 1

kult! 60er · 70er · 80er

www.goodtimes-magazin.de

D: € 6,50

Österreich € 7,50 Luxemburg € 7,50 Schweiz CHF 12,70 Ausgabe 2/2011 (Nr. 4)

r mit Postne es + Rolling Sto Uschi Glas

Dean Reed · Die Profis · Die Mädchen vom Immenhof · Senta Berger · Gitte · Kultalben der 70er · Titanic Satiremagazin


ROCK – BEAT – POP – BLUES – FOLK – SOUL – SURF – PUNK – WAVE

Wir können Musik! GoodTimes ist DAS Magazin für die Musik der 60er, 70er und 80er Jahre! Fundiert und unterhaltsam berichten wir über Künstler & Konzerte, über CDs, Bücher & DVDs, über Rares & Kurioses. Viele Stars sind weiterhin aktiv auf Bühnen und in Studios – wir informieren Sie! Und haben dabei stets auch Augen und Ohren für hörenswerte, faszinierende Neulinge. Heft 2/2011

Heft 6/2010

Heft 5/2010

Heft 4/2010

Heft 2/2010

Heft 4/2009

Heft 3/2009

Heft 1/2009

Heft 6/2008

Heft 4/2008

Heft 3/2008

Heft 2/2008

www.goodtimes-magazin.de Alle Hefte portofrei – für nur je 5,90 € – zu bestellen im Internet oder Telefon: 0 70 42/37660-160 · goodtimes@nikma.de NikMa Musikbuch-Verlag · Eberdinger Straße 37 · 71665 Vaihingen/Enz

Alle zwei Monate NEU im Handel.


IMPRESS UM Anschrift: NikMa Musikbuch-Verlag Fabian Leibfried Eberdinger Straße 37 71665 Vaihingen/Enz Tel: 0 70 42/37660-160 Fax: 0 70 42/37660-188 email: goodtimes@nikma.de www.goodtimes-magazin.de

Herausgeber und Chefredakteur: Fabian Leibfried

Mitarbeiter: Norman Bender, Horst Berner, Lothar Brandt, Michael Fuchs-Gamböck, Hans-Jürgen Günther, Christian Hentschel, Frank Küster, Bernd Matheja, Helmut Ölschlegel, Thorsten Pöttger, Martin Reichold, Julia Rosenthal, Philipp Roser, Detlev Schröder, Oliver Schuh, Ulrich Schwartz, Eckhard Schwettmann, Alan Tepper, Uli Twelker, Peter Verhoff Jürgen Wolff

Kaufmännische Leitung: Andrea Leibfried

Grafische Gestaltung: Andrea Zagmester, kult@nikma.de Kathleen Müller, grafik@nikma.de

Anzeigenverkauf: Petra Czerny, anzeigen@nikma.de

Vertrieb: IPS Pressevertrieb GmbH Postfach 1211 53334 Meckenheim Tel: 0 22 25/88 01-0

Druckerei: Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG Frankfurter Str. 168 34121 Kassel

Erscheinungsweise: 2x jährlich

Copypreis:

Einzelheft: 6,50 € (Preis inkl. 7% MwSt.)

Abonnement: siehe Seite 33

Anzeigen: Für gewerbliche Anzeigen bitte Preisliste Nr. 01 (inkl. Mediadaten) anfordern.

Kontoverbindung: NikMa Musikbuch-Verlag Kreissparkasse Ludwigsburg

Konto: BLZ: IBAN: BIC:

108 294 604 500 50 DE38 6045 0050 0000 1082 94 SOLADES1LBG

Titelfotos: Uschi Glas: Bildarchiv Hallhuber Rolling Stones: Bildarchiv Hallhuber John Wayne: © Bear Family Der Verlag hat sich bemüht, alle Rechteinhaber der abgedruckten Fotos zu erreichen. Leider ist dies nicht in allen Fällen gelungen. Ggf. möchten bisher unbekannte Urheber ihre Ansprüche geltend machen. GoodTimes "kult" ist auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt! Weiterverwendung aller in GoodTimes "kult" erschienenen Artikel, Interviews, Fotos, Rezensionen etc. nur mit der Zustimmung des Herausgebers gestattet. Gerichtsstand: Stuttgart

r mit Postne es + Rolling Sto Uschi Glas

Willkommen bei Liebe Leserinnen und Leser!

kult!

Die so genannte Leser-Blatt-Bindung gehört zu den meistdiskutierten Fachbegriffen in Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen und -verlagen, und darum auch bei kult!. Es geht dabei darum, ein möglichst enges Verhältnis zwischen Lesern und Machern herzustellen, was oft gar nicht so einfach ist. Doch können all diejenigen, die unser Magazin mögen, sich zumindest ein Bild davon machen, wie die Autorinnen und Autoren aussehen (und auch ihr Alter schätzen): Die Fotos zu den "kult!-Charts" machen es möglich. Auch innerhalb der Redaktion gibt es beim Lesen der Manuskripte nicht selten Überraschungen – wenn nämlich festgestellt wird, was ein Kollege in seiner Jugend so getrieben, womit sich manche Kollegin einst beschäftigt hat. In dieser Ausgabe wird zum Beispiel enthüllt, wer aus der kult!-Crew einst als Matrose auf Zeit über die Weltmeere schipperte. Ein anderer Autor gesteht, wie er beim Schallplattenkauf im vergangenen Jahrhundert dann und wann hormongetrieben lieber mit den Augen hörte ... Unterschiedlichsten Kultcharakter haben einmal mehr alle Themen dieses Heftes: die rasende Rassekatze namens Jaguar E-Type, die einst manchen Heranwachsenden faszinierte; die Begeisterung für die Abenteuer der Mannschaft des Raumschiffs Orion; das Nuckeln an einer Bluna-Flasche; das Schmökern in "Bessy"- und "Donald Duck"-Heften; das samstägliche Warten auf Ilja Richters TV-"Disco" – Schlag auf Schlag Erlebnisse, Ereignisse und Erinnerungen. Schwelgen Sie mit uns in der Vergangenheit! Gewiss nicht alles, aber doch vieles war einst vielleicht doch "besser" (oder einfach schöner) als in der atemlosen Gegenwart: Nachgewachsene haben es schwer, aus der ständig wachsenden Vielfalt von Eindrücken, die auf sie einwirken, besondere Momente dauerhaft festzuhalten.

kult! Nr. 5 erscheint

Fabian Leibfried

GoodTimes

2/2011

am 14.10.2011

Seite

3


kult! 60er · 70er · 80er

Ausgabe April 2011 2/2011 (Nr. 4)

I N HALT R U B R IKE N 3 Editorial/Impressum 4 Inhaltsverzeichnis 5 Top 5 Schlager der 70er Jahre Mitarbeiter & Prominenz

6 News from the past Altes neu ausgepackt

31 kult! Shop 33 kult! Abo-Bestellschein 47 Rolling Stones/Uschi Glas als Ntschotschi

Seite 24

Vater & Sohn – Seite 12

Riesenposter

Dean Reed – Seite 18

12 Vater & Sohn Schöne Geschichten aus böser Zeit

14 Die Profis

Muppet Show – Seite te 60

Tatort Groß-London

16 Reisebericht Als Schiffsjunge nach Südamerika rika

18 Dean Reed Ein Amerikaner in der DDR

22 Gitte Abba – kein Thema

24 Die tollsten Geschichten von Donald nald Duck

Jaguar E-Type – Seite 62

Das Nonplusultra für Entenhausen-Fans sen-Fans

26 Carrera Carrera, Karacho & Liebe auf d der ersten t Bli Blick! k!

28 Damals: Abenteuer Plattenkauf 42 Der Western-Film

Von Einohrhörern & zwei Argumenten ...

Wie aus der Hüfte geschossen ...

32 Richard Clayderman

56 Zwei glorreiche Halunken

... und immer wieder Adeline

34 Titanic – Das endgültige Satiremagazin

"

Fiesagen", Goldschatz, Hurensöhne

58 San Francisco

Auf Dauerkurs gegen Alle(s)

If you're going to ... (Version 1979)

38 Emmanuelle

60 Muppet Show

Softporno für Intellektuelle

Puppen, Biss und Anarchie

40 Klassik im Rock

62 Jaguar E-Type

Die Altvorderen

Rasende Rassekatze

66 Groschenhefte Invasion der Science-Fiction-Romane

70 Kultbücher Geschätzt, geliebt, gelobt

72 Bessy Ist die Beste!

Seite 38 Seite 26

76 Bluna Aus Köln in die Welt – mit viel Geschmack

78 78 150 Kult-Alben Teil 2: 70er Jahre

80 Raumpatrouille – Die fantastischenn Abenteuer des Raumschiffes Orion A n

83 Jason King – Department S Backenbart & coole Sprüche

Seite 80

84 Die Mädchen vom Immenhof Mit Ethelbert im Paradies

87 Wenn Stars in Fußball" machen " Pop & Pille

90 Das Jahr 1961 Mauer, Trips & La Paloma

94 Langnese "Nogger dir einen ...!"

96 Derrick Seite 72

Jedem Deutschen seinen Harry

98 Senta Berger Sinatra & Prohacek

Seite 94

Seite

4

GoodTimes

2/2011

Seite 76


TOP 5

kult!

Die schrecklich schönsten Schlager der 70er

1. Christian Anders – Es fährt ein Zug nach Nirgendwo 2. Michael Holm – Tränen lügen nicht 3. Jürgen Marcus – Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben 4. Peter Maffay – Du 5. Frank Schöbel – Wie ein Stern

Fabian Leibfried

1. Bata Illic – Mit meiner Balalaika 2. France Gall – Zwei Apfelsinen im Haar 3. Jürgen Drews – Ein Bett im Kornfeld 4. Roy Black & Anita – Schön ist es auf der Welt zu sein 5. Wencke Myhre – Eine Mark für Charly

Hans-Jürgen Günther

1. Howard Carpendale – Ti Amo 2. Gunter Gabriel – Komm unter meine Decke 3. Dschinghis Khan – Dschinghis Khan 4. Wencke Myhre – Lass mein Knie Joe 5. Henry Valentino & Uschi – Im Wagen vor mir

Christian Hentschel

1. Jonny Hill – Ruf' Teddybär eins-vier 2. Bruce Low – Das Kartenspiel 3. Renate & Werner Leismann – Ein Schlafsack und eine Gitarre 4. Andrea Jürgens – Und dabei liebe ich euch beide 5. Michael Holm – Am Start war Pearly Spencer 1. Cindy & Bert – Der Hund von Baskerville 2. Peter Alexander – Die kleine Kneipe 3. Michael Holm – Mendocino 4. Udo Jürgens – Ich war noch niemals in New York 5. Lord Ulli – Satans Hochzeit 1. Michael Holm – Tränen lügen nicht 2. Peter Maffay – Josie 3. Udo Jürgens – Deine Einsamkeit 4. Mary Roos – Arizona Man 5. Jürgen Marcus – Ein Festival der Liebe

Uli Twelker

Lothar Brandt

1. France Gall – Kilimandscharo 2. Michael Holm – Mendocino 3. Michael Holm – Barfuß im Regen 4. Marianne Rosenberg – Ich bin wie du 5. Bernd Clüver – Der Junge mit der Mundharmonika 1. Cindy & Bert – Der Hund von Baskerville 2. Roy Black & Anita – Schön ist es auf der Welt zu sein 3. Gebrüder Blattschuss – Kreuzberger Nächte 4. Gaby Baginsky – Häng' die Gitarre nicht an den Nagel 5. Vicky Leandros – Theo, wir fahr'n nach Lodz

Uwe Schneider

Ulrich Schwartz

Eckhard Schwettmann

Torsten Pöttger

1. Ricky Shayne – Mamy Blue 2. Christian Anders – Es fährt ein Zug nach Nirgendwo 3. Peter Maffay – Samstag abend in unserer Straße 4. Udo Jürgens – Griechischer Wein 5. Mary Roos – Hamburg im Regen 1. Freddy – St. Helena 2. Tom Hagen – Am Start war Pearly Spencer 3. Horst Heinz Henning – Ein kleines Haus am Arsch der Welt 4. Peter Maffay – Josie 5. Michael Holm – Tränen lügen nicht 1. Marianne Rosenberg – Er gehört zu mir 2. Udo Jürgens – Griechischer Wein 3. Wencke Myhre – Der Mann auf dem Zehnmarkschein 4. Juliane Werding – Am Tag, als Conny Kramer starb 5. Wum & Wendelin – Ich wünsch' mir eine Miezekatze 1. Barry Ryan – Die Zeit macht nur vor dem Teufel halt 2. Jürgen Drews – Ein Bett im Kornfeld 3. Maggie Mae – My Boy Lollypop 4. Nina & Mike – Fahrende Musikanten 5. Cindy & Bert – Der Hund von Baskerville 1. Marianne Rosenberg – Er gehört zu mir 2. Bata Illic – Michaela 3. Udo Jürgens – Griechischer Wein 4. Ricky King – Verde 5. Peter Alexander – Die kleine Kneipe 1. Wencke Myhre – Er hat ein knallrotes Gummiboot 2. Udo Jürgens – Griechischer Wein 3. Roy Black & Anita – Schön ist es auf der Welt zu sein 4. Rex Gildo – Fiesta Mexicana 5. Henry Valentino & Uschi – Im Wagen vor mir 1. Tina York – Wir lassen uns das Singen nicht verbieten 2. Gunnar Welz – Manuela 3. Costa Cordalis – Anita 4. Chris Roberts – Ein Mädchen nach Maß 5. Michael Schanze – Es ist Morgen und ich liebe dich noch immer 1. Henry Valentino & Uschi – Im Wagen vor mir 2. Nina Hagen – Du hast den Farbfilm vergessen 3. Udo Jürgens – Lieb Vaterland 4. Wum & Wendelin – Ich wünsch' mir eine Miezekatze 5. Jonny Hill – Ruf' Teddybär eins-vier

Hansi Müller

(The Teens)

(VFB Stuttgart)

1. Peter Maffay – Und es war Sommer

er 2. Rudi Carrell – Wann wird's mal wieder richtig Sommer

2. Udo Jürgens – Ich war noch niemals in New York

3. Roland Kaiser – Südlich von mir

3. Marianne Rosenberg – Marleen

4. Karl Dall – Diese Scheibe ist ein Hit

4. Roberto Blanco – Der Puppenspieler von Mexiko

5. Karel Gott – Einmal um die ganze Welt

Uwe Schneider, 2. v.r.

1. Udo Jürgens – Ehrenwertes Haus

GoodTimes

5. Christian Anders – Geh' nicht vorbei

2/2011

Seite

5

Norman Bender

Bernd Matheja

Philipp Roser

Alan Tepper

Andrea Leibfried

Julia Rosenthal

Horst Berner

Jürgen Wolff


from the past ANDY MORGAN BAND 18 – GEFAHR AUF DEM FLUSS 2010, MSW Medien Service GmbH ISBN 978-9-08982-050-1 63 Seiten; 15,95 Ð E Ende 2009 erfreuten sich Comic-Fans an s der überraschenden d Nachricht, dass der N belgische Zeichner b H Hermann Huppen, der z zusammen mit dem S Szenaristen Michel R Regnier (aka Greg) v 1966 bis 1978 für von d die Abenteuerserie "Andy Morgan" verantwortlich war, sich wieder an die Arbeit gemacht hatte. Dabei spann er die Geschichten um die Crew der Yacht Comoran weiter, ließ seinen Titelhelden reifer und nachdenklicher erscheinen. "Gefahr auf dem Fluss" (von März bis Juli 2010 schon als Fortsetzungs-Story in "Zack" veröffentlicht) wurde jetzt in einem hochwertig daherkommenmenden Hardcover-Comic-Album zusammengefasst. Besonders Huppens Darstellung der unterschiedlichen Wetterstimmungen mitt ihrem fiesen Dauerregen, dem Schlamm und dem undurchdringlichen Urwald gewinnt durchh die benneue Computer-Technik noch mehr an Lebendigkeit. Mit seiner jahrelangen Erfahrung aus erfolgreichen Greg-Zeiten hat Hermann Hupie pen seinem Sohn Yves für die neue Story die Hauptverantwortung überlassen. Sowohl im Tonfall als auch im Dialog-Charakter orientiert sich dieser stark an den alten Zeiten, und auch wenn er dabei ab und zu mal über das Ziel hinausschießt, kann man hdas Ergebnis durchaus als gelungen bezeichnen. Kurz noch die Story: Andy und Barney begeben sich irgendwo in einem südamerikanischen Nest auf die Suche nach einer Kontaktperson Namens Ramirez. Dieser entpuppt sich als alter Bekannter: El Lobo. Und dieser El Lobo hat einen Job für die Crew der Cormoran. Doch es gibt einen geheimnisvollen, unbekannten Gegenspieler, der für die Helden eine tödliche Überraschung vorbereitet hat ...

ALICE IM WUNDERLAND & OLD FIREHAND I + II In den 70er Jahren waren die Europa-Hörspiel-LPs in nahezu jedem Kinderzimmer zu finden. In lockerer Folge wird die Serie seit ein paar Jahren im Original-Cover-Look und m der CD in schwarzer mit V Vinyl-Optik wiederverö öffentlicht. Aus dem Jahr 1 1971 stammt ALICE IM W WUNDERLAND. Die e ewig junge Geschichte v von Lewis Carroll er-

zählt wie lustig, merkwürdig und ganz und gar wunderlich es in Alices Wunderland zugeht. Vom sichtbaren Grinsen einer unsichtbaren Lachkatze bis zum Crocketspiel mit der Königin gibt es erstaunliche Abenteuer zu erleben, wenn man Alice zum Mittelpunkt der Erde folgt. Mit "Original-Indianermusik und Kriegstänzen" wurden 1975 Motive von Karl May im Abenteuer-Hörspiel OLD FIREHAND vertont. Einfach schön, die lange nicht gehörten, aber dennoch vertrauten Stimmen zu hören, den mit spannender Musik und Geräuschen angereicherten Geschichten zu folgen. (Europa/Sony Music, 34 bzw. 71 Min.)

VARIOUS ARTISTS SCHLAGER IM SPIEGEL DER ZEIT – 1929–1933, 1954–1959 Auch wenn der Bezeichnung Schlager" immer " der Makel der Trivialität anhaften wird, auch M wenn seriöse" Musikfreunde die" Ge ses Genre von Beginn an nnur lächelnd von obe herab betrachoben t haben – bestet t tens bekannt, oft g gehört und nicht to tot zu kriegen w (und ist) diewar se Schlagermusik al allemal. Eine ganz besondere We Wertschätzung erhält dieses Ge Genre jetzt mit einer außergewö außergewöhnlichen Serie: SCHLAGER IM SPIEGEL DER ZEIT heißt die Reihe, in der sich die Wiederveröffentlichungs-Spezialisten von Bear Family in mehreren Staffeln der Jahre 1926 bis 1970 annehmen. Je eine prallvolle, wunderschön aufgemachte CD für jedes Jahr, umfangreiche Booklets (jeweils 70 bis 100 Seiten!) mit Bildern, Geschichten und Informationen zu jedem Song, zu jedem Künstler, und nicht zuletzt zur chronologischen Einordnung in das Zeitgeschehen. In der ersten Staffel erscheinen zunächst elf, jeweils einzeln erhältliche Jahresausgaben (1929 bis 1933 sowie 1954 bis 1959). Dabei orientieren sich die frühen Jahre, zumindest musikalisch, noch stark an Jazz, Operette oder am Bänkelgesang, der mit seinen einfachen Versen eine leichte Unterscheidung in Gut und Böse erlaubt. Neben diesen Überbleibseln aus dem letzten Jahrhundert fällt noch auf, dass sich viele der Texte mit dem Fernweh, der Seite

6

GoodTimes

2/2011

Sehnsucht nach fremden Meeren, exotischen Ländern oder, ganz einfach gesagt, mit den (fernen) glücklichen Zeiten ohne Alltagssorgen beschäftigen. Tenöre wie Richard Tauber sind zu hören, Kabarettsänger wie Willy Rosen oder Curt Bois, blonde Helden wie Hans Albers, natürlich dürfen die Comedian Harmonists nicht fehlen, dazu noch eine Unmenge an mehr oder weniger bekannten Interpreten aus der Vorkriegszeit. Andere Zeiten, andere Lieder: In den 50ern erobert eine neue, junge Generation mit ganz ähnlichen Themen die Schlager-Herzen des Publikums. Peter Alexander besingt die F Frau aus Spanien, Cate terina Valente träumt v der Liebe in Paris, von P Peter Kraus rockt die S Susi, und Ted Herold b braucht keinen Ring, um treu zu sein. Sänger wie Freddy Quinn und Vico Torriani sind Dauergäste in den deutschen Hitparaden, dazu bereichern zahlreiche musikalische Eintagsfliegen die bunt gemischte Szenerie. SCHLAGER IM SPIEGEL DER ZEIT gelingt unter dem Strich zweierlei: einmal hochwertig präsentierte und toll klingende Unterhaltung, sowie dazu noch die schlüssige Verbindung zur damaligen Zeitgeschichte. Mit solch detailreichem Hintergrundwissen kann die Entwicklung des deutschen Schlagers Jahr für Jahr verfolgt werden, wird nicht nur die Oberfläche dieser Lieder beleuchtet, sondern auch deren Herkunft und gesellschaftliche Relevanz. (Bear Family Records, 11 CDs)

HAL FOSTER PRINZ EISENHERZ JAHRGANG 1961/1962, BAND 13 2010, Bocola Verlag GmbH Bonn ISBN 978-3-93962-514-8 112 Seiten; 22,90 Ð Neu-, Wieder- und Drittveröffentlichung alter Comics gibt es wie Sand am Meer. Doch wie die unterschiedlichen Verlage diese Aufgabe angehen unterscheidet sich im Detail dann ganz erheblich. Unbestritten zu den Besten in diesem Geschäftsfeld gehört dabei der Bocola Verlag aus Bonn. Mitte der 30er Jahre erfand" " der Werbezeichner Harold Rudolph Foster die Comic-Serie "Prinz Eisenherz", für die er von 1937 bis 1971 jede Woche eine Geschichte zeichnete. Detailgetreu und dennoch klassisch (also im positiven Sinne altmodisch) präsentierten seine Bilder einen authentischen Blick ins Mittelalter. Band 13 versammelt Geschichten aus den Jahren


1961 und 1962, präsentiert mit Taufen und Hochzeiten in Irland und England, mit Pilgerreisen in das heilige Land oder mit der Suche nach den heiligen Gral zahlreiche religiöse Aspekte. Wie von dieser Reihe gewohnt, führt der deutsche Übersetzer des Bandes die Leser ausführlich in die Geschichte(n) ein, zeigt, wie nahe bei Foster Fiktion und Realität zusammenliegen, bietet einen faszinierenden Blick zurück in die Comicwelt der 60er Jahre.

DIE MAUS DIE SCHÖNSTEN LIEDER UND GESCHICHTEN Wer anderes als die Maus bietet sich an, wenn es um die größten Fragen geht, mit denen sich ein Kind beschäftigen kann. Warum ist es überhaupt auf der Welt, warum lebt es so, wie es lebt, was ist eigentlich Liebe, welche anderen Lebewesen kann es noch geben? Die allseits bekannte und beliebte Maus sowie zahlreiche ihrer Freunde nehmen sich mit ihren Lach- und Sachged versuchen, h mit i schichten dieser Fragen an und Liedern und Geschichten ein kleines bisschen Erklärung in den manchmal doch recht verwirrenden Alltag kleiner Kinder zu bringen. Dabei widmen sie sich genauso den kleineren Fragen rund um das alltägliche Leben wie auch den großen Lebensthemen wie Religion, soziale Unterschiede oder auch den Fragen, die sich mit dem Tod beschäftigen. Kindgerecht aufbereitet und behutsam werden diese Themen den Kindern nähergebracht, natürlich kommt auch der Spaß nicht zu kurz, der nie lange auf sich warten lässt, wenn die Maus mit Elefant und Ente am Werk ist oder Käpt'n Blaubär auf dem Bildschirm erscheint. Wenn man sich dann noch vor Augen führt, dass es "Die Sendung mit der Maus" schon seit dem März 1971 gibt, wird klar, wie zeitlos und generationsübergreifend diese spielerische Vermittlung von Wissen funktioniert. (Europa/Sony Music, 2 DVDs, 160 Min.)

BUTLER PARKER / CLIVE BARKER / FAITH VAN HELSING PARKER UND DIE WEISSE GÖTTIN + PARKER IM NETZ DER SPIONE / MOLOCH ANGST + JAQUELINE ESS / ASMODIS BLUTGRAB + DER FLUCH DES SALAÜN Hörspiele boomen unaufhaltsam. Moderne Produktionen klassischer (Lese-)Stoffe, Topqualität zu bezahlbaren Preisen, sowohl inhaltlich als auch

soundtechnisch stellen Hörspielfreunde heutzutage höchste Anforderungen. Da passt es bestens ins Bild, wenn Kultromane wie "Butler Parker" oder die Horror-Kurzgeschichten von Clive Barker jetzt auch als Hörspiel erhältlich sind. Exklusive Musikkompositionen, authentische Geräuschaufnahmen, bekannte Synchronsprecher sowie die neueste Aufnahmetechnik sind die technischen Highlights der ZaubersternReihe. Das alles wäre natürlich vergebliche Liebesmüh', wenn der Inhalt der Geschichten nicht damit Schritt halten würde. Spannend wie die Roman-Vorlagen werden die Geschichten zu fesselndem Kino für die Ohren, liefern die Grundlage für fantasievolle Ausflüge in andere Welten. Besonders wenn man dem Fantasy-Horror der Faith-Van-Helsing-Storys lauscht, kann man sich dieser ganz besonderen Hörspiel-Faszination kaum entziehen, fühlt sich in Jugendzeiten zurückversetzt, in denen man sich in den viel zu kurzen Pausen auf dem Schulhof über solche Geschichten austauschte.

SCHLAGER ORIGINALE DORTHE + RENATE KERN + ULLI MARTIN + NANA MOUSKOURI Im Original-LP-Look der 60er und 70er Jahre erscheinen diese vier kultigen Schlager-Wiederveröffentlichungen. Nana Mouskouris GLÜCK IST WIE EIN SCHMETTERLING (14/46:31) stammt ursprünglich aus dem Jahr 1977 und war mit Platz 31 in den deutschen LP-Charts weit weniger erfolgreich, als man es heute auf Grund der darauf enthaltenen Liedern annehmen könnte. Der bekannteste Song dieses Albums ist k " doch d h auchh sicherlich "Ein Schiff wirdd kommen", den Titelsong oder "Sing ein Lied" kennt man heute noch bestens. Höchst interessant auch ihre Volkslied-Adaption von "Am Brunnen vor dem Tore", zwei Bonus-Titel wurden hinzugefügt. Gleich vier solcher Zugaben enthält WÄRST D DU DOCH IN DÜSS SELDORF GEBLIEB BEN (16/42:03), für ddas die dänischen S Sängerin Dorthe Kollo 11968 ihre einzige (deutsche) Goldene Schallplatte erhielt. Mit "Sind Sie der Graf von Luxemburg?" erreichte sie Platz fünf der deutschen Single-Charts, der Titelsong des Albums konnte Platz zehn erreichen. Zusammen mit "Jeder Schotte" sind also die drei größten Dorthe-Hits auf diesem Album versammelt. GoodTimes

2/2011

Seite

7

Eine ganz besondere Sache ist dann MEINE WELT IST SCHÖN (14/40:04), das Renate Kern (aka Nancy Wood oder Nathalie de Navarre) 1969 veröffentlichte. Zeitgemäße, fast jazzige Schlager wechseln sich ab mit britischen ("You'll Never Walk Alone") und französischen ("Non, Je Ne Regrette Rien") Standards. Ironie des Schicksals: Trotz dieser hochwertigen Kost gelang ihr mit dem eher seichten Mitsing-Schlager "Lass doch den Sonnenschein" einer ihrer größten Hitparaden-Erfolge. Zumindest aus heutiger Sicht lieferte Ulli Martin 1972 mit EIN TRAUM WIRD WAHR (14/48:39) die Blaupause eines HerzSchmerz-Schlager-Albums. Ob diese Texte jeg mals ernst gemeint waren, ob die schwülstigen (s (sorry, anders kann m man es nicht nennen) A Arrangements von P Produzent Leo Leanddros (ja, dem Vater vvon Vicky Leandros) jjemals in Sachen Schmalz getoppt d ä zwar interessant, würde wurden, wäre aber nichts am Kultfaktor dieser Musik ändern. Mit dem Überhit "Monika" sowie den beiden erfolgreichen Single-Nachfolgern "Ich träume mit offenen Augen von dir" und "Du musst nicht weinen" bietet das Album die drei Top-Titel von Ulli Martin aus dieser Zeit sowie zwei Bonus-Titel. Ach ja, alle vier Alben wurden tontechnisch remastert, klingen tadellos frisch und entstaubt. (Koch/Universal, 4 CDs)

VAN DUSEN EINE UNZE RADIUM / MORD BEI GASLICHT / DAS SICHERSTE GEFÄNGNIS DER WELT / DER MANN,, DER SEINEN S KOPF VERLOR Über 30 Jahre nach der erstmaligen Ausstrahlung im Hörfunk erscheinen nun die ersten vier Episoden einer der erfolgreichsten Hörspielreihen der Nachkriegszeit um den genialen Wissenschaftler Prof. Dr. Dr. Dr. Augustus Van Dusen (aka "Die Denkmaschine") auf CD. Im New York zu Anfang des 20. Jahrhunderts spielen sich die kniffligen Kriminalfälle ab, bei denen der (sich selbst so betitelnde) Amateurdetektiv Van Dusen sein Superhirn zum Einsatz bringt. Ihm zur Seite steht mit dem Reporter Hutchinson Hatch ein Partner, wie er wohl unterschiedlicher kaum sein könnte.


from the past Während das Universalgenie Van Dusen über mindestens 15 (hoffentlich redlich erworbene!) Doktortitel verfügt, geht dem lebensfreudigen Hatch nichts über eine ausgedehnte Mahlzeit mit einer edlen Zigarre und einem Glas schottischen Whiskeys im Nachgang. Erfunden wurden die beiden schon vor über hundert Jahren vom amerikanischen Schriftsteller Jacques Futrelle, den seine Kriminalgeschichten so erfolgreich machten, dass er sich zwei ErsteKlasse-Tickets der Jungfernfahrt der Titanic leisten konnte. Der Legende nach soll er sich in jener verhängnisvollen Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 geweigert haben, zu seiner Frau in eines der Rettungsboote zu steigen. Sie wurde gerettet, er versank zusammen mit der Titanic (samt sechs unveröffentlichter Geschichten!) in den eisigen Fluten des Nordatlantiks. (Folgenreich/Universal, 4 CDs )

HEINZ ERHARDT SCHELM-EDITION Gerade erst wurde diese schöne Box mit neun DVDs voller Heinz-Erhardt-Filme veröffentlicht. Dabei wurde verstärkt Augenmerk auf die frühen Filme des wortwitzigen Schelmes gelegt. Highlights sind dabei die bekannten Komödien wie "Immer die Radfahrer", "Der letzte Fußgänger" oder "Der Haustyrann". Daneben gibt es in den weniger bekannten Filmen aber auch ein Wiedersehen mit Walter Giller und Hans Joachim Kulenkampff ("Drei Mann in einem Boot"), Peter Alexander und Fritz Eckhardt ("So ein Millionär hat's schwer"), Loni Heuser und Peter Weck ("Mädchen mit schwachem Gedächtnis") oder mit Freddy Quinn und Grit Boettcher ("Freddy und der Millionär"). (Kinowelt, 9 DVDs, 808 Min.)

FRANK ZANDER BEST OF WAHNSINN Keine 70er Party ohne "Oh Susi", keine wehmütige Vergangenheitsbewältigung ohne "Ich trink auf dein Wohl, Marie", keine Faschingsparty ohne den "Ur-Ur-Enkel von F Frankenstein" – Frank Z Zander war und ist ein S Sonderfall unter den deutschsprachigen S Show-Künstlern. Mit s seinem "Ententanz" aus dem Jahr 1981 bringt man heute noch j d S i Sekundenschnelle S jeden Saall in leer oder zum Mittanzen – je nach Geschmack und Stimmung! Auf zwei vollgepackten CDs kann

man sich jetzt einen bunten Überblick über seine lange Karriere verschaffen. Dass er neben allem Geblödel ("Hier kommt Kurt – ohne Helm und ohne Gurt") auch ein toller Musiker ist, dürften die meisten wissen. Wer nicht, höre sich einfach "Das war'n Zeiten" an, bei dieser Cover-Version von "Sultans Of Swing" erweist Zander seinem musikalischen Helden Mark Knopfler die Ehre – und das erstklassig! (Zett Records/Sony Music, 20/79:43, 20/79:17)

ASTERIX BEI DEN BRITEN & ASTERIX – SIEG ÜBER CÄSAR Unter allen Asterix-Filmen haben die Mitte der 80er Jahre entstandenen französischen ComicUmsetzungen der gallischen Abenteuer immer noch den meisten Charme. In ASTERIX BEI DEN BRITEN meiden die Römer das kleine Dorf in der Bretagne längst wie die Pest. Da folgen Asterix, Obelix und Hündchen Idefix Cäsars Legionen kurzerhand nach Britannien, um ihrem Vetter Teefax und seinen Mannen in höchster Bedrängnis beizustehen. Einfach hi hinreißend, wie dabei di schrulligen Macken die de Briten aufs Korn geder no nommen werden – und n nebenbei verhilft Asterix d Briten auch noch zu den i ihrem Nationalgetränk. F Frei nach dem Comicband "Asterix als L Legionär" werden bei ASTERIX – SIEG ÜBER CÄSAR die schöne Falbala (in die Obelix bis über beide Ohren verliebt ist) und ihr Verlobter Tragicomix von den Römern nach Afrika entführt. Asterix und Obelix machen sich auf den Weg, um sie zu befreien, und hinterlassen auf ihrem Weg die übliche Spur der Verwüstung. Zwei herrliche Filme, und das als hochauflösender Spaß für die ganze Familie! (Kinowelt, 2 Blu-rays, 77 + 79 Min.)

FEDERICO FELLINI EDITION Federico Fellini verstand es wie kein anderer Regisseur, seine ganz persönlichen Träume und Visionen in mutigen, originellen und vor allem in fantasievollen Bilderwelten auf die Leinwand zu bringen – und erreichte mit seinen Filmen dennoch ein Millionenpublikum. "La Strada", "Die Nächte der Cabiria" oder das stark autobiografisch geprägte Drama "Achteinhalb" gehören zu den bleibenden Kunstwerken des 20. Jahrhunderts, beeinflussten unzählige Kollegen nachhaltig. Darsteller wie Marcello Mastroianni, Giulietta Masina, Claudia Cardinale oder Anthony Quinn setzten seine Ideen und Vorlagen hervorragend Seite

8

GoodTimes

2/2011

uum, wurden so zu intternationalen Topstars. D Die zehn DVDs mit jjeweils einem FelliniF Film sind die eine Seite der Medaille, die andere bbesteht aus zahlreichen E Extras. Eine Hörfilmffassung von "La Strada", ungekürzte Filmvversionen, der Regisseur erzählt über ein wiederentdecktes Selbstportrait, die Fellini-Sammlung der Lilly Library, Giulietta Masina – Die Kraft eines Lächelns, Biografie, Trailer, ... (Kinowelt, 10 DVDs, 1173 Min.)

KINSKI TALKS 1 + 2 Anschauungsunterricht, wie man einen gestandenen Moderator vor laufender Kamera nachhaltig erschüttert, wie aus einem Star wie Manfred Krug ein schüchterner Statist wird, wie man lustlos vor sich hin nuschelt, stammelt, nörgelt und zischt, den liefert Klaus Kinski auf diesen beiden DVDs. Den Nimbus des Weltstars hatte er sich durch seine Filme redlich erworben, am Ruf als Rebell und unberechenbarer Despot hat er bei fast jedem Pressekontakt gearbeitet. Dass viel von diesem Gehabe (glänzend) gespielt war, dass er hinter den TalkshowKulissen oder bei Dreharbeiten ein ganz anderer Mensch sein konnte, erfährt man im äußerst interessanten Bonus-Material des ersten Teiles. Dabei erzählt Moderator Reinhard Münchenhagen, wie es zu jener legendären "Je späterr der Abend"-Sendung am 2.. Juli 1977 kam, was danachh geschah, und warum er Kinski nach der Sendung gar nicht mehr böse sein konnte. Nicht nur bei dieser Sendung, sondern auch bei den anderen Ausschnitten auf diesen beiden DVDs (darunter ein bisher unveröffentlichtes RTL-Interview aus dem Herbst 1985) ist Kinskis "Konzept" klar erkennbar: keinesfalls auf eine der Fragen antworten, eine Kippe nach der anderen paffen, unvermittelt unverständliche Antworten auf nie gestellte Fragen geben und zur Not auch mal einen Gast aus dem Publikum lauthals anpöbeln. Wichtig dabei noch, einen irren Blick aufzusetzen, im Sessel herumzulümmeln und deutlich sichtbar sich selbst zu genießen. Herrliche Rückblicke in die deutsche TV-Geschichte – aberwitzig, anarchisch, authentisch und einzigartig! (Deutsche Grammophon, 148 + 139 Min.)


DIE MUPPET SHOW 2 Alle 24 Folgen der zweiten Staffel einer der legendärsten Serien der Fernsehgeschichte gibt es nun zusammen in einem Schuber auf vier DVDs. Eine hysterische Wuchtbrumme namens Miss Piggy, Gonzos haarsträubende Stunts, mit Kermit den weltweit wohl einzigen Frosch, der sein Geld als Conferencier ve verdient – die "Muppet S Show" präsentiert den tä täglichen Wahnsinn vor u hinter dem Vorhang und e einer absolut verrückten R Revue-Show. Nicht gen nug damit, dass so gut w jede Darbietung irwie gendwann komplett aus dem Ruder läuft und im totalen Chaos endet, nein, mit Waldorf und Stettler kommentieren zwei erfahrene Berufskritiker jeden Fauxpas auf ihre ganz eigene (= zynische und schadenfrohe!) Art. Neben den (alles andere als) normalen Folgen sind noch zahlreiche Extras mit dabei. Darunter das Valentine-Special, eine exklusive USA-Folge aus dem Jahr 1974, oder die Muppets erzählen in persönlichen Interviews über die Muppets, allererste Sahne auch das Making-Of des Musikvideos von "Keep Fishin'", das Kermit, Miss Piggy & Co zusammen mit der amerikanischen Rockband Weezer aufgenommen haben. Nicht nur für Muppet-Fans eine unverzichtbare Ergänzung der DVD-Sammlung. (Disney Studios/Home Entertainment, 4 DVDs, 613 Min.)

CHAPLIN Neu auf Blu-ray gibt es jetzt das Leben der unsterblichen Filmlegende Charlie Chaplin. Richard Attenboroughs Meisterwerk aus dem Jahr 1992 mit Starbesetzung: Dan Aykroyd, Geraldine Chaplin, Anthony Hopkins, Milla Jovovich, Kevin Kline und Diane Lane. Die Darstellung Chaplins verhalf Robert Downey Jr. zum großen Durchbruch in Hollywood und immerhin zu einer Oscar-Nominierung. Anfang des 20. Jahrhunderts wächst Charlie Chaplin in England in ärmlichen Verhältnissen auf. Er wandert in die USA aus und kommt dort genau zur richtigen Zeit an, um in der gerade entstehenden Kino-Traumfabrik zum gefeierten Filmstar zu wer-den. Alles entwickelt sich perfekt, doch mit seinem bissigen Humor und seinen zahlreichen Frauengeschichten macht er sich im prüden Amerika nicht nur Freunde. 1952 wird ihm schließlich nach

einer Europareise die Rückkehr in die USA verweigert. Doch Charlie Chaplin lässt sich nicht unterkriegen, meistert auch diese Hürde. Unterhaltsame Nachhilfe für alle, die Chaplin bisher nur" als Stummfilm-Tramp kennen. " (Kinowelt, Blu-ray, 144 Min.)

Szene gesetzt und ist jetzt erstmals auf DVD erhältlich. In den Hauptrollen des packenden Thrillers über die französische Widerstandsgruppe sind Lino Ventura ("Das Verhör") und Simone Signoret ("Die Katze") zu sehen. (Kinowelt, 138 Min.)

40 JAHRE DISCO

THE ROLLING STONES

Licht aus – Womm! Spot an – Jaaaa", mit " diesem Spruch kündigte Ilja Richter in seiner Sendung "Disco" immer den Gewinner der Reise ins Studio an – meistens ein schüchtern dreinblickender Teenager, der dann kurz und zaghaft in die Kamera winken durfte. Zum 40-jährigen Jubiläum der Popmusik-Show kann man sich jetzt die Highlights aus diesen Sendungen in verschiedenen Formaten und mit unterschiedlich zusammengefassten Themen ins Haus holen. Auf sieben Doppel-CDs werden die Themen The Disco Pop Years, Dance The Disco, Disco Glitter, Schlager Disco, Disc Ballads, 70s Disco und co 80s Disco präsentiert. Jede Menge Originalausschnitte aus der "Disco" gibt es auf den vier DVDs (The Disco Pop Years, Dance The Disco, Disco Glitter, Schlager Disco) zu sehen, dazu bekommt man auch noch einen Streifzug durch die zaah zahlreichen Parodien, Sketch und Musical-Einlagen, che m denen Ilja Richter die mit Z zwischen den Auftritten Zeit d Stars auflockerte. Dass der d diese Gags zumindest aus h heutiger Sicht vielfach wie launige Kalauer daherkommen, schmälert das Vergnügen nicht, ganz im Gegenteil steigert sich so das Kultpotenzial dieser DVDs. (Sony Music, 4 DVDs, 574 Min.)

SINGLES 1971–2006

ARMEE IM SCHATTEN Aus dem Jahr 1969 stammt dieser Film in dem die Résistance während des Zweiten Weltkriegs todesmutig gegen die deutschen Besatzer, aber auch gegen Kollaborateure aus den eigenen Reihen kämpft. Einer von ihnen muss Philippe Gerbier, ein wichtiges Mitglied des Widerstands, an die Gestapo verraten haben. Nur knapp kann er den Nazis entkommen und macht sich inn seinem engsten Umfeldd auf die Suche nach dem Denunzianten. Dieses Meisterwerk des französisch/italienischen Kinos wurde von Jean-Pierre Melville ("Der eiskalte Engel", "Vier im roten Kreis") in GoodTimes

2/2011

Seite

9

Ganz egal, ob es um die am längsten dauernde Welt-Tournee geht, um die meisten Rock'n'Roll-Jahre auf der Bühne oder um die Anzahl verkaufter Platten – die Rolling Stones sind ein dauernder Garant für Superlative aller Art. Das nächste Highlight wurde Anfang April veröffentlicht, erscheint in einer auffälligen pinken Box mit dem bekannten ZungenLogo und ist optisch an die alten 7"-Hüllen angelehnt. Es ist randvoll mit Klassikern aus allen Zeiten, B-Seiten und raren Songs. Auf 45 CDs mit liebevoll gestalteten Miniaturversionen im Original-Aussehen enthält die Box 173 Stücke, von denen 80 momentan offiziell nicht erhältlich sind. Außerdem gibt es noch ein 32-seitiges Hardcover-Booklet mit Memorabilia, alten Fotos und mit einem neuen Essay des bekannten Journalisten und RollingStones-Experten Paul Sexton sowie ein neues,

exklusives Interview mit Bill Wyman, dem früheren Bassisten der Band, der auch heute noch für das Archiv der Band verantwortlich ist. Für viele Menschen sind mit bestimmten Rolling-Stones-Songs auch ganz besondere Erinnerungen verbunden, viele Musikfans versuchen schon lange, ihre alten, abgegriffenen 7" oder 12" Singles (zumindest für den Hörgebrauch) durch digitale Nachfolger zu ersetzen. Sie werden glücklich sein, die alten Freunde dann nur noch als reines Anschauungsobjekt vor weiteren Gebrauchsspuren zu schützen. Genauso werden viele Sammler die Chance wahrnehmen, jeden einzelnen Mix und jede Version, die über die Jahrzehnte auf verschiedenen Formaten erschienen sind, in diesem üppigen Paket griffbereit zu haben. Paket? Nein, Box der Superlative! (Polydor/Universal, 45 CD-Singles)


from the past BASTEI-WESTERN

HATSCHIPUH

WESTERN BESTSELLER – G.F. UNGER – LASSITER – JOHN SLADE – WINCHESTER

DAS GROSSE RAMMAZOTTI + ANGST UM DAS DORF / DAS WUNDER VON SCHLADERBACH + DER GESPENSTERFORSCHER / DIE CHRISTBAUMDIEBE + DER SCHOKOLADENNIKOLAUS

Der Kölner Bastei Verlag ist einer der wenigen Verlage, die die Tradition des Western-Romans aufrechterhalten und pflegen. Eine ganze Palette an bekannten Titeln steht den Lesern am Ki Kiosk zur Wahl. Sowohl m mit den Western-Bestse sellern als auch mit der G G.F.-Unger-Reihe wird eeiner der beliebtesten u und erfolgreichsten deutschsprachiger W Westernautoren gefeie Mit einer Rekorert. d daufl age von über 250 M Millionen Exemplaren gehört Unger zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Seine Epoche ist das späte 19. Jahrhundert, seine Schauplätze sind die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens. Die Geschichten aus der rauen Pionierzeit widmen sich genauso den Herausforderungen durch die Launen der Natur wie den Auseinandersetzungen mit der amerikanischen Urbevölkerung oder rücksichtslosen Konkurrenten. Ganz anders ist der Titelheld der Lassiter-Reihe unterwegs: Überall dort, wo Marshals, Sheriffs und Co. nicht mehr weiter wissen, wird Lassiter im Auftrag der Behörden als Agent der "Brigade Sieben" eingesetzt. Die urwüchsige Landschaft, die prickelnde Atmosp phäre, die wilde Zeit der Helden und die großen m menschlichen Konflikte jjener rauen Zeit bilden ddie gigantische Kulissse für die spannenden F Fälle, mit deren Lösung L Lassiter von seinen Chefs in Washington beauftragt w wird. Dabei ist der große, br breitschultrige Kerl für Fr Frauen nicht weniger gefährlich als für gesetzesuntreue Männer, wenn auch auf andere Art. Der Mann mit den blauen Augen trifft und beglückt die schönsten, attraktivsten und geheimnisvollsten Frauen des Westens. Sie erliegen ihm reihenweise, aber sie stehen – im Unterschied zu den Männern, die das Pech haben, seine Gegner zu sein – hinterher wieder auf.

Der Butzemann Hatschipuh trieb sein Unwesen bisher nur" auf MC oder " auf Vinyl. Doch Mitte letzten Jahres wurde die erste Folge mit zwei Geschichtten aus dem Jahr 1986 ddann erstmals auf CD ve veröffentlicht. Gesprochen vvon den bayerischen Volkssschauspielern Toni Berger, F Fred Stillkrauth, Fritz Straßner und Eva Hatzelmann war diese Serie eine liebevolle uund detailreiche Hörspielumsetzung der Geschichten aus der Feder von Ulrich König ("Meister Eder und sein Pumuckl"). Dieses Frühjahr erscheint die zweite Folge, in der Hatschipuh und seine Butzemann-Freunde die Tiere des Ortes Schladerbach vor einem fürchterlichen Gewittersturm in Sicherheit bringen müssen. In der zweiten Geschichte droht den B Butzemännern dann selbst G Gefahr durch einen Ferieng auf dem Reiterhof, der gast s als Gespensterforscher sich e entpuppt. Rechtzeitig zur W Weihnachtszeit wird sich die dritte Folge dann mit Christbaumdieben und einem Schokoladennikolaus beschäftigen. Schöne Sache: Hatschipuh ist wieder da! (Alogino Hörbuchverlag, 3 CDs)

DIETER HALLERVORDEN NONSTOP NONSENS BOX 1 + 2 "Palim Palim – Eine Flasche Pommes bitte!" Mit "Nonstop Nonsens" gelang Dieter "Didi" Hallervorden ein Meilenstein der deutschen TVComedy-Geschichte. Mit Einschaltquoten, wie sie heutzutage allenfalls ein WM-Finale mit deutscher Beteiligung zustande bringen würde, avancierte die Serie zwischen 1975 und 1980 schnell zu einem regelrechten Straßenfeger. Das Konzept von "Nonstop Nonsens" bestand darin, eine Slapstick-Geschichte zu erzählen, die immer wieder durch einzelne Sketche (mit den Dauergästen Rotraud Schindler, Kurt Schmidtchen und Gerhard Wollner) unterbrochen wurde. Kein Unfug wurde ausgelassen, keine Albernheit war zu flach, um nicht doch noch das Publikum Seite

10

GoodTimes

2/2011

zum Lachen zu bringen. "Der gespielte Witz", am Ende jeder Serie live vor dem Studiopublikum dargeboten, wurde schnell zum Markenzeichen der Serie. In zwei Boxen mit jeweils drei DVDs gibt es jetzt alle Folgen in den ungekürzten 42 Originalminuten, die Jahre 1975 bis 1978 (Folge 1–12) sowie 1978 bis 1980 (Folge 13–20). Dazu gibt es noch umfangreiches Bonus-Material wie ungesendete Sketche, Trailer, Biografien, ein Best-Of-Nonstop-Nonsens-Special oder die musikalische Sonderfolge "Nonsens nach Noten". (Turbine Medien/Alive, 500 + 300 Min.)

BONANZA BEST OF VOL. 1 + 2 "Bonanza" – immer noch stellt dieser Name den Inbegriff einer Westernserie dar. Von 1959 bis 1973 wurden insgesamt 430 Episoden produziert, die ab 1967 im ZDF zu sehen waren (kleine Anekdote am Rande: Die Serie war 1962 schon in der ARD zu sehen – wurde aber nach 13 Folgen wegen zu große Brutalität wieder abßer ge gesetzt!). Vier, oder wenn m man den chinesischen K Koch Hop Sing mitzählt, fü Männer leben um das fünf J 1870 herum auf einer Jahr R Ranch namens Ponderos Der Vater Ben Cartsa. wright (Lorne Greene) i seinen i S h mit Söhnen Adam (Pernell Roberts), Hoss" (Dan Blocker), der eigentlich Eric heißt, " und Joseph (Michael Landon), den alle nur Litt" le Joe" nennen. Dabei präsentiert die Serie alle Abenteuer, wie sie der so genannte Wilde Westen in der Fantasie der Fernsehzuschauer zu bieten hat: Saloon-Schlägereien, Grenzstreitigkeiten unter Nachbarn, Viehdiebstahl, bedrohte Indianerstämme, untergetauchte Verbrecher oder die üblichen Schwindler auf der Suche nach leichtgläubigen Kunden. Klare Denk- und Handlungsweisen in Gut und Böse aufgeteilt, bei denen die Cartwrights aber so weit wie möglich auf

Unsere Gewinner der Verlosung aus kult! Heft 4 – 1/2011, Stichwort "Isar 12": 3 x Funkstreife Isar 12 Staffel 1 •

Andreas Hanauer, Regensburg

Angelica Panico, Fulda

Mario Huger, Sandesneben Herzlichen Glückwunsch!


ZOUNDS-Chef Wolfgang Feld mit aktuellen CD-Tipps.

Keep On

ROCKING

DIE GRAUSAMEN SIEBEN Nichts für zarte Gemüter ist dieser Biker-Kultfilm aus dem Jahr 1968, der es immerhin in die Top 20 des KultRegisseurs Quentin Tarantino geschafft hat. Künstlerisch dürfen keine hohen Ansprüche gestellt werden, dafür entschädigt der coole Soundtrack von Cream für so manches. Außerdem scheint sich Dennis Hopper hier einiges für sein kurz darauf entstandenes Roadmovie "Easy Rider" abgeschaut zu haben und ist so auch für Hobby-Filmhistoriker interessant. (Pierrot Le Fou/Alive, 93 Min.)

WESTERN KLASSIKER 3 FAHRT ZUR HÖLLE, IHR HALUNKEN + WILDE PFERDE + DIE GLORREICHEN DREI Schier unerschöpflich ist das Reservoir an Western-Filmen. Neben den üblichen Verdächtigen wie "12 Uhr mittags", "Rio Bravo" oder "Spiel m das Lied vom Tod" mir g es aber noch weit mehr gibt F Filme, die die Aufmerks samkeit des Publikums v verdient haben. "Fahrt zur H Hölle, Ihr Halunken" ist ein k klassischer Italo-Western v von "Django"-Regisseur S Sergio Corbucci mit dem französischen Rockstar Johnny Hallyday in der Rolle des großen Rächers. Erstmals ist dieser Film aus dem Jahr 1969, in dem auch Mario Adorf, Gastone Moschin und Sylvie Fennec zu sehen sind, in der 18 Minuten längeren Ur-Fassung erhältlich. Im Mexiko gegen Ende des 19. Jahrhunderts spielt "Wilde Pferde", in dem John Sturges 1973 Regie führte. Beworben wurde der Film damals so: Sie nahmen ihm sein Land, seine Pferde, " seine Frau – doch seinen Stolz werden sie ihm niemals nehmen!", bietet also eine Paraderolle für Charles Bronson, dem seine Pferdezucht, seine

L Liebe (Jill Ireland) und b beinahe auch sein Leben g genommen werden – nur u dann umso gnadenum l loser zurückzuschlagen. D Filme liefert die Box Drei "Die glorreichen Drei – Western Klassiker 3". In Tonino Valeriis "Der Tod ritt dienstags" treffen zwei Ikonen des Italo-Westerns zum ersten und einzigen Mal aufeinander: Lee van Cleef und Giuliano Gemma. Dabei weiht ein alternder Pistolenheld einen jungen Mann in das Handwerk des Pistoleros ein. Als der Schüler nach harter Schule erkennen muss, dass sein Lehrer ein brutaler Mörder ist, kommt es zum tödlichen Duell. Ein Aufeinandertreffen von Topstars ist "Buffalo Bill und die Indianer" aus dem Jahr 1976. Paul Newman (in der Titelrolle), Burt Lancaster, Harvey Keitel und Kevin McCarthy zeigen unter der Regie von Robert Altman, wie der Indianerhäuptling Sitting Bull die angeblichen Heldentaten der anmaßenden Western-Heroen ins rechte Licht rückt. Topstars einer neuen, jüngeren Generation stehen im Mittelpunkt von "Gesetzlos – Die Geschichte des Ned Kelly". Heather Ledger, Naomi Watts, Orlando Bloom und Rachel Griffith entführen die Zuschauer in dieser packenden Abenteuergeschichte (die auf einer wahren Begebenheit beruht) in die außergewöhnliche Landschaft Australiens. Der Farmer Ned Kelly und seine Freunde werden nach einem Streit mit der Polizei fälschlicherweise des Pferdediebstahls beschuldigt. Als sie gestellt werden, erschießen die jungen Männer drei Polizisten. Es beginnt ein Leben auf der Flucht. Hierbei erlangen sie den Ruf der Gesetzlosen und werden als Volkshelden gefeiert. Die Regierung, die das Treiben nur mit Unwillen beobachtet, engagiert schließlich einen Kopfgeldjäger, der die Kelly Gang mit unerbittlicher Härte verfolgt und die Geschichte zu einem furiosen Finale führt. (Kinowelt, 3 DVDs, 333 Min.)

TED HEROLD UNTERWEGS Diese DVD zeigt den Berliner Hitlieferanten so, wie er schon immer den ursprünglichen, bodenständigen Rock'n'Roll in Deutschland authentisch und voll ungebrochener Power vertritt. Der Filmemacher Jörg Preuße hat Ted Herold in den letzten Jahren mit der Kamera auf Tourneen begleitet und die unterschiedlichsten Momente aller Art filmisch festgehalten – Konzerte, Fans, Proben, Interviews und die freie" Zeit dazwischen. So entsteht ein tolles " Porträt eines jung geblieben Künstlers. (Bear Family, 68 Min.)

HOLLIES Best »Hope« Hope · Suspended Animation · Daddy Don't Mind · The Day That Curly Billy Shot · Down Crazy Sam McGee · Emotions · Then, Now, Always (Dolphin Days)· Yesterday's Gone · Son Of A Rotten Gambler · Look Through Any Window · I'm Alive · Blowin' In The Wind (Nash Version)· Searchin' · Long Cool Woman (In A Black Dress) · Write On · Boulder To Birmingham · The Air That I Breathe · The Very Last Day · Bus Stop · Jennifer Eccles · Too Much Monkey Business · Poison Ivy · Stay · (Ain't That) Just Like Me · Zip A Dee Doo Dah (Song Of The South). Spielzeit: 79:59. Mit CD-Text. CD Best.Nr. 27000 20167 D 22,49

NEU

Für CD-Abonnenten nur D 19,12

GOOD MEN GONE BAD »Voodoo Ich und Du« Airport Taxi · Voodoo Ich & Du · Paris · Cool Shade · Doktor Galaxy · The Leech · Rocket Bang Bang · Respekt · Frau · Mr. Gangreen · Nur Dich · Folgen · Will U

Ab 011 . 5 1 4.2

Spielzeit: 54:48. CD Best.Nr. 27000 60076 D 14,95

Für CD-Abonnenten nur D 12,71 JETHRO TULL GOLD »The Very Best Of« Living In The Past · Aqualung · Sweet Dream · The Whistler · Bungle In The Jungle · The Witch’s Promise · Locomotive Breath · Steel Monkey · Thick As A Brick · Bourée · Too Old To Rock ‘n’ Roll: Too Young To Die · Life Is a Long Song · Songs From The Wood · A New Day Yesterday · Heavy Horses · Broadsword · Root To Branches · A Song For Jeffrey · Minstrel In The Gallery · Cheerio. Zusammengestellt und remastert unter der Leitung von Ian Anderson in den Abbey Road Studios, London. Spielzeit: 78:14. Mit CD-Text. Gold-CD Best.Nr. 27000 33007 D 35,95

24 K GOLD

Für CD-Abonnenten nur D 30,56

Der neue Katalog ist da: info@ZOUNDS.de Fax 0711/3894-599

ZOUNDS Bestellservice, Tel. 0711/182 1991, Fax 0711/182 1756

www.ZOUNDS.de ZOUNDS ZOUNDS ZOUNDS ZOUNDS

mit den günstigen CD-Abos der Name für guten Sound Best mit Future-ZOUNDS die kompetenten Musikprofis

gt0211

eigene Gewalt verzichten, prägen die moralische Ausrichtung der Serie. Jeweils vier der erfolgreichsten Episoden gibt es jetzt auf zwei einzeln erhältlichen DVDs. "Tod am Sun Mountain", "Die Letzten ihres Stammes", "Mark Twain und die Cartwrights" sowie "Annie steht ihren Mann" auf Vol. 1, "Mr. Henry Comstock", "Wasser für die Ponderosa", "Hinrichtung im Morgengrauen" und "Auf Walter ist Verlass" sind auf Vol. 2 zu sehen. Wer bis heute noch keine Folge von Bonanza im DVD-Regal stehen hat, der kann hier bedenkenlos zuschlagen ... (Alive, je 188 Min.)


