GoodTimes 2020-03

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Deep Purple • Herman's Hermits • Led Zeppelin • Suzi Quatro • Beatles • Rolling Stones • Karat • Buffy Sainte-Marie

Kritiken

D: € 6,90

• Schweiz CHF 12,00 • A • L • NL • I • B: € 7,50 •

3/2020 (Nr. 166) • Juni/Juli • www.goodtimes-magazin.de

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uber 150 CD/LP-

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Das Ori ginal si

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RORY GALLAGHER Bobby Elliott • Wally Waller • Gordon Lightfoot • Ricky Nelson • Gary Fletcher • Joe Simon • Mike Batt • Joe Brown



EDITORIAL

IMPRESSUM Anschrift:

wird in uber 30 Ländern der Welt gelesen!

NikMa Verlag Fabian Leibfried Eberdinger Straße 37 71665 Vaihingen/Enz Tel.: 07042/ 37660-160 Fax: 07042/37660-188 E-Mail: goodtimes@nikma.de www.goodtimes-magazin.de www.facebook.com/goodtimesmagazin www.instagram.com/goodtimes_magazin www.pinterest.de/goodtimes_magazin Herausgeber und Chefredakteur: Fabian Leibfried (fl)

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Juni/Juli 2020

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ch hoffe, es geht Ihnen gut und Sie sind mit der CoronaPandemie bisher einigermaßen zurechtgekommen. Wir alle waren und sind mehr oder weniger stark betroffen, mussten und müssen mit Einschränkungen leben. Die Musikbranche allerdings gehört zu den Gesellschaftsbereichen, die von Covid-19 am heftigsten in Mitleidenschaft gezogen wurden, auch wenn andere, wie das Gesundheitswesen, die Wirtschaft und vor allem der Fußball, weit mehr im medialen Fokus standen. Viele Existenzen hat das Virus vernichtet, Clubs werden nach dem Lockdown nicht mehr öffnen, Labels ihren Geschäftsbetrieb einstellen. Zahllose Musiker wussten und wissen nicht, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen. Noch mehr Menschen, die in der damit verbundenen Infrastruktur arbeiten, haben ihre Jobs verloren. Tourneen, Festivals und Konzerte wurden abgesagt, zahlreiche ins nächste Jahr verschoben. Wenn die inzwischen angelaufene Öffnung so richtig greift – und uns eine zweite Infektionswelle erspart bleibt –, wird ein Hauen und Stechen einsetzen, wird das Darwin’sche Prinzip zu beobachten sein, dass nur die Stärksten überleben. Alle Musiker wollen (und müssen) auftreten, um Geld zu verdienen – und das an relativ wenigen Spielstätten. Der Plattenmarkt wird überflutet werden, wenn sich verschobene und regulär geplante Tonträgerveröffentlichungen sinnbildlich gegenseitig aus den Regalen realer und virtueller Läden boxen. Auch wir bei GoodTimes – und damit indirekt auch Sie – sind unübersehbar von den Corona-Folgen betroffen. Sehr viele Anzeigen, vor allem aus dem Livesektor, sind weggebrochen, Zeitungsläden waren geschlossen oder nur schwer erreichbar, was die ökonomische Kalkulation und Planung erschwert. Manche für diese Ausgabe geplanten Geschichten sind nicht zustande gekommen. Es war nicht zu umzugehen, Ihnen diesmal nur eine reduzierte Ausgabe bieten zu können, und das nicht nur, weil der von vielen so geschätzte Konzertkalender wegfällt – mangels Shows und angesichts der Unsicherheit, wann es auf den Bühnen weitergeht. Dennoch haben wir ein, wie ich meine, sehr ansehnliches Heft mit zahlreichen interessanten Themen zusammengestellt. Bleiben Sie gesund! Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit der neuen GoodTimes-Ausgabe.

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Fabian Leibfried Herausgeber/Chefredakteur

GoodTimes ist auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt! Weiterverwendung aller in GoodTimes erschienenen Artikel, Interviews, Discographien, Fotos, Rezensionen etc. nur mit der Zustimmung des Herausgebers gestattet. Gerichtsstand: Stuttgart

GoodTimes 3/2020

NEU: kult! Nr. 22 jetzt erhältlich

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Music from the 60s to the 80s

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Seite

3


INHALT

RORY GALLAGHER

POSTER

12 Titelstory

stories 12

Rory Gallagher

56

Die Liebe zur Bühne kostete ihn das Leben

18

Deep Purple

57

Album Cover Art Galerie #25: IN ROCK

20

Kansas

58

25

Led Zeppelin ( Teil 9)

59 59

Ich mache all diese Dinge!"

34

Joe Satriani

60

Suzi Quatro "

61

Ich bin immer den harten Weg gegangen!"

Beatles

62

Herman's Hermits

64

Konzeptalben

66

54

Rolling Stones

66

Ricky Nelson Karat Harry Chapin Curtis Stigers Der Schmerzensmann des Jazz

Bobby Elliott "

Tell!

Der große Geschichtenerzähler

Die Stones, ein DDR-Fan und die Stasi

53

Ich halte nichts von Schubladen"

Mit dem BLAUEN PLANETEN im Zenit

Kalkulierte Gesamtkunstwerke

46

"

Großes Idol aller Teenager

Englands erfolgreiche Anti-Stones

42

Gary Fletcher

Schweizer Nationalheld auf CD

50 Jahre LET IT BE

40

Sparks Keine Zeit für den Tod

Die Schönheit des Instrumentals

26

Ron Sexsmith Neuigkeiten vom optimistischen Melancholiker

Mike Batt "

Joe Brown Vom Cockney-Cowboy zum britischen Ry Cooder

Zum Finale wartete der Tod

24

Krautrock Die Wissenschaft von Krautrock

Alles auf Pomp

22

Gordon Lightfoot Der Nimmermüde

67

Trommel das doch mal so wie der Hollies-Typ!"

Glass Hammer Mehr Hammer, weniger Glas(s)

Kak

70

Wie bitte!?

Joe Simon Soul aus der Country-Metropole

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erscheint am 24. Juli 2020

GoodTimes 3/2020

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Music from the 60s to the 80s


MADE IN GERMANY - MUSIC Ausgabe Nr. 166, Juni/Juli 2020

18 Deep Purple

Das Rock - Musical Tell!

26 Suzi Quatro

Rerelease des Musicals um den Schweizer Nationalhelden aus 1977. Zum ersten Mal auf CD und digital.

HARRY CHAPIN

some more stories live

40 Herman's Hermits

46 Rolling Stones

rubriken

features

Rory Gallagher Die Liebe zur Bühne kostete ihn das Leben Rory Gallagher war ein Anti-Star. Nein, nicht jemand, der sich vehement gegen den Star-Ruhm stellte oder eben Attitüden an sich hatte, die ihn als Identifikationsfigur für tausende Rockfans ausschlossen. Vielmehr galt er als sehr bodenständig. Seine Anhänger – viele davon geradezu hingebungsvoll – sahen in ihm immer einen von uns". ... weiter Seite 12 "

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Beatles – 50 Jahre LET IT BE Als die Beatles am 22. März 1963 mit PLEASE PLEASE ME ihr Debüt gaben, konnte keiner ahnen, was für eine dominierende Rolle die Musik des Liverpooler Quartetts dereinst in der Rockhistorie spielen würde. Wiederum wollten die Fans der Gruppe – ungeachtet des Schocks über das am 10. April 1970 veröffentliche McCartneyStatement, er habe die Zusammenarbeit mit der Band aufgekündigt – beim Erscheinen von LET IT BE am 8. Mai 1970 nicht wahrhaben, dass das ihre letzte gemeinsame ... weiter Seite 60 ... weiter Seite 34 LP gewesen sein sollte.

98

Der US - Singer/Songwriter und Storyteller präsentierte sich 1977 in Bestform. Klanglich brilliant aufgearbeitet.

Impressum/Editorial Inhalt Aktuelles – Neues aus der Szene Verstorbene Shop Abo-Bestellschein Kleinanzeigen Leserbriefe Was macht eigentlich …? Wally Waller (Pretty Things) History Pics Runde Geburtstage Gedenktage CD/Vinyl-Rezensionen Buch-Rezensionen Konzertbericht: Rock Meets Classic Charts 1980 Kreuzworträtsel + Verlosung Kreuzverhör: Buffy Sainte-Marie … zuguterletzt Einstürzende Neubauten • Vanja Sky • Die Happy

GoodTimes 3/2020

ROB TOGNONI Catfish Cake

Rob: „Catfish“ ist ein Synonym für das Mississippi-Delta. Hier begannen die Wurzeln meines Spiels: der Blues.

FRANKFURT RADIO BIG BAND KRIEGEL TODAY!

Mit „Kriegel Today“ bekommt Volker Kriegel von der hrBigband posthum eine tönende Gedenktafel überreicht. n

Music from the 60s to the 80s

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Seite

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www.mig-music.de facebook.com/migmusic.de/


NEWS Anzeige

Am 12. Juli 2019 starb Russel Smith, Sänger und Gitarrist der amerikanischen Country-Rock-Band Amazing Rhythm Aces. Danach verkündete Billy Earheart, neben Russel Smith Kopf der ARA, das endgültige Aus der Band. Abschied per Platte nimmt die Band mit einem LiveKonzertmitschnitt aus dem Bremer Moments, wo sie am 20. März 2000 gastierten. In der Besetzung Smith, Earheart, Jeff „Stick" Davis (Ex-Burrito-Deluxe, John Mayall), Bryan Owings (Ex-Burrito-Deluxe) und Fred James (Ex-Burritos, Flying Burrito Brothers) hatten sie alle Register gezogen und knapp zwei Stunden lang Americana-Rock vom Feinsten gespielt. Die Doppel-CD soll Ende September erscheinen+++ Unabhängig von der Corona-Pandemie musste Ozzy Osbourne wieder Konzerte seiner Abschiedstournee absagen. Der 71-Jährige ließ seine in Nordamerika geplanten Auftritte ausfallen, da er sich laut seiner Homepage sechs bis acht Wochen lang in der Schweiz medizinisch behandeln lassen musste und die Behandlung nicht vor April beginnen konnte. „Ich hatte ein Scheiß-Jahr", erklärte Osbourne. Es sei Fans gegenüber nicht fair, die Tour zu starten und Auftritte dann kurzfristig abzusagen. Der britische Wahl-Amerikaner war im vergangenen Jahr am Nacken operiert worden und hatte Ende Januar öffentlich gemacht, an Parkinson erkrankt zu sein+++ "Erbarme, die Hesse komme" hieß es ab 1982, als die Rodgau Monotones "Volle Anzeige

nem Powertrio wird er Ende des Jahres per CD/DVD wieder präsent sein+++

Lotte" zu ihrem überraschenden Höhenflug ansetzten. Ende 1977 gegründet, sind die Dialekt-Rocker um Sänger Peter „Osti" Osterwold heute noch auf Tour und bespielen in den Sommermonaten vor allem Festivals und Open Airs, wobei neben dem Frontmann von der Originalbesetzung noch Ali Neander (g), Raimund Salg (g), Joky Becker (b) und Mob Böttcher (dr) an Bord sind. Am 13. November 1984 gastierten die Hessen für den „Rockpalast" in der Bochumer Zeche, ein Jahr später traten sie in der Essener Grugahalle bei einer der legendären „Rockpalast"-Nächte zusammen mit Squeeze und Ruben Blades auf und heizten mit ihrem schweißtreibenden Rock inklusive ZZ-Top-Einlage ein. Ab Ende August sind beide Shows als CD/ DVD-Paket erhältlich+++

Europa-Tournee zur Präsentation des neuen Albums THE NEW MINE abgesagt, Festivalauftritte wie in Cropredy gestrichen – Matthews Southern Comfort erging es wie allen Künstlern in Zeiten der Corona-Pandemie. Die zwangsfreie Zeit nutzten Iain Matthews und seine Mitstreiter, um sich ihre eigenen Gedanken über die Corona-Krise zu machen, und veröffentlichten Anfang Mai die Single "Hey Superman". Dabei sind sie auf der Suche nach dem Superhelden, der die Welt vor dem Virus retten+++ Am 12. Oktober 1987 stand das avantgardistische EBM/Industrial-Künstlerkollektiv Laibach aus Slowenien, das zu der Zeit mit OPUS DIE für Furore sorgte, auf der Bühne des Bremer Schlachthofs. Zuvor hatten ihre eigenwilligen Versionen des Opus-Gassenhauers "Live Is Life" und der Queen-Nummer "Geburt einer Nation (One Vision)" international aufhorchen lassen – die fehlten beim Auftritt für Radio Bremen nicht. Derzeit sind Laibach damit beschäftigt, die Aufnahmebänder zu bearbeiten, damit ihre Fans Ende August per CD diesem Mitschnitt lauschen können. Vinyl soll dann später folgen+++

Auf diese posthume Ehrung wäre Lemmy sicher stolz gewesen: Beim Spirit Business Rum & Cachaca Master 2020 wurde Motörheads Premium Dark Rum in der Kategorie „Rum Aged 7-12 Years" mit dem prestigeträchtigen Gold Award ausgezeichnet. 40 Hersteller hatten 113 „Teilnehmer" ins Rennen geschickt, doch bei der Blindverkostung sammelte das acht Jahre lang in Bourbon-Fässern gereifte Motörhead-Erzeugnis mit 80 die höchste Punktzahl. Daneben bietet das Unternehmen Brands For Fans auch Motörhead Vödka, und Motörhead Sing le Malt Whisky an+++

Wie viele andere Künstler musste auch Altmeister Willie Nelson die Veröffentlichung seines neuen Albums FIRST ROSE OF SPRING Corona-bedingt verschieben. Der 70. (!) Longplayer des mittlerweile 87-Jährigen erscheint nun am 3. Juli und präsentiert elf neue Studiosongs. Das Artwork gestaltete sein Sohn Micah Nelson. Auch einige Songs von Kollegen hat der ewige Country-Outlaw auf seine Weise interpretiert: von Toby Keith (”Don’t Let The Old Man In"), Billy Joe Shaver ("We Are The Cowboys"), Pete Graves ("Just Bummin’ Around") und Chris Stapleton ("Our Song")+++

In den 1960er Jahren war John Nitzinger (g, voc) Mitglied der psychedelischen Garage-Rock-Band The Barons, 1968 nahm er erste, von T Bone Burnett produzierte Singles auf und belieferte seine texanischen Kumpels Bloodrock mit Songs, die denen wiederum zu Goldauszeichnungen verhalfen. Er brachte mit Carl Palmer (ELP) PM an den Start, begleitete Alice Cooper und veröffentlichte solo. Mit seinem Blues Rock gastierte er im April 2001 in Köln im „Rockpalast" – mit sei-

In loser Folge bemüht sich GoodTimes, auf interessante Radiomacher und spannende Sendungen im frei empfangbaren Radio aufmerksam zu machen. Diesmal geht es um Burghard Rausch. Musikfans kennen den 72-Jährigen als Schlagzeuger von Agitation Free und Bel Ami oder auch als Autor von Sachbüchern („Rockmusik-Lexikon"). Ab 1987 arbeitete er als Redakteur bei Radio Bremen. Heute gestaltet er einstündige Specials für „Nachtclub Classics", mit denen er alle vier bis sechs Wochen sonnabends ab 23 Uhr bei NDR Info zu hören ist. Häufig würdigt er dabei runde Geburtstage von Rockgrößen wie zuletzt Eric Clapton oder Pete Townshend. „Und dann mache ich alle zwei Wochen dienstags 18 bis 19 Uhr die Sendung ‚Rock The Casbah‘ bei ByteFM. Das ist Internetradio, aber nächstes Jahr sind die in Hamburg auch ‚an der Luft’. Da mache ich eine Stunde lang Krach – Sachen, die mir gefallen, also auch viel schönen Alternative-Kram, Shoegazer, Punk – es ist schon laut", sagte Rausch GoodTimes+++

Rock + Pop Memorabilia

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Music from the 60s to the 80s

Zehn Jahre hat sich Robby Krieger Zeit gelassen, seine Fans wieder mal mit einem neuen Album zu beglücken. THE RITUAL BEGINS AT SUNDOWN heißt das neue, inzwischen neunte Opus des Doors-Gitarristen, der erneut mit seinem langjährigen Co-Autoren und Co-Produzenten Arthur Barrow zusammengearbeitet hat. Neun Eigenbauten plus eine Frank-Zappa-Coverversion ("Chunga’s Revenge") sind darauf zu hören, wobei das Ganze einen jazzigen Unterton aufweist. Die Zappa-Nähe – es waren auch einige frühere Mitstreiter des eigenwilligen Musikers mit im Studio – kommt bei Rock’n’Roll-Hall-Of-FameMitglied Krieger nicht von ungefähr, hatte Barrow doch in den 70er und 80er Jahren intensiv mit dem 1993 verstorbenen Zappa zusammengearbeitet+++ Am 19. Juni veröffentlicht Bob Dylan mit ROUGH AND ROWDY WAYS nach acht Jahren erstmals wieder ein Album mit neuen Songs. Im Vorfeld der Albumankündigung hat Dylan bereits zwei Songs daraus veröffentlicht. Einer davon ist das fast 17-minütige Song-Epos "Murder Most Foul", das auf einer separaten Disc im Album-Package enthalten sein wird. Alle zehn Songs sind Dylans erste neue Eigenkompositionen, seit er 2016 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet wurde+++ Ehre, wem Ehre gebührt: In der letzten Ausgabe ist bei der Würdigung der runden Geburtstage ein Mann durchgerutscht, der unbedingt hätte dabei sein müssen: Am 28. April ist mit Ossy Hoppe einer der wichtigsten deutschen Tourveranstalter 70 Jahre alt geworden. Also der Mann, der in den 70er Jahren als Tourmanager von Bands wie Deep Purple oder Whitesnake wichtige Erfahrungen sammelte, ehe er die inzwischen fast kultig gefeierten „Monsters Of Rock"Fes tivals startete, als Geschäftsführer von Shooter Promotions große Acts auf deutsche Bühnen holte. Neun Jahre arbeitete Hoppe an der Seite von Marek Lieberberg, dann beim Branchenriesen Deutsche Entertainment AG (DEAG). 2004 gründete er Wizard Promotions, das in seinem Künstler-Portfolio nicht nur Hard’n’Heavy-Acts führt, sondern auch zu den Wegbereitern des NewCountry-Siegeszuges in Deutschland gehört+++ Sein Konzert im neuseeländischen Auckland musste Elton John Mitte Februar abbrechen, weil ihm die Stimme versagte. Kurz darauf schrieb der Sänger auf Instagram, bei ihm sei eine leichte Lungenentzündung festgestellt worden. Deshalb musste er die verbleibenden Shows in Neuseeland auf Januar 2021 verschieben. Damit würde er das Abschlusskonzert seiner laufenden Tour nicht wie ursprünglich geplant am 17. Dezember in London, sondern rund einen Monat später in Neuseeland geben+++


JOHN LEES’

Seit einigen Jahren besucht der Musiker und Kinderbuchautor Chris Kramer Schulen in ganz Deutschland und bringt die unterschiedlichsten Projekte gemeinsam mit Schülern und Lehrern auf die Bühne, wobei „Die kleine Mundharmonika" die Hauptfigur spielt. Die beschäftigt sich jetzt auch mit Coronaviren. In Zusammenarbeit mit dem Musikpädagogen und Grundschullehrer Oliver Krajewski entwickelte Kramer Unterrichtsmaterial und ein Hörbuch für unterschiedliche Klassenstufen, um bei der behutsamen Wiederaufnahme des Unterrichts- und Schulbetriebs zu helfen. In der Geschichte „Die kleine Mundharmonika und die Coronaviren" wird die aktuelle Situation kindgerecht erklärt und die Notwendigkeit der Hygieneregeln, des Abstandhaltens und Maskentragens mit Hilfe eingängiger Lieder und eines „spielerischen" Zugangs vermittelt. Arbeitsblätter, Playbacks, Noten, Musikvideos und das Hörbuch sind für Lehrkräfte kostenlos unter http://chris-kramer.de/diekleinemundharmonikaunddiecoronaviren/ zu finden+++ 26 EAST: VOLUME 1 wird das neue, dann sechste Studiowerk des früheren StyxFrontmanns Dennis DeYoung heißen. Das Cover zeigt drei Lokomotiven, die symbolisch für den Aufbruch DeYoungs und der Panozzo-Zwillinge John und Chuck, die 1962 den Nukleus der späteren Weltstars bildeten, in die große Rockwelt stehen. Mit im Studio waren unter anderem Multi-Instrumentalist Jim Peterik, August Zadra (g), Jimmy Leahey (g), Craig Carter (b), Mighty Mike Morales (dr) und Sohn Matthew DeYoung, der bei einem Song am Schlagzeug saß, sowie der Chicago Children’s Choir+++ Eine personelle Veränderung melden die deutschen Heavy-Metal-Veteranen Rage: Gitarrist Marcos Rodriguez wird „aus sehr persönlichen Gründen" nicht mehr für Auftritte zur Verfügung stehen, teilte Sänger/Bassist Peavey mit. „Seit einiger Zeit ist es mein Wunsch, die Band in ein Quartett zu verwandeln, das heißt mit zwei Gitarristen an meiner Seite", erklärte Peavey weiter, allerdings noch ohne Namen zu nennen+++

„PopStop – das Musikradio" – immer freitags zum Erscheinen unseres Heftes gibt es eine GoodTimes-Sondersendung (19 bis 20 Uhr), in der die neueste Ausgabe vorgestellt wird (die Sendung wird dann mehrfach wiederholt). „PopStop" sendet Musiktitel mit Format – ohne formatierte Musikzusammenstellung+++ Mit einer Serie von Performances im Rahmen des „New York Guitar Festival" erinnern prominente Musiker auf dem eigens eingerichteten NYGF's YouTube Kanal an Blues-Ikone Reverend Gary Davis. Zwölf Tage lang stimmten Größen unterschiedlichster Generationen wie Warren Haynes, Jorma Kaukonen, Bill Frisell, Rosanne Cash & John Leventhal,

Larry Campbell & Teresa Williams, Larkin Poe, Fantastic Negrito oder Amythyst Kiah unter dem Motto „In Search Of The Harlem Street Singer" Songs des blinden Musikers (1896–1972) an+++ Ein Unglück kommt selten allein: Nachdem der gerade nach schwerer Krankheit wieder genesene US-Singer/Songwriter David Munyon seine Deutschland-Tour wegen des Virus hatte absagen müssen, zog ein Sturm durch die Gegend, in der er lebt. Dabei stürzte ein Baum auf seinen Wohntrailer, Bad und Teile des Schlafraums wurden zerstört. Mit Frau Sharon verbrachte er einige Tage in einem Motel, ehe er wieder in den noch zu zwei Dritteln vorhandenen Trailer zurückzog, in dem ein Notaggregat den Strom liefert. Derweil sammelt sein deutscher Manager Sebastian Linke Spenden für den Musiker. „Als kleine Gegenleistung biete ich sechs Songs des nächsten Solo-StudioAlbums STOCKFISCH SESSIONS 2017, das nicht vor 2021 erscheint, und vier Outtake-Songs des nächsten OFFICIAL BOOTLEG VOL. 4 – LIVE 1996, das im Sommer/Herbst veröffentlicht wird, zum sofortigen Download als Wave an", erklärte Linke und erbat Spenden per PayPal an cd@davidmunyon.de+++

„Die gesellschaftliche Vollbremsung infolge der Bedrohung durch die Pandemie schafft Raum für neues Denken und eröffnet uns auch die Chance zu einer Kurskorrektur unseres gesellschaftspolitischen Leitbildes ... Es kommt nun darauf an, das Hoffen zu lernen und unseren Blick auf künftige Lösungen und auch die Zeit nach der Pandemie zu richten", mahnt der als (gesellschafts-) politisch nachdenklicher Zeitgenosse bekannte Leslie Mandoki. „Heute wissen wir, dass diejenigen systemrelevant sind, die sich an vorderster Front ohne Rücksicht auf ihre eigene Gesundheit oder die ihrer Familien dafür einsetzen, damit auch eine sich langsamer drehende Welt in Bewegung bleibt und wir wieder Hoffnung schöpfen können." Deshalb wolle er sich bei all diesen Alltagshelden im Gesundheitswesen, in der öffentlichen Ordnung, in der täglichen Nahversorgung bedanken. Dies geschehe mit dem Charity-Song "Thank You", den er und seine Soul-Mates-Mitstreiter Ian Anderson, Till Brönner, John Helliwell, Jesse Siebenberg, Bobby Kimball, Simon Phillips, Randy Brecker, Bill Evans, Nick van Eede, Chris Thompson und Klaus Meine „in unserer individuellen Isolation digital versammelt eingespielt haben", so Mandoki+++

Auch Wolfgang Niedecken zollt mit Bap und dem Song "Huh Die Jläser, Huh Die Tasse" „allen HeldInnen unseres Alltags" tiefen Respekt und Dankbarkeit. „Der Song ist eine tiefe Verneigung vor allen, die in der aktuellen Zeit an vorderster Stelle unsere Gesellschaft am Laufen halten", erklärte der Sänger. Das ursprüngliche Video bestand aus StudioAufnahmen der Band aus den letzten Jahren. Fans wurden gebeten, Fotos von Heldinnen und Helden des aktuellen Alltags zu schicken, woraus die sogenannte Heldenversion von "Huh Die Jläser, Huh Die Tasse" entstand+++ Vinylfans können sich auf Schmankerl aus dem Hause Repertoire Records freuen: Als 180g-LPs gibt es Ende Mai zwei derzeit nicht erhältliche Alben von Robin Trower: 20TH CENTURY BLUES von 1994 und LIVING OUT OF TIME aus dem Jahr 2003. Das Cutting beider Alben erfolgte in den Abbey Road Studios. Außerdem haben die Repertoire-Macher im reichhaltigen, von Jon Hiseman bis zu seinem Ableben penibel geführten Archiv von Colosseum gestöbert und vier Liveperlen aus den frühen Jahren zutage befördert, die im CD-Format zugänglich gemacht werden: LIVE AT THE BOSTON TEA PARTY, LIVE AT THE MONTREUX INTERNATIONAL JAZZ FESTIVAL 1969, LIVE AT RUISROCK FESTIVAL, TURKU, FINLAND 1970 und LIVE AT THE PIPER CLUB, ROME, ITALY 1971+++ Das Label Avid Rock N Roll setzt seine „Five Classic Albums Plus"-Serie mit einer neu gemasterten 2-CD-Veröffentlichung von Duane Eddy fort, der am 28. April 82 Jahre alt geworden ist. Enthalten sind seine Originalalben HAVE TWANGY GUITAR WILL TRAVEL (1958), ESPECIALLY FOR YOU (1959), 'THE TWANG’S THE THANG (1959), $1,000,000 WORTH OF TWANG (1960) und TWISTIN’ 'N’ TWANGIN’ (1962). Dazu gibt es auch noch sechs Bonustracks. Einen Longplayer weniger enthält die „Four Classic Roots Albums"-Serie auf jeweils zwei CDs. Diesmal hat Avid mehrere Künstler zusammengespannt, und so gibt’s THE BEST OF LITTLE WALTER, THE BEST OF MUDDY WATERS, von Sonny Boy Williamson DOWN & OUT BLUES und von Howlin’ Wolf SINGS THE BLUES. Als Schmankerl sind drei Bonussingles von Howlin’ Wolf beigefügt+++ 31 Künstler aus acht Ländern mit 26 Songs präsentiert die Doppel-CD LOCKDOWN SESSIONS, die sich unter dem Motto „Hot Blues And Boogie To Fight That Cabin Fever" nicht mit Online-Darbietungen und Wohnzimmerkonzerten in den sozialen Medien begnügen wollten. Der in Deutschland lebende britische Mundharmonikaspieler Roger C. Wade brachte den Stein ins Rollen, und so kann man Bluesmusiker in ungewöhnlichen Konstellationen erleben, die nicht im Studio, sondern auf digitalem Weg zusammenspielten. Abi Wallenstein, Andreas und Maddy Arlt (B.B. & The Blues Shacks), Tommy Schneller, Micha Maas, Michael van Merwyk, Kai Strauss, Larry

BARCL AY JAMES HARVEST BEST OF CLASSIC BARCLAY 04.11.2020 05.11.2020 06.11.2020 20.11.2020 21.11.2020 22.11.2020 17.12.2020 18.12.2020 19.12.2020

CH - PRATTELN KUSEL KOBLENZ NEUSTADT / W ATTENDORN SOEST LIMBURG / LAHN HAGEN ST. INGBERT

ZEPPELIN’S RESURRECTION 03.04.2020 VERLEGT. NEUER TERMIN: 04.04.2020 VERLEGT. NEUER TERMIN: 11.04.2020 VERLEGT. NEUER TERMIN: 16.04.2020 VERLEGT. NEUER TERMIN: 17.04.2020 VERLEGT. NEUER TERMIN: 18.04.2020 VERLEGT. NEUER TERMIN: 13.11.2020 14.11.2020 26.11.2020 05.12.2020 11.12.2020 20.03.2021 27.03.2021 31.03.2020

COTTBUS 12.12.2020 BERLIN 09.12.2020 BENSHEIM 10.11.2020 MÜNCHEN 29.11.2020 WERDAU 17.10.2020 ERFURT 04.12.2020 MEININGEN REGENSBURG FRANKFURT MEMMINGEN DRESDEN CH-PRATTELN WUPPERTAL NÜRNBERG

TEN YEARS AFTER 50th ANNIVERSARY TOUR 23.10.2020 14.11.2020 28.11.2020 07.01.2021 08.01.2021 09.01.2021 14.01.2021 10.04.2021

WORPSWEDE WINTERBACH ERFURT ASCHAFFENBURG NÜRNBERG AFFALTER MÜNCHEN DRESDEN

12.09.2020 L-ECHTERNACH 20.09.2020 L-ECHTERNACH

MANFRED MANN’S EARTH BAND &

TEN YEARS AFTER 18.12.2020 19.12.2020 20.12.2020 21.12.2020

ST. INGBERT ROCKENHAUSEN HAGEN KOBLENZ

Aus gegebenem Corona Anlass empfehlen wir weitere Terminverlegungen auf https://www.kultopolis.com/de/corona.html zu prüfen.