Vater und Sohn

Schöne Geschichten aus böser Zeit Obwohl sie großen Schrittes auf das 80. Lebensjahr zugehen, finden sich "Vater und Sohn" noch heute in vielen Schulbüchern. Offensichtlich sind die liebevoll gezeichneten Geschichten auch für die aktuelle Generation lehrreich. Dabei waren sie ursprünglich gar nicht für den Unterricht vorgesehen. Vielmehr ist ihre Entstehung unmittelbar gekoppelt an die persönliche Tragödie ihres Schöpfers, der den politischen Verhältnissen im Dritten Reich zum Opfer fiel.

er die Bände mit den "Vater und Sohn"-Geschichten durchblättert, stößt zwangsläufig auch auf den Namen des Zeichners e.o. plauen. Hierbei handelt es sich um ein Pseudonym für Erich Ohser aus Plauen. Geboren am 18. März 1903 und aufgewachsen in einfachen Verhältnissen, wurde er nach dem erfolgreichen Absolvieren einer Schlosserlehre mit Auszeichnung bereits in seinen Zwanzigern während des Studiums an der Leipziger Akademie für Grafische Künste und Buchgewerbe ein renommierter Karikaturist. Dass dies Jahre vor der Entstehung seiner ersten Zeichnung mit seinen bekanntesten Figuren geschah, dürfte ebensowenig jedem bekannt sein wie seine innige Freundschaft mit Erich Kästner. Nachdem die beiden jungen Männer sich 1923 in Leipzig kennen gelernt hatten, bildeten sie schnell ein künstlerisch kongeniales Paar – Text: Erich Kästner, Illustration: Erich Ohser. Die fruchtbare Zusammenarbeit ergab mehrere gemeinsame Publikationen, beispielsweise Kästners ersten und womöglich beliebtesten Gedichtband "Herz auf Taille". 1927 jedoch ging eine ihrer Kooperationen der Redaktion der "Neuen Leipziger Zeitung", bei de der die beiden Künstler seit drei Jahren angestellt war waren, im wahrsten Sinne des Wortes gegen den Str Strich: Kästners Gedicht "Abendlied des Kammervirtuos Kammervirtuosen" mit Illustration von Ohser wurde im Jahr des 100. Geburtstags Ge von Ludwig von Beethoven als respektlose V Verspottung des Komponisten aufgefasst un und führte zur fristlosen (!) Entlassung der Freunde und Kollegen, die daraufhin in „die interessanteste Großstadt der Welt" (Kästner) zogen: Berlin.

W

in der Reichspressekammer abgelehnt. Eine Emigration nach England zu Verwandten seiner Frau kam für den wegen einer Erbkrankheit schwerhörigen, entmutigten Zeichner nicht infrage. Zur Rettung aus finanzieller Not (und zu eben jener nötigen Mitgliedschaft) verhalf ihm der Redakteur und Lektor Kurt Kusenberg, der für eine Berliner Zeitung auf der Suche nach einer Bildergeschichtenserie war. Unbedingte Voraussetzung: Die Zeichnungen mussten unpolitisch sein. So schlug die Geburtsstunde von "Vater und Sohn" unter dem Decknamen e.o. plauen. Natürlich stand Ohser dabei auch unter dem – ungleich positiveren – Einfluss durch seinen leiblichen Sohn Christian, der zwei Jahre zuvor zur Welt gekommen war. Zwischen Dezember 1934 und Dezember 1937 erschienen die Geschichten in wöchentlichem Rhythmus mit großem Erfolg in der "Berliner Illustrierte Zeitung", um danach in insgesamt drei Bänden in Buchform veröffentlicht zu werden.

Dort fand Ohser während stundenlanger Aufenthalte in Cafés den optimalen Nährboden für die grafische Umsetzung politischer Witze. 1929 begann er für die sozialdemokratische Zeitschrift "Vorwärts" zu arbeiten. Satirische Zeichnungen mit gegen den Nationalsozialismus gerichteten Titeln wie "Wohin rollst du, Goebbelchen?" oder "Dienst am Volk" für weitere Magazine folgten – bis Hitler Reichskanzler wurde. Dass Kästners Werke mit Ohsers Illustrationen im Rahmen der Bücherverbrennung durch die Nazis am 30. Januar 1933 ins Feuer flogen, war nur der Anfang. Ein Jahr später wurde Ohsers Antrag auf die zur Ausübung seines Berufs notwendig gewordene Mitgliedschaft Seite

12

GoodTimes

2/2011


Nach der Gleichschaltung der deutschen Presse durch die Nationalsozialisten und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs produzierte Ohser seine letzten Karikaturen für die Wochenzeitung "Das Reich". Innerlich zerrissen zwischen Liebe zu Deutschland und durchaus auch öffentlich auf der Straße geäußertem Hass auf das NS-Regime, lautete seine Aufgabe, die Kriegsgegner zu verhöhnen, etwa in Gestalt des russischen Bären. 1944 wurde Ohser von einem Nachbarn, dem Herausgeber einer Hitler-Zeitschrift, bei der Polizei denunziert und daraufhin verhaftet. Bevor es zu seiner sicheren Verurteilung zum Tod kommen konnte, nahm sich der Künstler am 6. April in der Gefängniszelle das Leben.

Wenn der Vater mit dem Sohne it "Vater und Sohn" wurde ein erfrischender Gegensatz zur tosenden Propaganda der NS-Regierung geschaffen: Die beiden liebenswert-sympathischen Figuren entsprachen absolut nicht dem nationalsozialistischen Menschenbild. Dass ihr Erfolg bis heute anhält, hat mehrere Gründe. Es beginnt bei ihrer Entstehung auf dem Papier: Nach dem buchstäblich zugespitzten Entwurf mit Bleistift verwendete e.o. plauen für die Druckvorlage eine schwarze Feder. Dank seines klaren Strichs bewahrte er die ursprüngliche Unaufdringlichkeit der Zeichnung mit einfachen Effekten wie einem Schwarzweiß-Kontrast. Motto: Weniger ist mehr. Zur attraktiven Schlichtheit passt, dass die Bildgeschichten mit Ausnahme einer in die Handlung einführenden Unterschrift ohne Text auskommen.

M

Foto und Illustrationen: aus e.o. plauen "Vater und Sohn" in Gesamtausgabe Erich Ohser © Südverlag GmbH, Konstanz, 2000

Natürlich sind es jedoch – bei allen zeichnerischen Qualitäten – die alltäglichen Themen der Geschichten, die für ihre anhaltende Aktualität sorgen. Auch wenn Vater und Sohn noch keine Videos Erich Ohser mit Sohn Christian am Zeichentisch auf YouTube anschauen konnten: Dass zusammen draußen gespielt wird oder im Haushalt mal etwas unabsichtlich zu Bruch geht, soll auch heute noch vorkommen. Und doch gibt es in den Geschichten eine Beobachtung, die dem heutigen Zeitgeist entgegensteht: Auffällig

eben der Hintern versohlt. Im Kern bleibt also die väterliche Autorität unangetastet. Ein Fall für die "Super Nanny"? Zudem versucht der Sohn oftmals auf geradezu rührende Weise, entstandene Schäden zu reparieren: Nachdem er in "Grenzen der Malerei" versehentlich einen Wandspiegel zerbrochen hat, entfernt er kurzerhand das Glas komplett und malt auf die entstandene Fläche das Spiegelbild seines Vaters, um damit vom Missgeschick abzulenken. Die pfiffige Idee funktioniert, bis der Vater mit einer Krawatte vor den vermeintlichen Spiegel tritt und mit Verwunderung bemerkt, dass sein Abbild eine Fliege trägt ... "Die gute Gelegenheit" nutzt der Sohn während eines Wohnungsbrandes, nachdem er – schon ins Freie geflüchtet – vor den verdutzten Augen seines Vaters die Schulhefte durchs offene Fenster zurück in die Flammen wirft. Nur wenige typische Beispiele für die menschlichen Züge der Figuren in den Geschichten. Das Entscheidende ist ohnehin: Wenn es drauf ankommt, halten "Vater und Sohn" unzertrennlich zusammen. Ob auf der Jagd nach einem Einbrecher oder einem Vogel, der die Saat aus dem Gartenbeet gepickt hat. Letztlich haben beide ein gutes Herz. Thorsten Pöttger

Erich Ohser – e.o. plauen Er

Vater und Sohn Sämtliche Streiche und Abenteuer (Schmuckausgabe)

oft rutscht dem Vater die Hand aus, obwohl Juniors Streiche – verglichen mit den Eskapaden eines Bart Simpson – völlig harmlos sind. Als es dem Sohn in "Schach dem Vater" gelingt, seinen Erzeuger mittels gelungener Züge matt zu setzen, wird ihm zur Belohnung mal GoodTimes

Südverlag GmbH ISB ISBN 978-3-87800-042-6 318 SSeiten, it LLeinen, i FFormat 24,0 x 16,5 cm 2/2011

Seite

13


DIE

PROFIS

ci5

Von Uli Twelker

Tatort Groß-London Während meiner Londoner Jahre wurde ich nie überfallen. Aber ich liebte die Vorstellung einer saugefährlichen Millionenmetropole. Dazu trugen die "The Professionals" ("Die Profis") aus der gleichnamigen TV-Serie erheblich bei. Dass sich in Clubs, Council-FlatPlattenbauten und Flugzeug-Hangars korrupte, mit Kalaschnikows ballernde Killer rumtrieben, gefiel mir. Dass man zur Bekämpfung dieses Gesockses alle offiziellen Haudegen an einen Tisch setzen musste, faszinierte noch mehr: Laut Drehbuchvorgabe trafen sich Armee, Polizei und Geheimdienst(e) im Innenministerium, um eine "A-Squad" (ursprünglicher Titel) zu gründen, Criminal Intelligence Five – "CI5". Die Queen & Gatte Philip waren Fans: Sie glaubten, der CI5 sei echt ...

Der „Abteilungsleiter", Unit Commander im Rang eines Majors, George Cowley, wurde cholerisch klugscheißernd und dezent Whisky Single Malt schlürfend dargestellt vom ehrwürdigen Schotten Gordon Jackson (1923–1990) aus der Familiensoap "Upstairs Downstairs" ("Das Haus am Eaton Place"). Der humpelte zu Beginn der Serie wegen einer Kriegsverletzung, die man im Lauf der Zeit „vergaß", um den Alten besser in Action-Szenen einbauen zu können. Cowley machte gleich in der Pilotfolge "Old Dogs With New Tricks"/"Perfekter Plan" mit einem kleinem Fehler seinem Team klar, wo es langging: gegen Gewaltkriminalität, dabei aber möglichst de-eskalierend. Im Zweifel solle man „lieber denen zuerst in die Weichteile hauen!" (Script-Schreiber Clemens rühmte sich damit, Cowleys Rede komplett bei seinem im Privatsender LWT eingereichten Konzeptpapier abgepinnt zu haben).

Die Formatidee mit dem Schauplatz London war der Grund, warum ich die Serie seit ihrer Erstausstrahlung Minuten später nahm die graue 1977 in Ealing W.5 (die Postleitzahl passte zur Serie!) Eminenz seine beiden cleversten, verfolgte. Gedreht wurde in den Pinewood Studios frechsten Kerle beiseite und machunweit meiner Wohnung. Zehn Jahre waren vergangen, te mit stechendem Blick klar, was Sportlicher Charme stichelt seit beschaulichere Londoner Abenteuer von Diana zwischen ihnen galt: Das Gesetz gegen zynische Eleganz: Rigg und John Steed als "The Avengers" ("Mit Schirm, sind wir! Gewalt bei Bedarf nicht Doyle & Bodie Charme und Melone") liefen. Beide Erfolgsserien wurden nur gern, Jungs, sondern mit der vom selben Team betreut: allen voran Script-Routinier Brian Clemens, „Licence To Kill". Wer waren nun die zwei Gentlemen, die aus dem der angeblich nie länger als zwei Wochen an einem Drehbuch bastelte! Posträuber-Slogan ("Die Gentlemen bitte zur Kasse") schnell mal „Die Laurie Johnsons zwischen Bigband-Jazz und „Shaft!"-Soul angesiedelGentlemen hau'n auf die Kacke" machten? Der Mini-Pli-gelockte, dabei ter Soundtrack leitete die einzelnen Folgen ein. ernsthafte Martin Shaw, Jahrgang 1945, war britischen Soap-Fans aus Seite

14

GoodTimes

2/2011


des britischen Premierministers, ein CI5-Agent wurde abtrünnig, Polizeioffiziere gaben den Löffel ab – und außerdem tauchte irgendwann die Frage auf, ob der Ku-Klux-Klan im Vereinigten Königreich aktiv werden will. Dabei war mein geliebtes London nicht immer so häufig zu sehen, wie die Titel versprachen: "Stakeout"/"Eine Lunte für London" etwa spielt hauptsächlich in einer Bowlingbahn, die es in der Art auch in Gelsenkirchen gegeben haben könnte. Und das packende Thema der Folge – eine drohende Plutoniumvergiftung der kompletten britischen Hauptstadt – erhielt erstaunlich wenig Raum in Handlung und Dialogen.

Doyle, Cowley & Bodie: Big Daddy und seine jungen Wilden der 50er-Jahre-Dauerserie "Coronation Street" bekannt. In Polanskis "Macbeth" gab er 1971 den Banquo. Shaw spielte den als Ex-Bullen angelegten Profi Ray Doyle. Sein Partner war der raubeinige Lewis Collins (Jahrgang 1946) aus der Sitcom "The Cuckoo Waltz", Merseybeat-Fans bekannt als Bassist der Liverpooler Band The Mojos. Er gab den Ex-Legionär Andrew Philip Bodie. Beide Schauspieler hatten die London Academy Of Music And Dramatic Art absolviert.

Legende ist, dass beim ZDF nicht alle Folgen zum Einsatz kamen, sondern wahlweise als zu britisch, zu gewaltsam oder rassistisch eingestuft wurden. Warum ließ man dann Cowley in einer genehmigten Folge sagen „Was ist mit dem jungen Neger?" Und dass es Zuschauer gegeben haben muss, die die Serie gerade als Anglophile verschlangen, hätte Intendanten klar sein können. Was die Gewalt angeht: Sie wurde anfangs geradezu öffentlichrechtlich sittsam nur in den Köpfen der Zuschauer platziert. Eine Exekution irischer Terroristen in einer Lagerhalle in einem Londoner Vorort hörte man nur von außen, erst allmählich setzte sich eine Voyeurs-Perspektive durch.

Die Charaktere waren kontrastreich angelegt. Doyle sportlich, charmant, doch impulsiv. Bodie elegant, besonnen, sarkastisch. Man teilte sich schamloses Machotum. Wurde einer Krankenschwester bei der Geiselnahme eine Handgranate in den Ausschnitt gesteckt, ging es Bodie & Doyle vor allem feixend um die Körbchengröße, in jenem Fall 38 B. Sie rasten mit Ford Capris durch Londons Straßen – während Böse edel im Jaguar XJ6 abhauten. Dass ihre ewigen Sticheleien hinter den Kulissen rüpeliger gewesen sein sollen, war ein gefundenes Fressen für die Yellow Press – von Shaw & Collins gentlemanlike heruntergespielt. Ihnen war wichtiger, Stunts selbst zu machen.

Gordon Jackson

© Pressefotos

Martin Shaw

Lewis Collins

Alles wirkte aufwühlend, hektisch – erst heute wird klar, dass man es zur Wende von den 70ern zu den 80ern noch mit Koteletten für Macker (à la Mungo Jerry) zu tun hatte, die karierte Anzüge mit breiten Revers trugen, die hier zu Lande auch ein Peter Frankenfeld ablehnte. Man trug Atombomben, die wie Druckkochtöpfe aussahen, in ekligen Plastiksporttaschen durch die Gegend und konnte sie mit einem Schraubenzieher entschärfen. Polizeiautos der British-Elend-Marke Austin hatten „Lalü-Lalü" statt Sirenen. Es war eine Ära ohne Mobilfunk – man ging als Geheimbulle zum Verhör und zum Telefonieren in eine Zelle. Die filmischen Schnitte, einst als infarktgefährdend empfunden, wirken heute geradezu gemütlich. Es gab Probleme ohne Ende: Ex-Häftlinge wollten sich rächen, das Leben einer Predigerin wurde bedroht, der russische KGB wusste was über das Liebesleben GoodTimes

Natürlich wurde zu einer so kultigen Legende ein Remake gewagt: "The New Professionals", 1999, für 13 Folgen. Berater wurde Brian Clemens, die neue Serie war ein Kind des Regisseurs David Wickes. Nachfolger Cowleys war Edward Woodward, Typ frustrierter Spion, der in den USA mit der Reihe "The Equalizer" bekannt geworden war. Ihm zur Seite stand neben neuen Bodies & Doyles eine handfeste neue „Emma Peel der 90er" – Lexa Doig! Und was wurde aus Shaw und Collins? „Doyle" mutierte in den 90ern zu Chief Constable Alan Cade in der TV-Krimiserie "The Chief" und bekam die Hauptrolle in dem Rhodesien/Zimbabwe-Drama "Rhodes"; „Bodie" kam nach den "Profis" als neuer James Bond ins Gespräch und spielte im Kinofilm "Who Dares Wins" ("Das Kommando") 1982 den Helden der Sondereinheit SAS. Diesen „Special Air Services", vergleichbar mit der GSG 9, hatte Collins auch im echten Leben beitreten wollen. 2002 hatte er einen Gastauftritt in der Polizeiserie "The Bill", steht nun für den Film "1066" nach 20 Jahren wieder „richtig" vor der Kamera. Wer (wieder) auf den Geschmack am Krimistoff gekommen ist, greife zu den restaurierten und mit mehr Menü-Funktionen ausgestatteten DVDs neuester Generation und einem Standardwerk, das Hintergründe, Persönliches, Casting, Fernseh- und Politik-Historisches, Inhalte und Ideologie auf 541 Seiten präzise und packend darstellt: "Die Profis: Auf den Spuren des CI5: Das große Buch zur Serie" von Werner Schmitz, erschienen im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf. Freier Eintritt in ein ParallelUniversum, das locker das schnöde Leben ringsum ersetzen kann. 2/2011

Seite

1 15


Als Schiffsjunge .. nach Sudamerika Von Uli Twelker

anane n njä njäger g " kurz ger ge "Ban vorr de dem m Able l gen g : die e Mo M ses ses-Me -Memor -Me m ymo mor Postka Pos tkarte tka rt rte

" N i e wieder!", das schwor ich mir in jener Nachtminute! Exakt um 2:13 Uhr, am 15. Juli 1968. Du liegst in der Koje, der Seegang rollt dich – Bettruhe als Schleudergang. Keine Seekrankheit: Es lag an den Jungs in meiner Kammer – noch immer beim Skat, ein Bier jagt das andere, der Muff filterloser Gitanes dringt durch den Kojen-Vorhang. Die Stewards zocken jeden verdammten Abend … Und all dies nur, weil mir mein Marine-Vater das Leben auf See dermaßen schmackhaft gemacht hatte, dass ich mich beim Verband Deutscher Reeder als so genannter Ferienfahrer anbot, und auf der "Vegesack" landete, einem Bremerhavener "Bananenjäger"...!

Ka ibi Kar bik k

Seite

16

hatte. Meine Melodie jenes Sommers: Creams "Anyone For Tennis". Als wir am Ende in Rotterdam einlaufen, gleiten wir an Schiffskränen vorbei, alle Mann an Deck abhängend, aus einem Riesenkofferradio dröhnt brandneu: "Do It Again" von den Beach Boys, dann "Camp" von Sir Henry & His Butlers. Beide höre ich bis heute – nie ohne das Herzklopfen meiner ersten Transatlantikrückkehr mit 15. Juli 1969, ich entere die "Cap San Diego" im Hamburger Hafen (wo sie heute als Museumsschiff vertäut ist). Eines der schönsten Schiffe, das ich kenne, damals mit sechs Schwesterschiffen. Mit 16 fühle ich mich schon cooler. Denke ich jedenfalls. Bis mir Heizer Molly die Pranke zwischen die Schultern haut und brüllt: „Hey Susi, in zwei Wochen Santos, da wird richtig eingetörnt!" „Susi" – wegen meiner über Matrosennorm langen Haare. Ein anderer Moses, Musikstudent, singt uns im Ärmelkanal aus Antwerpen kommend eine Arie: „Der soll anhalten!", brüllt er, an Deck wankend. Seekrankheit als Panikattacke. „Wann hält der an?", fragt er mich. Ich kann nur abwiegeln: „Morgen haben wir ruhige See." Stoppen würde die "Cap San Diego" erst nach 14 Tagen – so lange fuhr man bis Brasilien, obwohl wir mit 19 bis 21 Knoten verdammt schnell waren. Diesmal gewöhne ich mich schnell ein, bin in meiner Pantry zu Hause und habe bald einen Nebenjob: bedienen bei Skatturnieren, gespickt "Cap San Diego" mit lustigen Sprüchen, bei amtlicher Musik: "Oh Happy Day" auf Rotation, "Honky Tonk Women" hatte Schiffsjunge Bernd über ein Hallgerät laufen lassen, so dass seine TonbandAufnahme sich live anhörte – besser als der dröge Single-Mix!

GoodTimes

2/2011

Foto o: Ge eorg orgH rgH HH

V

ier Wochen später wusste ich jedoch: Im kommenden Sommer hole ich mir vom Direktor meiner Penne einen neuen Ferien-Nachschlag – und lege doch wieder ab. Woher der Sinneswandel? Ein denkwürdiger Landgang in Turbo, Kolumbien. Tropenflair. Ich gönne mir eine Plantagenmachete mit 60-cm-Klinge, sehe Sechsjährigen beim Rauchen zu und hoffe, dass ich mit lokalem Flaschenbier durchfalltechnisch auf der sicheren Seite bin. Klappt, ich halte dicht ... Am Tag drauf eine Dschungelfahrt mit dem Rettungsboot der "Vegesack", der Käpt'n in Khaki am Ruder: sanftes Plätschern links und rechts – hungrige Alligatoren aller Größen. „Außerdem wimmelt es hier von Piranhas!", raunt der Alte. Am nächsten Tag: Bananenpacker beaufsichtigen: Schlappe 105.000 Kisten Chiquitas von Flößen per Fließband auf unseren Pott bringen, auf Reede: Einen Hafen gab's nicht. Das Leben an Bord gefiel mir auf dem Rücktörn besser: 22 Decksleute viermal am Tag bedienen, abwaschen, Pantry sauberhalten und Waschräume, das schaffe ich locker. Wenn statt Skat abends alle ihre Single-Sammlungen in eine Kammer hieven und zwischen Freddy Quinns "Sie hieß Mary-Ann", Herman's Hermits und Mario Lanza tolle Anekdoten vom Stapel lassen, bekomme ich was von jener Romantik ab, die ich schon als Seemannsgarn abgeschrieben


Fotos: © U. Twelker

An Deck waren Ställe aufgebaut: 28 Zuchtrinder hatten wir in An An en n fü Antwerpen für Argentinien geladen, komplett mit einem drahtigen C Cowboy. Eines Nachts, im Scheinwerfer, half der Drahtige einem Käl Kälb Kälbchen nahe dem Äquator auf die Welt. Eine Szenerie, wie sie filmeife nicht sein konnte. Andere Nächte waren friedlicher – im Pool eifer reifer liegend in den Sternenhimmel schauen. Die Cap-San-Schiffe hatten Luxus-Kabinen für zwölf Passagiere, aber abends durften wir in den Pool. Ich bin am liebsten nachts allein im Wasser, denn wenn sich die Crew langweilte und Wasserball spielen will, musste ich der Ball sein – nie hatte ich so viele blaue Flecke! Santos, Brasilien: Für die Jungs wohl die ultimative Stadt der Liebe, siehe Mollys launige Bemerkung. Nun legt er noch einen drauf: „Wir besorgen dir 'ne heiße Mulattin, Susi!" Ich kann ja schlecht an Bord bleiben, aber mulmig ist mir schon ... Die City-Bar am Cachache-Berg, benannt nach dem beliebten ZuckerrohrAls dü Al d nne nn r H Heri e ng eri n an n ein einem Schnaps, ist schummrig. selten tenen en n fre freien ien Ta Tag g in in Ein Trio bringt Live-Musik, Tu bo Tur bo,, Ko olu lum umbie bien n keineswegs Bossa-Nova oder Samba, sondern Creedence Clearwater, Kinks – kompetent abgespult, quasi wie zu Hause. Kaum wippe ich mit, spüre ich eine zarte Hand: „Tanzen, Blondie?" Sie ist bildschön, Typ Arabella Kiesbauer, und schmiegt sich lasziv an. „Let's go upstairs", flüstert sie – ich teste eine dramatische Miene und murmele was von „night shift" und nehme ein Taxi. Am Tag drauf nimmt mich der Heizer unter dem Feixen der anderen beiseite. „Du hast der Lady was von Nachtschicht erzählt? Die weiß aber genau: Ein Moses fährt nie Nachtschicht! Nun ist sie düpiert – läuft auf der Pier mit ihrer Machete auf und ab!" Gut, dass wir nach Buenos Aires ausliefen. Dort luden wir die 29 Rinder per Kran aus. Nach den Viechern ging ich selbst an Land. Nicht ohne zehn Fingerabdrücke auf dem Landgang-Pass zu hinterlassen: Order der Militärs! Und was kaufte man zuerst in Buenos Aires? Klar, den "Melody Maker", zwei Wochen alt! Törn drei: "Cap San Augustin" Sommer '70. Ich konnte nicht anders. Mein Direktor war ,not amused': „Twelker, überlegen Sie, ob Sie Ihr mageres Reifezeugnis an dieser Anstalt ablegen wollen!" Ablegen wollte ich. Aber lieber mit einer Cap San! Diesmal als Decksjunge; ich trug mich für den Navigationskurs ein – kaum ahnend, dass dies eine Fügung des Schicksals war. Auf der Heimreise traf es einen Leichtmatrosen, der schwer gebechert hatte: Einen „fristlosen Sack" nennt man es, wenn du auf See gefeuert wirst und danach rumsitzt, bevor vom nächsten Hafen einen Ersatz eingeflogen wird. Nächster Hafen? Rotterdam! „Dann geht Susi Brückenwache!" Das gefiel mir: Einen 159 Meter langen 10.000-Tonner zu steuern ist ein Erlebnis. Bis in der Biskaya ein Sturm aufzog, beide Radargeräte verreckten und wir auf Sicht an den in letzter Minute sichtbaren Riesentankern vorbei mussten. Wenn der Käpt'n an seiner Pfeife ziehend „fünf Grad Steuerbord" murmelte und ich den Kahn herumlegte, wusste ich: Hier oben sieht das schon wild genug aus, wie der Pott sich auf die Seite legt und sc schlingert. Aber unten in der Offiziersmesse haben sie nicht nur die SStühle und Tische sichernd eingehakt, sondern der Pudding springt d drei Schalen weiter! Spruch aus dem Maschinenraum: „Käpt'n, volle K Kraft voraus bei dem Nebel? Lassen wir es langsamer angehen?" – „Gib ihm weiter die Brust, Chief!", hörte man hinter der qualm menden Pfeife. Keine Chance auf halbe Kraft bei verderblicher Ware d des Kühlschiffes: brasilianische Orangen u und Fleisch aus Argentinien mussten p pünktlich zum Kunden, sonst hagelte ees Konventionalstrafen. Erster Ton im Hafen: „All Right Now!"

n e in e f u a it m ie S n e m m o K weiteren Trip in die goldene Vergangenheit!

KULT AZ 1/2 HOCH

Alle Hefte zu bestellen im kult! Shop Seite 31 oder unter:

www.goodtimes-magazin.de


Ein Amerikaner in der DDR Leben und Wirken des Sängers und Schauspielers

er amerikanische Sänger, Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor Dean Reed (geboren am 22.9.1938 in Denver) war ein echter Superstar. Allerdings nicht in seiner Heimat Colorado, sondern in der DDR. Reed besaß Talent und verfügte über eine charismatische Ausstrahlung, die auch im Rest der Welt zum Star hätte reichen können. Doch er war bekennender Marxist, Aushängeschild des anderen Amerika. "Der rote Elvis" wird er in einem Buch und in einem Dokumentarfi lm über ihn genannt, für die "New York Times" war er der „Johnny Cash des Kommunismus". Den DDR-Oberen, die Dean Reed hofierten, hätte nichts Besseres passieren können: ein vermeintlicher Weltstar und dennoch ein Kämpfer für die Sache. Doch die Geschichte endete tragisch, mit dem Suizid des Künstlers. Bereits 2004 sicherten sich Tom Hanks und DreamWorks die Filmrechte an seiner Biografie. en ersten Zeitungsartikel über Dean Reed konnte man 1956 in der amerikanischen "Newsweek" lesen. Hier ging es jedoch nicht um den späteren Sänger und Schauspieler. Der gerade 18-Jährige machte aus einem anderen Grund von sich reden: Er wettete, bei einem 110-MeilenLauf schneller als ein Maultier zu sein. Ein spaßiger Wettkampf, den Reed nach 22 Stunden knapp gewonnen hatte. Im selben Jahr begann er ein Studium der Meteorologie an der University Of Colorado in Boulder. Die Uni ist stolz auf ihre prominenten Schüler, im Foyer sind heute Fotos und biografische Notizen an die Wände gepinnt. Reed hängt genau zwischen Robert Redford und Matt Stone, dem Co-Creator der "South Park"Serie. Dabei war Reed keine zwei Jahre Student, und er hatte gute Gründe, die Uni zügig wieder zu verlassen. Denn Dean Reed, der als Zwölfjähriger eine Gitarre geschenkt bekam und mit 16 seinen ersten eigenen Song schrieb, mauserte sich zu einem veri-

D

Seite

18

"Soviel Lieder, soviel Worte"; © Progress Film-Verleih/Foto Hans-Ullrich Raschke

Dean Reed D tablen Musiker, auf den schließlich das Capitol-Label in Los Angeles aufmerksam wurde. Der Legende nach nahm der junge Sänger einen Anhalter mit, der ihn schließlich an die Plattenfirma vermittelte. Zwischen 1958 und 1962 nahm Dean Reed neun Singles auf, doch der große Wurf blieb aus. "The Search" landete auf Platz 96 der Billboard-Charts, aber nach einer Woche war der Song wieder verschwunden. Diese frühen Aufnahmen galten lange Zeit als verschollen, erst 2006 hatte sie das engagierte Label Bear Family Records für die Kopplung THE RED ELVIS! THE VERY STRANGE STORY OF DEAN REED zusammengetragen. ls Dean Reed schon in der DDR lebte, wurde immer wieder kolportiert, dass sein Song "Our Summer Romance" bis auf Platz 2 der amerikanischen Charts vordrang, was glatt gelogen war; es passte aber gut zur Legende, trotz Superstarstatus seine Heimat in Richtung Ostblock allein aus Protest gegen den Vietnamkrieg verlassen zu haben. Dabei war "Our Summer Romance" wirklich ein großer Hit, allerdings in Südamerika, wo Reed kurze Zeit später zum absoluten Star avancierte. Die Chilenen wählten ihn 1961 in der Zeitschrift "Ecran" mit riesigem Vorsprung zum beliebtesten Sänger, erst dann folgten Elvis Presley, Ray Charles, Paul Anka und Neil Sedaka. Auch in Mexiko eroberte Reed die Herzen der meist weiblichen Fans

GoodTimes

A

2/2011


im Sturm. Oder in Argentinien, wo er ab 1965 je jede jeden d n Sa de Sams Samstag msta tag g ei eine nee Sprache. Dreieinhalb Jahre blieb er in dem südeuropäischen Land. V der amerikanischen Botschaft in Rom protestierte er gegen den eigene Fernsehshow präsentierte. In Martinez, Vor Viet Vi etna na einem Vorort von Buenos Aires, ließ sich Dean Vietnamkrieg, wodurch er seine Arbeitserlaubnis verlor. E n Rückkehr nach Südamerika scheiterte wegen eines Ei Reed mit seiner ersten Frau Patricia Hobbs, die Eine E er ein Jahr zuvor in Mexiko geheiratet hatte, Einreiseverbots schon am Flughafen von Buenos A auch häuslich nieder. Doch das vermeintliche Aires. Wieder in Rom ansässig, nahm Reed vor allem S Glück hielt nicht lange. Die Jahre in Südamerikaa Schauspielangebote aus Spanien wahr. Auch sonst k öffneten dem Künstler die Augen. Er registriertee kam er weit herum. Nach Schweden reiste er zur 5. n S St Elend und Armut ringsum und gab der bitteren Stockholmer Konferenz, nach Russland zur Konferenz anlä an lä Realität eine Stimme. Dean Reed verstand sich jetzt als anlässlich des 100. Todestags Lenins, und er fuhr nach Chili wo er den Wahlkampf der Unidad Popular unterstützCh Freiheitskämpfer. Er spielte Gratiskonzerte in ärmlichen Chile, t und bei der Amtseinführung Salvador Allendes im November Stadtvierteln und Slums, in Fabriken und Gefängnissen. te Schon 1962 sprach er sich in den Medien gegen ame1970 vor Ort war. Kurz zuvor stellte sich Reed vor das amerikan rikanische Nuklearwaffentests aus. Als er sich im selben nische Konsulat in Santiago de Chile und wusch symbolisch die U Jahr während der Fußball-Weltmeisterschaft in Chile US-Flagge, weil sie mit Blut befleckt war. Eine Aktion von kurzer D mit dem sowjetischen Torwart anfreundete, schrieb die Dauer, Reed wurde erneut verhaftet. Anfang 1971 blieb Reed v Monate lang ohne Unterbrechung im Land, um der Unidad CIA ihre erste Aktennotiz über ihn. 1965 reiste Reed vier als Mitglied der argentinischen Delegation zum Weltfriedenskongress Popular ein weiteres Mal zu helfen, diesmal bei den Gewerkschaftsnach Helsinki. Dort traf er auf die sowjetische Kosmonautin Valentina und Kommunalwahlen. ber diese Zeit drehte Reed einen Dokumentarfilm, den er bei der Tereschkowa, die er für seine Samstagabendshow interviewte. Damit 14. Dokumentar- und Kurzfilmwoche in Leipzig vorstellte. Dies war hatte der Sänger den Bogen überspannt, denn das Bild des „gefährdie erste Begegnung mit seiner neuen Heimat. Seinen ersten Auftritt lichen Roten" geriet beim argentinischen Volk gehörig ins Wanken. in der DDR hatte er am 18.11.1971 in Ostberlin, zur Eröffnung einer Dean Reed wurde verhaftet, Rechtsradikale beschossen sein Haus. g späp Angela-Davis-Ausstellung sang Reed einige Lieder. Zwei Tage 1966, als der argentinische Militärchef Juan Carlos Ongania putschte ter fuhr er zum Filmfestival und das Amt des Präsidenten übernahm, wurde Reed mit seiner Frau nach Leipzig, entzückte das wegen „prokommunistischer Publikum im Allgemeinen Aktivitäten" des Landes verwieund eine Frau im Speziellen: sen. Angeblich soll die CIA die Wiebke Dorndeck. Ein halbes Ausweisung angeordnet haben, Jahr später siedelte Reed in bewiesen ist es nicht. unächst landete Dean Reed die DDR über, ein weiteres in Spanien, doch es blieb Jahr danach wurde Wiebke bei einem kurzen Aufenthalt. Reeds zweite Ehefrau. 1976 Diktator Franco setzte ihn auf kam Tochter Natalie auf die die „schwarze Liste", Reeds Welt (es war Reeds zweite Einsatzmöglichkeiten blieben damit überschaubar. In jene Zeit fällt seine erste Tournee durch die Sowjetunion. Während der Helsinkier Friedenskonferenz entstanden Kontakte zu den russischen Delegierten. Reed war der zweite Amerikaner, der in der UdSSR jemals Konzerte gab, lediglich Pete Seeger war vor ihm dort gewesen. In zwei Monaten absolvierte er 39 Auftritte, den ersten im Moskauer Estradentheater, die weiteren in sieben anderen Städten: ein Siegeszug ohnegleichen. Zehntausende pilgerten in die Stadien, um den Cowboy live zu erleben. Als er in Moskau den Majakowskiring entlangschlenderte, kollabierte der Straßenverkehr. Seit dieser ersten Tournee im Herbst 1966 genoss Dean Reed eine unglaubliche Popularität, immer wieder gab es Folgegastspiele, Fernsehauftritte und LP-Produktionen. Millionenfach ging Dean-Reed-Vinyl über die Ladentische. Die UdSSR blieb nicht das eeinzige inz n ig ge Os O tblo tb lo ock ckla land la nd,, in nd n dem der "Mann aus Colorado", wie später Ostblockland, sseine se i DDR-Unterhaltungssendung hieß, ein ei n echter Popstar war. och zunächst führten ihn ganz pragmatische G Gründe nach Italien. In Roms Tochter, sein erstes Kind war die 1968 von Ci Cinecitta fand er Arbeit als seiner ersten Frau Patricia geborene Ramona), SSchauspieler und war in 1977 verabschiedete er sich von Wiebke mit eeinigen Spaghetti-Western ei einem Gedicht. Zu dieser Zeit war Reed längst ein u und ähnlich gelagerten Filmen Star zwischen Anklam und Zwickau. Ähnlich wie zzu sehen. Der Bekannteste war zuvor in Südamerika und in der Sowjetunion eroberte d Klamotte "Adios, Sabata", die er nun in der DDR die Herzen. Trotz seiner ständigen i der Reed an in Sympathiebekundungen für den im Ostblock d Seite von der gelebten Sozialismus – was den Menschen Yul Brynner Yu Bryn Br ynne yn nerr sp ne spie i ltte N ie o heute ist Yul spielte. Noch im kleinen Land bisweilen gehörig auf der Western im Fernsehen zu sehen, die Nerven ging – blieb Dean Reed ein zeitweilig war er auch auf DVD waschechter Amerikaner mit einem verfügbar. Außerdem veröffentHauch weiter Welt; ein authentilichte Reed eine Single mit scher Sympathisant, der cooler "Blutsbrüder"; © Progress Film-Verleih/Foto Manfred Damm zwei Songs in italienischer war als alle anderen DDR-Stars

Ü

"Aus dem Leben eines Taugenichts"; © Progress Film-Verleih/Foto Ebert Kühn

Z

D

GoodTimes

2/2011

Seite

19


"Blutsbrüder"; © Progress Film-Verleih/Foto Manfred Damm

"Kit & Co."; © Progress Film-Verleih/ Foto Hans Heinrich

Dean Reeds erste DDR-LP in die Geschäfte, aus Mangel an eigenen Aufnahmen eine Übernahme aus den Moskauer Melodia-Studios. Während der Dreharbeiten zu "Kit & Co" lernte Reed seine spätere Ehefrau Renate Blume kennen. Sie ist noch heute eine speziell im Osten sehr bekannte Schauspielerin. 1981 heiratete das Paar in Berlin-Köpenick, zu sehen im Fernsehen und zu lesen in der Zeitung. Das war ein Novum, denn ostdeutschen Boulevardjournalismus gab es eigentlich nicht. Seinen endgültigen Durchbruch in der DDR schaffte Reed 1975 mit dem Kinofilm "Blutsbrüder". Hier spielte er an der Seite von Gojko Mitic (siehe kult! Nr. 2), als importierter Jugoslawe der zweite Exot in der ostdeutschen Schauspielerprovinz. Mitic, der 1966 mit "Die Söhne der Großen Bärin"

"Sing, Cowboy, sing"; © Progress Film-Verleih/ Foto Hans Heinrich

Dean Reed gemeinsam mit

zum Thema, der 1973 nach Pinochets Putsch gegen Allende verhaftet, gefoltert und ermordet wurde. Komisches Talent bewies Reed hingegen in den Kinofilmen "Soviel Lieder, soviel Worte" (Defa, 1976) sowie in "Sing, Cowboy, sing" (Defa, 1981). "Sing, Cowboy, sing" sollte eine Westernklamotte werden, für die Reed einmal mehr Regie führte, das Drehbuch schrieb und die Hauptrolle spielte. Er verpflichtete für die weiteren Hauptrollen den tschechoslowakischen Schlagerstar Vaclav Neckar und den ostdeutschen Bluessänger Stefan Diestelmann, der wenig später die DDR verließ. Speziell Manfred Krug in "Kit & Co" Kinder hatten wohl ihren Spaß an dem trashigen Klamauk, der Autor dieses Artikels sah den Film 14-jährig und konnte schon nicht mehr lachen. Dennoch sahen über eine Million Kinobesucher den Film. Die gefürchtete Kritikerin Renate Holland-Moritz, die grundsätzlich kaum ein gutes Haar an Defa-Filmen ließ, schrieb 1981 im Satiremagazin "Eulenspiegel": „Reed kann leider zwischen intelligentem Witz und abgeschmackter Trivialität so wenig unterscheiden wie zwischen echtem Gefühl und billigem Sentiment. Die Gags, die hier einander folgen, gelangen selten über die Gürtellinie. Was lustig gemeint ist, wirkt lächerlich." Mal abgesehen davon, dass die Kritikerin ganz sicher Recht hatte, war es ein neuer Dean Reed in der Westernklamotte medialer Umgang mit "Sing, Cowboy, sing". dem kommunistischen US-Star. Galt in den Siebzigern wegen Reeds Exotenbonus bedingungslose Ehrfurcht, ging man in den Achtzigern mehr und mehr auf Distanz. "Sing, Cowboy, sing" blieb dann auch Dean Reeds letzte Arbeit "Sing, Cowboy, sing"; © Progress Film-Verleih/ Foto Hans Heinrich

F

"Kit & Co."; © Progress Film-Verleih/Foto Hans Heinrich

und -Sternchen zusammen. Ein echter Cowboy mit Sexappeal. Er genoss bedingungslose Liebe seiner Fans, die jedoch nicht ewig hielt. ür die DDR-Führung war die neue Aufenthaltswahl des Dean Reed ein Geschenk des Himmels, denn nun konnte das Volk ganz offiziell für einen Star amerikanischer Herkunft schwärmen. Von Beginn an standen Reed alle kulturellen und medialen Möglichkeiten offen, sofort wurde er durch die wenigen Unterhaltungsshows des DDRFernsehens geschleust. Die staatliche Filmproduktion Defa verpflichtete ihn für die Spielfilme "Aus dem Leben eines Taugenichts" und "Kit & Co". Das Amiga-Schallplattenlabel stellte 1973

bei der Defa debütierte, war mittlerweile zum Chefindianer des DDRKinos geworden. Fast jedes Jahr startete ein neuer Indianerfilm, mit dem zehnten hatten sich die Filmemacher aus Potsdam-Babelsberg selbst übertroffen: Mit Reed an der Seite von Gojko Mitic verfügte “Blutsbrüder“ über gleich zwei Publikumslieblinge. Das Drehbuch hatte Dean Reed selbst geschrieben. egie führte der Amerikaner erstmals 1977 bei der ostdeutschen TV-Produktion “El Cantor“, für die er außerdem das Drehbuch schrieb und die Hauptrolle spielte. Der ambitionierte Fernsehfilm hatte das unfassbare Schicksal des chilenischen Sängers Victor Jara

R

Seite

20

© ICESTORM Entertainment, ein Produkt der Telepool

Die internationalen Stars der Defa: Gojko Mitic und Dean Reed, hier in "Blutsbrüder".

für die Defa. Zwar plante er seit 1983 die Umsetzung seines Filmprojektes "Bloody Heart", das die Geschehnisse um Wounded Knee im Jahre 1973 (Belagerung und Beschießung protestierender Indianer) thematisierte, doch es gab immer wieder Verzögerungen und Schwierigkeiten bei der Realisierung. Schließlich verhinderte der frühe Tod des Künstlers den Drehbeginn. Dabei sollte genau dieser Film Reed als ernstzunehmenden Regisseur etablieren. eben seinen Filmarbeiten verfolgte Dean Reed mit Nachdruck seine Karriere als Sänger. Über Jahre tourte er ununterbrochen in der DDR, der CSSR und der UdSSR. Im DDR-Fernsehen bekam der Sänger eine eigene Show, "Der Mann aus Colorado". Außerdem veröffentlichte Dean Reed regelmäßig Tonträger. In der Sowjetunion sind 14 Singles und sechs LPs erschienen, in der CSSR acht Singles und fünf LPs, in der DDR zwölf Singles und sieben LPs. Meist nahm Reed seine Alben in einem tschechischen Studio auf, die Labels lizenzierten dann jeweils die Aufnahmen für das eigene Land. Bei aller Beliebtheit, die der Sänger bei seinen Fans genoss, hatte er aber nie einen wirklichen Hit. Vielleicht wehrte sich deshalb das staatliche DDR-Label Amiga, das von Dean Reed geplante Album ES GIBT KEINE LIEBE, DIE BLEIBT zu veröffentlichen. Von nicht umgesetzten Amiga-Projekten kann so mancher Künstler ein

N

GoodTimes

2/2011


I

D

GoodTimes

der offenbar eine Rückkehr in die USA plante, wollte den Beitrag für ein mögliches Comeback nutzen, doch der Fernsehjournalist führte ihn als privilegierten Oststar vor. Die US-Zuschauer waren über Reeds Äußerungen empört, sie schickten Hassbriefe und Morddrohungen nach Berlin-Rauchfangswerder, wo er ein Haus besaß. on einem „tragischen Unglücksfall" sprachen die DDR-Medien, als man den Tod des nicht einmal 48-jährigen Künstlers verkündete. Am 13. Juni 1986 wurde er in der Nähe seines Hauses in einem See tot geborgen. Reed hatte sich mit Schlaftabletten vollgepumpt, die Pulsadern aufgeschnitten und ist schließlich ertrunken. Sein Abschiedsbrief wurde beschlagnahmt – angeblich, um seine Frau Renate zu schützen, gegen die er schwere Vorwürfe erhob. Das Verschweigen der tatsächlichen Todesumstände bot Raum für Spekulationen, die mitunter bis heute anhalten. So wurden Stasi und KGB als mögliche Mörder genannt, weil sie Reeds Rückkehr in die USA verhindern wollten. Andere vermuten, dass die CIA beteiligt war, die ebenfalls eine Rückkehr verhindern wollte. Natürlich wurde in der DDR sein Andenken gepflegt: Reeds Grundstück in Rauchfangswerder zierte eine Büste, eine Oberschule in Potsdam sowie einige Brigaden benannten sich nach ihm. Doch drei Jahre später war es auch mit der DDR vorbei, die Betriebe mit den Dean-Reed-Brigaden wurden geschlossen, und die Potsdamer Schule trägt seit 1994 einen neuen Namen. ean Reed bleibt trotzdem unvergessen. Dafür sorgen schon bestimmte Boulevardmedien, die in schöner Regelmäßigkeit Dean Reeds Abschiedsbrief „neu entdecken". Inzwischen liegen einige seiner Filme auf DVD vor, es gibt viele seiner Songs auf diversen CD-Kopplungen. Dokumentarfilme und Sachbücher thematisieren das ungewöhnliche und viel zu kurze Leben des Amerikaners, der „als einzige Gesellschaftsordnung" die der DDR pries und dennoch US-Staatsbürger blieb. Den Ritterschlag würde Dean Reed posthum erfahren, würde Hollywood-Star Tom Hanks endlich mit den Dreharbeiten zu "Comcade Rockstar" beginnen. Gerüchte darüber gibt es immer wieder, doch die erste Klappe ist noch immer nicht gefallen. Späten Ruhm über einen Hollywoodstreifen hätte Dean Reed allemal verdient. Christian Hentschel

V

D

Lieferbare Dean-Reed-Medien Musik von Dean Reed auf CD

THE RED ELVIS! THE VERY STRANGE STORY OF DEAN REED (2006, Bear Family) DEAN REED – SEINE AMIGA-ERFOLGE (2007, Amiga/Sony Music)

Filme mit Dean Reed auf DVD

"Blutsbrüder" (2002) "Aus dem Leben eines Taugenichts" (2008) "Kit & Co" (2008) "Dean Reed – Der amerikanische Rebell" (2009, DVD-Box mit "Sing, Cowboy, sing", "Blutsbrüder", "Kit & Co", "Soviel Lieder, soviel Worte" und einer Audio-CD) "Abenteuer Helden Collection" (2009, DVD-Box mit fünf Piratenfilmen, darunter "Korsar der Karibik") "Fäuste, Bohnen & Karate" (2009) "Die Chrysanthemen-Bande" (2009) "El Cantor" (2010)

Filme über Dean Reed auf DVD "Der rote Elvis" (2008)

Bücher über Dean Reed

"Der rote Elvis: Dean Reed oder Das kuriose Leben eines US-Rockstars in der DDR" von Stefan Ernsting (TB, Aufbau, 2006)

Dean Reed im Internett www.deanreed.de www.derroteelvis.de

2/2011

Seite

21

© ICESTORM Entertainment

Lied singen, doch Dean Reed wandte sich an den SED-Chefideologen und Kulturoberen Kurt Hager, der die Produktion schließlich durchsetzte. Die LP erschien 1984 in kleiner Auflage und könnte theoretisch immer noch in den Geschäften stehen. Das Album verkaufte sich nämlich nicht. Hört man die Schallplatte heute, lässt sich feststellen, dass sie gar nicht so schlecht war. Vielleicht hätte die LP fünf Jahre früher erscheinen müssen, denn die kontinuierlichen Popularitätseinbußen ziehen sich wie ein roter Faden durch Reeds künstlerisches Wirken im letzten DDR-Jahrzehnt. Zwar wurde das Interesse an ihm künstlich hochgehalten, g (ein immer kleiner doch die Bevölkerung w werdender Fankreis ausgenommen) hatte m dem Cowboy nichts mehr am Hut. mit S Seine große Personality-Show "Sing, Dean, s sing" (Sommer 1981) aus dem Palast der R Republik glich einem Abschied auf Raten: D Bühnen wurden kleiner, die Auftritte Die geri ge eri riet eten et en p rovvi ro vinz nzie iellllller ie er gerieten provinzieller. “ ch bin Marxist, egal was ich singe", sagte Dean Reed einmal in einem Interview. Und das war genau so gemeint. So heuerte er 1976 als Inoffizieller Mitarbeiter bei der Staatssicherheit an, als „IM Victor" sollte er über Besuche bei US-Diplomaten berichten. Diese Verbindung hielt jedoch keine zwei Jahre, angeblich hatte sich Reed bei Erich n Honecker persönlich beschwert, woraufhin d man den Sänger in Ruhe ließ. Dean Reed engagierte sich nun von der DDR auss d bei Protestaktionen in Nahost, Nord- und g Südamerika. 1977 folgte er einer Einladung der PLO in den Libanon, er sang 1978 in Minnesota für protestierende Farmer, reiste 1983 illegal nach Chile und bestritt nicht genehmigte Konzerte. Speziell sein 1978er-Engagement für die amerikanischen Farmer sorgte für Wirbel in den Medien. Mit 19 weiteren Demonstranten wurde Reed verhaftet, im Wright-Country-Gefängnis Buffalo trat er mit neun anderen Protestlern in den Hungerstreik. Nachdem sich auch Künstler wie Joan Baez und Pete Seeger für seine Freilassung stark machten, kam Reed nach elf Tagen Haft wieder frei. Im gesamten Ostblock war er nun nicht mehr nur ein Star, sondern ein Held. Spätere Festnahmen wie 1983 in Chile oder 1984 in Uruguay wurden dagegen von den Menschen kaum goutiert, sie hatten ganz andere Sorgen und von der Omnipräsenz Reeds allmählich die Nase voll. Ob Komsomolkongress in Moskau, Weltfeststpiele in Havanna, FDJ-Kundgebung in Ost-Berlin oder Friedenslauf am Leninplatz – Dean Reed war unvermeidlich. Ein Bäckereikombinat in Pasewalk trug jedoch nicht seinen Namen, wie der "Spiegel" einmal behauptete ... Reeds geschärfter Blick für die Ungerechtigkeiten der Welt machte ihn offensichtlich blind für die Probleme vor seiner eigenen Haustür, für die Wirklichkeit des real existierenden Sozialismus in seiner Wahlheimat. abei war Dean Reed gar nicht so realitätsfern, wie nach dem Mauerfall behauptet wurde. So verlangte er in seinen frühen Protestschreiben Atomtest-Stopps in Ost und West und kritisierte den Einmarsch der Roten Armee in der Tschechoslowakei genauso wie den Vietnamkrieg. In seinen Stasi-Akten ist ein Affront mit einem Verkehrspolizisten im Jahr 1982 vermerkt: Reed hatte die DDR mit einem faschistischen Staat verglichen und dem Polizisten gegenüber geäußert, dass es ihm und weiteren 17 Millionen Einwohnern „bis hier stehe". Außerdem verlangte Reed seine Verhaftung (zu der kam es aber nicht), wie es hier „gang und gäbe wäre". Die SED wiederum ermahnte ihn, weil er in seinen Konzerten das „Kinderlied" der ausgebürgerten Liedermacherin Bettina Wegner sang. Letztlich ließ sich Dean Reed aber immer wieder vor den Propaganda-Karren spannen, Menschenrechtsverletzungen in der UdSSR tat er als kleine Fehler ab – und als er 1986 ein amerikanisches TV-Interview gab, verteidigte er den Mauerbau und die sowjetische Intervention in Afghanistan. Reed,


Gitte

Abba –

Von Philipp Roser

kein Thema

F

Foto: © Roman Weiss 1983/Bildarchiv Hallhuber

rau Haenning, in Ihren Liedern sind Unruhe und Rastlosigkeit zu spüren, die sich durch Ihr Leben ziehen. Zugleich singen Sie in "Heimatlos melancholisch": ... nicht an Rückwärts den" ken, sich dem Jetzt schenken" ... (Lacht) Das ist ein guter Satz, wunderbar! Ich schaue wirklich nie zurück. Mein „offizielles" Leben hat ja sehr früh angefangen, und da muss man sich immer Ruhezeiten gönnen. Ich wollte zurück zu dieser Technik mit Nähe und Distanz, die ich für so wichtig halte – und die man ja als Künstler ausübt, vielleicht bewusster ausübt als jemand, der nicht Künstler ist. Aber ist es nicht manchmal schwierig, Distanz zu wahren? Fans und Showbusiness neigen schließlich zur Vereinnahmung ... Für mich nicht. Ich nehme mir meinen Platz, meine Ruhe; ich ziehe mich zurück, wenn ich das für richtig und besser für mich halte. Und ich habe auch den Mut, dies meinen Fans zu sagen, die mir nachreisen oder immer wieder kommen. Sie haben Ihre Karriere bereits als Kind begonnen, und Ihr Vater Otto war daran maßgeblich beteiligt. Ihr Verhältnis war nicht immer ganz spannungsfrei, doch Sie haben vor seinem Tod Anfang 2004 noch Ihren Frieden mit ihm gemacht? Ja. Meine Eltern waren geschieden, das war ein Spannungsfeld bei uns zu Hause für meine Schwester und mich. Als das Herz meines Vaters schwächer wurde, eine Operation nötig war und eine zweite gemacht werden musste, haben die Ärzte entschieden, ihn nicht noch einmal zu operieren, weil er zu alt war. Das war nicht leicht für mich, weil ich lange Angst hatte vor dieser Situation: Wie verabschiedet man sich? Denn ich wusste nicht, ob ich sagen könnte „Papa, ich liebe Dich!" Aber es kam irgendwie vom Himmel als Geschenk – es wurde uns leicht gemacht. Ich habe meine Lebensversicherung verkauft und eine Musikproduktion in Kopenhagen auf die Beine gestellt, Seite

22

“Johansson". Auf diese Art und Weise konnte ich ihn begleiten, konnte ihn jeden zweiten Tag im Krankenhaus besuchen. Das war ein großes Geschenk, und als er sich wirklich verabschieden musste, fragte er mich: „Wie war das eigentlich, Gitte, für dich als Kind, als Kinderstar?" Darauf konnte ich nur antworten: „Aber Papa, du und ich, wir waren doch nur Kinder, oder?" Diesen Satz nahm er an, dafür bin ich ihm wahnsinnig dankbar. Er wiederum konnte in Frieden sterben. Ihr Vater hat Ihnen damals für die erste Single mit acht Jahren ein Fahrrad versprochen, das Sie aber erst später bekamen? Ja. Aber ich habe mein Fahrrad früher bekommen als meine Schwester, und die war drei Jahre älter. Das war ein Fehler von meinem Vater, mir ein neues Fahrrad Foto: © Hoffmann/Bildarchiv Hallhuber

Foto: © Trawinski/Bildarchiv Hallhuber

Einen Bogen von der Vergangenheit in die Zukunft hat Sängerin Gitte Haenning mit ihrer aktuellen CD WAS IHR g ihrer alten Hits WOLLT geschlagen: Die Dänin hat einige e neu aufgenommen und mehrere neue d Lieder eingespielt. Außerdem stand n sie 2010 bei den Ruhrfestspielen in Shakespeares "Was ihr wollt" auf derr Bühne. Als "ständig Suchende" bezeich-net sich die 64-jährige multitalentierte Künstlerin und blickt für "kult" zurück und zugleich nach vorn.

zu geben, während meine Schwester sich mit einem gebrauchten begnügen musste. Das war nicht klug, (lacht), das war nicht pädagogisch. Sie haben auch Ihre Mutter intensiv auf ihrem letztem Weg begleitet? Meine Mutter wurde krank, und ich habe sie nach Berlin geholt. Sie ist hier gestorben. Aber sie ist zumindest in meiner Nähe gestorben – ich konnte ihre Hand leider nicht halten, weil ich Theater spielen musste. Ich trug Shakespeare-Sonette vor, das dritte konnte ich nicht sprechen – da starb sie, und das habe ich offensichtlich gespürt. Aber ich hatte das Glück, dass sie in meiner Nähe war. Sie wollte meiner Schwester und mir nicht zur Last fallen, doch sie hat sich im Altersheim gelangweilt und wurde dadurch zur Kettenraucherin. Sie fing sich eine Infektion ein, und ich musste sie sofort in die Charité bringen,

GoodTimes

2/2011


Sie erwähnten Shakespeare – ihn zitieren Sie ja auch für den Titel Ihrer neuen CD ... Wir haben das im Vorfeld als Arbeitstitel benutzt, weil ich zu der Zeit den Narren in Shakespeares "Was Ihr wollt" spielte. Ich bin für die wunderbare Nicole Heesters eingesprungen, die aus privaten Gründen absagen musste. Ich habe auch nicht sofort zu-, sondern erst zweimal „nein" gesagt, Regisseur Armin Holz meinte: Sie sind aber der Narr! Das hat mich total geplättet, das war das größte Kompliment überhaupt. Trotzdem habe ich abgesagt. Dann hat er einen Boten mit 30 gelben Tulpen und einer Karte geschickt: „Sie werden es in fünf Jahren bereuen, alles wird gut!" Da wurde ich dann weich (lacht). Im Grunde genommen war ich ja schon auf dem Weg in die Arbeit für die neue Schallplatte. Aber ich habe die Rolle dann doch bei den Ruhrfestspielen gespielt und danach auch noch in Berlin. Ich bin Shakespeare-Fan – er hat ja alles in einem Satz gesagt, aber auch wirklich alles: The stage is the world, and the world is the stage (die Bühne ist die Welt, und die Welt ist die Bühne)! Da drin liegt einfach alles (lacht). Warum haben Sie für WAS IHR WOLLT Ihre größten Erfolge neu aufgenommen? Das war ein Wunsch der neuen Plattenfirma, es so zu gestalten, dass man acht meiner Hits und vier neue Songs auf eine Produktion bringt. Das ist gar nicht so dumm, denn dadurch kann man Vergangenheit und Zukunft kombinieren. In "Salz in der Luft" singen Sie Ich brauche 'nen Neuanfang, wer " weiß, was mir noch alles passieren kann" ... Das ist das wichtigste Lied für mich, denn damit hat alles begonnen in der Zusammenarbeit mit meinem neuen Team. Das war das Samenkörnchen, das ich gesät habe. Und es ist so etwas wie meine Lebensphilosophie Sie haben in Ihrer langen Karriere auch einmal mit den Abba-Leuten gearbeitet ... Nein, habe ich nicht! Ich habe nur zu einem Original-Playback "Happy End" gesungen, das im Übrigen sehr schlecht war als Playback. Ich fand das Lied nicht gut, ich war auch nie ein Fan von Abba. Das ist eigentlich kein Thema, über das wir reden könnten. © Pressefoto 2010/Jim Rakete

als sie hier ankam. Der Plan war, dass sie mit mir in den 29. Juni reinfeiert, in meinen Geburtstag. Da wollte ich sie feiern, weil sie mich zur Welt gebracht hat. Sie starb am 2. Juli. Aber es war ganz bezaubernd, als sie da lag mit den Händen gefaltet wie zu einem Gebet – sie wollte ihren Töchtern zeigen, dass sie für uns gebetet hat. Sie war nicht besonders religiös, aber ich wollte sie gern dort hinführen, wollte, dass sie in Frieden sterben kann. Ich sagte ihr am Telefon immer: Du musst für mich beten, dass ich meine Arbeit gut mache, Du musst für meine Schwester beten, weil sie so krank ist. Ich hatte das große Glück, beide Eltern am Ende begleiten zu können. Was hat Sie Ende der 50er Jahre eigentlich nach Deutschland verschlagen? Daran war vor allem mein Vater interessiert. Ich fand das nicht so witzig, denn die deutsche Sprache hat meinen Körper nicht angesprochen, sie war so kopflastig. Dann kam die Plattenfirma und wollte mich für "Ich will ’nen Cowboy als Mann" gewinnen. Auch darauf war ich nicht heiß, denn ich war ja total ausgelastet in Skandinavien. Dieser Akzent skandinavischer Frauen oder Mädchen war damals in Deutschland angesagt. Und dann wurde der "Cowboy" ein Riesenerfolg. Hat Sie das mit den Problemen versöhnt, die Sie mit der deutschen Sprache hatten? Für mich ist die deutsche Sprache harte Arbeit. Das fällt mir nicht leicht, und ich kann die Grammatik immer noch nicht so recht. Wenn man nicht Ping-Pong in einer Sprache spielen kann, ist es nur die halbe Freude. Es ist eine ambivalente Geschichte, und ich kann nur versuchen, mich zu artikulieren. Sie leben seit 15 Jahren in Berlin ... Ja – das ist viel zu lange. Denn normalerweise bin ich nur neun Jahre in einer Stadt. Ich habe eine innere Uhr, deren Rhythmus heißt: Nach neun Jahren muss ich woanders wohnen. Aber ich bin immerhin zweimal in Berlin umgezogen – und Berlin ist ja bekanntlich groß ...