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Garner, Fred Kaplan, Nathan James, Big Daddy Wilson und viele mehr stießen dazu, toben sich stilistisch kunterbunt aus – und der Erlös soll den beteiligten Musikern helfen, Corona-bedingte Engpässe zu überstehen+++ Im Rahmen seiner „Go Music"-Reihe hat Martin Engelien, seines Zeichens Bassist, Produzent und Labelbesitzer, die Corona-Selbsthilfe-CD ONE EARTH initiiert. 36 Musiker waren daran beteiligt, 13 Originalsongs von Mitgliedern der Go-Music-Familie live einzuspielen. „Durch den Kauf dieser CD erhalten die Komponistenkollegen Geld durch die Gema-Lizenzen, die beteiligten Musiker eine angemessene Beteiligung, und die Fans kommen in den Genuss, einige Originalsongs in einer live gespielten, nie wieder zu hörenden Interpretation zu genießen", erläuterte Engelien den Hintergrund. Mitgeschnitten wurde bei zahlreichen Go-Music-Konzerten, die Engelien seit Jahren organisiert. Mit dabei waren u.a. Ben Granfelt, Bene Neuner, Charly T., Dave Goodman, Gil Edwards, Glen Turner, Muddy Manninen, Robert Carl Blank, Thomas Blug, Vanja Sky, Vic Faulkner und viele mehr+++ Zwölf neue Songs präsentiert der kalifornische Blueser Franck L. Goldwasser auf SWEET LITTLE BLACK SPIDER AND OTHER SONGS. Acht weitere Lieder, laut Info Blues-getränkt und von Sonny Rhodes, Nick Gravenites, Charlie Musselwhite, Tim Kaihatsu und Ike Turner erzählend, gibt es auf der beigefügten Bonus-CD+++

ECHOES DON’T LIE heißt die neue, dann sechste Studioscheibe der Electric Family. Seit fast 35 Jahren ist der mehr oder weniger lose Musikerverbund um Mastermind Tom Redecker und seines treuen Mitstreiters Rolf Kirschbaum zugange. Ende Juli wird dann auch zu hören sein, wie sich die neuen Familienmitglieder Roman Bunka (Embryo), Rolf Möller (Extrabreit), Milla Kapolke (Grobschnitt), Marlon Klein (Dissidenten) oder Jojo Brandt (The Convent) eingefügt haben+++

entstand 2019 während der Sessions für FLESH & BLOOD+++ Einen beschwingten Mix aus ChicagoPiano-Blues, Rockabilly, Jazz und Sixties-Soul serviert das aus Chicago stammende Roots-Quartett The Claudettes auf seinem passend betitelten fünften Album HIGH TIMES IN THE DARK (Review in der nächsten Ausgabe)+++ Zwei Studio- und zwei Live-Alben, die David Crosby mit seiner Band CPR einspielte, stehen auf der BMG-Wiederveröffentlichungsliste. CPR, JUST LIKE GRAVITY, LIVE AT CUESTA COLLEGE und LIVE AT THE WILTERN sind seit Mitte Mai digital wieder erhältlich, die beiden Erstgenannten erscheinen am 31. Juli auch auf CD. Nach seinen Engagements bei den Byrds und Crosby, Stills & Nash (& Young) brachte Crosby gemeinsam mit seinem Sohn James Raymond und dem Gitarristen Jeff Pevar vier Jahre nach seiner lebensrettenden Lebertransplantation 1998 CPR an den Start und veröffentlichte das selbst betitelte Debüt. Das bot von Jazz beeinflussten Rock mit atemberaubenden Gesangsharmonien. „Bei CPR wurde mir bewusst, dass die Welt von CSN&Y alt wurde und an ihrem Platz feststeckte und dass ich immer noch in Bewegung bleiben musste", sagte Crosby zu den Re-Releases+++

„Unsere Erfahrung, gemeinsam Lieder zu schaffen, war eine einmalige Gelegenheit. In gewisser Weise ist es, als ob Helmut eine Umgebung geschaffen hätte, in der mein Körper liegen kann, ein Schlafzimmer musikalischer Möbel, Teppiche, Gemälde an der Wand usw., eine Situation, die unweigerlich zu meinen vokalen Äußerungen passt, die surrealistischen Reime einbettend." So beschreibt Chris Newman die Ergebnisse des Rock-Avantgarde-Projekts, das er gemeinsam mit Keyboarder Helmut Zerlett betreibt. Zu hören sind sie demnächst auf dem Album BODY GLUE+++ Bereits seit fast fünf Jahren arbeitet Country-Star Dierks Bentley an seinem Nebenprojekt Hot Country Knights, nun hat er mit THE K IS SILENT dessen Debütalbum abgeliefert: Nicht nur musikalisch orientiert sich die Band an den 90er Jahren, sondern auch modisch überzeugt sie durch ihre Neon- und stonewashed Jeans. Bentley firmiert hier übrigens als Douglas „Doug" Douglason, auch „Big Rhythm Doug" genannt+++ Einige der härtesten Songs seiner Karriere mit Whitesnake hat Sänger David Coverdale für THE ROCK ALBUM ausgesucht und überarbeitet, sprich remixt und remastert. Die Scheibe bildet zugleich den Auftakt einer „Red, White & Blues Trilogy". Dafür hat Coverdale Songs thematisch geordnet. Nach THE ROCK ALBUM (White) folgen LOVE SONGS (Red) und THE BLUES ALBUM. Wenn die Rockpost ab dem 19. Juni in allen möglichen Formaten abgeht, wird auch "Always The Same" erstmals zu hören sein. Der Song

Ihr erstes Album seit 14 Jahren haben die Hard-Rock-Veteranen Alcatrazz angekündigt. BORN INNOCENT erscheint am 31. Juli. Mit von der Partie im Studio waren Sänger und Gründungsmitglied Graham Bonnet (Ex-Rainbow, Michael Schenker Group, Marbles) sowie Jimmy Waldo (keys) und Gary Shea (b), die schon bei der Gründung 1983 mitmischten. Gitarrist Joe Stump lehrt als Assistenzprofessor am Berklee College Of Music+++

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Alan Davey spielte Bass bei Hawkwind, ehe er sein eigenes Projekt Hawkestrel an den Start brachte. Daneben betrieb er mit Sänger Danny Faulkner ein ProgRock-Nebenprojekt namens Pre-Med. Mit dem Titel HAWKESTREL PRESENTS PRE-MED gibt es nun eine Triple-CD mit achtfach gefaltetem Digipak samt RetroSci-Fi-Artwork. Sie enthält die Alben MEDICATION TIME (2006), THE TRUTH ABOUT US (2008) und EINSTEIN’S DAY OFF (2013)+++ WE ARE ONE ist das Album betitelt, das die Metal-Veteranen U.D.O. und das Musikkorps der Bundeswehr aufgenommen haben (VÖ: 17. Juli). Die Band um die deutsche Shouter-Ikone Udo Dirkschneider und die Soldaten haben dafür 15 neu geschriebene Songs eingespielt. Am Seite

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Komponieren beteiligt waren auch Dirkschneiders frühere Accept-Kollegen Stefan Kaufmann und Peter Baltes. Die Band und das 60-köpfige Orchester waren bereits gemeinsam live zu erleben+++ Nick Lowe scheint Gefallen an rein digitalen Veröffentlichungen zu finden. Jetzt schlägt er mit der EP „Lay It On Me" zu, wobei er wieder von Los Straitjackets begleitet wird. Die limitierte EP enthält zwei neue Originale von Lowe sowie ein Cover von Dorsey Burnette. Dazu haben Los Straitjackets Shocking Blues "Venus” (auch von Bananarama übernommen) ein ganz eigenes Klanggewand verpasst. Außerdem gibt es ebenfalls über sein US-Label Yep Roc ein bislang unveröffentlichtes Live-Album, das im April 2019 beim Gastspiel als „Quality Rock & Roll Revue Starring Los Straitjackets" in New York festgehalten wurde. Das Label kündigte an, vorerst jeden Freitag einen Konzertmitschnitt eines seiner Acts aus dem Archiv online zu stellen+++ Zum ersten Mal in seiner 46-jährigen Geschichte ist der „Rockpalast" ohne Zuschauer über die Bühne gegangen: Als die Blues-Rockerin Laura Cox am 13. März in der Bonner Harmonie auf der Bühne stand, war kein Publikum dabei+++ Die Frage der Namensrechte in Sachen Nektar ist juristisch zumindest für Deutschland und Europa geklärt: Die liegen in Deutschland bei Klaus Henatsch und seinen Mitstreitern beziehungsweise deren Manager Hartwig Komar (siehe GT 2/2020). Das hält die US-Besetzung mit den Originalmitgliedern Derek „Mo" Moore, Ron Howden und Mick Brockett nicht davon ab, Platten als Nektar zu veröffentlichen. Nach THE OTHER SIDE haben sie nun den nur digital erhältlichen Konzertmitschnitt LIVE FROM THE WILDLEY THEATRE nachgeschoben. Allerdings ist er bei Internetdiensten wie Amazon oder jpc nicht gelistet+++ Cherie Currie, einst Leadsängerin der Runaways, hat mit BLVDS OF SPLENDOR ein neues Solowerk am Start. Produziert hat Matt Sorum (Guns N’ Roses, The Cult), mitgewirkt haben Billy Corgan (Smashing Pumpkins), Slash und Duff McKagan sowie die Schauspielerin Juliette Lewis. Zu hören gibt es eine Neufassung von "Draggin’ A Line” (Tommy James), die Digitalversion des Albums enthält drei Bonustracks, darunter "The Air That I Breathe” (Albert Hammond)+++ Das ist ein eigenwilliges Gespann: KultGitarrist Jeff Beck und Schauspieler/ Gelegenheitssänger Johnny Depp (P, Holly wood Vampires). Die musikalischen Seelenverwandten haben in den vergangenen Jahren hinter den Kulissen intensiv an neuer Musik gebastelt und jetzt passend zur allgemeinen Stimmung die erste


Unsere Gewinner aus Heft 1/2020 Lösung – Kreuzworträtsel: HARD AND HEAVY CD Carl Carlton Wolf Nehrenheim, Geesthacht Alexander Reder, Linz (Österreich) Janina Friedrich, Wernigerode Vinyl Rod Stewart Michael Erich, Gudensberg Dirk Michael Drube, Uetersen Achim Krämer, Bad Pyrmont

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH! gemeinsame Single veröffentlicht: ihre Interpretation des John-Lennon-Songs "Isolation". Mit Drummer Vinnie Colaiuta und Bassistin Rhonda Smith hatten sie die Nummer im vergangenen September bei Eric Claptons „Crossroad Guitar Festival" in Texas live präsentiert. „Ihr werdet demnächst noch mehr von Johnny und mir hören", kündigte Beck an+++ Covid-19 ist schuld daran, dass die Veröffentlichung des neuen Deep-PurpleAlbums WHOOSH! vom Juni auf den 7. August verschoben wurde. Ian Gillan, der selbst in Corona-Quarantäne war, begründete den Schritt mit „geschlossenen Verteilerleitungen" für den Verkauf physischer Tonträger+++ Anzeige

In ihrer aktiven Zeit von 1970 bis 1974 hatte die Nürnberger Musikkommune Lord's Family in ganz Deutschland live gespielt, aber nichts veröffentlicht. Quasi posthum erschien 2019 die 10-InchSingle „Innere Musik". Im Frühherbst wird eine CD folgen. Darauf zu hören sein werden erneut unveröffentlichte Aufnahmen von einst sowie mehrere Songs, die bei der Release-Party im Oktober vergangenes Jahr in Bamberg mitgeschnitten wurden+++ Zahlreiche Freunde haben Altmeister Dion bei den Aufnahmen für BLUES WITH FRIENDS unterstützt: Jeff Beck, Rory Block, Joe Bonamassa, Samantha Fish, Billy Gibbons, John Hammond, Sonny Landreth, Van Morrison, Brian Setzer, Paul Simon, Bruce Springsteen, Stevie Van Zandt und Joe Louis Walker sind auf der Scheibe zu hören. Die 14 Songs hat Dion (teils mit Co-Autoren) selbst verfasst, die Liner Notes stammen von keinem Geringeren als Bob Dylan. Zehn Prozent der Einnahmen gehen an die Keeping The Blues Alive Foundation+++ Beim Aufräumen in seiner Garage hat Doug Cosmo" Clifford, einst Schlagzeu" ger von Creedence Clearwater Revival, die Masterbänder seines 1985er Solo-Albums MAGIC WINDOW wiederentdeckt. Die Platte wurde allerdings nie veröffentlicht. Dies wurde nun korrigiert+++

Joe Grushecky war und ist ein Freund von Bruce Springsteen. Ian Hunter, Mick Ronson und Little Steven Van Zandt ließen es sich nicht nehmen, 1980 HAVE A GOOD TIME BUT GET OUT ALIVE zu produzieren, das Album, das Grush ecky mit seiner damaligen Band Iron City Houserockers veröffentlichte. Zum 40-jährigen Jubiläum gibt es das Werk jetzt mit einer Bonus-CD, die 16 bislang unveröffentlichte Demos enthält+++ Hinter den Kulissen war schon lange von dem Projekt gemunkelt worden, nun kommt das Tribute-Album zu Ehren von Marc Bolan tatsächlich. Für A N GE L H E A DE D HIPSTER haben Größen wie Elton John, U2, Joan Jett, Nick Cave, Peaches, Marc Almond, Donald Fagen, Bill Frisell, Wayne Kramer, Van Dyke Parks, Lucinda Williams, Gavin Friday, Nena, Todd Rundgren, Sean und Julian Lennon, David Johansen sowie Maria McKee BolanKlassiker neu interpretiert. Produziert hat das Ganze der kurz darauf verstorbene Hal Willner, erscheinen wird das Album Anfang September+++ Die am 13. März veröffentlichte ClannadAnthologie IN A LIFETIME zum 50. Bandjubiläum enthielt in einigen Formaten auch das Album RARITIES. Das ist jetzt auch einzeln als Digital-Release erhältlich+++ Natürlich konnte man die Veröffentlichung von "Living In A Ghost Town", des ersten neuen Songs der Rolling Stones seit acht Jahren, nicht verpassen. Noch interessanter sind aber Nebensätze von Mick Jagger und Keith Richards dazu: „Wir waren vor dem Lockdown im Studio und haben neues Material aufgenommen – es gab einen Song, von dem wir dachten, dass er in die Zeit, in der wir jetzt leben, gut passen würde", sagte der Sänger. Der Gitarrist ergänzte, man habe den Song für ein neues Album eingespielt+++ Ende Juli wird Yes-Gitarrist Steve Howe mit LOVE IS ein neues Solowerk veröffentlichen. Darauf sind fünf Instrumentalstücke und fünf mit Gesang zu hören, für die Howe selbst die Stimmbänder aktivierte. Yes-Vokalist Jon Davison sorgte derweil für die Gesangsharmonien, und Sohn Dylan Howe trommelte+++ Den Titel HATE FOR SALE wird das neue Pretenders-Album tragen, das ab 17. Juli erhältlich sein wird. Den Titelsong bezeichnete Chefin Chrissie Hynde „als unseren Tribut an die Punkband, die ich als die musikalischste in ihrem Genre betrachte – The Damned"+++


VERSTORBEN

22.3. Julie Felix (*14.6.1938) entwickelte sich schnell zur Folklegende. Die in Kalifornien geborene Musikerin blieb früh im UK hängen und wurde von der „Times" zu „Britain’s First Lady Of Folk" gekürt. Hierzulande war sie im „Beat-Club" zu sehen und trat bei den „Essener Songtagen" auf. Hatte ihre eigene BBC-TV-Show, in der sie Gäste wie Jimmy Page, Leonard Cohen und Dusty Springfield begrüßte. Sie lebte in diversen Weltgegenden, engagierte sich in Menschenrechtsgruppen und gab gelegentlich Konzerte. Sie starb nach kurzer Krankheit. 22.3. Gabi Delgado-López (*18.4.1958) betätigte sich als Sänger und Komponist, gründete mit Robert Görl zu NDW-Zeiten die Deutsch Amerikanische Freundschaft

24.3. Bill Rieflin (*30.9.1960) war MultiInstrumentalist, hatte seine Musikerlaufbahn in den 70er Jahren als Schlagzeuger von Bands wie Ministry, Revolting Cocks, KMFDM und Nine Inch Nails gestartet. Seine Wege kreuzten sich öfter mit denen von Robert Fripp, was neben gemeinsamen Projekten auch zu einer dreijährigen Mitgliedschaft bei King Crimson führte. Zudem trommelte der Mann aus Seattle als Angestellter von 2003 bis 2011 bei R.E.M. Er erlag seinem Krebsleiden. 24.3. Cy Tucker trat schon mit 13 Jahren in Liverpooler Pubs auf, sang kurz mit den (späteren) Beatles, danach Cilla Black und anderen Größen der Hafenstadt. Er wurde 76 Jahre alt, bis ihn als ersten Liverpooler Covid-19 dahinraffte. 26.3. Bill Martin (*9.11.1938 als William MacPherson) schrieb Gassenhauer, die nicht nur beim ESC abräumten, wie "Puppet On A String”, mit dem das UK 1967 erstmals siegte, oder "Congratulations” (Cliff Richard). Der Schotte belieferte (auch mit Co-Autoren) u.a. Van Morrison, die Dubliners, Serge Gainsbourg, The Bachelors, Dave Dee, Mireille Mathieu, Kenny, Slik und die Bay City Rollers mit Songs und betätigte sich auch als Verleger. 26.3. Neil Landon (*26.7.1941 als Pat Cahill) sang ab 1960 bei den in Dover beheimateten Rolling Stones (nicht zu verwechseln), bei den Cheetahs und Burnettes; er veröffentlichte 1965 erste eigene Singles, war bei The Ivy League, den Flower Pot Men als Sänger zu hören, ehe er mit Noel Redding und Jim Leverton 1968 Fat Mattress an den Start brachte und als Vorgruppe für die Jimi Hendrix Experience tourte. Seit 1974 lebte und wirkte er in Hamburg, wo er mit eigenen Formationen (und Alben), bei Rudolf Rock & Die Schocker und Musical-Engagements schnell zur lokalen Größe avancierte, bundesweit aber zeitlebens nie die angemessene Würdigung fand (siehe auch GT 6/2017). 28.3. Hans Wallbaum (*2.5.1949) trommelte fast ein Vierteljahrhundert bei der Seite

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sein Instrument auch in den Dienst von David Bowie, Chrissie Hynde, Morrissey, Tori Amos und Sinead O’Connor. Das Coronavirus sorgte dafür, dass er nur 64 Jahre alt wurde.

29.3. Alan Merrill (*19.2.1951 als Allan Preston Sachs) sang, spielte Gitarre und Bass, schrieb Songs und arbeitete als Schauspieler und Model. Der New Yorker spielte bei Left Banke und zog dann nach Japan, um dort solo und in diversen Bands Karriere zu machen. 1972 landete er in London, gründete die Arrows (einziger Hit: "Touch Too Much"), war Co-Autor und erster Sänger von "I Love Rock’n’Roll". Später arbeitete er mit Rick Derringer und Bob Bradbury (Hello) zusammen, ehe er zu den ersten CoronaOpfern zählte.

24.4. Hamilton Bohannon (*7.3.1942) galt als menschliche Rhythmusmaschine, spielte schon mit 13 Jahren in Stevie Wonders Tourband, begleitete zahlreiche Motown-Acts. Er komponierte, arrangierte und produzierte. Selbst räumte er mit Erfolgen wie "Disco Stomp" und "Let’s Start The Dance" ab. Zuletzt arbeitete er noch mit seinem gleichnamigen Sohn zusammen und verfasste seine Memoiren als Hörbuch.

30.3. Bill Withers (*4.7.1938) ging mit Erfolgen wie dem mehr als 300 Mal gecoverten "Lean On Me” und ”Lovely Day” in die Soulgeschichte ein. Der Spätstarter, der die Jobs bei der Army und als Automechaniker spät aufgegeben und sein erstes Album 1971 veröffentlicht hatte, engagierte sich in der Bürgerrechtsbewegung und kehrte 1985 angesichts ausbleibender Erfolge dem Musikgeschäft den Rücken, wurde aber 2015 in die Rock’n’Roll Hall Of Fame aufgenommen. Herzkomplikationen verursachten sein Ableben. 1.4. Adam Schlesinger (*31.10.1967) war in Bands wie Ivy und Fountains Of Wayne zu erleben, komponierte erfolgreich Filmmusiken, für Werbespots und wurde mit einem Grammy sowie mehreren Emmys ausgezeichnet, ehe er sich tödlich mit dem Coronavirus infizierte. 7.4. Steve Farmer (*31.12.1948) spielte an der Seite von Ted Nugent Gitarre bei den Amboy Dukes, beide verfassten 1968 den Top-20-Hit "Journey To The Center Of The Mind". Schrieb später Songs für andere und veröffentlichte gelegentlich Alben. Sein Ableben hing wohl mit dem Coronavirus zusammen. 7.4. Hal Willner (*6.4.1956) galt nicht nur als einer der erfolgreichsten, sondern auch vielseitigsten Musikproduzenten. Für Filmmusiken für das Haus Disney engagierte er Tom Waits, Suzanne Vega oder Sun Ra, brachte Debbie Harry im Studio mit Avantgardisten wie Bill Frisell oder Henry Threadgill zusammen. Er produzierte Lou Reed, Marianne Faithfull, Lucinda Williams, Allan Ginsberg oder Metallica, um nur einige zu nennen. Er entwickelte das Prinzip der Tribute-Alben, organisierte TV-Konzerte, Tribute- und thematische Veranstaltungen, bis ihn Covid-19 final stoppte und künftig daran hindert, die Grenzen zwischen E- und U-Musik und Avantgarde immer wieder zu sprengen.

17.4. Matthew Seligman (*14.7.1955) gehörte als Bassist den Soft Boys an, stellte n

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27.4. Obie Jessie (*28.12.1936) sang bei den Coasters, The Flairs und Debonaires, war Musical Director bei Esther Phillips und spielte mit seiner eigenen Jazzcombo oft in Europa. 27.4. Scott Taylor (*31.12.1961) spielte in den 80er Jahren Gitarre bei der englischen Alternative-Rock-Truppe Then Jericho. Er starb nach zweijähriger Krebserkrankung. 30.4. Tony Allen (*12.8.1940) trommelte ab 1964 in der Fela Kuti Band, ehe er seine eigene Gruppe gründete, außerdem mit King Sunny Adé, Manu Dibango, Damon Albarn und dem Detroiter TechnoPionier Jeff Mills arbeitete. Er überlebte ein Aneurysma nicht. 30.4. Florian Schneider-Esleben (*7.4.1947) ließ den zweiten Teil seines Doppelnamens früh weg, gründete mit Ralf Hütter 1968 in Düsseldorf zunächst die Organisation (da spielte er noch Querflöte), aus der Kraftwerk hervorgingen. Der technikbegeisterte Eigenbrötler galt als verschlossen, überließ Interviews den Kollegen, stieg 2009 aus und lebte sehr zurückgezogen.

© W. Wiggers

© Pressefoto

20.3. Kenny Rogers, (*21.8.1938) der Mann mit der rauchigen Stimme, nahm seine erste Single 1957 als Kenneth Rogers auf, agierte als Frontmann bei New Christy Minstrels und First Edition und verkaufte nicht nur in Country-Zirkeln mehr als 125 Millionen Tonträger. Auch in Deutschland hatte er dank seiner Hits "Lucille" und "The Gambler" Fans, kam aber aus finanziellen Erwägungen (so sein Manager Ken Kragen) nicht zu Tourneen hierher. Sein offizielles Abschiedskonzert gab der leidenschaftliche Golfer und professionelle Fotograf (mehrere Bücher!) am 25.10.2017 in Nashville. Zuletzt hatte der mehrfache Grammy-Gewinner zunehmende gesundheitliche Probleme.

24.3. Manu Dibango (*12.3.1933) stammte aus Kamerun, spielte Saxofon und Piano und sang. Aus der heimischen Tanzmusik Makossa und Jazz entwickelte er einen eigenen Stil, schaffte es auch in den USA in die Charts, avancierte zum Weltstar nicht nur der World Music. Er kooperierte mit vielen Kollegen. Bis Covid-19 zuschlug.

Hamburg Blues Band. 1969 hatte er sich Curly Curve angeschlossen, heuerte 1981 bei Interzone an, trieb Stoppok mehrere Jahre an. Er erlag einer Krebserkrankung, die Ende 2019 diagnostiziert worden war.

© NikMa Verlag

14.3. Genesis Breyer P-Orridge (*22.2.1950) betätigte sich als Autor, Musiker und Performance-Künstler, galt als AvantgardeIkone, nicht zuletzt durch das Schaffen mit den Experimentalbands Throbbing Gristle („Entertainment through pain") und Psychic TV. Zuletzt definierte er/ sie sich als Angehörige des dritten Geschlechts, bis der Krebs zuschlug.

(DAF), die neben Kraftwerk und Can zu den einflussreichsten Elektronik-Acts zählten. Der musikalische Visionär liebte es zudem, mit seiner Musik zu provozieren, man denke nur an "Tanz den Mussolini". Er veranstaltete mit WestBam House-Partys in Berlin und wollte im Mai eigentlich mit DAF auf Tour gehen. Doch zuvor starb er in einem portugiesischen Krankenhaus.

© Pressefoto

7.3. Keith Olsen (*12.5.1945) hatte auf seiner Erfolgsliste als Toningenieur und Produzent sechs Grammys, 125 Alben (14 Mal Multiplatin, 24 Mal Platin, 39 Mal Gold) und 40 Jahre Studio-Erfahrung stehen. Er startete seine Laufbahn als Bassist für Country-Star Jimmy Rodgers, spielte Kontrabass in Folk- und Jazz-Bands in Minneapolis, und ihm gelang als Bassist mit Music Machine der Hit "Talk Talk". Bekam von Brian Wilson höchstpersönlich Produktionstipps, die er in den folgenden Jahren um eigene Erfahrungen erweiterte. Er arbeitete mit Fleetwood Mac, Ozzy Osbourne, Grateful Dead, Whitesnake, Rick Springfield, Pat Benatar, Heart, Santana, Saga, Foreigner, Magnum, Journey, Emerson, Lake & Palmer, Joe Walsh, Eric Burdon & The Animals, Jethro Tull, den Scorpions, Bad Company, Sammy Hagar und vielen anderen. 1996 gab er das Produzieren auf, um sich der Entwicklung von Surround-Sound-Mixen und digitaler Kommunikationstechnik zu widmen.

1.5. Will Theunissen (*30.6.1954) gründete als Gitarrist in den 70er Jahren in den Niederlanden die Jazz-Rock-Gruppe Elevator, war danach in der Frank Boeijen Group aktiv. 3.5. Bob Lander (*11.3.1942) mischte als Gitarrist bei The Rebels, The Frazers, Rock-Teddy & The Blue Caps und vor allem den Spotnicks mit, mit denen er 2019 noch auf Welttour war. 3.5. Dave Greenfield (*29.3.1949) versuchte sich zunächst in Deutschland an einer Karriere als Musiker, zeichnete dann ab 1975 bei den Stranglers als Keyboarder, gelegentlicher Leadsänger und zusätzlich auch als Komponist für die verkaufsträchtigen Nummern wie "Golden Brown" verantwortlich. Während eines Krankenhausaufenthalts wegen akuter Herzprobleme fing er sich das Coronavirus ein, was er nicht überlebte.


Der Architekt des Rock'n'Roll ist tot Als Erfinder des Rock’n’Roll wurde Little Richard gewürdigt, als am 9. Mai auch in den großen Nachrichtensendungen hierzulande von seinem Tod berichtet wurde. Er war der Mann, der in den 50er Jahren nicht nur die Musikwelt in Aufruhr versetzte, Kollegen wie Jerry Lee Lewis, Chuck Berry oder Elvis Presley inspirierte und später auch lautstark mit ihnen konkurrierte. Schließlich hatte der am 5. Dezember 1932 als Richard Wayne Penniman geborene Musiker bereits 1955 mit "Tutti Frutti" (und dem darauf zu hörenden Urschrei „A-wop-bop-a-loo-bop-a-wopbam-boom!") entscheidende Weichen gestellt, mit Fats Domino und Berry ein neues Genre geschaffen. Mit "Long Tall Sally", "Good Golly Miss Molly" und "Keep-AKnockin’" hatte der charismatische Showman weitere Hits, kam aber mit Phasen der Erfolglosigkeit nicht immer klar. Zumal er lange mit seiner Sexualität zu kämpfen hatte, auch damit, dass ihn seit Vater mit 15 Jahren aus dem Haus gejagt hatte, weil er Kleider und Make-up seiner Mutter anlegte. Er tat sich schwer, bezeichnete sich 1995 in einem „Penthouse"-Interview als schwul, 2007 als bisexuell, später auch als „omnisexuell". Zweimal zog sich Little Richard von der Musik zurück, suchte sein Heil in Drogen, dann als wiedergeborener Christ in der Religion – und kehrte doch immer wieder

auf die Bühne und ins Studio zurück. Er versuchte sich auch an Country, vermengte Gospel, Blues und Boogie – und blieb im Herzen doch immer Rock’n’Roller, der von späteren Generationen auch gerne mittels Samples „beklaut" (oder gewürdigt) wurde. In den letzten Jahren hatte er zunehmend gesundheitliche Probleme. Am Ende erlag Little Richard einem Krebsleiden. Im folgenden Auszüge eines Telefoninterviews, das GoodTimes-Mitarbeiter Philipp Roser am 21. August 1991 im Vorfeld einer Deutschland-Tournee geführt hat und das zwischen den Zeilen einiges über den Künstler mit den wilden Frisuren aussagt. In den letzten Jahren hat man wenig von dir gehört – was hast du getrieben? Ich war sehr beschäftigt, ich habe sehr viele Sachen gemacht: Commercials, Filme, die große Erfolge waren. Ich habe Videos gemacht, die ebenfalls sehr erfolgreich waren, und ich war viel im Fernsehen. Ich bin in Amerika sehr erfolgreich! Hast du diese Commercials für Taco Bell und Commodore aus finanziellen Gründen gemacht? Es hat mir einfach Spaß gemacht. Aber lass mich etwas fragen: Sind die Leute in Deutschland denn scharf darauf, uns zu sehen? Werden sie in größerer Zahl zu den Shows kommen?

Ja! Du warst ja sehr lange nicht mehr hier! Viele, viele Jahre! Es ist schon so lange her, dass ich in Deutschland war, dass ich mich gar nicht mehr daran erinnern kann! Ich wäre ja gekommen, wollte aber nicht fliegen, weil ich das nicht gerne mache. Meine Onkel fliegen ebenfalls nicht, mein Onkel Willie fliegt nie, er fährt lieber mit dem Zug oder dem Greyhound. Wie machst du es diesmal? Ich habe lange nachgedacht und beschlossen, dass ich einfach kommen muss! Ich bringe meine zwei Brüder mit rüber. Deutschland ist ein schönes Land, und dort ist es immer sehr gut für uns gelaufen. Weißt du, die Beatles haben damals in Hamburg mit uns gespielt, als sie gerade am Anfang ihrer Karriere standen. Auch The Swinging Blue Jeans, Mick Jagger war mit uns auf Tour. Jerry Lee Lewis war vor einem halben Jahr hier, Chuck Berry war auf Tour ... Haben sie Leute gezogen? Ja, die Hallen waren voll. Okay, aber ich denke, dass es bei uns noch voller werden wird, weil wir schon so lange nicht mehr da waren. Bo Didd© H. Ölschlegel, 1999, Circus Krone

Little Richard

ley war auch oft bei euch drüben unterwegs – aber die Leute haben den Urheber (Originator), den Architekten lange nicht mehr erlebt – und ich bin der Architekt des Rock’n’Roll, ich habe ihn gestartet! In deiner Bio wirst du zitiert, dass du inzwischen deinen Frieden mit dir selbst gemacht hast, dich sicherer fühlst und helfen willst, ein wenig Frieden zu verbreiten – was meinst du damit? Ich verbreite Freude und Frieden bei allen Menschen, und das überall! Ich will die Leute so wissen lassen, dass es Zeit für uns ist, uns gegenseitig zu lieben! Wir bringen die Botschaft der Liebe. Meinst du, dass ein Musiker oder Entertainer wie du helfen kann, diese Botschaft zu verbreiten? Ohne jeden Zweifel! Und ich fühle mich richtig gut, wenn ich die Pianotasten berühre. Magst du die Art und Weise, wie ich Piano spiele? Stehst du auf Rock'n'Roll? Ja? Ich spiele immer noch fetzig – hörst du es (legt wild an seinem Flügel los)? Klingt wirklich frisch! Ich werde schreiben, dass du für mich gespielt hast! Ja, ich habe live für dich von Hollywood aus gespielt! Und in den Shows werde ich alle meine Hits spielen! Ich werde auch ein bisschen Country machen, aber ich werde in erster Linie rock’n’rollen!

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RORY GALLAGHER Von Jens-Uwe Berndt

Foto: © Jim Summaria

Die Liebe zur Bühne kostete ihn das Leben Rory Gallagher war ein Anti-Star. Nein, nicht jemand, der sich vehement gegen den Star-Ruhm stellte oder eben Attitüden an sich hatte, die ihn als Identifikationsfigur für tausende Rockfans ausschlossen. Vielmehr galt er als sehr bodenständig. Seine Anhänger – viele davon geradezu hingebungsvoll – sahen in ihm immer "einen von uns". In der zweiten Hälfte der Sechziger auf der Bildfläche erschienen und in den Siebzigern musikalisch eine Macht, entzog er sich komplett dem Glamour, machte um sich und seine Musik weder ein Geheimnis noch viel Aufhebens. Und doch erlangte er neben seiner immensen Bedeutung als Gitarrist sogar eine Bedeutung im sogenannten Mainstream und damit kommerzielle Relevanz.

Der jüngst verstorbene WDR-„Rockpalast"-Begründer Peter Rüchel schrieb in seinen „Erinnerungen"

Foto: © Grumann, NikMa Verlag

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n einer Zeit, in der die Bühnenpräsentationen der angesagtesten Acts immer opulenter und ausufernder wurden, galt Minimalismus als Markenzeichen und stand nicht etwa für ein fehlendes Image. Status Quo waren das beste Beispiel. Die Boogie-Rocker machten ihr Alltags-Outfit zu einem bewussten Gegenentwurf zu den Glam-Rockern vom Schlage Sweet oder T.Rex. Und musikalisch wurde unablässig schweißtreibend gerockt, während die Musiker hinter ihren Haarvorhängen die Köpfe im Rhythmus wiegten. Rory Gallagher, der Blues-Rocker aus Irland, agierte ähnlich: rauf auf die Bühne, Gitarre geschnappt und beseelt jeden Abend das beste Set der Karriere abgeliefert.

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(2009): „Für Rory gab es nichts anderes als Musik. Er lebte für den Auftritt auf der Bühne. Und wo keine Bühne war, schuf er sich eine." Gallagher eröffnete am 23. Juli 1977 die erste „Rockpalast"-Nacht in der Essener Grugahalle und blies weg, räumte ab, ließ keinen Stein auf dem anderen. Floskeln umrissen schon damals nur annähernd, was Rory Gallagher und Band live abzuliefern imstande waren. Wie zigtausend andere Rockfans in Ost und West saß damals auch Ola Van Sander vor dem TV-Gerät. Er war 14 Jahre alt, und wie seine Kumpel stand Gier auf Glam Rock. Und auf die „herrschenden Gi tarristen" Jimmy Page und Ritchie Blackmore. Der Tipp für die Übertragung der Rocknacht kam aus dem Freundeskreis – und ganz speziell wegen Rory Gallagher. Der Jungspund wurde gepackt. Und das so sehr, dass er quasi seine gesamte musikalische Karriere auf Rory Gallagher aufbaute. Heute zählt Pender Rostocker Musiker mit seiner Gruppe Bad Pen ny zu den besten Vertretern, die das musikalische Schaffen des Iren bewahren und sich davon inspirieren lassen. Mehrfach spielten Fes-sie auf dem Gallagher Fes tival in der Geburtsstadt des Musikers, Ballyshannon, und waren zur Premiere des Buches „Rory Gallagher" von Jean-Noel Coghe als FrankLive-Act nach Lille in Frank reich eingeladen worden. n

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In Peter Rüchels „Erinnerungen" leiten sie gar das Kapitel „Erinnerung nach vorn" ein. Rüchel schrieb hier: „Bei einem Straßenfest habe ich neulich Neil Youngs 'Like A Hurricane' gehört. Von einer jungen Band aus Rostock eins zu eins und so gut nachgespielt, dass es mich mitten ins Herz getroffen hat. Diese Band, Bad Penny, hat mir von ihrer ,Rockpalast'-DDR-Sozialisation erzählt und wie viel ihnen die Konzerte von Rory Gallagher bedeuteten. Seine Musik ist in ihren Konzerten gegenwärtig: erster Song 'A Million Miles Away', letzter Song 'Shadow Play'."

intensiver mit den Hintergründen des speziellen Flairs von Rory Gallagher. „Das ist nur auf den ersten Blick normaler Blues Rock", sagt er. „Hört man ein zweites Mal hin, entdeckt man die irischen Wurzeln und erkennt zum Beispiel, dass die Melodieführung in den Songs von Rory Gallagher anders gestaltet ist als bei typischen Vertretern des Genres wie zum Beispiel Canned Heat oder Ten Years After."

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Rory-Gallagher-Discographie

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1980 hatte der Gitarrist und Sänin GoodTimes Edition Discographien ger aus Norddeutschland seine Vol. 10 – siehe Shop Seite 29 erste Band gegründet, was bebe reits unter dem Eindruck des gerade erschienenen Live-Albums STAGE STRUCK geschah, das gemeinhin als akustische Fan-Bibel „Gallagher machte damals auf mich den gilt. „Das war die Hochzeit des New Wave und Punk", sagt Van Eindruck, er sei einfach so wie ich und Sander. „Und Blues Rock war eigentlich nicht gerade das Gebot der meine Freunde", erinnert sich Ola Van Stunde. Aber Rory verband die Energie des Sander an diese erste TV-Nacht von Punk mit einem unglaublichen Können. 1977. „Das war ein ähnliches Phänomen Wenn man diese Platte hört, stellt man fest, wie bei Bruce Springsteen." Und trotz dass er mit der Gitarre machen konnte, was dieser Attitüde des Typen von nebenan, er wollte." Als er mit seiner ersten ernst zu habe der Gitarrist auf einem unfassbar nehmenden Gruppe, Mister Taste, 1985 zur hohen Niveau gespielt. Er habe von der Bad Penny 2020 (v.l.): Peter Möller (keys, acc), Einstufung (Spielerlaubnis und Gagenhöersten bis zur letzten Minute gefesselt, Ola Van Sander (voc, g), Fiete Blümel (dr) Gagenhö he) spielte, habe er das gesamte Material von STAGE daohne seinen Auftritt mit Showeffekten aufpeppen zu müssen. Und genau da STRUCK draufgehabt. rin lag der Kern der Faszination: Rory Gallagher war ein Bühnentier. Schon in der ersten Hälfte der 70er Jahre sprachen Musikjournalisten von der „geschunUnd wenn Van Sander von einer Punkenergie spricht, denen Stratocaster", die Gallagher spiele. Nach seinem Tod 1995 wurde gern trifft er den Nagel beim ersten Schlag punktgenau. kolportiert, dass der Ire bis zuletzt ausschließlich eben genau dieses InstruZum Beispiel ist "Wayward Child" ein krachharter ment aus seiner Anfangszeit gespielt habe. Allerdings nutzte Rory Gallagher 10 0 - M e t e r- L a u f natürlich eine ganze Reihe von Gitarren. bei vollem Energieschub. Mit solch einem Am Ende sahen die allerdings alle so aus, Tempo haben nur wenige Blues-orientierte als handle es sich um die einzige heilige Musik durchs Ziel gepeitscht. "Moonchild" Klampfe, die sich der Gitarrist bereits in den und "Hellcat" machen hörbar, weshalb 60er Jahren zugelegt hatte. damals Hard-Rock-Fans ebenso Gefallen an Rory Gallagher fanden wie puristische Seinen Livestatus begründete Gallagher Blues-Rocker. Und warum die Irish-Folkbereits mit der Band Taste, die er 1966 gelastigen Bad Penny ausgerechnet den gründet hatte und die mit ihm bis 1970 exisgleichnamigen Song als Bandnamen wähltierte. Die bedeutendsten dokumentierten wähl ten, liegt in deren Hang zu eben jenen iriAuftritte bestritt er mit Richard McCracken iri schen Wurzeln des Musikers begründet. (b) und John Wilson (dr), die 1968 für die Gründungsmitglieder Eric Kitteringham (b) Taste waren spätestens 1969 geradezu exund Norman Damery (dr) gekommen waren. ex plodiert. In jenem Jahr begann auch die meExemplarisch dafür war der Taste-Auftritt me diale Debatte um Starruhm oder eher nicht. beim „Isle Of Wight Festival" von 1970, als Das war allerdings ein von den Magazinen die Gruppe eigentlich schon in ihren letzhausgemachtes Thema, um Rory Gallaghers ten Zügen lag. Von Gallagher ging eine Normalität in den Mittelpunkt zu rücken. sprühende Energie aus, und der gerade mal Denn eine große Nummer war der Ire, der 22-jährige Gitarrist zeigte eher so nebenbei, die meiste Zeit seines Lebens in Cork zu dass er einer der Besten seines Fachs war. Hause war, ohne Frage. So einer musste doch irgendwie verschroben sein – wenn Natürlich basierte das Meiste, was Taste er schon auf der Bühne ganz ohne Allüren und später Rory Gallagher als Solokünstler auskam. Dem war aber nicht so. Gallagher präsentierten, auf Blues. Aber schon in den überraschte die Journalisten immer wieder mit einer entwaffnenden AusAus Jahren als wild rockendes Trio, das ganz explizit für die „Farewell Concerts" kunftsbereitschaft. Und wenn er von seiner Sehnsucht nach den Freunden und von Cream in der Royal Albert Hall 1968 als Support ausgesucht worden war, Nachbarn in Cork sprach, klang das so verdammt authentisch! In einem Interzeigte sich, dass die Iren eben nicht mit der Unmenge view von 1974 sagte der Gitarrist einmal: „Wenn ich Aufsehen erregen wollte, an Blues-Rock-Formationen zu vergleichen waren. Der dann könnte ich meinetwegen Opener des ersten Taste-Albums TASTE (1969), "Blister mit einem knallgrünen Cape On The Moon", drückte als satter Hard-Rocker aus der und einem breiten, rot gefärbten Anlage. Und auch wenn der Rest tief durch den Blues Streifen im Haar herumlaufen. watete, bekam man keine Dutzendware. Noch stärker Wichtiger ist mir aber, dass ich als mit Taste wurde Gallaghers Besonderheit auf seinem mich frei bewegen kann." ersten Solo-Album RORY GALLAGHER (1971) deutlich. Zum Beispiel das Zeppelin'sche Folkstück "Just The Smile" oder die unruhige Das klappte ganz gut. Dort, wo man ihn erkannte, klopfte man ihm auf die Nummer "Hands Up". Der Slidekracher "Sinner Boy" wurde zum Klassiker, "It's Schulter, fragte nach einem Autogramm oder hielt einen kurzen Plausch. DieYou" sah den Iren sogar im Country. An Ideen für die Gitarrensolos sprudelte ser Status änderte sich eigentlich nie, da mochte der unverwechselbare Gitarrist Gallagher über, und die Melodien hatten immer irgendwie eine ungewöhnliche noch so oft touren oder mit Titelgeschichten in Musikmagazinen auftauchen. Wendung. Sein Leben hätte sich allerdings geändert, wäre er Bestandteil einer jener Bands geworden, die ihn als Gitarristen ins Auge gefasst hatten – die Rolling Stones. Ola Van Sander hat diese Besonderheit sofort wahrgenommen, ohne dafür Die testeten nach dem Weggang von Mick Taylor 1975 in Rotterdam eine ganunmittelbar eine Erklärung gesucht zu haben. Wenn man als Halbwüchsiger ze Reihe von namhaften Klampfern. Rory Gallagher gehörte dazu. Allerdings Musik liebt, geht sowieso alles über Emotionen. Später beschäftigte er sich GoodTimes 3/2020

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Im selben Jahr dachten auch Deep Purple über Rory Gallagher nach. Mehr übrigens nicht, auch anwenn an anderer Stelle immer wieder behauptet wird, der Ire sei offiziell an gefragt worden. Ritchie Blackmore hatte das einstige HeavyRock-Flaggschiff verlassen, weil ihm unter anderem die Hinwendung zu Soul und Funk nicht mehr behagte. Zuerst hatte man in den Reihen der Verbliebenen die Option Jeff Beck auf dem Schirm. Danach brachte David Coverdale Rory Gallagher ins Spiel. „Ich gehörte einer lokalen Band an, als wir in Peterlee im Blues-Club Argus Butterfly für The Taste eröffneten", erzählte der Sänger damals. „Ich erinnerte mich an ihn als einen Ausnahmemusiker, einen großartigen weißen Bluesinterpreten und sehr anständigen Kerl. Aus irgendeinem Grund wurde Rory jedoch nicht weiter besprochen. Ich denke immer noch, dass es interessant gewesen wäre."

(dr) sowie Lou Martin (keys) und behielt nur Bassist Gerry McAvoy, um dann lediglich Ted McKenna ans Schlagzeug zu holen. Es ging eindeutig um ein neues Feeling, eine neue Arbeitsweise. Er wollte zurück zur Energie des Powertrios, wie sie einst bei Taste vorgeherrscht hatte. Das Ergebnis, das 1978 mit PHOTO-FINISH vorlag, gab ihm Recht. Im Vergleich zu dem 2011 posthum veröffentlichten NOTES FROM SAN FRANCISCO, dem von Gallagher entsorgten Album, verströmte PHOTOFINISH eine komplett andere Atmosphäre. ErdiErdi ger, leichter, schmutziger … Interessanterweise ist das bei dem schleppenden Blues "Fuel To The Fire" besonders deutlich auszumachen. Die von Gallagher verschmähte Version ist schlichtweg lahm. Und obwohl das Stück auf PHOTO-FINISH keinen Deut schneller gespielt wurde, hatte es Saft. Die Melodie, die einem auf NOTES egal zu sein scheint, fräst sich von dem Powertrio gespielt geradezu in die Gehörgänge. Gallagher-FaGallagher-Fa natiker Ola Van Sander beschäftigt sich gerade mit solchen Nuancen im Katalog seines musikalischen Helden. „Das macht auch das Genie aus: zu wissen, wenn das eigene Produkt nicht gut genug ist", sagt er. „Im VerVer gleich waren die Entsorgung der ersten AufnahAufnah men und der Austausch der Musiker der richtige Schritt, denn das dann veröffentlichte PHOTOFINISH hatte radikal gewonnen." Musik für die Singlecharts erschuf Rory Gallagher nie. Für ein Publikum, das sich voll Begeisterung immer wieder 45er-Vinyl auf den Plattenteller legte und bestimmte Songs unentwegt reinzog, bis der Text saß, war das raue Material des manischen Gitarristen unun geeignet. Obendrein war nicht von der Hand zu weisen, dass Gallagher nicht gerade einen Pokal für den besten Gesang gewinnen konnte. Aber auch hier konnte sich der Musiker seiner treuen Anhängerschaft sicher sein. Denn die liebte (und das ist laut einschlägigen Foren im Netz immer noch so) sein Organ eben wegen genau dieser unun verwechselbaren Kantigkeit. Mit den Jahren verlor sie an Intensität und Kraft und überschlug sich bei Auftritten manchmal. Das ist sicher natürlicher Verschleiß, allerdings hatte Gallagher mit ganz anderen Problemen als dem Alterungsprozess zu kämpfen. Und diese Probleme kosteten ihn nicht nur seine Stimme und die Fähigkeit, Gitarre zu spielen – Gallagher verlor seine AusAus strahlung. Foto: © Jim Summaria

wird darum heute mehr Wind gemacht als nötig. Rorys Bruder und Manager Donal Gallagher erzählte vor Jahren in einem Interview, wie der Gitarrist allein nach Rotterdam gereist sei und gemeinsam mit den Stones gejammt habe. Vor allem Mick Jagger hatte Gefallen an dem Karohemdträger gefunden, weshalb er vom Stones-Management auch direkt eingeladen worden war. Nach den gemeinsamen Sessions entließen die Stones Gallagher allerdings ohne ein Wort, was ihn am nächsten Tag dazu veranlasste, wieder abzureisen. Immerhin stand eine Japan-Tournee an. An der Rezeption soll er einen Zettel hinterlassen haben: „Wenn Ihr mich wollt, werdet Ihr Euch melden." Zu diesem Zeitpunkt hatte Rory laut Donal Gallagher aber schon gewusst, dass bei ihm gar kein Interesse an einer Stones-Mitgliedschaft bestand. Zum einen habe ihm die Arbeitsweise der Rolling Stones, stundenlang an einem Song zu feilen, nicht gefallen, zum anderen sei Rory Gallagher ob der qualitativen Kluft zwischen ihm und Keith Richards klar gewesen, dass sich da nie eine Chemie entwickelt hätte. Absagen musste der Ire aber nicht, denn von den Stones meldete sich niemand.

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Trotz seiner „Netter-Kerl-Attitüde" wechselte Rory Gallagher über die Jahre hin und wieder seine Mitmusiker aus. Bei Taste war der Schnitt 1968 sehr auffällig gewesen, als er gleich beide Mitstreiter austauschte. Bei dem Kumpeltypen hatte es aber tatsächlich kaum etwas mit zwischenmenschlichen Animositäten zu tun. Es ging fast ausschließlich um die Musik, denn einige Male hatte Gallagher das Gefühl, seine aktuelle Mannschaft könne ihm nicht in die neuen Dimensionen folgen. Bestes Beispiel dafür ist das Jahr 1977, als er ein in San Francisco produziertes Album komplett in die Tonne warf und sich dabei sowohl mit Manager Donal als auch mit seiner Plattenfirma anlegte. „Es lag nicht am Material oder den Musikern oder so etwas", flunkerte Gallagher später in einem Interview. „Es war ein Song-Ding. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es aus technischer Sicht funktionierte." Aber statt sämtliche Songs auszutauschen, feuerte Gallagher seine Mitmusiker Rod de'Ath n

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1992 meinte der Gitarrist in einem Interview mit „Hot Press", dass er in seiner Karriere mehr getourt habe, als gut für ihn gewesen sei. „Ich war mehr auf Tour als jeder andere Künstler in Europa", sagte er. Nie habe er eine Familie aufauf bauen oder soziale Bindungen pflegen können. Denn die Fähigkeit zu geben sei bei jedem Menschen begrenzt – physisch wie psychisch. „Blues ist schlecht für die Gesundheit", erklärte Gallagher. Viele der ganz großen schwarzen Bluesmusiker seien Alkoholiker gewesen. Und wenn sie aufgehört hätten zu saufen, hätten sie an Faszination eingebüßt, ihre Musik sei auch nicht mehr so gut gewesen. „So sind Trinken und Blues eng miteinander verbunden, eines nährt das andere." Er selbst ernährte sich zeitweise förmlich vom Alkohol. Hinzu kam ein exorbitanter Tablettenmissbrauch. Da waren die Gifte am Abend, um einschlafen zu können, und die am Morgen, um wieder wach zu werden, fast schon Routine.


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Ola Van Sander erlebte den von ihm so verehrten Musiker zum ersten Mal 1992 in Bremen. „Als Ostbürger waren wir viel zu früh vorm Aladin eingetroffen und saßen in unserem Auto, als eine Limousine vorfuhr", erinnert sich der Gitarrist und Sänger. „Plötzlich stieg Rory aus, und wir rannten sofort hin und bestürmten ihn. Und wir sagten all diese Floskeln, die man in solch einer Situation so sagt." Und alles sei gewesen, wie er es sich ausgemalt habe: Rory Gallagher sei freundlich und bodenständig gewesen, habe wie ein Kumpel auf alle Fragen geantwortet, und zum Abschied habe man sich auf die Schultern geklopft. „Während des Konzerts entdeckte er mich in der ersten Reihe und kam auf mich zu, um zu fragen, wie mir der Auftritt gefalle. Ich war völlig perplex. Es war ein unglaubliches Erlebnis."

Zwei Jahre später sah Van Sander sein Idol noch einmal im August in Hamburg im Stadtpark. Zu jenem Zeitpunkt war dessen Leberzirrhose schon so weit fortgeschritten, dass von dem alten Rory Gallagher nichts mehr übrig war. „Es war ein sehr schlechtes Konzert", erinnert sich der Hansestädter an den Auftritt. „Rory war total fahrig, es war schlimm mit anzusehen. Ständig hat er sich verspielt, was ihn wütend machte, so dass er seine Gitarre zerstören wollte. Schließlich setzte er sich sogar ans Klavier … ja, ans Klavier … und wir reden hier von dem Gitarrengenie Rory Gallagher." Das Genie war verlorengegangen, der Musiker am Ende. Alkohol und Tabletten hatten seinen Körper zerstört. Darüber hinaus kämpfte er inzwischen mit schweren Neurosen. So konnte er zum Beispiel kein Zimmer bewohnen, ohne darin sämtliche Gegenstände geradezurücken.

The Absence of Presence

VÖ: 26.06.2020 In diesem Sommer werden KANSAS ihr 16. Studioalbum „The Absence of Presence“ veröffentlichen. Das breitgefächerte Progressive Rock-Album knüpft an das Vorgängeralbum „The Prelude Implicit“ an. Das Album ist erhältlich als Limited CD+Blu-Ray Artbook, Special Edition CD Digipak, Gatefold 2LP + CD und als digitales Album

Wie bei jedem Musiker, der an Drogenkonsum oder Alkoholismus zugrunde geht, stellte sich auch bei Rory Gallagher die Frage, was zu dieser teuflischen Symbiose Genie und Wahnsinn geführt hatte. Seine Fans, die die Entwicklung Gallaghers mit Argusaugen beobachteten, haben fast einhellige Antworten parat, wenngleich bei dem irischen Gitarristen mehrere Lebensumstände dazu geführt haben dürften, dass er in den letzten Jahren seiner Karriere unter schweren Depressionen litt. Auch darüber hat Van Sander sich seine Gedanken gemacht. „Ich gehöre nicht zu den Vertretern, die automatisch eine Verbindung zwischen überdurchschnittlichem Musiker und Drogenkonsum herstellen", sagt er. „Aber ein Musiker, der beinahe jeden Tag auf der Bühne steht – an manchen sogar zweimal –, unterliegt einem immensen Druck. Denn in Pujedem Konzert möchte er sein Bestes geben, das Pu blikum zufriedenstellen. Gelingt das nicht, beginnen die Selbstzweifel. Dann kam bei Rory hinzu, dass er nie eine beständige Beziehung zu einer Frau aufbauen konnte." Gallagher selbst hatte Ende der Achtziger immer wieder bitter festgestellt, dass sich die Musikpresse nicht mehr für ihn interessiere, obwohl er weiterhin gute Alben abliefere und unentwegt toure. Trotz AntiStar-Haltung fehlte ihm die mediale Anerkennung. Gute Alben gab es. Allerdings tat sich Rory Gallagher schwemit der Produktion von neuem Material weitaus schwe rer als noch in den Siebzigern. So erschienen mit JINX (1982), DEFENDER (1987) und FRESH EVIDENCE (1990) nur drei neue Studioplatten. Und diese unterschieden sich streckenweise deutlich von dem, was den Gitarristen GoodTimes 3/2020

VÖ: 12.06.2020 Das legendäre Live-Album ist nun endlich auf Vinyl erhältlich und erscheint mit neuem Mastering, welches transparenter und brillanter klingt als die Originalversion. Erlebt die Genesis-Klassiker in neuer Qualität! Erhältlich als 3LP & 2CD im Gatefold sowie als digitales Album!

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berühmt gemacht hatte. Die neue Heavy-Metal-Welle war an ihm genauso wenig vorbeigegangen wie der Punkboom. Vor allem JINX war außerordentlich HardRock-lastig, und "The Devil Made Me Do It" konnte gut und gern als Punk durchgehen. Die bluesigste Nummer war dann auch eine Coverversion: "Ride On Red, Ride On". DEFENDER war im Sound noch etwas fetter als der Vorgänger, hatte dabei aber wieder etwas stärker den Blues im Fokus: im Großen und Ganzen ein exzellentes Album. FRESH EVIDENCE klang mit seiner Rückbesinnung auf alte musikalische Werte wie aus der Zeit gefallen und zeigte einen kreativ sehr sattelfesten Künstler. herWas er – wie sich mit Blick auf die Produktionsdauer und Selbstzweifel her ausstellte – zu jenem Zeitpunkt gar nicht war. Stücken wie "Alexis" hörte man das aber nicht an.

Denn „sie sind das, was sich Rory immer gewünscht hat und ich an ihnen schätze: sie selbst". 2004 spielten Van Sander und Co. auf dem Ballyshannon-Festival, als ehemalige Gallagher-Musiker dort gemeinsam auftraten. Als Gallagher-Keyboarder Lou Martin wegen Krankheit ausfiel, holte sich die Truppe Penny-Tastenmann Peter Möller ins Line-up. Und der drückte sich die Setlist in Lichtgeschwindigkeit drauf – vieles davon kannte er ja bereits. Tourneen durch Irland gehören seit der ersten Hälfte der 90er Jahre zum Selbstverständnis der Nordlichter. Und auf der grünen Insel ist man von den „Erben Gallaghers", wie Marcus Connaughton in „Rory Gallagher – His Life And Times" schrieb, schier begeistert. Sogenannte Tribute-Bands gibt es eine ganze Reihe. Zum Beispiel das PowerPower trio The Loop, das 1993 als Blues-RockTruppe gegründet worden war, sich später aber ausschließlich auf Gallaghers Musik einschoss. Im Oktober ist ein Auftritt in Nörgelbuff, Göttingen vorgesehen. Oder Blueprint. Die gibt es seit 2012. Live-AkLive-Ak tivitäten für die mögliche Zeit nach der Corona-Veranstaltungssperre liegen bisbis her nicht vor. Die Thüringer von Double Vision verkünden stolz, längst nicht mehr nur Gallaghers Songs zu reproduzieren, seien doch bereits mehrere CDs mit eigeeige nen Material erschienen – jüngst PURE 'N SIMPLE. Von den geplanten Livegigs sind – wenn überhaupt – kaum welche relerele vant, liegen die Termine doch alle im SomSom mer. Gerry McAvoy, langjähriger Bassist, hält mit seiner Band Of Friends die Musik Gallaghers ebenfalls am Leben. Unter UmUm ständen im September könnte in Hamburg die Gruppe Top Priority zu sehen sein – eine reine Tribute-Band. Den „Spirit Of Rory Gallagher" wollen nach eigener AusAus sage auch Remember Rory hochhalten.

Zuletzt war Rory Gallagher live nur noch ein Name aus einer längst vergangenen Zeit. Die Konzerte waren meist eher dürftig, manchmal soll er vor Erschöpfung zusammengebrochen sein. In Holland lieferte er im Januar 1995 seine letzten Auftritte ab. Dann kam er ins Krankenhaus, überstand eine LebertransplantaLebertransplanta tion. Sein Körper war allerdings so geschwächt, dass ihn die letzte von vier in kurzer Zeit aufeinander folgenden Lungenentzündungen das Leben kostete: Am 14. Juni 1995 starb der Musiker im King's College LonHospital in Lon don. Die Musikwelt trauerte. In Erinnerung blieben große RockMomente der Rock geschichte, einige davon magisch. Die fünf „Rockpalast"Auftritte gehören gewiss allesamt dazu. Ebenso seine Live-Alben, allen voran LIVE! IN EUROPE (1972), das in Großbritannien bis auf Rang 9 der Albumcharts vordrang und sich 15 Wochen unter den 100 besten Platten jener Zeit hielt. IRISH TOUR '74 (1974) hat unter Fans zum Teil einen noch höheren Stellenwert, auch wenn es sich nicht ganz so bemerkenswert platzierte (UK #36). Und schließlich STAGE STRUCK – schlichtweg ein Meilenstein des europäischen Blues Rock. Zurück zu Ola Van Sander. Der fühlte sich geradezu getrieben, Gallaghers Andenken zu bewahren. Bewusst nahm er Verbindungen zu Leuten auf, die sich um das musikalische Vermächtnis seines Vorbildes verdient machten oder aus dessen Umfeld stammten. So spielten Bad Penny 2002 auf dem „Rory Review" in Wiesbaden, das von einem Typen namens Karl-Heinz Bilstein, genannt 20$-Bill, organisiert wurde. Mit von der Party war auch „Rockpalast"-Kameramann Rudi Gerlach, der im Besitz einer Original-Gallagher-Telecaster war. „Der beste Gitarrist des Abends durfte darauf spielen – und das war damals ich", sagt der Rostocker Bandkopf. Bilstein schrieb später das Vorwort zur CD RETURN TO THE G-MAN (2008), darin schreibt der Veranstalter, dass die Rostocker die Songs anderer unverkennbar zu ihren eigenen machen würden. Seite

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Bad Penny wiederum haben neben der Rory-Gallagher-Verehrung musikalisch ein Eigenleben. Sie nennen sich eine EpicFolk-Rock-Band, stecken mittlerweile ganz tief in der irischen Folklore. Davon zeugt unter anderem die Show „Celtic Lights", von der es eigentlich in diesem Herbst in Rostock eine Auflage geben sollte. Der Todestag von Rory Gallagher jährt sich in diesem Jahr zum 25. Mal. Auch wenn solche Ereignisse nicht gefeiert werden, bieten sie doch immer einen Anlass, der verehrten Person spezielle Veranstaltungen zu widmen. Leider fällt das in diesem Jahr komplett aus, gege hört der Juni doch noch zur Phase der kompletten CoronaVeranstaltungssperre. Das ist eine unglückliche Verkettung der Ereignisse, brauchen verver storbene Künstler wie Rory Gallagher doch die „runden" Ereignisse, um mal wieder aus der Versenkung gehoben zu werden. Ob es zum JahresenJahresen de noch Möglichkeiten geben wird, ein Gedenk- oder ErinErin nerungskonzert auszurichten, steht in den Sternen. Aber da gibt es ja noch diese wunderwunder baren Alben, die Gallagher hinterließ und die es verdient haben, endlich mal wieder auf den Plattentellern zu rotieren. n

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IN ROCK Von Horst Berner

Mit dem rasanten Aufstieg der CD ab den 1980er Jahren und den anschließenden Online-Musikdiensten drohte der guten alten Schallplatte das Aus. Doch Vinyl erlebt seit Jahren ein Revival. Viele Neuheiten sind ebenfalls als LP zu haben, ganz zu schweigen von der Flut an Repros mit Oldie-Material. Diese Entwicklung setzte nicht nur eine Debatte über die Sinnlichkeit analogen Musikhörens in Gang, der Blick fällt auch wieder auf die "Wundertüten", in denen die schwarzen Scheiben stecken: kunstvoll gestaltete großformatige Albumhüllen. Ausgewählte Beispiele erläutert diese Serie.