/ 2 ) ' ) . ! , %

$ I E / R I G I N A L ! L B E N A U S D E N 5 N I V E R S A L ! R C H I V E N D I G I T A L R E M A S T E R T E R S T M A L S KO M P L E T T A U F # $ U N D A L S $ O W N L O A D

*ETZT AUCH MIT "ONUSTRACKS

DORTHE Wärst du doch in Düsseldorf geblieben

(1968) – 06025 2759673

RENATE KERN Meine Welt ist schön (1969) – 06025 2759675

ULLI MARTIN Ein Traum wird wahr (1972) – 06025 2759674

NANA MOUSKOURI Glück ist wie ein Schmetterling (1977) – 06007 5332374

$IE NiCHSTEN /2)').!,% !LBEN SIND AB %NDE *UNI ERHiLTLICH GoodTimes

2/2011

Seite

23


Das Nonplusultra für Entenhausen-Fans Seit der Erstausgabe im Sommer 1965 hat Egmont Ehapa bis Mitte dieses Jahres rund 290 Sonderhefte mit den unterhaltsamen Comics von Donald Duck publiziert. bliziert. Mit einer verkauften Auflage von 35.000 Exemplaren pro Nummer und einer Reichweite chweite von 360.000 Lesern monatlich (Verlagsangaben), beweisen die ausgewählten Enten-Storys auch im fünften Jahrzehnt ihres Erscheinens ihren ungebrochenen Status als beliebVon Horst Berner tes Lesefutter. „Hallo Kinder! Onkel Dagobert hat grad' angerufen. Wir sollen sofort zu ihm kommen." „Hat er gesagt, warum, Onkel Donald?" „Nein, aber er tat sehr geheimnisvoll. Am Telefon könne er gar nicht darüber sprechen, hat er gesagt." it diesem angeregten Dialog zwischen Donald Duck und seinen Neffen Tick, Trick und Track startet das köstliche Abenteuer "Das Gespenst von Duckenburgh", das die Heftreihe "Die tollsten Geschichten von Donald Duck" eröffnete. Der Erstausgabe brachDeren E te Ehapa am 1. Juli 1965 in den Handel. Zu diesem Zeitpunkt blickte der Ver Verlag mit damaligem Sit in Stuttgart bereits auf eine nahezu 14 Sitz Ja Jahre währende Publikation der Zeitschrift "M "Micky Maus" zurück. Diese bot unter de Signum Walt Disney launige Comics, dem wo wobei es den jungen Lesern besonders di Erzählungen mit den Figuren aus die En Entenhausen angetan hatten. Neben d den genannten pfiffigen Neffen, dem G Geldprotz Onkel Dagobert, der liebenswertte Oma Duck, Glückspilz Gustav Gans, ten E nder Daniel Düsentrieb und etlichen Erfi sc schrägen Figuren mehr, spielte d i e er erste Geige ein irrer Vogel mit pr prahlerischen Attitüden un und den oft zitierten me menschlichen Zügen: Do Donald Duck. Sein Nimbus de des ewigen Verlierers ste stempelte ihn zur interessanten Figur, die Seite

24

se ehr wohl das Zeug sehr zzum um Titelhelden hatte. Ähnliche G d k i l mögen ö iin d li R d ki Gedankenspiele der d damaligen Redaktion d dazu geführt haben, dass schließlich eine Sammlung m mit seinen tollsten Geschichten angedacht wurde. E Eine famose Idee, die bis zum heutigen Tag und für G Generationen von Comiclesern später nichts von ihrem R Reiz verloren hat. ie inhaltliche Zusammenstellung des ersten Sonderhefts orientierte sich noch an der Nummer 1 von "The Best Of Donald Duck And Uncle Scrooge", mit der im November 1964 in den USA der Verlag Gold Key auf den Markt kam. Darin abgedruckt waren die vom brillanten Entenzeichner Carl Barks (1901–2000) gestalteten Stories "The Old Castle’s Secret" und "The Golden Helmet", die es in der

GoodTimes

Juni 1994: Barks und Fuchs treffen sich in München. 2/2011


Abb.: © Disney Enterprises, Inc. 2011

deu deutschen Bearbeitung durch Erika Fuchs (190 (1906–2005), damals Chefredakteurin der "Mi "Micky Maus", als "Das Gespenst von Du Duckenburgh" und "Donald Duck und der gol goldene Helm" zu einiger Berühmtheit geb gebracht haben. Schon ab Sonderheft 2 setzte Ehapa jedoch auf das eigene Konzept – nicht zuletzt, weil Gold Ke in der angedachten neuen Reihe Key Ko Kontinuität vermissen ließ. Zum wichtigste Kriterium wurde dabei die sorgfältige ten A Auswahl der Comics, die über lange Zeit m meist von Barks stammten. Fuchs ihrerseeits garantierte nicht nur die geistreichen seits Üb Übertragungen bisher unveröf öffentlichter Geschichten. Si redigierte auch noch einSie m das für die Neuauflage mal an anstehende Material, dessen Er Erstfassungen sie zuvor für fr frühe Ausgaben der "Micky M Maus" oder das "Sonderheft d Micky Maus" gefertigt der h hatte, und versah es bei diese Gelegenheit mit Titeln. ser F Fast beiläufig rührte Ehapa in seinen hauseigenen Mag Magazinen die Werbetrommel für Donald Duck & Co. und setzte bei den Lesern ganz auf den Sammlerinstinkt. on is 1987 kamen "Die tollsten Geschichten von ro Donald Duck" mit jeweils vier Ausgaben pro er Jahr heraus. Ab Heft 93 (Januar 1988) pendelte sich der ei Erscheinungsrhythmus dann auf sechs Nummern ein, bei einem unverändert konstanten Umfang von 68 Seiten.. Weil die Umbenennung in "Donald Duck Sonderheftt n – Die tollsten Geschichten" ab Heft 105 auf wenig Gegenliebe bei den Käufern stieß, wurdee mit Heft 167 im Jahr 2000 wieder der alte Titel verwendet. Die behutsamen Veränderungen ab Heft 105 präsentierten mit "Entenhausener Geschichte(n)" auch erstmals einen redaktionellen Beitrag, der sich Aspekten des Duck-Universums widmete. Bis heute hat DisneyExperte Wolfgang J. Fuchs über 180 weitere Folgen geschrieben. Neu ins Heft kamen damals ebenso die auf zwei Seiten abgedruckten, vom begnadeten Al Taliaferro (1905– 1969) gefertigten Zeitungsstrips mit klassischen "Donald Duck"Gags aus dem Jahr 1938, die bis ins Jahr 2001 liefen. Im Grunde blieb aber das bewährte Konzept der "Tollsten Geschichten von Donald Duck" über Jahrzehnte nahezu unverändert. Ein Poster mit dem Stammbaum der Ducks oder den berühmten Ölmalereien von Carl Barks, ein Reprint von Heft 1 zum 30-jährigen Jubiläum des Sonderhefts, ein paar Sticker, außergewöhnliche Titelbilder wie die metallfarbenen Donald-Covers oder einige Comicseiten mehr zu besonderen Anlässen waren

Extras, über die sich das Publikum freute. Und das ab Heft 171 eingeführte Inhaltsverzeichnis auf Seite 4 nannte nun endlich auch die Namen der publizierten Autoren und Zeichner, ja sogar Ein pfiffiges Trio: Tick, Trick und Track. die der deutschen Übersetzer. Die größte Veränderung kündigte sich mit Heft 178 vom 12. März 2001 an: Von da an erschien das "Donald Duck S Sonderheft" nämlich monatlich. Einen besseren Beleg für d Beliebtheit des Magazins konnte es nicht geben. die nzwischen ist das CarlBarks-Material zwar längst z zur Neige gegangen, ausgew wählte, erlesene Comics aktue eller Disney-Künstler wie Vicar (* (*1934), William Van Horn (* (*1939), Marco Rota (*1942), D Don Rosa (*1951) und anderen m mehr garantieren den Lesern a aber auch weiterhin beste U Unterhaltung. Ein besonderes Bonb B Bonbon bescherte die "Micky M Maus"-Redaktion des seit 20 n 2001 in Berlin ansässigen Eg n Egmont Ehapa Verlags den Sa el Sammlern zum Jahreswechsel 20 2008/09 mit dem Nachdruckk de ersten 50 Sonderhefte!! der Die n Diese bis Ende 1975 in n den Verkauf gekommenen Aus Ausgaben in der Reihe gel-ten Entenhausen-Liebhabern als die gesuchtesten Stüc Stücke. In fünf Kassetten, jewe auf 4444 Exemplare jeweils limit limitiert, gibt es die in Faks Faksimilequalität nachgedruckten Raritäten von einst zum Preiss von 89,95 Euro pro Box. Leseratten mit Hang zur bibliophilen Kostbarkeit erwerben damit ein bedeutungsvolles Dokument hiesiger Comicgeschichte. Die Neuauflagen gestatten den höchst interessanten Blick auf die Anfänge der nach der "Micky Maus" langlebigsten deutschen Comic-Heftreihe, die es in 46 Jahren und bei einem Umfang von durchschnittn lich mindestens 68 Seiten 0 auf annähernd 20.000 n publizierte Comicseiten h gebracht hat. Ein Hoch dem populären Enten-Clan!! Kompliment aber auch an diee Chefredakteurinnen Erika Fuchss und Dorit Kinkel, an diee d Chefredakteure Harald Saalbach, Silvio Peterr und Peter Höpfner (ab Heft 175), die letztlich "Die tollsten Geschichten von Donald Duck" zu einem echten Klassiker gemacht haben.


Carrera, Karacho & Liebe auf den ersten Blick!

Noch heute juckt es mich in den Fingern, beginnt mein Herz aufgeregt zu schlagen, wenn ich, meist ganz unverhofft, mal wieder auf eine Carrera-Rennbahn stoße. Obwohl ich selbst nie eine besaß, obwohl ich die Tage, an denen ich damit spielen konnte, noch locker zählen kann, hat sie sich tief in meine Kindheitsseele eingenistet – und wird nie mehr daraus zu vertreiben sein.

E

s muss in einem jener, heute in meiner Erinnerung leider nur noch konturlosen Sommer Mitte der 70er gewesen sein. Wie jedes Jahr bestand mein persönliches „Ferienprogramm" aus einem sechswöchigen Aufenthalt bei meinen Großeltern. Durch solch regelmäßige Besuche war ich dort schon bestens bekannt, also voll und ganz in die jugendliche Nachbarschaft integriert. Eines Nachmittags an einem glühend heißen Tag bog einer der Kumpels aus dem Mietshaus nebenan mit freudestrahlendem Gesicht um die Ecke. „Mein Papa (Bezeichnungen wie Dad oder ähnliches waren noch in weiter, weiter Ferne ...) baut heute die Carrera-Rennbahn auf!" Carrera? Rennbahn? Noch nie gehört, was sollte das denn sein? Na, ja, ich war auf alle Fälle gespannt darauf, was da wohl auf mich zukommen würde – aber besser, als langweilig auf der Schaukel vor- und zurückzuschwingen oder Steine über das Flusswasser hüpfen zu lassen schien es allemal zu sein. Kisten mit seltsamen den angeschleppt, schwarzen Platten, rechteckig oder halbrund, wurden Pappkartons voller seltsamer Bedienelemente, Kabell und Trafos. Dem geübten Modelleisenbahner – und spätestens beim Anblick der zahlreichen Plastik-Rennautos – war klar, wass hier ke im gespielt werden sollte: Autorennen auf einer Strecke Miniaturformat! Es war Liebe auf den ersten Blick .... Mit

fachmännischer Anleitung m (unter dem guten Dutzend ungs schien ich Nachbarjungs tatsächlich der einzige Carrera-Novize zu sein) wurden die Bauteile zusammengesteckt, wilde Kurvenkombinationen erdacht, gebaut und wieder verworfen; Kurven-Überhöhungen bis hin zu waghalsigen Steilwänden mussten aufgebaut werden, sogar eine Brücke, unter der sich die Bahn hindurchschlängelte, wurde sorgfältig („Mann, du musst die Strecke immer gleichmäßig an- und absteigen lassen!") konstruiert. Währenddessen entwirrten die älteren Semester die Kabel, legten den Trafo ans Netz, steckten Kabelverbindungen aller Art zusammen. Dann Seite

26

wurden – natürlich mit aller gebotenen Ehrfurcht – die Rennautos ausgepackt: der legendäre weiße Porsche 910, ein herrlich rot glänzender, halboffener Ferrari Dino, ein BMW 3,0 CSL sowie zwei wunderschöne Formel-1Fahrzeuge, ein blauer Matra und ein roter Ferrari F312. Auto aussuchen, den mittig unter der Vorderachse angebrachg ten Stromabnehmer in die Führungsschiene einsetzen, Bedienhebel mit „DaumenGaspeda Gaspedal" in die Hand nehme nehmen, und schon k konnten die ersten P Probefahrten beginnen. Ziemlich schnell stellte sich heraus, dass v viel Geschick und Üb Übung dazugehörte, die schnellen Flitzer auf Kurs zu halten. Einen Sekundenbruchteil zu lange auf Vo Vollgas, einen Hauch zu früh und zu schnell den Hebel zu tief gedrückt – und schon schleuderte man unkontrolliert mit Karacho in die Botanik. Was den positiven Nebeneffekt hatte, dass nicht nur der aktive Fahrer seinen Spaß hatte, sondern auch die zahlreichen „Streckenposten", die den Rennwagen bei einem unplanmäßigem Verlassen der Strecke so schnell wie möglich wieder nen einsetzen durften. Ausscheidungsrennen wurden gefahren, Schlüsselstellen für eit das Erreichen einer schnellen Rundenzeit entdeckt und hochemotional diskutiert, über unerklärlichen Niederlagen gebrütet und ebenso unverdiente wie unverhoffte Siege gefeiert. Außerdem war auch immer wieder der technische Sachverstand der Könner gefordert: Stromabnehmer mussten getauscht oder gerichhselt, selbst der tet werden, Reifen wurden gewechselt, motors bereitete den Austausch eines kompletten Elektromotors leme. Viel zu schnell Carrera-Mechanikern keinerlei Probleme. te Abendessen wurde kein wurde es dunkel (über das verpasste gte massiv auf Abbau, alles Wort verloren ...), Kumpels Papa drängte Bitten und Betteln half nichts: jeder noch eine Runde, und dann war Schluss!

GoodTimes

2/2011


Lange noch lag ich an jenem Abend wach im Bett Runde Bett, drehte in Gedanken Runde um Runde, holte hier noch eine Zehntelsekunde heraus, beschleunigte dort ein paar Zentimeter früher. Der Wunsch, eine eigene Rennbahn zu bekommen, blieb unerfüllt; jahrelang hoffte ich darauf, Weihnachten einen Carrera-Karton unter dem Baum vorzufinden – Fehlanzeige. Letztendlich blieb aber immer die Vorfreude auf die nächsten Sommerferien und auf die wenigen Tage, an denen eine Carrera-Bahn den Hinterhof eines Mietshauses zum seligsten Ort der Erde machte.

Fakten, Zahlen, Daten 1920 begann Josef ef Neuhierl änkiaus dem fränkischen Fürth mit der on Herstellung von Blechspielzeug. 1963 stellte sein Sohn nn Herrmann dann mit der „Carreraa Universal" d i e erste elektrisch betriebene Autorennbahn vor. Im Maßstab 1:32 und mit ausbaufähigem Dreileitersystem begründete diese Modellreihe den legendären Ruf der Marke.

Besonders als 1967 mit der "Carrera 24" ein System in größerem Maßstab (1:24) auf den Markt kam, wandel wandel-te sich das Zielpubliku um. Zielpublikum. Primär natürlich immer n och ein Spielzeug noch für Kinder, eroberte d ieses System aber dieses auch ziemlich schnell andere Käuferschichten. Jugen Jugendliche und Erwac Erwachsene, viele davon in Clubs organisiert, wurden damals fürs ganze Leben vom Carrera-Virus infizie Die Möglichkeit, ziert. bis zu zehn (!) Spuren

nebeneinander zu betreiben – und so mit finanziellem gemeinsamem fi nanziellem und zeitlichem Einsatz riesige Bahnen zu bauen –, führte diese Fans zusammen. So genügte es Carrera, im Laufe der 70er und 80er Jahre viele aktuelle und historische Automodelle akkurat und detailreich zu entwickeln, um am Markt präsent zu bleiben. Neue, spurunabhängige Systeme wie die „Servo 132", „Servo 140" und „Servo 160", die ab 1978 angeboten wurden, erfreuten sich nur kurzer Beliebtheit, konnten sich gegen die spurgebundenen Klassiker nie so richtig durchsetzen. Systeme wie „Carrera Transpo" (zum Lösen vo n LkwTra Transportaufgaben) sowie die Flugzeug- und Raketenbahn „ „Carrera Jet" (mit de auf transparender ten Schienen der Nasa-M Nasa-Mondflug simuliert werden konnte) waren imm immer schon Exoten und sind heute äußerst rar rare und gesuchte Sammlerstücke. Durch das stark rückläufige Interesse an Autorennbahnen geriet Carrera in der ersten Hälfte der 80er Jahre in finanzielle Schwierigkeiten, die schließlich zum Konkurs führten. 1999 übernahm die Stadlbauer Unternehmensgruppe aus Salzburg (seit den frühen 70ern schon für den Vertrieb der Carrera-Produkte in Österreich zuständig) die traditionsreiche Firma. Nach dem Neustart konzentrierte man sich wieder auf d die klassischen Modellreihen, aus der „Carrera 124" wurde die Prem Premiumproduktlinie „Carr „Carrera Exklusiv", die Modelle im Maßstab 1:32 fanden in der Reihe „Carrera Evolution" ihr Zuhause Zuhause. 2001 führte man mit „Carrera Go!!!" einen neuen Maßstab (1:43) ein, der mit seiner kompakten Bauweise vor allem den klassischen Spielzeugmarkt im Auge hatte. 2004 wurde dann das digitale System „Carrera Evolution PRO-X" vorgestellt, das gleichzeitiges Fahren von vier Fahrzeugen auf zwei Spuren ermöglicht, Spurwechsel (und damit realistische Überholvorgänge) inklusive. Ulrich Schwartz

Webseiten zum Thema: Offizielle Carrera-Website: www.carrera-toys.com Der offizielle Carrera-Club: www.carreraclub.com Umfangreiche Fan-Sites: www.carrera160.de www.carrerarennbahn.de www.carrera4fun.de www.carrera-go.de Bücher & Kataloge: www.mekcar.de Fotos: © Carrera

GoodTimes

2/2011

Seite

27


Damals: Abenteuer Plattenkauf ..

Von Einohrhorern

&

zwei Argumenten ...

Von Bernd Matheja

Hörtest rtest im m le e tzten Jahrletzten hun und dert. W e r sich iinn hundert. Wer dden en 1950ern 1950 0ern ern und 1960ern 1960ern iim m P l a t t enlade nlad d e n ddie i e sch h w a rrzen Plattenladen schwarzen RRundlinge undlinnge gene ehmigen wollte e, kkonnonngenehmigen wollte, ttee w as eerleben. rlebenn. Erinnerungen Erinnerunngen an an was SSchrott chrott vvom om Wühltisch,, EEdles dles iim m SSéparée, épparrée, aann eeine ine B londde iim m Blonde ggrob rob G ehäkeltenn .... .. Gehäkelten

Zahme Rocker – Hocker an Hocker

der neugewonnenen Freude zu ruinieren drohten: 1) von der heimischen Regierung angeordnetes, zeitlich limitiertes Streunen am Abend = keine Chance für Livemusik; 2) Hörfunkprogramme zum Niederknien – aber nur, weil sich's so leichter würgte; 3) viel Monat, wenig Mücken: Trotz ausgetragener Zeitungen und gebunkerter Pfandflaschen reichten die Taler kaum, um auch nur eine (!) neu erschienene Single für 4 Mark 75 ins kleine Zimmer mit dem Telefunken Musikus und der lindgrün gestreiften Klappcouch zu bugsieren. [Alles, was mit §242 StGB zu tun gehabt haben könnte, lassen wir trotz Verjährung hier mal außen vor ...]. Mit hängender Zunge musste man letztlich notgedrungen auf Santa warten, auf den Osterhasen oder das sich jährende Wiegenfest, um bargeldlos an frische Töne zu kommen.

Fortschrittlich: Do it yourself

A

lles scheint Ewigkeiten entfernt – wie aus einer Zeit, als das Wasser noch verdünnt wurde. Fest steht: klar, die jungen Damen ... Doch irgendwann hatte einen dann auch das nicht minder ansteckende Virus erwischt, das am oberen Ende des Körpers mindestens ebenso intensiv für Alarm sorgte – Musik, zwo, drei! Zwar nicht von jetzt auf gleich, aber was da im Dunstkreis der acht Jahre älteren Schwester nebst Freundinnen Tag für Tag gedudelt wurde ... neeee, irgendwie war's das nicht: Paul Anka, Elvis und Brenda Lee, die gut frisierten Ami-Bübchen, die fast alle Unterseite "Samt": Jimmy, Joe und Bobby hießen und auch so ausKampf dem Staub! sahen. Und so weiter.

A

ber da war ja was in Liverpool und an der Themse losgetreten worden, das dann doch viel besser passte: die Textilien bunter, Schluss mit den Nietenhosenträgern mit geschmuggelter Butter im Haar – und vor allem die Musik wirkte rotzfrech, ohne die eingebaute, imaginäre Sicherung „geeignet auch für Mutti und Vati". Allerdings gab es drei doch erheblich hartleibige Probleme, die den jungen Aknetransporteuren immer wieder den Spaß an Seite

28

D

och – und damit nähern wir uns den positiven Aspekten – es gab, zumindest in Intervallen, eine klitzekleine Chance des günstigen Plattenabgreifens zu schülerfreundlichen Kursen. „Wühltisch" ist das Stichwort. Der Hit, ca. 2x2 Meter, stand dann und wann in einem InnenstadtKaufhaus zwischen Lycra-Damenunterwäsche und n Liebesperlen in der Schnullerflasche, während einen n von halbrechts die beißenden Schleimhautattacken der Parfümerie anflogen. Egal. „Jede Platte nur 1 Mark!" lautete die Verheißung. Und dann setzte das große Graben ein – was etwa eine halbe Stunde später fast immer mit dem Tragen der Intensiv-Hasskappe endete. Deutsches Schlagerliedgut, Schmodder von Resterampenlabels, vielleicht mal was halbwegs Beatiges, jedoch in Hüllen mit Loch und in Tüten ohne Bild, das war's. Zwecks erforderli-

GoodTimes

2/2011


chen Frustabbaus kamen – ritsch, ratsch! – nicht selten gezielte Coververnichtungsaktionen auf die Agenda ... Immerhin: Ein Liedtitel aus dem Angebot ist noch heute, nach über 40 Jahren, im Kopf, der blanke Horror hieß "Der Eisenbahnschienensägescheich von Kurdistan" (Fred Gartner, Odeon 22233). Noch Fragen?

U

m aber nicht vollends der Depri zu erliegen, schloss sich meist ein Besuch in einem nahegelegenen Elektrofachgeschäft an. Und der Wutschaum an den Zähnen baute sich augenblicklich ab, wenn SIE da war. Die leitende Verkaufskraft, für die gerade mal 14-Jährigen steinalte Mitte/Ende 20, war jeden Zwischenstopp auf dem Heimweg wert. Vor allem, wenn sie dann auch noch diesen einen mittelbraunen (egal), grobmaschigen (jaaaa!) Häkelpullover mit ohne was drunter angelegt hatte, hob sich schon kurz nach Schulschluss automatisch nicht nur die Stimmung. Da ließ man sich gönnerhaft auf den Teller drücken, was gerade rumlag, denn gehört wurde – willig dem Hormonschub und den zwei Argumenten folgend – sowieso mit den Augen.

A

Und so drückten sich nicht eben sel-ten Popjünger in Parka und Jeans, im gürtelbreiten Mini und mit abgewetzten Schultaschen zwischen dem gesetzteren Stammpublikum im Laden herum – natürlich gaaaanz unauffällig in Noten blät-tets ternd, aber dabei stets er die mit Stielaugen über Schulter forschend, wann man das Kabuff endlich in Beschlag nehmen konnte. Dann hieß es Alvin statt Amadeus und Keith statt Karajan. Die Anhörzeit war nicht begrenzt, man musste (!) sogar eine LP-Seite am Stück durchhören. Grund: Eine Verkäuferin kam bewachend mit, legte die Schwarzen auf und stolzierte von dannen. Damit die Arme aber nicht ständig am Rennen war, hatte die Scheibe durchzulaufen. Und außerdem war es sowieso streng verboten, das Vinyl und den blitzblanken Dual-Player womöglich ungelenk zu betatschen. Zuwiderhandlungen wurden mit sofortigem Platzverweis geahndet. Ausgesprochen lästig: Klassiktester fanden einfach kein Ende, sie gönnten sich – zumindest gefühlt – immer das komplette Werk mit A & B. Und die pikierten Blicke des Personals, wenn sie dann doch den Halbstarken statt Ludwigs "Neunte" Savoy Browns Zweite aufl egen mussten, sind noch heute auf tte der Festplatte "Hallo ... Ist da Elvis?!" gebunkert. Rarität: Hören per Plattentelefon.

ber natürlich ging's auch seriöser zu, dafür stand das „Musikhaus" in einer der beiden Haupteinkaufsstraßen. Schon in den sorgfältig dekorierten Schaufenstern wurde dort signalisiert: hier eher „Beet..." bis „...hoven"! Gewienerte Instrumente, feine Notenblätter, gerahmte Komponistenkonterfeis, LP-Cover – alles klassisch, im wahrsten Wortsinn. Aber: Auch an dieser allseits geschätzten Topadresse gingen John & Paul, Mick & Jimi und all die anderen in diesen mitt- bis spätsechziger Jahren schließlich nicht spurlos vorbei. Und das Jungvolk der Stadt nicht am Laden. Dort hatte man schnell erkannt: Jugend horcht, allerdings weniger den Herren Haydn und Brahms oder dem Wolferl aus Salzburg nebst angeschlossenen Koryphäen.

H

auptgrund für Stippvisiten im Geschäft war – schon wieder – eine Sie. Eine Kabine. Schalldicht, mit Plexiglastür, kleiner Sitzbank und einem edlen Abspielgerät („Nur für Langspielplatten!"). Wann immer sich die Chance bot, für lau den Klängen der Mattenträger von deren neuesten Alben zu lauschen, wurde zugeschlagen.

Steinzeit-Stereo: pro Ohr ein Kanal.

B

eliebte Wartezeitverkürzer beii belegter Zelle waren die im Laden befindlichen Schaukästen mit Zubehör, weil selbst diese Preiswertware für die Bezieher meist kargen Taschengeldes unterr „Luxus" rangierte. Denn: Wofür auff ein imprägniertes Antistatiktuch sparen, wenn's zu "Modell fusselfrei": Hause auch irgendwelche Hosenbeinreste Elite wisch & weg gab?! Warum eine Bürste fürs Nadelreinigen kaufen, wenn Muttern doch einen Pinsel besaß, mit dem sie sonst y schonenden gedeckten Apfelkuchen bestrich?! Wozu einen Vinyl orden Plattengreifer besorgen, wenn man zehn intakte Finger besaß?! Mittelsterne für die n 17-cm-Scheiben, den Single-Grill (Baureihee Toastbrotständer), rs selbst Pucks fürs b Abspielen der 45er gab en es hier in allen Farben nz und Variationen. Ganz en zu schweigen von den Sammelalben für die en kleinen und großen der Tonträger – in Stoff oder et, Dünnplastik gekleidet, ezent mal einfarbig (von dezent bis quietschegrell), mal dezent gemustert, oft jedoch nörkelmit künstlerischen Schnörkelch heute Dekors, die einem noch die Tränen in die verklärten Ständer Augen treiben. für Singles – Begrapschen erlaubt ...

GoodTimes

2/2011

Seite

29


G

eriet das Lauern auf die wahrscheinlich pro Tag an einer Hand abzählen ... Fest steht: Eine Kabinenräumung dann allzu fad, wurde der Anlaufstellen existiert am selben Ort noch heute. abg abgebrochen, und man landete halt doch Fast ein kleines Wunder in Zeiten, da „Plattenläden" wie generell den Kampf um Artenschutz längst verloren wieder im größten Fachgeschäft der Stadt. Hi lagerten die Schätze eine halbe Treppe haben. Geblieben ist – wenn überhaupt - stupide Hier ru Knopfdrückerei vor 08/15-Displays in charakterarrunter, rumgelungert wurde an einem länge m men Elektronikmärkten, Songauswahl per albernem geren Tresen, der ob dieser räumlichen „Zufallsgenerator" inklusive. A e. Anordnung vielerrort den Namen Mit der Rückkehr versprenglerorts „SSSch „Schallplatten-Bar" ter Vinylneuauflagen – letzttr trug. Die gemischtlich doch kaum mehr als gesch geschlechtliche Jungeine liebenswerte, nostalgiMi bis Mittelaltfraktion saß, sche Randerscheinung – sind Plattofix aufgereiht wie Hühner zwar einzelne Zubehörteile mit Nadelpinsel und Gockel, auf dick ebenfalls wieder erhältlich;; gepolsterten Hockern, die – mit gemusterdoch wer den echten, authen-ss tem Kunststoff bespannt – aufs Niederlassen tischen Stoff sucht, muss en zunächst mit einem undefinierbar knarzenden, woanders hin: zu engagierten kurzen „Pfffffft" reagierten, was nicht selten Second-Händlern, die sol(zu Unrecht) gerümpfte Nasen zur Folge hatte. che angekauften Leckerlis Pucks & Sterne Technisch hatte der Fortschritt längst Einzug noch hegen und pflegen. fürs Mittelloch gehalten: Wo früher mono-tones Einohrhören Oder aber es muss auf angesagt war (Kanal 2: Ladenlärm), gab es Flohmärkten geschaufelt werden, wo dann längst die Doppelversorgung in Pseudo-Stereo: und wann noch gut Erhaltenes zwischen Kopfhörer mit klebrigen Plastikgriffen und speckigen Reinigungstüchern, zerbrochenen Endstücken aus weichem Schaumstoff als ideSingle-Sternen und versifften Plattenalben aler Ohrenschmalzfänger, obendrein freundlich (Trendfarbe: Gilb) in feucht gewordenen angewärmt vom Vorbenutzer – alles appetitlich Persil-Kartons mit LP-Ramsch auftaucht. frisch. Versenkbar waren die Dinger direkt im s ist, wie es ist (drei Euro fürs Tresen mittels schwarzem, dickem, immer und Phrasenschwein): Ob Wühltisch oder ewig verdrillt-ausgeleiertem Elastikkabel. All Platten-Bar – der Charme der frühen Jahren diese Unbillen gingen den Pickel-Poppern Halbstarke auf Hitjagd ab ging schon vor Jahrzehnten in die Wicken, aber komplett an für die kleine Schmökpause. d ist Nachgewachsenen auch kaum noch verder Birne vorbei: W bal zu vermitteln. Einziger Trost: Man selbst Was einzig und allein zä war hautnah dabei. Und so mancher junggebliebene Oldtimer, zählte, war die Chance, sich ko der heute an einem LP-Schnäppchen mit gerümpfter Nase eine kostenlos berieseln zu lassen. U Wolke Kellermuff erschnüffelt, meint in Wahrheit was ganz anderes: Ungeschriebenes Gesetz der „Aaaaaaahhhhhhh ...!!!!" Fa Fairness: Nachrücker warteten eig eigentlich immer, nach zwei oder Dank an: Rüdiger g Bloemeke und dre drei Singles gab'ss darum den Plattenrille Hamburg flie iegenden Wechsel.l. Wer sich ein "Li "Like A Rolling Sto Stone" (5:52 min min.) in voller Dufte Län Lä Länge gönnte, Bleiben ernt erntete bereits giffür die Scheiben tige Blicke.

E

W

ie oft die notgedrungen schmarotzende Kundschaft ft dann wirklich mal Ware gegen Taler tauschte, konnte d as g ekne k cht htette P ersonall te das geknechtete Personal

den?!" Star gefun Na, deinen ekt ab Automat. " dir Singlekauf Seite

30

Service dam als: drei Kun den, drei Fach kräfte. ■

GoodTimes

2/2011


kult! SHOP nur

Große Stars – kleine Preise alle 12 CDs zusammen ❏

80,00 €

8,00 €

8,00 €

8,00 €

8,00 €

8,00 €

8,00 €

8,00 €

8,00 €

8,00 €

8,00 €

8,00 €

8,00 €

John Wayne's West in Music and Poster Art

175,00 €

10 CDs + 1 DVD + 1 Buch

Weltweit umfangreichste Nachschlagewerke LP/CD 2011 Preiskatalog • über 133.000 Sammlerpreise

6,50 €

GoodTimes kult! Nr. 1 (1/2010) weitere GoodTimes-Ausgaben finden Sie unter www.goodtimes-magazin.de

6,50 €

GoodTimes kult! Nr. 2 (2/2010)

Nr. 2/2011

Nr. 1/2011

Nr. 2/2010

Nr. 6/2010

Nr. 1/2010

Buch 1000 Nadelstiche 356 Seiten

Nr. 4/2010

5,90 €

Nr. 5/2009

5,90 €

Nr. 4/2009

29,80 €

29,80 €

Rock & Pop Single Single-CoverCov Archiv Ar

Nr. 3/2010

5,90 €

Nr. 6/2009

39,80 €

GoodTimes kult! Nr. 4 (2/2011)

Nr. 5/2010

5,90 €

6,50 €

GoodTimes kult! Nr. 3 (1/2011)

5,90 €

6,50 €

2 DVDs

5,90 €

34,80 €

Nr. 3/2009

CD

5,90 €

5,90 €

5,90 €

5,90 €

5,90 €

Single 2011 Preiskatalog • über 93.000 Sammlerpreise

5,90 €

CD

15,90 €

CD

15,90 €

15,90 €

Keine Versandkosten für alle Bestellungen !

Oben ausgewählte Artikel gehen Ihnen unmittelbar nach Zahlungseingang zu. Ich bezahle auf folgende Weise:

❏ bar beigefügt ❏ per Bankeinzug (nur Inland! Daten bitte unten eintragen) ❏ per Verrechnungs-Scheck (beiliegend) ❏ per Vorabüberweisung (Kontodaten siehe Impressum, S. 3)

Bank: _____________________________________________________________________________________________ BLZ: ____________________________________________________ Konto-Nr.: _______________________________ Die Genehmigung zum Bankeinzug und die Information über die 14-tägige Widerrufsmöglichkeit bestätige ich mit meiner folgenden Unterschrift:

Datum: _____________________ Unterschrift: ____________________________________________________ Vor-/Nachname: ________________________________________ Straße: _____________________________ PLZ/Ort: __________________________________________________ Land: _________________________________ Telefon: ____________________ Fax: _____________________ email: ________________________________ Bestellschein bitte faxen an: 0 70 42/37660-188 oder ausschneiden bzw. fotokopieren und senden an: NikMa Musikbuch-Verlag · Eberdinger Straße 37 · 71665 Vaihingen/Enz weitere Artikel und Bestellmöglichkeiten im Internet unter: GoodTimes

www.goodtimes-magazin.de

2/2011

Seite

31


Richard Clayderman ... UND IMMER WIEDER ADELINE

Foto: © Danny Arrault

Es gibt Frisöre, und es gibt Pianisten. Der Franzose " Richard Clayderman ist ein Pianör", hat der Musikjournalist und Jazzpianist Michael Naura in seinem Buch "JazzToccata" 1991 hämisch geschrieben – und damit den Stellenwert der Arbeit des introvertierten Klavierspielers aus Paris für dessen Gegner auf den Punkt gebracht. Naura fuhr fort: Der Pianör passt gut zu Fahrstühlen, Radiomagazinen " am Vormittag, Waschsalons, s, Supermärkten, Wartezimmern n und, nicht zuletzt, Bars."

T

atsächlich tut man dem 57-Jährigen aus der französischen Metropole mit einer solch verletzenden Einschätzung Unrecht. Denn Clayderman ist Vollblutmusiker, er begann sein Studium am Konservatorium bereits mit zwölf, ist in der Klassik durch und durch zu Hause, ein exzellenter Solist. Dass er sich auf seinen bislang rund 100 erschienenen Tonträgern hauptsächlich der leichten Muse verschrieben hat, ist dem scheuen Mann am Flügel recht: „In aggressiven Zeiten wie den unseren tut jedem sensiblen Menschen ein wenig Romantik sehr gut.” Weltweit bekannt geworden ist der Blondschopf 1977 mit der legendären “Ballade pour Adeline”, die sich als Single millionenfach verkaufte. Sie ist bis heute ein feststehender Begriff – und Aushängeschild für Claydermans aktuelles Doppelalbum BEST OF – MY FAVOURITES, das 45 der bekanntesten Werke des scheuen Musikers enthält, der nach wie vor an rund 200 Tagen im Jahr auf der Bühne steht. Ein Interview mit dem Star aus der Seine-Metropole. Schon als Kind haben Sie begeistert Klavier gespielt – was bedeutet Ihnen dieses Instrument? Ich liebe das Piano, sein Äußeres, seinen Klang! Da mein Vater Klavierlehrer war, standen bei uns zu Hause stets mehrere dieser Instrumente rum, die für mich wie wunderschöne Möbelstücke waren und die ich zu jeder Tages- und Nachtzeit nutzen konnte. Auch heute ist es noch so, dass ein digitales Piano zur Grundausstattung meines Reisegepäcks gehört, wenn ich unterwegs bin, was häufig der Fall ist. Tatsächlich ist das Piano wie eine Droge für mich. Ohne dieses Ding bin ich gestresst und nervös. Fällt Ihr Name, heißt es meist: Ach, der Typ " mit 'Ballade pour Adeline'!" Ist das – nach Millionen verkaufter Platten in 40 Jahren – nicht frustrierend? Gar nicht, ganz im Gegenteil! Ich bin diesem

Lied unendlich dankbar dafür, dass es mir eine weltweite Karriere eröffnet hat! Wobei mir durchaus klar ist, dass die meisten Menschen mich mit "Adeline" in Verbindung bringen. Wenn ich mich an manchen Tagen nicht so gut fühle, nervt dieser Stellenwert etwas. Insgesamt aber bin ich sehr stolz auf meine Karriere. Ich weiß um meine Fähigkeiten als Musiker.

Wie stehen Sie inzwischen zu Ihrer bekanntesten Komposition? Das ist ein exzellentes Pianostück, ein moderner Klassiker, den Millionen Pianisten auf unserem Planeten nachspielen – (lacht) oder versuchen, ihn nachzuspielen. Ich selbst spiele das Ding in jedem meiner Konzerte, weil ich weiß, wie sehr es geliebt wird, und weil sie es von mir erwarten. Sie gelten als sehr schüchtern, über Ihr Privatleben ist kaum etwas bekannt. Warum halten Sie sich so bedeckt? In der Tat bin ich eine sehr diskrete Person und zurückhaltend, was mein Leben außerhalb von Studio-Arbeit oder Konzerten angeht. Ich verrate Ihnen ein kleines Geheimnis, von dem bislang nur wenige wissen, doch ich bin zu glücklich, um es zu verschweigen: Im Seite

32

GoodTimes

2/2011

Mai 2010 habee ich zum dritten Mal geheiratet, meine Gattin Typhaine ist wundervoll und die Frau meines Lebens! Was wohl auch daran liegt, dass sie eine ausgezeichnete Violinistin ist, so dass uns beide nicht nur das Private, sondern auch die Magie der Musik verbindet. Warum haben Sie ausschließlich Instrumentalmusik komponiert und niemals gesungen? W Wenn Sie mich je singen hören würden, wüssten Sie die Antwort! Ihr einziger Kommentar wäre garantiert: „Halt die Klappe und konzentriere dich darauf, was du wirklich kannst – das Klavier!” Ihr Sound soll in erster Linie zum Entspannen und Meditieren dienen. Wie haben Sie das konkret gemeint? Meine Klänge liegen fernab jeder Aggression, damit entsprechen sie meinem Naturell. Wenn man mich deshalb einen Softie nennt – bitteschön, damit habe ich kein Problem. Der Hauptanspruch meiner Arbeit ist es, Eleganz, Schönheit und einfach nur angenehme Atmosphäre zu vermitteln. Was sind Ihre Pläne für die Zukunft? Jede Menge Tourneen, möglichst immer in Begleitung meiner geliebten Ehefrau! Ende dieses Jahres reise ich quer durch Japan, China, Lateinamerika und Osteuropa. Und Anfang 2012 werde ich, sofern die Menschen mich dort sehen wollen, auch nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz kommen. Da ich eingefleischter Optimist bin, sehe ich auch keine Probleme, diese Pläne zu realisieren (lacht). Ich bin überzeugt, dass die kleine “Adeline” – das Lied ist der Tochter eines Freundes gewidmet, nachdem sie gerade zur Welt gekommen war – mir weiterhin eine Menge Türen zu den Herzen der Menschen überall auf diesem Planeten öffnen wird. Michael Fuchs-Gamböck


❏ Ja, ✘

kult! Abo-Schein

ich möchte ein kult! - Abonnement

• kostenlose Lieferung • Blitz-Zustellung früher als im Einzelhandel • keine Ausgabe verpassen Auch bestellbar unter:

www.goodtimes-magazin.de

Kommende geplante Ausgaben: Nr. 5 (1/2012) erscheint am 14.10.2011 Nr. 6 (2/2012) erscheint am 20.04.2012 Nr. 7 (1/2013) erscheint am 19.10.2012 Nr. 8 (2/2013) erscheint am 19.04.2013 Nr. 9 (1/2014) erscheint am 18.10.2013 (Nr. 1– 4 weiterhin erhältlich) per Bankeinzug (nur Inland) ❏ Es wird die jeweils anstehende Ausgabe mit dem aktuell gültigen Copypreis (derzeit € 6,50 – keine Versandkosten) abgebucht. Das Abo kann laufend gekündigt werden.

Bank: _____________________________________________________________________________________________ BLZ: ____________________________________________________ Konto-Nr.: _______________________________ Die Genehmigung zum Bankeinzug und die Information über die 14-tägige Widerrufsmöglichkeit bestätige ich mit meiner folgenden Unterschrift:

Datum: _____________________ Unterschrift: ____________________________________________________ Vor-/Nachname: ________________________________________ Straße: _____________________________ PLZ/Ort: __________________________________________________ Land: _________________________________ Telefon: ____________________ Fax: _____________________ email: ________________________________ per Vorabüberweisung (Ausland) ❏ Überweisen Sie bitte vorab für ein oder auch mehrere künftige Ausgaben (je 6,50 €) auf folgendes Konto: NikMa Musikbuch-Verlag · Kreissparkasse Ludwigsburg · Konto: 108 294 · BLZ: 604 500 50 IBAN: DE38 6045 0050 0000 1082 94 · BIC: SOLADES1LBG · Betreff: kult!-Abo Ausgabe(n) Nr. 5, 6 ... Abo-Bestellschein bitte faxen an: 0 70 42/37660-188 oder ausschneiden bzw. fotokopieren und senden an: NikMa Musikbuch-Verlag · Eberdinger Straße 37 · 71665 Vaihingen/Enz

GoodTimes

2/2011

Seite

33


DAS LTIGE ENDGÜ MAGA ZIN E SATIR

Von Thorsten Pöttger

AUF DAUERKURS GEGEN ALLE(S)

B an k e n , M ai n : am rt u f k n 9 F ra 197 auch und seit er s s äu h h c o H atiremagazin itz des S s s ns o da ti h ak ic ed s R nn is heute ka B ". am ic n an ge it "T Kla mehrerer t zuletzt Blatt trotz h c ni – aupten r eh b kt ar M er Titelbilde en erregend eh , s f nd u U A n. nk ne da er Aktio am ks ir nw und medie ehend ohne t's, weitestg er nd u w en w der deutung seitens tz tü s er nt U tik ... schen Poli

Zu Frankfurt am Main Die Wurzeln der "Titanic" liegen bei der 1962 gegründeten und seit 1982 eingestellten Satirezeitschrift "Pardon". Mehrere Mitarbeiter waren mit den redaktionellen Strukturen und der konzeptionellen Ausrichtung seit Mitte der 70er nicht mehr zufrieden gewesen und nach und nach ausgestiegen. Was war der zu vollziehende nächste Schritt? Richtig, sich zur Gründung eines eigenen Magazins zu entschließen, wie es Robert Gernhardt, Bernd Eilert, Peter Knorr, Eckhard Henscheid, Chlodwig Poth, Hans Traxler, F. K. Waechter und weitere freischaffende Zeichner und Autoren dann auch taten. "Buschwindröschen" und "Einfalt Frankfurt" lauteten nur zwei von mehreren skurrilen Titelvorschlägen, bis die Wahl auf das nicht nur vor Symbolik schwere "Titanic" fiel. Die so genannte Neue Frankfurter Schule (in Anlehnung an die philosophische Frankfurter Schule um Adorno, Horkheimer und andere) hatte sich gefunden und präsentierte auf der Buchmesse 1979 die erstee Ausgabe der "Titanic" "Titanic", natürlich unter dem wortspielträchtigen Slogan „Titanic taucht was!". Eilert, Gernhardt und Knorr schrieben keinen Leit-, sondern einen prophetischen (?) Leidartikel. Statt auf geeignete Leserbriefe zu warten, drehte die Redaktion den Spieß einfach um und richtet bis heute in einer Rubrik Briefe an ihre Leser. Die Idee stammt von Nikolaus Jungwirth, einem der ersten Layouter des Magazins. Auch die aus ähnlichen Motiven in der außerparlamentarischen Opposition zeitgleich gegründeten Grünen blieben nicht verschont: Die Ausgabe Januar 1985 berichtete „zum ersten Mal" von den „Nazi-Methoden" der Partei, indem klischeehaft gezeichnete Pullover- und Rucksackträger in Fotografien von Machthabern des Dritten Reichs projiziert und ihnen mit Hilfe von Sprechblasen fiktive es politisches Machtgerangel achtge g rangel in die M Münder gelegt wurd fiktives wurde. Seite

34

Die Rolle der Titelbilder D J Jeder Leser – von was für einer Z Zeitschrift auch immer – dürfte sich der Wirksamkeit bekannte ter Persönlichkeiten auf dem T Titelbild bewusst sein. Würde eeine Rangliste der "Titanic"C Coverabbildungen erstellt werden, lä läge bestimmt Ex-Bundeskanzler H Helmut Kohl weit vorn. Es war ""Titanic", die den bis heute geläufigen Spitznamen „Birne" für den C CDU-Politiker präsentierte und se seinen Kopf in Obst-Form karikkierte. Unvergessen das Titelbild, aauf dem unter einem Kohl-Porträt m mit auffällig großen Augen die SSchlagzeile „Wiedervereinigung u ungültig: Kohl war gedopt!" zu le lesen war. Im deutsch-deutschen Z Zusammenhang zur Wende-Zeit eerschien außerdem ein legend där gewordener ostdeutscher Normalbürger" (?) mit einer ver „Normalbürger" vermeintlichen Südfrucht auf dem Cover: „Zonen-Gaby" präsentierte voller Stolz ihre erste Banane, bei der es sich in Wirklichkeit um eine halb geschälte Gurke handelte. Ebenfalls gern gewählte, heikle Coverthemen waren schon immer vermeintlich witzresistente Institutionen wie die Kirche. Auch Adolf Hitler taucht immer wieder auf dem Deckblatt auf. Einem "Titanic"Cover muss dabei nicht zwangsläufig eine entsprechende Story im Heft folgen. Weitere Comic-Kunstfiguren: „Genschman", eine Symbiose aus Hans-Dietrich Genscher und Batman, mit den auffallend großen Ohren des Ministers als Flügel, oder „BussiBeck", bei dem es sich um den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck im tapsigen Körper von Bussibär handelt. Wer lange an den Hebeln der Macht (aus-)sitzt, muss damit leben können. Es gibt jedoch auch

GoodTimes

2/2011


zahlreiche Fälle, bei denen das Magazin in den Augen der Betroffenen übers Ziel hinausschoss: Ex-Ministerpräsident Björn Engholm (SPD) erwirkte 1993 gegen die "Titanic" eine einstweilige Verfügung. In Anspielung auf den bis heute mysteriösen Tod seines politischen CDU-Konkurrenten Uwe Barschel, aber auch auf sein erst im Nachhinein zugegebenes Wissen um die Barschel-Affäre, war er auf dem Titelbild mit einer Gummi-Ente in einer Badewanne liegend dargestellt worden. Das Motiv wurde verboten. Das „bis dahin höchste Schmerzensgeld der deutschen Pressegeschichte" ("Titanic"-Redakteur Mark-Stefan Tietze) änderte nichts daran, dass Engholm von allen politischen Ämtern zurücktreten musste. Diese Summe war jedoch nichts gegen den Millionenbetrag der Schadenersatzklage, die gegen "Titanic" im Jahr 2000 zwischenzeitlich im Raum stand …

WM 2006 nach Deutschland Als "Titanic"-Chefredakteur Martin Sonneborn iim JJuli li 2000 di die offizielle Präsentation der deutschen Bewerbung um die FußballWM 2006 am Vorabend der Fifa-Abstimmung im Fernsehen sah, war er wenig überzeugt und schickte (unter Pseudonym) in einer Nacht- und Nebel-Aktion amateurhaft aufgemachte Faxe an m mehrere Fifa-Delegierte, in denen er ihnen im Fall ihrer Stimmabgabe für Deutschland einen Präs Präsentkorb, u.a. mit deu deutscher Wurst und ein einer Kuckucksuhr (!), in Aussicht stellt. Als Deu Deutschland den Zuschlag erh erhielt, wurde entgegen bis bisherigen Prinzipien öff öffentlich gemacht, dass da das neuseeländische F i f a - E xe k u t i v m i t g l i e d (ob (obwohl der Mann für Sü Südafrika stimmen sollte sich der Stimme te) en enthalten hatte, was di knappe Wahl letztdie GoodTimes

li lich zu Gunsten Deutschlands entschieden h habe. Der Abgeordnete sprach daraufhin von d dubiosen nächtlichen Korruptionsversuchen – und von einem Fax, das den letzten A Ausschlag gegeben habe, um sich zur W Wahrung seiner persönlichen Integrität der S Stimme zu enthalten. "Titanic" gab sich als U Urheber der „Bestechungsbriefe" zu erkenn nen, und der vermeintliche Skandal sorgte fü großen Aufruhr. Die größte deutsche für B Boulevardzeitung interpretierte die Aktion a als Komplott gegen Franz Beckenbauer, d den Präsidenten des deutschen FußballW WM-Organisationskomitees. Sie druckte die K Kontaktdaten der "Titanic"-Redaktion ab, m der Aufforderung an ihre Leser, sich mit d dort zu melden und den Verantwortlichen ih Meinung zu geigen. Die daraus resulihre ti tierenden, pausenlosen Telefonanrufe voller „N „Nestbeschmutzer" und „Vaterlandsverräter" w wurden von der "Titanic" mitgeschnitten und a Tonträger veröffentlicht. Erst als andere auf M di b i ht t di Medien berichteten, die Aktion der "Titanic" habe den Deutschen wegen des Stimmverhaltens Neuseelands die Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft erst ermöglicht, schlug das Echo in eine positivere Richtung um. Dennoch hat der Deutsche Fußball-Bund vermutlich bis heute kein "Titanic"-Abo abgeschlossen …

Die PARTEI 2004 gründeten "Titanic"-Redakteure sogar eine eigene Partei, nämlich die für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (kurz: Die PARTEI). Die Geschäftsstelle weiß zu berichten, dass noch heute Mitgliedsanträge eintrudeln. Begründung: Weil bereits Großvater Mitglied in der Partei gewesen sei, wolle man dies nun auch werden … Das im Wahlprogramm der PARTEI verankerte Kernziel lautet: Wiederaufbau der Berliner Mauer und aller weiteren einstigen deutsch-deutschen Grenzanlagen – ohne Schießbefehl, wofür PARTEI-Vorsitzender Sonneborn mit seinem vielbeschworenen „Ehrenwort" bürgt. Am 15. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer ließ die PARTEI unter Mithilfe der IG Bau an der Grenze zwischen Hessen und Thüringen diesen Plan auf fünf Metern Länge schon mal testweise umsetzen. Das Vorhaben, zwei deutsche Teams zur Fußball-WM 2010 nach Südafrika zu entsenden, ließ sich jedoch nicht realisieren. Ebenso existiert eine nach Generalsekretär Tom Hintner benannte Jugendorganisation. Führungskräfte etablierter Parteien dürften erleichtert aufatmen 2/2011

Seite e

35


angesichts der in Deutschland nach wie vor geltenden Fünf-Prozent-Hürde bei Landtags- und Bundestagswahlen.