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Rückseite "April Part I") erschienen, stammte aus der Feder der Komponisten Roger Greenaway (*1938) und Roger Cook (*1940), die 1966 als Popduo David & Jonathan mit "Lovers Of The World Unite" einen Top-Ten-Hit im UK hatten. Die Single-A-Seite war ein achtbares, doch erfolgloses fast vierminütiges Statement, das die Nahtstelle bildete zwischen neuen und alten Deep Purple, die bis dahin drei LPs vorweisen konnten: SHADES OF DEEP PURPLE (1968), THE BOOK OF TALIESYN CONCERTO (1969) und IN ROCK (1970) (1968) und DEEP PURPLE (1969). Radio Bremens TV-Kult-Sendung „Beat-Club" sendete am 30. August 1969 eine gemimte Performance des Titels, der – inklusive Gillan'scher Schreipassagen – zumindest andeutete, wohin die musikalische Reise des Quintetts gehen könnte. Am meisten profitiert von diesem Lied hat letztlich Gillan, der im Jahr darauf bei den Aufnahmen zur Rockoper „Jesus Christ Superstar" die Hauptrolle sang.

aum eine andere Band hat in derselben Besetzung binnen weniger Monate zwei so unterschiedliche LPs aufgenommen wie Deep Purple mit CONCERTO FOR GROUP AND ORCHESTRA und DEEP PURPLE IN ROCK. Während das am 24. September 1969 in der Londoner Royal Albert Hall aufgeführte CONCERTO die Gruppe im Zusammenspiel mit dem Royal Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Malcolm Arnold (1921–2006) in klassischen Gefilden zu Gehör Vor 50 Jahren, am 3. Juni 1970, veröffentlichte EMI brachte, bot IN ROCK den stürin Großbritannien auf seinem Undergroundlabel Harmischen Aufbruch zu einer neuvest DEEP PURPLE IN ROCK. Bei den zwischen Oken Stilrichtung, in der Rockmusik tober 1969 und April 1970 in den Londoner Studios härter als je zuvor präsentiert IBC, De Lane Lea und Abbey Road aufgenommenen wurde. Eine kreative KonfrontaSongs stellte speziell Tontechniker Martin Birch tion zwischen ernsten und un(*1948) sein Einfühlungsvermögen unter Beweis und terhaltsamen Tönen, E- versus Uwurde dafür als „Katalysator" gewürdigt. Von AnMusik, in der die Rivalen Jon Lord beginn des aus einem Tongewitter bestehenden In(1941–2012) und Ritchie Blacktros, das nach gut 90 Sekunden in ein ultraschnelles more (*1945) hießen. Der eine, "Speed King" überblendet, machte die Band deutlich, ausgebildet in klassischer Musik, dass die sinfonische Darbietung nun ein Ende hatte brillierte an der Hammondorgel, und die folgende Dreiviertelstunde ganz im Zeichen der andere, bereits in den frühen von hartem Rock stehen würde. Erwähnenswert, 1960er Jahren ein gesuchter Studass die US-Ausgabe diomusiker, faszinierte durch fuder Platte von 1970 bei riose Riffs und virtuose MelodieDeep Purple, v.l.: Glover, Blackmore, Gillan, Lord, Paice Warner um just dieses folgen auf der Stratocaster. Mit Intro (bandintern als "Woffle" bezeichnet) geBandmitbegründer und Wahnsinns-Drummer Ian Paice (*1948) sowie Bassist kürzt wurde. Derlei Gedröhn war für die VerantRoger Glover (*1945) und Sänger Ian Gillan (*1945) – beide kamen von Episode wortlichen wohl „too much" und hätte mögliche Six und ersetzten Nick Simper (*1945) und Rod Evans (*1947) –, bildeten sie das Line-up, das künstlerisch wie kommerziell die bedeutendste Phase Käufer abschrecken können, zumal die progressiv-pain der Karriere von Deep Band bis dahin mit progressiv-pa Deep-Purple-Discographie Staathetischen Rocksongs in den Staa Purple einläuten sollte in GoodTimes Edition Discographien und später als Mark II ten erfolgreicher agierte als in der DEEP PURPLE, Heimat. Bereits am 21. September katalogisiert wurde. Vol. 1 – siehe Shop Seite 29 Atco-LP (1963) 1968 konnte sie mit der Interpretation des von Joe South (1940–2012) geschriebenen Titels Für die Dunkelvioletten fing alles an mit einem "Hallelujah", siewobei damit nicht zwingend klerikalen Gedanken geschmeichelt "Hush" eine #4 in den Billboard Hot 100 verbuchen. Die sie wurde, auch wenn sich das vermuten ließe angesichts der Lyrics ben Tracks von IN ROCK knallten dagegen wie eine Soundorgie ins Ohr. Das war laut und kraftstrotzend und reichte weit hinaus vom Prediger mit der friedlichen Botschaft und der bischöflichen über das, was Gruppen wie Blue Cheer, Iron Butterfly, Steppenwolf Farbsymbolik im Bandnamen. Der wurde im Übrigen angeregt vom Hit "Deep Purple" von Nino Tempo (*1935) und April Stevens "Hallelujah", deutsche und Vanilla Fudge zuvor mit "Summertime Blues", "In-A-Gadda(*1929) (USA: #1, 1963). "Hallelujah", am 25. Juli 1969 (mit der Harvest-Single (1969) Da-Vida", "Born To Be Wild" und "You Keep Me Hangin’ On" an-

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gefacht hatten. Ob bei "Child In Time" (dessen Thema inspiriert war von It's A Beautiful Days "Bombay Calling"), "Flight Of The Rat" oder "Living Wreck", in jeder Nummer fügten sich ekstatischer Gesang, wilde Dialoge zwischen Orgel und Gitarre und treibende Rhythmusarbeit an Bass und Drums zu einem explosiven Gemenge. "Hard Lovin’ Man" hielt dann noch ein Outro bereit, das mit einer dem Intro ähnlichen Lärmkaskade den krönenden Abschluss zierte. In Verbindung mit der am 5. Juni 1970 erschienenen Single "Black Night" (in der Schweiz vier Wochen #1; D: #2; UK: #2) markierte die LP den kommerziellen Durchbruch für die Band in Europa. Während sie in den britischen Charts auf #4 stieg (USA: #143), stand sie in Deutschland vom 15. Oktober 1970 bis zum 14. Januar 1971 und damit 13 Wochen auf #1.

DEEP PURPLE IN ROCK Seite 1: 1. "Speed King" (5:48) 2. "Bloodsucker" (4:11) 3. "Child In Time" (10:13) Seite 2: 4. "Flight Of The Rat" (7:50) 5. "Into The Fire" (3:29) 6. "Living Wreck" (4:30) 7. "Hard Lovin’ Man" (7:10)

Konzertplakat, München (5. Dezember 1970)

ne gewann und damit selbst zitierfähig wurde. Auf den Wiedererkennungseffekt setzte natürlich in erster Linie die Band selbst, sei es bei Anzeigen, Konzertplakaten, Singlehüllen oder Kompilationen. Von dem Hingucker profitierten aber auch andere – unlängst die Puhdys, die bei ihrer 2-CDRetrospektive IN ROCK (2020) nicht nur optisch, sondern auch verbal der großen Vorlage huldigten.

Track 1 bis 7: Ritchie Blackmore, Ian Gillan, Roger Glover, Jon Lord, Ian Paice

Mit den gemeinsam komponierten Titeln von IN ROCK schrieben Deep Purple Musikgeschichte und definierten, parallel zu ihren Landsleuten und Kollegen von Led Zeppelin und Black Sabbath, eine neue Ausdrucksform: Hard Rock.

Bücher, die sich gezielt einer Platte widmen, sind eher selten – Picture Disc (1985) erst recht in deutscher Sprache. Eben diese Absicht erfüllt „DEEP PURPLE IN ROCK: Der lange Weg zu einem MeisterIN ROCK, aufgeklappte Außen- und Innenhülle (UK, 1970) werk" (Hannibal, 176 Seiten, 25,00 EUR) und überrascht Neben der tönenden Rille hinterließ aber auch die Verpackung der Vinylscheibe allein schon durch die schiere Menge an aufbeEindruck. Zu deren Gestaltung trug Tony Edwards (1932–2010), neben John reiteten Text- und Bildinformationen. In zwölf Coletta (1932–2006) damals Manager der Band, die so simple wie geniale Kapiteln bietet die attraktiv angelegte Broschur Idee bei, die Gesichtszüge im Format 20,5 x 21 cm eine Mount-Rushmore-Denkmal der Musiker wie in Stein gelebendige Vertiefung, die von meißelt darstellen zu lassen. den frühen Bandrehearsals Als Musterbild diente das im Londoner Hanwell Comberühmte Mount Rushmore munity Centre über die ArNational Memorial in den beit im Studio sowie analyBlack Hills mit den monutischen Überlegungen zu den 25th Anniversary Edition, CD (1995) mentalen, 1941 fertiggeeingespielten Titeln bis hin stellten Porträtköpfen der zu den Live-Auftritten jener US-Präsidenten Washington, Zeit reicht. Selbst zur EntsteJefferson, Roosevelt und Lin"Black Night", deutsche hung des Album Covers gibt Harvest-Single (1970) coln. Angefertigt wurde die es viele Hinweise, die in dieübermalte Collage – auf der von links Gillan, Blackmore, ser Genauigkeit bisher nicht Lord, Glover und Paice zu sehen sind – von Colin Lynch im vertraut waren. Im Anhang Londoner Artstudio Nesbit, Phipps & Froome. Die runden eine Konzertliste aus der Phase Illustration vor blauJuli 1969 bis Dezember 1970, IN ROCKem Himmel schmückDiscographie und -Chartplatzierungen te sowohl Vorder- wie die mit großer Leidenschaft recherchierte THE MANY FACES OF DEEP PURPLE (2014) Rückseite des GateDokumentation ab. Für inhaltliche Qualifoldcovers, während tät bürgt – neben Co-Autor Stephen Clare, der als musikalischer Berater die schwarz-weiß gefungierte – vor allem Simon Robinson. Ursprünghaltenen Innenseiten lich als Grafiker tätig (er designte eine Fülle von links die Lyrics und CD-Verpackungen), hat rechts Fotos der Muer sich darüber hinaus siker (von Mike Brown als Archivar, Schreiber IN ROCK, Hörzu"-LP und Alan Hall), Bandvon Booklets zu Purple" (1970) kommentare und die Reissues und HerausgeHannibal (2018) Credits abdruckten. ber beim Label Purple Eine Eigenheit bot die Records Kompetenzen erworben. Kurzum: eine deutsche LP-Version "NME", Nr. 1222 (13. Juni 1970) Pflichtlektüre für die Fans der Hard Rocker und von „Hörzu", die auf dem dieses Vinylklassikers. "Black Night"/"Speed King", Record Store Day (2015) Titel den blauen Fond durch einen weißen ersetzte. UnOb es von DEEP PURPLE IN ROCK eine Jubiläumsausgabe geben wird, stand geachtet dessen prägte sich zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Artikels in den Sternen. Sicher ist jedie grafische Lösung durch doch, dass die noch immer rastlos tourenden Deep Purple – bei denen Steve ihre plakative Wirkung so Morse (*1954) seit 1994 und Don Airey (*1948) seit 2002 anstelle von Blackmore stark ein, dass sie rasch den und Lord dabei sind – 50 Jahre nach ihrem Meilenstein, am 7. August 2020, LP COLLECTION (1980) Status einer modernen Iko- PUHDYS IN ROCK eine neue, ihre dann 21. Studioplatte veröffentlichen werden: WHOOSH! GoodTimes 3/2020

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Zart besaitet darf das Gemüt des geneigten Hörers nicht sein, wenn er sich auf den Konsum von Kansas-Musik einlässt. Schließlich existiert die Formation aus dem, der Bandname verrät es, amerikanischen Kansas bereits seit einem knappen halben Jahrhundert und hat sich nie auch nur einen Tag lang Gedanken über aktuelle Trends oder musikalische Moden gemacht. Stattdessen von Beginn an einen ureigenen Kosmos kreiert.

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ie immer mal wieder wechselnden Mitstreiter der Combo setzten seit der Gründung 1972 auf wuchtig-orchestrale Arrangements mit jeder Menge Streichern und Keyboardopulenz, durchaus gepaart mit dem einen oder anderen kernigen Rock&Roll-Riff. Wenn man darauf steht (und das scheinen nicht wenige zu tun, immerhin haben Kansas im Verlaufe ihrer Karriere weltweit rund 35 Millionen Tonträger verkauft), ist diese Formation definitiv das Maß aller Dinge im Classic-Rock-Bereich. Auch beim aktuellen 16. Studio-Album THE ABSENCE OF PRESENCE hat die Gruppe, die momentan als Septett tätig ist, keinen Millimeter Annäherung zugelassen, was irgendwelche moderne Trends betrifft. Anachronismus von der besten Seite! „Wozu auch", fragt Keyboarder Tom Brislin gleich zu Beginn des Gesprächs. „Wir würden dadurch ja unsere musikaSeite

lische Identität verlieren. Offensichtlich gibt es jede Menge Leute auf unserem Planeten, die exakt diese zu schätzen wissen." Der 46-jährige Tastenmann ist der Frischling bei der altehrwürdigen Prog-Combo, er stieß vor gerade mal zwei Jahren zu Kansas, mischte zuvor in diversen nur lokal bekannten Prog-Rock-Bands mit und war Gastkeyboarder auf der 2001er-YesTournee. Trotzdem spielte er von Beginn an eine gewichtige Rolle im Mikrokosmos der Formation. Schließlich komponiert er an etlichen Melodien mit, ist für den einen oder anderen Text verantwortlich. „Es kommt mir vor, als hätte ich niemals bei einer anderen Gruppe als Kansas mitgewirkt", staunt er. Was nicht stimmt. Aber Kansas ist garantiert die wichtigste Station in der Kreativkarriere des sympathischen Mannes, der gern mal lacht während des telefonisch geführten Interviews.

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Wenn du dir THE ABSENCE OF PRESENCE mit einer gewissen Distanz anhörst: Würdest du sagen, die Platte reiht sich nahtlos ins KansasOeuvre ein? Als ich 2018 gefragt wurde, ob ich ins Kansas-Boot steigen möchte, bat ich mir eine kleine Bedenkzeit aus. Denn ich wuchs mit Bands wie Camel oder Pink Floyd auf, Kansas hatte ich nicht so sehr auf dem Schirm. Doch innerhalb weniger Wochen habe ich mich radikal ins Werk dieser Band eingearbeitet, von der ich gerade mal ein paar Radiohits kannte. Und siehe da: Ich war hin und weg. Sagte begeistert zu, dass ich mitmischen wolle, dass ich gern bei der Tour 2018 dabei sei. Heute bin ich zu 150 Prozent Kansas-Mann, mit sämtlichen Arbeiten dieser Formation vertraut. Daher kann ich nur sagen: Ja, THE ABSENCE OF PRESENCE steht vollkommen in der Tradition dieser außergewöhnlichen Gruppe. Worauf ich sehr stolz bin.

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Alles auf Pomp


Der Albumtitel klingt recht kryptisch. Wie ist er zu verstehen? Das Ding ist ziemlich mystisch, vor allem aber hochphilosophisch. Ich weiß mittlerweile, dass die Band intern heftig über Inhalte diskutiert. Als Küken wurde ich allerdings ziemlich spät ins gesamte Geschehen eingeweiht. Danach allerdings umso mehr. Ich musste mich erst mal anschleichen, um von den Altvorderen anerkannt zu werden. Doch als das gelungen war, wurde ich mit Arbeit zugeballert (lacht). Wofür ich extrem dankbar bin.

Wenn man Kansas als progressive Rockforma" tion" bezeichnet: Wie fühlt man sich mit dieser Definition?

Die geht total in Ordnung! Einfach, weil man als „Proggie" dermaßen viele Möglichkeiten hat, sich musikalisch auszudrücken. Lieder etwa von Yes, Renaissance, Gentle Giant oder Camel, um nur einige Bands zu nennen, sind in meinen Ohren unglaublich originell und bahnbrechend, was moderne Musik angeht. Wobei ich mir eigentlich nie einen Kopf darüber mache, wie Kansas-Musik in der Öffentlichkeit wahrgenommen oder definiert wird. Wichtig ist mir nur, dass jeder von uns sein Handwerk versteht, sprich: seine Instrumente perfekt beherrscht.

Wie war die erste Zeit als Neumitglied bei Kansas?

Ganz richtig: Trotz aller Opulenz in den Kompositionen, tief im Inneren war Kansas-Musik immer ziemlich melancholisch. Warum ist das so? Vermutlich, weil wir allesamt in der Band, und auch für die früheren Mitglieder gilt das, habe ich mir sagen lassen, ziemlich nachdenkliche, melancholische Personen sind. Der Kansas-Sound verkörpert weltfremde Träume, dazu stehen wir, sie sind ein Vehikel für unseren eigenen, gelegentlich vorhandenen Drang zum Eskapismus. Den leben wir innerhalb der Band aus. Im Alltag hingegen sind wir die braven Familienväter, wie das unsere Frauen und Kinder von uns erwarten.

Und woher stammt dieser Hang zu mittelalterlichen Sagen und Riten?

Der hat denselben Ursprung. Wir reden uns in Gesprächen ein, dass die alten Zeiten spannender und romantischer waren als die heutigen. Ob das der Wahrheit entspricht, kann ich nicht beurteilen und wage es eher zu bezweifeln. Bei uns ist keiner Historiker.

Kansas haben es geschafft, das sieht man bei euren jüngsten Konzerten, dass nicht nur die alteingesessenen Fans jenseits der 50 vorbeikommen. Sondern auch Besucher in ihren Zwanzigern. Was macht Kansas-Musik für die junge Generation attraktiv?

Man hat mich auf der Stelle in der Tradition dieser Band verankert: „Beweis dich mal, Junge, ob du unseren Ansprüchen gewachsen bist!" Ich habe Stücke mitkomponiert. Eigene Texte vorgelegt. Und wenn die angenommen wurden vom Kollektiv, hatte ich die Pflicht, sie selbst zu singen. Kansas ist eine äußerst demokratische Institution. Also: Rechte und Pflichten überall. Der Erwartungsdruck ist hoch. Gleichzeitig erhält man ein gehöriges Maß an Ermutigung, Tag für Tag.

es bedeutet dem Gegenüber, dass an es gedacht wird. Dass wir diese Krise gemeinsam aussitzen. Und dass wir irgendwann Seite an Seite stehen werden, wie in alten Tagen, und gemeinsam ein Kansas-Konzert zelebrieren. Mann, ich kann es kaum erwarten!

Habt ihr keine Angst, dass irgendwann diese Symbiose aus Klassik, Prog und Heavy Rock nicht mehr aufgeht?

Nein, ganz und gar nicht. Ich glaube sogar, in Zeiten der Krise, wie wir sie aktuell erleben, besteht jede Menge Nachfrage nach unserer Art von Sound. Die Leute können sich damit eine Art harmonischen Schutzschild basteln. Gerade wenn man verunsichert ist, der Alltag sich hin zu mehr Isolation verändert, man nicht wie gewohnt und unkompliziert seine Freunde treffen kann – ich denke, dann ist Kansas-Stoff perfekt geeignet, um sich in eine bessere Welt zu katapultieren.

Musik als Eskapismus?

Warum nicht? Ich kenne schlimmere Ansätze, an Kunst heranzugehen. Gerade in komplizierten Zeiten wie den jetzigen kann ein Kreativer nichts Besseres tun, als den Menschen gute Gefühle zu vermitteln, meinetwegen auch Sehnsucht, Wärme, vielleicht gar ein bisschen Nostalgie. Selbstverständlich wollen wir nicht, dass unsere Zuhörer für immer und ewig im künstlichen Wunder- und Traumland verweilen. Stattdessen wollen wir mit unseren Songs Kraft spenden für den komplizierten Alltag.

Woher nehmt ihr selbst diese Energie?

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Wir besitzen allesamt das riesige Privileg, dass wir in geordneten sozialen Umfeldern leben. Harmonische Familien. Und wir innerhalb der Band verstehen uns gleichfalls prächtig. Dann gibt es als auslösenden Energie-Motor das Feilen an der gemeinsamen Musik. Keiner von Kansas 2020 ist demnach eine Art uns kann sich ein Dasein ohne diese verschworener Geheimbund? Berufung – denn das Schaffen von Nun ja, drücken wir es mal so aus: Wir neuer Musik ist weit mehr als ein sieben haben äußerst unterschiedliche simpler Job für uns – vorstellen. Und Biografien. Da gilt es zunächst mal, im Falle von Kansas geht das eben sich zusammenzuraufen. Wir sind Kansas-Urbesetzung v.l.: Kerry Livgren, Phillip Ehart, Rich Williams, Robby Steinhardt, Steve Walsh, Dave Hope nur in der Konstellation jener sieben durch die Bank ziemliche Alphatiere, Burschen, welche die Band anno 2020 ausmachen. absolut von sich und der eigenen Arbeit überWir sind ehrlich, kreativ, leidenschaftlich: Diese zeugt (lacht). Doch dadurch, dass wir gemeinsam Art von Musik wirkt generationsübergreifend. Geht ihr auch mal in die Kneipe um die Ecke, Musik erzeugen, setzt dieser Umstand eine immenAußerdem ist unser Sound dynamisch, was spezium eure Kumpanei außerhalb von Studio oder se Kreativität frei. Das absolut Berauschende an ell live äußerst intensiv wirkt. Und unsere Songs Bühne zu vertiefen? Kansas ist, dass wir letztlich gemeinsam an einem mögen in der Regel komplex daherkommen, aber Kommt schon mal vor, allerdings nicht regelmäßig. Strang ziehen. Mit der Vorgabe, richtig tolle, spezisie sind am Ende dennoch eingängig, bleiben im Muss auch nicht sein, weil das Herzstück unserer elle Musik zu schaffen. Wenn das gelingt, leuchtet Ohr hängen. Das finde ich wirklich großartig! Freundschaft ist eben das Kreieren von neuen definitiv jeder einzelne von uns. Aktuell finden in Zeiten der Corona-Pandemie Liedern. In dieser Aufgabe gehen wir komplett auf. Es sind noch zwei Originalmitglieder bei Kansas keine Konzerte statt. Wie geht eine Band wie Ansonsten sind wir mit unseren Familien zusamübrig: Gitarrist Rich Williams und Schlagzeuger Kansas, die stark von ihrer Livepräsenz lebt, men. Bei denen tanken wir Kraft für neue Klangabenteuer. Unser Beruf kann schon mal anstrenPhil Ehart. Wie blicken die auf das Kansas-Opus mit einer solchen Ausnahmesituation um? gend sein, kann ziemlich schlauchen und auslaugen. zurück? Irgendwann wird dieses Monster, das offensichtlich Aber mal ganz ehrlich: Keiner von uns „glorreichen keine Kultur leiden kann, aus unserem Dasein verRich und Phil geraten immer mal wieder ins Sieben" könnte sich vorstellen, auch nur einen Tag schwinden. Jedenfalls werden wir zurückkommen Schwärmen, wenn sie von der „guten alten Zeit" lang irgendwas anderes zu machen als Musik. als Livegruppe, mit aller Macht. Wir werden diesem erzählen. Wobei sie sich durchaus bewusst sind, doofen Virus eins auf die Birne geben. Vermutlich dass nicht alles Gold war, was glänzte. Sie wissen, Musik, das große Faszinosum? müssen wir nur laut genug spielen, damit es sich dass es Phasen und Aufnahmen gab, die schwächer Na klar, was denn sonst? Irgendjemand hat mich verzieht (lacht). Aber ernsthaft: Ich hoffe, dass waren als andere. Aber letztlich ist es eine Gruppe, auf diesen Planeten geworfen, damit ich für die Kansas bald wieder live tätig sein dürfen. Ansonsten die einen sehr speziellen Sound über Dekaden hinMenschheit etwas Schönes, Bewegendes kreiestehen wir permanent mit unseren Fans digital und weg geformt hat. Und eine Gruppe, die damit, völlig re. Das tue ich. Gerne und mit Leidenschaft. Ich virtuell in Kontakt. Diese Form der Kommunikation zu Recht, ordentlich Geld verdient hat. Es ist irre, möchte diese Welt ein kleines bisschen zu einem ist nicht dasselbe wie eine Umarmung. Darüber wenn man mit teilweise besinnlichen Klängen die schöneren Ort machen. sind wir uns natürlich im Klaren. Aber immerhin, Radios weltweit erobert. Michael Fuchs-Gamböck GoodTimes 3/2020

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Teil 9

Zum Finale wartete der Tod

Von Jens-Uwe Berndt

Ein Finale sollte der Höhepunkt sein. Dazu passt der Spruch mit dem Aufhören, wenn es am schönsten ist". Leider funktioniert " das in der Kunst meist ebenso wenig wie im Leben. Besonders bitter wird es, wenn dem Künstler für sein Finale ausgerechnet das Leben einen Strich durch die Rechnung macht. Wie bei Led Zeppelin. Die kamen nämlich weder dazu, sich für die 80er Jahre zu wappnen, noch mit Glanz und Gloria abzutreten: Am 25. September 1980 kam Schlagzeuger John Bonham auf tragische Weise ums Leben.

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ans der kürzlich zu Ende gegangenen amerikanischen TV-Serie „Game Of Thrones" können ein Lied davon singen, was es bedeutet, wenn ein Monumentalwerk mitten in einem Gitarrensolo mal eben so ausgeblendet wird. Wie sich die Serienmacher aus der Story über den unerbittlichen Kampf um Königreiche, Macht und Begierden stahlen, war enttäuschend. Und das nicht etwa, weil die Autoren genau diese Wirkung hatten erzielen wollen: Es fehlte einfach an der zündenden Idee, eine perfekt laufende Serie, Led-Zeppelin-Discographie in die für die Fans gefühlt Eigen EigenGoodTimes Edition Discographien dynamik gewonnen hatte, zu einem ebenso perfekten Ende Vol. 5+6 – siehe Shop Seite 29 zu führen. Und darin liegt der Widerspruch in sich, denn wenn die Anhänger übereinstimmend wollen, dass es weitergeht, geht es beim Finale nur noch um Versöhnlichkeit.

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b Led Zeppelin nach der Veröffentlichung von IN THROUGH THE OUT DOOR 1979 dem Finale entgegenstrebten, würden heute die verbliebenen drei Musiker sicher unterschiedlich beantworten. Robert Plant stand jedenfalls damals schon lange am Ausstieg aus dem Luftschiff. Allein, ihm fehlte der Mut abzuspringen, da es noch ziemlich hoch durch Seite

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die Lüfte ging. Jimmy Page saß zugedröhnt am Steuerknüppel und lenkte das Objekt unbeirrt durch die dicksten Nebelbänke. Egal, ob er dabei etwas sah. So viel Verkehr war in den Zeppelin'schen Sphären ja eh nicht. John Paul Jones geisterte im Maschinenraum herum und wechselte verschlissene Bauteile aus. Was kümmerte ihn, womit sich die anderen beschäftigten. Und John Bonham ließ sich vom Bordpersonal einen Drink nach dem nächsten servieren.

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anager Peter Grants Funktion hatte sich mit den Jahren enorm verändert. War er anfangs der Berserker gewesen, der seinen Jungs schwindelerregende Gagen erstritt und ihnen einen irrwitzig hoch dotierten Plattenvertrag verschaffte, musste er sich jetzt – im elften Jahr des Bestehens der Band – um persönliche Befindlichkeiten kümmern. Dabei war es vor allem schwierig, Robert Plant von weiteren Bühnenabenteuern zu überzeugen. Der hatte spätestens seit dem Tod seines fünfjährigen Sohnes Karac 1977 völlig andere Prioritäten. Für Grant war aber klar: Sollte das Unternehmen Led Zeppelin weiterlaufen, mussten die Briten auf Tour. Also wurde geredet. Grant mit Plant, Page mit Plant, Plant mit Bonham und ab und zu auch alle mal miteinander. Als der Sänger dann sein Okay gab, waren die 14 Termine für Juni/Juli 1980 schnell vereinbart. Die meisten Auftrittsorte lagen in Deutschland: Dortmund, Köln, Bremen, Hannover, Nürnberg, Frankfurt, zweimal Mannheim, München und Berlin. Gönnerhaft waren Abstecher in die Schweiz, nach Holland, Belgien und Österreich mit eingeschoben worden. n

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edial fanden die Pläne des Quartetts zwar längst nicht mehr solch ein Echo wie noch vor Jahren, als Led-Zeppelin-Tourpläne nichts Geringeres als eine Sensation waren. Als Großereignis gingen bevorstehende Konzerte der Band aber immer noch durch. Die damals größte deutsche Musikzeitschrift „Bravo" widmete Zeppelin im Mai 1980 einen Zweiseiter mit der Überschrift „Nach sieben Jahren erstmals wieder live in Deutschland: Led Zeppelin im Anflug". Kurz wurden die Gründe für die lange Abstinenz der „wildesten Heavy-Rock-Band der 70er Jahre" abgehandelt, um dann mit einem Robert-Plant-Zitat zu enden: „In Deutschland gibt es viele junge Fans, die uns noch nie gesehen haben. Drei Wochen haben wir für diese Tour in London geprobt. Jetzt wollen wir zeigen, dass wir noch immer eine der härtesten Gruppen der Welt sind."

hat. Ich kann nicht sagen, dass er in guter Verfassung war, denn das war er nicht. Es gab bei den letzten Proben zwar ein paar gute Momente, dann fing er aber mit dem Wodka an." John Paul Jones glaubte, dass „Bonzo" wegen privater Probleme soff.

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umindest die „Bravo" aber blieb loyal, wenngleich sich auch in den Bericht des Magazins über den Dortmunder Auftaktauftritt vom 17. Juni kritische Töne mischten. Das eigentliche Problem formulierte der Schreiber gleich im ersten Satz: „Können es die Altmeister noch mit jungen HeavyMetal-Bands wie AC/DC oder Van Halen aufnehmen, die mit ihren Lautsprecherwänden die Fans förmlich aus dem Saal blasen?" Die „Bravo" beantwortete das nicht etwa mit einem euphorischen „Ja", sondern bediente sich eines Tricks, indem es in dem Text weiter hieß: „Die Fans waren sich dessen offenbar sicher, denn 10.000 Zeppelin-Anhänger drängten sich in der Dortmunder Westfalenhalle." Robert Plant wurde fast ausschließlich auf sein Äußeres reduziert: die blonden Locken nicht mehr so lang, kleine Fältchen in den Mundwinkeln und schon etwas breiter in den Hüften. Jimmy Page attestierte die „Bravo" hingegen, „nur noch ein Schatten seiner selbst" zu sein. John Paul Jones wirkte wie immer „ruhig, bedächtig und immer überlegen", und John Bonham machte man weiter als den wilden Spaßvogel aus, „allerdings ein wenig ruhiger als früher".

ie Tour wurde abgesagt, am 4. Dezember 1980 die Auflösung der Band bekanntgegeben. Jimmy Page hätte wohl weitergemacht, mit Robert Plant, der sowieso kein Interesse mehr an Led Zeppelin hatte, war das aber nicht zu machen. Posthum erschien 1982 noch ein reguläres Led-Zeppelin-Album namens CODA – laut Duden der Begriff für den Schlussteil eines musikalischen Satzes. Eines der Synonyme für Coda lautet Finale.

enn es sich denn um ein solches gehandelt hätte, käme es dem müden Abgang des eingangs erwähnten „Game Of Thrones" gleich. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung waren Led Zeppelin allerdings schon fast zwei Jahre aufgelöst, weshalb ein Finale wohl etwas spät angesetzt schien. Also bleibt CODA eine Resteverwertung von bis dato unveröffentlichtem Material, die sich weltweit noch einmal Zeprichtig gut verkaufte. Led Zep pelin war eben immer noch ein Ehrfurcht gebietender Name. Das Material auf dieser LP, die trotz ihres Charakters einer AlbumKompilation bei Fans Album status genießt, stammt aus Aufnahmesessions zwischen 1970 und 1978. Dabei sind am interessantesten die IN John Bonham – der Mann, der unzerstörbar schien – THROUGH THE OUT DOORstarb an seinem Erbrochenen Outtakes und das Schlagzeugnach einer Sauferei Moninstrumental "Bonzo's Mon treux" von 1976. Die später von Jimmy Page hinzugefügten Effekte machen den Song durchaus lebendiger, auffälliger ist jedoch die Fähigkeit Bonhams, das gnadenlose Groove-Monster zu geben: eine bezaubernde Ehrung des mit 32 Jahren Verstorbenen. Das Outtake-Trio beginnt mit "Ozone Baby" – einem geradezu klassischen Zeppelin-Rocker, der IN THROUGH THE OUT DOOR eine zusätzliche Facette gegeben hätte. Ähnliches kann auch über die Bluesnummer "Darlene" gesagt werden. Beide Songs verkörpern mit ihrem sparsamen Piano-Einsatz die alten Led Zeppelin – vermutlich der ausschlaggebende Grund, von der Original-LP verbannt worden zu sein. Den Heavy-Rock-Ritt "Wearing And Tearing" vermisste man damals im Rückblick auf die 79er LP am meisten, denn der Song reiht sich in der internen Zeppelin-Hitliste ganz oben mit ein. © Pressefoto

ie Kritiken der Auftritte während ihrer „Tour Over Europe 1980" fielen dann eher mau aus. Über das Köln-Konzert vom 18. Juni war in der „Kölnischen Rundschau" zu lesen: „Doch die guten Tage … scheinen vorüber zu sein: Die ,wilden Knaben' des Heavy Rock sind zahm geworden … Die Ausflüge in Honky-TonkMusik und traditionellen Blues blieben jedoch inspirationslos und zuweilen gar schludrig. Vor allem die durchschaubaren, musikalisch flachen Soli Jimmy Pages wirkten oft eher langweilig denn virtuos …" In der „Frankfurter Rundschau" gab es nach dem Gig in der Main-Metropole sogar schwer analytische Aussagen wie: „Macher und Gemachte haben sich in jenem konservativen Einverständnis wiedergefunden, das besagt, wir brauchen einfachste IdentifikationsmusVoranter für unsere Fluchten, Widersprüche und Innovationen? Fuck them!" Voran gegangen war diesem niedergeschriebenen Ausbruch ein Manifest über neue Musik, Punk und Rock gegen Rassismus.

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ie A-Seite klang dann eher nach Füllstoff: "We're Gonna Groove" live, aber von Publikumsgeräuschen bereinigt, das ZEP IIIOuttake "Poor Tom" brauchte niemand, "I Can't Quit You Baby" live, aber in einer gekürzten Version. Das HOUSES OF THE HOLY-Outtake "Walter's Walk" beglückt noch einmal alle Fans, die Led Zeppelin vor allem wegen ihrer harten Lärmereien verehrten.

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ie Amerika-Tourdaten offerierte Peter Grant seinen Schützlingen am 11. September. Robert Plant soll die Bedingung gestellt haben, dass die Termindichte ihm immer die Möglichkeit gegeben hätte, zwischendurch nach Hause fliegen zu können. Schaut man auf die Liste, sind tatsächlich zeitliche Lücken zu finden. Und so war man am 24. September für die erste Tourprobe zusammengekommen. Auftakt sollte der 17. Oktober im kanadischen Montreal sein. Bis zum 15. November sollten 18 weitere Konzerte stattfinden, vier allein im Chicago Stadium, wo bei Musikveranstaltungen gut 20.000 Menschen hineinpassten. Daraus wurde nichts.

m 25. September wurde Led-Zeppelin-Schlagzeuger John Bonham nach exzessivem Alkoholkonsum von Bassist John Paul Jones tot in seinem Bett gefunden. Erstickt an seinem Erbrochenen. Zwölf Stunden soll der Drummer bereits gezecht haben, als er gegen Mitternacht bewusstlos wurde – nach 40 Gläsern Wodka. „Wir haben versucht, ihn aufzuwecken … es war schrecklich", sagte Jones später. „Es hat mich wütend gemacht, dass er sich so verschwendet GoodTimes 3/2020

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uch wenn die Band am „Live Aid"-Ereignis 1985 teilnahm und 2007 ein Jahrhundertkonzert in London gab, spielten dauerhafte Wiedervereinigungen nie eine Rolle. Zumindest nicht für Robert Plant, der mit den Jahren immer granteliger auf die Zep-Zeit zurückblickte. Nach dem als „Celebration Day" vermarkteten Auftritt von 2007 gab es seitens Page und Jones zwar Überlegungen, mit Bonzo-Sohn Jason Bonham und unter anderem Steven Tyler von Aerosmith eine Led-Zeppelin-Tour zu veranstalten, realisiert wurden solche Pläne aber nie. omit wurde Robert Plant, der sich von seiner Vergangenheit bisher am weitesten entfernte, zum Bewahrer derselben. Der Mythos Led Zeppelin ist ungebrochen. Von den ganz großen Hard-Rock- und Heavy-Metal-Giganten der 70er Jahre blieb keine Band so sagenhaft und geheimnisumwittert wie Led Zeppelin. Was wäre wohl geworden, wenn sich ein Zeppelin-Tross mit einem Ersatzsänger durch die Hallen und Stadien dieser Welt geschleppt hätte? Gut, dass darüber niemand nachdenken muss.

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„Ich mache all diese Dinge!"

Seine Karriere hat der englische Musiker Mike Batt (*6.2.1949) 1969 mit einer Beatles-Coverversion ("Your Mother Should Know") gestartet. Erste Erfolge stellten sich Mitte der 70er Jahre mit der Musik für die BBC-Puppentrickfilme "The Wombles" ein, die ihm im UK mehrere Hits bescherte. Eigene Chartplatzierungen folgten mit "Lady Of The Dawn", "The Winds Of Change” oder "The Ride To Agadir", er versorgte Art Garfunkel ("Bright Eyes”) und Alvin Stardust ("I Feel Like Buddy Holly") mit Erfolgen und produzierte Steeleye Span. Batt arbeitete mit Orchestern, schrieb Filmmusiken und verhalf Katie Melua und der jungen Geigerin Vanessa-Mae zu Weltkarrieren. Mit THE PENULTIMATE COLLECTION liefert er nun eine Werkschau. Mike, betrachtet man deine Karriere, war und ist es so, dass du meist im Hintergrund gearbeitet hast und immer wieder mal selbst ins Scheinwerferlicht getreten bist – jetzt wieder mit der neuen Doppel-CD … Irgendwo bin ich eine Jekyll-&-Hyde-Persönlichkeit – nicht charakterlich, aber was die Wahrnehmung meiner Person angeht. Vielleicht ist das aber auch meine Selbstwahrnehmung. Ich habe so viele Interessen als Künstler: Ich produziere, schreibe und arrangiere für andere, singe gern, mache Musicals, komponiere für Filme – ich würde gern mehr Filme machen. Jedesmal, wenn ich etwas plane, kommt etwas anderes dazwischen. Nach „The Hunting Of The Snark” 1987 arbeitete ich an einem weiteren Musical, als mir angeboten wurde, mich um Vanessa-Mae, die 13-jährige Geigenvirtuosin, zu kümmern. Mein Leben ist wirklich bunt, hat so viele Facetten, ich bin wahrhaft eklektisch und genieße diese Vielfalt. Damit haben viele Leute – und auch das Musikbusiness – ein Problem, die sich fragen: Ist Mike Batt ein Singer/Songwriter oder ein Filmmusikkomponist, dirigiert er Klassik, oder macht er Heavy-Metal-Platten? Die Antwort lautet: Ich mache all diese Dinge. Wenn du dich auf eine Schiene festgelegt hättest, hättest du nicht so große Freiheiten! Stimmt genau. Ich will keine Namen nennen, aber manche berühmten Freunde haben mir gesagt, dass sie mich um diese Vielseitigkeit beneiden. Andererseits bin ich nicht so berühmt, wie es beispielsweise Elton John ist, der sich für eine Richtung entschieden hat. Ihn kennst du schon lange, ihr wart mal Konkurrenten um einen Job? Alles ging los, indem ich auf eine Anzeige im „NME" geantwortet und so einen Vertrag als Songschreiber und Künstler bei Liberty bekommen habe. Auf diese Anzeige haben auch Elton John, der damals noch unter Reginald Dwight firSeite

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Mike Batt mierte, und Bernie Taupin unabhängig voneinander geantwortet. Ich war damals 18, und Ray Wilson, der A&R-Chef von Liberty, der mir den Vertrag gab, war gerade mal 20. Eineinhalb Jahre später gab er seinen Job auf und übernahm das Management von Elton, den er mit Bernie zusammengespannt hatte. Ich wurde sein Nachfolger, und die erste Band, die ich unter Vertrag nahm, waren die Groundhogs, deren erstes Album ich auch produzierte. Ich war zudem verantwortlich dafür, welche Veröffentlichungen unserer amerikanischen Schwesterfirma wir übernahmen – ich habe beispielswiese Canned Heat mit "On The Road Again” gemacht oder Creedence Clearwater Revival und "Proud Mary”. Die Zeit bei Liberty war so etwas wie ein Crashkurs im Musikbusiness, was das Künstlerische wie das Geschäftliche anging. Warum die COLLECTION, die zunächst digital, dann in ein paar Wochen als physischer Tonträger erscheint, gerade jetzt? Ich war früher bei Sony unter Vertrag, und die haben alle paar Jahre „The Greatest Hits” oder „The Best Of Mike Batt”, "The Very Best Of Mike Batt” gemacht, wobei einfach nur ein paar Songs ausgewechselt wurden. Das waren aber nur Auszüge meiner sechs Alben bei CBS/Sony/Epic. Jetzt habe ich auch Songs des HUNTING OF THE SNARK-Albums und meiner Klassikveröffentlichungen, von anderen Scheiben und sogar eine Pre-Wombles-Nummer dabei. Herausgekommen sind so zwei randvoll gepackte CDs mit je 75 Minuten Spielzeit, die meine künstlerische Persönlichkeit ganz gut darstellen. Es sind auch viele Kollegen zu hören, die mit dir im Studio waren, von George Har Harrison und Rory Gallagher über Colin Blunstone, Art Garfunkel oder Roger Chapman bis zu Bonnie Tyler ... "Children Of The Sky” habe ich selbst gesungen, das Gitarrensolo haben wir bei George Harrison in seinem Haus in Henley-on-Themse aufgenommen. Wir haben uns angefreundet und zusammen ein paar Songs geschrieben. Ich sollte sein nächstes Album produzieren, doch dann kam Jeff Lynne mit den Traveling Wilburys an, und aus dieser Zusammenarbeit ist nichts mehr geworden. Bei Rory war es so, dass wir uns irgendwo über den Weg gelaufen sind und er mich fragte, wie ich es fertig brächte, all diese berühmten Leute für meine Projekte zu kriegen. Ich sagte, „indem ich sie frage" – und wenig später hat er die Solos für "Tarota" und ”Imbecile" auf TAROT SUITE eingespielt. Während wir im Studio saßen, kam die Nachricht, dass die Verkaufszahlen für "Bright Eyes” von 100 auf 16.000 am Tag gesprungen seien und der Song eine Woche später auf #1 gehen würde. Da sagte Rory, „lass die Gitarre Gitarre sein – gehen wir lieber in den Pub nebenan und feiern das mit ein paar Pints Guinness!" Philipp Roser n

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Die Schönheit des Instrumentals So abwechslungsreich wie seine Musik klingt, ist die Karriere des US-Gitarristen Joe Satriani in den letzten 35 Jahren verlaufen. Gitarrenlehrer für Steve Vai und Kirk Hammett (Metallica), ein Kurzengagement bei Deep Purple, das Tourprojekt G3, Mitgliedschaft bei der Supergroup Chickenfoot und 17 SoloAlben pflastern sinnbildlich seinen Weg. Praktisch mit Ausbruch der CoronaKrise erschien das jüngste Werk SHAPESHIFTING, seine Touraktivitäten auch in Deutschland fielen dem Virus zum Opfer und wurden auf 2021 verschoben. GoodTimes-Mitarbeiter Philipp Roser erreichte den bald 64-Jährigen in seinem Heim in San Francisco. Wie geht es dir, Joe? Es ist ein bisschen ruhig hier in San Francisco, wir sind gewissermaßen durch dieses Virus in einem kalten Keller gefangen – eine neue Erfahrung. In ein paar Tagen soll eigentlich deine Tour hier starten, sie ist noch nicht offiziell abgesagt ... Das hat rechtliche und wirtschaftliche Gründe. Wir wissen, dass alles verschoben werden muss, aber die englischen Veranstalter haben uns gebeten, noch nicht offiziell zu canceln, weil sie noch auf entsprechende Vorgaben der Regierung warten. Als wir uns 1989 unterhalten haben, hast du gesagt, an erster Stelle stehe der Song, erst danach komme das Solo. Daran dürfte sich nichts geändert haben, oder? Hat es in der Tat nicht. Für mich ist die Inspiration und die Story hinter dem Song das Entscheidende, egal ob es um eine persönliche Erfahrung geht oder Fiktion. Erst schreibe ich das Stück, und wenn das steht, befasse ich mich mit dem Solo. Es geht vor allem darum, Gefühle zum Ausdruck zu bringen!

Ist das nicht schwieriger, wenn man es wie du instrumental macht, als wenn die Möglichkeit besteht, sich mit Texten zu behelfen? Beides ist möglich. Die Schönheit von Instrumentals besteht darin, dass die Hörer es so interpretieren können, wie sie wollen. Texte drängen den Hörer gewissermaßen in eine Richtung, schränken seine Fantasie ein. Wenn der Inhalt etwas besagt, was dem Hörer nicht so zusagt, wird er den Song nicht mehr spielen, ist die Nummer für ihn gewissermaßen ruiniert. Ich habe ja auch Lieder für andere Leute geschrieben, und dabei hatte ich meist den Sänger im Hinterkopf. Das kann einengen, zwingt die Musik auch in eine gewisse Richtung. Da bin ich beim Komponieren von Instrumentals viel freier. Wir schaffen doch Musik, die dem Hörer durchs Leben helfen soll! Am Ende des Albums wartest du mit zwei Überraschungen auf, "Blue River" mit einem Reggae-artigen Rhythmus und der Akustiknummer "Yesterday's Yesterday" – wie kam's dazu? Ich habe ein Gedicht von Ralph Waldo Emerson mit dem Titel „The River” gelesen, das mich richtig bewegt hat. Es weckte Kindheitserinnerungen bei mir. Irgendwie drängte sich mir der Rhythmus auf – ich will ja meinen Kompositionen nichts aufzwingen, sondern unterschiedlichste Songs schreiben. Oder um es anders zu formulieren: Es ist kein straightes Rockalbum, auch nicht durchgängig Blues oder Heavy Metal, sondern von allem ein bisschen was. “Yesterday’s Yesterday" schrieb ich sehr schnell – ich öffnete in meinem Studio einen Koffer mit einer Akustikgitarre und habe vor mich hingespielt. Was mir da in den Sinn kam, klang so glücklich und aufbauend, dass ich es als guten Ausklang empfand. Ich habe gleich ein Arrangement dazu improvisiert. Mit dem Demo haben wir dann im Studio herumgespielt, sechs, sieben Durchgänge probiert, und der letzte war es dann. Bei dem haben wir aufs Ende zu sogar gepfiffen!

Neues Album Storyteller" " ab jetzt erhältlich

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© Joseph Cultice

Joe Satriani


SUZI QUATRO

„Ich bin immer den harten Weg gegangen!" Schwarzer Lederoverall, schwerer Bass und eine Höllenröhre: Suzi Quatro, Rocklady der Siebziger, setzte nie groß auf Sexappeal und fand viele Nachahmerinnen wie etwa Joan Jett. Am 3. Juni 1950 kam sie in Detroit, Michigan, zur Welt, hat italienische und ungarische Vorfahren. Bereits in den Sechzigern gründete sie mit ihren Schwestern die Rockband Pleasure Seekers, die sich bald in Cradle umbenannte. Später wurde Suzi als Bassistin und Sängerin von Top-Produzent Mickie Most (The Animals, Hot Chocolate) entdeckt, startete von England aus ihre Karriere und wurde zur weiblichen Rock-Ikone. 2019 erschien ihr bisher letztes Album NO CONTROL. Wir trafen die bald 70-jährige Junggebliebene in München zum Interview. Mit Charthits wie "Can The Can", "48 Crash", "Daytona Demon" oder "Devil Gate Drive" wurden Sie zum gefeierten Star. Ist Suzi Quatro eigentlich ein Künstlername? In meinem Pass steht Susan Kay Quatro. Das ist mein echter Name, also kein Fake. Mein Großvater väterlicherseits war einst von Italien nach Amerika ausgewandert. Er hieß Michele Quatrocchio. Bei der Emigration auf Ellis Island vor den Toren New Yorks war den Grenzbeamten dieser Name wohl zu kompliziert, also wurde er zu „Quatro" verkürzt. Mein Opa hieß fortan Michael Quatro – ähnlich wie bei „Der Pate", da wurde aus Vito Andolini ja auch Vito Corleone, nach dem Ort seiner Herkunft auf Sizilien.

„Ich bin nicht die Größte, aber sicher die Toughste!" Berühmt wurden Sie mit Rock'n'Roll, bis heute nach wie vor eine ziemliche Männerdomäne. Wie haben Sie sich da als junge Frau durchgesetzt? Mit meinen 152 Zentimeter bin ich sicher nicht die Größte, wohl aber die Toughste. Ich gebe nichts auf dieses Gender-Ding, von dem jetzt alle sprechen. Ich sehe mich nicht als weiblichen Musiker, sondern i Suzi-Quatro-Discographie als Musiker. Punkt. Und ich habe sehr früh in GoodTimes Edition Discographien erfahren, dass du zurückbekommst, was Vol. 4 – siehe Shop Seite 29 du gibst und ausstrahlst. Ich sehe mich als ernsthafte Musikerin, kompetent und zuversichtlich, stehe für No Bullshit! Damit bin ich immer gut gefahren, die härtesten Kerle haben Respekt vor mir. Machos merken, dass sie sich mit mir besser nicht anlegen. Seite

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Foto: © NikMa Verlag

Von Alex Gernandt

Sex-Appeal haben Sie in Sachen Outfits nie übertrieben eingesetzt, Sie wirken bis heute oft burschikos. Ist es nicht lustig, dass es trotzdem geklappt hat mit der Karriere? Ich wollte nie Pin-up-Girl oder Sexsymbol sein. Das hat nicht ganz geklappt, für manche Fans bin ich schließlich doch so was wie ein Sexsymbol geworden. Aber das ist vielleicht das Geheimnis meines Sexappeals: dass er nicht gewollt ist, nicht „in your face" ist, wie wir Amis sagen. Ich versuche nicht verzweifelt, sexy zu sein. Wieso haben Sie sich eigentlich für den Bass entschieden? Ich hatte gar keine Wahl, der Bass kam zu mir (lacht). Zuvor hatte ich Klavier und Schlagzeug gelernt. Dann gründete ich mit meinen beiden älteren Schwestern und zwei anderen Mädchen die Band Pleasure Seekers. Bei einer Telefonkonferenz schrie jede in den Hörer: Ich will dies spielen, ich will das spielen. Ich kam als Jüngste gar nicht zu Wort. Am Ende blieb nur der Bass. Aber ich verliebte mich auf Anhieb in das Instrument. Mir war zu einer Zillion Prozent klar, dass ich geboren wurde, um Bass zu spielen. Waren Sie damals auch schon Sängerin? Ich war Leadsängerin der Gruppe, sang jeden Song. Hey, ich war die Show! Ich denke, ich bin ein geborener Showman. Nach etwa anderthalb Jahren veränderten wir den Bandnamen in Cradle und nahmen unsere jün-gere Schwester Nancy in die Gruppe auf. Ich trat vom Mikro zurück, ließ sie singen und konzentrierte mich auf den Bass. Um 1970 wurden Sie dann von einem namhaften Talentscout entdeckt. Ja, vom berühmten Mickie Most aus England, der schon in den frühen Sechzigern mit Jeff Beck und Jimmy Page gearbeitet hatte und die Animals mit Eric Burdon und verHerman's Hermits entdeckte. Er suchte eine Art Nachfolgerin der gerade ver storbenen Janis Joplin. Mickie war damals in Detroit mit Jeff Beck im Studio n

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und kam zu einer Show unserer Band. Danach nahm er mich zur Seite: „Suzi, du bist ein Star, komm mit mir nach London!" Das habe ich gemacht. Es war meine Chance. Sie kamen 1950 in der Autostadt Detroit zur Welt. Ihr Vater Arthur soll ebenfalls Musiker gewesen sein … … aber nur abends. Tagsüber arbeitete er bei General Motors und verdiente Geld.

„Ein Sexsymbol wollte ich nie sein!" Warum denn? Zu maskulin? Er fand's einfach altmodisch, denn es war die Zeit des bunten, schrillen Glam Rock. Aber ich setzte mich durch. Mit Glam hatte ich nie was am Hut, auch wenn ich oft in eine Schublade mit T.Rex, Sweet und Slade gesteckt wurde. Ich trug damals nicht mal Make-up, die Glam-Jungs dagegen schon.

© Pressefoto

Haben Sie Ihre Leidenschaft für Musik und das Talent von ihm geerbt? Ja. Schon als Kind habe ich ihm gern beim Proben zugesehen. Er hat mir früh beigebracht, dass Musiker ein ernsthafter Beruf ist und man dem Publikum gegenüber verpflichtet ist, Leistung zu bringen, denn es hat Eintritt gezahlt. Das habe ich mir zu Herzen genommen.

Und ich ließ das Teil von Nudie, Elvis' berühmtem Designer, schneidern. Mein Produzent Mickie Most war strikt dagegen, dass ich damit auftrete.

Hat Sie Ihre Mutter Helen auch unterstützt? Hat sie. Sie war eine sehr katholische Mutter, oft ziemlich streng, aber voller Liebe. Sie hat die Welt in Schwarz und Weiß, Gut und Böse eingeteilt. Sie Cradle war mein moralischer Kompass, einer der wunderbarsten Menschen, denen man begegnen kann.

Sie wurden schließlich zur Rock-Ikone, zum Vorbild für unzählige weibliche Rocker, etwa auch Joan Jett und die Runaways. Joan Jett war mein größter Fan. Sie kam oft zu meinen Konzerten in Los Angeles oder wartete am Hotel auf mich, mit jeder Menge Fotos und LPs, die ich signieren sollte. Als ich später hörte, dass sie auch eine Band, eben die Runaways, gegründet hatte, fand ich das cool. Heute wird man in Reality-Shows entdeckt oder über YouTube-Videos berühmt. Sie mussten einen anderen Weg gehen. Den harten Weg, wie das früher eben üblich war. Hunderte kleine Gigs, tausende Meilen auf staubigen Highways und oft ein Scheißfraß in der Garderobe. Aber das hat mich nicht umgebracht. Ich bin immer noch da.

Gab es in Ihrer Kindheit ein einschneidendes Erlebnis? 1956, mit sechs, sah ich Elvis Presley zum ersten Mal im Fernsehen. In der „Ed Sullivan Show" sang er "Don't Be Cruel". Ich war sofort verknallt. Mein Vater fand ihn abstoßend und schaltete den Fernseher ab. Aber zu spät: In diesem Moment war ich schon vom Rock'n'Roll infiziert und wusste, dass ich so was auch mal machen wollte.

Sie leben für die Bühne, traten auch in „Annie Get Your Gun", einem Musical-Klassiker von Irving Berlin im Londoner Westend auf ... Das war klasse. Andrew Lloyd Webber himself hatte mich für diese Rolle vorgeschlagen. I loved it, es war wirklich großartig. Würde ich jederzeit wieder machen. © Pressefoto

„Als Elvis anrief – wäre ich fast gestorben."

Es läuft nach wie vor bei Ihnen. Vor einiger Zeit wurde Ihnen an der University Of Cambridge sogar die Ehrendoktorwürde verliehen. Gratulation! Danke. Ja, ich bin jetzt Dr. Quatro und werde dort bald eine Vorlesung halten! Ich bin ja auch Schriftstellerin, habe einen Gedichtband veröffentlicht, eine Novelle und meine Autobiografie. Vor Ort werde ich den Studenten einige Überlebenstipps geben.

Knapp 20 Jahre später wäre es fast zu einem Treffen mit dem King" gekommen ... " Ich hatte eine Version von Elvis' Hit "All Shook Up" aufgenommen und war auf Tour in Memphis, seiner Heimatstadt. Plötzlich klingelte in meinem Hotelzimmer das Telefon. Es war Elvis' Management: „Mr. Presley möchte Sie gern sprechen." Ich wäre fast gestorben. Mein Herz schlug wie wild. Dann kam er an den Apparat und lud mich nach Graceland ein. Und was machte ich? Sagte ihm ab, sagte, ich sei beschäftigt. Ist das zu glauben? Heute denke ich, dass ich damals einfach noch nicht bereit war, mein Idol zu treffen.

Foto: © NikMa Verlag

Stimmt es, dass Ihr Vater seine Meinung bezüglich Elvis schließlich noch geändert hat? Ein Jahr später! Da kam er von der Arbeit nach Hause, zog wie immer seine Schuhe aus und legte eine Single auf, die er mitgebracht hatte. Es war "Love Me Tender", und er meinte zu mir: „O.k. goddamn it, der Junge kann wirklich singen" (lacht).

Apropos Überleben: 2012 hatten Sie einen schweren Unfall. Eine üble Geschichte. Auf dem Weg zum Flugzeug bin ich gestürzt, habe mir mein rechtes Knie und linkes Handgelenk gebrochen. Ganze fünf Monate war ich außer Gefecht, weil ich falsch behandelt wurde. Ich musste noch ein weiteres Mal am Knie operiert werden. Das war nicht schön. Ich musste das Laufen neu lernen, und auch das Bassspielen wegen des gebrochenen Handgelenks. Aber abgesehen davon habe ich in meinem Leben immer viel Glück gehabt.

Foto: © H. Ölschlegel, 2010

Hat Sie sein früher Tod sehr getroffen? Und wie! Ich war an jenem 16. August 1977 bei einem Casting für die TV-Serie „Happy Days" in Hollywood und wartete im Hotel auf die Entscheidung der Produktion. Just in dem Moment, als der Anruf kam und ich die Zusage für 15 Episoden erhielt, flimmerten die News von Elvis' Tod über den Bildschirm. Ich war todtraurig, Elvis war Teil meines Lebens. Später schrieb ich ihm zu Ehren den Song "Singing With Angels", den ich mit seinem Gitarristen James Burton und den Jordanaires, seinen Chorsängern, performte. Der Text ist eine Aneinanderreihung seiner berühmtesten Songtitel. Hat Sie Presley zum schwarzen Lederoutfit inspiriert? Stimmt. Mein Lederoverall war eine Hommage an das coole Lederoutfit, das er 1968 bei seinem grandiosen Comeback-TV-Special trug. GoodTimes 3/2020

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Vor fünf Jahren haben Sie bereits eine Abschiedstour gespielt, 2019 kamen Sie wieder für Konzerte nach Deutschland. Rock'n'Roll scheint Sie nicht loszulassen ... Der Abschied vor fünf Jahren galt nur für Australien. Es sollte meine letzte Aussie-Tour gewesen sein. Ich bin insgesamt etwa 45 Mal „down under" auf Tour gewesen, das reichte. Es war aber ein großer Fehler, das so anzukündigen, denn inzwischen war ich schon wieder viermal unten (lacht). Und auf meiner Deutschland-Tour im letzten Jahr hatte ich Riesenspaß. Ich habe aus meinem Fehler gelernt und werde nie, nie wieder eine Tournee „Abschiedstour" nennen ...

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„Get back to where you once belonged …"

50 Jahre LET IT BE

Von Horst Berner

Als die Beatles am 22. März 1963 mit PLEASE PLEASE ME ihr Debüt gaben, Fab-Four-Apparats. Michael Lindsay-Hogg (*1940), Realisator der Promotionkonnte keiner ahnen, was für eine dominierende Rolle die Musik des Liver- filme zu "Paperback Writer"/"Rain" und "Hey Jude"/"Revolution" sowie Macher pooler Quartetts dereinst in der Rockhistorie spielen würde. Wiederum des Musikfilms „The Rolling Stones Rock And Roll Circus", wurde mit dem Dreh wollten die Fans der Gruppe – ungeachtet des Schocks über das am 10. April der zunächst „Get Back" benannten Dokumentation beauftragt. Toningenieur 1970 veröffentliche McCartney-Statement, er habe die Zusammenarbeit Glyn Johns (*1942) – vorher schon für die vier anderen großen britischen Bands Kinks, Rolling Stones, Small Faces und Who tätig – nahm die Rolle des mit der Band aufgekündigt – beim Mannes an den Reglern ein, da er, anders als Langzeit-Beatles-Produzent Erscheinen von LET IT BE am 8. Mai Georg Martin (1926–2016), in alle Aufnahmen involviert war. 1970 nicht wahrhaben, dass das ihre letzte gemeinsame LP gewesen Begonnen hat der mit allerlei Hindernissen gepflasterte Irrweg von „Get sein sollte. 50 Jahre danach wissen Back" zu LET IT BE im Zeitraum 2. bis 14. Januar 1969, als die Beatles an wir, dass der Gedanke, John Lenneun Tagen in den Twickenham Studios ihre musikalischen Fertigkeiten non (1940–1980), Paul McCartney aufzufrischen versuchten. Die absolvierten Jams und das fragmentarische (*1942), George Harrison (1943– Anspielen diverser LET IT BE (1970) 2001) und Ringo Starr (*1940) PLEASE PLEASE ME (1963) Oldies – bald danach könnten jemals wieder als The Beatles zusammenspielen, nicht mehr ge- auf Bootlegs zu hören und blieben ist als eine fromme Illusion. Die hatte sich freilich bereits mit der später, im digitalen ZeitalErmordung Lennons am 8. Dezember 1980 in Luft aufgelöst. ter, im Internet – präsen-

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s hätte ein interessantes Projekt werden können, denn die Idee war großartig. Nach Abschluss der teils nervenaufreibenden Arbeit am Doppelalbum THE BEATLES war es einmal mehr der mit viel kreativer Energie gesegnete McCartney, der seinen Kollegen die Rückbesinnung auf ihre Wurzeln als Rock’n’Roll-Live-Band nahelegte. Diese Absicht verfolgten die vier Musiker zunächst mit einer gewissen Sympathie und zogen eine Show im angesehenen Veranstaltungsort Roundhouse in Londons Stadtbezirk Camden in Erwägung, bei der sie dem Publikum neue Songs vorstellen würden. Leider wurde der Plan zusehends verwässert, bis man sich schließlich darauf einigt, stattdessen ein Album aufzunehmen, das live im Studio eingespielt und ohne Overdubs produziert werden sollte. Clou hierbei: Ein Kamerateam filmt die Band bei den Aufnahmen und erlaubt damit einen vertraulichen Einblick ins künstlerische Zentrum des Seite

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tierten jedoch eine eher unmotiviert agierende Band mit überraschend mäßigem Einfühlungsvermögen. Positive Momente generierten allenfalls die dargebotenen Get Back"-Session " Skizzen von neuem Material, die zu Klassikern werden sollten: "Don’t Let Me Down", "Get Back", "I Me Mine", "I’ve Got A Feeling", "Let It Be", "The Long And Winding Road", "Two Of Us" … In Vorstudien deuteten sich sogar bereits Songs an, die schließlich für ABBEY ROAD oder Solo-LPs neu eingespielt wurden: "All Things Must Pass", "Gimme Some Truth", "Golden Slumbers/Carry That Weight", "I Want You", n

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Stoff, um Beziehungskonflikte freizusetzen. Trotz der Unlust auf die Beatles, "Maxwell’s Silver Hammer”, "Mean Mister Mustard”, "Oh! Darling”, "She Came die eventuell durch seine damalige Drogenabhängigkeit noch verstärkt wurde, In Through The Bathroom Window", "Teddy Boy” … Allerdings löste die auf mimte Lennon weiterhin den „leader of the pack". Als solcher informierte er Kommando absolvierte Kreativarbeit vor laufenden Kameras in dem frostigen kurz nach dem Auftritt mit der Schuppen, wo einst Filmszenen Plastic Ono Band am 13. Sepzu „A Hard Day’s Night" (1964) Sep tember 1969 beim Rock’n'Roll und „Help!" (1965) gedreht Revival Festival in Toronto seine wurden, einige Animositäten Kollegen darüber, dass er nun untereinander aus. Am 10. Jaseinerseits die Gruppe verlassen nuar eskalierte das Ganze mit werde. Laut Aussage von Lendem Abgang Harrisons, der als Len non war es mutmaßlich auch er zweiter Beatle den Dienst quitselbst, der in Kanada die Johnstierte – Starr hatte am 22. AuFassung von GET BACK zwecks gust 1968 zeitweise die WHITE Russel-Fotos von Lennon, McCartney, Harrison, Starr PR an Discjockeys weiterreichALBUM-Sessions verlassen. te, die das neue Material naErst das Agreement, die Bemütürlich umgehend im Radio ausstrahlten. Derlei Sendungen wurden zur Quelle hungen im hauseigenen Apple Studio in der 3 Savile Row im Herzen Londons für das erste Beatles-Bootleg im Herbst 1969: fortzusetzen und mit dem Hammondorgel-Spieler Billy Preston (1946–2006) KUM BACK. Einige Zeit später übergaben er einen fünften Musiker ins Line-up zu holen, vereinte die Band wieder. Unter und Harrison dieselben Aufnahmen dem „Wall diesen Vorzeichen entstanden zwischen 22. und 31. Januar 1969 die Aufnahmen, Of Sound"-Produdie im Wesentlichen die Basis der Platte LET IT BE bilden sollten. HöSound"-Produ zenten Phil Spector hepunkt war ohne Zweifel die spontane Performance auf dem Dach Beatles-Discographie (D) in des Apple-Gebäudes am Donnerstag, 30. Januar, zur Mittagszeit, bei GoodTimes Edition Discographien (*1939) mit der Bitte, er möge etwas der "Get Back", "Don’t Let Me Down", "I’ve Got A Feeling", "One Vol. 3 – siehe Shop Seite 29 daraus machen. Die After 909" und "Dig A Pony" aufgezeichnet wurden. Die gutgelaunt weichgespülte Version des aufspielenden Musiker lieferten mit der knapp nun LET IT BE benannten dreiviertelstündigen Beschallung des Viertels, Ergebnisses brachte wiedie viele Schaulustige auf den umliegenden wie derum McCartney so sehr Dächern und in den Straßenschluchten anin Rage, dass dies – neben lockte, eine kleine Sensation. In Ansätzen war der Affäre Klein – zu einem damit nicht nur die Ursprungsidee erfüllt, vor Daily Mirror", 10. April 1970 weiteren Anstoß wurde für Publikum zu spielen, sondern auch das spek" die am 10. April 1970 via „Daily Mirror" geäußerte Trennung takuläre Ende für die Filmdoku gefunden, wegen „persönlicher, geschäftlicher und musikalischer Difweil die Aktion schließlich wegen RuhestöDif ferenzen". Damit war nun auch der rung von der Polizei vierte Beatle, der sich bis zuletzt am vor laufenden Kamevehementesten für die „großartige ras gestoppt wurde. Rooftop Concert, 30. Januar 1969 kleine Band" eingesetzt hatte, von Darüber hinaus ging Bord gegangen. Mit Erscheinen der LP am 8. Mai 1970 das sogenannte Rooftop Concert in die Geschichtsbücher und dem kurz darauf in den Kinos angelaufenen Film ein: als letzter Livegig der Beatles. „Let It Be" bewahrheitete sich, dass damit tatsächlich der Schlussakkord gesetzt worden war. Diesen Als Glyn Johns mit der "Get Back" – Single Tenor unterstrichen selbst die Plattenhül- "Let It Be", Single vom Zusammenstellung des mit Billy Preston 6. März 1970 le und das im limitierten Boxset enthaltene Songmaterials für eine LP Buch „The Beatles Get Back" mit den Fotos von beauftragt wurde, hatte er die Vision von einem Ethan Allen Russel (*1945) – alles wirkte zwar sehr direkten, einfachen Album sowie das Bild von höchst ästhetisch, dabei aber auch pechschwarz. der „fly on the wall" im Kopf, was besagte, dass Ungeachtet dessen wurde die Vinylscheibe weltder Zuhörer im Studio quasi Mäuschen spielt und welt weit ein Bestseller und 1971 ironischerweise in der an der Schaffung der Beatles-Werke teilnimmt. Kategorie „Beste Filmmusik" mit einem Grammy Mehrere seiner entsprechend relaxt klingenden ausgezeichnet, während der Film dann praktisch Vorschläge – die es zuKritisches Probehören über Jahrzehnte im Tresor verschwunden ist. mindest auf Bootlegs schafften – fanden aber nicht die Zustimmung der MuMu Das Buch aus dem Boxset Akustische Eindrücke davon, was GET BACK hätte sein können, boten offizisiker, die inzwischen dem Projekt „Get Back" und dem ell 1996 THE BEATLES ANTHOLOGY 3 mit zwölf Titeln aus den Apple-Studio„beschissensten Haufen von schlecht aufgenommenem Sessions sowie 2003 die inhaltlich modifizierte, neu abgemischte Version LET IT Müll" (Lennon) ziemlich gleichgültig gegenüberstanden. BE … NAKED. Nun liegt es an Als am 11. April 1969 die Single "Get Back"/"Don’t Let den Machern des aktuellen ProMe Down" erschien und international ein Hit wurde, GET BACK, unvollendetes jekts „The Beatles: Get Back", hatte sich der Fokus der Band längst auf ihre finale EinJohns-Werk das der Kompetenz des neuspielung ABBEY ROAD gerichtet. Dazu kamen die zum seeländischen Regisseurs Peter kleinen Einmaleins der Beatlesologie zählenden EreigJackson (*1961) anvertraut nisse des Jahres 1969 mit Schlagworten wie Neuausrichwurde, dass das gesamte mitgetung der Firma Apple; das Amtieren der Anwaltskanzlei schnittene Material Eastman & Eastman und von The Beatles: Get Back" " LET IT BE … NAKED von 1969 die längst THE BEATLES ANTHOLOGY 3 Manager Allen Klein (1931– von Peter Jackson (2020) überfällige, respektvolle Aufbereitung erfährt. Am 4. September 2009) in Sachen Verträge; wird die von den Walt Disney Studios vertriebene neue Dokumentadie Ehebande zwischen John tion in die Kinos kommen, begleitet von einem Buch am 15. Oktober Lennon und Yoko Ono (*1933) 2020. Selbst der alte, stets kontrovers diskutierte Lindsay-Hoggsowie Paul McCartney und Film kommt in restaurierter Fassung erneut auf den Markt. Ganz Linda Eastman (1941–1998); klar, dass bei so vielen Aktivitäten das dazugehörende Musikpaket die Solopläne von John, Paul, Filmplakat (1970) nicht fehlen darf. Wir sind gespannt … George und Ringo – genügend