Der Buntstift-Wettkönig Die bis heute höchste Auflage einer "Titanic"Ausgabe war die Folge eines „Skandals" in der ZDF-Show "Wetten, dass ...?" im September 1988. Der Grafiker Thomas Rautenberg hatte gewettet, mit verbundenen Augen die Farbe handelsüblicher Buntstifte am Geschmack zu erkennen – und gewann. Moderator Thomas Gottschalk versuchte sich ebenfalls leckenderweise an einigen Stiften, stellte jedoch einen immer gleichen Geschmack fest. Auf seine Frage an den Kandidaten, wie er dies gemacht habe, entgegnete dieser schmunzelnd, er habe keine Ahnung und gab sich vor dem verdutzten Showmaster und fast 20 Millionen Fernsehzuschauern als "Titanic"-Redakteur Bernd Fritz zu erkennen. „Der Typ mit den Buntstiften" (so Gottschalk in der Folgesendung) hatte ganz einfach an der Brille vorbeigelugt. Seitdem wird vor Wetten die Überprüfung des ordnungsgemäßen Zustands einer Augenbinde sehr sorgfältig vorgenommen – mit einem angedeuteten Hieb des Moderators ins Gesicht des jeweiligen Kandidaten. W Wie auch immer es mit "T "Titanic" weitergehen w Flaggschif gschi hiff iff wird, „das Flaggschiff d en H um mors" des deutschen Humors" (l rd wei(laut FAZ) wird te cht da davor terhin nicht zzurückschrecken, cken, sich ich in tosende Gewässer Gewässeer zu b dabei begeben – und da je h so imp pojedem noch imposa erg die Stir irn santen Eisberg Stirn b bieten.

Buchtipp:: Buchtipp "Titanic – endg dgültige das endgültige Satirebu buch: Satirebuch: Erstbest ste Das Erstbeste aus 30 Jahren", Rowohlt Berlin, ISBN: 978-3-87134-652-1

Seite

3 36

GoodTimes Go s

2/2011


Interview mit THOMAS GSELLA "Titanic"-Chefredakteur von 2005–2008

Viel Geld – wenig Arbeit ... Von Thorsten Pöttger Wie krank" muss man eigentlich sein, um Redakteur oder Chefredak" teur der "Titanic" zu werden? Ist es hilfreich, immer auf Konfrontationskurs zur breiten Masse" zu fahren? " Grundsätzlich muss man schon ein Faible für Humor, für Ironie haben. Ebenso darf man nicht blöd sein, weil alle "Titanic"-Redakteure belesene Menschen mit Interesse an Politik und Kunst sind. Dies sind Voraussetzungen, um selbst gut schreiben zu können. Die Redakteure müssen gegen alles sein, gegen die Weltverfassung, wie sie ist. Und das natürlich entschieden mehr links als rechts. Rechts geht gar nicht, weil es ja auch blöder ist. Dennoch wurde von Beginn an in der "Titanic" auch gegen Kommunismus und gegen die zeitgleich entstandenen Grünen gewitzelt. Da die "Titanic" Kritik mit komischen Mitteln üben will, darf sie logischerweise vor der eigenen Klientel nicht Halt machen. Ich selbst wollte Lehrer werden. 1985 waren nach meinem Examen jedoch keine Stellen frei. Aus Spaß am Schreiben schickte ich ein paar Sachen ein. Nachdem 1989 mein erster Text erschienen war, hielt ich mich drei Jahre lang mit Straßenmusik und Zivildienst über Wasser und verfasste mehrere „Briefe an die Leser". Dann holte mich der damalige Chefredakteur Hans Zippert nach Frankfurt, mit den Worten, ob ich nicht mit wenig Arbeit viel Geld machen wollte. So war es dann zwar nicht, aber das Geld hat gereicht. Auf diese Art und Weise kommen alle zur "Titanic". Immer wieder gibt es dabei beneidenswerte dreifach begabte Quereinsteiger mit einer Professur in Chemie oder Physik, die trotz Naturwissenschaft und Mathe noch denken und nachdenken können. Ihnen wurde 2004 ein Preis von Robert Gernhardt verliehen. Wie schätzen Sie seinen Stellenwert für die "Titanic" und die deutsche Literatur ein? Der ist groß, sehr groß sogar! Er war bei der Heftgründung dabei und hat das Niveau der "Titanic" von Beginn an geprägt. Seine Bedeutung sowohl fürs Magazin als auch für die deutsche Kulturlandschaft ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Er hat immer Wert auf genaue Recherche gelegt und dazu angeregt, keine Meinungen abzuschreiben, sondern lieber noch mal nachzudenken und sich selbst eine eigene zu bilden. Als Dichter ist er unerreicht, als Prosa-Autor vielleicht nicht ganz so gut wie Eckhard Henscheid, aber mit einem eigenen Ton. Lange Zeit wurde er im deutschen Hochfeuilleton gar nicht gehandelt, bis sie dann doch irgendwann merkten, dass er einfach zu gut war, um übersehen zu werden. Danach ist er bis zu seinem Tod mit Preisen überhäuft worden. Mir hat er auch einen (mit-)gegeben, nämlich den "Cuxhavener Ringelnatz-Nachwuchspreis für Lyrik". Ich sage immer, dass er mich damit gezielt demütigen wollte, denn zum Zeitpunkt der Verleihung war ich bereits 46 Jahre alt. Aber auch unabhängig vom finanziellen Gesichtspunkt bin ich dennoch der Meinung, dass der Preis mir geholfen hat. Apropos Recherche: Sie kamen zur "Titanic", als das Internet aufkam. Erschweren oder erleichtern es Netz-Informationen, satirische Themen zu finden? Die Situation ist nicht gar nicht so anders geworden, man kann sich ja nach wie vor über alles in Büchern und Zeitschriften informieren. Natürlich schaue ich der Einfachheit halber auch mal im Internet nach, GoodTimes

wenn ich eine Frage habe. Im Zweifelsfall lässt sich die Richtigkeit ja überprüfen. Wenn Informationen allerdings nicht in den richtigen Zusammenhang gebracht werden, sind sie wertlos. Es gibt Autoren, die mit dem Internet grundsätzlich nichts zu tun haben wollen. Günter Grass hat keinen Computer und würde gern zurück zum Federkiel, um sich aus den neuen Entwicklungen ganz raushalten zu können. Das soll er dann mal machen. Dann gäbe es zumindest kein Buch mehr von ihm, was ja auch ganz hilfreich wäre (schmunzelt). Die "taz" hat Sie als Gott der Fußballlyrik" bezeichnet. Wie würden Sie " jemandem, der eher über den Kampf ins Spiel findet, erklären, was Lyrik und Fußball miteinander zu tun haben? Zunächst bin nicht ich „Gott der Fußballlyrik", sondern Ror Wolf, der das Ganze in den 70ern erfunden und mit seinen großartigen Sonetten auf den Weg gebracht hat. In Deutschland haben neben mir noch viele andere Fußballlyrik geschrieben, weil Fußball der einzige Doofsport ist, den sich auch Menschen mit Abitur anschauen. Wenn man sich diesem Laufsport, in dem es lediglich darum geht, ein Tor zu schießen, mit hoher Kunst annähert, sind gewiss von vornherein eine gewisse Komik und Fallhöhe gegeben. Wie sehen Sie die Zukunftschancen der Satire, sich von den aktuellen Comedians absetzen zu können und nicht mit ihnen gleichgestellt zu werden? Sich zu behaupten, ist einerseits schwer, weil die meisten Fernsehen gucken, statt zum Kiosk zu gehen und sich eine Zeitschrift zu kaufen. Andererseits sind die Comedians in ihrer Mehrheit so blöd, dass gar nicht viel Aufwand nötig ist, um sich von ihnen abzusetzen. Der Nachteil der "Titanic" ist, dass sie aufs Tagesgeschehen – außer im Internet – nicht so kurzfristig reagieren kann. Gleichzeitig hat das den Vorteil, dass der "Titanic" mehr Zeit bleibt, sich Witze auszudenken und gute Sachen zu schreiben, statt den schnellen Witz der Comedians zu machen, die ich allesamt nicht mag. Vermutlich gibt es ein paar gute. Aber früher hießen Menschen, die mit Witzen Geld verdienen wollen, Spaßmacher oder Clowns. Wenn die Comedians wenigstenss h das wären – aber in der Regel handelt es sich bei ihnen um geldgierige Nichtskönner, diee eher schaden als nützen.

Aktuelles Buch von Thomas Gsella: Reiner Schönheit Glanz und Licht – Ihre Stadt! im Schmähgedicht Eichborn, ISBN: 978-3-82186-087-9 2/2011

Seite te

37 7


Von Norman Bender

"Emmanuelle" eroberte Mitte der 70er Jahre die internationalen Kinos. Hauptdarstellerin Sylvia Kris erlangte durch die Erotik-Produktion Weltruhm. Kristel Die S Stoffe basierten auf der gleichnamigen Buchreihe der französisch zösischen Autorin Emmanuelle Arsan und erschienen bereits End Ende der 50er Jahre. Bis heute wurden diverse AblegerP Produktionen gedreht, die allerdings nie den Erfolg des Originals erreichten.

hre h hr re Haut Ha warr zzart artt un ar und glän glänzte nzt ztee se seid seidig idig g iin n derr heißen So on nn ne Ba Bang n ko koks ks. Die ro rotg tgel elockten n H aaree u aa m chmeims Sonne Bangkoks. rotgelockten Haare umschmeicchelten ch elte el ten dab bei ih iihrr Ge G sich cht, t, iihre h e wo hr w hlgefo form rmte ten n Br B üste dabei Gesicht, wohlgeformten Brüste ich hnet e ssich i h unter te de d h zeichneten derr du durchsichtigen Bluse ab. Millionen Männer stürmten ab 1974 in die Kinos, um Sylvia Kristel in "Emanuela" zu sehen. Die holländische Hauptdarstellerin war einfach betörend schön, sie verkörperte die intellektuelle Traumfrau der 70er Jahre. "Emanuela", in Frankreich als "Emmanuelle" bekannt, setzte neue Maßstäbe im ErotikfilmGenre. Keine knappen Dirndl mehr, keine schnauzbärtigen Bayerntölpel oder verschwitzten Ruhrpott-Proleten – endlich wurden „standesgemäße" Träume wahr.

Foto: Bildarchiv Hallhuber

I

Charakteristisch für die neue (französische) Welle des erotischen Films war die einmalig opulente Inszenierung. Als Kulisse diente in allen "Emmanuelle"-Filmen bis 1993 das exotische Ausland. Es wurde mit großem Aufwand gefilmt und mit gedämpften, warmen Farben gearbeitet, um traumhafte SoftpornoSeequen que zeen en eentstehen tste ts teheen zu u las asse sen.. SSelbst e bs el bstt be bei de der Sequenzen lassen.

Musik wurde nicht gespart: Der berühmte Filmkomponist Françis Lai untermalte alle erotischen Szenen mit seinen Kompositionen. Der Inhalt der Filme, zumindest der ersten vier Teile mit Sylvia Kristel, war denkbar simpel: Emmanuelle ist eine junge, sinnliche, verheiratete Frau, die vielfältige sexuelle Abenteuer erlebt. Sie ist unabhängig, lebt im Wohlstand, führt mit ihrem Mann eine offene Beziehung und liebt auch mal das bisexuelle Liebesspiel. Der besondere Reiz der Hauptfigur entsteht aus der Diskrepanz zwischen unschuldig naiver Ausstrahlung, selbstbewusster Sinnlichkeit und sexueller Abenteuerlust. Das genügte, um aus Sylvia Kristel einen Superstar der 70er Jahre zu machen. Wie so oft war auch bei "Emmanuelle" ein Literaturklassiker die Grundlage. 1959 erschienen unter dem Pseudonym Emmanuelle Arsan insgesamt vier "Emmanuelle"-Romane. Schon damals waren die Buchveröffentlichungen (ähnlich wie bei Henry Miller oder Anaïs Nin) sehr umstritten, wurden aber dennoch Erotik-Bestseller. Die aufgeklärte(re)n 60er und 70er Jahre boten die Voraussetzungen für eine filmische Auseinandersetzung mit dem Them de e a. a. Ber e ei e ts 196 969 9 wa ar die d e erste di e st er stee Thema. Bereits 1969 war Fotos: © Kinowelt

Sylvia Kristel

Seite

38

GoodTimes

2/2011


Foto: Bildarchiv Hallhuber

Sylvia Kristel

Emmanuelle-Verfilmung in Italien unter dem Titel "Io Emmanuelle" mit Erika Blanc in der Titelrolle angelaufen. Doch die Zeit war einfach noch nicht reif, der Film hatte nur mäßigen Erfolg. Es vergingen fünf Jahre, bis der unbekannte junge Regisseur Just Jaeckin den Durchbruch in Frankreich schaffte. Hinter der Produktion standen clevere Geschäftsleute, die parallel die Trinacra Films Production gründeten und die Vermarktung und Produktion des Films selbst übernahmen. "Emmanuelle" war sowohl in Frankreich als auch international ein enormer Erfolg. Allein in Paris lief das Werk ununterbrochen acht Jahre in den großen Kinos an den ChampsElysées und lockte über drei Millionen Zuschauer in die Vorstellungen. Kein Wunder, dass viele Geschäftemacher aufspringen wollten. Allerdings basieren nur die Produktionen der Trinacra Films Production auf den vier Romanen von Emmanuelle Arsan. In Deutschland reagierte die Kritik empfindlich. Die Sexwelle wurde durch die starke Emanzipationsbewegung ausgebremst und kritisch hinterfragt. So auch der "Deutsche Filmdienst" 1974: „Dieser als 'Filmhit aus Frankreich' angekündigte Film ist nichts weiter als ein mit kunstgewerblichem Ästhetizismus und pseudo-philosophischen Sprüchen ('Liebe ist die Sucht nach der körperlichen Lust') aufgeblasener Boutique-Porno. Mit schönen Aufnahmen versucht er ständig, von seiner Verlogenheit und Dummheit abzulenken." Doch auch hier fand "Emmanuelle" ihr Millionenpublikum.

Welle als Teil der erfolgreichen "Carry-On""-Filmreihe. Da bereits diverse Urheber-Prozessee liefen, versuchte man, mit einem Trick diee rechtlichen Probleme zu umgehen. Es wurdee einfach ein weiteres n" in den " Namen eingefügt – und schon kam "Carry On, Emmannuelle" in die britischen Kinos. en Nach über 35 Jahren genießen "Emmanuelle 1" und die Protagonistin Sylvia Kristel Kultstatus. Auch Roger Willemsen ist bekennender Fan dieses Films, er lud die attraktive Holländerin bereits in den 90ern in seine Show "Willemsens Woche" ein.

Aufgrund des grandiosen Erfolgs gab es bis weit in die 90er Jahre zahlreiche autorisierte Fortsetzungen – aber auch dreiste Kopien, wie die italienische "Black Emanuelle"-Serie mit Laura Gemser. Parodien waren schon viel früher auf dem Markt. 1978 drehte der englische Regisseur Gerald Thomas eine Persiflage auf die "Emmanuelle"-

Laura Gemser

Erika Blanc GoodTimes

2/2011

Seite

39


Klassik im

ROCK

Die Altvorderen Viele l Rock-Giganten k klauten kl bei b den den AAlten lten Meistern. Und schufen so manchen Klassiker. Klassiker. n LLo oth harr B raand n t Von Lothar Brandt

W

ie bitte? Ein Streichquartett zur Begleitung? „Wir sind eine Rockband – was soll das?", fragte Paul McCartney gschreiber seinen Produzenten George Martin. Der Songschreiber hatte für die größte Popband aller Zeiten ein Stückchen rt. Martin mit dem Arbeitstitel "Scrambled Eggs" (Rühreier) komponiert. nbild bilaber machte McCartney Mut: mit einem Streichquartett, Sinnbild angfarbe, dungsbürgerlicher Kunstmusik, als alleinigem Zuträger für Klangfarbe, rde dann Rhythmus und Harmonie zu Pauls Gitarre. Das Liedlein wurde aupt. als "Yesterday" zu einem der größten Rührstücke überhaupt. er Bis dahin, 1965, waren Streicher oder ganze Orchester in der Popmusik lediglich zum Zusülzen traniger Schnulzen da – jetzt gaben die Beatles und Martin Gas. Ein Klaviersolo im Stil des großen Barockmeisters Johann Sebastian Bach auf "In My Life" (1965), ein Doppel-Streichquartett als gesamte Begleitung für "Eleanor Rigby", eine „Bach" (Clarin-) Trompete mit Solo auf der "Penny Lane" (1967). Das Sinfonie-Orchester für "A Day In The Life" (1967) ist legendär. musik Die Beatles machten die Bahn frei für den Einzug der Kunstmusik ach"), die in den Rock. Klar, Jazzer wie Jacques Loussier ("Play Bach"), Swingle Singers ("Jazz Sebastian Bach") hatten schon Ende der 50er angefangen, beim Thomaskantor markante Motive zu mopsen. Dave Brubeck verwurstete Wolfgang Amadeus Mozarts "Alla Turca" (Schlusssatz seiner A-Dur Klaviersonate KV 331) und Schnipsel aus Paul Dukas’ "Zauberlehrling" in sein rhythmisch vertracktes "Blue Rondo à la Turk", Miles Davis und Gil Evans adaptierten Joaquin Rodrigos "Concierto de Aranjuez".

Foto: Bildarchiv Hallhuber

Doch erst ab dem geschichtsträchtigen Jahr 1967, als der Pop kreativ explodierte, rockten auch die Altvorderen richtig mit. Der Keyboarder und Sänger Gary Brooker ließ sich von Bachs "Air" aus der dritten Orchestersuite für "A Whiter Shade Of Pale" inspirieren. Weil die meisten Pop-Journalisten keine Ahnung von Klassik hatten, kritzelten fast alle die Mär von einer "Bach-Kantate" als Quelle für den Hit von Brookers Band Procol Harum nach.

"America", Bachs h Brandeenburgisches n Konzert, drittes Brandenburgisches Jean Sibelius’ "Karelia"-Hymne oder Peter Tschaikowskys sechste Sinfonie und verunglückte grandios bei dem Versuch, mit seiner "Five Bridges Suite" Rock und Klassik zu vermählen. Das hat ihm die Musikwelt weitgehend verziehen. Denn mit Bassist/ Gitarrist/Sänger Greg Lake und Drummer Carl Palmer formierte er ein Trio, das ab 1970 mit die überzeugendsten Klassik-Adaptionen vorlegte. Krönung ist sicher die wirklich bedeutende Rockversion des ursprünglich für Klavier geschriebenen Zyklus "Bilder einer Ausstellung" von Modest Mussorgsky. Nach dilettantischen Anfängen perfektionierten Emerson, Lake & Palmer bis zum 26. März 1971 ihre Fassung, die sich auf vier der ursprünglich zehn Bilder plus die PromenadenZwischenspiele beschränkte und eigene Kompositionen sowie natürlich Texte mit einschloss. An diesem Tag wurde ein Konzert in Newcastle mitgeschnitten – die Liveplatte avancierte zum Klassiker des so genannten ArtRock und schaffte es in die Musiksäle der Schulen, wo selbst gestrenge Studienräte der tollen Bearbeitung ihren Respekt zollten.

Relativ treffsicher konnten sie dagegen 1968 meist den "Säbeltanz" als erstes „E"-musikalisches Werk benennen, das es in die britischen Top Five schaffte. Gitarrist Dave Edmunds hatte mit seiner Band Love Sculpture das schmissige Stück aus dem Ballett Den verweigerte Emerson übrigens "Gayaneh" des georgisch-armenischen Komponisten Aram Khatchaturian Top-Quartett: The Beatles machten Streicher Pop-fähig. zunächst den Meistern in den Credits des ELP-Debüts. Auf EMERSON, LAKE & PALMER adaptierte er nicht verrockt. Ars Nova, Vanilla Fudge und erst recht The Nice nahmen sich nur das "Allegro Barbaro" von Bela Bartok, sondern bediente sich für mehr oder weniger unbeholfen populärer Melodiefragmente der Herren "Knife Edge" auch bei Leos Janaceks "Sinfonietta" und Bachs französiBach, Beethoven oder Mozart an, wobei nur Keith Emersons The Nice den scher Suite für Cembalo Nr. 1, ohne die Co-Autoren zu nennen. Ball wirklich weiterspielten. Emerson schnappte sich Leonard Bernsteins Seite

40

GoodTimes

2/2011


Ekseption aus Holland bildeten die erträgliche Ausnahme in der drittklassigen ArrangementAbteilung. Sie nahmen zwar auch nur die griffigsten Themen und reicherten sie mit Trompete, Hammondorgel und Rhythmusgruppe zu süffigen Unterhaltungsstückchen an, doch einige davon wie Rimsky-Korssakoffs "Hummelflug", Mozarts "Alla Turca" oder Bachs "Italienisches Konzert" gelangen ganz gut.

Foto: © GoodTimes-photo.de

Na Nachdem das Rockpublikum erst mal auf den Geschmack gebracht worden war, be begann auch die Trivial-Popmusik, sich nts ts in teilweise unerträglichen Arrangements be den Greatest Hits" der alten bei " M Meister zu bedienen. Noch heute ge Klassikfreunden der "Song Of gellt Jo des Miguel Rios in den Ohren ... Joy" M dem Thema des Schlusschores Mit aus Be Beethovens Neunter Sinfonie stürmte f d er Anfang der 70er di die Ch Charts. W Waldo de los Rios erntete bald darauf reichlich Zitronen für seine mit Rhythmusgruppe aufgemotzten n „Symphonies". Dann schon lieber die funky „Fifth", die für den Soundtrack zu "Saturday Night Fever" Beethovens wohl berühmtes-tes Vierton-Motiv zu Intro-Ehren kommen ließ. Apropos Disco: Dass Royal Philharmonic Orchestra stampfte und dampfte in die britischen Charts mit "Hooked On Classics", was nun auch nicht wirklich jemand brauchte.

Song "Russians" das schwermütige Marschthema aus Serge Prokofieffs im Übrigen höchst sarkastischer "Lieutenant-Kijé-Suite". Doch heute sind Art- und Symphonic Rock liebenswert kleine Nischen abseits des großen Mainstream der populären Musik. Spe Spektakel wie die Nokia Night Of The Proms un unrühmliche Trittbrettfahrer wie Rondo und V n Ve Veneziano bilden kommerziell erfolgreiche Au Ausnahmen im weitgehend untergegangenen Sc n Schmelztiegel von Kll Klassik und Rock. D Die wenigen verbliebenen G Giganten im Rockbusiness hauen die Altvorderen kaum noch in die moderne SoundPfanne. Und wenn umgekehrt klassisch ausgebildete Musikanten Rock- oder h Jazzrezepte aufkochen, wendet man sich ikh h h lt auch meist mit Grausen ab. Erst recht, wenn musikhochgeschulte Vokalisten raubauzige Riffs singen bzw. zu singen versuchen. Doch Ende der 60er, Anfang der 70er, da trieb die Rockmusik auch auf dem Ast Klassik im Rock" einige zum Teil grandiose, " wunderschöne Blüten. Sie waren Kult – und sind es bis heute.

CD-Tipps: Die Originale Auf den folgenden CDs finden Sie – meist neben weiteren Werken – die klassischen Vorlagen von ELP und Co. Digital eingespielt auf Midprice- oder Lowprice-CDs –, damit die Entdeckungstour nicht zu teuer wird. J.S. Bach:

Der höchst populäre – und Klasse-Trio: meist ohne die dazugehöEmerson, Lake & Palmer (v.o.n.u.) rige Gigue – D-Dur-Kanon des Nürnberger Meisters Johann Pachelbel (bitte auf der zweiten Silbe betonen) tauchte auch immer wieder aus der Popsuppe hoch. Besser gesagt, seine ohrenschmeichlerische Akkordfolge. Die nämlich cremten zum Beispiel Aphrodite's Child mit "Rain And Tears" ein, aber auch Barde Ralph McTell baute darauf seine "Streets Of London" – und selbst der Dumpfbacken-Rapper Coolio ließ sie sich von seinem Produzenten für "C U When U Get There" in den Klangteppich weben. Ne Neben dem Bearbeiten von Originalthemen be beschritten die Artrocker auch mit m meist zweifelhaftem künstlerischem Er Ergebnis einen zweiten Weg: das klassisc sche Instrumentarium, meist ein romantis tisches Symphonie-Orchester, für eigene Ko Kompositionen zu (miss)brauchen. So nervte Deep-Purple-Keyboarder Jon Lord eine ü überforderte Rockhörerschaft mit einem C CONCERTO FOR GROUP AND ORCHESTRA, einer GEMINI SUITE oder einem "Continuo on B.A.C.H.", bevor er, unterstützt vom Komponisten Eberhard Schoener, mit der SARABANDE einen Treffer landete. Yes-Tastenmann Rick Wakeman badete im orchestralen Bombast etwa auf seiner JOURNEY TO THE CENTRE OF THE EARTH, wo er am Schluss ungeniert und ungenannt Edvard Griegs "Halle des Bergkönigs" aus dessen Peer-Gynt-Suite Nr. 1 zitierte.

Brandenburgisches Konzert Nr. 3 & 6; Orchestersuite Nr. 3 (mit Air); Academy Of St. Martin In The Fields, Neville Marriner; 3 CDs, EMI Lautensuite e-moll BWV 996 (mit Bourrée); John Williams, Gitarre; Sony Toccata und Fuge d-moll BWV 565: Ton Koopman, Orgel; DG/Universal

Bela Bartok: Allegro Barbaro; Zoltan Kocsis, Klavier; Universal

Leonard Bernstein: West Side Story (mit America); Te Kanawa, Carreras, Orchester, Leonard Bernstein; 2 CDs DG/Universal

Aaron Copland: Rodeo (mit Hoedown), Fanfare For The Common Man; St. Louis SO, Leonard Slatkin; Sony Music Paul Dukas: L’Apprenti Sorcier (Der Zauberlehrling); Orchestre du Capitole de Toulouse; Michel Plasson, EMI

Edvard Grieg: Peer Gynt Suiten; Berliner Philharmoniker, Herbert von Karajan; DG/Universal

Leos Janacek: Sinfonietta; Tschechisches PO; Charles Mackerras; 2 CDs Supraphon/Codaex

Aram Khatchaturian: Gayanah-Suite (mit Säbeltanz); St. Petersburger Staatsorchester; André Anichanov; Naxos

Modest Mussorgsky: Bilder einer Ausstellung (Orchesterfassung von Ravel); Chicago SO, Georg Solti; Decca/Universal

Sergej Prokofieff: Lieutenant-Kijé-Suite; St. Petersburg PO, Yuri Temirkanov; RCA/BMG

Eric Satie: Gymnopédies 1–3; Anne Queffelec, Klavier; Virgin/EMI

Jean Sibelius:

Die Gruppe Sky, bestehend aus Top-Instrumentalisten, feierte zwischendurch mal Erfolge mit Adaptionen von Bachs berühmter OrgelToccata in D-Moll. Ex-Police-Sänger Sting, inzwischen auch gern mal mit Laute zu Renaissance-Songs zu hören, popularisierte in seinem GoodTimes

Karelia Suite; Lahti SO, Osmo Vänskä; 2 CDs BIS/Klassik Center

Richard Strauss: Also sprach Zarathustra; Wiener Philharmoniker, André Previn; Telarc/inakustik 2/2011

Seite

41


Der Western-Film Von Alan Tepper

Wie aus der Hüfte geschossen ... Einsame Desperados, Marshalls im Kampf gegen schießwütige Revolverhelden, Trecks auf der Reise gen Westen, der Kampf der Indianer gegen die weißen Eindringlinge und der Bürgerkrieg – dies sind nur einige Beispiele für die Themenauswahl des Western-Genres. In den Fünfzigern und Sechzigern gehörten die Filme zum Standardprogramm jedes Kinos, mittlerweile ist kein Plakat mehr zu sehen, auf dem ein Pistolero seinen Colt blitzschnell aus dem Halfter zieht. Wirken viele Streifen so staubtrocken wie die Kehle eines Cowboys nach einem stundenlangen Ritt durch die Sierra Madre, gefallen dem europäischen TV-Publikum auch heute noch viele Italo-Western und einige ausgewählte Klassiker.

Aufsatteln! Die ersten Western Thomas Alva Edison, der Daniel Düsentrieb der Vereinigten Staaten, brachte nicht nur mit der Glühlampe Licht ins Dunkel, sondern erfand auch das Kinetoskop, mit dem er 1894 den 30 Sekunden langen Schnipsel "Buffalo Bill" abspielen konnte. Das moderne Kino war geboren! Im selben Jahr folgten über 50 weitere Filmchen, die überwiegend aus "Buffalo Bill’s Wild West"-Show stammSeite

42

Foto: © Bear Family

D

er Western war zu Beginn ein typisch amerikanisches Phänomen, in dem die Werte der USA glorifiziert wurden – Heldentum, Pioniergeist und Gerechtigkeitssinn. Männer waren noch ganze Kerle, Frauen meist zerbrechlich und zart und die Wildnis noch wirklich wild. Im Lauf der Filmgeschichte änderten sich die Motive. Der Genozid an den Indianern wurde hinterfragt und angeklagt, die Ausbeutung der Menschen und der Natur durch Großgrundbesitzer angeprangert – und auch die früher immer frisch rasierten und geschniegelten Helden wirkten spätestens ab den Sechzigern eher ziemlich abgerissen. Seit Mitte der Siebziger befindet sich das Genre in einem kontinuierlichen Abwärtstrend, der nur ganz kurz durch einen „Zufalls"-Blockbuster aufgehalten wird. Doch wie viele Western schlummern überhaupt in den Archiven der Filmstudios? Abgesehen von den Kurzfilmen der Frühzeit schätzen Experten, dass noch weit über 2000 Werke zu finden sind. Allerdings ist diese Zahl mit Vorsicht zu genießen, denn viele Kopien verschwanden im Lauf der Zeit oder wurden in irgendeiner Privatsammlung ganz einfach vergessen, so dass sich die Zahl noch wesentlich höher liegen dürfte. Eine Zeitreise durch die Westerngeschichte wird also immer Lücken aufweisen, folglich kann jede Auswahl nur eine Beschränkung auf essenzielle Werke sein.

tten. Durch die rasante technische Entwicklung (in Europa verbesserten die Brüder Lumière das Projektionsverfahren) erschien schon 1903 der erste „lange" Western mit einer Spielzeit von mächtigen zwölf Minuten – "Der große Eisenbahnüberfall". Banditen stürmen ein Telegrafenbüro und stoppen einen Zug, der dann brutal und ohne Rücksicht auf Verluste ausgeraubt wird. Sie fliehen ins offene Land, werden kurze Zeit später verfolgt und erwischt. Die Gesetzlosen gegen die Gesetzeshüter, die Wildnis gegen die Zivilisation – hier hat Regisseur Edwin S. Porter wichtige Elemente thematisiert, die später ständig wiederholt wurden. Besonders seine Darstellungstricks (er arbeitete mit Kameraschwenks, verschiedenen Handlungsorten und Nahaufnahmen) inspirierten kommende Filmemacher. Der damals innovative Clou am Ende hat zahlreiche zart besaitete Damen in Ohnmacht fallen lassen – ein Bandit zieht seinee husss ab! ab b! Bleispritze, zielt direkt auf den Zuschauer und feuert einen Sch Schuss k nn ka n tee SStreifen, treeiife tr f n n,, In der Stummfilmära folgten viele, heute völlig unbeka unbekannte tiierrtee: "F Fig ighttin ight ing Bl Blo ood" ood" oo d aaus us us in denen man weitere Konstanten präsentierte: "Fighting Blood" m Konfl Konfl nfli fliikt k zzwischen kt wische wisc wi scche h n In ndi d aan ner ern un u nd dem Jahr 1911 handelt von einem Indianern und dve vent entur ntur nt ures es O es B Buff uffffallo Bi Bill llll" l" (191 (1 19 91 17) 7), in 7), nd em m weißen Siedlern, und "Thee Ad Adventures Off Bu Buffalo Bill" (1917), dem hter sselbst ht elbs el lbs bst au aauftritt, auf ufftttri ritttt, doku rit ri d do oku oku ku ume meent m ment ntiert ntie ieert rt ein eeinen inen in en d er g er roße roße ro ßen ßen der Büffelschlächter dokumentiert der großen

GoodTimes Times Ti ime mes m es es

2/2011 2//201 2 20 2 011 01


Die Dreißiger und Vierziger Mit Beginn der Tonfilmära boten sich für Regisseure neue Möglichkeiten, denn Naturgeräusche, der Knall von Pistolen und natürlich die Dialoge steigerten die Dramatik enorm. Allerdings entstanden auch Subgenres, Roy Rogers wie das des „Singing Cowboy", die aus heutiger Sicht eher lächerlich wirken. Der Sänger und Schauspieler Roy Rogers war einer der bekanntesten Protagonisten dieser Unterkategorie, er ritt durch die Prärie und schmetterte voller Inbrunst schmissige CountryKnüller, die jeden Coyoten vor Neid erblassen ließen. In den Dreißigern gab es aber auch prickelndere Filme, denn ein Held betrat die Bühne, der es speziell mit der Neuverfilmung p "Die Maske des Zorro" (Hauptrollen: Catherine Zeta-Jones, Anthonyy Hopkins)) sogar noch 1998 in die Kinos schaff-te – Zorro, der Rächer der Unterdrückten und Enterbten, der den Gegnern mit seinem Degen gern sein Initial „Z" ins Hemd schlitzt. "Zorro, der blutrote Adler" (1936) basierte auf einer US-Serie, die für das deutsche Kino zusammengeschnitten wurde – und lenkte das Augenmerk ausnahmsweise auf den Süden, icch nach Mexiko. Es war der Auftakt zu nämlich zzahlreichen za ahl h reicch Nachverfilmungen. Ein Regisseur en entw ntw twic icke kellt sich im selben Jahrzehnt zur Symbolfigur des amerikanientwickelte

GoodTimes

2/2011

Seite

43

Foto: © Bear Family

Singende Cowboys, John Wayne und die Gier nach Gold

schen Westerns – John Ford. Inspiriert von "Die große Fahrt" (1930), einem der ersten „Epics" (überlange Filme), ging Ford dazu über, seinen Regiestuhl nicht mehr nur ins gemütliche Studio zu stellen, sondern in die frische Luft der Weiten der Prärie. Das Monument Valley, an der Grenze von Utah zu Arizona gelegen, entwickelte sich zu einem seiner beliebtesten Drehorte. Wunderschöne Landschaftsaufnahmen, der Heldenmythos (wenn auch oft überzogen, wie seine Kritiker bemerk-d ten) und der Hang zur Nostalgie sind er einige Charakteristika des Meisters, der außerdem John Wayne entdeckte, den wohl bekanntesten Western-Darsteller. Mit "Stagecoach" (deutsch: "Ringo" oder 39 "Höllenfahrt nach Santa Fé") von 1939 eii gelang Ford der große Wurf, der ihn und seier nen Lieblingsdarsteller berühmt machte. De Der rtt Film handelt von einer Postkutschenfahrt durchs Indianerterritorium. Eine zusammengewürfelte Reisegesellschaft – unter anderem befinden sich n ein Animiermädchen, ein versoffener Arzt und ein Bankier an ch h Bord – trifft während der Fahrt auf Ringo (John Wayne), der sich auf einem Rachefeldzug befindet, denn sein Vater und sein Bruder wurden ermordet. Die Gefahr schweißt die Menschen zusammen und enthüllt ihr wahres Gesicht – das Mädchen hat ein gutes Herz, der Arzt steht seinen Mann, und der Banker ist eigentlich ein m mieser Gauner. Ringo wird zzum Helden, da er sich u und seine Schützlinge g gegen Geronimo und seiJohn Wayne n nen Apachen mannhaft vverteidigt. Im letzten Moment, als die Krieger zu gewinnen scheinen, erklingt ein Trompetensignal, und die Kavallerie eilt zur Hilfe. "Ringo" beeindruckt durch die Kamera-Einstellungen, die spannende Verfolgungsjagd, bis zu diesem Zeitpunkt nie so nervenkitzelnd dargestellt, und die Figurenkonstellation, bei der die Frage nach Schein und Sein gestellt wird. Während des Zweiten Weltkriegs stieg Wayne zum Star des Genres auf, nicht zuletzt, weil er nicht, wie viele andere Kollegen, einberufen wurde. Seine besten Leistungen lieferte er wenige Jahre später mit der so genannten KavallerieTrilogie ab. In "Bis zum letzte Mann" (1948), "Der Teufelshauptmann" (1949) und "Rio Grande" (1950) spielt er immer einen Offizier, mal verbittert, mal fanatisch und auch streckenweise ironisch, der sich unerbittlich gegen die Indianer durchsetzt. Doch was wäre der Western ohne seine Glücksritter – verwegene Kerle und Haudegen auf der Suche nach dem mystischen El Dorado, wo ein riesiger Goldschatz auf sie wartet? "Goldfieber in Alaska" (1935), nach einer Buchvorlage von Jack London, war einer der frühesten Filme, doch "Der Schatz der Sierra Madre" (1947), der im 20. Jahrhundert spielt, punktet noch immer wegen der schauspielerischen Leistung von Humphrey Bogart. Am Ende stellt sich heraus: "Es wurde alles vom John Wayne Winde verweht." Archetypus des Westernhelds

Foto: © Bear Family

„„Helden" des Wilden Westens. "Der Planwagen" (1923) schildert die m mühselige und gefahrvolle Reise eines großen Siedlertrecks, der allen W Widrigkeiten trotzt und am Ende sein Z Ziel erreicht. Durch die eindrucksvollen Außenaufnahmen (damals wurde oft noch im Studio gedreht) legte man die Qualitätslatte eine Stufe höher, und die Kinokassen entwickelten sich zu einer nicht versiegenden Geldquelle. Der wichtigste Film der Zwanziger war "Der Virginier" (1929), der Maßstäbe setzte und den Western aus der Kategorie B-Movie befreite. Gary Cooper in der Hauptrolle spielt den "Virginian", den Boss einer Truppe von Cowboys, die in der Nähe einer Stadt Rast machen. Dort trifft er seinen alten Kumpel Steve und den Schurken Trampas, mit dem er sich im Zielschießen misst. Die Ankunft einer attraktiven Lehrerin (sie symbolisiert „die Zivilisation") lässt aus dem Virginian und Steve Konkurrenten werden. Am Ende wird Steve aufgeknüpft, da man ihm des Rinderdiebstahls überführt hat – es kommt zu einem Duell zwischen Cooper und Trampas, das der Held natürlich gewinnt. Das Leben an der Grenze zur Natur, der „frontier", die Rivalität zwischen Gut und Böse, die Frage nach Gerechtigkeit und eine kleine Portion Psychologie unterscheiden den Streifen von den reißerischen Kurzfilmchen, die das Kino in dem Jahrzehnt noch beherrschten.

Der WesternFilm


Höhepunkt und Absturz Die Fünfziger und Sechziger In den Fünfzigern kletterte die Popularität des Westerns in ungeahnte Höhen, doch bereits in den Sechzigern begann der Mythos zu bröckeln. Das Trauma des Vietnamkriegs, in dem die USA sich wieder als die einzig wahrhaftige Nation darstellten und erneut ein Land unterjochen wollten, veranlasste viele Amerikaner dazu, die eigene Geschichte zu hinterfragen. Plötzlich erkannten sie, dass die Säulen der Nation nicht nur auf Edelmut und Moral standen, sondern auch auf Diebstahl, Betrug und Ausbeutung. Neben der erbarmungslosen Unterjochung der Indianer ist die Geschichte des Pioniers Daniel Boone ein gutes Beispiel dafür. Der Trapper erschloss 1767 mit kaum nachzuvollziehendem Wagemut das Gebiet des heutigen Bundesstaates Kentucky. Die Siedler bemächtigten sich des Bodens, ohne Boone zu danken. Dann kamen die Großgrundbesitzer und enteigneten ihrerseits die Siedler. Als nächstes „verstaatlichten" die Eisenbahnlinien den Grund und Boden und und und – die Geschichte lässt sich beliebig weiterführen. Boone starb verarmt und besaß nach Aussage eines Angehörigen „nicht so viel Grund und Boden, wie er für sein Grab brauchte". Doch 1950, als "Der gebrochene Pfeil" in die Kinos kam, strahlte die Sonne noch am Firmament des weiten Westens. Mit James Stewart in der Hauptrolle drehte Regisseur Delmer Daves ein Werk, das für eine positive Darstellung der amerikanischen Ureinwohner warb und sie nicht als ewige Feinde des weißen Mannes darstellte – es war der erste Film, in dem diese Ansicht vehement vertreten wurde. Zwei Jahre später erschien der auch heute noch gern gesehene Klassiker "High Noon" ("Zwölf Uhr mittags") mit Gary Cooper und der damals noch unbekannten Grace Kelly in den Hauptrollen. Geschildert werden zwei Stunden im Leben eines frisch vermählten Marshalls, der mit seiner Frau die Stadt verlässt. Doch er kehrt um, weil er weiß, dass der von ihm verhaftete Mörder Frank Miller begnadigt wurde und mit drei Kumpanen auf Rache sinnt. Der Zug mit Miller erreicht die Stadt um zwölf Uhr, und es kommt zum Showdown, bei dem der Marshall mit nur geringer Unterstützung der Bewohner um sein Leben kämpft und siegt. Die Dreharbeiten standen unter keinem guten Stern, denn Regisseur Fred Zinnemann stand auf der Abschussliste des republikanischen Ko m m u n is t e n j ä g e rs Joseph McCarthy, da er vor dem inquisitorischen Ausschuss eine Aussage verweigert hatte. Das führte zu Reibereien im Team und zu unhaltbaren Anschuldigungen seitens John Waynes, der die Produktion durch giftige Mundpropaganda an jeder erdenklichen Stelle torpedierte. Das Resultat: Oscars für den besten Hauptdarsteller, die beste Musik und den besten Schnitt – und einen festen Platz auf der Lieblingsliste aller Westernfans. Seite

44

Neben "Mein großer Freund Shane" (1953), der einen Außenseiter thematisiert, zählt "Vera Cruz" (1954) zu den Highlights der Rock’n’Rollp Dekade. Der mit Gary Cooper und Burt Lancaster in den Hauptrollen in Mexiko spielende Film beschreibt die Abenteuerr zweier Gringos während des Konflikts, bei dem sich das Volk unter Benito Juarez gegen Kaiser Maximilian I. auflehnt. Regisseur Robert Aldrich bringt ein starkes psychologisches Moment in die Geschichte ein, da die Beziehung der beiden Helden intensiv geschildert wird, die sich von einer „Zwangsfreundschaft" in tödlichen Hass wandelt. Von besonderem Interesse ist "Zwei rechnen ab" (1957) von John Sturges, denn mit Burt Lancaster als Wyatt Earp und Kirk Douglas (Doc Holliday) betreten zwei legendäre Figuren der amerikanischen Geschichte die Leinwand, die aber gezeigt werden, als ihre besten Jahre schon vorbei sind. Den Preis für "Chaos während der Produktion" gewinnt eindeutig "Der Besessene" (1959) mit Megastar Marlon Brando (Rio) und „Knollennase" Karl Malden (Dad Longworth) in den Hauptrollen. Während der Aufnahmen riss Brando die Produktion an sich, kündigte dem Script-Schreiber Sam Peckinpah und setzte Regisseur Stanley Kubrick vor die Tür. Als er dann mit einem über vierstündigen Film bei den Filmbossen erschien, lautete die einhellige Antwort der Paramount-Chefs: „kürzen!" Auch heute noch wirkt der Charme von "Der Besessene", denn eindrucksvolle Naturaufnahmen (speziell das Meerr wird als Metapher gewählt), eine attrak-tive Langsamkeit und die vielschichtigee n Beziehung zwischen den Figuren zaubern eine dichte Atmosphäre. Sein Regiedebüt gab John Wayne mit "Alamo" von 1960, einem erzkonservativen Heldenepos, in dem der Aufstand der amerikanischen Texaner gegen die mexikanische Obrigkeit das Thema ist. Sie verschanzen sich in der Missionsstation Alamo und verteidigen sie zwei Wochen lang gegen eine Übermacht von 7000 Mexikanern, die jedoch die Oberhand gewinnen. Damals reagierte die Filmkritik mit Empörung, denn Waynes Heroisierung lag weit neben der Realität und wollte einen Mythos reanimieren, der schon verblichen war. In Fords melancholischem Meisterwerk "Der Mann, der Liberty Valance erschoss" (1962) wird John Wayne dann aber zum Meuchelmörder. Z Zwar hat er einer gerechten Sache gedient, d doch zu welchem Preis? Mit "Die glorreichen S Sieben" (1960) feierte Regisseur John Sturges e eder einen Riesenerfolg und brachte wieder S Schwung ins Genre. Die Western-A Adaption von Akira Kurosawass " "Eastern", die "Sieben Samurai"" ( (1954), überzeugte nicht nur durch Action, eine Traumbesetzung (Yul Brunner, Steve McQueen, Horstt et er Buchholz, Charles Bronson, Robert mes mes me Vaughn, Brad Dexter und James

GoodTimes

2/2011


Der WesternFilm

Coburn) und die sozialkritischen Momente, sondern auch durch Auflösung der Trennung in Gut und Böse und das Infragestellen der vom Western propagierten Werte. Damit ebnete der Film nicht nur den Weg für den Italo-Western, sondern auch für pessimistischere Movies wie Sam Peckinpahs "Sacramento" (1961) und "The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz" (1969), beide ein krasser Abgesang auf die alten Zeiten und Letzterer einen Anspielung auf den Vietnamkrieg. Die Fortsetzungen der "Sieben", "Die Rückkehr der glorreichen Sieben" (1966), "Die Rache der glorreichen Sieben" (1968) und "Der Todesritt der glorreichen Sieben" (1972), haben einen hohen Unterhaltungswert, sie kommen wegen der fehlenden Starbesetzung aber nicht an die Präsenz des Debüts heran. Spätestens ab Mitte der Sechziger drängte der Italo-Western auch in den USA in die Kinos und ließ viele nationale Produktionen plötzlich bieder und fade erscheinen. "Man nannte ihn Hombre" ((1966)) begeisterte dennoch, wie auch "Butch Cassidy und Sundance Kid" (auch "Zwei Banditen") mit Paul Newman und Robert Redford aus dem Jahr 1969 – eine humorvolle Persiflage auf die alte Garde, die noch in ihren Stiefeln starb.

Hey Django, spiel den zwei glorreichen Halunken das Lied vom Tod ... Der Italo-Western Der italienische Meisterregisseur Sergio Leone beschrieb den Unterschied zwischen dem Italo- oder Spaghetti-Western und dem klassisch amerikanischen Western mit seinem berühmten Zitat: „Wenn bei John Ford einer zum Fenster rausschaut, blickt er in eine strahlende Zukunft. Wenn bei mir einer das Fenster aufmacht, weiß jeder: Der wird jetzt erschossen." Der Italo-Western, meist in Italien oder Spanien abgekurbelt, zeichnete ein radikal anderes Bild als die in den USA produzierten Filme. Statt Heldentum sah man hier zwiespältige, abgerissene Charaktere, die zwar manchmal ein positives Bild abgaben, sich aber nie festgelegen ließen. Der Held verwandelte sich in den Anti-Helden. Aus dem frisch rasierten Hauptmann wurde der dreitagebärtige Outlaw, der seine Hutkrempe tief ins Gesicht gezogen hatte und an einem Zigarillo nuckelte. Das fesche Animiermädchen aus der Bar mit Pianomusik verwandelte sich in eine schlampige Nutte oder eine hochexplosive Sexbombe; und die Gauner, das waren wirklich üble Gesellen mit Schreckensvisagen, die im Saloon den Spucknapf bis zum Überfließen füllten. Auch verschoben sich oft die Handlungsorte. Statt in den USA spielten viele Filme in Mexiko. Und die Musik? Weg mit dem Streicherbrimborium und den süßlichen Melodien! Bahn frei für brettharte Fuzz-Gitarren, knochentrockene Bassläufe und bedrohliche Klänge. Besonders der Komponist Ennio Morricone sorgte fürr Oh fü für Ohrwürmer, die nach dem Kinobesuch an jeder Stra St r ßee ra Straßenecke gesummt werden konnten, wie zum Beiispie die Erkennungsmelodie von "Zwei glorreiBe Beispiel c e H ch che Halunken". Allerdings war er nur einer unter vvi iel e e wenn auch der bekannteste Klangzauberer. vielen, B Bruno Nicolai ("Adios Sabata", "Fahr zur H Hölle, Ringo"), Franco Micalizzi ("Seine Kugel p pfeifen das Todeslied") und Carlo Savina, der de er neben dem Songwriting die Musik zu "Ben der GoodTimes

Hur" und "Der Pate" auch dirigierte, zählen zu den Meistern. Rein technische Aspekte förderten die Popularität der „Italos" zusätzlich. Ein der Cinemascope-Technik ähnliches Verfahren und die T Tiefenschärfe sorgten dafür, d dass auch noch die kleinste Bartstoppel sichtbar w wurde. Dadurch konzentrierten sich die Regisseure aauf weit mehr Nahaufnahmen als im traditionellen W Western und verpassten ihren Filmen ein unverkkennbares Stilmittel. Gleich in der Frühzeit der Italo-Western produzierte Sergio Leone mit der "Dollar"-Trilogie drei der bedeutendsten Filme des Genres, durch die Clint Eastwood (der hier den Begriff des „Coolen" neu definierte) zum Megastar aufstieg, der seinen Rum noch durch die Action/Krimi-Reihe "Dirty Harry" untermauerte. "Für eine Handvoll Dollar" (1964), "Für ein paar Dollar mehr" (1966) und "Zwei glorreiche Halunken" (1966) lösten einen beispiellosen Kult aus und hängten den erlahmenden US-Western ab, vor allem in Europa. 1966 war auch ein gutes Jahr für den charismatischen Schauspieler Franco Nero in der Rolle des "Django" (1966). Der fast nur bei schlechtem Wetter oder im Dunkeln gedrehte Film schildert die Geschichte eines Außenseiters auf dem Rachefeldzug. Besonderer Clou: Django besitzt ein Maschinengewehr, das er in einem Sarg mit sich herumschleppt! Ein Werk führt jedoch die Liste der „Italos" unumstritten an – "Spiel mir das Lied vom Tod" (1968), bei dem der später oft rot sehende Charles Bronson (hier in der Rolle von Harmonika) seine beste schauspielerische Leistung ablieferte. Henry Fonda brillierte, und Claudia Cardinale strahlte dermaßen viel Sex-Appeal aus, dass den Kerlen die Spucke wegblieb. Die Geschichte von Harmonika, der den Tod seines Bruders rächt, ist verschachtelt angelegt, Clau dia Cardinale wird von Rückblenden unterbrochen sowie mit dem Handlungsstrang eines Eisenbahnbaus und der Errichtung einer Bahnstation verknüpft. Da die amerikanische Firma Paramount Pictures den Film mit reichlich Kapital förderte, drehte man einige Szenen im Monument Valley. Leone erschuf mit diesem Werk einen Italo-Western, der dadurch verblüffte, dass auch Elemente des traditionellen Westerns eingebaut waren. Doch der waschechte „Italo" boomte nach wie vor, und die Produzenten schufteten wie Wahnsinnige – Ringo, Sabata und Sartana sind nur einige Charaktere, denen gleich mehrere Streifen gewidmet waren und die – wie aus der Hüfte geschossen – runtergekurbelt wurden. Wie bei allen Gattungen kam auch die Zeit für Persiflagen. Mit "Die rechte und die linke Hand des Teufels" (1970; in den Hauptrollen Terence Hill und Bud Spencer, die zum Klopper-Duo der Siebziger aufstiegen) hielt der Humor Einzug. Hier wurde gefurzt, gerülpst und an jeder nur erdenklichen Stelle gefeixt. Der letzte der witzigen „Italos" erschien 1973 mit Terence Hill – "Mein Name ist Nobody". Der Titel wurde in Deutschland zu einem geflügelten Wort und war auf jedem Schulhof zu hören. Mitte der Siebziger ging es auch dem Italo-Western an den Kragen: Er musste anderen Genres weichen. 2/2011

Seite

45


Foto: © Bear Family

Der Italo-Western Klaus K Kl lau a Kinski, das Enfant terrible des deutschen Films, startete au mitt "Für ein paar Dollar mehr" und brachte es auf über zehn mi S St r re Streifen. "Pet "P e "Petroleum-Miezen" (1971) w ar war eine beispiellose Au uge g Augenweide, denn hier begegne ete tenn sich Brigitte Bardot und neten C Cl a d Cardinale. Trotz der frontau Claudia last la stig igee Starbesetzung fiel die ig lastigen Ha and n luun dennoch eher flach aus. Handlung Wegen des riesigen Erfolgs erschienen über 45 Filme mit dem Namen "Django" im Titel. Lediglich "Django und die Bande der Gehenkten" (1967) und "Django und die Bande der Bluthunde" (1969) knüpften an das Original von 1966 an.

Michael Mann 1992 den zweiten Teil von "Der letzte Mohikaner" interessanter und realistischer um. Und wie sah es in der ehemaligen DDR aus? Auch dort wurde der WesternBoom aufgegriffen, jedoch mit einem starken politischen Einschlag, der die Ausbeutung der Indianer fokussierte. Der Jugoslawe Gojko Mitic (s. kult Nr. 2) avancierte zum Star vieler, auch aus heutiger Sicht noch sehenswerter Filme. Auch das in den volkseigenen DEFA-Studios in Babelsberg umgesetzte "Das Buschgespenst" (1986), ein Werk nach Karl-May-Vorlage, kann überzeugen. Der letzte deutsche Kassenfüller war 2001 "Der Schuh des Manitu", der die Lachmuskeln einer jungen Generation strapazierte, aber für einen wahren Karl-MayFan wie eine schallende Ohrfeige wirkte. Wer hätte hier nicht gern das Kriegsbeil ausgegraben?

Ja, wer reitet denn da?

Ein Hauch des fernen Ostens gefällig? In "Rivalen unter roter Sonne" (1971) durchqueren ein Samurai (Toshiro Mifune) und ein Pistolero (Charles Bronson) den Wilden Westen auf dem Weg der Rache. Blasphemie – fünf gotteslästernde Titel: "Gnade spricht Gott – Amen mein Colt", "Stoßgebet für einen Hammer", "Drei Vaterunser für vier Halunken", "Gott vergibt – Django nie!", "Drei Amen für Satan". Fünf schräge Titel: "Das Tal der tanzenden Witwen", "Django – sein Colt singt sechs Strophen", "Zum Nachtisch blaue Bohnen", "Zum Abschied noch ein Totenhemd", "Providenza! Mausefalle für zwei schräge Vögel".

Deutschlands Wilder Westen Die Karl-May-Verfilmungen und mehr Nach den ganz frühen Verfilmungen des Radebeuler Schriftstellers in den Zwanzigern, dessen Romane Millionen Jugendliche verschlangen, löste Harald Reinls "Der Schatz im Silbersee" 1962 einen unerwarteten Boom in den Sechzigern aus (s. kult Nr. 1). Pierre Brice in der Rolle des Winnetou und der früher an Lianen schwingende "Tarzan" Lex Barker, der auch schon in Western aufgetreten war [zum Beispiel in "Donnernde Hufe" (1953) und "Lederstrumpf" (1957) als Old Shatterhand] sorgten für gefüllte Kinosäle. Die atemberaubend schöne Landschaft – viele Filme wurden im heutigen Kroatien gedreht – und nicht zuletzt die Musik Martin Böttchers erhöhten den Reiz im Nachkriegsdeutschland. TV: Im Rahmen der so genannten Weihnachtsvierteiler (s. kult Nr. 1) zeigten sich Hellmut Lange und Pierre Massimi als Chingachcook in der Adaption der "Lederstrumpf"-Erzählungen des amerikanischen Romanciers James Fenimore Cooper auf dem Bildschirm. Jedoch setzte Seite

46

Stars im Western Da der Western (neben dem Kriminalfilm) das populärste Genre mehrerer Jahrzehnte war, wollte fast jeder mal mitmischen. Stars und Sternchen erlebten durch den Boom Auf- oder Abstieg. Schauspieler, die nicht automatisch mit dem Genre in Verbindung gebracht werden: Marilyn Monroe hatte sich schon mit Robert Mitchum im "Fluss ohne Wiederkehr" (1954) reichlich durchnässt. Ehegatte Arthur Miller, Autor von "Tod eines Handlungsreisenden", schrieb ihr dann eine maßgeschneiderte Rolle für den fragwürdigen "Misfits – nicht gesellschaftsfähig" (1960). Ein zukünftiger US-Präsident Ronald Reagan und der Freibeuter der sieben Meere? Ja, das gab es: Ronald Reagan und Errol Flynn in "Land der Gottlosen" (1940). Elke Sommer lehnte sich in "Unter Geiern" (1964) gefährlich weit aus dem Elke Sommer Fenster und gestattete damit ihren Fans tiefe Einblicke Dean Martin tauschte das Mikrofon oft gegen einen Colt. Spaß hatte er in "Vier für Texas" (1963), da er mit Ursula Andress eine schöne Zeit verbracht haben soll ... "Hey-Hooo"-Sänger Harry Belafonte ließ sich mit Sidney Poitier in "Der Weg der Verdammten" (1971) blicken. Spaßvogel Tony Curtis trat 1950 in "Winchester ’73" auf. "Denver Clan"-Biest Joan Collins Jane Fonda begegnete Gregory Peck 1958 in "Bravados". Vor ihrem Weltraumausflug "Barbarella" ritt Jane Fonda mit Lee Marvin in "Cat Ballou" (1964) durch die Prärie. Shirley MacLaine zog in "Colorado City" (1958) ihren Colt. Marlene Dietrich spielte neben

GoodTimes

2/2011


Foto: Bildarchiv Hallhuber

Rolling Stones

kult!


Foto: Bildarchiv Hallhuber

kult!

Uschi Glas


anderen Western die Frenchy in "Der große Bluff" (1939) und brachte ihre Stimmbänder in Schwung. "Tiffany"-Frühstücksfee Audrey Hepburn spielte 1960 in "Denen man nicht vergibt". Eine Begegnung der besonderen Art: 1974 trafen die ehegeplagte Liv Ullmann und der "Franzosenhasser" ("French Connection") Gene Hackman in "Fremd unter heißer Sonne" aufeinander. Das unvergessene Komikerpaar Dick & Doof machten den Wilden Westen durch seine Tollpatschigkeit unsicher: in "Zwei ritten nach Texas" (1937), einem der besten längeren Filme des Duos. Legendär ihre Gesangseinlage in "In The Blue Ridge Mountains Of Virginia"! In die Rubrik Kuriositäten" lässt sich " "Potato Fritz" (1976) einordnen. Regie führte Peter Schamoni, für die Musik sorgte Udo Jürgens! Auf der Leinwand trafen sich Hardy Krüger, der auf Indianerland Kartoffeln anbauende Potato Fritz und Kicker Paul Breitner als Sergeant Stark.

Weiter, weiter und weiter ... Western-Serien Schenkte in Deutschland fast niemand Fortsetzungen wie "The Three Mesquiteers" aus den Dreißigern mehr Aufmerksamkeit, änderte sich das mit der Kinoserie der spaßigen "Fuzzy Jones"-Western aus den Vierzigern. Doch das war nur der Anfang. Geradezu inflationär drängte sich der Wilde Westen in die deutschen Wohnzimmer. Unumstritten zählt "Bonanza", hauptsächlich in den Sechzigern gedreht, zu den Highlights. Lorne Greene als Ben Cartwright und Dan Blocker als dicker Sohn Hoss spielten sich auf ihrer Ponderosa-Ranch in die Herzen des Publikums. Konkurrenz bekamen sie von "Die Leute von der Shiloh Ranch". "Rauchende Colts", in den USA von 1955 bis 1975 ausgestrahlt, überzeugte speziell durch den Deputy Festus mit seiner krächzenden Stimme. Aber auch die abenteuerlicheren Serien "High Chaparral" (zwischen 1967 und 1971 produziert), "Die Texas Rangers" (späte Fünfziger/frühe Sechziger) und "Daniel Boone" (in der ehemaligen DDR zwischen 1971 und 1973 gesendet) setzten sich durch. Zum Schluss noch ein Schmankerl für die ganze Familie: "Unsere kleine Farm" (1974–1983) wirkt auch heute noch rührig und sooooo schön naiv ...

Geisterstädte, verlassene Saloons und die menschenleere Prärie Die Siebziger und danach Die Siebziger begannen mit einem Paukenschlag: "Das Wiegenlied vom Totschlag" (1970) drückte mit dem Finger auf einen blutroten Punkt in der Vergangenheit der USA, nämlich den Massenmord an den Indianern. Die drastischen Gewaltdarstellungen (Indianer werden von Soldaten wie Vieh niedergemetzelt, einer Frau die g Brüste abgeschnitten und Kinder auf La aufgesp Lanzen aufgespießt) schockiern ten nicht nur wegen der ond d Bilder, so sondern auch, weil es Regisseur Ralph Nelson verstand, beim Zuschauer ohnmäächtige g Wut Wu u und Fassungslosigkeit auszulösen. In die gleimächtige che Kerbe schlug Sydney Pollacks nach authentischen Motiven inszenierter "Jeremiah Johnson" (1972), in dem die indianische Frau des weißen Hauptdarstellers wegen eines von ihm begangenen Fehlers von ihren Stammesbrüdern getötet GoodTimes

Der WesternFilm

wird. Daraufhin begibt er sich auf einen Rachefeldzug, der aber nach zahlreichem Morden verwirrenderweise in einer Versöhnung mit dem Häuptling endet. Johnson verlässt danach die Region und begibt sich auf eine Suche ohne Ziel. Wunderschöne Naturszenen und geradezu philosophische Ansätze zeichnen den Film aus. Nach der vorzüglichen Jack-London-Verfilmung "Ruf der Wildnis" (1972, mit Raimund Harmstorf) und "Pat Garrett jagt Billy The Kid" (1973; mit Kris Kristofferson und Bob Dylan) kamen zwar noch passable Western in die Kinos, doch schon längst nahmen der Kriminal- und der ScieneFiction-Film eine gewichtigere Rolle ein. Als brisant erwies sich dabei die Verfilmung von "Roots" (1977), einem Roman von Alex Haley. Zwar kann der Film nicht dem Western zugeordnet werden, doch schlug er mit der Erzählung der Lebensgeschichte des Sklaven Kunta Kinte ein dunkles Kapitel auf, das im Genre fast völlig verdängt worden war. 1980 erschien das epochale, dreieinhalbstündige "Heaven’s Gate – Das Tor zum Himmel" (Regie Michael Cimino, er drehte auch das Vietnamdrama "Die durch die Hölle gehen") und lockte die Zuschauer an. In drei Zeitabschnitten wird hier der Kampf der Großgrundbesitzer gegen die armen Menschen, Auswanderer aus Osteuropa, die aus Not Rinder stehlen, gezeigt. Kris Kristofferson in der Rolle des Marshall James Averill bezieht eindeutig Stellung für die Immigranten und gegen die Ausbeutung. Amerika – das Tor zum Himmel? Wohll m kaum. Auch "Der mit dem Wolf tanzt" (1990), in dem g führt und die Hauptrolle spielt, malt ein düsteres Kevin Costner Regie Bild, besonders beim Anblick der von den Weißen abgeschlachteten Bisons. Allerdings bestechen die lyrischen Naturaufnahmen, die hohe Authentizität in der Darstellung der Indianer (sie sprechen ihre eigene Sprache, die im Untertitel übersetzt wurde) und die Anspielungen auf ein größeres ökologisches Bewusstsein. Trotz der Länge von drei Stunden (beim Director’s Cut wird noch fast eine komplette Stunde draufgelegt) stellt sich keine Langeweile ein. Erwähnenswert sind außerdem "Geronimo" (1993), ein Film über den Häuptling, der den letzten Indianeraufstand anführte und neben Cochise, Crazy Horse und Sitting Bull zu den bekanntesten Stammesanführern zählt sowie der eher durchgeknallte Streifen "Dead Man" (1995) mit Johnny Depp, "The Alamo" (2004) und "Comanche Moon" (2008). Ein echter Blockbuster lässt im neuen Jahrtausend noch auf sich warten, doch wie heißt es so schön in einem Kinski-„Italo": "Ein Einsamer kehrt zurück". Irgendwann.

Eine geballte Ladung Die John-Wayne-Box In Music & Poster Art 10 CDs+1 DVD Box & Book, zu bestellen in unserem Shop auf Seite 13. 2/2011

Seite

55


Zwei glorreiche Halunken , Goldschatz, Fiesagen" " HurensOhne Selten passte ein internationaler Filmtitel so trefflich – um im Bild zu bleiben been n– wie die Faust aufs Auge: "The Good, The Bad And The Ugly" trifft den Inhalt halt alt al des Kultklassikers von Sergio Leone maximal. Der Gute (Clint Eastwood – de der er Blonde), der Böse (Lee van Cleef als Sentenza) und der Hässliche (Eli Wallach acch als Tuco) sind drei verwegene Gestalten auf der Suche nach einem Goldschatz. atz at tzz.. Doch wer wird ihn an sich reißen? ßen? en? en

N

ew Mexico, 1862. Während der Wirren des amerikanischen Bürgerkrieges sind Kopfgeldjäger auf der Suchee nach Tuco, einem miesen Gauner,, auf dessen Ergreifung eine hohee Belohung ausgelobt ist. Ihn rettett r, ein Zigarillo nuckelnder Blonder, ft der ihm ein lukratives Geschäft ff vorschlägt: Tuco wird dem Sheriff sausgeliefert, der Blonde kassiert die Moneten und durchschießt bei der Hinrichtung in letzter Sekunde den Strick, der um den Hals des Banditen gezurrt wird, damit der stiften gehen kann. Auf diese Weise erhöht sich die Belohnung, und die beiden können das riskante Spiel beliebig oft wiederholen. Doch Tuco wird dreist und will mehr Geld. Also setzt ihn der Blonde in der Wüste aus. Tuco sinnt auf Rache und schreit: „Der Blitz soll dich beim Scheißen treffen." Szenenwechsel. Der Revolvermann Sentenza erfährt von einem riesigen Goldschatz. Es ist die

Kriegskasse K Kr r der Südstaatenarmee, aat aten enar en arm ar meee, ee, e iirgendwo ir rg 00..0 00 0 000 0 00 versteckt – 2 200.000 U olda ldatt Bi B ill US-Dollar! Nur der SSoldat Bill Ca d so o Carson kennt den Ort, und b zaa auf die die ie begibt sich Sentenza S Su lich ha at de er Suche. Zwischenzeitlich hat der H nde den n au ufg gee-Hässliche den Blonden aufges hn zu zu einem ein ei nem spürt und zwingt ihn G h d ie W üstee, Gewaltmarsch durch die Wüste, b dem er fast umss Leben Lebe Le ben n bei k kommt. Während e einer Rast nähert Der neue Westernheld sich eine Kutsche mit sterbenden Kutsche ihrer ungewissen Zukunft entgegen. Südstaatlern, in der besagter Carson verreckt. Der Blonde bietet seinem Zwangsgefährten Für einen Schluck Wasser will er das Versteck die geliebte Fluppe an: verraten, erzählt Tuco Der " Böse" Lee Van Cleef „Mach ein paar kräftiaber vorab, dass es ge Züge, dann kannst ein Friedhof ist, auf du gut kacken." dem der Schatz in Sie werden von einem Grab liegt. Tuco Nordstaatlern gefanbesorgt das lebensgengenommen und spendende Nass, in ein Camp verfrachdoch als er wieder bei tet, wo sich Tuco als Carsons ankommt, ist dieserr sschon chon verbliBill Carson ausgibt. dieser cch heen n. Den Den Name Na am n au auff Zufällig begegnen chen. Namen dem Grabstein de Grab Gr bssttein n hat h t der ha d r de sie Sentenza, der in dem So So old ldaatt dem ld dem Blonden Blo lond nd den Armeeuniform auf der Soldat in lletzter etzt et zter zt er SSekunde ekunde ek de Suche nach Carson ist. in iin ns Ohr Ohr geflüstert geefl f üs üste tert te rt Er erkennt Tuco, lässt ins Ein treffsicheres Argument un u nd ihm i m somi ih so omi mitt ei eeine ine ne ihn foltern und erfährt und somit LLeeb eb beensve vers r icche heru ru rung ung gegen geg egen en die die Gaunervisage Gau a neerv rvis isag is ag ge so die Lage des Friedhofs. Doch nur der Lebensversicherung v rm ve mac a ht h . Tuco Tu T uco llässt ässt äs s d en B lond nd den iin n ei inem nem Blonde kennt die genaue Position des Grabes vermacht. den Blonden einem Klos Kl o tteer aufpäppeln aau ufp päp äppe p ln pe n und und b egib eg ibtt si ib ich m it iihm it hm hm und den Namen auf dem Kreuz. So nimmt ihn Kloster begibt sich mit auf die au diie Suche. Such Su che. e Die Die ie beiden bei eide ide den fa ffahren fah ahr hren hren en m itt eeiner ineerr in Sentenza mit auf die Suche. Doch der Blonde auf mit kann entkommen und verbündet sich wieder mit dem Hässlichen. Auf dem Weg zum Dollarversteck müssen die beiden während eines Gefechts Nord gegen Süd noch eine Brücke in die Luft jagen – bei der Verfilmung musste die Brücke zweimal gebaut werden, da der verantwortliche Leiter der Komparsen sie zu früh gesprengt hatte, noch bevor die Kameras eingeschaltet waren!!! Tuco erreicht den Friedhof als Erster und sieht ein riesiges Gräbermeer. Dann erscheinen der Blonde und Sentenza. Es kommt zum Showdown. Der Blonde schreibt den Namen des verstorbenen Soldaten auf einen Stein und legt ihn in die Mitte des Friedhofs. Die drei müssen nun den Kampf um die Dollars mit der Waffe austraSeite

56

GoodTimes

2/2011


gen. Die scheinbar endlos lange Duellszene gehört zu den schönsten Momenten der Filmgeschichte, denn Leone steigert die Dramatik bis ins Unendliche. Sentenza wird getötet – und Tuco muss buddeln. Als er Der " Hässliche" Eli Wallach

die Kohle findet, blickt er auf und sieht eine Schlinge von einem Ast baumeln. Der Blonde will noch einmal das alte Spiel spielen, doch Tuco fürchtet, sein letztes Stündlein habe geschlagen. Der Meisterschütze nimmt sich die Hälfte der Moneten – wie in alten Zeiten –, reitet davon und durchtrennt den Strick mit einem gezielten Schuss. Tuco bedankt sich mit einem letzten Fluch: „Weißt du, was du bist – du bist der Sohn einer Huuuure!" Sergio Leone drehte mit dem dritten Teil

seiner Dollar-Trilogie ein unumstrittenes Meisterwerk, das in der Originallänge von 180 Minuten zu den Stoffen zählt, für die ein Zuschauer gutes Sitzfleisch braucht. Allerdings wurde die internationale Fassung gekürzt, auch die im Fernsehen gesendeten Versionen weichen oft erheblich vom Original ab. Doch egal wie lang der Streifen ist – die Spannung bleibt erhalten. Die legendäre Todesmelodie von Ennio Morricone (der Soundtrack stand ein Jahr lang in den US-Charts) unterstreicht den Charakter des Werks, das Clint Eastwood zu einem Star machte. Ironische Anspielungen auf den US-Western, härtere Action und besonders die Kameraführung, bei der die Gesichter der Darsteller sehr nah gezeigt werden (vor allem bei der legendären Duellszene), begünstigten den Erfolg. "Zwei glorreichen Halunken" schoss schnell an die Spitze der erfolgreichsten Western und ließ Klassiker wie "Rio Bravo" oder "Nevada Smith" hinter sich. Leone hatte mit seinem „Italo", der größtenteils in Spanien abgekurbelt wurde, dem Genre neue Impulse verliehen, einen neuen Stil etabliert und das Niveau kräftig angehoben. Trotz der langen Spielzeit zählt der Film zu den Evergreens der Kino- und Fernsehgeschichte, der ohne Abnutzungserscheinungen immer wieder frisch wirkt. Fazit: Der Charme des Guten, des Bösen und des Hässlichen wirkt noch immer! Alan Tepper

BASTEI. Jedem seine Welt.

Wir haben viele heiße Eisen im Feuer! Die Westernromane von BASTEI.

GoodTimes

2/2011

Seite

57

Der " Gute" Clint Eastwood


(Version 1979) Von Vo n Ol Oliv ivverr Schuh h

gmester Foto © A. Za

Der Unterschied zwischen amerikanischer Ost- und Westküste hätte mir kaum deutlicher vor Augen geführt werden können. Das offenbar kontaminierte Wurstbrot, das ich als unbedarfter 19-Jähriger versehentlich von Amsterdam nach New York eingeschleppt hatte, wurde mir vom Zollbeamten derart lautstark vor die Nase gehalten, dass ich meinte, nur diplomatische Verbindungen könnten mich da noch retten. Schließlich wurde es doch nur weggeworfen und ich geprügelter Hund zum Anschlussflug nach San Francisco geschickt. Der Zweimeter-Schrank von einem JFK-Kerl war der erste " offizielle Amerikaner", mit dem ich in der Neuen Welt Kontakt haben durfte – und was für ein Gegensatz war das zum entspannten Flughafenpersonal sechs Stunden später am S.F. International Airport!

W

elch eine Stadt – San Francisco! Erbaut auf über 40 – gefühlt trugen alle '49ers'-Käppis, tranken Kaffee aus '49ers'Hügeln, bietet sie Aussichtspunkte in jede Richtung. Bechern, putzten sich die Zähne mit '49ers'-Bürsten und schliefen Die Höhenunterschiede sind so immens, dass es heißt: in '49ers'-Bettwäsche. Nur Lisa nicht – Lisa aus dem Coffee Shop „Wenn du jemals müde wirst, durch die Stadt zu laufen, an der Embarcadero Station. Ihre kleine Wohnung war voll mit kannst du dich einfach an sie anlehnen." Soll ich schwärmen vom Devotionalien von lokalen Punk-Größen wie den Weirdos, Germs, morgendlichen Nebel auf der Bay Bridge? Von den Cable Cars, Little Screamers, Angry Samoans, Dickies oder Weasels. Ich hatte Lisa nach eetwa zwei Wochen im Krankenhaus kent, Italy, Russian Hill mit der verrückten Lombard Street, n dem noblen Pacific Heights mit seinen viktoriani-nen gelernt, wo mein Bein nach gerade Ein zuvorkommender, wohl m schen Nachbauten und reichlich Prominenz („Da istt mal 35 Minuten ersten Racquetballzugedröhnter Zottelbart T ja Coppola! Wow! Das ist Coppola!" – „Ja, klar, derr Trainings hatte eingegipst werden müsn se wohnt hier …"), Chinatown, dem Blick von den Twin sen. Football wäre also erst recht nichts fü Peaks aus auf die Stadt? Davon schwärmen? Immer!! für mich gewesen. So viel zum Sport ...

A

D

uch wenn ich der irrigen Annahme war, noch etwas vom Hippie-Feeling vergangener Zeiten aufschnappen zu können – das Thema war 1979 weitgehend durch, leider. Sehr zuvorkommende, zugedröhnte Zottelbärte gab es zwar zuhauf, aber in erster Linie am Fisherman’s Wharf zum Betteln, und so mancher Anblick tat richtig weh. Dan The Man als „Human TV-station" war noch der Witzigste, mit Pappkarton auf dem Kopf und einer Frontklappe zum Öffnen. „Hi, you’re watching Daaaan’s TV!"

N

atürlich hatte ich nie zuvor was von der National Football League gehört. „Mann, die 49ers!!!", raunte man mir zu. O. J. Simpson? Joe Montana? Meine Begleiter schüttelten nur die Köpfe angesichts solcher Kenntnisdefizite. Ob Mann oder Frau, Oma, Opa, Babys

Seite

58

afür hatte ich musikalisch vielerorts sofort den sprichwörtlichen Stein im Br Brett. Wer seine Jugend mit AFN verbr bracht hat, zu Chicagos Bläsersätzen od oder Stanley Clarkes Basslinien genauso ab abzuzappeln wusste wie zu The Knack od oder KC & The Sunshine Band (natürlich als der Gips wieder ab war), gleichzeitig abe aber auch zu Bread und America gern im Schummerlicht auf Tuchfühlung ging, hat hatte schon gewonnen. Lisa vom ganz and anderen Ufer holte mich mit ihrer Corvette ab, und wir fuhren in den Deaf Club in der Valencia Street, wo – kein Witz – höllisc lischster Punk für Gehörlose (oder auch solche, die es werden wollten ...) gespielt wurde. Vermutlich hat mich besagter Abend nachhaltig von dieser Musikform abgegrenzt.

GoodTimes

2/2011


ire ind & F W , h t r Ea

sh The Cla

L

isa hatte mich noch für The Clash live im Fillmore zu erwärmen versucht, auch weil ihre Favoriten, die Dead Kennedys, mit Jello Biafra im Vorprogramm spielten. Es abzulehnen, war vielleicht ein Fehler. Biafra – so hieß es tags darauf – präsentierte sich den 3000 Clash-Fans nackt und soll es anschließend heftig mit Veranstalter Bill Graham zu tun bekommen haben. Ach ja, eine Bürgermeisterin wurde 1979 in San Francisco auch gewählt (Dianne Feinstein). Biafra erhielt als einer der neun Gegenkandidaten beachtliche 3,79 Prozent der Stimmen, und auch Lisa hatte ihn gewählt, weil einer seiner Programmpunkte war, dass alle Geschäftsleute nach seiner Wahl öffentlich stets in Clowns-Kostümen herumlaufen sollten. Um fair zu bleiben: Auch die autofreie Stadt war Teil des Parteiprogramms, was angesichts der damaligen Luftverschmutzung nicht die schlechteste Idee war – und das gilt auch noch heute.

M

usikalisch sind wir zwar nie so richtig auf einen Nenner gekommen, aber San Francisco und etwas mehr kennen gelernt zu haben, war tatsächlich Lisas Verdienst. Lief halt alles spontan. Nie hätte ich mich von Wildfremden einfach so auf der Straße anquatschen lassen, ob ich in diesem Moment Lust auf eine Party hätte, nie wäre ich mitgegangen, nie hätte ich diese 34 Seiten mit 500 Fragen abgearbeitet – ich hatte ja auch noch nie von den Scientologen gehört ... Wir haben die Party dann ungehindert verlassen. Ich bin in den Armen der ‚Sisters Of Perpetual Indulgence’ gelandet (damals frisch gegründet, heute auch in Deutschland aktiv), die mich über eine neue Immunschwäche aufklären wollten und Lisa und mir ins z, wie Gewissen redeten – so kurz, wir uns kannten. In das wichtigste Konzert bin ich aber nicht deshalb ohne sie gegangen, sondern weil sie zwar alles mögliche war – aber nicht funky.

Neuzeit-Kiddies heute – in gleichwohl höherem Maße – sind, aber dieser dreistündige Parforce-Ritt raubte mir den Atem; sicher auch, weil ich bis dahin über die Oldenburger Weser-Ems- sowie die Bremer Stadthalle nie hinausgekommen war.

N

eben der perfekten Song-Dramaturgie mit legendären Tanzeinlagen war es die Zaubershow von Doug Henning und seinem aufstrebenden Assistenten David Copperfield (ja, genau der!), die uns die Kinnladen auf die Schenkel fallen ließ. Eben noch verdeckt auf Stühlen sitzend, kam die gesamte Band innerhalb von gefühlten Sekunden komplett umgezogen aus den Kulissen gelaufen, Bassist Verdine White begann während seines Basssolos, plötzlich Richtung Decke zu schweben, und löste sich dann in Luft auf – nun ja, Copperfield hat Jahre später sogar die Freiheitsstatue verschwinden lassen, aber solche Dimensionen waren wir ja damals nicht gewohnt. Das kam alles später. Aber Dimen Dimensionen erkennen – das habe ich in San Franc Francisco g gelernt.

© Pressefotos

A

uch nach 31 Jahren ist der Auftritt von Earth, Wind & Fire im Oakland Coliseum einer der großartigsten, die ich je erleben durfte.. Noch heute kann ich langee Sequenzen dieser unglaubli-chen Show vor meinem inne-ren Auge Revue passieren las-ar sen, als sei es erst vor ein paar ar Jahren gewesen. Natürlich war n ich mit knapp 20 auch ein m bisschen infizierbar vom ‚Form elee über Inhalt’-Virus, wie es viele

öns in Bei Reichs und Sch Pacific Heights

GoodTimes

2/2011

Seite te

al naldenkm io t a N 4 ein ble Cars a Seit 196 C ie d : der USA 59


Zack – plötzlich ist sie da: Eine Melodie entert den Kopf, und ich muss unweigerlich den dazu passenden Text leise vor mich hinsingen: Jetzt tanzen alle Puppen, macht auf der Bühne Licht. Macht Musik, " bis der Schuppen wackelt und zusammenbricht. Schmeißt euch in Frack und Fummel und Vorhang auf Hallo'. Freut euch auf Spaß ' und Rummel in der heutigen Muppet Show."

D

ieses Lied hat sich seit der Kindheit auf meine Festplatte gebrannt. Mehr noch: Ich denke, dass es einen unverrückbaren Platz in vielen Köpfen hat. Denn die "Muppet Show", die mit diesem eingängigen Song eröffnet wurde, ist ein kreativer und geradezu wahnwitziger Meilenstein der Fernsehgeschichte – ganz einfach ... Kult! In über 100 Ländern verfolgten Millionen Fernsehzuschauer diese verrückte Comedy. Und auch wenn die Reihe, die zwischen 1976 und 1981 produziert wurde, schon lange nicht mehr über die Bildschirme flackert, bleiben viele Gags und die kuriosen Figuren weiter präsent. In der Show rund um den chaotischen Alltag eines Varietétheaters gab es Absurditäten ohne Ende: tanzende tätowierte Schweinedamen, singende Schafe, zottelige Monster, grantelnde Opas, einen klavierspielenden Hund, ein „Tier" am Schlagzeug, verrückt gackernde Hühner, Schweine im n Weltraum, einen irren Professor, dessen Assistent als Versuchskaninchen herhalten musste, einen Koch, der verrückte Menüs fertigte, einen Adler, der Moral predigte, einen Nachrichtensprecher, der von aktuellen Katastrophen in seinem Studio nicht verschont wurde, und so weiter und so fort. Rund 300 verschiedene Muppets sorgten für ein extrem witziges Spektakel. Mit ihren Gags spielten sich die Puppen in die Herzen der Seite

60

Zuschauer. Allen voran: Kermit der Frosch. Der charmante Entertainer hatte es mit seinem Gesangs- und Tanztalent vom Kinderfernsehen ("Sesamstraße") ins große Showbusiness geschafft. Als Gastgeber führte er durch das Programm der "Muppet Show". In dieser Funktion war er allerdings nicht wirklich zu beneiden. Er musste sich in dem leicht abgewrackten Musicaltheater nämlich nicht nur um den bunten Haufen eigenwilliger Künstler kümmern (die gern plötzlich explodierten, sich gegenseitig verprügelten oder – wenn es sich um Monster handelte – auch mal auffraßen), sondern auch die Avancen der zickigen Diva Miss Piggy über sich ergehen lassen. Die Schweine-Lady himmelte den grünen Quaker (und so ziemlich jedes andere männliche Wesen) bei jeder Gelegenheit an. Und wenn ihr danach war, langte sie auch mal hin. Das Muppet-Personal insgesamt – man liebte sie alle. Gonzo war der langnasige, sich völlig überschätzende Stuntman der Show. Was er auch anpackte – zum Beispiel eine Kanonenkugel aufzufangen –, ging mächtig in die Hose. Prof. Dr. HonigtauBunsenbrenner tüftelte immer neue Erfindungen aus und ließ diese von seinem „Mimimimimi" schreienden Assistenten Beaker ausprobieren. „Smörebröd, Smörebröd, römmpömmpömmpömm", sang hingegen der dänische (im Original schwedische) Koch, wenn er seine außergewöhnlichen Menüs fertigte. Hauskomiker FozzieBär erzählte mit flatternden Ohren seine

GoodTimes

2/2011

Foto: Bildarchiv Hallhuber

Puppen, Biss und Anarchie


© Pressefotos

Witze und musste dafür immer wieder harte Kritik einstecken, besonders von Waldorf und Statler. Die beiden alten Herren hatten von ihrem Balkon den besten Überblick auf die chaotische Puppen-Truppe und kommentierten das Geschehen mit giftigen Sprüchen. Statler: „Von Woche zu Woche scheint mir die Show besser zu werden." Waldorf: „Weil deine Sehkraft von Woche zu Woche nachlässt." Zu den schrägen Kuriositäten gehörten auch die Auftritte vieler menschlicher Gaststars, präsentiert von Scooter. Der kleine Zappel-Muppet mit Brille und grüner Jacke war „Mädchen für alles". Er musste u.a. den Promis mitteilen, dass sie „noch 15 Sekunden bis zum Auftritt" haben. Bei Sylvester Stallone stürmte Scooter mit ein paar kreischenden Groupies die Garderobe. Sly ließ sich nicht lumpen und donnerte – ganz Kraftprotz – ein paar Punches an einen lebenden Sandsack ... In der Show kämpfte „Rocky" schließlich als Gladiator gegen einen eher ängstlichen Löwen, was letztendlich insgesamt eher wie ein Gesangs- und Tanzwettstreit wirkte. Andere Gastauftritte waren nicht minder kurios. So sang Elton John im rosa Glitzerfummel mit Miss Piggy „Don't Go Breaking My Heart". Gonzo spielte mit Paul Simon. Luke Skywalker (Schauspieler Mark Hamill) und die Droiden R2-D2 und C-3PO suchten hinter den Kulissen ihren zotteligen Freund Chewbacca. Horror-Darsteller Vincent Price lockte Gonzo und Fozzie in sein Geisterschloss und ließ sich von Kermit in den Hals beißen. Alice Cooper entstieg im Dracula-Kostüm einem Sarg und versuchte, den grünen Moderator zum Verkauf seiner Seele zu überreden. Auch Elke Sommer gehörte zur Riege internationaler Stars. Als sie im hellblauen Rüschenkleid über die Bühne hüpfte, stoppte Kermit sie schnippisch-bestimmend: „Dieses Kleine-Mädchen-Getue ist nicht das Richtige für die Show. Wir versuchen, auch den Erwachsenen zu gefallen." Viele weitere bekannte Film- und Musikstars ließen sich nicht lange bitten: Peter Ustinov, Liza Minnelli, Roger Moore, Joan Baez, Peter Sellers, Bob Hope, Steve Martin, John Cleese, Harry Belafonte, Diana Ross, Shirley Bassey, James Coburn, Johnny Cash, Brooke Shields, Gene Kelly, Marty Feldman. Für das deutsche Publikum wurden Spezialausgaben mit Peter Alexander und Mary Roos produziert. Die "Muppet Show" war wirklich alles andere als Kinderkram. Auf der PuppentheaterBühne herrschte eine Mischung aus A n a rc h i e

Fozzie-Bär, Gonzo, Kermit und Miss Piggy

Kermit und Mädchen für alles" Scooter "

Elton John mit Miss Piggy im Duett

Scooter, Miss Piggy, Link Hogthrob (Captain bei "Schweine im Weltall") und Fozzie-Bär

und unterhaltsaDas mem Wahnsinn, die Monster auch Erwachsene Tier" " begeisterte. Die Figuren waren liebenswert durchgeknallt, der Humor schräg und schwarz. Jim Henson und Frank Oz waren für das skurrile PuppenRemmidemmi verantwortlich. Henson verwirklichte sich damit einen Traum. Vorbild war die von Puppenspieler Burr Tillstrom erschaffene Show „Kukla, Fran und Olli". Die Sendung, in der die beiden Puppen Kukla und Olli mit Sängerin Fran Allision für Späße sorgten, lockte in den USA von 1947 bis 1957 Kinder und Erwachsene vor die Fernsehgeräte. Genau das wollte Henson auch erreichen. In Europa erlernte er die Techniken des klassischen Marionettenspiels und GoodTimes

2/2011

Seite

61

kombinierte später die Eigenschaften von Handpuppen und Marionetten in seinen Muppets. Damit erweiterte er die Möglichkeiten Rowlf des klassischen Puppentheaters. Hensons Schaumstoff-Figuren ließen sich viel besser steuern als ihre hölzernen Kollegen. Gestik und Mimik wurden auf diese Weise viel ausdrucksstärker und realistischer. Henson spielte einige Figuren auch selbst, etwa Kermit, Waldorf, Rowlf oder den dänischen Koch. Frank Oz hauchte unter anderem Miss Piggy, Fozzie und dem „Tier" Leben ein. Die Muppets (ein Kunstwort, aber auch: Deppen, Blödmänner) hatten ihre ersten Auftritte in Fernsehwerbespots und verschiedenen US-Fernsehshows. Ab 1969 eroberten Figuren wie Grobi, das Krümelmonster oder Kermit in der "Sesamstraße" die Herzen der Kinder. Doch Henson wollte mit seinem Puppenspektakel nicht nur Kindern das Zählen beibringen, sondern auch erwachsene Zuschauern packen. So folgten Sketche mit den Muppets unter anderem in der KultComedy-Sendung "Saturday Night Live" und schließlich die eigenständige "Muppet Show". Hier ließ Henson seiner Kreativität freien Lauf, und die Figuren durften in den überdrehten Gesangs- und Tanzeinlagen, Sketchen und kurzen Talks auch mal die Sau rauslassen. Weil die amerikanischen TV-Macher die Puppen jedoch ausschließlich zur Kinderunterhaltung einsetzen wollten, ließ Henson die Sendung in Großbritannien produzieren. Hier wurde das generationsübergreifende Potenzial der Show erkannt. Als Jim Henson 1990 im Alter von nur 53 Jahren starb, gestaltete sich seine Trauerfeier als buntes Spektakel mit fröhlichen Liedern und verkleideten Gästen. Die Erstausstrahlung der "Muppet Show" in Deutschland lief am 3.12.1977 im ZDF. Hier packte man die Sendung anfangs ins Nachmittagsprogramm und entschärfte für die kleinen Zuschauer die „bösen" Gags mit Hilfe der Synchronisation. Insgesamt wurden von der "Muppet Show" 120 Folgen in fünf Staffeln produziert. Einige Kinofilme (der nächste steht im Dezember 2011 an) und etliche TV-Specials folgten. Erst vor kurzem ist die erste Staffel in deutscher Sprache auf DVD (Walt Disney) erschienen. Schlussworte, kurz und knackig, von Kermit: „Applaus, Applaus, Applaus!" Julia Rosenthal


E-TYPE

Rasende Rassekatze

Von Jürgen Wolff

Die attraktivsten Sportwagen der Welt werden schon immer im norditalienischen Modena bei Ferrari gebaut. Das weiß jeder. Nur der Gründer der exklusiven Marke selbst nicht. Denn Enzo Ferrari, so wird kolportiert, habe im März 1961 auf dem Genfer Autosalon einen ganz anderen Favoriten gefunden: Der dort erstmals vorgestellte Jaguar E-Type seii aben. "das schönste Auto der Welt", soll er geschwärmt haben. Viel Widerspruch würde er da auch heute nicht ernten. en.

V

Mit "Pretty Woman" zum pretty E-Type: Roy Orbison

Steve McQueen sind nur einige der prominenten Besitzer. Der amerikanische Journalist Henry Manny III pries den E-Type einmal als den „größten Frauenaufreißer in der Geschichte der Menschheit". Der Kabarettist Wolfgang Neuss nannte ihn – deutlich weni-

Seite

62

GoodTimes

2/2011

wurde der Wagen verschrottet und zunächst durch einen modernen Jaguar XKR ersetzt. Zumindest in der Realität war das Verhältnis zwischen Jerry Cotton und seinem Jaguar nicht immer nur harm harmonisch. An die Dreharbeiten in De Deutschland zum vierten JerryCo Cotton-Kinofi lm der 1960er Ja Jahre, "Die Rechnung – eiskalt se serviert!", erinnerte sich CottonD Darsteller George Nader mit g gemischten Gefühlen: „Ich raste e einen Hügel zum Elbufer hinu unter, wo ich den Wagen im le letzten Moment zum Stehen b bringen sollte. Ich trat auf die F Fußbremse. Die funktionierte a aber nicht! Ich zog sofort die H Handbremse, die ebenfalls ver-

sagte. In Hollywood hatte ich von ProfiStuntmen gelernt: Motor runterschalten und immer nach links drehen! Ich brachte den Jaguar zu einer 90-Grad-Drehung, und der Wagen kam nur Zentimeter vorm Elbufer zum Stehen. Die Crew war begeistert – und der Regisseur gratulierte mir zu meiner Improvisation."

Jerry Cotton-Fotos + -Plakate: © Constantin Film

om Tag der Präsentation an wurde der E-Type zur Legende. Die aerodynamisch geformte, rassige Karosserie des britischen Sportwagens mit der aus zwölf Blechen montierten, fast zwei Meter langen Motorhaube war das Werk des gelernten Luftfahrtingenieurs Malcom Sayer. Der E-Type gilt – wie der Minirock, die Beatles oder der Mini Cooper – als Ikone der Swinging Sixties und als stilbildendes Gefährt auch über die Autowelt hinaus: Seit 1996 steht ein E-Type als Dauerexponat im New Yorker Museum Of Modern Art. Die Schönen und die Reichen, die Stars und Playboys jener Tage ließen sich nur zu gern mit dem E-Type ablichten. Brigitte Bardot, Cary Grant, Roy Orbison, Tony Curtis,

ger charmant – einen „Penis mit vier Rädern". Filmrollen gab es für das rasende Sexsymbol denn auch reichlich. Peter O'Toole etwa fuhr 1966 in "Wie klaut man eine Million" en gelben als Versicherungsdetektiv einen E-Roadster. Und Louis de Funès machte als "Balduin – Der Trockenschwimmer" ein Jahr später ein schwarzes E-Coupé noch einmal um zwei Meter länger bei dem Versuch, damit einee Baumaschine abzuschleppen .... Die beiden italienischen Komikerr Franco Franchi und Ciccio Ingrassiaa 2 rüsteten in der Bond-Parodie "2 5 Trottel gegen Goldfinger" 1965 h einen dunkelblauen E-Type nach k007-Art auf. Per Knopfdruck spuckd te der Wagen schwarzen Nebel aus oder schoss mit Pfeilen. Unvergessen auch der zum Leichenwagen umgebaute Jaguar E-Type im Kult-Klassiker von 1971, "Harold und Maude". FilmAutor Colin Higgins beschrieb einmal, wie der Umbau funktionierte: „Das Heck eines Datsun-Kombis passte genau, und nach den Schweißarbeiten baute ich das Dach eines schwarzen Maugahyde oben drauf. Dann ging es nur noch um Kleinigkeiten – Chromleisten von einem Ford Thunderbird, Fenster, Vorhänge und natürlich die schwarze Farbe." In Deutschland erlangte der E-Type Kultstatus nicht zuletzt als Dienstwagen eines fiktiven FBI-Agenten: G-Man Jerry Cotton fuhr bei seinen Einsätzen in den meisten der bislang 2700 Print-Krimis und acht Filme einen roten Jaguar E-Type, Baujahr 1966. Erst in Band 2217 ("Die letzte Fahrt im Jaguar")


und unzähligen Proberunden ließ ich mir von ihm einen schwarzen JaguarZweisitzer mit roten Polstern andrehen." Wie Jerry tatsächlich zu seinem Kätzchen kam, hat Delfried Kaufmann, "Jerry Cotton"Autor und Erfinder der Figur, viel profaner in Erinnerung. Er erklärte es damit, dass die Romane in den 1950er Jahren die Sicht der Deutschen auf Amerika widerspiegelte. Und so habe er einfach ganz naiv „aus dem Bauch heraus" entschieden, welches Auto er toll fand. In Sachen Auto ist der Bauch nicht der schlechteste Ratgeber. Aber nicht nur in der Popkultur, auch technisch setzte der E-Type Maßstäbe. Der Anfangs verbaute Reihen-Sechszylinder mit 3,8 Liter Hubraum hatte in den 1950er Jahren für Jaguar fünf Siege bei Rennen in Le Mans geholt. Die meisten E-Type wurden mit einem 4,2-Liter-Motor ausgeliefert, der ebenso wie der 3,8-Liter auf 198 kW/269 PS kam. Kein Wunder: Der 4,2-Liter war nichts anderes als ein aufgebohrtes 3,8-Liter-Aggregat. Später folgte dann ein V12 mit 5,3 Litern Brennraum und einer Leistung von 203 kW/276 PS. Schon mit der kleinsten Motorvariante schaffte es der bissige Brite in weniger als sieben Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 241 km/h.

Wirklich bequem hatte man es in den ersten E T E-Type nicht i h gerade: d Di Die Si Sitze waren purisi tisch ti h gepolstert, l t t die di Haltung H lt d wegen des hohen Bodens ein wenig verkrampft. Jaguar senkte daraufhin die Bodenbleche im Fußraum etwas ab und verbesserte auch die Verstellmöglichkeiten der Sitze.

Der Stah hlgitterrahmen, Stahlgitterrahmen, der M und Motor Vorder Vorderradaufhängung trug trug, ist mit der se selbsttragenden Ka Karosserie versschraubt. Die unabhängige H i n t e r ra d a u f h hängung in einem eigen eigenen Hilfsrahmen mit ein einem Längslenker, zwei Federbeinen Fe und Querlenk Querlenkern an jedem Rad war vor allem für die konservativen britischen Autobauer geradezu revolutionär. Geschaltet wurde der Hecktriebler zunächst über die „Moss-Box", ein Viergang-Getriebe mit unsynchronisiertem ersten Gang und langen Schaltwegen. Erst mit dem 4,2-Liter-Motor bekam der E-Type 1964 ein von Jaguar selbst entwickeltes vollsynchronisiertes Getriebe mit ebenfalls vier Gängen. Die Ölkrise und die Amerikaner machten dem E-Type im September 1974 den Garaus – ausgerechnet, denn in kein Land wurden so viele E-Type verkauft wie in die Vereinigten Staaten: Zwei von drei Exemplaren gingen über den Atlantik. Doch die amerikanischen Sicherheitsvorschriften verhunzten das einzigartige Design schnell. Unter anderem musste die aerodynamische Scheibe über den Frontscheinwerfern dran glauben, die Frontstoßstange bekam Kunststoffpuffer, die Kühleröffnung musste vergrößert und die Windschutzscheibe flacher gestellt werden. Die ursprüngliche eleGoodTimes

2/2011

Seite

63

gante Aggressivität der Raubkatze war weichgespült. Und der V12, der vor allem wegen der Nachfrage in den USA gebaut worden war war, schluckte mehr mehr, als dann politisch korrekt war. Noch heute ist die Fahrt in einem E-Type ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Hat man sich erst einmal hinter das Lenkrad gezwängt, erweist sich der Brite als überraschend geräumig. Die vier Gänge lassen sich knackig schalten, die Lenkung ist direkt – nur die Pedale sind nicht gerade für breite Schuhe ausgelegt. Und erst der Sound! Fahren lässt sich der E-Type relativ problemlos. Ein bisschen mehr Kraftaufwand beim Schalten und Lenken als heute ist zwar nötig – aber wer sagt, dass Autofahren nicht auch Arbeit sein darf? Zu seiner Zeit war der E-Type verglichen mit Ferrari & Co. geradezu ein Schnäppchen. Anfangs kostete er 2256 britische Pfund – das entspricht nach heutigen Preisen etwa 44.000 Euro. In Deutschland musste man für das Cabriolet damals 25.000 D-Mark löhnen, für das Coupé 1000 Mark mehr. Damit kommt man heute nicht weit, will man sich eines der Sammlerstücke sichern – insgesamt wurden in den 14 Jahren Produktionszeit nur 75.520 Stück verkauft. Heute kann ein erstklassig restaurierter E-Type der ersten Serie durchaus mit über 100.000 Euro zu Buche schlagen. Spätere Stücke in gepflegtem Zustand sind in der Regel für rund 50.000

Jaguar-Fotos: © Jaguar

Auf die naheliegend de Frage, wie sich ein mäßig b bezahlter US-Staatsdiener ssolch ein Luxusgefährt leisten kkonnte erklärte Jerry Cotton da das selbst einmal mit einem tiefe tiefen Griff ins Sparschwein: „Ich hatte mein meine ganzen Ersparnisse und war damit zu einem eine Vertreter von ausländischen Fahrzeugen g gegangen. Nach langem Palaver


Bilder: © Jürgen Wolff

Normans Nachtfahrt Norman Dewis, damals ChefTestfahrer von Jaguar, hatte an jenem 15. März 1961 den ganzen Tag auf dem Motor Industry Research Association (Mira) Versuchsgelände bei Nuneaton nahe Coventry mit dem E-Typ seine Runden gedreht. Der Roadster mit dem Kennzeichen 77 RW auf der Motorhaube hatte gerag de einen ersten Test der Zeitschrift "The Motor" hinter sich und sollte nun auf der Strecke durch-gecheckt werden.

Norman Dewis: Mit 90 immer noch im E-Type unterwegs

P Pause? Fehlanzeige. Als „Lohn" für die Nachtfahrt durfte er gleich damit beginnen, Passagiere über die Bergstrecke zu kutschieren, kaum dass neue Weißwandreifen aufgezogen und der Tank nachgefüllt waren. Am ersten Tag ließen die Jaguar-Leute es noch locker angehen. Doch dann entwickelte sich schnell ein Wettbewerb mit den anderen Ausstellern, die auf derselben Strecke fuhren – unter anderem Mercedes, Ferrari und Alfa Romeo. "Wir fragten unsere Passagiere, ob sie lieber schneller oder langsamer unterwegs sein

wollten", erzählt Dewis: „Mit einigen habe ich schon etwas Mitleid gehabt – sie sahen ganz schön durchgeschüttelt aus, wenn sie wieder ausstiegen." Normans Nachtfahrt wurde nicht nur bei Jaguar schnell zu einer Legende – und die PR-Abteilung der Briten kolportiert sie zum 50. Jahrestag der Präsentation in Genf nur zu gern. Dabei war es für Norman Dewis weder der erste noch der spektakulärste Ausflug dieser Art. Fünf Jahre zuvor hatte er bereits ein ähnlich filmreifes Husarenstück mit dem Jaguar D-Type abgeliefert, dem RennwagenVorgänger des E-Type. Der sollte Ende Mai Seite

64

GoodTimes

2/2011

1956 beim 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring möglichst einen Sieg, zumindest aber spektakuläre Fotos liefern. Pech nur, dass sein Fahrer Paul Frère ihn schon im ersten Training neben der Strecke zerlegte. Um überhaupt noch am Rennen teilnehmen zu können, musste bis Samstagmorgen ein Ersatzwagen her. Schon damals setzte sich Norman Dewis hinters Lenkrad und fuhr den Rennwagen in Rekordgeschwindigkeit über öffentliche Straßen von Coventry in die Eifel. Dover, Ostende, Brüssel, Gent, ein Streifen Schwarzwald: „Wenn ich ein schönes Stück Straße erwischt hatte", erinnert sich der Brite, "bin ich auch immer wieder mit 190 km/h unterwegs gewesen." Kurze Pausen gab es nur, wenn sich die Blase meldete oder er jemanden nach dem Weg fragen musste. Auch diese gut 1100 Kilometer schaffte er rechtzeitig zum Meldeschluss. Jaguar bekam die gewünschten Fotos, auf denen der D-Type um den Eifelkurs fegte – nur mit dem Platz auf dem Podest wurde es dann doch nichts: Die Antriebswelle des D-Type überlebte die „Grüne Hölle Nürburgring" nicht ... Jürgen Wolff

Fotos: © Jaguar

W

ährend derr Bremsen-m tests am d D i h Nachmittag wurde Dewis heraus gewunken. Sein Chefingenieur Bill Heynes teilte ihm lapidar mit: „Du musst dieses Auto bis morgen früh 10 Uhr nach Genf bringen. Wir überprüfen ihn noch kurz – hier ist aber schon mal dein Ticket für die Fähre in Dover. Soll ich dir noch was zu essen besorgen?" Dewis zögerte nicht lange: „Okay, aber ich muss kurz nach Hause und ein paar Sachen holen." „Nicht nötig“, kam als Antwort, „wir waren schon bei deiner Frau, haben ihr alles erklärt, und sie hat deine Tasche gepackt." Die Eile kam nicht von ungefähr: Jaguar wollte die brandneuen Straßenversionen des E-Type auf dem Genfer Auto Salon erstmals präsentieren und war deshalb mit zwei Fahrzeugen in die Schweiz gereist. Am Messestand vor Ort konnten sich potenzielle Kunden Tickets besorgen und dann auf dem Beifahrersitz neben dem Rennfahrer und PR-Chef von Jaguar, Bob Berry, einen kleinen Trip in die Berge über Genf unternehmen. Womit die JaguarManager nicht gerechnet hatten: Das Interesse war überwältigend. Das E-Type-Coupé stand kaum eine Minute still, trotzdem bildeten sich lange Schlangen. Schnell war klar: Ein weiterer E-Type musste her! Und genau den sollte Norman in einer Nachtfahrt herbeischaffen. „Nachdem wir die Messinstrumente von der Testfahrt abmontiert hatten, fuhr ich gegen 17.45 Uhr aus dem Werk in Coventry und schaffte es auf die 22-Uhr-Fähre", erinnert sich der heute 90-jährige Dewis: „Es war damals halt noch nicht so viel Verkehr unterwegs wie heute." Auf dem Kontinent schaffte er zügig knapp 30 Kilometer – danach musste er sich erst einmal 320 Kilometer lang durch dichten Nebel kämpfen. „Dann lief es bestens, der Verkehr war spärlich, ich bin 20 Minuten vor der Zeit in Genf angekommen." Immerhin – ein wenig Beifall gab es dafür, als Dewis aus dem Roadster stieg.


NEU!

Ab sofort erhältlich! Inhalt: • Romanhefte von ca. 1870 bis heute • Leihbücher von ca. 1920 bis 1975 • Karl-May-Bücher von 1876 bis 1980 • Jugendzeitschriften ab 1945 • Musikzeitschriften ab 1945 • rund 600 Seiten

Softcover ISBN 978

-3-00-034

171-7

Erhältlich in allen guten Comic- und Romanshops, Buchhandlungen oder direkt bei:

Comicladen Kollektiv Fruchtallee 130 20259 Hamburg Telefon: 040 / 407781 info@comicladen-kollektiv.de

n!! en ge u ng d un l i d l b i b b A b A 0 00 00 10 d1 nd R un Ru e!! be FFa arrb iin n t t t e t l e p l p m K om Ko y!! ay Ma a K arrll M t K i t i m s m l s a l ma E Errssttm

Öffnungszeiten: Mo-Fr 10.30 – 19.00 Uhr Sa 10.00 – 14.00 Uhr

Ständiger An- und Verkauf Besucht auch unsere Website www.romanhefte.de Über 100.000 Comics und Romane warten auf euch!

39,95 €


Invasion der SciencefictionRomane Von Eckhard Schwettmann

Heftromane, S i folgten, f l d di SScience i i i " chutzschirme Serien darunter ""Astounding Fiction", werden hochgefah"Science Wonder Stories", "Comet Stories" und auch Groschenhefte" " go ren, Nadelstrahler zischen, Sauerstoff "Super Science Stories". Hugo genannt, erlebten nach dem gwird knapp, dampfende Dschungelplaneten Gernsback hieß ursprüngZweiten Weltkrieg einen wahren Boom. ", bergen düstere Geheimnisse, monströlich „Gernsbacher", Sie waren preiswert, überall erhältlich und passn se Außerirdische bedrohen die Erde: seine Vorfahren kamen ten bequem in jede Tasche. Für Frauen gab es masAbenteuer dieser Art begeistern seit den aus dem nördli-senhaft Heimat- und Liebesromane, während Krimis, 1950er Jahren bis heute viele Fans chen Schwarzwald.. Western und vor allem Science-Fiction-Geschichten viele der fantastischen Literatur. Gerade der 1905 wanderte männliche Herzen höherschlagen ließen. Der Wettlauf Weltraum bietet unbegrenzten Stoff für er in die USA aus, der Russen und der Amerikaner zum Mond und um spannende Unterhaltung. schuf den Begriff die Vorherrschaft im Weltraum waren ein realpoliti„Scientifi ction" und scher Hintergrund der 1950er und 1960er Jahre. Pulp, Dime Novels und förderte ebenfalls Die Raumfahrt und die unendlichen Weiten des die damit verbundene Groschenhefte Weltraums beflügelten die Fantasie der ls Begründ der e des Fankultur. Heute gilt er als Begründer Natürlich kam auch dieser Trend aus den Autoren und boten Stoff für teils verliterarischen Genres „Science-Fiction". Der Preis USA, dem Stammland der Science-Fiction. Als rückte Geschichten und schrille „Hugo", der alljährlich von der World Science Fiction „Pulp" bezeichnet man dort schon seit mehr als Titelbilder. Society an Autoren und Illustratoren verliehen wird, 110 Jahren die auf billigem Papier gedruckten Rowurde nach ihm benannt. mane für den Massenmarkt. Diese „Pulps" gaben den In Europa begann schon im 19. Jahrhundert Science-Fiction-Autoren Scie über einige Jahrdie Zeit der Science-Fiction. Bekannteste Vertreter zehnte zeh die Gelegenheit, ihre Kurzgeschichten zu waren Jules Verne mit seinen wissenschaftlichverö veröffentlichen und über einen niedrigen Preis ein romantischen Abenteuern, etwa "Von der Erde zum junges jun Publikum zu erreichen, das für Science-Fiction tio schnell zu begeistern war. Mond” (1873), und H. G. Wells mit Romanen wie Für viele der größten Science-Fiction-Autoren "Die Zeitmaschine" (1895) oder "Krieg der Welten" (1 de USA begann so ihre Karriere re der (1898). Ein deutscher Vertreter dieser Periode war K v, als Schriftsteller: Isaac Asimov, Kurd Laßwitz ("Auf zwei P Ra Bradbury, Arthur C. Ray Planeten”, 1897), nach d Cl Clarke, Philip K. Dick oderr dem ein Preis für deutsc H h H.P. Lovecraft. Aber auch sche Science-FictionL E Edgar Rice Burroughs,, Literatur benannt ist. Sein Schüler Hans D Raymo Raymond Chandler, Dashiell Dominik wurde in den 1920er und 1930er J Hammett und viele andere publizierten erstmals Jahren einer der wichtigsten Pioniere der Z in diesem Massenmedium. „Heute noch übertrieZukunftsliteratur in Deutschland. Viel gelesen w ben ... morgen schon Tatsache!" So bewarb der wurde Mitte des vorigen Jahrhunderts auch P Eugen Sieg, ein deutscher Physiker und Verleger und Redakteur Hugo Gernsback 1926 den Paul S Start der Reihe "Amazing Stories". Viele weitere Schriftsteller technischer Zukunftsromane.

S

Seite

66

GoodTimes es

2/2011 011


""Captain Zukunft" bei "Utopia"

Schon ab Mitte dess 1 19. Jahrhunderts gab ess H Heftromane in den meisten LLändern Europas. In England u und Nordamerika wurd den sie „Penny Dreadfuls” o oder „Dime Novel” g genannt. In Deutschland w waren Begriffe wie „E „Eisenbahnliteratur” oder Conversations- und Reiseliteratur” üblich. Ein n „Conversationsechtes Massenphänomen: Vor 1914 erschienen in Deutschland rund 100 Heftreihen! Dabei dominierten drei Anbieter: Der Verlag für Volksliteratur und Kunst, der Verlag für moderne Lektüre (beide Berlin) und der Dresdner Roman Verlag.