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Lesestoff für Neues Leben": he

& Jugend- rif ten ze it s c h

M us i k

Po s te r, Po p & Pe t t i n g

liche "Bravo"-, den als Jugend und -Leser wer und viele andere kult!-Leserinnen en, denn diese hab sen Wohl die meisten gele te enerationen Neues Leben"- Hef ganzer Teenager-G Popcorn"- oder " en aus dem Leben haben sie " ikzeitschrif ten war e entstanden? Wie azin Mag e Jugend - und Mus dies ! im Wie sind ? Dem geht kult t wegzudenken. endliche so wichtig hierzulande nich Jug für sie en en Jugend Und warum war hte der deutsch sich entwickelt? nde, bunte Geschic nne spa tz die ch Scha e dur Von Thorsten Rahmen einer Reis zine nach. und Musikmaga Jugendpost illen ten, die selbst ialisten nicht folg der Nat ionalsoz deutder Befr eiung en. und ie Entw icklung acht herausbr Weltkriegs diese Jug end zeite des Zwe iten sche r Alliierten wollten Nach dem End Terror durch die (was im 18. s vom braunen entnazifizieren schr iften begann land ien tsch Med en Deu tsch als spez iait auch die deu ebaut werden dam aufg und neu d g Lan völli Jahrhundert . Dam das r die Presse blik epu seit dem bevo ), desr die lang Bun sich miss der lisie rten größtenteils gsmächte in iften, bestehenden ilten die Besatzun en und Zeit schr 17. Jahrhundert durf te. 1949 erte ndung von Zeit ung war so dass beilizenz für die Grü endliche jedoch eral Jug Gen Für Zeit schr iften , eine hte. brac anden izinische ode r uktion in Gang nur dürf tig vorh spielswe ise med was deren Prod iften-Lesestoff ine, bayschr gaz vom Zeit hma en des Fac alt Jahr hist oris che in den ersten altmodische Gest piel die biedere, Magazine, die „Jugendlust" und hatte zum Beis d geg ründeten Schülermagaz ins iften entstanden. Jugendzeit schr Jugend liche rban an Kinder- und Frauen- und auch erischen Lehrerve ift für . chrift konzipiert, schr 018) zeit schr iften atss nats ms 8–2 Mon „Mo liku 194 als t [z.B. die sich, oft (1876–1941, rhaltende Pub etwa die seit 1770 ged ruck nender, als unte end" (1785–88)]. k hatten – wie richtete n, wurden Doch es ging span roni k für die Jug hen e Leser im Blic 1) ode r die „Ch – ganz im Zeic , die auch jung men man te uska Kinder" (1770–7 woll hera r rinnen und Lese sam, reinlich, Lese spar e h, jung ntlic n Dere , orde „Bravo". – dazu erziehen erte n die Blät ter er-Bibel: der Auf klär ung sein. So präs enti t zur Teenag tzte Rom ane , : tuge ndhaft zu Vom TV-Blat pünktlich, kurz hlungen , fortgese avo" Br ausgewählte Erzä d die hen prec ents en ist " schichte u.a. mit dem populär und der Jou rnal Gedichte, Nat urge Helmut Kind ler dert fort , etwa ebt des im 19. Jahrhun nde r, der Verleger 68) ode r der beli hten das erste Hef Das setz te sich Die „Bra vo"-Erfi erad" (1886–19 r Boe nisch, brac gesell„De r Gute Kam fredakteur Pete er am 26. Aug ust 8–1934). Daz u Che Cov e (188 dem erst n" Jungenmagazin auf und zche roe und Verbände schr ift „Das Krän tauflage von mit Mar ilyn Mon ten Mädchenzeit lag mit eine r Star Wochenblat tes Kirchen, Parteien zeit schr iften der Bots chaf ten. & Schiermeyer-Ver r ideologische n ten sich Jugend 1956 im Kind ler enti erte us. ausbrein, politischen ode Exemplaren hera ramm des sich te die natu rori 00 Prog präg mit ihre n relig iöse 30.0 s das dert l", vo" dervoge TV-Stars. 20. Jah rhun erte die „Bra über Kino- und ione n („De r Wan Anf ang des Anfangs präsenti Hitl ers n und Berichte Jugendpublikat h sehe die nac Fern ng e s egu azin ium er Mag Jugend bew tenden Med die mei sten dies politischen Kurs 190 4–1927), bis den, da sie dem g eingestellt wur 2/2020 Machter greifun es

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von A bis Z

A wie Autogrammkarten

Seit den 1970er Jahren waren Autogra mmkarten von Stars aus dem In- und Ausland ein Kaufanreiz für die Leserschaft der Jugend- und Musikzeitschriften. Die „Bravo" (s. unter B), „Popcor n" (s. unter P) und andere Blätter wie das „top Schlagertexthef t" (s. unter T) brachten Karten von Elvis, den Beatles, Michael Jackson, Falco, Pierre Brice, Boris Becker und Thomas Gottschalk mit vorgedr uckten Unterschriften oder unbedr uckt zum Verschi cken des Autogrammwunsches heraus.

Themas im Nachkriegsdeutschland – revolutionär war. Ab Anfang der 70er Jahre leitete er ein Experte nteam, weil er die Beantwortung von bis zu 5000 Briefen allein nicht schaffte. Freizüg ige Fotos illustrie rten die Beiträge. 1972 kam die „Bravo" wegen „Dr. Sommer" zweimal auf den Index jugendgefährdender Schriften (s. unter I). Das Team wechselte über die Jahre. 2006 erreichten „Dr. Sommer" nur noch höchstens 400 Briefe, da sich die Jugendl ichen heute online informieren.

E wie Erfolg

Den Erfolg der Jugendund Musikzeitschriften zeigt die Auflagenentwicklung, die bei der „Bravo" am besten dokume ntiert ist. 1956 betrug die Staraufl Die „Bravo" ist seit den 1960er age 30.000 Exemplare, 1963 Jahren für deutsche Teenager waren die 600.000, 1964 über 800.000 prägendste Jugendzeitschrif t und erreicht. Das Konkurrenzblatt hierzulande rich„ok" tungsweisend für die Entstehung schaffte 1965 aus dem Stand, moderner Jugend300.000 Hefte zu und Musikmagazine. Am 26. August verkaufen. Der Absatz der Teenie1956 brachten Blätter steigerte der Verleger Helmut Kindler und sich in den Folgejahren. 1979 als Chefredakteur schaffte die „Bravo" Peter Boenisch das erste „Bravo" die Rekordauflage von 1.830.7 -Heft (im Kindler & 00 Exemplaren. Schiermeyer Verlag, 1965–1968 In den 1980ern gingen die im Springer Verlag, Zahlen kurzzeit ig ab 1968 im Heinrich Bauer Verlag) zurück, der Markt erholte sich als Film- und aber. In derselben TV-Zeitschrift heraus. Ab Heft Zeitspan ne erreicht 6/1956 wurde auch e in der DDR bis Anfang der über Jazz, ab Ausgabe 13/1957 über 1990er Jahre das „Bravo"-Pendan Schlager bericht „Neues Leben" tet. Deutscher wie internat ionaler die Spitzenauflage von 540.000 Pop und Rock und Exemplaren und Schlager wurden seit den 60ern „Melodie & Rhythmus" als Musikze zu einem zentraitschrift auch len Inhalt. Dazu kamen Film und für junge Leser 300.000 Stück. Nach dem Sport, 1959 die Mauerfall Starschnitt-Reihe (s. unter S) und zog der Absatz an. 1991 schaffte seit 1969 die erste die „Bravo" den deutsche Sex-Auf klärungsreihe Rekord von 1,58 Millionen verkauf für Jugendliche: ten Heften und „Dr. Sommer" (s. unter D). Politisch hielt sich in den 90er Jahren regelmäßig bei es wurde ausgeetwa spart. „Bravo"-Ableger entstanden, einer Million Auflage. Das Internet wie u.a. „Bravo ließ den Absatz Girl" (seit 1988) oder im Privatfe von Teenager-Magazinen um etwa rnsehen „Bravo TV" 80 Prozent ein(1986–2002). Die Zeitschr ift veröffen brechen . Bei der „Bravo" tlichte eigene Charts (s. unter C) fiel die Auflage von 1998 bis 2019 um 92,1 Prozent auf und vergab den Leserpreis „Bravo 76.932 Exemplare. Heute erschein Otto" (s. unter L). Das Wochenblatt t die „Bravo" nur noch alle vier Wochen ist bis heute die erfolgreichste Jugend. und Musikzeitschrift für 12- bis 19-Jähr ige im deutschsprachigen Raum (s. unter E). F wie

B wie Bravo

C wie Char ts

D wie Dr. Sommer

Die „Bravo" startete als erste Jugendz eitschrif t eine Aufklärungsrubrik, in der offen Fragen von Leserinn en und Lesern vor allem zum Thema Sex, aber auch zu Beziehungen, Freundschaft, Eltern und Familie beantwortet wurden. „Dr. Somme r", so der Rubrikt itel und der erfundene Name des beratenden Experte n, des Arztes, Psychotherapeuten und Religion slehrers Martin Goldstein, kam am 20. Oktober 1969 erstmal ig ins Heft. Er nannte die Dinge beim Namen („Glied", „Scheide"), was – nach der Unterdr ückung des GoodTimes

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Jugend- & Musik zeitsch riften

Teenie-Magazine wie „Popfoto" oder „Pop/Rocky" (s. unter P) und die „Bravo" veröffentlichten in jedem Heft deutsche, britische und US-Pop-Verkaufs-Char ts und in einer der letzten Ausgaben JahresCharts. Die „Bravo" hatte eine eigene Single-Hitliste, die die Leser bestimmten. Sie wich manchmal von den offiziellen deutschen SingleVerkaufs-Charts ab, zeigte also nicht den tatsächlichen kommer ziellen Erfolg der Stars.

lic " als DDR- Jugend Themenpalette, ei SED iterte sich die Reg ierungs-Part Doch schnell erwe men wurde und der DDR hatte die 56 Jazz aufgenom en Nach Gründung f. Dementsprechend ulär Grif pop im n in Ausgabe 6/19 fest ager auch bei Teen politischen eutschen Medien die ostd den 20 957 die che 13/1 chen ndli in Heft anfangs zwis dukte für Juge ag verjüngte die folgten Printpro von ihnen der Verl Schlager. Das rschaft, was die zumal die meisten angesiedelte Lese ) rgan der komSED-Vorgaben, und 30 Jahren Krakauer (ab 1959 achte, das Zentralo der einzigen urin Liselotte e Welt herausbr akte nd), und Jung fred Juge nde Che e Juge tsch neu tung (Freie Deu u n weiter in Rich e munistischen FDJ rganisation. Daz aufg riff, die dan kam der berühmt ten DDR-Jugendo ging. Ab 1959 staatlich anerkann „Der junge Pionier" Musikzeitschrift ot als erster abge mel" (1958–1991), , mit Brig itte Bard (1946–1990, 1958 gehörten „Die Trom lkert" bevö lpos ach Schu Starschnitt ins Heft Dan öße. die „Die s heit in Lebensgr und (1949–1958) und enannt). Besonder bildeter Berühmt s, Caterina Valente in „Technikus" umb die s wie Peter Krau in „Rakete", 1963 te „Trommel", die jungen Publikum ten Schlagerstar 14-Jährige gerichte Ausgaben, was beim Exemplare. die an 10- bis Comics u.a. bot. , war bt atur Freddy Quinn die 853 belie Liter t, 381. sues stieg 1959 auf Schule, Musik, Spor ültig den richtung ndmagazin „Ne zog: Die Auflage Themen Politik, die „Bravo" endg wurde das Juge hatte er Jahre vollzog enenblick früherer Noch populärer avo" war. 1945 Anfang der 1960 strengen Erwachs si die DDR-„Br lungsblatt vom pädagog isch Leben", das qua hnamiges Schu nwachsender. gleic Hera weisenden Schr itt ive ein at pekt wietralr n zur Pers beider FDJ-Zen ht, das schnell Jugendzeitschrifte gazin für Teenager näre herausgebrac als Generat ionenma für FDJ-Funktio „Neues Leben" elt, ihre Sprache, Sie wurde zum wurde. 1954 kam das deren Lebensw es Leben heraus, der eingestellt derlei Geschlechts, So begannen 1961 ut im Verlag Neu e. erne ldet rift Zieles abbi itsch leme Jugendze stand. Trotz des e „Wir und at und Freizeit und Prob tralr onsr -Zen ussi FDJ für 963) die Disk hinter dem der das Blatt als ein (Hef t 35/1961–34/1 zwei Erwachsenen Erziehung wurde vieli Jugendlichen und erste der politischen azin gestaltet – ihr" zwischen zwe für Verliebte", die antes, buntes Mag tand der 962 der „Knigge Teenager interess er-Reihe für ion nach dem Aufs tgeb und ab Heft 52/1 erat gsra Gen e ehun im jung Bezi ltende – leicht, um die bei Laune und – noch zurückha schr ift. am 17. Juni 1953 es r deutschen Zeit DDR-Bevölkerung - und erer Sprache ging Jugendliche in eine eme ines Jugend In jugendlich lock tallg en. wes en halt als zu end g .00 sing Land lisch Dies e Mischun 1963 auf 600 ik auch von eng senschaf t, ließ die Auflage um Freizeit, Mus ratur, Naturwis on die Inhalte Lite Musikmagaz in akti e, Red Mod , die , so dass or Borr mann n Stars, Film eßen die fess liche schi „Pro und hoch rik te k Rub ssier Stüc en 1970 in der Jugendliche foku m Politik und seit 540.000 gedr uckt noch stärker auf rückte – aus gute Das kam an. Die h nach den Mittelpunkt tSex und Liebe. ausverkauft. Doc Musik mehr in Mainstream deu antwortet" um en ues ig rasend schnell ch entdeckte der groß, und „Ne ’n’Roll als lautstark zu e waren regelmäß Rock e plar enz Grund. Schließli Jahr kurr Exem er tkon nden. Ende der 1950 g war die Wes als Sprache juge eingestellt werd scher Jugendlicher der Grenzöff nun nachdem der sich Leben" musste 1992 us", das Lebensgefühls, Mitte der 1950er „Melodie & Rhythm Ausdruck ihres ehend bereits seit Länger überlebte schel von den USA ausg Musikmagazin (Hen sche licher Rebellion e. deut te hatt ältes blatt ausgebreitet nn 1957 als Fach Jahre in der Welt Verlag). Das bega ganz r den Rocksik, übe smu als ung r rhalt Noch meh „Bravo" Tanz- und Unte die te für SED. chte der beri s litischen Linie Protagonisten Elvi s und auf der kulturpo er wie Peter Krau abe eins hieß, die Ausg in es er, über deutsche Säng wie e, Es sollt esse à la e zahmen Nachahm „Exz sein ln, als icke ld entw Hero Ted ptier„leichte Muse" n und rngeneration akze te man vermeide die sogar die Elte . Die Rock’n’Roll" woll kapellen in die Höhe trieb retten und Tanz te, was die Verkäufe lemania sich lieber Ope t durch die Beat te sich das durf n dan r schossen erst rech Abe rt aufwidmen. DDRdie „Bravo" sofo und wurde bei der nach oben, die erstmalig Magazin öffnen 1960er ten die Beatles bt, denn in den griff. 1964 blick andere Jugend sehr belie Heft, ing Stones und zusätzlich ins Jazz die vom Cover, die Roll kam und – Jahren nur -Bands folg ten hte die Zeitschr ift Beat- und Rock 1970er Jahren brac ulärsten deutund den pop Inseit zur dem e und , aus ciert -Stars „Bravo" avan danach Schlager . Hinzu Rock- und Schlager -Plattenlabels Amiga. u"-Filme. -Musikzeitschrift chte über Pop-, ichen „Winneto DDR Beri n lgre schen Teenager erfo ende noch die inier r t plare. heiten des dom e Berichte übe plaren war meis kamen exklusiv Ausland sowie Neu über 800.000 Exem zu 300.000 Exem tik bis Auflage stieg auf Auflage von bis ch nicht für Poli zunächst Schluss, Das Resultat: Die Das Resultat: Die Trends, was jedo erkauft. 1991 war wie elle mit ausv iker aktu azin stag Mus auf mag ung e sche er als Pop Die „Bravo" zielt bereits am Erschein obwohl über kriti thmus" 2004 wied ausgeklammert, die Schüler- und „Melodie & Rhy erschien und nach galt. Die blieb wurde. Doch etwa Ost-Rock und -Pop in bis Rande berichtet dem Schwerpunkt und Kulturmagaz eicht, um Bob Dylan am e das Blatt – viell tungen als Musikriert Häu n igno rere und teste meh Studentenpro reiben – völlig und Leser zu vert heute besteht. -Magazine ager nicht anzuecken Teen iche e, wie ähnl Mädchen": setzte diese Lini Pop", Rocky", " fort. eihe auch, bis heute der Aufklärungsr " r Bo"om der Jugend- und sich die „Bravo" mit De hen der sexuelDagegen erwies Zeic im die ), e 1969 ig. Die „Dr. Sommer" (seit Musikmagazin n Teenagerlossen und mut stand, aufgesch wie tige len Revolution Sommer" offen konstant dürf ten sich, „Dr. hien en in Gegenüber dem alität Jugendlichen trau der DDR ersc Fragen über Sexu kt ien mar Med iften en tsch ten Zeit schr 0er Jahr en etlinoch nie in deu n mit klaren Wor seit den 196 en, die Experte tdeutschland Inhalten wie die Wes mit die t, Stil nich vo"rn und Liebe zu stell „Bra Elte r im Das passte manchen che Jugendblätte Charts, TV- und oten. beantworteten. die „Bravo" verb - und Sportstars, e-Storys, zuklebten oder Pop, Musik-, Film vom Großteil tgeber, Foto-Lov esra Aufklärungsseiten zdem Lieb trot und azin das Mag chen Filmtipps, Sexgen. Gelesen wurde rpreis-Verleihun wenigen ostdeuts ), die über pielen und Lese en, aber nur inns man 1962 tsch de Gew seit tdeu Wur ps, ag, wes der Berufstip oten war. 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Das FreizeitMagazin für junge Leute

„Das Freizeit-Magazin für junge Leute" (Burda Verlag, seit 1972) widmete sich Musikstars wie den Bee Gees, den Teens und Jürgen Drews oder Schauspielern wie Raimun d Harmstorf und David Carradine und bot typische Teenie-Blattinhalte wie Charts, Mode, einen Kummerkasten, Rätsel. 1979 fusionie rte Burda das Blatt mit dem hauseigenen Jugendm agazin „Rocky" (s. unter R).

G wie Girlfriend

Das vierteljährlich erscheinende australische Magazin „Girlfriend" ist exempla risch für viele Jugendzeitschrif ten rund um den Globus. „Girlfriend" (Futura Publicat ions, seit 1988) bringt, wie der Titel schon sagt, Inhalte für weibliche Teenager: Mode, seit 1990 einen Model-Wettbewerb, Schminktipps und Stars.

H wie Hit

Die Teenager-Zeitschrift „hit" (Verlag A. Beig, ab 1968) war mit seiner monatlich produzierten Mischung aus Pop, Schlager, 2/2020

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Mode, Kosmet ik, Aufklär ungstip ps und Lebensberatung gegenüber Platzhir schen wie „Bravo" oder „ok" durchaus konkurrenzfähig. Das Motto „hit ist nicht brav, hit ist kess und modern" verfing aber bei den Lesern nicht, so dass das Magazin 1970 eingeste llt wurde.

I wie Index

Diverse Jugendmagazin-Ausg aben landeten auf dem Index jugendgefährdender Schriften wie 1972 zwei „Bravo"-Hefte, in denen die Normal ität von Selbstb efriedig ung betont wurde (6 und 7/1972) . Die damals prüde Bundes prüfste lle meinte, besonders der Bericht „So erfüllt man seine ersten Liebesw ünsche " (Heft 7) sei eine zu detaillierte Onanie ranleitu ng. Es hieß: „Die Geschle chtsreif e allein berecht igt noch nicht zur Inbetriebnahme der Geschle chtsorgane." Und: Onanie könne zu „depres siver Stimmung, paranoi den Reaktionen" und „Rückenmarkschwindsucht" führen. Schockiert war man auch, weil die „Bravo" 1972 die Foto-Love-Story als „Aufklärung zum Hingucken" einführt e. Später kamen etwa in den 1990er und 2000er Jahren weitere Hefte der „Bravo", aber auch von „Popcor n" auf den Index.

M wie Mädchen

„Mädchen" ist die langleb igste deutschsprachige Zeitschrift für weibliche Teenager. 1976 gründet e Ernst Kauka das Magazin. Später wechselten die Verlage (Jürg-Marquard Gruppe, Springer Verlag, OZ Verlag, heute Egmont Ehapa). „Mädchen" zielt auf Leserinnen zwischen 11 und 17 Jahren mit Themen wie Stars, Pop, Mode, Kosmet ik, Alltagsreportag en und Beratung zu Liebe, Sex und Pubertät. 1988 bekam „Mädch en" starke Konkurrenz durch „Bravo Girl" und musste auf eine vierzehntägige Erscheinungswe ise ausweichen, blieb aber weiterhin erfolgreich.

N wie Nena

Anfang der 1980er avancierte Popsängerin Nena als J wie Jugendlust Shootingstar der Neuen Deutsch en Welle zum Liebling Die „Jugendlust" (1876–2018), der Teenie-Magazine. Sie zierte Bravo"die am längsten existente zahlreiche Cover von " und im deutschsprachigen Raum Starschnitt „Popcor n", „Pop/Rocky" und der bis in die 1950er „Bravo", wo sie 28 Mal Nena auf der Titelseite war – so oft wie Jahre meistgelesene deutsch keine andere deute sche Musiker in. Zum Vergleic Kinder- und Jugendzeitschrif t, h: Peter Maffay und ist ein Beispiel Peter Kraus schafften es jeweils für ein Jugendmagazin mit starker auf 14 „Bravo"-Cover. pädagog ischer Intention in der Tradition aufklärerischer O wie OK Zeitschr iften. Vom bayerischen Lehrerverband Der Heinrich Bauer Verlag brachte als „Woche nschrift zur Belehru das Jugendng und und Musikmagazin „ok – ist okay" Unterhaltung" von Schüler n gegründ zwischen et, sollte 1965 und 1967 heraus. Die Rubrike sie, so das erklärte Ziel, den n entspra„Kampf gegen chen denen der „Bravo". Als Spezial-Gimmick Kitsch, Schmutz und Schund " aufnehmen. lagen in drei Heften auf dem Plattens 1941 stellten die Nazis das Magazin pieler ein, 1948 abspielbare Schallfolien mit den kam der Neustar t. 1978 gab der Stimmen Domino Verlag von Sean Connery (4/1965), die Schulzeitschrift neu betitelt Cliff Richard als „floh!" (5/1966) und den Beatles (1/1965) für Jugendliche heraus. 2018 erzwangen dürftige Absatzzahlen bei. 1966 die gab es ähnliche Folien auch in Einstellung. der „Bravo". Trotz guter Erstverkäufe setzte sich „ok" nicht durch. Mit Ausgabe 14/1966 K wie Kosmetik fusionierte „ok" mit dem Star-Magazin Die allgemeinen Musik- und „wir" (Bauer-Verlag) und ging Jugendab Heft 16/1967 in die „Bravo" über, die zeitschr iften sprachen Mädche zu „Bravo/ok" wurde, aber ab Ausgabe n wie Jungen 42/1967 wieder nur noch „Bravo" an. Ein Kaufanreiz für weibliche Teenager, die betitelt war. gut die Hälfte des Lesepublikums ausmachP wie Pop ten, waren Mode- und Schmink tipps, die Der Schweizer Verleger Jürg Marqua auch in Mädchenmagazinen wie „Melanie", rd gründete 1965 die fundier te Jugend-Musikzeitschrift „Pop". „Bravo Girl" und „Mädchen" Sie kam in der Schweiz gut an, (s. unter M) dann auch in der Bundesrepublik. „Pop" vorkamen, wo sie größeren Raum übernahm 1974 Berichte des englieinnahmen. schen „Melody Maker" und schluckt e das Hamburger Magazin „Poster Press". 1980 fusionierte „Pop" mit L wie Leserwahlen den deutschen Teenie-Zeitschrif ten Der bekannteste Leserpreis für „Popfoto", „Rocky" (s. unter Musik- und andere Stars in TeenieR) und dem Zeitschr iften ist der „Bravo Otto" „Freizeit-Magazin" (s. unter in Gold, Silber und Bronze. Der F) zu „Pop/ seit 1957 jährlich vergebene Preis hat Rocky". Das neue Magazin behauptete sich seit 1965 die Form eines Indiane als rs, der dem Spielfilm-„Winnetou" nachem Nummer zwei der Pop-Jugendzeits pfunden ist (s. unter W), da deschriften sen Darsteller Pierre Brice „Bravo" hinter der „Bravo", zu der der -Stammgast war. Vorher war es Unterschied eine Medaille. Brice bekam zwölf Ottos, in einer größere n Posterzahl bestand. 1998 nur übertroffen von der Rockband Bon Jovi mit fusionierte „Pop/Rocky" mit 13 Trophäen. Inge der JugendMeysel erhielt elf Ottos. Außerde und Musikzeitschrift „Popcor n". m u.a. dabei: Die hatte Smokie, Wham!, Joachim Fuchsbe ebenfall s Jürg Marqua rd erfolgreich 1977 rger. Das Pendant war der Hamme – mit denselben Inhalten wie die rschlumpf in Gold, „Bravo" Silber oder Bronze von „Pop/Ro – gegründet. „Popcor n" gibt es cky" (s. unter P). bis heute. Seite

Zu bestellen im Shop Seite 31 oder unter:

Ihn erhielten die beliebtesten Künstle r des Jahres durch eine Leserwahl, wie Roger Moore, Madonna und Kim Wilde, die mit vier Trophäen die meisten „Schlümpfe" bekam. Ein weiterer Leserpreis war der Goldene Pinguin (seit 1988) der österreichischen Jugendzeitschrif t „Xpress" (s. unter X). Zu dessen Positivkategorien kamen negative wie „Häßlichster Star" oder „Schlechteste Radiost imme".

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Foto: Unfried 1982, © NikMa Verlag

Von Hans-Jürgen Günther

HERMAN'S HERMITS

Englands erfolgreiche Anti-Stones Eine alte Weisheit, die auch für die populäre Musik Gültigkeit hat, besagt, dass jeder Trend auch einen Gegentrend auslöst: Auf der Härteskala der erfolgreichen Acts standen im UK der Sixties einige Jahre lang ruppige Blues-Adepten wie die Rolling Stones und die Pretty Things auf der einen Seite des Spektrums und die betont sanften Herman's Hermits auf der anderen. Ein Karrierehindernis war das nicht. Manchester 1963: Musiker zweier lokaler Beatgruppen gründeten eine neue Formation. Peter Noone (*5.11.1947 als Peter Blair Denis Bernard Noone, voc), Keith Hopwood (*26.10.1944, g) und Karl Green (*31.7.1947, b) kamen von den Heartbeats, Derek Leckenby (*4.5.1943, g) und Barry Whitwam (*21.7.1946, dr) von den Wailers. Herman's Hermits waren geboren, vertrauten sich dem sehr cleveren Manager (und Songschreiber) Harvey Lisberg sowie dem enorm fähigen und sehr zielstrebigen Produzenten Mickie Most an und erhielten Plattenverträge bei Columbia (UK) sowie MGM (USA). Von Beginn an stand primär der erst 15-jährige Noone, der schon Erfahrungen als Darsteller in der TV-Soap-Opera „Coronation Street" gesammelt hatte, im Rampenlicht, zumal er angeblich – oder tatsächlich? – wie eine jugendliche Ausgabe von US-Präsident John F. Kennedy aussah. Optisch also ein idealer Frontmann. Und prächtig singen konnte er zum Glück auch noch … Herman's Hermits etablierten sich in allen relevanten Punkten als exaktes Gegenteil der Rolling Stones. Sie bündelten locker-flockige Gitarren, einen milSeite

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den Bass und ein nicht gerade „auf den Putz hauendes" Schlagzeug zu einem ohrwurmigen, im besten Sinne strikt unterhaltsamen, aber nicht banalen SoftBeat-Sound, über den Peter Noone seinen halb jugendlich unbekümmerten, halb clever sexy gefärbten Gesang legte, oft fröhlich geprägt, seltener etwas nachdenklicher, aber nie albern oder belanglos klingend. Perfekter Soft-Beat oberhalb des berühmt-berüchtigten „Bubblegum"-Niveaus mit wenigen, eher dezenten Härtegraden. Mickie Most verfolgte dabei die Strategie, die Gruppe betont „britisch" klingen zu lassen, während das Gros der UK-Konkurrenz lieber eher „amerikanisch" tönen wollte. Dargeboten wurde das Ganze von einem adrett gekleideten und frisierten Quintett, das so manierlich daherkam, dass man unwillkürlich an „korrekte junge Leute" denken musste, die sich ins Showbusiness verirrt hatten. Genau dort gehörten sie mit ihrem aus Talent, Substanz und Erfolgswillen gespeisten Können auch hin. Keine Frage, hätte es die Band nicht gegeben, hätte man sie erfinden müssen! Herman's Hermits verstanden sich primär als Singleorientierte Gruppe, die sich nicht lange mit der Vorrede auf-hielt. Im Sommer 1964 starteten sie mit "I'm Into Something Good" auf Platz 1 im UK (USA #13) und schoben im Winter "Show Me Girl" (UK #19) nach. Damit begann eine spezielle Release-Strategie. Anders als bei den Beatles oder Stones erschienen im UK und in den

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© Pressefoto Electrola

USA nicht einfach alle Singles parallel, sondern einige nur im UK, andere nur in den USA (und weiteren Ländern). Im Einzelnen stellte sich das in Amerika so dar: Der flotte Song "Can't You Hear My Heartbeat" (#2), der Skiffle-lastige Nachfolger "Mrs. Brown You've Got A Lovely Daughter (#1)" und der Vaudeville-artige SommerSommer hit "I'm Henry VIII I Am" (#1) räumten 1965 gigantisch ab. 1966 folgten "Listen People" (#3), "Leaning On A Lamp Post" (#9; ein etwas atypischer Song mit einer der wenigen rasanten Sequenzen im Hermits-Schaffen) und der von Ray Davies übernommene Knaller "Dandy" (#5), den die Kinks im UK nicht in die Charts schieben konnten. 1967 hatten die Hermits dann mit "Don't Go Out In The Rain" den letzten US-Top-20-Hit (#18). Kleinere Erfolge waren ihnen aber weiter vergönnt. Im Gegenzug sah's im UK so aus: "Show Me Girl" und "You Won't Be Leaving" (#20) blieben in den USA unveröffentlicht. Und "No Milk Today" (#7), der wohl stärkste aller starken Hermits-Songs, wurde dort zur Single-B-Seite degradiert. Beide Märkte belieferte man mit "Silhouettes" (UK #3, US #5), dem Sam-Cooke-KlasSam-Cooke-Klas siker "Wonderful World" (UK #7, US #4), "Just A Little Bit Better" (UK #15, US #7), dem P.F.Sloan/Steve-Barri-Top-Song "A Must To Avoid" (UK #6, US #8), "This Door Swings Both Ways" (UK #18, US #12) und dem KlasKlas siker "There's A Kind Of Hush" (UK #7, US #4), einer Komposition von Geoff Stephens und Les Reed. Diese Markttrennungsstrategie mag wie die skurrile Idee eines überschlauen Managements aussehen, aber sie hatte schon ihren Sinn. 1965/1966 drängelten sich insgesamt 13 Singles in der Pipeline. Sie alle auf den beiden Hauptmärkten zu veröffentlichen, hätte wohl die Taschengeldbestände von zehntausenden Boys und hunderttausenden Girls zu stark strapaziert. Und bei den weiblichen USTeenies, die sehr auf den attraktiven Manchester-Akzent des süßen Herman abfuhren, wäre vielleicht sogar eine unerwünschte Übersättigung zu beklagen gewesen. Nachvollziehbare musikalische Gründe können jedenfalls keine Rolle gespielt haben, denn all diese Songs wiesen – bei allen stilistischen Unterschieden – vergleichbare Grundstrickmuster auf. Die US-Platzierungen zeigen, dass die Hermits dort zeitweilig mehr Erfolg hatten als in der Heimat. Das ebnete ihnen auch den Weg als „nebenberufliche Schauspieler" in die Filme „When The Boys Meet The Girls", „Mrs. Brown You've Got A Lovely Daughter" und „Hold On!" – und dazugehörige Soundtrack-Alben fielen auch noch ab. Ab 1968 spielte sich das Big-Hits-Geschehen nur noch außerhalb der USA ab. Gelungene Singles wie "I Can Take Or Leave Your Loving", "Sleepy Joe", "Sunshine Girl", "Something‘s Happening", "My Sentimental Friend" und "Years May Come, Years May Go" enterten bis Anfang 1971 im UK locker die Top 20. Ferner erschien unter dem geänderten Namen Peter Noone & Herman's Hermits 1970 noch die erfolgreiche Single "Lady Barbara". Alles ordentliche „very catchy sing-along-songs", aber keine Überflieger. GoodTimes 3/2020

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Dann ging man getrennte Wege. Peter Noone schaffte es mit dem BowieSong "Oh You Pretty Things" im Mai 1971 letztmalig in die Charts. Danach arbeitete er am Broadway und im Londoner West End, nahm 1980 das wenig wahrgenommene, aber von den Noone-Fans hochbewertete Album TWICE NIGHTLY mit den Tremblers auf, hatte eigene TV- und Radio-Shows. Mit seiner französischen Frau Mireille lebt er seit langem in Kalifornien und gibt pro Jahr rund 100 Konzerte für noch immer kreischende Mädchen. Die Hermits versandeten in der Obskurität. Zunächst versuchten sie es mit erfolglosen Singles und spielten das unveröffentlichte Album SOUR MASH ein. 1973 gab's für eine Show im New Yorker Madison Square Garden eine Kurzzeit-Reunion. Whitwam, Leckenby und Green schafften aber auch mit Neuling Rod Gerrard nicht die Wende. Schließlich gründeten Hopwood und Leckenby (der 1994 an Krebs starb) eine Firma, die Soundtracks für TV und Film produzierte, und Green wurde Manager für Soundsysteme in Londoner Venues. Am Gruppenball geblieben ist als Letzter Original-Hermit-Drummer Whitwam, der mit Geoff Foot (voc, b), Tony Hancox (keys) und Paul Cornwell (g) im Oldies-Circuit mitmischt. Herman's Hermits waren übrigens Teil eines „historischen Ereignisses": Im April 1965 standen für einen Moment nicht die Beatles oder Stones ganz vorn in den USCharts, sondern Freddie & The Dreamers, Wayne Fontana & The Mindbenders und – mit "Mrs. Brown" – Herman und seine Hermits. Ein Triumph der Manchester-SzeManchester-Sze ne! Peter Noones Truppe verkaufte insgesamt rund 60 Millionen Platten, wurde offiziell aber nie als Supergruppe gehandelt. Was vielleicht auch daran liegt, dass die Musiker – wie viele Sixties-Bands – bei ihren Aufnahmesessions oft auf Studiocracks wie die ubiquitären Gitarristen Jimmy Page und Big Jim Sullivan sowie Bassmann John Paul Jones zurückgriffen. Uneinigkeit herrscht in den verver schiedenen Quellen darüber, ob die Gruppe die meisten AlbumAlbum tracks und etliche Singles selbst einspielte oder nur die drei Nr.1-Hits "I'm Into SomeSome thing Good", "Mrs. Brown" und "Henry VIII". Auch als Komponisten stand man nicht in der ersers ten Reihe. Neben schon erwähnten Songschmieden lieferten auch Top-SongTop-Song writer wie Gerry Goffin/CaGoffin/Ca role King ("I'm Into Something Good"), Bob CreCre we ("Silhouettes"), Tony McAuley ("I Can Take Or Leave Your Loving") und Donovan Leitch ("Mu("Mu seum") tolle Erfolgslieder. Nicht zu vergessen: Zu Graham Gouldman bestand eine besonders inin tensive Beziehung. Er kam mit über einem DutDut zend Songs zum Zug, darunter den Hits "Listen People", "No Milk Today" und "East West" sowie "For Your Love" und "Bus Stop", wobei die FasFas sungen der Hermits nur zweite Sieger im Duell mit den Hits der Yardbirds bzw. Hollies blieben, doch das waren nur kleine Schönheitsfehler. Auch Noone, Leckenby, Hopwood und Green zeigten mit weniger bekannten Songs wie "My Reservations Been Confirmed", "Take Love, Get Love", "Gaslite Street" oder "For Love", dass sie keineswegs untalentiert waren. Die Eigengewächse fanden Platz auf den Alben der Hermits, die in verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Titeln wie HERMAN'S HERMITS, BOTH SIDES OF HERMAN'S HERMITS, THERE'S A KIND OF HUSH ALL OVER THE WORLD und BLAZE veröffentlicht wurden. Sie enthielten die A-Seiten von Singles, teils auch die B-Seiten und EP-Tracks, und wurden aufgefüllt mit so manchen Leckerbissen, die durchaus Single-tauglich gewesen wären. Als Beispiele seien "I Understand", "Mother-InLaw" und "Dial My Number" genannt. Aus heutiger Sammlersicht ist die komplizierte Veröffentlichungspolitik allerdings belanglos. Wer das imposante Gesamtschaffen im Regal haben will, greife zur 4-CD-Box HERMAN'S HERMITS & PETER NOONE – INTO SOMETHING GOOD – THE MICKIE MOST YEARS 1964–1972 (EMI). Die bietet 121 Tracks, darunter auch einige unveröffentlichte Aufnahmen.

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Konzeptalben

Kalkulierte Gesamtkunstwerke Von Jörg Palitzsch

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Jeder Fan von Rockmusik hat, absichtlich oder rein zufällig, ein Konzeptalbum im Regal stehen. Sei es nun THE WALL von Pink Floyd, mit dem die Band ihre Musik völlig neu ausrichtete, oder das 1973 veröffentlichte Debütalbum TUBULAR BELLS von Mike Oldfield, das als stilprägendes Werk des Progressive Rock gilt. Nur zwei Beispiele, bei denen hinter den Kompositionen ein Gesamtkonzept steht und nicht nur Titel an Titel gereiht wird.

ereits in den 60er Jahren hatten sich die Langspielplatte, die Single und als Sonderform der Veröffentlichung auch das Live-Album auf dem Musikmarkt etabliert. In der Mitte des Jahrzehnts waren es vor allem Jazzmusiker wie Ray Charles und John Coltrane, aber auch Soul-Ikone James Brown, die ihre Songs live einspielten. Nach und nach zogen Rockmusiker nach. Im Mai 1970 erschien das Triple-Album WOODSTOCK, ein Jahr später veröffentlichte jede Rockband, die etwas auf sich hielt, ein Live-Album. Darunter Free, die Allman Brothers Band, Colosseum, Jimi Hendrix und Ufo.

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arallel dazu entwickelte sich das Format der Konzeptalben. Flankiert von der beständigen Weiterentwicklung der Aufnahme- und Tonstudiotechnik in den 60er Jahren, die Stereo und eine Mehrspurtechnik ermöglichten, waren dies jene starken Impulse, die sich auf die Musik und inhaltliche Ausrichtung dieser Alben auswirkten. Zwar gab es schon zu Zeiten der Schellackplatten zusammenhängende Aufnahmen, wie etwa DUST BOWL BALLADS VOL. 1 und VOL. 2 von Woody Guthrie, dem Vater der urbanen Folkbewegung und Bob Dylans Vorbild. Die vielen Möglichkeiten nach der Einführung der Vinyl-Langspielplatte erkannte dann aber als einer der ersten Musiker Frank Sinatra. Schon 1946 legte er die Platte THE VOICE OF FRANK SINATRA vor, die in der Popmusik als eines der ersten Konzeptalben bezeichnet werden kann. Sinatra veröffentlichte in seiner langen Karriere eine Vielzahl von Alben, deren Songs von einer gemeinsamen Stimmung, einem gemeinsamen Thema und einer gemeinsamen Instrumentierung zusammengehalten werden. Ein Beispiel ist sein Werk COME Seite

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FLY WITH ME aus dem Jahr 1958, bei dem „Mr. Cool" seine Fans in jedem Lied mit auf eine Weltreise nimmt: nach Capri, New York, Paris, London und Vermont. Sinatra gab mit seinen frühen Langspielplatten ein griffiges Konzept vor, das für alle Nachfolger von durchgeplanten LPs als Richtschnur galt.

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abei ist die thematische Zusammenfassung einzelner Kompositionen in der Musikgeschichte nichts Neues. In Opern, Operetten, Liederzyklen und später in Musicals und der Filmmusik liegen die historischen Ursprünge der Konzeptalben, die damit kein Alleinstellungsmerkmal haben. So erhielt Mozart 1767 seinen ersten bezahlten Kompositionsauftrag, da war er gerade mal elf Jahre alt. Er sollte das Oratorium „Die Schuldigkeit des ersten Gebots" vertonen, durchgehende handelnde „Personen" sind die allegorischen Figuren Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Christgeist, Weltgeist und Christ. Es entstand ein Dreiteiler, den ersten Teil, der als einziger noch erhalten ist, verfasste Mozart, die anderen beiden Michael Haydn und Anton Adlgasser.

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anz in der Tradition einer durchgängigen Erzählung und Instrumentierung stehen dann auch jene Alben, die in den 60er und 70er Jahren eingespielt wurden. Dabei gab es durchaus Frühstarter. 1960 veröffentlichte Johnny Cash sein erstes Konzeptalbum RIDE THIS TRAIN. Ein erster Schritt auf seiner Forschungsreise durch die Geschichte und den Nationalcharakter Amerikas. Die Manager von Columbia Records wollten die LP so schnell es ging auf den Markt bringen, weil das ähnlich gelagerte GUNFIGHTER BALLADS AND TRAIL SONGS von Marty Robbins mit dem Hit "El Paso" bereits auf Platz 10 in den Popcharts n

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stand. Cash, der sich für sein Album völlig verausgabt hatte, empfand Robbins' Album allerdings als eine willkürliche Zusammenstellung von Songs ohne Konzept. Ihm schwebte bei RIDE THIS TRAIN hingegen ein in sich geschlossenes Werk vor, mit dem er eine Verbindung zu seinen eigenen musikalischen Helden herstellte. Bis heute gilt dieses Konzeptalbum als ambitioniertestes Werk eines Country-Stars.

LP gibt es mit den fließenden Übergängen zwischen den einzelnen Songs allerdings erstmals ein Merkmal, das prägend für spätere und gleiche Formate werden sollte. Das Album ist ein Gesamtkunstwerk. Fünf Monate lang haben die Beatles an der Platte gearbeitet. Sie nutzten die neueste Aufnahmetechnik und spielten zusammen mit einem 40-köpfigen Orchester. Die Produktion kostete 40.000 Pfund – 1967 eine astronomische Summe.

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ine Band, die ihren Ruhm zum allergrößten Teil auf Konzeptalben gründet, sind Pink Floyd. Die kommerziellen Erfolge WISH YOU WERE HERE, THE DARK SIDE OF THE MOON und ganz besonders THE WALL sind herausragende Beispiele für das Genre. Vor allem das Doppelalbum THE WALL aus dem Jahr 1979 ist in seiner ganzen Erzählstruktur um den erfundenen Rockstar Pink ein streng in sich geschlossenes Werk, das Kapitel um Kapitel erzählt wird. Und die Band richtete sich damit neu aus. Von Anfang an waren theatralische Konzerte und ein Film geplant, der 1982 mit Bob Geldof umgesetzt wurde.

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ls eines der ersten Alben mit einem zusammenhängenden Konzept gilt in der Geschichte der Rockmusik die 1966 erschienene Doppel-LP FREAK OUT! von Frank Zappa und The Mothers Of Invention, inspiriert von dem französischen Komponisten Edgar Varese. Zappa, einer der größten Magier der Rockmusik, verbindet auf dem Album collagenartig musikalische Stilrichtungen: den auf Gitarren basierenden Beat, einen rhythmisch stark akzentuierten Rhythm & Blues, Doo Wop, gefärbt von mehrstimmigen Gesangsarrangements, und traditionellen Rock'n'Roll. Zappa stellte diese einzelnen Musikstile jedoch nicht einfach nebeneinander – oder verwendete sie, wenn es gerade passte –, sondern fügte sie in ein Gesamtkonzept ein, das sich auf FREAK OUT! immer weiter entwickelt. Inhaltlich kritisierte Frank Zappa unter anderem Rassenunruhen und die Kommerzialisierung von TV-Sendern. Musikalisch angereichert mit eintönigen Perkussionrhythmen, unverständlichen Stimmen und Orgasmus-Stöhnen wurde diese Gesamtkomposition dann hoch gelobt – und voller Häme verrissen.

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ur ein Jahr später veröffentlichten die Beatles 1967 ihr Album SGT. PEPPER'S LONELY HEARTS CLUB BAND. Durch diese LP wurde der Begriff „Konzeptalbum" in der Popmusik stark geprägt, es gab aber auch Kritik. Der Grund: Weil die Beatles den Albumtitel zum fiktiven Bandnamen machten, sei der Charakter eines Konzeptalbums nur bedingt gegeben. Auf der

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ie bei THE WALL mit Rockstar Pink werden für zusammenhängende LPs immer wieder neue Figuren erfunden, die von Musikern quasi zum Leben erweckt werden. Dies ist bei TOMMY von The Who mit dem geschundenen Tommy Walker so, auch bei ROCKPOMMEL'S LAND von Grobschnitt mit der Figur Ernie, einem Tagträumer. In BERLIN von Lou Reed ist es ein verliebtes und drogensüchtiges Pärchen, und auf dem Konzeptalbum BRAVE von Marillion wird in einer Rückschau die Geschichte einer jungen Frau erzählt, die sich von einer Brücke stürzt. Fast zeitgleich mit THE DARK SIDE OF THE MOON (1973) erschien das Doppelalbum THE LAMB LIES DOWN ON BROADWAY (1974) von Genesis. Erzählt wird die surreale Geschichte des Jungen Rael, der sich durch eine

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Welt voller Gefahren schlagen muss, bis er am Ende seinen Bruder John rettet. Die Songtexte stammen alle von Peter Gabriel, die ganze Geschichte um Rael ist als langer Prosatext in der Innenseite der LP abgedruckt. Ausgestattet mit vielen Symbolen, Querverweisen und Codes ist THE LAMB LIES DOWN ON BROADWAY zwar ein schwer verständliches, musikalisch aber geniales Album. Genesis setzten die Handlung auf der Bühne mit Effekten, Kostümen und einer Multimedia-Show um, gerade so, wie es Pink Floyd Jahre später bei THE WALL mit pompösen Aufbauten und raffinierten Lightshows perfektionierten.

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uf Konzeptalben, die Geschichten mit erfundenen, praktisch „darin gefangenen" Figuren erzählen, ist dann auch alles möglich. Von der klassischen Rockoper, in der die Rollen fest vergeben sind, bis hin zu einer einfachen Story, die hauptsächlich über die Musik und nicht über die Handlung transportiert wird, oder zu Alben, die über Politik, Philosophie oder Psychologie zusammengehalten werden. Ethik, Moral und Gesellschaft sind immer wiederkehrende Themen. So ist der erste Teil von THE WALL Roger Waters' autobiografische Abrechnung mit seiner Kindheit, im zweiten Teil karikiert er die Risiken des Starrummels. Auf BITTER TEARS: BALLADS OF THE AMERICAN INDIAN von Johnny Cash steht die Unterdrückung der Indianer in den USA im Mittelpunkt. CRIMINAL RECORD von Rick Wakeman ist ein musikalisches Abbild der Justiz, Verbrechen sowie Verbrecher, und EVE von The Alan Parsons Project thematisiert die Rolle der Frau in der Gesellschaft.

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ach den ersten Konzeptalben in den 60er und 70er Jahren setzte eine unglaubliche Vielfalt ein, die musikalische Glanzleistungen hervorgebracht hat, die bis heute nachwirken und ohne die die Rockmusik nicht denkbar wäre. Dabei geht es weit über Zufälligkeiten hinaus. Ein Konzeptalbum ist das Gegenteil einer bloßen Ansammlung von zehn Liedern über die Liebe, es ist auch keine Sammlung von „Greatest Hits". Ein Konzeptalbum kann aus klar abgegrenzten Songs zusammengestellt werden – und trotzdem als Einheit verstanden werden.

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ethro Tull haben dies mit THICK AS A BRICK aus dem Jahre 1972 meisterhaft durchgespielt, indem der Zuhörer mit doppelbödigem Humor etwas darüber erfährt, auf welchen Grundlagen ein Konzeptalbum entsteht. So wird die Hauptfigur, der achtjährige Schuljunge Gerald Bostock, von Tull-Mastermind Ian Anderson später immer wieder erwähnt – ganz so, als ob Bostock eine reale Figur wäre. Musikalisch ist das Album absolut auf der Höhe der Zeit: kunstvoll und eingängig, es lohnt sich jede Sekunde.

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n dieselbe Kategorie fällt das 1973 erschienene YesDoppelalbum TALES FROM TOPOGRAPHIC OCEANS. Inspiriert wurden Sänger Jon Anderson und Gitarrist Steve Howe von den Shastras, den heiligen Schriften Indiens, die aus vier Teilen bestehen. Dementsprechend finden sich auf dem Doppelalbum vier Kompositionen, wobei nicht feststellbar ist, ob Anderson für die Texte von "The Revealing Science Of God", "The Remembering", "The Ancient" und "Ritual" die Schriften als Grundlage nahm, vielmehr sind aus den Texten Themen wie Liebe, Krieg und Natur herauszulesen. Die Musik ist in vielen Passagen meditativ, es gibt treibende Rhythmen, zahlreiche SoloEinschübe, und über allem schwebt Andersons feenhafter Gesang. Obwohl sich das Album aus vier Stücken zusammensetzt, wird das bedeutendste Werk von Yes als musikalische Einheit empfunden. Seite

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o viel Freiheit ein zusammenhängendes Album mit fiktivem Inhalt den Musikern gibt, so beschränkt sind die Möglichkeiten bei der Bearbeitung eines historischen Stoffes. Zeiten, Protagonisten und die Abläufe müssen stimmen, was eine thematische Einengung bedeuten könnte. Einige Themenalben mit Stoff aus der Geschichte bleiben deshalb inhaltlich unscharf, je weiter sie sich inhaltlich in die Vergangenheit wagen.

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icht so jedoch Ry Cooder, der mit CHÁVES RAVINE sein zwölftes Studioalbum und erstes Konzeptalbum veröffentlichte. Darin geht es um eine kleine Gemeinde nahe Los Angeles. Sie wurde in den 50er Jahren abgerissen, um Sozialwohnungen zu bauen. Doch dazu kam es nicht. Letztendlich bauten die Brooklyn Dodgers, ein Baseballteam, das seit 1958 den Namen Los Angeles Dodgers trägt, im Rahmen ihres Umzugs nach Los Angeles ein Stadion auf dem Gelände.

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riege, Kriegshelden und ganz unterschiedliche militärhistorische Aspekte sind thematische Grundlagen zahlreicher Konzeptalben. Die schwedische Metal-Band Sabaton, 1999 gegründet, tut sich dabei besonders hervor. Auf ihrem Album COAT OF ARMS geht es zum Auftakt über den griechisch-italienischen Krieg, der 1940 als Angriffskrieg des faschistischen Italien gegen das Königreich Griechenland begonnen wurde. Songs über die ArdennenOffensive, die Schlacht um Midway, den Warschauer Aufstand und den Holocaust folgen. Ein weiteres Themenalbum ist HEROES, auf dem Kriegshelden thematisiert werden. Darunter Karel Janousek, ein tschechoslowakischer General, der gegen die Nazis gekämpft hat. Weitere Konzeptalben von Sabaton sind PRIMO VICTORIA und ATTERO DOMINATUS, mit denen unter anderem der Sechstagekrieg im Nahen Osten, der FalklandKrieg und der Vietnam-Krieg musikalisch aufgearbeitet werden. Sabaton lassen vom Kriegsthema nicht ab und präsentierten es als einen durchlaufenden musikalischen Plan, verteilt auf mehrere Alben.

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ine ganz andere Herangehensweise an das Thema Krieg hat der Singer/Songwriter Al Stewart zusammen mit dem Gitarristen Laurence Juber mit dem Konzeptalbum BETWEEN THE WARS. In den Blick genommen wird die Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, erzählt auf ganz unterschiedlichen Ebenen. "Three Mules" kritisiert die britischen Premierminister MacDonald, Baldwin und Chamberlain, die wenig unternommen hätten, um Großbritannien auf den Krieg vorzubereiten. Die Kritik lobte das Album, gleichwohl wurde es kein kommerzieller Erfolg.

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ine interessante Nebenlinie von Konzeptalben ist die thematische Anlehnung an andere Kunstgattungen. Emerson, Lake & Palmer (ELP) ist dies 1971 mit ihrem Live-Album PICTURES AT AN EXHIBITION, einer Bearbeitung des Klavierzyklus „Bilder einer Ausstellung" von Modest Mussorgski, auf beeindruckende Weise gelungen, wenn dem Ganzen doch auch ein abstraktes Konzept zugrunde lag. Aufgenommen in der Newcastle City Hall, entstand eine ziemlich freie Bearbeitung der Gemälde und Zeichnungen in einzelnen Sätzen. Das Album fasziniert durch Keith Emersons überschäumende Improvisationen an den Keyboards, durch Greg Lakes gefühlvolle Gesangseinlagen und dank Schlagzeuger Carl Palmer, der ein Meisterstück ablieferte. Ein dynamisches und geschlossenes Album, das dem Klassikfan Rockmusik und dem Fan von Rockmusik Klassik nahe bringt.

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as ELP konzeptionell mit Gemälden erarbeitet haben, setzten Anyone's Daughter 1981 mit ihrem ambitionierten Album PIKTOR'S VERWANDLUNGEN um, diesmal war die Antriebsfeder ein Märchen. Nur: Die Band entwarf keine neuen Texte, sondern trug den Originaltext von Hermann Hesse aus dem Jahr 1925 vor, der damals vielen als Literaturgott galt. Die n

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und Zuhörer gleichermaßen. Es sind musikalische Abenteuer, deren Fixpunkte Fantasie und Vertrauen heißen – nicht Technik und Fortschritt.

Geschichte vom Eintritt in das Paradies, von Versuchung, Vergreisung und Befreiung der gefangenen Seele durch Liebe und ewige Verwandlung galt als Blick auf das eigene Leben. Eine Geschichte, die Anyone's Daughter zum Ende hin in einem wunderbar konstruierten Stück Musik mit einem triumphalen Höhepunkt auslaufen lassen. „Nun sitzt du da und hörst uns zu, und Piktor's Stern steht über dir. Ein Zeichen, dass du uns verstehst, du nimmst ihn mit auf deinen Weg. Ein Stückchen Raum, ein bisschen Zeit, solange er noch bei dir bleibt, deine Gedanken weitertreibt, sei er dein Ziel in Dunkelheit. Sei nicht wie der, den man verglich, den man den ‚alten Baum' genannt. Halt ein Kristall in deiner Hand – Dein Leben heißt: Verwandle dich", singt Harald Bareth am Ende, was den Fans die Tränen der Erkenntnis in die Augen trieb. Selten wurde auf einem Album aus einem Guss so viel Magie in Text und Musik vereint.

ines dieser Alben, das diesen Anspruch erfüllt, ist das 1980 erschienene Progressive-Rock-Album STONEHENGE der beiden Musiker Chris Evans und David Hanselmann. Zu Recht erhielt die Arbeit im selben Jahr beim Montreux Jazz Festival den „Grand Prix du Disque" als bestes Konzeptalbum. Es mag an einigen Ecken mit seinen Ausflügen zu King Arthurs Camelot, der Genesis und Zitaten im „Epilogue" von Layamon, einem englischen Nationaldichter des frühen 13. Jahrhunderts, thematisch etwas überladen sein, musikalisch werden auf STONEHENGE aber alle Register gezogen. Auch nach 40 Jahren hat das Album nichts von seiner Spannung verloren, die einen in diese mystisch-magische Vergangenheit hineinzieht.

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nd doch gibt es noch eine Steigerung in puncto Musik und Literatur. Die düsteren Geschichten von Edgar Allan Poe wurden auf dem 1976 erschienenen Album TALES OF MYSTERY AND IMAGINATION von The Alan Parsons Project ins Musikalische transportiert. Nicht nur, dass die Ikone Orson Welles die Eingangsworte spricht. Alan Parsons hat hinter den Reglern an den Mischpulten in den Abbey Road Studios auch viel für sein Debütalbum gelernt. Rocksongs und sinfonische Musik erzeugen eine dunkle Atmosphäre, Spannung und große Intensität.

ie Arbeiten an einem in sich geschlossenen Werk können allerdings auch Einschnitte für Musiker sein. So war das Album THE WALL das letzte gemeinsame Studio-Album von Pink Floyd, Keyboarder Richard Wright verließ auf Drängen von Roger Waters die Band nach Abschluss der Aufnahmen. Wright verstarb 2008 an einem Krebsleiden. Schon vor der Aufnahme des Albums TALES FROM TOPOGRAPHIC OCEANS von Yes war Schlagzeuger Bill Bruford durch Alan White ersetzt worden. Nach der Tour zu diesem Album verließ Keyboarder Rick Wakeman die Band zum ersten Mal. Er war über die Dominanz von Sänger Jon Anderson und Gitarrist Steve Howe bei den Kompositionen verärgert. Wakeman kam erst zum übernächsten Album GOING FOR THE ONE wieder zurück. LAMB LIES DOWN ON BROADWAY wiederum war das letzte Album von Genesis mit der Stammbesetzung Peter Gabriel, Tony Banks, Phil Collins, Steve Hackett und Mike Rutherford. So blieben einige der bekanntesten Konzeptalben einmalige Veröffentlichungen ohne Fortsetzung.

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tichwort Magie. Sie geht von Orten aus, die ihre Geheimnisse bewahrt haben und deshalb ganz besonders dafür geeignet sind, auf einem zusammenhängenden Album ihren Niederschlag zu finden. Oft werden diese Stoffe als ideale Gegenwelten inszeniert, um einer hochtechnisierten und entmenschlichten Gegenwart etwas entgegenzusetzen. Solche Konzeptalben sind Fluchtpunkte für Musiker

Zehn weitere Konzeptalben, die man gehört haben muss: QUADROPHENIA The Who setzten mit

diesem Doppelalbum 1973 den einsamen Mods ein Denkmal. Die LP war für die Bandmitglieder auch ein Spiegel ihrer eigenen Vergangenheit und Gefühle, nachdenklich und explosiv.

JOURNEY TO THE CENTRE OF THE EARTH Rick Wakeman

hat 1974 Jule Vernes Klassiker „Reise zum Mittelpunkt der Erde" musikalisch und textlich umgesetzt. Bombastisches Orchester, durchsetzt mit Rockmusik.

THE SNOW GOOSE Ein Instrumental-

konzeptalbum von Camel aus dem Jahr 1975. Das Album gilt neben MIRAGE als Klassiker der Band. Abwechslungsreich und mit Andrew Latimer, der mindestens so gut wie Ian Anderson

Zuhörer mit in die Besatzung eines Raumschiffes. Richtig sphärisch wird es mit "Steppin' Out".

1976 mit 2112 ein Album vor, das vor Energie nur so strotzt. Dabei handelt es von einer Welt in der Zukunft, in der Musik verboten ist.

FROM THE INSIDE Eine Aufarbeitung

INTERVIEW Über das Cover des Albums von 1976 spannt sich ein Regenbogen, genauso bunt ist die Musik über ein fiktives Interview im Radio. Auf dieser LP von Gentle Giant gibt es ein siebenminütiges Lied für die Ewigkeit: "I Lost My Head". OCEAN Die deutsche Art-Rock-Band Eloy thematisierte 1977 den Untergang von Atlantis und zog Vergleiche zur Gegenwart. Vom Anspruch her etwas überladen, musikalisch ein großer Erfolg für die Band.

THE LEGEND OF JESSE JAMES Ein Countr y-Konzeptalbum von 1980, auf dem Stars wie Levon Helm, Johnny Cash und Emmylou Harris die Geschichte des Outlaws Jesse James erzählen. Das Albumcover stammt von dem Comic-Zeichner Howard Chaykin.