Luftpiraten und "Sun Koh" Die erste deutsche Science-Fiction-Heftromanserie war "Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff", die von 1908 bis 1912 mit 165 Ausgaben in Berlin bei verschiedenen Verlagen erschien. Vorbild war damals eindeutig Jules Verne: Wie auf dem legendären U-Boot Nautilus hat auch das Luftschiff eine indische Besatzung, und wie Kapitän Nemo Nem verfügt auch der Luftpirat Kapitän Mors übe einen Stützpunkt auf einer geheimnisüber vol vollen Insel im Pazifik. Während das Luftschiff in der Erdatmosphäre fliegt, kann sein späteres „W „Weltenfahrzeug” namens „Meteor” auch im We Weltraum operieren. Erstaunlich: Der Autor ist bis he heute unbekannt, es gibt lediglich Vermutungen. Großen Einfluss auf nachfolgende Autoren,, vo vor allem auf die spätere "Perry Rhodan"-Serie,, ha hatte "Sun Koh – Der Erbe von Atlantis”, einee M Mischung aus Science-Fiction und Fantasy. Diesee le legendäre Heftromanserie mit 150 Folgen wurdee vo von Paul Alfred Müller unter dem Pseudonym Lok Myler 1933 bis 1936 für fü den Bergmann Verlag in n Leipzig geschrieben und war damals weit verbreitet.. Sehr obskur mutet heute die „Hohlwelttheorie" an,, die Müller damals vehement vertreten hatte (und später sogar bei Perry Rhodan einführen wollte). Demnach befindet sich der uns bekannte Weltraum im Inneren der Erde! Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Deutschland schon 1948 einige wagemutige Autoren, die sich an Zukunftsromane herantrauten, darunter Karl-Herbert Scheer, der 1961 die "Perry Rhodan"-Serie mitbegründete. Es erschienen Fortsetzungsromane in Illustrierten und ebtheit erfreuten D vor allem auch Leihbücher, die sich großer Beliebtheit erfreuten. De Derr Begriff „Science-Fiction” tauchte erst in den späten 1950er Jahren auf und etablierte sich nur langsam. Bis dahin hieß diese Gattung „Zukunftsroman”, „Wissenschaftliche Fantastik”, „Utopische Literatur”, „Fantastische Literatur” oder einfach nur „Zukunftsliteratur”. Spektakuäre Ereignisse beflügelten die Science-Fiction-Szene und sorgten für wachsende Nachfrage bei Heftromanen: 1957 startete der russische Satellit Sputnik, kurz darauf folgte Sputnik 2 mit der Hündin Laika an Bord. 1961 startete Juri Gagarin als erster Mensch ins All – und als Folge verkündete US-Präsident John F. K Kennedy noch im selben JJahr, der erste Mensch aauf dem Mond müsse eein Amerikaner sein. Es eentstand ein regelrechtes W Weltraumfieber, angefa facht durch ständige B Berichte in den Medien ü über Raketenstarts in Ost u und West. GoodTimes

Im Jahr 1953 veröffentlichte der Pabel-Verlag in Rastatt das erste deutsche SScience-Fiction-Magazin als Heftroman, den "Utopia"-Sonderband. Bis zzur Einstellung 1968 gab es diverse Ableger: "Utopia"-Zukunftsroman, ""Utopia"-Großband, "Utopia"-Kriminal und "Utopia"-Magazin. In der R Reihe "Utopia"-Großband wurden von 1954 bis 1963 namhafte Autoren eerstmals in deutscher Übersetzung publiziert, etwa Isaac Asimov, Arthur C C. Clarke und auch Robert A. Heinlein. Allerdings wurden Romane und N Novellen stark gekürzt, um auf den typischen H Heftroman-Umfang von 64 Seiten zu kommen. Z Zwischendurch veröffentlichten auch der spätere N Nasa-Wissenschaftler Jesco von Puttkamer oder eein Mann namens Clark Darlton (bürgerlich: Walter E Ernsting) eigene Romane. Ernsting hatte viele der aamerikanischen Autoren übersetzt. Sein Verleger E Erich Pabel hatte zuvor seine Romane abgelehnt, als aangebliche Übersetzung eines amerikanischen Autors eerschien sein Debüt "Ufo am Nachthimmel” 1955 d dann aber doch als "Utopia"-Großband Nummer 1 19. Die "Utopia"-Reihe wurde zusehends zu einer P Plattform für eine sich immer stärker entwickelnde deutsche ScienceF Fiction-Szene mit jungen Autoren, die meist unter Pseudonym schrieben. Diese Reihe enthielt Sub-Serien wie "Mark Powers", "Jim Parker" und "Captain Future". Ab 1953 erschienen in der "Ut "Utopia"-Reihe die ersten "Jim Parker"-Romane in unr unregelmäßigen Abständen. Die Reihe brachte es in den folgenden fünf Jahren auf 58 Folgen. Die amerikanische Reihe "Captain Future" ist als "C "Captain Zukunft” ebenfalls erstmals im Rahmen vo "Utopia"-Großband erschienen. Die klassische von Pu Pulp-Serie von Edmond Hamilton kam in den US zwischen 1939 und 1951 auf 27 Ausgaben, USA w wovon zunächst 19 Romane vom Pabel-Verlag ins D Deutsche übersetzt wurden. Die ersten Abenteuer e erlebte "Captain Zukunft" "Ut 1961 alss "Utopia"-Großband Nr. 142, es folgten bis 1963 weitere 18. "Mark Powers" brachte es immerhin auf 78 H Heftromane, die von 1962 bis 1966 im PabelVe Verlag erschienen. Die Serie war einer der vielen Ve Versuche, den Erfolg des damals konkurrierenden M Moewig-Verlags mit der "Perry Rhodan"-Serie zu k ko kopieren. Zunächst wurden 17 Ausgaben in der Reihe "U "Utopia" veröffentlicht. Dabei war jedes zweite He zwischen den Bänden 320 bis 352 ein Heft "M "Mark Powers"-Roman. 1962 wurde die Reihe aus b wieder i d iin di ausgegliedert und als eigene Serie publiziert, 1964 aber die "Ut "Utopia"-Reihe integriert. Kurios: In der Romanhandlung taucht eine am amerikanische Raumstation namens "Wernher von Braun" auf! Verfasst wu wurden die Romane von 16 verschiedenen Autoren, darunter Paul Alfred Müller ("Sun Koh”) unter dem Pseudonym Freder van Holk und die RhodanAutoren H.G. Francis und W.W. Shols. Daher kam es immer wieder zu inhaltlichen Widersprüchen, die bei den Fans für Verärgerung sorgten. Erst nach 17 Ausgaben wurde eine Exposé-Redaktion eingeführt, die eine kontinuierliche Geschichte ermöglichte, aber das finale Aus im Oktober 1966 auch nicht mehr verhindern konnte. biss Die Heftserie "Ad Astra" erschien von 1967 bi 1968 in der "Utopia"-Reihe, kurz nach dem Ende der Serie "Rex Corda" aus dem Bastei Verlag. Sie wurde vom selben Autorenteam geschrieben. Auch "ZBV" (Abkürzung für „Zur besonderen Verwendung”), eine am Ende 50-bändigee Roman-Serie des Autors Karl-Herbert Scheer,r,, er erschien als Heftnachdruck ab 1957 in der ie Reihe "Utopia"-Zukunftsroman. Zuvor waren die 2/2011

Seite

67


Moewig startet "Terra" und "Perry Rhodan" In Konkurrenz zur "Utopia"-Reihe im PabelVerlag startete 1957 der Moewig Verlag, damals noch bei Heyne in München ansässig, die Reihe "Terra" Utopische Romane. Das erfolgreiche Konzept wurde einfach kopiert und eine Mischung anglo-amerikanischer Autoren wie Robert A. Heinlein, Ben Bova oder sogarr it deutschen n Au Aut toren Marion Zimmer-Bradley ("Nebel von Avalon”)) m mit Autoren unter der Marke "Terra" veröffentlicht. Moewig sicherte sich über diese T Talentschmiede einen großen Stamm an deutsc schen Autoren, von denen nicht wenige später a auch an "Perry Rhodan" mitarbeiteten: Ernst V Vlcek, William Voltz, Hans Kneifel, Kurt Mahr, H Ewers und viele andere. H.G. Wie bei "Utopia" wurde auch die "Terra"-Reihe in verschiedene Serien aufgeteilt: "Terra"-Utopische R Romane (1957–1968), "Terra"-Sonderband (1958– 1 1965), "Terra-Extra" (1962–1968) und "TerraN Nova" (1968–1971). Typisch für die ständige W Wiederverwertung der Romane: Die Bestseller der "T T "Terra"-Romane wurden in der Reihe Terra Extra n aufgelegt und erschienen im Wechsel mit neu de normalen Bänden. den Der große Wurf gelang Moewig 1961, dem Ja Jahr, als Juri Gagarin in den Weltraum flog un daraufhin Präsident Kennedy eine bemannund te Mondlandung ankündigte. Die Eroberung de Weltraums wurde nun sehr schnell sehr des ko konkret. Verleger Rolf Heyne persönlich gab die Entwicklung einer neuartigen ScienceFic Fiction-Romanserie in Auftrag. Es sollte eine For en Fortsetzungsreihe mit einem feststehenden Helden geschaffen werden. wer Die beiden bekanntesten Autoren wurden ins bayerische Irschenberg in Klausur geschickt: Karl-Herbert Scheer, der zuvor mit "ZBV" schon Serienerfahrungen gesammelt hatte und 1958 mit dem deutschen Hugo Award ausgezeichnet wurde, und der Übersetzer und Autor Walter Ernsting, der als Clark Darlton bereits zahlreiche Heftromane verfasst hatte. Beide waren in der Fanszene gut vernetzt, Scheer hatte Mitte der 1950er Jahre diee n Interessengemeinschaft Stellaris aus der Taufe gehoben, Clark Darlton d war 1955 Gründungsmitglied des Science Fiction Clubs Deutschland (SFC (SFCD). e, Sie entwickelten die "Perry Rhodan"-Serie, die seit dem 8. September 1961 wöchentlich ch ersc erscheint – bis heute! Ende September 2011 wird mit einer großen Veranstaltung ("WeltCon”) der 50 Geburtstag der Serie gefeiert. Dann sind 50. me als 2600 wöchentliche Fortsetzungsromane mehr ers erschienen, teils in fünf Auflagen und begleitet vo rund 500 Taschenbüchern sowie mehr als von 10 Hardcover-Büchern. Das hatte 1961 natür100 lic niemand vorausgesehen, ursprünglich waren lich Seite

68

20, maximal 50 Heftromane angestrebt. Für den Erfolg gibt es – im Nachhinein betrachtet – viele gute Gründe. Scheer hatte die Planung der Exposés übernommen, und er tat dies sehr gündlich und vorausschauend mit Vorgaben bis Band 647. Um was es ihm beim Start der Serie im Jahr 1961 ging, das brachte er 1986 in einem Werkstattbericht zu Papier: „Wenn ich eine Geschichte der Menschheit in der Zukunft entwickeln soll, so hat sie in unserer Jetztzeit zu beginnen; mit dem bemannten Mondflug, begreifbarer und realistischer Perry Rhodans Freund Technik, die nach und nach ausgebaut wird. Atlan erhielt 1969 eine eigene Serie. I Ich werde demnach nicht mit dem 120. Stockwerk beginnen, sondern mit dem soliden Fundament." Gegenüber allen anderen Serien, die den Erfolg kopieren wollten ("Ren Dhark", "Mark Powers", "Rex Corda"), war dies der entscheidende Unterschied.

D Der Star unter den Illustratoren: J Johnny Bruck In Johnny Bruck hatte die "Perry Rhodan"-Serie einen der besten Illustratoren gewonnen. Nicht wenige Leser griffen in den Kiosken der 1960er Jahre zu "Perry Rhodan", weil ihnen das Titelbild einfach am besten gefiel. Sogar TV-Moderator Thomas Gottschalk wird in dem Johnny-Bruck-Buch “Herr über 3000 Welten” zitiert, dass er die Heftromane stets wegen der Titelbilder gekauft habe. Johnny Bruck hatte den Beruf des Photolithografen erlernt und traf im Zweiten Weltkrieg in einem Lazarett den Zeichner Hans Liska, der ihn sehr inspirierte. Nach dem Krieg zeichnete Bruck verschiedene Cover für Johnny Bruck im Jahr 1968 Heftserien und arbeitete als Journalist für Tageszeitungen. Seine private Leidenschaft wurde die Tiermalerei, was in etlichen seiner SF-Titelbilder immer wieder durchscheint, wenn exotische außerirdische Wesen immer besonders lebendig erscheinen. Foto © Dirk Hess

fu futuristischen SpionageG Geschichten als gebund denes Leihbuch im B Balowa Verlag erschien nen. Weitere Ausgaben g gab es in der TerraSSF-Reihe des Moewig V Verlags, dem größten P Pabel-Konkurrenten, der aaber 1972 – nach der Fusi Fu sion on beiderr Hä Häuserr durch den Bauer Verlag – die Reihe als Fusion Taschenbuch erneut veröffentlicht. Die "ZBV"-Serie wurde 1980 mit Erscheinen von Band 50 eingestellt. An der Serie arbeiteten ebenfalls die "Perry Rhodan"-Autoren Kurt Mahr, H.G. Francis und William Voltz mit.

Bastei kontert mit "Rex Corda"

"Perry

Rhodan"

Im unüberschaubaren Markt der Heftromanee war und ist der Bastei Verlag bis heute einerr n der ganz großen Anbieter. Damals noch in Bergisch-Gladbach ansässig (heute in Köln),, beobachtete man den Erfolg von "Perry Rhodan" sehr genau und entschloss sich, eine n ähnliche Serie zu star starten. Das Ergebnis war "Re "Rex Corda – Der Retter der Erde”. Insgesamt 38 Hefte erschienen 19 or 1966/67. Hauptautor wa H.G. Francis, der die Serie mit Manfred war W Wegener konzipierte. Initialzündung war eine Re Redaktionskonferenz des Ke Kelter Verlags für "Ren D Dhark", an der die beid den als Co-Autoren beteiligt war waren. Die Grundlage für die Handlung bildete der kurz zuvor publizierte Heftroman von Francis, "Die Horden aus dem All" (1966, in der Reihe ZauberkreisSF). Die Titelbilder fertigte Hans Möller, über den ansonsten wenig bekannt ist. Mit "Perry Rhodan" und "Ren Dhark" gehört die ScienceFiction-Serie "Rex Corda" zu den drei wichtigsten Heftserien der 60er Jahre.

GoodTimes

2/2011


Zweiter Versuch mit "Commander Scott"

Bedrohung durch "Neue Medien”

In den 1970er Jahren versuchte der Bastei Verlag erneut, eine SF-Heftroman-Serie zu etablieren: "Commander Scott", eine deutschamerikanische Science-Fiction-Reihe, erschien in 42 Ausgaben 1975/76. Sie basierten auf den Übersetzungen der US-Serie "Cape Kennedy", deren 18 Ausgaben durch neue, eigene Romane des Bastei Verlags ergänzt wurden. Fans haben herausgefunden, dass "Cape Kennedy" die amerikanische Antwort auf "Perry Rhodan" war, als versucht wurde, diesen auch ab 1968 in den USA zu etablieren. Bis Ausgabe 22 hieß die Serie "Commander Scott – Agent der Erde", ab Band 23 lautete der Titel dann "Commander Scott – Die WeltraumAbenteuer des Agenten der Erde".

"Raumschiff Enterprise" ("Star Trek") debütierte 1966 auf dem Höhepunkt des Weltraumfiebers. Obwohl Isaac Asimov als wissenschaftlicher Berater engagiert wurde, sind die Handlungen der frühen Folgen dennoch nicht sehr Science-Fiction-typisch. Trotzdem war es die erste weltweit erfolgreiche Serie des Genres. Damals spektakulär: ein Kuss n Frau,, der d zwischen einem weißen Mann und einer schwarzen erstmals im US-Fernsehen gezeigt wurde – ein schönes Beispiel für einen in der Science-Fiction häufig anzutreffenden kosmopolitischen Humanismus. In Deutschland liefen Mitte der 1960er sieben Folgen der "Raumpatrouille" mit dem Raumschiff Orion und seiner Mannschaft, die eine vergleichbare personelle Zusammensetzung aufwies. Damals ein Straßenfeger mit TV-Einschaltquoten teilweise bis zu 60 Prozent. Die bisher langlebigste Science-Fiction-Serie "Doctor Who" startete 1963 in Großbritannien p Es ist die und wurde dort eine der beliebtesten Fernsehserien überhaupt. Geschichte eines Zeitreisenden und seiner Begleiter. Der bahnbrechende Kinofilm "2001: Odyssee im Weltraum” schließlich – und später dann vor al allem auch "Star Wars” – führten zu einer Krise der Sc Science-Fiction in den Heftromanen: Audiovisuelle M Medien bis hin zu heutigen interaktiven Spielen w wurden immer dominanter. Heftroman-Reihen wie "T "Terranauten” (Bastei) "Gemini” oder "Hallberg Sc Science Fiction” und Verlage wie Zeitkugel, Erber, od Schälter konnten sich gegen die neuen oder M Medien nicht durchsetzen. "Unser Mann im All” fliegt unterdessen immer we for orm m iist st di die wö wöch chen ent weiter: Die größte Science-Fiction-Serie in Romanform wöchentlich erscheinende Serie "Perry Rhodan", die seit 1961 kontinuierlich am liche Ma ist – auf gedrucktem Papier ebenso wie parallel als E-Book oder Markt Hö Hörbuch. Ein echter Star des Genres, dem heute nur noch wenige Reihen an den Kiosken zur Seite stehen. Marktführer "Perry Rhodan" erscheint im Pabel-Moewig-Verlag, einem von lediglich drei Heftroman-Verlagen, die es noch gibt. Der Kelter Verlag, einst das Stammhaus von "Ren Dhark", setzt auf Adel, Liebe, Heimat und allenfalls noch ein paar Western, aber hr. publiziert seit langem keine Science-Fiction mehr. hn Bastei unterhält mit "Jerry Cotton" und "John d Sinclair" seit Jahrzehnten erfolgreiche Reihen und n ist aktuell sogar mit zwei Science-Fiction-Reihen an den Kiosken: "Maddrax" und "Sternenfaust". Haben Heftromane also doch eine Zukunft? Diee Verkaufszahlen an den Kiosken sollen trotz E-Bookk & Co. stabil sein. Der Charme kultiger Unterhaltung, verpackt in aufregende Titelbilder, animiert offena bar auch heute noch viele zum Kauf und Lesen! Kaufen

Kelter Verlag: "Ren Dhark" Schon 1938 wurde in Leipzig der Kelter Verlag gegründet, der 1946 in Hamburg von der britischen Militärregierung die Lizenz zum Wiederaufbau des Unternehmens erhielt. Als erster deutscher Verlag nach dem Krieg verbreitete Kelter schon 1948 Romanhefte im Zeitschriftenhandel. Die bekannteste Science-Fiction-Serie ist bis heute "Ren Dhark", dessen erstes Heft am 1. August 1966 erschien. In den folgenden drei Jahren hat Autor Kurt Brand, der zuvor noch bei "Perry Rhodan" geschrieben hatte, mit seinen Co-Autoren 98 "Ren Dhark"-Romane herausgebracht. Die Serie wurde dann jedoch eingestellt. In den 1990er Jahren fanden sich unter Leitung von Hajo F. Breuer einige Autoren zusammen, die seither in Buchform an der Fortschreibung von "Ren Dhark" arbeiten. Natürlich war auch "Ren Dhark" als Konkurrenz zu "Perry Rhodan" gestartet. Im Gegensatz zu vielen anderen Reihen gibt es hier aber markante eigene Charakteristika: das ringm Durchmesser von 180 förmige Schiff namens "Point Of” etwa mit einem Metern, das auf einem fernen Planeten in einem Höhlensystem gefunden wurde und viele Geheimnisse birgt. Ein so genannter Reizstrahl stellt die optische Verbindung nach „draußen" her, geschossen wird mit einer „Wuchtkanone", geflogen mittels einer Gedankensteuerung – abenteuerbetonte Science-Fiction im Stil der 1950er und 1960er Jahre. Typisch für diese Zeit: Neue technische Entwicklungen werden nicht als Bedrohung, sondern als Chance dargestellt.

Kleinverlage und das Raumschiff Promet Ein schönes Beispiel für den hektischen Markt der Heftromane ist "Raumschiff Promet", an den Kiosken von 1972 bis 1974 erhältlich. Die man". ersten 20 Nummern hatten den Titel "Science Fiction Zukunftsroman". A dem Band 21 trug sie nach dem Ab K Konkurs des Andromeda Verlages und der Ü Übernahme durch den Astro Verlag den T Titel "Astro Sonderband". Zunächst unter d Titel "Arn Borul – von Stern zu Stern" dem e er erschienen, firmierte dann der bekannteree R Reihenname "Raumschiff Promet" gleich-b berechtigt mit dem Heftroman-Reihentitel.. N g Nachdem Chef-Autor Kurt Brand vom Verlag k rkeine Honorare mehr bekam, verweigerte te er die Herausgabe weiterer Manuskripte En der Serie. Geplant war zu dieser Zeit, eit, – das war dann das Ende dass das Raumschiff abstürzen und sich eine neue Handlung mit dem "Raumschiff Titan" anschließen sollt Die Serie ging Jahrzehnte später sollte. den dennoch weiter und erscheint seit einigen Jah Jahren in Buchform mit alten und neuen Ges Geschichten. Eine Gruppe von Autoren sch schreibt bis heute unter Leitung von Ma Manfred H. Rückert im Stil einer actionreich Space Opera vor dem Hintergrund chen de klassischen "Promet"-Serie. der

Surf-Tipps im Internet: www.perry-rhodan.net www.bastei.de www.groschenhefte.net www.transgalaxis.de www.romantruhe.de


kult!

Bücher

Von Alan Tepper

Kultbücher – Geschätzt, geliebt, gelobt S

haben sich, bis auf die Ausnahme eines Neuzugangs", im Lite" raturkanon etabliert. Auch wenn man sie noch nicht gelesen hat, klingt der Titel vertraut oder wurde sogar – wie im Fall von George Orwells Roman "1984" – zu einem Begriff, der in die Alltagssprache einsickerte. Kultbücher sind wichtig, machen Spaß, bilden und bieten genügend Grundlagen für eine angeregte Diskussion ...

Jean-Paul Sartre – "Die Wörter"

Preston & Child – "Fever: Schatten der Vergangenheit"

A

b Mitte der fünfziger Jahre setzte sich in Europa die Philosophie des Existenzialismus als eine der wichtigsten geistigen g durch. Neben Albert Camus und Simone de Beauvoir, mit Strömungen d der er eine tiefgreifende B Beziehung pflegte, zählte JJean-Paul Sartre (21. Juni 1905–15. April 1980) zu d den wichtigsten Vertretern d dieser Schule. Er verfasstte mit den Theaterstücken ""Geschlossene Gesellschaft" o oder "Die respektvolle Dirne", seinem philosophisschem Hauptwerk "Das Sein und das Nichts" u und einem Roman wie "Der Ekel" bedeutende SSchriften, h ift iin d denen er leidenschaftlich seine Gedankengänge vermittelt. Mit "Die Wörter" leitete der kettenrauchende Intellektuelle die autobiografischen Texte ein. In diesem Werk erzählt er von seiner Kindheit, den Erfahrungen mit der Literatur und den alltäglichen Tagträumen, ohne sich dabei selbst zu zensieren. Gerade die Schonungslosigkeit, mit der er seine Gefühlswelt dokumentiert, erlaubt einen Einblick in den Geist eines der bedeutendsten Denkers des 20. Jahrhunderts. Nicht immer einfach zu lesen, dafür umso aufschlussreicher.

D

as Autorenteam Douglas Preston und Lincoln Child veröffentlicht seit über 15 Jahren niveauvolle Krimis, bei denen manchmal g auch die Grenze zur Fantastik überschritten wird. Abgesehen von den Wissenschaftsthrillern "Mount Dragon" oder "Thunderhead" hat sich die Serie um den FBI-Spezialagenten Pendergast durchgesetzt, die mit diesem Band ihre zehnte Veröffentlichung feiern kann. Nach dem Highlight "Formula" (2003) und der spannenden Trilogie "Burncase" (2005), "Dark Secret" (2006) und "Maniac" (2007) muss i h T d seiner i F sich Pendergast im aktuellen „Fever“ mit dem tragischen Tod Frau auseinandersetzen. Während der Ermittlungen wird ihm klar, dass er sie nie gekannt hatte, denn Helen untersuchte in ihren letzten Monaten eine unbekannte Fieberkrankheit des 19. Jahrhunderts, die als Nebenwirkung einen kurzfristigen Intelligenzschub bescherte. Als Pendergast kurz vor der Lösung des Rätsels steht, beschleunigen sich die Geschehnisse, und er muss erkennen, dass gegen ihn ein Komplott ungeahnten Ausmaßes geschmiedet wurde. Ein Pageturner, der höchstens zwei Abende „hält".

Joseph Conrad – "Herz der Finsternis"

Christiane F. – "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"

M

1

it dem Vietnamkriegsdrama "Apocalypse Now" (1979) von Francis Ford Coppola erlebte nicht nur der Song "The End" von den Doors eine Renaissance, auch rückte ein Klassiker der Weltliteratur wieder ins öffentliche Bewusstsein, auf dem der Film basierte – "Herz d der Finsternis" des Autors Joseph Conrad (3. D Dezember 1857–3. August 1924). Conrad schild dert in dem Werk die Reise des Kapitäns Marlow iin die Tiefen des Kongo. Dort trifft er den Händler K Kurtz, der mit unvorstellbarer Brutalität das Land u und besonders die Menschen ausbeutet, der das u ultimative Böse, aber auch d den Kapitalismus in seiner g grausamsten Form symbollisiert. Marlow ist zuerst ffasziniert, dann abgestoß d d h die di Begegnung B ßen, denn durch erkennt er die eigenen Schattenseiten. "Herz der Finsternis" als einen den Kolonialismus anprangernden Roman zu interpretieren, ist legitim, doch reduziert ihn auf nur einen Aspekt. Die andauernde Faszination liegt in der durchgehend bedrückenden Atmosphäre und der psychologischen Tiefe der Hauptfiguren, die den Leser fesseln und zu einer eigenen Spurensuche animieren. Seite

70

Foto: © Ullstein Buchverlag GmbH

ie nehmen im Regal einen Sonderplatz ein, werden gerne empfohlen und fast immer mehrmals gelesen: Kultbücher. Es ist egal, ob es sich nun um einen Karl-May-Schmöker aus der Kindheit handelt, ein Werk, das in den Teenagerjahren eine Veränderung anstieß, oder um ein hochtrabendes philosophisches Essay – wichtig ist die persönliche Relevanz. Die folgenden Kultbücher

978 erschien mit der Autobiografie von Christiane F. ein Buch, das den Blick der Öffentlichkeit auf ein Thema lenkte, das bis zu dem Zeitpunkt weitgehend verschwiegen wurde – der Drogenmissbrauch, insbesondere en. Die beiden "Stern"Stern von Heroin, unter Jugendlichen. Reporter Kai Hermann und Horst Rieck lernten Anfang 1978 die damals 15-jährige Protagonistin (geb. 20. Mai 1962) kennen und führten mit ihr zwei Monate lang Interviews, bei denen sie Kai Hermann unverblümt über ihr Leben sprach. Ein zerrüttetes Elternhaus, die ersten Drogenerfahrungen, die Abschottung in einer Fixer-Clique und der psychische, soziale und physische Abstieg, der das junge Mädchen zur d iin D t hl d bi Prostitution auf dem Babystrich zwang, wurden Deutschland bis dahin noch nie so schonungslos und offen dokumentiert. Der Tod von nahen Freunden, ein verzweifelter Schuss auf dem Bahnhofsklo, Entzug und eine ungewisse Zukunft erschütterten ein Millionenpublikum, nicht zuletzt wegen der Verfilmung 1981, deren Soundtrack den Titel "Heroes" von David Bowie enthielt. Ein Zeitdokument, das nichts an Brisanz verloren hat.

GoodTimes

2/2011


George Orwell – "1984"

B

ig Brother is watching you!" Kaum ein „ Roman des zwanzigsten Jahrhunderts hat so einen schlagkräftigen Slogan hervorg g Orwells (25. Juni 1903 gebracht wie George – 21. Januar 1950) " "1984". Zusammen m mit Ray Bradburys " "Fahrenheit 451" u und Aldous Huxleys " "Schöne neue Welt" z zählt das Werk zu d den bekanntesten D Dystopien (AntiU Utopien), die nicht e ein positives Bild d der Zukunft malen, d ti sondern auff negative Tendenzen und Entwicklungsmöglichkeiten hinweisen. Von den Erfahrungen mit den autoritären Systemen des Stalinismus und des Faschismus aufgewühlt, veröffentlichte Orwell zuerst die Parabel "Farm der Tiere" und danach "1984" (1949). In dem Roman entwirft er das pessimistische Zukunftsbild eines Überwachungsstaates, der seine Bürger einer permanenten Gehirnwäsche unterzieht. Schon allein der Wunsch nach einer anderen sozialen Ordnung wird als Straftat, als „Gedankenverbrechen"

eingestuft. Der Protagonist Winston Smith arbeitet im „Ministerium für Wahrheit", in dem er Daten manipuliert. Durch die Begegnung mit Julia, einer Frau, die sich gegen das System stellt, und der daraus erwachsenden Liebesbeziehung, entwickelt er eine Aversion und Hass gegen die Obrigkeit und stellt diese in Frage. Doch die beiden werden verraten, gefoltert und umerzogen. Smith „erkennt" am Ende der Handlung, dass Big Brother „im Recht ist". "1984" löste eine lang anhaltende Kontroverse aus, besonders in den USA. Die amerikanische PsychedelicRockband Spirit benannte in den Sechzigern einen ihrer Titel nach dem Roman, schrieb einen sozialkritischen Text und handelte sich damit einen Radioboykott ein. Auch im Jahr 2011 hat "1984" nichts an Wirkung verloren, lebt von der emotionalen Darstellung der Gegensätze des Individuums auf der Suche nach einem selbstbestimmten Leben und des ihn unterdrückenden Staates. Allerdings haben sich die Mechanismen heute geändert. Wollte während der Volkszählung in den achtziger Jahren fast niemand seine persönlichen Daten preisgeben, geschieht das mittlerweile in den sozialen Netzwerken mit schon fast manischer Zwanghaftigkeit. „Big Brother is watching you!"

Paul Watzlawick – "Anleitung zum Unglücklichsein"

I

n den USA ist der Gang zum Psychologen schon lange eine Alltäglichkeit, die kaum mehr erwähnt wird. In Europa konnte sich die Psychologie erst in den letzten Jahren von einer nicht ernstzunehmenden Wissenschaft zu einer anerkannten Disziplin wandeln und etablieren. Auch die Psychoanalyse und d deren verschieden ne Therapieansätze finden allgemeinen Z Zuspruch, obwohl E Erkrankte von einem T Teil der Bevölkerung o oft noch in Zusammenhang m mit „verrückt" oder „verweichlicht" kkategorisiert werd den, wie das trag gische Beispiel d ßb ll R b t Enke zeigt, der des F Fußballers Robert seine schwere Depression aus Angst vor Repressalien vor der Öffentlichkeit geheimhielt. Die Studentenbewegung „entdeckte" Autoren wie den „Übervater" der Psychologie, Sigmund Freud, C.G. Jung, Vertreter der Archetypenlehre und Wilhelm Reich ("Die Funktion des Orgasmus") Ende der Sechziger und setzte sich intensiv mit deren Theorien auseinander. Das war aber harter akademischer Stoff, kaum geeignet, ein breites Publikum anzusprechen. Der Psychoanalytiker Paul Watzlawick (25. Juli 1921–31. März 2007) ver-

fasste mit "Anleitung zum Unglücklichsein", 1983 in Deutschland erschienen, das erste Buch, in dem die Wissenschaft dem Leser humorvoll, lebendig und unterhaltsam präsentiert wurde. Und was besonders zählt: ohne Fachgedöns und Theoriegeschwafel. Die sich selbst erfüllenden Prophezeiungen, die Geschichte mit dem Hammer, in der eine Mann durch selbst erfundene und falsche Gedankenkonstrukte seine Nachbarn anpöbelt, oder Paradoxien wie der Spruch „Sei spontan" (niemand kann spontan sein, wenn er erst dazu aufgefordert werden muss) sind nur drei von zahlreichen Beispielen, durch die Watzlawick seine Leser in ein hochkomplexes Thema einführt, ohne dabei den Unterhaltungswert vermissen zu lassen. Seit Erscheinen der "Anleitung zum Unglücklichsein" ist das Buch ohne Unterbrechung lieferbar gewesen, was natürlich einer Auszeichnung gleichkommt. Neben der Vermittlung psychologischen Wissens erhöhen auch die Ausflüge in der Welt der Literatur (William Shakespeare, Lewis Carroll oder George Orwell) den Wert des Kultklassikers, mit dem zugleich das Infotainment etabliert wurde.


IST DIE BESTE! Von Horst Berner ner

TIERISCHE WESTERNSAGA – made in Antwerpen Mit 992 Ausgaben, die zwischen 1965 und 1985 im Bastei Verlag erschienen sind, zählt "Bessy" zu den langlebigsten Comicserien in Deutschland. Entstanden ist die Reihe um den jungen Andy Cayoon und seine treue Colliehündin im Studio des großen belgischen Altmeisters Willy Vandersteen (1913-1990). Dessen Signatur ziert auch so klassische Werke wie "Suske und Wiske", "Wastl", "Karl May", "Der Rote Ritter", "Safari" oder "Thyl Ulenspiegel". Sie haben dazu beigetragen, dass dem flämischen Künstler schon zu Lebzeiten das Attribut eines "Brueg(h)el der Comics" zugeordnet wurde.

W

er in den 1960er Jahren aufwuchs und sein Herz an bunte Comic-Schmöker verloren hat, ist fast zwangsläufig mit "Bessy" in Berührung gekommen. In seinen erfolgreichsten Zeiten präsentierte sich das 32-Seiten-Heft mit dem plakativen Titelbild – kreisrunde Hundevignette und weißes Logo auf leuchtend rotem Fond – Woche für Woche an jedem Kiosk in der Republik. Meist lag es dort gleich neben "Felix", dem anderen Knüller aus dem Verlagshaus in Bergisch Gladbach. „FELIX-Freunde lieben BESSY!" heißt es in einer zeitgenössischen Anzeige für Band 9 "Die Geister der Roten diin un und d Grotte"; dies war nicht übertrieben, denn bevor es die Hündin ihr Herrchen zur eigenen Heftreihe brachten, erschienen nicht weniger als 44 „packende Abenteuer mit Bessy und Andy" in den "Felix"-Bänden 135 bis 331. Erstmals zu sehen waren die "Bessy"-Comics allerdings in "Pony", einer kurzlebigen, zwischen Oktober 1958 und Juli 1960 ebenfalls von Bastei publizierten Illustrierten. Eine Komplettausgabe dieserr insgesamt 49 Nummern – von denen 45 "Bessy"-Folgen ent--

h ha halten – gilt heute als fast unauffindb ba bare, vor allem aber unerschwingliche R Ra Rarität, die für Tausenden von Euro g ge e gehandelt wird. Herkunftsland der "Bessy"G Ge Geschichten ist einmal mehr das Co Comicparadies Belgien. Bekanntlich besitzen dort die Bildstreifen („bandes dessinées" oder kurz BD’s) nicht nur eine lange Tradition, sie wurden ähnlich wie in Frankreich auch schon früh als eigenständige Kunst- und Literaturform anerkannt und erfreuten eine zahlenmäßig große Leserschaft. Erdacht hat die Westernsaga der am 15. Februar 1913 in Antwerpen geborene Willy Vandersteen. Angeregt dazu hat ihn, man ahnt es, der wohl bekannteste Hund aller Zeiten, "Lassie". 1938 von Eric Knight (1897–1943) für die Kurzgeschichte "Lassie Come Home" geschaffen, wurde die Colliehündin durch Radiohörspiele zwischen 1947 und 1950, zahlreiche Verfilmungen im Kino ab 1943 und speziell im Fernsehen (ab 1954) zum Inbegriff einerr


Nachzeichnungen der Filmhandlungen en en gestatten würden. Dem gewieften e en Macher aus Antwerpen, der selbst einen u Collie namens Bessy besaß, war das zu r rdürftig. Mit einem Kunstgriff realisierte er daher seine Wunschvorstellung,, h indem er die gute "Lassie" einfach zur guten "Bessy" mutieren ließ. Mitt seinem Mitarbeiter Karel Verschuere (1924–1982) fertigte er unter dem gemeinsamen Pseudonym Wirel (was für Willy und Karel stand) eine erste Story, die am 24. Dezember 1952 sel elerr in der französischsprachigen Brüsseler ä Tageszeitung "La Libre Belgique" präsentiert wurde. Zur Einleitung hieß es in "Les Pionniers" / "Die Pioniere": „In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts verschlägt es die Familie Cayoon in ein einsames Gebiet, inmitten einer romantischen, aber bedrohlichen Natur. Marc Cayoon musste in seinem Leben so viele Fehlschläge erleiden, dass er beschlossen hatte, Europa zu verlassen. Mit Jenny, seiner Frau, und Andy, seinem Sohn, hofft er auf eine neue Existenz. Die Colliehündin Bessy leistet ihnen Gesellschaft …"

"Bessy"-Seite aus "Felix", Band 229.

Abb.: © 2011 Standaard Uitgeverij, Antwerpen

neuen Heldin. Wie selbstverständlich befreite sie Menschen aus brenzligen Situationen und entwickelte sich damit zum „Musterbeispiel aller Serien, in denen schlaue Tiere Kinder aus Löchern oder brennenden Häusern retteten, Ganoven fingen und andere Tiere vor dem Verbluten bewahrten, indem sie schlicht angelaufen kamen und bellten (oder wieherten, schnatterten etc.), was ihr bester Freund, meist ein kleiner Junge, sofort richtig deutete" – so das "Lexikon des Internationalen Films" sehr treffend. Dies klingt ganz deutlich nach den unkomplizierten Zutaten, aus denen sich in den 1950er Jahren auch ein Originalseite von "De Pioniers". erfolgreicher Comic konzipieren ließ. Und Vandersteens ursprüngliche Idee war tatsächlich, "Lassie" zum Star einer Stripserie zu machen. Womöglich hat ihn dazu der 1951 von Metro-Goldwyn-Mayer produzierte Kinofilm "The Painted Hill” / "Lassie und die Goldgräber” animiert, der das bekannte Thema recht frei auslegte und ansonsten eher auf spannende Elemente wie einen Goldfund und reichlich Intrigen in freier Wildbahn setzte. Als Vandersteen seine persönliche Interpretation MGM vorschlug, gaben ihm die Verantwortlichen in Hollywood aber unmissverständlich zu verstehen, dass sie lediglich genaue GoodTimes GoodTi Goo dTimes dTi mes

Mit zwei Streifen pro Tag, was im späteren Albumnachdruck einer halben Comicseite entspach, erschienen die weiteren Folgen. Rasch zog die vor exotischer Abenteuerlust sprühende Serie die Leser in ihren Bann. Zum großen Erfolg beim jugendlichen Publikum trugen neben einer spannenden Wildwest-Handlung und den einfach formulierten Texten die klar strukturierten, realistischen Zeichnungen bei. Ein Jahr später, am 17. Dezember 1953, gelangten "De Avonturen van Bessy" dann auch endlich in ihrer eigentlichen Originalfassung in "Ons Volk" zur Publikation. Woche für Woche wurde jeweils eine Seite abgedruckt, wobei als Urheber des Comics nun erstmals das "Studio Vandersteen" genannt war. Nach und nach entwickelte sich "Bessy" zu einem nationalen Phänomen, während die Verlage Erasme und Standaard die einzelnen Episoden als Albumausgaben auf Französisch und Niederländisch unters Volk brachten. Zwischen 1952 und 1966 haben Karel Verschuere und Willy Vandersteen knapp "Bessy"-Seite aus "Ons Volk". 70 "Bessy"-Titel kreiert (siehe Liste), die heute als klassischer Grundstock der Serie gelten. Die immense Popularität von "Bessy" wirkte natürlich bald über die Grenzen des Landes hinaus. In Deutschland führte dies zur eingangs beschriebenen Zusammenarbeit mit dem Bastei Verlag. Im Februar 1965 kam dann mit "Das Geheimnis der sieben Feuer" 2/2011 2/201 2/ 2011 201 1

Seite Sei e te

73 7 3


der eerste Band einer eigenständigen der de H fttr He Heftreihe in einer Auflage von 220.000 Exem Ex em m Exemplaren in den Verkauf. Zunächst mon mo n monatlich erschienen (ab Band 6 alle T 14 Tage und ab Band 58 wöchentlich), w r der solide erarbeitete Fundus an wa war "B Be "Bessy"-Seiten jedoch bald aufgebrra braucht. Um den Nachschub zu ga garantieren, leistete eine Reihe von Au A Autoren und Zeichnern dann wahre Fl F Fließbandarbeit, um die BasteiV Vorstellungen zu befriedigen. D Dabei wurden alle Register gezog gen. So gelangten etwa die im Stud St ud udio dio Vandersteen Van Studio gefertigen "Karl May"Gesc Ge schi sc h ch hi chte t n (die te (die i unlängst unl nlän ängs än gstt der der Kleinverleger K Kl Geschichten Ulrich Wick in kleiner, feiner Sammlerauflage für hiesige Leser aufbereitet hat) retuschiert als "Bessy"-Comics in die Zweitverwertung. Old Shatterhand mutierte mit n neuem Kopf zu Andy, die Colliehündin w wurde in den vorhandenen Comicseiten e einfach hinzugezeichnet. Dass dabei die Q Qualität nicht selten auf der Strecke b blieb – kein Wunder. Selbst Vandersteen u und Verschuere gaben zu, dass „die w wöchentlich erschienenen deutschen 'B 'Bessy'-Fassungen nicht gut genug w waren für die belgische Albumausgabe". W auch immer: Bis November 1985 Wie vveröffentlichte Bastei 992 Bände, p u pa rallel dazu g gab es einee „„Zweitauflagee wegen des großen Erfolges", diversee Taschenbuch-Reihen und zwischen 1986 und 1990 sogar den Versuch einer modernen Fassung von "Bessy": Die Erlebnisse der beiden Helden wurden dafür in die Gegenwart gehievt und als „spannende Ab be Abenteuer der Naa N Naturschützer" angepriesen. Oh Ohne Erfolg. Dii e Die großen Ze ieh ehün ün ndi din n ne ebs bstt Zeiten der Colliehündin nebst He Herrchen waren vorbei! Die wohl ansprechendste deutsche "B "Bessy"-Ausgabe veröffentlichte zweifelsf der Norbert Hethke Verlag zwischen fr frei Ju 1995 und Januar 2001. Nostalgiker Juni finden hier in anspruchsvoller Bearbeitung (v (vor allem aber ungekürzt!) den N Nachdruck von 68 der besten Episoden aus der der Feder Fede Fe deer von von Wi aus Willy Vandersteen und Karel Verschuere; die plakativen Titelbildern schuf Klaus Dill (1922–2000). Zwar gelten auch einige dieser Bände inzwischen als gesuchte Raritäten, mit etwas Glück und dem notwendigen Papiergeld in der Tasche laa lassen sie sich in Sammlerkreisen aber noch bess be beschaffen.

Die "Bessy Classic"-Bände 1 bis 68 aus dem Norbert Hethke Verlag. Die Geschichten aus den Jahren 1952 bis 1966 sind geordnet nach ihrem Erscheinen in der Zeitung "La Libre Belgique": 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 2 28. 2 2 29. 3 30. 3 31. 3 32. 3 33. 3 34. 3 35. 3 36. 3 37. 3 38. 3 39. 4 40. 4 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68.

Die Pioniere Das Geheimnis vom Regensee Die letzte Postkutsche Die geheimnisvolle Spur Das Stahlross Der Schrecken der Felsenberge Wapiti-Canyon Die Höhle der Drachen Der Geisterhengst Holzfäller am Silberfluss Der Gefangene der Witchinoks Das Geheimnis des Schmuckräubers Der schwarze Prinz Der schweigende Zeuge Das Zeichen des Großen Geistes Die verbotene Elchjagd Die Vergeltung Tekontas auf dem Kriegspfad Der König der Nacht Die Hungersnot Die goldenen Schmetterlinge Das verlassene Bergwerk Der letzte Junghirsch Die Gespensterstadt Die verschwundene Beute (= Band 27 Im NHV) Der Mann, der sich nicht zeigen wollte (= Band 25 im NHV) Die Farmersfrau von Buffalo City (= Band 26 Im NHV) Die geheimnisvolle Fracht Weißer Biber Das Tal des Todes Die heulenden Geisterklippen Der Fluch des Zauberers Am Rande des weißen Todes (= Band 34 Im NHV) Flucht in das Land der Grizzlybären (= Band 33 Im NHV) Das Kriegsbeil Die Verschollenen Die drei Pfeile Schüsse aus dem Hinterhalt Die Feuerprobe Der Tanz der Giftschlangen Rex, der wilde Hund Der Postreiter Die Geisterhütte Der unzähmbare Barry Die Geiseln Der verwunschene Schimmel Der feuerrote Wagen Die heilige Flamme Unter falschem Verdacht Die schwarze Meute Das Geheimnis der sieben Feuer Aufstand der Sioux Das Geheimnis des Einsiedlers Kampf allen Bleichgesichtern Im Tal der silbernen Spuren Die Geister der roten Grotte Dem Tod entronnen Banditen, Gold und graue Wölfe Sid Mocash darf nicht sterben Gefahr im Tal der Elche Im Tal der Geister Der Feuerteufel von Canatoga Der teuflische Entführer Der Trick des Medizinmannes Der singende Sand Der Bisontöter Geblendet von Chiwas Licht Die große Prüfung


Klaus Dill

Der Mann der edlen Titelbilder

Willy Vandersteens Klassiker lassiker

Klaus Dill, am 6. Oktober 1922 in Neustadt an der Weinstraße geboren und am 19. Februar 2000 in Frankfurt/ Main verstorben, gilt als einer der bedeutendsten deutschen Filmplakatmaler. Ab 1952 arbeitete er als freiberuflicher Grafiker und fertigte bis 1994 für die großen Filmstudios 645 Plakate, wovv wo wovon etwa 1 20 120 dem Western g e w i d me waren. met Klaus Dill Fü r dieses Für bed be d bedeutende Werk wurde er 1997 mit de Filmband in Gold des Deutschen dem Fill Fi Filmpreises ausgezeichnet.

erie er ie Seine bekannteste und wohl auch beste Comicserie api pier er hat Willy Vandersteen bereits 1945 erstmals zu Papier g b ge n gebracht. Neben den Freu Fr eu d Freunden Suske und Wiss Wi Wiske zählen Tantee Sd Si k, Sidonie, Lambik, Wa sso sorr Wastl und Professor Ba ust stre ren re n Barabas zum illustren Kree der Protagonisten, Kr ste ten, n, Kreis die an den exotischsten hste hs ten te n die Sc d in in Schauplätzen und de unterschiedlichsten hste hs ten te n den Z urde ur dess de Zeiträumen absurdes C eleel eComictheater zeleb brieren. "Suske en W Wiske" bzw. "Bob eett Bobe Bo bett be tte" tt e" wie wie sie sie in iihren hren hr en fl fläämischen ämi ösi si-Bobette", und französiund d schen Fassungen heißen, verbuchten in Belgien un roße ro ßen ße n Niederlande schon früh Bestseller-Status. Um der g großen P a ge Publikumsnachfrage g en, gerecht zu werden, liliee Vandersteen in in ließ se sseinem Studio ausgi b giebig Nachschub he 0 herstellen. Über 300 Al ie Alben umfasst die Or wiOriginalreihe inzwisch sc h gen ge n schen, weitere Folgen er mä-mä erscheinen regelmäßig ßi g Zwei der profiliertesten Nachfolger ßig. de am 28. August 1990 verstorbenen des Wi Vandersteen sind dabei Paul Geerts Willy (*1 (* 1 (*1937) und Marc Verhaegen (*1957).

Unter den unzähligen Illustrationen, di er für Romane und Comics gestaltet die h erlangten vor allem seine Titelbilder ha hat, fü die Serie "Bessy" Kultstatus. Sein für er erstes Cover entstand für Band 2 ("Au (" Aufs Au fsta fs tan ta n der Sioux"), sein letztes für Band ("Aufstand 700 ("Der Schwur des Medizinmanns"). Insgesamt schuf er knapp 600 dieser kleinen Gemälde, mit denen er am Kiosk die Lust der jugendlichen Leser auf die unter dem Signum von Willy Vandersteen entstandenen Abenteuer um den jungen Andy Cayoon und seine treue Colliehündin weckte. Die beiden Bücher "Klaus Dill: WesternArt" (1997) sowie "Klaus Dill:: Ein Künstlerleben für Literatur und Film" (2004; beide in kleiner Auflage im Heider Verlag erschienen) gestatten eindrucksvolle Einblicke in dass u Oeuvre dieses zu n Unrecht ein wenig in eVergessenheit geraten nen großen deutschen be Zeichners. Derselbe tee Verlag reproduzierte asz s i auch viele seiner faszinierenden Darstellungen für "Bessy" in 13 Portfoliomappen, denen stets ein informatives „Skizzenheft" beigelegt ist. Jede dieser zwischen 2000 und 2008 aufgelegten (mit "Klaus Dill: CoverArt" überschriebenen) Sammlungen offeriert in bester Qualität zwölf großformatige Kunstdrucke. Für Kenner der wahre Augenschmaus … Skizze und Originalillustration zu Dills erstem "Bessy"-Cover "Aufstand der Sioux". GoodTimes GoodTi Goo dTimes mes

In D Deutschland waren "Suske und Wiske" zwaa immer wieder am Markt präsent (u.a. zw zwar als "Ulla und Peter" in den frühen "Felix"als Heff He Heften aus dem Bastei Verlag), zum ganz gro gr o großen Durchbruch reichte es aber leider niee Schön, dass der agile Verleger Eckart ni nie. Sch Sc h Schott von Salleck Publications nun die We Weiterführung einer von PSW Comics gestartett Albumreihe ins Auge gefasst hat. Mit te teten "M "Meister Klecks", "Der goldene Dolch" und "R "Rubens’ Famulus" sind unlängst drei neue T Titel erschienen, mindestens drei weitere sollll 2011 noch folgen. Damit ist ein echter so sollen Kllas Klas assi sike ikeer des des Genres Genr Ge n es aauch nr uch uc h in Deutschland endlich wieder verfügbar. Klassiker Eine gute Nachricht für die Freunde des schrägen Humors!

BEREITS ERSCHIENEN: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

2/2011 2/201 2/ 2011 1

Rettet das Rhinozeros Der eiserne Schellfisch Wolfgang das Wunderkind Die Perle in der Lotusblüte Die murmelnde Mumie Die Vögel der Götter Sagarmatha Im Zauberland Japan Meister Klecks Angst auf der "Amsterdam" Der goldene Dolch Rubens’ Famulus

Seite

75


Aus Köln in die Welt – mit viel Geschmack Afri, die kultige Cola aus deutschen Af L nden, hat eine süße kleine Schwester: La Landen, B una, die fruchtige Bl fru Bluna, Limonade! Auch h er hat eine hi ei hier Werbekampagne im z itgeis ze zeitgeistigen Stil der Popkultur d r 1960er und 1970er de der J Ja Jahre die Marke geprägt. A Aber kaum jemand k kennt die besondere En Entstehungsgeschichte diese Erfischungsgetränks, dieses einm ein Fruchtpunsch" das einmal " sc war und schon lange vor Afri-Cola existierte. Von Peter Verhoff

D

err U Ursprung rspr rs prun pr ung un g di dies dieser eser es er LLimonade imonad imon im ade de lilieg liegt egtt eg m e als 125 Jahre zurück. 1864 mehr gr rü gründeten zwei Apotheker am Kölner Holzzmark rk die Firma Friedrich Blumhoffer Holzmarkt Nachfolg g Hier wurde ein Sortiment von Nachfolger. Likörren und Essenzen zur Herstellung Lik Likören alkoholff alkoholfreier Getränke produziert. Mit Mit diesem Hinter tergr grun gr und d ko konn nntte te d ie FFirma ie irma berei eit im Jahr Hintergrund konnte die bereits 1900 ei ein in ko komp mple lett ttes SSortiment ortiment ffür ür LLimonaden 1900 komplettes d auch hd ti bi t und deren F Fertigung anbieten. Allerdings war die Blütezeit dieses Getränks noch nicht erreicht. Damals angesagt war der Punsch: eine Mischung aus Fruchtsaft und Sirup, den man an kalten Tagen auch erhitzen konnte. Und den man an Festtagen einfach mit Alkohol versetzte ... Ein besonders beliebter Fruchtpunsch aus dieser Zeit erhielt aus der Abkürzung des Firmennamens „Blumhoffer Nachfolger" seinen Produktnamen „Bluna". Es war die Geburtsstunde der Marke, die somit noch älter ist als die Schwestermarke Afri-Cola. Der BlunaPunsch existierte allerdings noch viele weitere Jahre, bevor der neue Firmenlenker Karl Flach aus Bluna das machte, was bis heute damit verbunden wird. So wurde z.B. im Zweiten Weltkrieg jede Menge Bluna an die Wehrmacht ausgeliefert. In deutschen U-Booten gab es sogar ein Bluna-Fach für Punsch ohne Alkohol. Während des Krieges wurden nicht nur alle Produktionsanlagen komplett zerstört; Flach musste sich anschließend auch selbst um neue Rohstoffbeschaffung kümmern. Er erwarb gleich nach dem Krieg im sonnigen Marokko ein paar Grundstücke, auf denen er Plantagen für dringend benötigte Zitrusfrüchte anlegen ließ. So konnte er frühzeitig den benötigten Nachschub an Zitronen und Orangen sichern. Denn im Nachkriegsdeutschland gierte man Seite te

76 6

fö fförmlich förm örm rmlilich hn nach acch la llange lang ang ngee ve verm vermissten rmiis rm isst sten ten G Geschmackserlebnissen. es Flachs Antwort war ein neues Getränk, eine Mischung aus „Fruchterlebnis und Erfrischung". Schließlich erblickte „Bluna – das gute Fruchtsaftgetränk" 1952 das Licht der Welt. Eine naturtrübe Limonade mit vier Säften aus Orangen, Zitronen, Mandarinen und Pomeranzen – und das Ganze abgefüllt in eine formschöne grüne Lichtschutzflasche! Die Idee und der einzigartige Geschmack erreichten innerhalb kürzester Zeit eine extrem hohe Akzeptanz bei Durstigen aller Altersklassen. Mütter verwöhnten ihre Kinder in Gaststätten gern mit der leckeren Bluna. Denn man schmeckte ja schließlich gleich, dass es sich hier um etwas sehr Gutes handelte: gesunde Vitamine aus Zitrusfrüchten, gereift unter einer wärmenden Sonne. Und um die Jugend als wichtigsten Konsumenten für alkoholfreie Getränke in der noch braven Bundesrepublik zu „blunarisieren", hatte Karl Flach eine weitere zündende Idee: Er initiierte Anfang der 1960er Jahre die so genannten Bluna-Bälle! Dabei handelte es sich um große Bigband-Tanzveranstaltungen mit dem sehr beliebten und prominenten Bandleader Hazy Osterwald. Schnell entwickelten sich diese Spektakel bundesweit zu Publikumsmagneten. Der Bluna-Triumph bescherte dem Kölner Unternehmen große finanzielle Gewinne, die umgehend für das Firmenwachstum und in die Werbung für Afri-Cola investiert wurden – und zusätzlich in eine breitere Palette an Produktinnovationen. Im Lauf der Jahre gesellten sich weitere Bluna-Produkte zur feinen Limonade: Es gab einen fruchtigen Bluna-Brotaufstrich und einen Bluna-Sirup zum Selbermischen – vergleichbar mit der später erfolgreichen Marke TRi TOP. Außerdem kamen ein reiner

GoodTimes

2/2011


GoodTimes

2/2011

Seite

77

Fotos: © Mineralbrunnen AG + afri-cola Archiv Köln

„Bluna-Saft" ohne Kohlensäure und „Bluna Zit" (alss n naturtrübe atur at tur urttr trüb trüb übee im bekannten bek ekan kan nnt nt grünen Bluna-Einweg-Glasfläschchen in den im zt wurde Lebenssm „Lemon Lyme"-Variante) in den Handel. Zuguterletzt Lebensmittelmärkten stand! Aber zu wenige Käufer wollhern n für f dieses Premium-Produkt auch ein bisschen „Sport-Bluna" präsentiert – in Plastik-Einwegbechern ten me Geld ausgeben. und mit Traubenzucker. mehr „4 mal Frucht ist Flach übergab Bluna 1994 in das Markenne Wucht" W n p schien portfolio der schwäbischen Mineralbrunnen AG. nicht nur ein firmenenDie änderte das Vertriebssystem: keine Lizenznehmer Diese histo eiches meh hr zugunsten einer zentralen Bluna-Abfüllung. historisch erfolgreiches mehr Blun sprechen Außerd dem wurde das Bluna-Markenbild mit dem pfiffigen Bluna-Werbeversprechen Außerdem n auch die zu sein, sondern Slogan „Sind wir nicht alle Zus ibung Blu Zustandsbeschreibung des ein bißchen Bluna?" wiederMar wicklung allein des Marktes. Die Entwicklung belebt. Dieser Spruc Spruch hielt später Pro Pro-Kopf-Verbrauchs von 1966 bis nicht nur Einzug in den deutschen 197 stieg im Wirtschaftswunderland 1975 Sprachgebrauch, er wurde sogar au 33 Liter, was einem gigantiauf von Joschka Fischer im deutschen sc schen Zuwachs von 91 Prozent Bundestag gebraucht! en entsprach! Der repräsentative Auch die damals noch neuen B Bluna-Bekanntheitsgrad lag bei Möglichkeiten des Internet u unglaublichen 92 Prozent. Bluna nutzte die Marke Bluna erfolgw war innerhalb kurzer Zeit eine reich. Anstelle einer schlichten „ „große Marke in der Gastronomie" 08/15-Homepagepräsenz tat geworden. Eigene Ko Konzentratfabriken wurden gebaut sich vor dem geneigten Websiteund bereits vorhandene erweitert. Auch im Ausland Besucher die kam Bluna gut an, das Exportgeschäft boomte. Bluna quirlige „Villa wurde in den kühlen italienischen Dolomiten genauBluna" auf. Hier so gern getrunken wie im heißen Saudi Arabien. konnte man am Aufwändige Werbekampagnen wurden kaum noch virtuellen Leben benötigt, um den Absatz weiter anzukurbeln. der außergeDoch die familiäre Nähe zu Afri-Cola entwöhnlichen Bewohner teilhaben und deren Geschicke puppte sich bald als unverschuldeter Fluch. Die mitlenken – all das lange bevor das Big-Brotherbeiden Geschwistermarken waren als „Afri-Cola Format über deutsche Mattscheiben flimmerte. Bluna GmbH Köln" Franchisegeber für ca. 330 Auch wurden nach langer Zeit wieLizenzpartner allein in Deutschland. Dabei handelte der nachhaltige Groß-Events als zielgerichtete es sich meist um Brauereien oder kleinere GetränkeKommunikationsmaßnahmen gestartet. Sie sollten Abfüller, die wiederum ihre lokale Gastronomie die Andersartigkeit von Bluna unterstreichen. So belieferten. Die „Gastrolastigkeit" von Afri-Cola ermöglichte Bluna als exklusiver Sponsor das einzige wurde Bluna nun zum Verhängnis. Denn der ameri"15 Jahre Netto"-Open-Air-Konzert der Band Die kanische Marktführer setzte mit aller Macht durch, Ärzte in Deutschland. Das unmittelbar nach der dass in den Gaststätten zur Cola die Limonade Das Bluna-Logo im Wandel der Zeit! Ankündigung ausverkaufte Live-Ereignis fand vor gleich mit angeliefert wird. Dieser Prozess war (und Das Bluna-Bäumchen im Spitzquadrat 35.000 Besuchern auf dem Mariannenplatz mitten ist hier getrennt vom Schriftzug. ist) gegen einen mächtigen „Global Player" kaum in Berlin-Kreuzberg statt. aufzuhalten. Und der massive Versuch, Bluna jetzt alternativ in den Die konzertierten Aktivitäten führten schließlich dazu, dass Bluna Supermarktregalen zu platzieren, heute wieder in den Super- und Getränkemärkten in der leichten PETwar zum Scheitern verurteilt. Fanta Flasche zu finden ist – und ebenstand hier bereits überall. so in der Gastronomie, Der Getränkefachgroßhandel wo die grüne Original Bluna bittet zum Tanz: y Osterals spezialisierter Marktplatz 0,2-Liter-Glasflasche sich Ein Ball mit Haz wald im Jahr 1961. leinen für Getränke war noch nicht in im Zeichen des kkleinen Sicht. Also wurden die BlunaO ra n g e n b ä u m c h e ns Lizenznehmer angehalten, von präsentiert. sich aus alles zu tun, um die Marke im Kundenkreis zu halten. Leider mit nur mäßigem Erfolg. Ein weiterer Faktor erhöhte den Druck: Das BlunaA l l e i ns t e l l u n gsm e r k m a l „Limonade mit Fruchtsaft" Autor Peter Verhoff konnte sich gegen den war vier Jahre puren Saft nicht vernünftig verantwortlich für alle Online- und durchsetzen. Und für eine Event-Aktivitäten entsprechende Werbung à der Marke la „Bluuuna ... fruuuuchtig", um das Verbraucherverhalten zu Bluna. Mit der ändern, fehlten die notwendigen Mittel. Schwestermarke In dieser Marktsituation übernahm der Sohn Afri-Cola verbinvon Karl Flach die Bluna-Geschäftsführung. det ihn seine frühere Tätigkeit als Alexander Flach besann sich mit der „Bluna Leiter Marketing Green Label"-Idee noch einmal zurück auf den " und Export". Markenkern. Noch heute schwärmen manche von diesem „Sparkling Juice", der plötzlich


150 1 5 0 KULTALBEN aus den 60er bis 80er Jahren Teil 2 Im letzten Kult-Heft habe ich meine 50 persönlichen Lieblinge der sechziger Jahre vorgestellt. Diesmal sind die siebziger Jahre dran. Dieses Jahrzehnt ist deutlich schwieriger in den Griff zu bekommen. Die Gründe liegen auf der Hand: In den Sixties waren die in den Hitparaden erfolgreichsten Interpreten fast immer identisch mit denen, die die allerbeste Musik lieferten. Traurige Ausnahmefälle wie Engelbert Humperdinck oder Ken Dodd im UK oder Herb Alpert und Al Martino in den USA blenden wir mal aus, weil es wirklich Ausnahmefälle waren. Dagegen sind die Seventies geprägt von einem Auseinanderdriften von Qualität und Chartnotierung. Hinzu kam ein munterer Wechsel bei den angesagten Stilrichtungen: Singer/Songwriter-Folk-Rock, Glam-Rock, Philly-Sound und sonstiger Soul, Progressive Rock aller Art inklusive Kunst- und Klassik-Rock, PubRock, Country-Rock, Punk-Rock, New Wave, Power-Pop, Disco und einiges mehr bis hin zum offensichtlichsten Popmüll konkurrierte miteinander. Und oft genug siegte bei den Verkaufszahlen der allerkleinste musikalische Nenner über weit Besseres. Ich hoffe natürlich, dass meine persönlichen Lieblingsplatten wenigstens in etwa den Vorstellungen der kult-Leserschaft entsprechen.

2. Teil

Seventies

JOHNNY THUNDERS: SO ALONE (1978) Die Einsamkeit des desillusionierten Junkies, hilflose Schreie, tonnenweise Bitterkeiten – und brillante Musik kurz vorm Wahnsinn.

unglaublich geschmackssicheren Band feat. Lowell George.

RANDY CALIFORNIA: KAPT. KOPTER AND THE (FABULOUS) TWIRLY BIRDS (1972) Acid-Rock auf dem Gipfel seiner Möglichkeiten. Nie spielte California innovativer Gitarre.

GRATEFUL DEAD: EUROPE '72 LIVE (1972) Schlicht und ergreifend die allerbeste sämtlicher sauguten Livescheiben der Dead, bis heute nicht übertroffen.

Von Hans-Jürgen Günther

LOU REED: BERLIN (1973) Lange verkanntes Meisterwerk der Konzeptalbenkunst. Reed ist feinfühlig, morbide, zynisch, unterkühlt, aber immer bei der Sache – und brillant.

PATTI SMITH: HORSES (1975) Ein Debüt wie ein Tsunami. Grandiose Songs, hypnotisch, schmerzhaft, drohend, fauchend, verwegen. Was zählt Wohlklang, wenn die Gefühle siegen?

JOAN ARMATRADING: JOAN ARMATRADING (1976) Folk-Pop-Rock + Reggae + R&B + eine Stimme, wie es sie in jeder Dekade nur einmal gibt.

STEELY DAN: AJA (1977) Becker & Fagen, die ungekrönten Kaiser des urbanen Jazz-Pop-Rock mit ihrer coolsten, elegantesten und deshalb besten Arbeit.

TELEVISION: MARQUEE MOON (1977) Verlaine & Lloyd als Duo infernale des Gitarrenrock, dazu Songs, die einen in unbekannte Welten saugen. Punk-Rock mit Abitur.

DUCKS DELUXE: TAXI TO THE TERMINAL ZONE

THE SEX PISTOLS: NEVER MIND THE BOLLOCKS HERE'S THE SEX PISTOLS (1977)

(1974)

Debüt und Vermächtnis in einem. Nur aus frecher Zerstörung erwächst das bessere Neue. Rotten & Genossen kannten keine Kompromisse. Gut so.

JOY DIVISION: UNKNOWN PLEASURES (1979)

ROXY MUSIC: ROXY MUSIC (1972)

ERIC CLAPTON: 461 OCEAN BOULEVARD (1974)

Grandioser Pub-Rock aus dem UK, bodenständig, vergnüglich, hemdsärmelig – leider hörten viel zu wenige zu.

DAVE EDMUNDS: SUBTLE AS A FLYING MALLET (1975) Der Geist des wahren Rock'n'Roll, hinübergerettet in die 70er. Edmunds als Supergitarrist und himmlischer Sänger.

NICK LOWE: JESUS OF COOL (1978) "Pure Pop For Now People" – nicht mehr, aber nie weniger. Dazu unsterbliche Songs.

ELVIS COSTELLO: THIS YEARS MODEL (1978) Frühes Meisterwerk des Chamäleons, wunderbare Lieder, mit leichter Hand zu Klassikern geformt.

Gediegener Rock mutiert mittels Elektronik und Saxofon zu bizarrer Avantgarde. Pompöse Grenzüberschreitungen treffen auf stilsichere Eleganz.

THE WHO: WHO'S NEXT (1971)

Der beste Dylan der 70er Jahre. Songs mit Textlawinen und unwiderstehlichen Riffs, oft atemlos, zupackend und zugleich lyrisch.

GRAM PARSONS: GRIEVOUS ANGEL (1974) Ein Album, das noch immer wächst. Nicht durchgehend brillant, aber Parsons stieß Türen auf, was Legionen anderer Musiker weidlich nutzten. Sein Country-Rock ist nie mehr verschwunden.

THE ROLLING STONES: STICKY FINGERS (1971) Die Stones gehen aufs Land, kämpfen mit Drogen, lassen Bläser blasen und Mick Taylor brillieren.

LITTLE FEAT: LITTLE FEAT (1970)

GENE CLARK: NO OTHER (1974)

Der intellektuellste FolkCountry-Rock aller Zeiten, dargeboten von einer

Wehmütige Songs, in denen Rock, Blues, Country, Folk und Jazz abenteuerlich verwoben werden. Clarks Sternstunde.

78

GoodTimes

Eric als sanfter Gigant mit gemächlichen, aber brillanten Songs mit Tiefgang, Eleganz und Raffinesse.

BOB DYLAN: BLOOD ON THE TRACKS (1975)

Townshend verliebt sich in den Synthesizer, integriert ihn in den Hard-Rock und schreibt einige der besten Hymnen seiner Laufbahn.

Seite

Musik für Abende an der kalten Zentralheizung und für leere Parkhäuser bei Nacht. Unheimlich & intensiv & gnadenlos gut.

2/2011

BOB SEGER: BEAUTIFUL LOSER (1975) Eigentlich „nur" ganz normaler US-HardRock, aber wundervolle Songs & ein Sänger in der Form seines Lebens machen den Unterschied aus.


MINK DEVILLE: CABRETTA (1977) Das sagenhaft gute Debüt des Willy DeVille, neu gewellter R&B trifft auf exzellente und intelligente Punkpower.

SIMON & GARFUNKEL: BRIDGE OVER TROUBLED WATER (1970) Das Album, das dem Bankdirektor und seiner Sekretärin, Studenten und Hausfrauen – und Kritikern – gefiel. Mehr Konsens gab es wohl nie.

Sensibilität und warmer Elektronik. Mit unglaublichen Versionen von "Hurdy Gurdy Man" (Donovan) und "It's All Too Much" (Beatles).

PAUL MCCARTNEY AND WINGS: BAND ON THE RUN (1973) Bei ganz strenger Betrachtung Onkel Pauls einziges Album nach den Beatles, das bis heute unverzichtbar ist!

Progressiver Rock gefüllt mit schrägen Texten und intensiv-kalten Untergangsszenen, aber glühender Musik.

PETER HAMMILL: NADIR'S BIG CHANCE (1975)

Progressiver Rock am Vorabend des Punk, der rätselhafterweise hier schon durchscheint. Ewig faszinierend.

JAN DUKES DE GREY: MICE AND RATS IN THE LOFT (1971) Folkige Grundstrukturen treffen auf die Möglichkeiten des Prog-Rock. Extreme „free form mindblowing music".

Artifizieller Folk-Rock mit verbal kaum beschreibbaren Jazzeinflüssen. Tim Buckley singt, als komme er aus einer anderen Welt. Sein persönlicher Höhepunkt.

THE UNDISPUTED TRUTH: THE UNDISPUTED TRUTH (1971) Soul psychedelisiert sich und erobert nebenbei fremdes Terrain. Mit sagenhaften Fassungen von "Ball Of Confusion", "Smiling Faces Sometimes" und "Like A Rolling Stone".

WATER INTO WINE BAND: HILL CLIMBING FOR BEGINNERS (1973) Herrlichster Folk mit mehr als leichtem Psychedelic-Touch; zudem glänzend produziert.

Sampler mit End-Sixties-Soul, der sich, wie bei Undisputed Truth, ab 1970 rasant psychedelisiert und einmalig intensiv arrangiert wird. Grandiose Songs wie "Papa Was A Rolling Stone", "Masterpiece" und "Friendship Train". Nie waren The Temptations besser.

DAVID BLUE: STORIES

Geniales Debüt des Pub-Rockers mit der wunderbaren Sandpapierstimme, die vor Hingabe nur so strotzt.

VARIOUS ARTISTS: NUGGETS – ORIGINAL ARTYFACTS FROM THE FIRST PSYCHEDELIC ERA 1965-1968 (1972) Die Bibel des SixtiesGaragen-Rock.

VARIOUS ARTISTS: ORIGINAL PUNK ROCK LIVE FROM THE CBGB'S CLUB, NEW YORK (1976) Punk und was damals dafür gehalten wurde. Irre, dass keine Band richtig Karriere machte, außer – in Maßen – Mink DeVille.

STEVE HILLAGE: L (1976) Weitaus bestes Album des fähigen Hippie-Gitarristen zwischen Folk-

GUY CLARK: OLD NO. 1 (1975) Der Maßstäbe setzende Erstling des begabtesten texanischen Country-Liedermachers der Seventies. "Desperados Waiting For A Train" und "L.A. Freeway" sind Songs für die Ewigkeit.

Das beste Album einer kanadischen Gruppe, die ihren ganz eigenen Hard-Rock entwickelte und mit "Changing Reels" (13:38) die besseren Diskotheken in aller Welt zum Glühen brachte.

AUDIENCE: THE HOUSE ON THE HILL (1971) Gediegener britischer Art-Rock mit klaren Pop-Rock-Wurzeln, dargeboten von einer extrem intelligent agierenden Gruppe.

(1972)

Von den unzähligen „neuen Bob Dylans" war David Blue der Begabteste, und dies ist seine beste Platte. Einfach, weil sie wichtige Stories packend erzählt.

JOHN STARLING: LONG TIME GONE (1977) GRAHAM PARKER: HOWLIN' WIND (1976)

Der Höhepunkt im Pop-orientierten FolkRockschaffen der Eagles. Mainstream und Konsensalbum sind hier keine Schimpfworte. Mit den Übersongs "Hotel California", "New Kid In Town" und "The Last Resort".

CHILLIWACK: CHILLIWACK (1971) THE TEMPTATIONS: PSYCHEDELIC SOUL (1968–1973)

THE OUTCASTS: SELF CONSCIOUS OVER YOU (1979) Leider vergessene Punk-Rockband, die wie kaum eine andere die Kunst der drei ultimativen Akkorde beherrschte.

Das epochale Debüt der neben den Sex Pistols wichtigsten Punk-Rockband im UK. Wegweisende Songs wie "I'm So Bored With The U.S.A.", "White Riot", "London's Burning" und "Garageland". Auch Wut kann sich musikalisch brillant inszenieren.

THE EAGLES: HOTEL CALIFORNIA (1976)

TIM BUCKLEY: BLUE AFTERNOON (1970) VAN DER GRAAF GENERATOR: THE LEAST WE CAN DO IS WAVE TO EACH OTHER (1970)

THE CLASH: THE CLASH (1977)

Country und Rock gehen eine Liebesheirat ein, nicht bloß eine kommerziell kalkulierte Zweckgemeinschaft. Diese Sternstunde konnte Starling leider nie wiederholen.

JOHN DUMMER'S FAMOUS MUSIC BAND: JOHN DUMMER'S FAMOUS MUSIC BAND (1970)

Bester Briten-Blues, der dauernd keck über alle Tellerränder lugt, die man ihm hinhält. Unorthodox, leicht schräg, beseelt, brillant, kaum kopierbar.

DIRE STRAITS: DIRE STRAITS (1978) In besten New-WaveZeiten starteten die Dire Straits eine Weltkarriere mit Musik, die weder richtig alt noch korrekt neu war. Aber in ihrer Art einzigartig. Und: Mark Knopfler entwickelte einen originären Gitarrensound, den man noch morgens um drei sofort wiedererkennt. GoodTimes

2/2011

Seite

79

STILL LIFE: STILL LIFE (1970) Einziges Album einer obskuren britischen Band. Orgelbetonter Progressiv-Rock ohne Vorgänger, parallel arbeitende Bands und Nachahmer. Ein Monolith der ganz speziellen Art!

THE GUESS WHO: AMERICAN WOMAN (1970) Noch eine kanadische Band mit individuellen Vorstellungen von zeitlos gutem Hard-Rock. Die lange Version des Titeltracks präsentiert eines der besten Gitarrensoli der Rock-History!

ELKIE BROOKS: TWO DAYS AWAY (1977) Britanniens beste Sängerin zwischen purem Pop und famosen Blues-, Soul- und JazzAnleihen. Mit der Jubelnummer "Pearl's A Singer" und der intellektuellsten Version von "Love Potion No.9".


Von Michael Lange

„Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen Wirklichkeit sein. Hier ist ein Märchen von übermorgen: Es gibt keine Nationalstaaten mehr. Es gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum. Man siedelt auf fernen Sternen. Der Meeresboden ist als Wohnraum erschlossen. Mit heute noch unvorstellbaren Geschwindigkeiten durcheilen Raumschiffe unser Milchstraßensystem. Eins dieser Raumschiffe ist die Orion. Winziger Teil eines gigantischen Sicherheitssystems, das die Erde vor Bedrohungen aus dem All schützt. Begleiten wir die Orion und ihre Besatzung bei ihrem Patrouillendienst am Rande der Unendlichkeit.„ ieses zur Titelmelodie gesprochene Intro eröffnete 1966 neue, bis dato nie gesehene Welten. Die ARD startete damit die erste deutsche Science-Fiction-Produktion. Als dieser Monolog am Samstag, 17. September 1966, zu hören war, begann die ARD, die Sehgewohnheiten der Zuschauer zu ändern. Eine Woche vorher hatte sich Hanns-Joachim „Kuli" Kulenkampff zum vorerst letzten Mal von Butler Martin Jente in den Mantel helfen lassen und sich von seinem Publikum verabschiedet. Eine Woche später startete der „schnelle Raumkreuzer Orion" erstmals von seiner submarinen Startbasis zu spannenden Abenteuern. Die Rede ist von der SchwarzWeiß-TV-Serie " R a u m p a t ro u i l l e – die fantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion". Die verkürzt meist als " R a u m p a t ro u i l l e Orion" oder auch "Raumschiff Orion" bezeichnete Reihe besteht zwar nur aus sieben Folgen, hat jedoch ihren Kultcharakter über die Jahrzehnte erhalten und weiterentwickelt. Es ist nicht übertrieben: Raumpatrouille Orion hat den Weg vom Kult zur Kultur geschafft. Seite

80

Von der Grundform her ist die Orion ein Diskus und durch ihre Form auch für den Flug in der Atmosphäre eines Planeten und das Abtauchen in die Tiefseebasis geeignet. Mit an Bord waren: Dietmar Schönherr als Cliff Allister McLane (Kommandant), Eva Pflug als Tamara Jagellovsk vom Galaktischen Sicherheitsdienst, Wolfgang Völz als Armierungsoffizier Mario de Monti, Ursula Lillig (Funkerin Helga Legrelle), Friedrich Georg Beckhaus als Astrogator Atan Shubashi und Claus Holm als Maschinist Hasso Sigbjörnson. Neben dieser Stammbesetzung wirkten populäre deutsche Schauspieler mit: Benno Sterzenbach als cholerischer Chef General Wamsler, Charlotte Kerr als Lydia van Dyke (strenge Befehlshaberin der schnellen Raumkampfverbände der Erde), Franz Schaffheitlin spielte den militärisch gedrillten O b e r b e f e h lsh a b e r der ORB; Friedrich Joloff verkörperte den Chef des Der Arbeitsplatz des Kommandanten Cliff Allister McLane: GSD (Galaktischer Die Astroscheibe im Leitstand der Orion.

GoodTimes

2/2011


Die beliebteste Westernserie aller Zeiten!

Jetzt die besten Folgen

auf 2 DVDs

Sicherheitsdienst), er war der Chef von Tamara Jagellovsk. Außerdem dabei: Thomas Reiner als Wamslers Assistent (Ordonanzleutnant Spring-Brauner), Hans Cossy und Emil Stöhr. Als Gastdarsteller waren Margot Trooger, Vivi Bach, Wolfgang Büttner, Reinhard Glemnitz, Maurice Teynac, Liselotte Quilling, Hans Wengefeld und Norbert Gastell zu sehen. Zwei Regisseure, Theo Metzger und der junge Michael Braun, sorgten für eine spannungsreiche und mit amüsanten Einlagen gespickte Serie. Für eine bis dahin noch nie gehörte Musik sorgte der bekannte Komponist Peter Thomas. Für die „Tricks“ (Spezialeffekte) war Theo Nischwitz verantwortlich. Die Dekoration entwarf Minenspitzer Typ 322 Dahle; Freder Thaler, der eng mit Rolf Zehetbauer damit steuerte man die zusammenarbeitete. Die Raumschiff- und Raumschiffe oder Beiboote Planetenoberflächenmodelle wurden von Johann Nothoff gebaut. Margit Bárdy kleidete die Schauspieler und Statisten ein, und William Millié kreierte die ungewöhnlichsten Tänze, die jemals auf den deutschen Bildschirmen zu sehen waren. Rund 3,4 Millionen D-Mark kostete die Serie. Gedreht wurde in Berühmtes Bügeleisen der Firma Rowenta; den Bavaria-Ateliers in München. wurde in die Konsolen des Schiffes integriert Außenaufnahmen entstanden auf dem Königsplatz, auf einem Golfplatz in Tutzing, auf einer Abraumhalde und im Schloss Höhenried. Im Studio wurde dann die teilweise unpassende Umgebung mit Tricks gegen neue Umgebungen ausgetauscht. Die sieben, jeweils etwa eine Stunde langen Folgen hießen:

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Weiterhin erhältlich, die kompletten Staffeln 1 - 7

Angriff aus dem All Planet außer Kurs Hüter des Gesetzes Deserteure Kampf um die Sonne Die Raumfalle Invasion

58 namhafte Darsteller und ca. 30 Komparsen wurden gebraucht, die sieben Teile wurden in 19 Wochen gedreht. Nach Beendigung der Arbeiten mit den Darstellern brauchten Theo Nischwitz und sein Team www. PierrotleFou.de


noch knapp sechs Monate, um alle Spezialeffekte zu filmen und in das fertige Produkt einzufügen. Bevor die Serie 1966 startete, hatten bereits 1965 intensive Werbeaktivitäten begonnen. Die bekanntesten Fernsehzeitschriften wurden von der Bavaria mit exklusivem Pressematerial versorgt, so dass die Öffentlichkeit neugierig gemacht und während der Dreharbeiten auf dem Laufenden gehalten werden konnte. Standfotos und Aufnahmen vom Set wurden veröffentlicht und auf diese Weise das Interesse gesteigert. Kein Wunder also, dass die Straßen leergefegt waren, als Peter Thomas' Musik zum ersten Mal aus den Lautsprechern der TV-Geräte tönte.

Dieses Bild zeigt alle Darstellerinnen aus der 5. Folge. Von links nach rechts: Vivi Bach, Margot Trooger, Elaine D'Almeida, Rosemarie von Schach und Christiane Minazzoli. Liegend: Dietmar Schönherr Handfeuerwaffe, das im Innern Federn und Bowdenzüge hatte. Im Handgriff war ein Auslöseknopf eingearbeitet, der, wenn man ihn drückte, die Spitze aus dem Lauf schnellen ließ.

Zur Zeit der TV-Ausstrahlung waren Heimvideorekorder noch kaum erschwingliche Raritäten. Damals saßen wir Jungen mit unserem alten Kassettenrecordern und einem Stabmikrofon noch vor den Bildschirmen und verdonnerten die Eltern und andere Mitseher zu absolutem Stillschweigen, damit jeder Ton ohne störende Nebengeräusche aufgezeichnet werden konnte. Zugegeben: Für jemanden, der sich nicht für diese Serie interessierte, war das eine unglaubliche Quälerei. Die Lösung: Ein zweiter Fernseher wurde rangeschafft und in der Küche aufgestellt ... Ich selbst als vierjähriger Knirps registrierte die Serie 1966 noch gar nicht. Erst im zarten Alter von elf Jahren, bei der vierten Wiederholung, erfasste auch mich die Faszination dieser Serie. Gleich nach Beendigung des ersten Tonbandmitschnitts vergrub ich mich in meinem Zimmer und lauschte gebannt der Aufnahme. Es wurden außerdem Bilder und Zeitungsausschnitte gesammelt und säuberlich in Alben geklebt. Das Interesse an der Kultserie ist ungebrochen – auch 45 Jahre nach der Erstausstrahlung.

Trotz dieser Aufklärung blieben doch einige Rätsel ungelöst: Warum wurde der deutsche Schauspieler Emil Stöhr in der Nachproduktion von Reinhard Glemnitz synchronisiert? Dies geschah offenbar ohne Stöhrs Zustimmung, der sich daraufhin sich nie wieder zu den Dreharbeiten äußerte. Oder: Warum wurden zwei Darsteller gefilmt, dann aber nur einer genommen? Für die Rolle des „Kranz" (aus der 7. Folge, "Invasion") gab es komplette Filmaufnahmen mit Wolf Harnisch und mit Maurice Teynac. In Deutschland und in Frankreich wurden dann nur die Aufnahmen mit Teynac gesendet. Und wer war dessen deutsche Synchronstimme? Die Serie selbst war eine Co-Produktion mit dem Französischen Staatsfernsehen ORTF, der Sender unterstützte die Dreharbeiten. Daraufhin wurden einige Folgen nur für den französischen Sprachraum gedreht. Während in Deutschland Margot Trooger die „Sie" aus der 5. Folge ("Kampf um die Sonne") spielte, sahen die Franzosen Christiane Minazzoli eben jener Rolle. Eine Doppelbesetzung in derselben Folge gab es mit Elaine D’Almeida und Rosemarie von Schach, und auch der "Astrogator" der Hydra wurde ausgetauscht: In Deutschland sahen die Zuschauer Norbert Gestell, die Franzosen Jaques Riberolles. Den Einleitungstext sprach Claus Biederstaedt. Für die Roboterstimme der „Challenger" und der „Orion" war (verfremdet) Peter Thomas verantwortlich. Ebenfalls körperlos war die Stimme von Commander Stein (Wolfgang Hess); für die Stimme der Bodenkontrolle und die des Commander Spira wurde Niels Clausnitzer verpflichtet, der später u.a. für den James Bond-Darsteller Roger Moore sprach. Seite

82

GoodTimes

Die erste LP-Ausgabe wurde schon 1966 herausgebracht. Die Aufmachung war sehr aufwändig, sie besaß ein aufklappbares Plattencover mit Szenenfotos. 2/2011


JASON KING – DEPARTMENT S

Backenbart & coole Sprüche Er hatte Stil und war charmant, liebte 100er Zigaretten und trug ebenso lange Koteletten. Meist schluckte er seinen ersten Whiskey schon zum Frühstück, ließ seinen Brustpelz von mäßig bekleideten Blondinen kraulen und düste anschließend mit seinem Sportwagen direkt ins nächste Abenteuer: Jason King war die Inkarnation der Popkultur der ausgehenden Sixties und Protagonist der britischen Serie "Department S" – von Frauen angehimmelt, von neidischen Dreibeinern als blasierte Visage verachtet ...

ord Lew Grade, Peter Wyngarde stand in den frühen 70ern auf Augenhöhe mit angebritischer Filmsagten Popstars. Weibliche Fans schickten dem Beau wäschekörbeweise und TV-Tycoon, hatte Fanpost. Und Wyngarde, ganz Profi, wollte seine Ausnahmestellung bereits mit popunutzen. Nach der zweiten Staffel verlangte er mehr: „Die Fans wollen lären Produktionen nur mich! Ich will eine eigene Serie." Nach 28 Folgen beschloss ITC wie "Simon Templar" das Ende von "Department S" und produzierte – mit Wyngarde in und "Nummer 6" der Hauptrolle – die Ableger-Reihe "Jason King". Die attraktive, gut TV-Meilensteine konsumierbare Musik schrieb Laurie Johnson, der auch die Soundtracks gesetzt, als er 1969 von "Mit Schirm, Charme und Melone" und "Die Profis" komponierte. mit "Department S" einen weiteren Serienerfolg feiern konnte. Dass Doch die neue Serie konnte an den Erfolg von "Department S" nicht es dazu kam, war – zumindest in Teilen – "Mit Schirm, Charme und anknüpfen – die Handlung erstickte geradezu an der Eitelkeit des Melone" zu verdanken – dem Klassiker, der seit den frühen 60ern Protagonisten. Und das war nicht nur gespielt: Wyngarde, zu Beginn nachhaltigen Einfluss auf das TV-Krimi-Genre in Europa ausübte. Denn von "Jason King" bereits über 40, machte immer wieder neue Angaben die Grundidee war ähnlich, das "Department S" eine international zu seinem Geburtsdatum. Im Angebot zahlreicher Biografien finden sich operierende Interpol-Abteilung mit Hauptsitz in Paris. Aufgabe: die Jahreszahlen von 1928 bis 1938 ... Lösung mysteriöser, heikler Fälle, Kein Wunder, dass an denen alle anderen Kollegen sich der Selbstverliebte scheiterten. Schillerndste Figur im auch als Sänger versuchte, Team war der Hobby-Detektiv, um die Gunst der Stunde Krimi-Autor und Extremsportler zu nutzen: Seine schnulJason King (Peter Wyngarde). zige Langspielplatte Seine Mitstreiter: der Amerikaner WHEN SEX LEERS ITS Stewart Sullivan (Joel Fabiani), die INQUISITIVE HEAD Computerspezialistin Annabelle (1971) gehört längst Hurst (Rosemary Nichols) sowie in die Kultabteilung. als Chef der Afrikaner Sir Curtis Auf dem Höhepunkt Seretse (Dennis Albert Peters). seiner Karriere wurde Jason King (Peter Wyngarde) bei externen und internen Ermittlungen de 1 975 97 5 in eeiner iner in er Zu verdanken Wyngarde 1975 war der Erfolg einHerrentoilette mit einem Lkw-Fahrer erwischt.. zig und allein Peter Laut damaliger Presse war der Künstler bereits seitt Wyngarde und einigen Jahren in der Londoner Schwulen-Szenee m seiner Exzentrik: mit dem Rufnamen „der Major" unterwegs. Es kam saloppe Sprüche, zu einem skandalträchtigen Prozess. Wyngardee D a u e rq u a l m e r, wurde wegen Erregung öffentlichen Ärgernissess Klamottengockel. verurteilt, seine Karriere als Fernsehstar war damitt Er war aufgebrezelt, in Großbritannien abrupt beendet. Später spiel-Pragmatiker n trug Oberlippenbart, te er, meist unter Pseudonymen, an kleineren Theoretikerin: Annabelle Hurst Jason King h rosafarbene oder Theatern. Auf dem Bildschirm war er nur noch 980 98 0 buntgemusterte Hemden mit großen Kragen, er dünstete süßliches selten zu sehen, u.a. in der Serie "Doctor Who". 1 1980 Parfüm aus. Sein Chic setzte Maßstäbe, sogar Teile der Modebranche übernahm er eine Rolle im folgten mit Kollektionen seinem Stil. Besonders erfolgreich war Spielfilm "Flash Gordon" – alss "Department S" in Deutschland. Im englischen Original fehlte den metallene Totenkopfmaske ... Dialogen oft der nötige Pep. Die deutsche Synchronisation entstand Mitte der 80er Jahre zog sich unter der Regie von Rainer Brandt und Karlheinz Brunnemann; sie der einst faltige Schnauzbart erhoben zwei Jahre nach "Department S" auch die deutsche Version von aus dem Filmgeschäft zurück. "Die Zwei" (Roger Moore, Tony Curtis) zum Kalauerfestival. Norman Bender GoodTimes

2/2011

Seite

83

© Pressefotos

© Pressefotos

L


So wie mir ging es auch schon dem Publikum in den 50er Jahren. Der Film "Die Mädchen vom Immenhof" war 1955 als Auftakt der "Immenhof"-Reihe sehr erfolgreich. Für die Verfilmung des Buches "Dick und Dalli und die Ponies" von Ursula Bruns konnten bekannte Filmschauspieler gewonnen werden. Paul Klinger als Jürgen von Roth, Margarete Haagen als Oma Jantzen und Paul Henckels (der Lehrer mit der Dampfmaschine aus der "Feuerzangenbowle") als Tierarzt Dr. Pudlich waren bereits bekannte Größen, die Nachwuchsdarstellerinnen Angelika Meissner und Heidi Brühl als Dick und Dalli brachten als flotte Teenager frischen Wind in die Sache. Der Film wurde an der Kinokasse ein beachtlicher Erfolg. Woran lag das? Der "Immenhof" bot ein neues altes Lebensgefühl inmitten einer noch sauberen Natur und spielte dabei mit ganz ähnlichen Motiven wie andere Heimatfilme. Anders als diese spielte er aber nicht in den Bergen, sondern im norddeutschen Flachland. Die Handlung war heiter und positiv. Zusätzlich wurden ein paar sympathisch-beschwingte Lieder gesungen, die sich dank eingängiger Melodien und einfacher Texte als Ohrwürmer schnell im Kopf festsetzten. Die Kombination aus Ponies, jungen Mädchen und Liedern traf ganz offensichtlich den Nerv der damaligen Zeit. Und später auch den unseren. So zitterte das Publikum mit Oma Jantzen, die unter den Veränderungen – dem Ende der „guten alten Zeit" – litt. Ihre elternlosen Enkelinnen Dick, Dalli und Angela lebten bei ihr. Omas Ponyzucht machte Probleme: Immer weniger Bauern wollten die kleinen Pferdchen als Nutztiere kaufen. Also machte man aus der drohenden Not eine Tugend: Immenhof, das Seite

84

GoodTimes

2/2011

*Fotos: © Carol Media Home Entertainment

Ponys und Backfische

bedeutete „Reiten für alle", weg von noch vor-herrschenden elitären Tendenzen. Hier durfte jeder reiten – und wer es nicht konnte, der lernte es halt. Mit und ohne Sattel auf dem Pony über die Wiesen und ins Wasser: Kinder und Ponies tobten tagein, tagaus. Und während der te abzuholen Ponywagen im Film zum Bahnhof fuhr, um Gäste abzuholen, sangen wir vor dem Fernseher mit: „Dideldum, didelda", das Pony-Lied, denn mit „Trippel-trab und Klipper-klapp, so geht ein Ponytag". Die da im Film und wir wurden zur Einheit. Wir litten mit, als Stadtkind Ethelbert (was für ein Name!) zu Besuch kam – war er doch der Inbegriff all dessen, was der Immenhof eben nicht war. Seine Überheblichkeit als Städter, formelle Etikette, modern ne Heilmittelchen und vor allem sein g großspuriges Auftreten machten es iihm schwer bei den Kindern vom IImmenhof – und auch bei uns. Sogar D Dick, die ihn heimlich verehrte, wies er d damit ab. Erst als ihm der ImmenhofN Nachbar und Hausfreund Jochen von R Roth ins Gewissen redete und er ssich auf das Gemeinschaftsgefühl der „Immenhofler" einließ, erst da fingen w wir an, ihn zu mögen. D Das Buch, auf dem der Film basiertte, war im Original nicht ganz so b beschaulich. Und es hat sogar eine w wichtige Entwicklung des Reitsports iin Deutschland bewirkt. Islandpferde w waren damals noch weitgehend unbekannt. Autorin Ursula Bruns hatte sich für die kleinen Pferde und ihre Zucht und Haltung interessiert. Sie setzte ihnen mit der Vorlage zu den "Immenhof"-Filmen ein kleines Denkmal. Kaum jemand mochte anfangs glauben, dass diese Ponies auch von Erwachsenen vernünftig geritten werden konnten. So entwickelte sich in den folgenden Jahren eine neue Form des Reitens. Viel wichtiger für uns war die Tatsache, dass es überhaupt Ponies auf dem Immenhof gab. Und: Sie mussten unbedingt aus der vorherrschenden wirtschaftlichen Notsituation gerettet werden, sie waren Familienmitglieder, und der Verlust jedes einzelnen Tieres bedeutete ein tragisches Schicksal. Wer hatte gleich im ersten Film nicht gezittert, ob das verletzte Fohlen Schneewittchen die Nacht überleben würde, bewacht von Dick und Ethelbert? Der Erfolg dieser Rettungsaktion von Ethelbert brachte dem Schnösel die endgültige Anerkennung – auf dem Immenhof und bei uns. Seine Belohnung: ein Kuss von Dick ... Und auch das war für uns natürlich sehr interessant: das Verhältnis zwischen Mädchen und Jungs. Foto*

er damals noch nicht alt genug war, um die "Immenhof"-Filme schon im Kino anzuschauen, ist dennoch mit Dick, Dalli und all den anderen gut vertraut. Wir, die Jüngeren, hofften stets auf Wiederholungen im Fernsehen und freuten uns über jede neue Begegnung mit Menschen und Tieren auf dem malerischen Hof hoch im Norden: Es war der Inbegriff des Paradieses.

Foto*

W

Mit Ethelbert im Paradies


Unterstützung durch ein Reisebüro in Hamburg, Dick und Dalli zählten unde und die Ponies. Mit auf die Hilfe von Ralf, Ethelbert, auf ihre Freunde ck Werbeprospekten und einem Umzug in Lübeck wollten sie Interessenten anlocken. n Mittlerweile hatten sich Dick zu einer jungen m Dame mit festem Freund und Dalli zu einem patenten Kumpeltyp entwickelt. Aus Dalliss einfachen Kinderstreichen waren eigenmächti-ge Alleingänge mit ernsten Folgen geworden.. Doch wieder einmal fand Jürgen von Roth diee richtigen Worte zur Versöhnung und sorgtee am Schluss für die Rettung. Doch allmählich offenbarten sich filmische Grenzen. Die Geschichte des immer neuen Kampfes um den Hof konnte nicht unendlich oft variiert werden. Um ausreichend Stoff zu gewinnen gewinnen, kamen kuriose Gäste ins Hotel, und die Handlung wurde um klamaukige Einlagen erweitert – durchaus üblich für die Filme jener Zeit. Vielleicht war dieses inhaltliche Problem mit ein Grund, warum man danach den "Immenhof"-Gedanken erst einmal für einige Jahre ruhen ließ. Unsere Fan-Begeisterung allerdings war mit dem Abspann noch lange nicht vorbei. Unter Einbeziehung aller greifbarer Nachbarschaftskinder wurden Szenen nachgespielt, als Ponies dienten Fahrräder, Mauern und Klettergerüste. Als die älteren Kinder in der Straße waren wir tonangebend in der Rollenverteilung und konnten uns die Filmhandlungen so hinbiegen, wie es uns gerade gefiel.

Neustart in den 70ern – Schulalltag mit Reiteinlagen

Foto*

Erst 1973 beschloss Wolfgang Schleif, der Regisseur des ersten Films, eine Fortsetzung in Angriff zu nehmen, er drehte "Die Zwillinge vom Immenhof". Die Fangemeinde ist sich bis heute darin uneins, ob die beiden nachgeschobenen Folgen aus den 70er Jahren „echte" "Immenhof"-Filme sind, zumal sie nicht mehr auf demselben Gut gedreht wurden. Dabei hat man sich alle Mühe gegeben, den Anschluss an die Originale herzustellen. Das bewährte Muster wurde wieder aktiviert: Erfolgreiche Schauspieler – allen voran Horst Janson (bekannt als "Der Bastian"), Jutta Speidel und Bernd Herzsprung ("Das fliegende Klassenzimmer") – wurden durch zwei

GoodTimes

Foto*

Foto*

Foto*

Natürlich wusste man noch nicht soooo genau, was man miteinander anfangen sollte, aber ging es nicht Dick und Dalli genauso? So konnten wir also mit unseren Heldinnen nicht nur gemeinsam Ferien machen, sondern auch mit ihnen erwachsen werden (und uns bei ihnen ein wenig abschauen, wie das zumindest in der kleinen Welt des Immenhofs so ging). Das hatten sich wohl auch die Macher gedacht, als sie nach einem Jahr die filmische Fortsetzung "Hochzeit auf Immenhof" in Angriff nahmen. Zu den erprobten ony trat – fast unveränKlängen von „Tippel-tappel, trippel-trappel Pony" dert – die Besetzung aus dem ersten Film zu einem weiteren Abenteuer an. Nur Angela, die ältere Schwester, war mittlerweile verstorben. Für Fans zwar ein Verlust, der aber durch neue Mitwirkende aufgefangen wurde. Zwei Jahre waren (im Film) vergangen. Erneut war der Hof in finanzielle Schwierigkeiten geraten, das Gut stand sogar zur Zwangsversteigerung.. Wieder reiste Ethelbert an – diesmal allerdingss mit seinem schmucken Freund Ralf, der umge-n hend das Herz der schon fast erwachsenen Dick eroberte. Und einmal mehr bangten wirr um die Zukunft des Immenhofs. k t fü P j kt Während die Erwachsenen den reichen Onkel P Pankratz für d das Projekt eines Ponyhotels umwarben, setzte Dalli auf die Macht der Pferdchen und versuchte mit allen Tricks (und der Unterstützung ihrer als Indianer verkleideten Clique), den Onkel für die Ponies und den Hof zu gewinnen. Bereits im ersten Film spielte die Liebe in Gestalt der Schwärmerei von Dick und der Verlobung von Jochen und Angela eine Rolle – nun wurde sie sogar tragender Teil der Entwicklung. Pankratz reiste mit seiner Tochter Margot an, und Jochen entdeckte endlich die Liebe neu. So konnte der Immenhof durch die wunderbare Schenkung des reichen Papas zur Hochzeit an die Familie von Dick und Dalli zurückgegeben werden. Wir klebten geradezu am Fernseher und freuten uns über das Leben und die Liebe, die wieder einmal alles richtete. Dabei hatte diese Hochzeit den "Immenhof"-Filmen noch fast einen kleinen Skandal beschert. Da die gefilmte Trauungszeremonie von einem echten Pfarrer vorgenommen wurde, gab es (fünfziger Jahre!) allen Ernstes Fragen, ob dies kirchenrechtliche Auswirkungen haben könnte! Erst als Schauspieler Paul Klingler erklärte, dass er mit seiner Filmpartnerin längst verheiratet sei, verstummte die Kritik. Nach dem erneuten Erfolg des zweiten Films wurde ein Jahr später Teil 3 gedreht – "Ferien auf Immenhof". Inzwischen gab es zwar das Ponyhotel, doch die finanziellen Schwierigkeiten waren geblieben. Das Ponyhotel brauchte Gäste: Jürgen von Roth kümmerte sich um

2/2011

Seite

85


Die Originalfilme dienten dazu, ein Paradies zu beschreiben, das es vor Gefahren zu schützen galt. Diese waren stets weltlich: die Zucht nicht mehr erfolgreich, das Ponyhotel ohne Gäste. Immer wieder war das Geld knapp, es drohte die Pfändung. Die Gründe für den Erhalt jedoch waren immer idealistisch – Bewahrung von Tradition. Dies funktionierte in den 70er Jahren nicht mehr, schließlich konnte man mittlerweile relativ gut individuelle Wege gehen, und auch Bankkredite waren nichts „Unanständiges" mehr. Daher fiel es schwer, für die neuen Filme eine plausible Handlung zu entwickeln. Da die Wiederaufnahme noch relativ erfolgreich war, versuchte man sich an einer letzen Folge – und setzte damit den endgültigen Schlusspunkt. Alles, was in den ersten Filmen noch durch innere Kämpfe und Läuterungen gelöst werden konnte, fand nun im Zeitraffer statt und wurde mit Tricks, Klamauk und Zwillingsverwechslung auf Spaß getrimmt. Die Macher waren immerhin umsichtig genug, die neuerlichen Sorgen um den Erhalt des Immenhofs nicht zu platt zu gestalten. So Seite

86

standen diesmal nicht nur die Finanzen, sondern auch die langfristige Nutzung des Immenhofs zur Debatte. Alexander wollte erneut ein Ponyhotel einrichten, Besitzerin Dalli war davon aber nicht angetan – so geriet das Paar kurz vor der geplanten Hochzeit in einem Streit um „das Sagen auf dem Hof" aneinander. Am Ende waren es erneut die Zwillinge, die es durch Einmischung richteten. Der einzige Erwachsene, der die Kinder zu verstehen schien und auf den sie bauen konnten, war der neue Lehrer Döberlein – immerhin konsequent, da große Teile des Films in der Schule spielten. Für uns als "Immenhof"Fans war das eine bittere Pille – Schule hatten wir schließlich selbst, wir wollten Ponies sehen ...! Der Film floppte, und folglich war endgültig Schluss mit der Reihe. Zahlreiche Fans halten dem "Immenhof" allerdings nach wie vor die Treue. Für die Dreharbeiten wurde damals Schleswig-Holstein ausgesucht, mittlerweile ist aus der Begeisterung um die Filme auch ein Touristenziel in der Gegend um Eutin entstanden. So kann man ein "Immenhof"-Museum besichtigen, geführte Radtouren zu den Original-Drehorten in Bad Malente buchen und am Seeufer wie einst Dick und Dalli Rast machen. Erwachsene Fans stellen noch heute auf dem Bahnhof von (Bad) Malente die Ankunft von Ethelbert nach. Und für Hardcore-Fans gibt es außerdem jährliche Freiluftaufführungen der Filme an ihrem Ursprungsort. Denn den Immenhof gab und gibt es. Das Gut Rothensande diente als Hof, vor dessen Kulisse die früheren Teile der Reihe entstanden. Auch die inhaltlichen Probleme spiegeln sich in der Geschichte des real existierenden Immenhofs wider. Der Originaldrehort war lange Jahre für die Öffentlichkeit gesperrt; zuletzt drohte im Jahr 2009 eine Zwangsversteigerung, die allerdings von der Erbengemeinschaft g noch am Morgen des Tages der Versteigerung abgesagt wurde. Buchstäblich eine Rettung in letzter Minute – ganz wie im Film ... Mittlerweile ist das Gut in privater Hand, laut Pressemitteilungen will der Besitzer es renovieren und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Mittelfristig – so der Plan – soll ein Hotelbetrieb aufgebaut werden. Hotelbetrieb?! Richtig: Über 50 Jahre nachdem der erste "Immenhof"-Film gedreht wurde, wird nun vielleicht ein Stück deutscher Filmgeschichte von der Realität eingeholt. Ich packe – nur auf Verdacht natürlich – schon mal meine Koffer ...! Beate Bauer

Weitere Informationen: www.immenhofkult.de www.immenhof-forum.de Der link zum heutigen Immenhof: www.gut-immenhof.de

GoodTimes

2/2011

*Fotos: © Carol Media Home Entertainment

flotte Mädchen, diesmal Zwillinge, ergänzt. Es gab natürlich wieder Ponies, und sogar Heidi Brühl als Dalli bzw. Fräulein Voss waren dabei. Alle trafen sich wieder auf dem Immenhof, sogar ein paar neue Lieder wurden präsentiert. Auch die Handlung war so konzipiert, dass die Geschichte der ersten Filme fortgeschrieben werden konnte: Dalli als Brigitte Voss und alleinige Hofbesitzerin zog es aus ihrem Beruf (als Dolmetscherin unterwegs in den Metropolen der Welt) zurück in ihre Heimat. Sie verliebte sich gleich in ihren Pächter Alexander Arkens (Horst Janson) und schloss mit seinen Zwillingsmädchen Bobby und Billy Freundschaft. Und wieder einmal war das Überleben des Immenhofs wegen finanzieller Probleme bedroht, wieder einmal sorgten Missverständnisse unter den Erwachsenen für Ärger. Doch warum war dieser Film nicht die allseits gefeierte Fortsetzung früherer Erfolge? Endlich einmal spielte nicht alles nur in den Ferien, Sprache und Lebensumstände entsprachen dem neueren Zeitgeist. Und dennoch wirkte das Endprodukt eher wie ein Schulfilm mit den Lümmeln aus der ersten Bank, in dem zufällig auch geritten wurde. Da halfen uns auch Dallis Rückbesinnungen auf die glücklichen Tage vom Immenhof und eine bis in die Nebenfiguren aus dem Original übernommene Geschichte nicht restlos über den Trennungsschmerz hinweg. Wir mussten erkennen, dass unser Idyll aus einer heilen Welt im modernen Umfeld nicht mehr bestehen konnte.


Wenn Stars "in Fußball" machen

Von Philipp Roser

POP & PILLE Fußballer, die sich mal ans Gesangsmikro gewagt haben, gibt es fast wie Sand am Meer (siehe kult 1/2011). Bekannt ist auch, dass viele (Pop-)Musiker gern rominentester Vertreter dieEngelbert Humperdinck, Laura gegen die Pille treten - nicht nur ser seltenen Spezies ist sicher Branigan, Barry Manilow und Jermaine Scorpions-Mitglieder oder Ritchie Reginald Kenneth Dwight, Jackson – davon zeugen über 400 besser bekannt unter seinem Goldund Platinauszeichnungen und Blackmore. Die Brücke zwischen beiKünstlernamen Elton John, dessen 600 Millionen (!) verkaufte Tonträger. den Metiers haben jedoch nur ganz Cousin Roy Dwight als Profi beim FC Fulham und Nottingham Forest Noch werbewirksamer als Nussbaum/White wenige mit durchschlagendespielte. John amtierte von 1976 bis 1987 schlachtete Anfang der 90er Jahre eine deutrem Erfolg überquert. sowie 1997 bis 2002 als Präsident des sche Punktruppe ihre Fußball-Affinität aus: die

P

Bekannter ist Nussbaum allerdings unterr 7 seinem Künstlernamen Jack White: 1967 hatte er seine erste Single veröffentlicht,, der ein gutes Dutzend weitere Platten folg-ten. Noch erfolgreicher war er allerdings alss o Songschmied und Produzent, u.a. für Roberto n Blanco, Tony Marshall, Jürgen M s s, Marcus, Lena Valaitis, D ny ny David Hasselhoff, Tony C Ch h oss, Christie, Vicky Leandros,

© Pressefoto

© Pressefoto

englischen Profiklubs FC Watford. Einer, dem Vergleichbares in Deutschland gelungen ist, trägt den bürgerlichen Namen Horst Nussbaum: Er erblicktee am 2. September 1940 in Köl Kö l das Licht der Welt und Köln w wu wurde von Kult-Trainer Hennes We e Weisweiler (u.a. Borussia M Mö ö Mönchengladbach) entdeckt. A Au u Auch wenn er keine großen Er Erf rf Erfolge vorzuweisen hatte, sp pi spielte Nussbaum immerhin al ls Profi bei den damaligen als Zw w Zweitligisten Viktoria Köln u un n FK Pirmasens, ehe er nach und Ho H o Holland zum PSV Eindhoven w wechselte – dort wurde er vor de Ende seiner Profikarriere dem (1 (1966) niederländischer V Vizemeister. Autor Ingo S Schiweck widmete Nussbaum n Elton Joh 2 2006 wesentliche Teile seines B uchess ""Kicken Kickken en b eim ei m Fe ein ind? ind d? D er g an alltägliche llttäg ägliche Fr F ieede Buches beim Feind? Der ganz Friede hinter dem niederländischen Fußballkrieg". Der Kicker ließ seine Laufbahn als Amateur bei Tennis Borussia Berlin ausklingen – also bei jenem kurzzeitigen Bundesliga-Club, den er in der Folge finanziell kräftig förderte und dem er in Zweitliga-Zeiten als Präsident von 1992 bis 1997 vorstand.

GoodTimes

Toten Hosen aus Düsseldorf. 1990 beobachteten Campino & Co. die Fußball-Weltmeisterschaft in Italien. Und das nicht nur als Fans, vielmehr betätigten sie sich auch als fachkundige Korrespondenten vor Ort für die "taz" und diverse Radiosender. Zusätzlich nutzte die Band diese Aktivität, um für sich selbst und ihre damals aktuelle LP KREUZZUG INS GLÜCK die Werbetrommel zu rühren. Zu diesem Zweck luden sie deutsche (Musik-)Journalisten ins Stammquartier in Sirmione am Gardasee ein, um gemeinsam Spiele zu beobachten, feuchtfröhliche Abende zu verbringen und Interviews zu führen. Der Autor war einer der Glücklichen und kam so in den Genuss, das Achtelfinalspiel der deutschen Nationalelf gegen die Tschechoslowakei live im altehrwürdigen San Siro Stadion mit seinen unglaublich steilen Zuschauerrängen zu verfolgen – ein Match, bei dem das DFBTeam durch ein Elfmetertor von Lothar Matthäus mit 1:0 das bessere Ende für sich hatte. Damals kam es fast zu einem Krach innerhalb der Band. Auslöser war die Viertelfinalpartie zwischen Kamerun und England. Der bekennende UK-Fan und Sänger Campino fieberte mit den "Three Lions", während d de derr R Rest der Gruppe den damals so begeisternd aufspiellenden end de Afrikanern die Daumen drückte. Mit 3:2 hatten die E En gl Engländer nach Verlängerung die Nase vorn. „So blieb uns iim m H Halbfinale ein Gewissenskonflikt erspart", fanden die A nh h Anhänger Kameruns wenigstens einen positiven Aspekt – d denn da trafen Deutschland und England aufeinander, und die Düsseldorfer konnten guten Gewissens „ihr" Tea Team unterstützen. Nur Campino musste anschließend sein seinen Frust über die 3:4-Niederlage der Engländer nach E El fm Elfmeterschießen im Vino rosso ertränken. „W W spielen in jeder freien Minute Fußball", sagte damals „Wir Tr Trini Trinpop, Drummer der Hosen-Urbesetzung und späte er einige Jahre Manager der Band. Was der Autor ebenter fa a hautnah und als Beteiligter miterleben konnte: Als falls d di i Band für LEARNING ENGLISH im August 1991 nach die R Rio de Janeiro reiste, um dort "Carneval In Rio (Punk Was)" mit dem legendären Posträuber Ronnie Biggs Jack White W aals Gastsänger aufzunehmen, gehörte ein mehrstün2/2011

Seite

87


diger (Barfuß-)Kick an der Copa Cabana zum Pflichtprogramm. Und die Herren hatten allerlei technische Finessen ebenso drauf wie derbe Zweikampfhärte! „Es ist verdammt schwer, im Sand zu ir spielen. Morgen gehen wi wir er dichter ans Wasser, wo der stt. Sand ein bisschen härter ist. Da sollte es besser gehen",, sagte Campino nach dem ersten „Training".

Tournee spendeten sie dem Verein und schossen so 100.000 Mark zur Kaufsumme der Kölner Stürmers und Publikumslieblings Anthony Baffoe zu. Außerdem finanzierten sie den Erwerb von Oliver Gensch Die Toten Hosen (früher mal bei den Amateuren von Bayern München) komplett und ließen sich das 50.000 Mark kosten. „Normalerweise trägst du dein Geld auf die Bank und guckst, dass es Zinsen bringt. Oder wenn du schon spendest, dann für etwas – in Anführungsstrichen – Sinnvolles. Und dass jemand mit dem Geld etwas so scheinbar Unsinniges macht, wie einen Fußballspieler für seinen Verein zu kaufen, war für mich eine wesentlich anarchistischere Idee als viele andere, die wir schon gehabt haben. Man kann Geld auf verschiedene Art und Weise verhöhnen oder zum Ausdruck bringen, dass einem die Kohle im Prinzip scheißegal ist. Mit so einer Aktion setzt man solche Akzente", nannte Campino damals einen weiteren, für ihn und die Band wichtigen Aspekt der Aktion.

Foto: © JKB

Doch dabei beließen es t. die Toten Hosen nicht. Als glühende Anhänger ihres Heimatvereins Fortuna Düsseldorf stiegen sie 2001 als Hauptsponsor ein. Eine Million Mark ließ sich die Band das zweijährige „Vergnügen" damals kosten, um der in die vierte Liga abgestiegenen und in arger Finanznot befindlichen Fortuna wieder auf die Beine zu helfen. 1989 hatten die Hosen bereits einmal der klammen, im BundesligaAbstiegskampf steckenden Fortuna unter die Arme gegriffen: Eine Mark pro verkauftem Ticket ihrer 1989er Deutschland-

Drei Stars - drei Sounds Es ist nicht völlig aus der Luft gegriffen: Manchmal lässt die Spielweise eines Fußballers Rückschlüsse auf seinen Musikgeschmack zu. Drei Beispiele von (Ex-)Profis, die in der Vergangenheit auffällig geworden sind, stützen diese vielleicht etwas kuriose These.

© Pre ssefo

to

F : © BR/R Foto BR/Ralf alf Wils Wi chew ch hewski k

Thomas Häßler. Der am 30. Mai 1966 in Berlin geborene 101-fache Nationalspieler lief für den 1. FC Köln, Juventus Turin, AS Rom, Karlsruher SC, Borussia Dortmund, 1860 München und Austria Salzburg auf. Er war 1992 Deutschlands Fußballer des Jahres – und 1996 Mitbegründer eines in München ansässigen Plattenlabels: „MTM Music ist eine Firma, die sich ausschließlich dem Melodic Rock widmet", sagte Häßler 1999. Also Musik, die sich so geschmeidig durch die Gehörgänge windet, wie der trickreiche, flinke und ballsichere „Icke" in seiner aktiven Zeit Gegenspieler bei seinen Dribblings wie Slalomstangen umkurvte. Der Mann, der in jener Zeit eine Sammlung von mehr als 5000 CDs besaß und Chicago als seine Lieblingsband bezeichnete (und Toto, Foreigner, Bad Company, Survivor und Starship in seinen persönlichen Top Ten führte), will heute aber offenbar nicht mehr über Musik reden. Einer Interviewanfrage erteilte das heutige Mitglied des Trainerstabs beim 1. FC Köln jedenfalls eine Absage. Ob es daran liegt, dass er mit der heute nicht mehr existierenden Firma MTM Music Geld verloren oder sich sein Musikgeschmack verändert hat, war nicht zu ermitteln.

Mehmet Scholl. In Karlsruhe erblickte er am 16. Oktober 1970 das Licht der Welt, vom Profiklub Karlsruher SC wechselte er zum FC Bayern München. Dort avancierte der Ballzauberer zum Nationalspieler, ehe er in der Saison 2009/2010 Trainer der zweiten Mannschaft wurde. Inzwischen hat sich der geschmeidige, intelligente Dribbler von einst als ARD-Experte und Nachfolger von Günter Netzer und Partner von Gerhard Delling profiliert. Auch Musikfans im Sendegebiet des Bayerischen Rundfunks erleben ihn als ausgewiesenen Kenner, der am liebsten Indie-Bands lauscht, die eigene musikalische Wege gehen – wie „Scholli" einst auf dem Rasen. An jedem ersten Freitag im Monat präsentiert er seit zwei Jahren auf Bayern 2 in der Stunde vor Mitternacht unter dem Motto „Mehmets Schollplatten" seine persönlichen Favoriten – „ein Mittelding zwischen Independent und Mainstream". Anfang März verlängerte er seinen Vertrag um ein weiteres Jahr. Für Aufsehen hatte der Kumpel der Sportfreunde Stiller aller- Mehmet Scholl in der BR-Sendung "Bayern 2-Nachtmix" dings schon in den Jahren

Thomas Häßler Seite

88

GoodTimes G oodTi dTimes

2/2011 2/201 2/ 2011 1


Gitarre zu spielen, habe mir alles selbst beige-bracht", blickt er zurück. Und er muss fleißig geübt haben! Mit Bruder Markus (Gesang) und Jugendfreunden gründete er die Band Room 77 (seine Rückennummer), veröffentlilich h Ende lichte 200 20 0 2009 das gut hörbagut re Album T HOME. K raft ftvoller er R occk mit AT Kraftvoller Rock eng en englischen, aber auch einem deutsch sc h Text(en) ist darauf zu hören schen i – irgendwo zwischen Grunge, Indie un dezentem Metal. Wenn der und Andreas Görlitz. Fu Fußball-Profi Görlitz nicht gerade d de Etwas robuster, wie dem Ball nachjagt, ist er mit Room eben auch das Spiel des 77 live zu erleben. Imposante 4 40 Rechtsverteidigers, sind 40.000 Musikfans konnten sich vo den Qualitäten der Band die Töne, die der 29-jähvon m Juni 2010 überzeugen: Da rige Oberbayer produziert.. im m h Der Mann, der 2004 vom heizte sie als Opener für AC/DC m TSV 1860 München zum in Stuttgart ein. „Das war eind Andreas (2. v. r.) fach f Lokalrivalen Bayern wech-der Hammer, ein echtes -Brüdern Markus (M.) un Room 77 mit den Görlitz ei ei G selte, brachte es auf zwei Gänsehautgefühl", sagte er ft an ans nschl schl hlie i ße ie ßend d. „Ich „Ich h hatte hat atte tee d as G as eeffü üh hl dass es ganz gut ankam." Ein Länderspiele und kämpft anschließend. das Gefühl, heute mit dem FC Ingolstadt in der Zweiten Liga um den Klassenhalt. Mega-Erlebnis war es für Görlitz, der vom Fußball schon einiges Ein einschneidendes Erlebnis veränderte sein Leben: Am 3. gewohnt ist – auch wenn er die australischen Riffrocker nur November 2004 zog er sich im Champions-League-Spiel gegen „mal kurz aus der Ferne gesehen" hat. Gegenwärtig Juventus Turin einen Kreuzbandriss zu. „In der Reha begann ich basteln Room 77 an einem neuen Album. i/spirit Kommunikation Foto: © Patrick Dembsk

zuvor gesorgt, als er ab 2004 mehrere recht eigenwillig zusammengestellte Sampler präsentierte: VOR DEM SPIEL IST NACH DEM SPIEL – MEHMET SCHOLL KOMPILIERT. „Ich war ein ganz großer Brit-Pop-Fan – Oasis, Blur, Dandy Warhols oder The Verve", und er verriet ebenso, dass er mit dem New British Rock à la Kaiser Chiefs nig ger anfangen anf n angeen kann. kan ka nn. Arcade Arca Ar caade oder Franz Ferdinand weniger Fire zählen heute zu seinen Favoriten, mit den Herren von The Hidden Cameras ist er befreundet und ließ sie 2007 für sein Abschiedsspiel einfliegen.

Mittendrin und voll dabei ... Wolfgang Niedecken

Foto: © Pressefoto/EMI

Seit 35 Jahren singt Wolfgang Niedecken in der von ihm gegründeten Gruppe Bap, die sich mit ihrem Kölsch-Rock in Deutschland längst Kultstatus erspielt hat. Und fast exakt so lange ist er als beinharter Fan Dauerkartenbesitzer beim "Geißbock-Klub" 1. FC Köln. Genau den besingt er auf der neuen Bap-CD HALV SU WILD in dem Lied "Woröm dunn ich mir dat eijentlich ahn" ("Warum tue ich mir das eigentlich an"). Fragen an den Band-Boss von Philipp Roser.

Es ist ein Lied über Ihre Beziehung zum 1. FC Köln ...? Meine Ergebenheit (lacht)! Aber das würde ich nicht nur auf den FC festzurren. Wer in Nürnberg lebt und mit seinem Club leidet ... Wer mit einem Fußballverein so aufgewachsen ist wie ich mit dem 1. FC Köln, weiß genau, was ich meine. Das gilt für Fans von St. Pauli, Rostock, Alemannia Aachen. Für jeden, der am Wochenende tief Luft holt, seinen Schal umhängt und in leidensfähiger Form ins Stadion geht. Ich bin nicht unbedingt der Typ, von dem da die Rede ist – in dem Lied schlüpfe ich auch in die Rolle eines Menschen, der emotional dabei ist und aus mehreren Personen zusammengesetzt ist.

Sie haben Ihren Stammplatz im Kölner Stadion. Ich bin Fußball-Romantiker, aber ich bin kein Naivling. Ich weiß schon, was da abläuft (lacht), dass alles auch Riesenbusiness ist. Und trotzdem: Ich gehe ja nicht dorthin, um irgendeinen Zugewinn zu haben; ich gehe dahin, weil es Tradition ist und weil ich da ganz viele Leute kenne, die ich mag. Ich kenne viele ehemalige Spieler, bis hin zu den Helden aus meiner Kindheit. Ich treffe jedes Mal meinen Freund Hans Schäfer. Das bedeutet mir ganz viel! Auch Wolfgang Weber ist da ... GoodTimes

Wolfgang Niedecken

Wo sitzen W it Sie? Si ? In der ersten Reihe unter der Pressetribüne, direkt an der Mittellinie, wo die Spieler rauskommen. Einen besseren Platz kann man gar nicht haben! Wenn der Wolfgang Overath erfährt, wo ich sitze, will er den Platz garantiert haben (lacht)! Er sitzt nämlich oberhalb der Pressetribüne – und da ist man weiter weg.

Wie ist es, wenn Sie auf Tour sind? Dann wird das so ausgerichtet, dass ich möglichst alles mitkriege. Ich bin ja nicht der einzige Wahnsinnige bei uns. Es gibt in der Crew Anhänger der verschiedensten Vereine. Bei Auftritten ist vor dem Monitor-Mischpult ein Seil gespannt, an dem die Wimpel der bevorzugten Klubs der Crew-Mitglieder hängen. Da ist der Kölner Wimpel nur einer von momentan etwa zehn. 2/2011

Seite

89


DAS JAHR 1961

Wolfgang Graf Berghe von Trips

13.8.1961: Berlin wird geteilt

ZEITGESCHICHTE

"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!", log DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht am 15. Juni auf einer Pressekonferenz eiskalt, vorsätzlich und direkt in Kameras, Mikrofone und Schreibblöcke der anwesenden Journalisten. Nur zwei Monate darauf, am 13. August, begannen die Bauarbeiten am antifaschis" tischen Schutzwall" in Berlin – das alles überschattende Ereignis des Jahres 1961, das die Welt einmal mehr an den Rand eines Krieges brachte. Namen wie Kennedy und Gagarin, Jim Knopf, Graf Trips und Billy Vaughn verblassten dahinter zwangsläufig.

ermordet worden: Patrice Lumumba (*1925), Wer war der größte Feldherr der Geschichte? erster Präsident der Demokratischen Republik Kongo Besagter Walter Ulbricht (1893–1973) – er (zuvor: Belgisch-Kongo). Der charismatische, antimachte 17 Millionen imperialistisch orientierte Gefangene. Ein zynischer Politiker wird verschleppt, „Witz", ätzend und doch gefoltert und umgebracht. wahr: Um die unablässig Die Rolle der ehemaligen zunehmende Abwanderung Kolonialmacht ist nie vollPatrice Lumumba von Menschen aus der ständig geklärt worden. In maroden DDR (ausgeeiner TV-Dokumentation (2000) hält ein früherer saugt durch sowjetische belgischer Polizeikommissar, der an der Beseitigung Reparationsansprüche als der Leiche Lumumbas beteiligt war, stolz die Walter Ulbricht Weltkriegsfolge) zu bremSchneidezähne des Ex-Präsidenten in die Kamera. *** sen, macht der Arbeiter- und Bauernstaat ab 1961 Am 12.4. startet der erste bemannte Weltraumflug: dicht, hilflos mauert er sein eigenes Volk ein. Wer Der Russe Juri Gagarin (*1934) umrundet einmal Mauerbau flüchten will, riskiert sein Leben (noch Jahre nach die Erde und landet nach 108 Minuten sicher bei der Öffnung des etwa 109.000 km2 großen Knasts 1989 bestreiten Engels (Wolga). 1968 verunglückt der Pilot bei einem MIG-Testflug armselige Betonköpfe die Existenz des Schießbefehls). Die Sperranlagen tödlich. Die Amerikaner schicken am 5.5. Alan Shepard (1923–1998) erstrecken sich schließlich über rund 1400 Kilometer von Lübeck bis nach oben. Seine Mercury-"Freedom 7" Hof, unterschiedliche Quellen geben die Zahl der Grenztoten zwifliegt jedoch nur eine ballistische Kurve schen knapp 900 und 1395 an. *** In Amerika weht seit dem 20.1. (Dauer: 15 Minuten), kommt dabei ein anderer Wind („New Frontier"-Politik): Der Demokrat John auf 187 Kilometer Höhe. 1971 landet Fitzgerald Kennedy (*1917) wird zum 35. US-Präsidenten – dem Shepard als Kommandant von Apollo jüngsten der Geschichte – gewählt. Er löst den Republikaner Dwight 14 auf dem Mond, wo er Golf spielt. Juri Gagarin David Eisenhower ab und besiegt dabei dessen *** Die Republik Südafrika wird am Parteifreund Richard Milhouse Nixon knapp. 31.5. ausgerufen, demokratische Wahlen gibt es jedoch erst 1994. Bis Kennedys Amtszeit beginnt mit einem außendahin verseucht die Politik der Rassentrennung (Apartheid) das Land. p politischen Desaster, der gescheiterten, Ebenfalls 1961 muss der Staat das Commonwealth auf Drängen andev von der CIA gestützten Invasion in rer Mitgliedsländer verlassen (Wiedereintritt 1994). *** Am 17.6. liefert der Schweinebucht (Kuba, 17.–19.4.). das 1960 eingeweihte erste deutsche Kernkraftwerk in Kahl John F. Kennedy Un Unvergessen: Kennedys Rede am am Main erstmals Strom (Abschaltung am 26 26.6.1963 vor dem Schöneberger Rathaus („Ich bin ein 25.11.1985). *** Ein früher, großer Schritt B Be Berliner!"). Fünf Monate später, am 22.11.1963, fällt der für den Naturschutz: In der Schweiz wird am Prääsi Präsident im texanischen Dallas einem Attentat zum Opfer. 11.9. der World Wide Fund For Nature E weiterer politischer Hoffnungsträger (für ganz Afrika) **** Ein (WWF) gegründet. *** Zwei Entscheidungen a 17.1.1961, drei Tage vor Kennedys Amtsübernahme, istt am verbessern das gesellschaftliche Klima in Seite

90

GoodTimes

2/2011


der Bundesrepublik: Am 30.6. wird das Bundessozialhilfegesetz verabschiedet, die Einführung des Kindergeldes folgt am 18.7. Nach diversen Zwischenfällen eskaliert die Lage in Berlin: Am Grenzübergang Checkpoint Charlie in der Friedrichstraße steCheckpoint Charlie hen sich am 27.10. amerikanische und sowjetische Panzer gefechtsbereit gegenüber: Die SED-Regierung will festgeschriebene Rechte der Westmächte einschränken, am Tag darauf ziehen beide Seiten die Ungetüme zurück und beenden ihre Drohgebärden. Der Weltfrieden hing einmal mehr am seidenen Faden.*** Politische Premiere am 27.11. in Bonn: Nach den Bundestagswahlen wird Elisabeth Schwarzhaupt (1901–1986) ins Kabinett von Kanzler Konrad Adenauer berufen; erstmals erhält damit eine Frau einen BRD-Ministerposten. Sie bleibt bis 1966 Chefin des Ressorts Gesundheitswesen. *** Am Tag ihrer Amtseinführung wird – nach vier verhängnisvollen Jahren im Handel – das Medikament Contergan vom Markt genommen. Die Einnahme des Beruhigungs- und Schlafmittels für Schwangere hatte verheerende Folgen: Weltweit kam es in geschätzten 10.000 Fällen (Bundesrepublik: 4000) Elisabeth zu schlimmsten Missbildungen. Schwarzhaupt auf

SPORT

einer Briefmarke in den 80ern.

1961 ist ein Jahr ohne Olympische Spiele und ohne Fußballweltmeisterschaft. Dennoch kommt es zu einem (politisch begründeten) Kuriosum: Bei der Eishockey-WM in der Schweiz kommt es zum „Flaggenstreit": BRD und DDR landen zufällig in einer Gruppe, vor der Begegnung protestiert die BRD vergeblich gegen Flagge und Hymne der DDR, tritt darum am 12.3. in Genf nicht an, verliert am „grünen Tisch" 0:5 und wird Letzter. Weltmeister wird Kanada: 19. Sieg bei 28 Wettbewerben, danach müssen „die Ahornblätter" jedoch bis 1994 auf den nächsten WM-Titel warten. *** Verrückt: In der ersten März-Woche spielt bei der Handball-WM problemlos eine gesamtdeutsche Mannschaft (sogar in West-Berlin) und belegt Platz 4. Weltmeister wird Rumänien nach zweimaliger Verlängerung gegen Dänemark; das aus heutiger Sicht unglaubliche Endergebnis lautet ... 9:8!!! *** Am 3.6. holt Schwergewichtsringer Ringer Wilfried Dietrich (1933–1992) seinen einzigen WM-Titel in Yokohama. Elf Jahre später wird er bei den Olympischen Spielen in München endgültig zur Legende, als er den 201 kg (!) schweren Amerikaner Chris Taylor anhebt und auf die Schultern wirft. *** Bei den Bob-Titelkämpfen in Lake Placid (USA) gewinnt der große Eugenio Monti (1928–2003; Italien) den ZweierJacques Anquetil und Viererwettbewerb, zwei seiner insgesamt neun WM-Goldmedaillen. *** Am 7.7. siegt die spätere Legende Rod Laver (*1938, Australien) zum ersten Mal bei den All England Championships im englischen Wimbledon, er schlägt den Amerikaner Chuck McKinley in 55 Minuten in drei Sätzen. *** Neun Tage später fährt der Franzose Jacques Anquetil (1934–1978) seinen zweiten Sieg bei der Tour de France ein, drei weitere werden folgen. *** Große Namen prägen den Sommer des Jahres mit Spitzenergebnissen und Rekorden in der Leichtathletik: die Hochspringer(in) Valerie Brumel (Sowjetunion) und Iolanda Balas (Rumänien), der amerikanische Weitspringer Ralph Boston und seine Landsfrau Wilma Wilma Rudolph Rudolph auf den Sprintstrecken: Die „Gazelle" wirkt wie ein Strich gegen die sowjetischen SchwesternSchränke Tamara (Kugelstoßen) und Irina Press (Diskuswerfen) – sie erhalten den wenig schmückenden Beinamen „The Press Brothers"... *** Ein Schatten liegt über der Formel-1-Weltmeisterschaft. Beim vorletzten von nur acht Läufen im italienischen Monza verunglückt der deutGoodTimes

sche Ferrari-Pilot Wolfgang Graf Berghe von Trips (†33) tödlich (Genickbruch), er kollidiert mit dem Schotten Jim Clark (der seinerseits 1968 auf dem Hockenheimring zu Tode rast). Insgesamt 15 Menschen sterben in Monza, weitere 60 werden zum Teil schwer verletzt. Den Titel gewinnt (mit nur einem Punkt Vorsprung nach dem letzten Rennen) Trips' Stallgefährte, der Amerikaner Phil Hill. *** Deutsche Sportler des Jahres (BRD) werden Graf Berghe von Trips, Fechterin Heidi Schmid Tamara & Irina Press und die Fußballmannschaft des 1. FC Nürnberg. In der DDR gewinnen die Wahl Gustav-Adolf „Täve" Schur (Radsport), Turnerin Ute Starke und die Kicker von Empor Rostock. Fußball/national: Deutscher Meister wird am 24.6. in Hannover der 1. FC Nürnberg durch ein 3:0 gegen Borussia Dortmund. Den DFB-Pokal holt sich am 13.9. in Gelsenkirchen Werder Bremen, das den 1. FC Kaiserslautern 2:0 besiegt. Zum Fußballer des Jahres wird der Nürnberger Max Morlock (1925 –1994) gewählt. In der DDROberliga wird der Spielmodus gewechselt, es gibt Meister nur für 1960 und dann erst wieder für 1961/62, auch der Pokalsiegerwettbewerb wird 1961 nicht ausgespielt und kein Fußballer des Jahres gekürt. Fußball/ international: Den Europapokal der Landesmeister gewinnt (nach fünf Siegen in Folge für Real Madrid) erstmals Benfica Lissabon um Topstar Eusebio (3:2 gegen den FC Barcelona). Gewinner des Pokalsiegerwettbewerbs ist der AC Florenz (2:0 und 2:1 in Hin- und Rückspiel gegen die Glasgow Rangers), den Messepokal (in etwa vergleichbar dem späteren Uefa-Cup) holt sich AS Rom mit einem 2:0 bzw. 2:2 gegen Birmingham City. Europas Fußballer des Jahres: der für Juventus Turin spielende Argentinier Omar Sivori (1935–2005), der 1962 auch die italienische Staatsbürgerschaft annimmt.

FUNK & FERNSEHEN Ein Evergreen in spe geht auf Sendung: Am 4.6. nimmt die Fernseh"Sportschau" ihren Betrieb auf. Männer der ersten Stunde(n) sind u.a. Ernst Huberty, Adolf „Adi" Furler, Dieter Adler, Werner Lux und Günter Siefarth. Sie läuft am Sonntag (Erkennungsmelodie: "Topsy", Orchester Werner Müller), rollt erst zum Start der Bundesliga 1963 mit drei vorab ausgesuchten Spielen am Samstag. 1971 wird das "Tor des Monats" erfunden, das "Fußball-Ballett" von WDRRedakteur Manfred Sellge folgt ab 1974, bis heute laufen hier Live-Auslosungen zum DFB-Pokal (inzwischen befreit von griesgrämigen Verbands-Muffpilzen). Weitere bekannte Präsentatoren: Heribert Faßbender, Eberhard Stanjek, Klaus Schwarze, HansJoachim Rauschenbach. Erste Frau: Anne Will 1999. *** Im Februar untersagt das Verfassungsgericht die Gründung eines bundeseigenen TV-Kanals ("Adenauer-Fernsehen") – Rundfunk ist und bleibt Ländersache. Am 6.6. wird der Vertrag über die Gründung des ZDF unterschrieben, das zwei Jahre später den Betrieb aufnimmt. *** Sendungen, die ab 1961 zu Klassikern avancieren: "Funkstreife Isar 12", "Hotel Victoria" (Vico Torriani), "Das Fernsehgericht tagt", "Treffpunkt New York" (Werner Baecker), "Reporter der Windrose" (Peter von Zahn). Chris Howland präsentiert "Musik aus "Funkstreife Isar 12" Studio B" und "Vorsicht, Kamera". 2/2011

Seite

91


Ein Knaller für kleine und große Kinder: "Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer" der Augsburger Puppenkiste. Aus den USA wird die Westernserie "Wyatt Earp" übernommen. *** Im August sendet der SFB Livebilder vom Mauerbau in Berlin. *** Dort präsentiert sich die Branche vom 25.8. bis 3.9. auf der 22. Internationalen Funkausstellung. 387.500 Besucher begutachten die Produkte von 158 Ausstellern. *** Die Zahl der Fernsehteilnehmer in der Bundesrepublik steuert auf die Fünf-Millionen-Marke zu.

FILM In Deutschland regiert weiter die seichte Welle, die schon die 50er Jahre dominiert hatte, als „die Menschen" nach dem Weltkrieg und seinen Folgen Positives aufsaugten. Unterhaltsames wie "Freddy und der Millionär", "Liane, die Tochter des Dschungels", "So liebt und küsst man in Tirol", "Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen", "Der grüne Bogenschütze" und viele andere zählen 1961 zu den beliebtesten Kassenschlagern. *** Ein Mann wird von seinen unzähligen Karlheinz Böhm Fans schief angesehen: Karlheinz Böhm, angehimmelter Damenschwarm und Schönling aus den "Sissi"-Filmen, wechselt die Seiten: In der englischen Produktion "Peeping Tom" ("Augen der Angst") spielt er den psychopathischen Kameramann Mark Lewis. „Krank, abwegig und peinlich geschmacklos" ("Katholischer Filmdienst"), muss der Thriller mehrfach umgeschnitten werden, bis er – zwei Jahre nach dem Dreh – endlich in einer unbeanstandeten Fassung in den hiesigen Kinos gezeigt werden darf. *** Bei der Oscar-Verleihung am 9.4.1962 (für Filme und Darsteller von 1961) räumt Maximilian Schell die Musicalverfilmung von "West Side Story" mit zehn Auszeichnungen mächtig ab. Für seine großartige Leistung in "Das Urteil von Nürnberg" wird Maximilian Schell (als NaziStrafverteidiger Hans Rolfe) mit der beliebten Statue bedacht. Für die beste weibliche Hauptrolle wird Sophia Loren ("Und dennoch leben sie") geehrt. *** Internationale Beiträge aus diversen Genres machen das Filmjahr zu einem guten: "Der längste Tag" (USA), "Der Graf von Monte Christo" (Frankreich), "Bitterer Honig" (UK), "El Cid" (Italien/USA), "Die glorreichen Sieben", "Der Mann, der Liberty Valance erschoss", "Meuterei auf der Bounty" (alle USA). Audrey Hepburn brilMargaret Rutherford liert in "Frühstück bei Tiffany", den Briten gelingt mit "Der Tag, an dem die Erde Feuer fing" ein früher ScienceFiction-Knüller – und bis heute unvergessen bleibt "16 Uhr 50 ab Paddington": Die wunderbare Margaret Rutherford spielt sich als Hobbydetektivin Miss Marple in die Herzen von Millionen Zuschauern. Das musikalische Titelthema ("Murder, She Said") von Ron Goodwin verfehlt zwar die Single-Charts, wird aber zum Ohrwurm. *** Elvis Presley ist im achten seiner 33 Filme zu sehen: "Blue Hawaii" wird – nach "Viva Las Vegas" – zum zweiterfolgreichsten Streifen an den Kinokassen. Die Soundtrack-LP steht 79 Wochen in den US-Billboard-Pop-Charts, davon 20 auf der Spitzenposition. Seite

92

MUSIK Der Grand Prix Eurovision de la Chanson (inzwischen European Song Contest/ESC) steckt nach seiner Gründung 1956 noch in den Kinderschuhen. Für die Bundesrepublik geht Lale Andersen mit "Einmal sehen wir uns wieder" an den Start, die im nationalen Vorentscheid in Bad Homburg u.a. Carl Dieter Heckscher (später: Dieter Thomas Heck) und Fred Bertelmann ausschaltete. Beim Wettbewerb am 18.3. im französischen Cannes ist dann Schluss mit La-la für Lale: nur Rang 13 bei 16 Teilnehmern. Es siegt der Franzose JeanClaude Pascal für Luxemburg mit "Nous les amoureux". Auf den Plätzen: The Allisons (UK, "Are You Sure?") und Franca di Rienzo (Schweiz, "Nous aurons demain"). Fürs deutsche Fernsehen kommentiert Wolf Mittler. *** Von den Vorläufern von Beat & Co. ist in Deutschland noch keine Rede. Und weil auch der Rock'n'Roll verpennt wurde, sind hier nach wie vor Schlager das Maß aller Dinge: der "Babysitter Boogie" (Ralph Bendix und die kleine Elisabeth), Freddy mit "La Paloma", Bill Ramsey mit der "Zuckerpuppe", und IIvo Robic stellt fest "Mit 17 fängt das LLeben erst an". Am längsten halten sich aan der Hitparadenspitze: "Ramona" (Blue D Diamonds) und das Instrumental "Wheels" ((Billy Vaughn; je elf Wochen), gefolgt von N Nana Mouskouris "Weiße Rosen aus Athen". **** In England veröffentlichen die Shadows zzwei ihrer besten Nummern ohne Worte, ""F.B.I." und "Kon-Tiki". Erfolgreicher in d den UK-Charts sind jedoch Petula Clark (("Sailor"), die gerade mal 14-jährige Helen Shapiro mit "You Don't K Know" und "Walkin' Back To Happiness", der singende Schauspieler John Leyton ("Johnny, Remember Me") sowie Teenage-Schnulli Eden Kane mit "Well I Ask You". *** Der Knaller des Jahres in den USA ist "Tossin' And Turnin'" von Bobby Lewis; Elvis Presley ist weiter im Rennen mit "Surrender". Weitere, bis heute gern erinnerte Hits kommen von Del Shannon ("Runaway"), Dion ("Runaround Sue"), und die Marvelettes legen mit "Please Mr. Postman" für vier junge Männer aus Liverpool vor, die schon bald die Musikgeschichte revolutionieren werden. Außerdem verzaubert ein Gast aus Germany die Amerikaner: Sie lieben (und kaufen) "Wonderland By Night" ("Wunderland bei Nacht") vom Komponisten, Orchesterchef und Produzenten Bert Kaempfert. *** Kaempfert ist es auch, der in der Friedrich-Ebert-Halle in HamburgHarburg im Juni 1961 fünf Titel mit den Beat Brothers und Tony Sheridan produziert; zwei weitere Songs ("Cry For A Shadow" und "Ain't She Sweet") spielen die späteren Beatles ohne Sheridan ein. Im Dezember steht "My Bonnie" in der deutschen Hitparade und kommt bis auf Platz 32 – erste messbare Schritte einer folgenden phänomenalen g Weltkarriere. *** Bei der Otto-Preisverleihung m der "Bravo" gehen die Auszeichnungen im Bereich Musik an Freddy vor Peter Kraus und Rex Gildo (Herren), die Damen-Wahl entscheiden Caterina Valente, Heidi Brühl und Con Froboess zu ihren Gunsten. *** Conny

GoodTimes

VERMISCHTES AUS ALLER V W WELT Zw Ohren, zwei Kanäle: In den USA werden die Zwei ers ersten Stereosendungen im Hörfunk ausgestrahlt. *** Ka Katastrophe in Mittelamerika: Der verheerende Hurrikan "H "Hattie" zerstört am 30./31.10. Belize City, die Hauptstadt vo Britisch-Honduras (ab 1973: Belize). Dank eines von Fr Frühwarnsystems sterben „nur" 307 Menschen, nach2/2011


dem 1931 ein vergleichbar schwerer Sturm noch über 2000 Tote gefordert hatte. *** Katastrophe in Deutschland: Im Bahnhof Berliner Tor in der Hamburger Innenstadt kollidieren eine S-Bahn und ein übersehener Bauzug. 28 Tote sind zu beklagen, fast 60 Fahrgäste werden zum Teil schwer verletzt. *** Buch des Jahres wird "Katz und Maus" von Günter Grass. *** Am 3.4. treten in der Bundesrepublik erstmals Zivildienstleistende ihre 15-monatige Arbeit anstelle des Wehrdienstes an. *** Reißender Schallplattenabsatz: In Deutschland gehen 1961 rund 53 Borgward Isabella Coupe Millionen Singles und zwölf Millionen Langspielplatten über die Ladentische. *** Während der Vinylumsatz floriert, verabschieden sich die zuvor gebräuchlichen SchellackScheiben: Die Massenproduktion wird eingestellt. *** Am 1.6. wird die Antibabypille ("Anovlar", Schering AG) als Verhütungsmittel für den Verkauf zugelassen, ein Jahr nach dem Start in Amerika. *** FünfTage-Woche rund um die „Kohle": Ab 1.7.1961 b l e i b e n Banken und Sparkassen in der Bundesrepublik am Samstag geschlossen. *** Motor aus: Vergleichsversuche scheitern, am 11.9. beginnt das Konkursverfahren – der Bremer Autohersteller Borgward (inkl. Lloyd und Goliath) ist erledigt. *** Fies für viele Kurze: Rudolf Nurejew Jetzt gibt's – unabhängig von der Saison

GoodTimes

– ganzjährig Spinat: Die Firma Iglo nimmt das nahrhaft-wohlschmeckende Gemüse ins Tiefkühlsortiment auf. *** Am 1.7. eröffnet in Mannheim die erste deutsche BowlingGroßanlage. *** In Frankreich, wo eine aktuelle Tournee ansteht, bittet der russische Ballettstar Rudolf Nurejew (1938–1993) um politisches Asyl. *** Am 5.1. feiert der amtierende Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876– Barack Obama 1967) seinen 85. Geburtstag. Erst zwei Jahre später tritt er zurück. *** Vor dem Bezirksgericht in Jerusalem beginnt am 11.4. die Hauptverhandlung im Prozess gegen den Nazi-Massenmörder Adolf Eichmann. Nach eingereichter und verworfener Lady Di Berufung („Ich bereue nichts") wird er am 15.12. zum Tod durch den Strang verurteilt. Vollstreckung: 31.5.1962. Geboren: 1961 erblicken unter anderem das Licht der Welt ... die Schauspielerinnen Nastassja Kinski (24.1.), "Tatort"-Kommissarin Ulrike Folkerts (14.5.) und HollywoodStar Meg Ryan (19.11.); die Sportler Lothar Matthäus (21.3.) und Carl Lewis (1.7.); ferner die Musikerin Enya (17.5.), Prinzessin Diana von Wales („Lady Di"; 1.7.) und der amtierende US-Präsident Barack Obama (4.8.). Verstorben: Krimi-Schriftsteller Dashiel Hammett Gary Cooper (10.1.), die Filmlegenden Gary Cooper (13.5.), Charles Coburn (30.8.) und Chico Marx (Marx Brothers; 11.10.) sowie der schwedische UN-Generalsekretär und Friedensnobelpreisträger Dag Hammarskjöld (18.9.). *** Bernd Matheja

2/2011

Seite

93


LANGNESE OHNE ENDE

Nogger dir "einen ...! " Nicht nur regelmäßige Kinogänger derr frühen 80er Jahre dürften sich daran erinnern: Kleine Mädchen wanderten inmitten einer Strandkulisse über die Leinwand und schreckten Sonnenanbeterr te auf, indem sie ihnen kaltes Eis auf die nackte Haut drückten. Oder an die Brünette, die ein hnitt Eis am Stiel aus ihrem Badeanzugausschnitt er an (mit Reißverschluss) hervorzauberte. Oder nd das die bildhübsche Saxofonistin, die am Strand ngst zur Solo blies. Und als dann jeweils der längst Kultnummer avancierte Song "Like Ice Inn The Sunshine" verklungen war, kam diese staubtrockene S Stimme aus d dem Off: "Langnese gibt's auch hier im Kino."

Von Philipp Roser

er deutsche Musiker Holger-Julian Copp (zuvor mit der Band Sunrise und "Call On Me" erfolgreich) hatte die Nummer 1986 alss Werbe-Jingle für Langnese geschrieben und unter dem Namen The Beagle Music Ltd. aufgenommen. Während seines zwölfwöchigen Aufenthalts in den deutschen Charts schaffte es der Titel bis auf Rang 10. Doch dabei blieb es nicht: Mit Neuaufnahmen des Eisliedes durch Anastacia (2001), die No Angels (2002, #1 in der deutschen Hitparade), DJ Tomekk feat. Troooper Da Don sowie Faithless und auch Techno-Star-DJ Westbam (alle 2003), Shaggy (2004) und The Boss Hoss (2006) warb Langnese für diverse neue Produkte. Selbst Komiker Otto Waalkes fühlte sich 2001 bemüßigt, mit "Kein Sunshine" eine Parodie auf die Nummer abzuliefern. Daam nicht genug: Auch zuvor bereits erfolgDamit reiche Pop-Klassiker begleiteten Werbekampagnen de Eisproduzenten: So waren Amen Corner ("[Iff des P Paradise Is] Half As Nice") und Roy Orbison ("All I Have To Do Is Dream") im Einsatz, nachdem dass de deutsche Unternehmen in den 80er Jahren begon-nen hatte, auf den Werbefaktor Musik zu setzen, um den hohen ho g den Wiedererkennungswert zu nutzen; es ging

D

Seite

94

um den Transport des Markengefühls in Form von Tönen: modern, leicht und familiär sollten Produkte wie "Cornetto" und "Magnum" wirken – e" so wurde mit dem Werbeclip für "Like Ice In The Sunshine" Branchengeschichte geschrieben. Doch Langnese schuf nicht nur Werbeklassiker – Ähnliches gelang dem traditionsreichen Unternehmen mit seinen Produkten. Ältere Leser dürften sich an das 1959 auf den Markt gebrachte Eis namens "Capri" erinnern, in n dem fünf Jahre später entwickelten "Nogger" gelang eein nett tta" a"" ähnlicher Erfolgszug. "Brauner Bär" (1974) und "Viennetta" (1981) setzten sich zwar auch durch, doch erst "Magnum", das Eis mit der Schokoladenhülle, ging ab 1988 so richtig durch die Decke! Nicht zuletzt, weil imposante (und finanziell massiv unterlegte) Werbekampagnen das Produkt anschoben: Da posierte Model/Schauspielerin Eva Longoria lasziv und „knackte" die Schokohülle unüberhörbar – und dass manche religiösen Kreise lautstark an der limitierten "Magnum"Edition „7 Todsünden" (mit Sortennamen wie Wollust, Habgier) herummäkelten, erhöhte Aufmerksamkeit und Neugier der potenziellen Konsumenten um so mehr. „Langnese war der Inbegriff von Sommer und Coolness." Oder: „Man ging ins Kino und freute sich auf die Langnese-Werbung." Welcher Konsumgüter-Produzent kann derart zustimte mende Sätze in zahlreichen Internet-Blogs heute fnoch über sich lesen? Nur wenige – und darüber dürfut ten sich nicht nur die Firmenverantwortlichen gefreu gefreut gentureen haben: Auch die verantwortlichen Werbe-Agenturen st we werb rben ((und u d un konnten bei möglichen Neukunden für sich selbst werben über prall gefüllte Konten jubeln). Doch bis diese Erfolgsgeschichte in der jüngeren Vergangenheit geschrieben werden konnte, war es ein langer Weg, dessen Anfänge bis ins vorletzte Jahrhundert zurück-

GoodTimes

2/2011


Fotos: © Unilever

reichen. Schon 1888 gründete der Hamburger Exportkaufmann Viktorr Emil Heinrich Langnese eine Bisquitfabrik, die dank bester Qualität ihrerr n Kekse sehr schnell einen hervorragenden Ruf erlangte. 1927 suchte ein anderer Geschäftsmann aus der Hansestadt, der Honigproduzent Karl Rolf Seyferth, per Inserat im "Hamburger Fremdenblatt" eine Mant Mantelgesellschaft. Langnese un nd Seyferth kamen zusamund me men, und die LangneseM Markenrechte wechselten fü 300 Reichsmark und die für E Einladung zum Abendessen in einem renommierte Schlemmerlokal den ten B Besitzer: Dies war die Ge Geburtsstunde der Marke Lang La Langnese Honig. Seyferth war offenbar ein gewiefter Geschäftsmann mit einem Riecher für erfolgversprechende Produkte. In nahen Dänemark „entdeckte" er das dort gut gehende Eis am Stiel. Sein neues Importprodukt sorgte in der norddeutschen Bevölkerung für Furore und hatte rasch seinen Namen weg: Die „Eislollies", für zehn Pfennig angeboten, verkauften sich schnell richtig gut. Bereits im ersten Produktionsjahr 1935 setzte Seyferth über 1,5 Millionen Stück ab. Doch bereits ein Jahr später wuchsen für den Eisproduzenten die Probleme massiv: Er kam im Planwirtschaftskonzept der herrschenden Nationalsozialisten nicht mehr an genügend Milch und Sahnee 6 heran, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Und so verkaufte er 1936 sein Unternehmen an die Margarine-Verkaufs-Union, auch bekannt alss Unilever, die ihre Neuerwerbung als LangneseEiskrem GmbH im Berliner Handelsregister eintragen ließ – und offenbar besser mit den Machthabern zurechtkam: Über 20 Millionen Eis am Stiel wurden im Jahr nach dem Besitzerwechsel geschleckt. Der drohende Zweite Weltkrieg und die folglich zunehmende Knappheit an Rohstoffen machten allerdings 1939 der süßen Leckerei vorerst den Garaus: Die Produktion wurde eingestellt. Es dauerte bis zum August 1948, dann erst lief die Herstellung der „Eislollies" wieder an – in den Notzeiten nach dem Krieg dauerte es allerdings bis 1953, ehe sich erste Verkaufserfolge einstellten. "Happen" (1951) und "Domino" (1953) hießen die beiden neuen Sorten, die sich rasch zu Verkaufsrennern entwickelten und gerade noch rechtzeitig kamen: Die MargarineUnion AG stand damals vor der Entscheidung, Langnese zu schließen, nahm dann aber doch Abstand davon. 1960 wurde die Produktion von Hamburg in eine neugebaute Fabrik – damals die modernste in ganz Europa – in Heppenheim an der Bergstraße verlagert. Angesichts der rasant wachsenden Nachfrage waren entsprechende Produktionskapazitäten nötig: Von 2,3 Millionen Litern verkaufter Eiskrem 1953 war di die M Mengee n auf 20,3 Millionen Liter im Rekordsommer 1959 (die Geburtsstunde von n "Capri") gestiegen. Und in Heppenheim dürfte ein gewisser Sebastian Vettel, heute amtierender Formel-1-Weltmeister, noch viele Jahre späterr als Kind so manches Produkt aus diesem Werk genascht haben. Einen weiteren Einschnitt bescherte das Jahr 1962, als derr Mutterkonzern Unilever Langnese mit der Firma Iglo ver-sch sc schmolz, 23 Jahre bevor der ehemalige Langnese-Stammsitzz n Hamburg-Wandbek endgültig geschlossen wurde.. in GoodTimes

Bedeutsam in der langen Firmengeschichte war 1962 auch die Entscheidung, das bis dahin erfolgreich weitergeführte Geschäft mit dem Honig im Rahmen der Fusion mit Iglo auszugliedern und an den OetkerK Konzern zu veräußern. Innovationen waren – n neben heißen Sommern – gefragt, und da lagen d die Langnese-Macherr o richtig: Auch die neuen uen oft S gger" Schleckvarianten "Nogger" (1 u d (1964; Slogan: „Nogger dir einen!") un und " "Cornetto" trafen die Geschmacksnerven u und sorgten bis 1979 für ein raa rapides Firmenwachstum, ehe d das Geschäft zu stagnieren b d begann: Neukreationen wie "Ed v Schleck" (1979), "Vienetta" van (1 (1983) oder "Calippo" (1985) li gliefen längst nicht mehr so erfolgre li t reich wie die inzwischen etablierten M Marken. Doch schon bald ging e wieder aufwärts: Bei es L Langnese setzte man auf e d eine neuartige optische und a g akustische Unterstützung d dend d des Eisverkaufs, die blendend a ufs fsza zahl hleen ankam und die Verkaufszahlen a ankurbelte – siehe oben. D Das Eis schmolz im S Sonnenschein und an d Konsumentengaumen, Konsum men enttengaumen diee neue Marke "Magnum" den en räumte ab. Es zahlte sich nun aus, dass das Unternehmen prac ach h. in der originellen Werbung auch gezielt Erwachsene ansprach. erneehm men Längst operiert das Unternehmen in d international, wenn auch unter anderen N Namen – im Ausland ist "Langnese" nicht iimmer einfach auszuspreim cchen: h In Großbritannien C China, Indien und anderren e asiatischen Ländern istt ees Wall's, Frigo in Spanien, nie ien, n F d Mik ko Frisko in Dänemark und Miko in Frankreich. Auch diverse ersee Lo Logo oLogoV as Veränderungen hat das U Unternehmen unbeschad det überstanden: Ab 1936 m machte ein verschmitzt g grinsender Junge mit eeinem Eis am Stiel in der Hand eeine lange Nase, ab 1965 war ar de er Schr rift ug g der Schriftzug „L „Langnese Eiskrem" vor einer rot-weißen M Markise zu sehen. Im Sommer 1998 schließlilich i hielt das „Herz-Logo" Einzug – wohl A Ausdruck der Orientierung mit Familien aals Hauptzielgruppe. Und die wurde mit d diversen weiteren Marketingaktivitäten in ins Visier genommen und angelockt: zzum Beispiel in Form von Kooperationen m mit Fußball-Bundesligisten wie Borussia M Mönchengladbach oder dem FC St. Pauli. I d di wurden d so genannte Langnese Familienblocks einIn deren St Stadien gerichtet: Mit Hilfe von Zuschüssen seitens des Unternehmens stehen ermäßigte Karten für Kinder zur Verfügung, außerdem locken Überraschungsaktionen und Gewinnspiele. Es genügt längst nicht mehr, nur Eis zu produzieren. Um in der Flut ähnlicher Produkte aufzufallen, bedarf es weiter auffälliger WerbeAktionen wie in der Vergangenheit. Und manche halten sich für immer erfrischend in der Erinnerung – „Like Ice In The Sunshine". 2/2011

Seite

95


Die Krimi-Reihe "Derrick" gehört zu den erfolgreichsten Sendungen des deutschen Fernsehens. Die ZDFProduktion wurde in über 100 Länder verkauft. Noch heute laufen in aller Welt Wiederholungen mit den Münchner Ermittlern Oberinspektor Stephan Derrick und Inspektor Harry Klein.

Jedem Deutschen seinen Harry Von Norman Bender

W

er sich in den 90ern nach einem stressigen Geschäftstermin in Peking oder einer hitzigen Stadttour durch Paris erschöpft ins o Hotelbett fallen ließ und den Fernseher einschaltete, wird sich zuweilen ge gewundert haben. Auf der Mattscheibe waren tatsächlich Horst Tappert u und Fritz Wepper zu sehen, die in ihrer BMW-Limousine durch die Münc Münchner High-Society-Viertel kutschierten. Kein Zweifel, die deutsche TV TVTV-Krimi-Serie "Derrick" flimmerte auch hier über den Bildschirm, Sat Satellitenempfang machte es möglich.

Folge mit dem Titel "Waldweg" zu sehen, waren die Kritiken vernichtend. Der "Spiegel" ordnete "Derrick" als stereotyp und profillos ein; Die "Zeit" sprach sogar vom schlechtesten Kommissar des deutschen Fernsehens. Doch die Macher hielten am Neuling fest. Schließlich hatte der gefeierte Vorgänger (und zunächst weiter parallel laufende) "Kommissar" – ebenfalls produziert von Helmut Ringelmann – fünf Jahre zuvor ähnliche Anlaufprobleme gehabt: Erik Ode und seine drei Assistenten schafften es dann nach kurzer Zeit, sich in die Herzen der korde Fernsehzuschauer zu spielen und Einschaltquotenrekorde Derricks spätere zu verbuchen. Allerdings wurde "Der Kommissar" in den Waffe: 38 Special ersten Jahren nur in Schwarzweiß ausgestrahlt, obwohl das Smith & Wesson Farbfernsehen bereits seit der Funkausstellung 1967 existierte. Ringelmann wollte dies ändern, und er überlegte sich ein neues Konzept, ohne bereits Bestehendes zu kopieren.

Foto: Bildarchiv Hallhuber

Kaum eine andere deutsche TV-Produktion lief so erfolgreich im Ausland wie "Derrick". Franzosen, Italiener, Finnen, Ungarn, Chinesen und viele andere liebten sie. In China glaubten sogar nicht wenige, dass jeder deutsche Kommissar einen eigenen Harry hat, quasi einen treu ergebenen persönlichen Diener. Was machte "Inspecteur Derrick", so der französische Titel der ZDFProduktion, so populär? Auch die Mitte der Achtziger angetretenen Privatsender konnten als Konkurrenz das Passend zum gedeckten Münchner Anzug: Derricks Trenchcoat Krimi-Duo Harry Klein (Fritz Wepper) und Stephan Derrick (Host Tappert) nicht bremsen. Fast ein Vierteljahrhundert prägten sie die deutsche Krimi-Fernsehlandschaft. Dabei war der Start am 20. Oktober 1974 wenig vielversprechend. Obwohl an diesem Sonntagabend knapp über 30 Millionen Fast wie Vater und Sohn: Horst Tappert und Fritz Wepper Zuschauer einschalteten, um die erste Seite

96

GoodTimes

2/2011

Sein neuer Krimiheld würde in Farbe ermitteln und der Aufbau der Episoden geändert werden: Der Mörder sollte den Zuschauern von Beginn an bekannt sein. Dieses Prinzip hatte bereits Regisseur Jürgen Roland in seiner "Stahlnetz"Reihe seit den späten 50er Jahren praktiziert. So entstanden realitätsnahe Krimis. Produzent Ringelmann verließ sich auch bei "Derrick" – wie schon beim "Kommissar" – auf „seinen" Autor: Herbert Reinecker sollte auch für die neue Serie die Drehbücher liefern. Reinecker war zu diesem Zeitpunkt Deutschlands erfolgreichster Drehbuchautor, der u.a. für den Plot der Spionageserie "Die 5. Kolonne" und den Klassiker "Winnetou" verantwortlich war. Sein Konzept für eine Produktion passte stets auf ein DIN-A4-Blatt, und er lieferte pünktlich. Gerade mal acht bis


Foto: Bildarchiv Hallhuber

zehn Tage brauchte er dann für das komplette Script einer neuen "Derrick"-Episode. Eine Arbeitsmoral, die Ringelmann bei insgesamt 281 Folgen sehr entgegenkam. Die "Derrick"Titelmelodie lieferte der britische Musiker Les Humphries, der mit seinem Chor in den frühen 70ern in Deutschland kräftig abräumte. Der Name "Derrick" steht laut Autor Reinecker symbolisch für „Maschine", „Stärke" und „Kraft".

Von Beginn an war "Derrick" als Produktion angelegt, die sich über Jahre im deutschen Fernsehen halten sollte. Horst Tappert und Fritz Wepper waren dem Publikum aus TV und Kino bekannt. Tappert wurde u.a. durch den Mehrteiler „Die Gentlemen bitten zur Kasse" (1966) berühmt, Wepper schaffte als 18-Jähriger in Bernhard Wickis "Die Brücke" (1959) den Durchbruch. 1969 übernahm er die Rolle des Assistenten Harry Klein in "Der Kommissar" an der Seite von Erik Ode. Doch wie konnte Assistent Harry zu Oberinspektor Derrick wechseln? "Der Kommissar" sollte nicht abgesetzt werden – zu hoch waren die Einschaltquoten. Um eine passende Lösung zu finden, musste folglich eine Verbindung zwischen Kommissar Keller und Oberinspektor Derrick gefunden werden – Beamtenschicksal: Harry Klein wurde einfach versetzt und zum Inspektor befördert.

© Pressefotos

Zunächst wurde "Derrick" am Sonntag als 90-Minüter ausgestrahlt und stand damit in Konkurrenz zum ARD-Renner "Tatort". Bis zum Januar 1978 behielt "Derrick" seinen Sendeplatz, doch Produzent Ringelmann kürzte nach den ersten Folgen die "Derrick" um die Hälfte. Auch wich man vom ursprünglichen Konzept ab und ließ die Zuschauer wieder mitraten. Der Plot war meist einfach gestrickt, z.B.: missratener Millionärssohn, am besten „Stromgitarrenspieler" und „Haschischfixer", tötet die unberührte Tochter der Haushälterin im Drogenrausch. Dabei öffneten sich den Ermittlern Derrick und Klein die Abgründe des Münchner Geldadels. Komplizierte Familienverhältnisse inklusive Mord und Totschlag waren immer wieder Themen, die Autor Reinecker in seinen Drehbüchern aufgriff – Fazit: Auch denen „da oben" geht es schlecht ... Diese umwerfende Erkenntnis überzeugte nicht nur die deutschen Zuschauer. So passierte es, dass der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker bei einem Staatsbesuch in Island 1992 von seiner dortigen Amtskollegin auf die Serie angesprochen wurde. In einer öffentlichen Rede erklärte sie: „Dank 'Derrick' ist bei uns Deutsch wieder ,in'. Er spricht immer so schön langsam und mit Pausen." Typisch Deutsches wurde nicht mehr über Heidelberg und Lederhosen repräsentiert, sondern in Gestalt eines Inspektors mit Tropfenformbrille, der verständliche Lebensweisheiten absonderte. Wie etwa in Folge 273: „Die Lebensmüdigkeit nimmt zu. Hat alle Aussicht eine Volkskrankheit zu werden." Solche Aussagen, kombiniert mit dem immer gleichen Gesichtsausdruck, den Horst Tappert seiner Figur zur Verfügung stellte, machen bis heute den Kult um "Derrick" aus. Weit über eine Milliarde Menschen schauten bis Ende der 90er Jahre Derrick & Klein bei ihren Ermittlungen zu. Noch heute laufen die Wiederholungen irgendwo in der Welt erfolgreich. In Shanghai zum Beispiel zeigt

Ermitteln bis spät in die Nacht: Stephan Derrick und Harry Klein

die Polizei ihren Bediensteten immer wieder "Derrick" als Lehr- und Anschauungsmaterial. um m Schon 1988, lange vor der Öffnung Chinas zum utsche Westen, waren die Münchner Beamten der deutsche n Bege g gn gnun ung Exportschlager. So kam es zu einer witzigen Begegnung zwischen Horst Tappert und Fans aus Fernost: „Ich Derricks Waffe war am Frankfurter Flughafen, als mir plötzlich ein Walther PPK 1848 Gruppe chinesischer Touristen in die Arme lief und laut 'Dellick', 'Dellick' rief. Das hat mich wirklich beeindruckt." Nach zwei Jahrzehnten Ermittlungen in der Münchner Schickimicki-Szene schlich sich im Team Derrick/Klein langsam Routine ein. Sätze wiederholten sich, Floskeln wurden zum Running Gag. Das vielzitierte „Harry, hol' schon mal den Wagen" ist allerdings so nie gesagt worden (es war eine Erfindung von Harald Schmidt und Herbert Feuerstein in einem Sketch). Ende der 80er Jahre wurde "Derrick" auch bei vielen jungen Leuten Kult. Punks und Freaks hockten vor der Glotze und ermittelten (vor dem Gang auf die Piste) mit Harry und Stephan. Dann erreichte jedoch auch Oberinspektor Derrick das Rentenalter. Drehbuchautor Herbert Reinecker (inzwischen über 80) wollte ebenfalls in den Ruhestand. Fans aus aller Welt waren enttäuscht und forderten einen sauberen Abgang für ihren Helden: „Derrick darf nicht sterben!" Die Klappe zur letzten Episode fiel am 16. Oktober 1998. In der 281. Folge mit dem Titel „Das Abschiedsgeschenk" wurde Oberinspektor Derrick zur Europol (ein Auffangbecken für Rentner?!) versetzt. Doch dann geriet seine Beförderung durch eine Morddrohung in Gefahr. Derrick ließ sich durch die Feierlichkeiten natürlich nicht von seinen Ermittlungen abbringen und trug ein letztes Mal seine feingemusterte Krawatte zum gedeckten Anzug ... Fast genau zehn Jahre später stand es gesundheitlich schlecht um Horst Tappert. Am 13. Dezember 2008 starb er nach langer Krankheit. Fritz Wepper war tief betroffen: „Mit Horsts Tod ist auch ein Stück von mir gestorben." Der ewige Wagenholer erwies seinem Kollegen und Freund die letzte Ehre und hielt im kleinen Kreis von Familie und Freunden die Grabrede. Erma 652


Senta Berger

zum 70. Geburtstag

Noch bis Juni steht Senta Berger vor der Kamera, um den Fernsehfilm "In den besten Jahren" für die ARD abzudrehen. Am 13. Mai wird die Kult-Schauspielerin aber sicher eine Pause einlegen, dann jährt es sich zum 70. Mal, dass sie im Lainzer Krankenhaus in Wien das Licht der Welt erblickte. Mit Ehemann Michael

Verhoeven, dem Regisseur und Produzenten, sowie ihren beiden Söhnen Simon (38) und Luca Paul (31) wird die eloquent-humorvolle, unprätentiöse und stets integre Künstlerin dann auf die eine oder andere Begebenheit in ihrem erfüllten Leben und der erfolgreichen Leinwandkarriere zurückblicken.

ch war ein Wunderkind und habe dann in der Pubertät die Lust an vielen Dingen „ verloren. Zeichnen, Klavierspielen, Ballett – das ist damals alles auf der Strecke geblieben. Für eine gewisse Zeit war ich ein sehr wilder, schwieriger Teenager", erinnerte sich die Tochter eines als Musiker ausgebildeten Handwerkers (mit seinem Trio stand sie schon als Vierjährige auf der Bühne) und einer Mutter, die schon früh die künstlerischen Ambitionen der eigenwilligen und willensstarken Tochter unterstützte. Mehrere Schulen musste die junge Senta Berger verlassen, und auch beim renommierten Max-Reinhardt-Seminar wurde der 17-Jährigen nach einem Jahr der Stuhl vor die Tür gesetzt: Sie hatte ohne Erlaubnis im Yul-Brunner-Film "The Journey" (Gage: 3000 Schilling; erster, aber nicht letzter Kontakt mit Hollywood) mitgewirkt – doch dies war nicht ihr Leinwanddebüt: Zuvor hatte sie bereits mit dem angesehenen Regisseur Willi Forst (1957, "Die unentschuldigte Stunde", mit Hans Moser) gearbeitet. 1960 spielte sie neben Heinz Rühmann in "Der brave Soldat

längst so weit, aber dann werden noch ein paar Kabel verlegt, das Licht wird neu eingerichtet, jemand zupft noch an dir herum. Da musst du eine große Disziplin aufbringen", ließ die abgeklärte Künstlerin vor kurzem die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" wissen.

Fotos: Bildarchiv Hallhuber

Schwejk", ehe sie ein Jahr später ihren großen Durchbruch mit der Simmel-Verfilmung "Es muss nicht immer Kaviar sein" feierte. Rühmann war es auch, der der jungen Frau damals riet, sich schnell an die Einsamkeit im Schauspielberuf zu gewöhnen. „Heute verstehe ich ihn sehr gut – gerade vor der Kamera ist man ganz auf sich gestellt. Man muss lernen, diese Einsamkeit auszuhalten. In den Momenten, bevor die Kamera läuft, brauchst du besonders gute Nerven: Du bist

Ab 1962 drehte Senta Berger in ihrer zeitweiligen Wahlheimat Hollywood mit Brynner, John Wayne, Kirk Douglas, Frank Sinatra, Dean Martin, Charlton Heston, aber auch mit Romy Schneider und Elke Sommer; sie stand mit Alain Delon ("Mit teuflischen Grüßen", 1967)

Fotos: Bildarchiv Hallhuber

I

vor der Kamera und ließ sich auch durch die Heirat mit Verhoeven 1966 kaum bremsen. Sie bezog zudem politisch immer wieder Stellung – gegen Doppelmoral und freie Liebe. Ihr Reflexionsvermögen in diesem Zusammenhang belegt ein weiteres Zitat, mit dem sie auf ihre Karriere und das Familienleben zurückblickt: „Ich wollte mit meinem Mann zusammenleben und nicht bloß für kurze Wiedersehen hin- und herfliegen. Und obwohl ich in Amerika unendlich verwöhnt wurde, habe ich meine realistische Sicht der Dinge immer behalten. Ich wusste genau: Die können mich morgens mit der Ziehharmonikalimousine abholen, aber der Film wird dadurch nicht besser. Und für die richtig guten, interessanten Stoffe, die sich mit den Problemen der amerikanischen Gesellschaft auseinandersetzen, mit Vietnam und den Konsequenzen – für die brauchte man keine europäischen Darsteller", begründete sie die begrenzte Dauer ihrer Zeit in der US-Filmmetropole. Seite

98

GoodTimes

2/2011

Foto: Bildarchiv Hallhuber

Sinatra & Prohacek

Und so war sie außer in ihren zahlreichen Filmrollen auch als Chansonsängerin und bei Lese-Abenden im deutschsprachigen Raum zu erleben, immer wieder auf Theaterbühnen (im "Jedermann" in Salzburg oder am legendären Burgtheater in ihrer Geburtsstadt). In den letzten drei Jahrzehnten war Senta Berger – neben der Tätigkeit als Filmproduzentin – schwerpunktmäßig für das Fernsehen tätig. Vor allem die zu Kultehren gelangte TV-Serie "Kir Royal" profitierte von 1984 bis 1986 von ihrer unglaublichen Präsenz und Ausstrahlung. Seit 2002 ist „die Berger" als interne Ermittlerin Dr. Eva Maria Prohacek in der ZDF-Krimireihe "Unter Verdacht" zu sehen; und sie engagiert sich auch in anderen Bereichen: etwa als Präsidentin Senta Berger 2009 zur der Deutschen Eröffnung der Berlinale Filmakademie (2003–2009), als Botschafterin von "Pro Wildlife" oder für José Carreras' Leukämie-Stiftung. Und so aktiv und rege wird es bei der Jubilarin weitergehen, denn kürzertreten, das ist einfach nicht ihr Ding. Philipp Roser



www.waps.net

Ilja Richter präsentiert

, s u a t h “Lic an!” t o p S DIE JUBILÄUMS-TOURNEE 2011 Do 05.05.2011 Fr 06.05.2011 Sa 07.05.2011 So 08.05.2011 Mo 09.05.2011 Mi 11.05.2011 Do 12.05.2011 Fr 13.05.2011 Sa 14.05.2011 So 15.05.2011 Di 17.05.2011 Mi 18.05.2011 Fr 20.05.2011 Mo 23.05.2011 Di 24.05.2011 Do 26.05.2011 Sa 28.05.2011

München Circus-Krone-Bau Trier Arena Trier Niedernhausen Rhein-Main-Theater Wetzlar Rittalarena Aschaffenburg Frankenstolzarena Leipzig Arena Leipzig Göttingen Lokhalle Magdeburg Bördelandhalle Bremen Halle 7 Berlin Admiralspalast Dresden Kulturpalast Braunschweig Stadthalle Flensburg Campushalle Dortmund Westfalenhalle 3A Duisburg Mercatorhalle Bamberg Stechert Arena Stuttgart Beethovensaal

NÄHERE INFOS: WWW.DISCO-DIETOUR.DE

✹✹ DIE UM Z R SE I-EKULT, TV AUF JETZTD & C D! DV

AB SOFO ÜBER RT HANDALL IM E HABE L ZU N!


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.