THE NINTH WAVE Es ist die B-Seite von HOUNDS OF LOVE. Aber wie Kate Bush 1985 ein Schiffsunglück und das Schicksal einer im Wasser treibenden Frau musikalisch umgesetzt hat, ist ganz große Konzeptkunst.

OUT OF THE BLUE

Querf löte spielt.

1977 zieht das Electric Light Orchestra auf seinem Weltraum-Album mit "Turn To Stone" den

2112 Als man den Begriff „Progressive Metal" noch gar nicht kannte, legte die Band Rush

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(1978) von Alice Cooper mit Blick auf seinen psychiAufenthalt in einer psychi atrischen Anstalt, wo er seine Alkoholsucht behandeln ließ. Cooper bietet knackige Rockmusik, aber auch Balladen.

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Von Thomas Purschke

Die Stones,

ein DDR-Fan und die Stasi Wie ein Jugendlicher aus der DDR wegen eines harmlosen Musikwunsch-

© Pressefoto: Waldbühne, 8. Juni 1982

Briefes an den Rias in die Mühlen der verhassten Geheimpolizei geriet

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e länger die friedliche Revolution in der DDR im Herbst 1989 zurückliegt, desto mehr verblasst das Geschehene. Das DDR-Regime hatte in Relation zu ihrer Einwohnerzahl (1988 rund 16,67 Millionen) eine riesige Geheimpolizei, die die eigene Bevölkerung erheblich überwachte und drangsalierte. Das 1950 gegründete Ministerium für Staatssicherheit hatte 1989 rund 91.000 hauptamtliche Mitarbeiter sowie rund 180.000 Inoffizielle Mitarbeiter. Zu den von der Stasi Überwachten zählten auch zahlreiche Fans von Blues-, Rock-, Pop- und Jazz-Musik, die aus dem Westen kam und von den DDR-Politikern als dekadent und die Jugend vergiftend eingeschätzt wurde.

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Dreck aus dem Westen"

Besonders in den 1960er Jahren und vor allem nach dem sogenannten Kahlschlag-Plenum der SED Ende 1965 kam es unter DDR-Staatschef Walter Ulbricht zu erheblichen Einschränkungen und sogar zu zahlreichen Verboten von Beat- und Rockbands. Und das DDR-Regime scheute auch nicht vor etlichen Verhaftungen zurück. Spitzbart Ulbricht brachte damals mit seiner Fistelstimme seine tiefe Abneigung gegenüber der West-Mugge auf den Punkt: „Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nun kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des Yeah, yeah, yeah und wie das alles heißt, ja, sollte man doch Schluss machen." Nach dem Bau der Mauer im August 1961 war es ostdeutschen Musikfans von heute auf morgen plötzlich nicht mehr möglich, in West-Berlin oder Hamburg und München Konzerte zu besuchen. Auch der Kauf von und Zugang zu West-Schallplatten wurde viel komplizierter. Einzig West-Radio und -Fernsehen waren in der DDR größtenteils zu empfangen. Seite

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Ein Beispiel vor gut 50 Jahren aus der damaligen Thüringer Bezirksstadt Gera verdeutlicht den gewaltigen Irrsinn der DDR-Politobrigkeit, die mit Hilfe ihres großen Stasi-Apparates und mit riesigem Aufwand harmlose junge Musikfans einst verfolgte. Besonders wenn diese gern West-Musiker und -Bands hörten. Auch die Rolling Stones galten den DDR-Oberen lange als Inbegriff des bösen Kapitalismus.

Musikwünsche an den Rias und die Folgen Der damals 17-jährige Eisenbahnerlehrling Helmut W. aus Gera hatte am 12. Oktober 1969 an den West-Berliner Radiosender Rias (Rundfunk im amerikanischen Sektor) einen vierseitigen Brief geschrieben und sich von der Redaktion der beliebten Musiksendung „Treffpunkt" mehrere Songs von den Rolling Stones gewünscht. Dies geht aus Stasi-Unterlagen hervor, die dem Autor vorliegen. Konkret hatte der Jugendliche, der bekennender StonesFan war, seinen Brief an eine sogenannte Deckadresse in West-Berlin geschickt, die von den Rias-Moderatoren in ihren Sendungen zuvor durchgesagt worden war. Denn längst war damals bekannt, dass die Stasi Briefe und Postkarten aus der DDR, die direkt an den „Hetz-und FeindSender" Rias (so die damalige DDR-Diktion) adressiert waren, beschlagnahmte und die Absender dann schikanierte. Der junge Mann aus Gera indes war clever und verfasste seinen Brief an den Rias unter dem Pseudonym „Stones-Fan John Dillinger aus Gera". Doch all seine Vorsicht nutzte ihm dennoch nichts. Denn die Schlapphüte vom Überwan

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chungsapparat der Stasi hörten im Dienstauftrag auch die Radiosendungen des Rias ab und schrieben die durchgesagten Post-Deckadressen für die wahren DDR-Fans ebenso mit und gaben diese dann umgehend an die PostfahndungsAbteilung der Stasi weiter. Was Helmut W. nicht wusste: Die Stasi hatte bereits ein Jahr zuvor, am 5. Oktober 1968, einen von ihm an den Rias gerichteten Brief und danach noch vier weitere sowie eine Postkarte von ihm konfisziert. Somit kamen die Musikwünsche des Thüringer Stones-Fans nie beim Rias an. Das Postgeheimnis, das in der DDR nur Makulatur war, wurde damit belegbar mehrmals gebrochen.

Wie die Stasi einen jungen Stones-Fan jagte Durch eine aufwendige mehrmonatige Schriftenfahndung der Stasi, sogar in den Berufsschulen und den Erweiterten Oberschulen (EOS) in Gera, wurde Helmut W. als Verfasser ermittelt. In bemerkenswerter Klarheit hatte er seine Zeilen an den Rias gerichtet. „Ich bin seit zwei Jahren ständiger Hörer eures ‚Treffpunktes'. Dabei möchte ich Euch gleich mitteilen, dass ich auch auf Tonband mitschneide. Aber ich finde es nicht schön, dass der Moderator am Sonnabend in einige Songs reingeredet hat. Wenn es möglich wäre, würde ich ihn höflich bitten, dies das nächste Mal zu unterlassen." Und: „Der 20. Jahrestag [der DDR am 7. Oktober 1969, Anm. d. Autors] war bei uns in Gera die totale Asche. Früh mussten wir bei der 4-Stunden lang währenden Kampfdemonstration mitmarschieren. Und ich als Stones-Fan musste mit ein Spruchband tragen, weil ich FDJ-Sekretär der Klasse bin. Ich kann Euch nur sagen, mir hing es zum Hals heraus wie noch nie, diese ewigen Hurra-Rufe und das andere Gequatsche von Sozialismus und Demokratie … In Bezug auf den jugendfreundlichen Staat ist zu sagen: Alles Quatsch. Seine Meinung darf man nicht sagen, da ist man das schwarze Schaf. Spielt eine Musik-Gruppe einmal wirklich gut und laut, wird sie gleich verboten. Es bleibt ihr nichts anderes

Frisch aus dem Presswerk! NAUTILUS “The Mystery of Waterfalls” LP & CD

Brandneues Album des Progressive/ElektronikProjekts, dessen Titel wiederum auf den Erzählungen von Jules Verne beruhen.

VAN WOLFEN “Vom Feinsten” CD

Werkschau des anarchischen Southern-/ Bluesrockers mit Texten, die unter die Haut gehen. Unverzichtbare CD des Kiez-Rockers!

Die kommen im Sommer: THE ELECTRIC FAMILY “Echoes Don’t Lie” CD/LP/MC

RUBBER TEA “Infusion” CD & LP

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WHITE ROSE TRANSMISSION “In June” CD

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Das edle Teil u.a. mit Sänger und Lyriker Carlo Van Putten gibt’s nur bei uns und bei der Band: Die auf 300 Stück limitierte neue CD mit 5 Songs, die es wohl nur hier gibt. Sputet Euch!


übrig, als sich einen anderen Namen zu suchen oder aufzuhören." Und dann: Stasi-Rapport zur Zigarettenkippe „Von mir aus gesehen, ist meine liebste Gruppe die Rolling Stones. Dazu gleich von Mick Jagger einige Musikwünsche." Im Anschluss listete er zehn Stones-Songs auf. An erster Stelle stand "The Under Assistent West Coast Promotion Man". Es folgten "2120 South Michigan Avenue" und "Tell Me". Sein Brief endete mit dem Wunsch: Die Stasi-Hauptabteilung, zuständig für Grenzkontrollen, Reise- und Touristen Touristen„Am liebsten wäre es mir und vielen anderen Fans, die verkehr, stellte laut Aktenlage in ihrer umgehenden „Westpresse-ÜberStones würden einmal in die DDR kommen." Die Sta- i Rolling-Stones-Soloprüfung" und in Rücksprache mit der DDR-Volkspolizei dazu am 9. Juni si-Offiziere verhörten daraufhin den Lehrling, setzten Discographie in GoodTimes Folgendes fest: „Die Stones sind am 8. Juni 1982 mit zwei Bussen über die Edition Discographien Vol. 12 – ihn „hinsichtlich seiner Verbindungsaufnahme zu EinAutobahn-Transitstrecke vom Grenzübergang Helmstedt/Marienborn siehe Shop Seite 29 richtungen in West-Berlin und Westdeutschland, die (00.30 Uhr) einen Kampf gegen die DDR führen" unter Druck und rangen ihm im Dezember nach Drewitz/Drei1970 eine Verpflichtungserklärung als Inoffizieller Mitarbeiter ab. Doch Helmut linden (02.30 Uhr) W. plagten zunehmend Gewissenskonflikte, so dass er 1972 eine weitere Zusamnach West-Berlin menarbeit mit der Stasi ablehnte. Daraufhin brach der Geheimdienstapparat die gefahren." Auf der Verbindung zu ihm ab. Wie das Leben von Helmut W. danach verlief, war bislang Autobahn im Bezirk leider nicht in Erfahrung zu bringen. Potsdam sei eine glimmende Zigarettenkippe aus einem Wie die Stones 1982 durch die DDR fuhren der Busse geworfen worden. Daraufhin Die Rolling Stones hatten zwar ein nahezu einmaliges Konzert im Ostblock gewurde der Busfahrer geben, am 13. April 1967 in Warschau/Polen (siehe GoodTimes Nr. 1/2020). Ein „in Anbetracht der Gastspiel in der DDR gaben die Stones allerdings vor dem Fall der Mauer am gegenwärtig erhöh9. November 1989 nicht. Jedoch, was bis heute kaum bekannt ist, fuhren die ten Waldbrandgefahr Stones im Juni 1982 mit Reisebussen aus der Bundesrepublik über den Grenzdurch die DVP (Deutübergang Helmstedt auf der Transitautobahn durch die DDR nach West-Berlin. sche Volkspolizei) mit 200 DM abgestraft … Die Abfertigung und Kontrolle an den Grenzübergangsstellen erfolgte zügig und reibungslos." Autogramme indes hätten die Musiker keine gegeben. Offensichtlich sind die 120-minüStones von den DDR-Sicherheitsbehörden also lückenlos auf ihrer 120-minü tigen nächtlichen Transitfahrt durch die DDR observiert worden. Man stelle sich nur mal vor: Die Stones hätten auf einem DDR-Autobahnparkplatz in der besagten Nacht ein kleines Spontankonzert gegeben. Mit ihren Songs "Street Fighting Man" oder "Sympathy For The Devil" (Letzterer stand übrigens bis zum Mauerfall 1989 auf dem Index der DDR-Kulturbehörden, wie der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk herausfand). Die Stasi-Mitarbeiter sowie die Volkspolizisten wären vermutlich wegen solcher Provokationen des „Klassenfeindes" wutentbrannt im Dreieck gesprungen. Wahre Stones-Fans aus der DDR wie Helmut W. hingegen hätten sich wohl im siebten Himmel gewähnt. (Bleibt noch zu erwähnen: 1982 erschien die erste und einzige Schallplatte der Rolling Stones in der DDR, als Best-Of-Mix beim staatlichen Label Amiga. Und anders als beim legendären ersten Deutschland-Konzert der Stones 1965 auf der Waldbühne blieb diese gut 17 Jahre später ohne bleibende Schäden)

© BStU

Stones spielen erstmalig in der Noch-DDR

Dort spielten sie in der Waldbühne am Abend des 8. Juni 1982 ein vielbejubeltes Konzert. Bei der Anreise der Stones sei es laut „Bild"-Zeitung, Ausgabe vom 9. Juni 1982, am Grenzübergang Dreilinden zu einem Zwischenfall gekommen. Unter der Überschrift: „Vopo knöpfte Mick Jagger 200 DM ab", meldete die „Bild": „Mick Jagger ist stocksauer auf die Vopos am Grenzkontrollpunkt Dreilinden. Als er morgens eine Zigarette aus dem Bus warf, kamen die ‚DDR'-Grenzer angelaufen: ‚Das ist verboten, Sie verunreinigen das Gelände.' Erst als Jagger 200 Mark Strafe gezahlt hatte, durfte der Konvoi weiterfahren." Die „BZ", die ebenso in West-Berlin bei Springer verlegt wurde, erwähnte zudem: „… Dennoch gaben die Rockstars bereitwillig Autogramme bei der Pass-Kontrolle." Seite

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Am 13. und 14. August 1990, also gut neun Monate nach dem Mauerfall, spielten die Stones dann erstmalig in der Noch-DDR in Ost-Berlin auf dem Gelände der Radrennbahn Weißensee und sorgten für viele glückselige Momente bei den vielen Fans im Osten. Mehrmals kamen sie in den Folgejahren zu weiteren Konzerten nach Berlin zurück. 2014, als sie auf der Waldbühne spielten, und auch 2018, als sie im Olympiastadion auftraten, logierten die Stones im in den 1990er Jahren wiederaufgebauten Hotel Adlon, welches direkt am Brandenburger Tor liegt. Gitarrist Keith Richards und Schlagzeuger Charlie Watts genossen 2014 zur Freude mehrerer Fotografen von ihren Hotelsuiten aus den einzigartigen Blick auf den Pariser Platz mit dem Wahrzeichen, dem Brandenburger Tor. Und Mick Jagger zeigte sich zusammen mit Ronnie Wood in der Freiluft-Cafeteria vor dem Hotel. Was längst zum Alltag in Berlin geworden ist, war bis zum Mauerfall noch völlig unmöglich: Da war das Brandenburger Tor weiträumig abgesperrt und von zahlreichen Soldaten der DDR-Grenztruppen mit Maschinenpistolen streng bewacht worden. n

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RORY GALLAGHER


SUZI QUATRO


Foto: Š Bubi Heilemann


Foto: © Jim Summaria


Drummer Bobby Elliott präsentiert seine Memoiren

„T rommel das doch mal so wie der Hollies-Typ!" Von Uli Twelker

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it dieser Probenanweisung zitiert Springsteen-Drummer Max Weinberg seinen Boss Bruce, als er 2014 mit dem Hollies-Schlagzeuger an einer Bar in Adelaide Vodka trinkt, und ergänzt: „Bruce liebt deine Art zu spielen!" Typisch für den Sohn einer Lebensmittelhändlerin und eines Schreiners aus dem ländlichen Lancashire, der schon als Steppke mit umgedrehten Schulpinseln auf Keksdosen klopfte, dass er sich über ein Kompliment zu solidem Schlag/Handwerk mehr freut als über jede Legendenbildung seiner Hollies. Seit den frühen Sixties gilt der nach Jazzvorbildern wie Gene Krupa oder R&B-Sessionass Earl Palmer hantierende Robert Elliott, am 8. Dezember 1941 in Burnley geboren, als groovigster Drummer des Pop, „an dessen Erfindungsreichtum und Knackigkeit nur wenige rankommen" (Max Weinberg). Dabei bescheinigt er seiner Band: „Die Hollies als Ganzes sind wichtiger als irgendeines ihrer Mitglieder." So relativiert er die eigene Bedeutung ebenso wie die schmerzlichen Abgänge der Sänger Graham Nash und Allan Clarke.

Warum Elliott seine Jugend samt Begeisterung für Flugzeuge, Dampfloks und Jazz, einem Schultadel wegen mangelnden Timings im Musikunterricht und harter Lehre als Bergmann so detailliert schildert, wird im Laufe seiner humorvoll und poetisch geschriebenen Saga deutlich. Stets helfen ihm Heimatliebe und Bierrunden mit Freunden im Local Pub, bei allen ruhm- und konfliktreichen Welttourneen die Bodenhaftung zu behalten. Seine Profikarriere begann der bluteinflussreiche Drummer bei Ricky Shaw & The Dolphins in Manchester: Das blut junge Gitarrenwunder Tony Hicks, kleiner Bruder von Bobs Freundin und späterer Frau Maureen, war ebenso dabei wie ein weiterer Hollie-in-spe: Bassist Bernie Calvert. Schon bald folgte der Wechsel zu Shane Fenton & The Fentones. Beim Casting für den später als Alvin Stardust bekannten Sänger stach Elliott einen gewissen Keith Moon aus – ließ sich vom Co-Dolphin Tony Hicks 1963 zu den Hollies locken. Den Aufstieg der Band zu Mega-Tour-Hasen mit Vielflieger-Zertifikat und Königen der Popsingle zwischen "Stay" und der New Yorker Striptease-Story "Stop Stop Stop" beschreibt der Drummer in unzähligen Anekdoten, mit viel Respekt für das Können ehemaliger und aktueller Mitstreiter sowie dem Glück, Teil einer solchen Karriere zu sein. Wer wusste, dass die Hollies bei New Yorker Live-Revues 1965 so spontan wie subtil vom King-Curtis-Gitarristen Cornell Dupree untermalt wurden oder man sich die Bühne mit dem Elliott-Idol Little Richard teilte?! Elliotts Schilderung des „Deserteurs" Graham Nash atmet viel Verständnis. Der Drummer sieht die Hinwendung der Band zu Cabaret-Clubs um 1968 wie Nash kritisch, begeisterte sich auch damals für dessen Komposition "Marrakesh Express", welche die Hollies nur halbherzig einspielten. Und er konnte die Nash-Liebe zu Joni Mitchell, Crosby & Stills und überhaupt der kalifornischen Musikszene nachvollziehen – froh über das Privileg gemeinsamer Jahre. GoodTimes 3/2020

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Der Split traf den Nash-Jugendfreund Allan Clarke am härtesten, auch das sieht Elliott: Dem Wunsch des „Rastlosen" nach parallelen Solo-Alben gaben die Hollies 1971 nicht statt – man bat Clarke zu gehen. Nachfolger wurde der Schwede Mikael Rickfors, bei dunklem Soulorgan jedoch mit weniger Bühnenpräsenz als „Clarkey", was der Drummer launig schildert. Vom Roadmanager Rod Shields aus dem Vor-Gig-Nickerchen geweckt, war der müde Blonde oft erst nach dem Konzert top und seufzte: „Jetzt könnte ich die Nacht durchsingen." Mann! Klar holten die Hollies im Sommer 1973 Clarke zurück, räumten mit "The Air That I Breathe" ab. Dass die Weltkulturstimme aber durch Rauchen und nächtelange harte Drinks ruiniert wird, damit geht Elliott schon härter ins Gericht, wobei er nie verhehlt, dass der gesamte Hollies-Clan beim Thema Alkohol nicht als Kostverächter bekannt war. Nebenbei erhöht Nash-Nachfolger Terry Sylvester nach „one drink too many" seine eigene Wichtigkeit der-art narzisstisch, dass er 1981 von Hicks gefeuert wird. Auch dies erwähnt der Schlagzeuger erst, nachdem er die Leistungen des Liverpoolers ausführlich gewürdigt hat. Band- und Managementkapriolen – da wird versehentlich ein Flightcase mit Gagen-Dollars bei Wind ausgekippt! –, Studio-Streiflichter, legendäre ClubGigs im L.A. Whiskey-A-Go-Go oder New Yorker Bottom Line gehören ebenso zum Repertoire wie Kontakte mit Fans – rührend etwa das gemeinsame Singen der Hollies-Hits mit einer Clique zwölf erblindeter Ladies im Tourbus samt tränenreichem Abschied. 319 denkwürdige Seiten!

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Die deutsche Aussprache englischer Bandnamen führt manchmal zu Zungenbrechern wie im Fall von Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich. Besonders brisant wird es, wenn ein phonetischer Gleichklang mit einem Vulgärbegriff vorkommt wie zum Beispiel bei der Metal-Miezen-Band Vixen. Fans der Gruppe gerieten bei einer Nachfrage in einem Plattenladen oft in eine hochnotpeinliche Lage, weshalb Umschreibungen nötig waren wie: "Ich hätte gern ein Album der Frauenband mit dem Hit 'Cryin"". Und auch Kak regen sicherlich keine rühmlichen Assoziationen an.

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alifornien ist nicht erst in den letzten Jahren der amerikanische Bundesstaat, der in Sachen Innovation, Umwelttechnologie, Kultur und Weltoffenheit in den USA federführend ist. Auch in den Sixties brauchte es sicherlich keinen Scott McKenzie, der mit seinem Hit "San Francisco (Be Sure To Wear Some Flowers In Your Hair)" auf die Relevanz der Stadt hinweisen musste. Hier – aber auch im weiteren Umland – entstand schon ab spätestens 1965 eine beeindruckende kreative und lebensfrohe Szene, die San Francisco zum Anziehungspunkt der alternativen Bewegungen machte.

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Kak – Wie bitte!?

Von Alan Tepper

klang verlockend, denn mit Hilfe von Papa Grelecki ließ sich doch sicherlich ein Plattendeal einfädeln. Mit Dehner Paten (g, voc), Chris Lockheed als Drummer und Perkussionisten sowie dem Bassmann Joe-Dave Damrell – dieser hatte auch schon mit der Group „B" Singles auf den Markt gebracht – fand sich schnell ein kompetentes Team, das die innovativen Vibrations der damaligen Zeit weiterspinnen wollte. Ähnlich zügig entschieden sich die Musiker für den Bandnamen Kak, der im Sanskrit „Staub" bedeutet. Ab 1968 lebten Kak in einem herrlichen Haus in San Francisco in einer Kommune.

Neben den bekannten Bands wie Santana, Grateful Dead, CCR, der Steve Miller Band oder Jefferson Airplane gab es eine Vielzahl hochinteressanter Formationen, die auch Musikfans nicht sofort einfallen. Klar, Quicksilver Messenger Service oder It’s A Beautiful Day mit ihrem wunderschönen "White Bird" sind noch geläufige Namen, aber bei Malo, Fifty Foot Hose oder We Five wird es schnell undurchsichtig. Und dann sind da noch die „Eintagsfliegen" wie Kak, die zwar nicht aus San Francisco stammten, aber dort einen Großteil des Jahres 1968 verbrachten. Übrigens: Wer sich intensiver mit der Szene auseinandersetzen möchte, sollte sich das leider mittlerweile schwer erhältliche Boxset LOVE IS THE SONG WE SING: SAN FRANCISCO NUGGETS 1956–1970 zulegen.

Wie zu erwarten, kam der Vertrag mit CBS, in diesem speziellen Fall dem Sublabel Epic, schnell ins Haus geflattert, da Grelecki Sen. seine Kontakte genutzt hatte. Was damals niemand wusste: Der CBS-Vertreter war „hauptberuflich" Agent der CIA, der durch seine Tätigkeit die alternative Szene ausspitzeln sollte, denn Drogen, freie Liebe und subsub versive Umtriebe stellten für die damalige Regierung eine ernstzunehmende Gefahr dar – zumindest nach deren eigener Einschätzung. Im September spielten Kak das Album und Singlesmaterial in nur wenigen Tagen ein – in einem CBS-Studio, in dem eine Buddha-Figur stand und RäucherstäbCBS chen ihren Duft verströmten. Der Inhalt der kurz vor Weihnachten in einem wunderschönen und die Vorstellungskraft anregenden CoCo ver erscheinenden Platte KAK verblüfft. Titel wie "Electric Sailor", "Everything’s Changing" und speziell die dreiteilige "Trieulogy" (sic) sind erstklassige Beispiele für schwebende Psychedelia, wie sie nur an der amerikanischen Westküste produziert werden konnte. Trotz aller Qualität floppte die Scheibe jedoch, und auch in Sachen Konzerte sah es mau aus. Neben einer Handvoll Gigs vor wenigen Zuschauern spielte die Band aus Gefälligkeit für Grelecki Sen. einen Auftritt in einem Autohaus (!), wonach sie sich auflöste.

Die kurze Karriere Kaks begann im kalifornischen Städtchen Davis. Der musikbegeisterte Ideenlieferant und Texter Gary Grelecki, Sohn des kalifornischen Vertriebsvertreters für die CBS Ramon Grelecki, sprach im Herbst 1967 den in seinen Augen „super bekannten" Gary Lee Yoder (g, voc) auf die Gründung einer neuen Band an. Yoder hatte zuvor bei The Oxford Circle gespielt, die zwar nur eine Single veröffentlichten, aber mit ihren Auftritten als Vorband für unter anderem The Grateful Dead für Furore gesorgt hatten. Das Angebot

Allerdings ließ Gary Lee Yoder später noch von sich hören, denn er stieg bei Blue Cheer ein, die durch ihren knüppelharten Stoner Rock sogar Dinosaurier vertreiben konnten. Erst als das Label Big Beat die Platte 1999 unter dem Titel KAK-OLA mit Bonustracks wiederveröffentlichte, stieg das Interesse an einer weiteren verschollenen Perle des Musikgeschäfts.

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LESERBRIEFE GERNE

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Lieber DVD statt Coverband Ich bin 51 Jahre alt und mit den Hits der 70er/80er Jahre groß geworden. Vom Schlager über Disco, NDW, Wave bis Metal war alles dabei. Meine ersten Konzerte waren Howard Carpendale, Boney M., Sweet, Europe, Doro oder Rodgau Monotones. Inzwischen kann ich auf eine beachtliche Anzahl von ca. 1800 Konzerten zurückblicken. Ich besitze rund 3000 Autogramme und habe besagte Bands und andere wie Motörhead, Manowar, Dio oder auch Tom Jones, Tina Turner, Udo Jürgens persönlich getroffen. Coverbands habe ich noch nicht viele gesehen, denn ich möchte einfach das Original oder wenigstens einen der Originalsänger/Musiker auf der Bühne sehen. Ist dies nicht mehr möglich wie im Falle von Motörhead, Dio, Tina Turner oder in absehbarer Zeit auch Kiss, sehe ich mir lieber eine DVD an oder schwelge durch das Ansehen meiner Foto/Autogrammalben in Erinnerungen. Die Coverbands mögen alles andere als schlecht sein, und nach dem Überstehen der Corona-Krise (wie auch immer es enden mag) werden viele kleine Clubs nicht mehr sein. Wir werden uns über jede noch so kleine Band freuen, die noch aus finanziellen Gründen in der Lage ist zu touren oder einzelne Gigs zu spielen. Ein Umdenken ist dringend vonnöten. Mein herzlichster Dank geht an Doro, Pretty Maids, Sinner/Primal Fear, Zed Yago, Bonfire, aber auch Nuclear Blast, Rockfabrik Ludwigsburg, Kaminwerk Memmingen, Maggy Schneider, aber ganz klar auch an euch! Was mir bleibt, sind all die schönen Erlebnisse/Begegnungen mit euch und die nimmt mir keiner mehr, was auch immer kommt. Walter Neher, Ebersbach

Wünsche nach Favoriten Ich hoffe, ihr seid alle gesund. Erstmal danke für die jahrelange tolle Information über Künstler, Songs etc. Ihr seid gaaaanz groß! Ich bin Jahrgang 1959 und unterwegs in allen Genres der „populären” Musik (was leider auch sehr kostenintensiv ist) und dank euch auch so bleiben wird. Denn ihr schafft es immer wieder, mir Neues unterzujubeln. Und meistens gefällt mir das auch, was ich dann höre. Nun zu meinem Anliegen: Natürlich hab auch ich Favoriten, über die ich etwas lesen möchte. Zum Ersten: Michael Wynn Band – (Ende der 70er Jahre aus dem Frankfurter Raum). Ich hab fünf LPs von ihnen (hätte aber gerne ihre Scheiben auf CD). Ihre erste, aufgenommen im Hot Line in der Nordendstraße (damals auch genutzt von Tony Carey, Supermax, Nektar), ist der Hammer. Da alles Mögliche auf CD erscheint – warum nicht deren Output (in der Band waren zu der Zeit Fritz Matzka, Robby Musenbichler, die später mit Tokyo bzw. Edo Zanki gearbeitet haben). Dann No Dice – hab ich damals im Vorprogramm von Status Quo gesehen, und die haben mich umgehauen (besonders das zweite Album 2FACED). Hanne Boel – die Lady macht seit Jahren sensationelle Platten und bringt gerade wieder ein Album auf den Markt. Da wir gerade bei Dänemark sind: Michael Jessen (nicht zu verwechseln mit dem deutschen Musiker). Seine zwei Alben MEMORIES (2014) und BULLETPROOF (2019) sind super. Ich habe noch nie irgendwo eine Zeile über ihn lesen können. Vielleicht fangt ihr damit an. Ich hoffe, das war nicht too much. Ich freu mich auf eure nächsten Ausgaben und grüße euch ganz herzlich (und bleibt gesund). Klaus Rebesky, Baunatal

67er-Hit-Hammer Wir sangen alle mit im Jahr 1967 bei “All You Need Is Love” (Beatles), bei “San Francisco” (Scott McKenzie)” oder bei

“Ich sprenge alle Ketten” (Ricky Shayne). Mein persönlicher 67er-Hit-Hammer hieß “Just Dropped In (To See What Condition My Condition Was In)” (First Edition) mit dem Sänger und Bassisten Kenny Rogers. Das war Psychedelic Rock pur, mit einem mega-kryptischen Text: „Ich wollte nur kurz sehen, in welchem Unzustand ich gerade bin”, so in etwa sang Kenny Rogers in der Übersetzung dieser Titelzeile. Rogers war selten Songwriter, er war einfach der klassische Interpret von Songs aus fremder Feder. Nun ist Kenny Rogers gestorben; wieder einmal keine gute Nachricht in diesen sehr dramatischen Coronavirus-Krisen-Zeiten. Riggi Schwarz, Büchenbach

Keine Konzerte mehr 2020 Gerade bin ich am Durcharbeiten des neuen GoodTimesHeftes, und da fallen die vielen Ankündigungen ins Auge für Konzerte, die nach aktuellem Stand zumeist gar nicht stattfinden werden. So muss ich selbst wohl auf Rammstein, Peter Frampton und Patti Smith im Juni verzichten. Hoffentlich gibt es Nachholtermine. Wenn man sich die Folgen der durchaus nachvollziehbar guten Corona-Strategie in Deutschland vorstellt, dann kann man davon ausgehen, dass in diesem Jahr Konzerte nicht mehr durchgeführt werden dürfen. Die Massenisolation hält die Zahl der Infizierten zwar niedrig, aber dafür muss jeder länger zu-Hause bleiben. Ich wünsche allen NikMa-Mitarbeitern trotz allem eine gute Zeit, und dass der Dämon bald weichen möge. Reinhard Kobald

Eine der besten Zeitschriften Gratuliere wieder einmal zu einer der besten Zeitschriften der Welt! Bleiben Sie dabei, der minimale Preisaufschlag ist absolut ok. Es gibt nur noch wenig so gute Sachen wie Ihre Zeitschrift. Alles Gute aus der Schweiz, Edgar

A STEADY DRIP, DRIP, DRIP DAS NEUE ALBUM DER LEGENDÄREN BRÜDER

GoodTimes gleich zweimal Dass ihr die Besten seid, ist weit und breit bekannt. Das sieht man ja an den vielen positiven Leserbriefen. Heute schreibe ich aber aus einem anderen Grund. Wegen Corona war ich besorgt, ob ich die neue GoodTimes bei meiner Trafik bekommen würde, denn alle Geschäfte sind bei uns geschlossen. So habe ich die Ausgabe bei euch direkt bestellt, damit ich das Heft nicht versäumen würde. Mein Trafikant hat mich aber ganz außergewöhnlich überrascht, als er mich am Erscheinungstag anrief, noch bevor die Postsendung von euch bei mir eingetroffen war, und mir mitteilte, dass GoodTimes eingetroffen sei und er sie für mich reserviert habe. Bei so viel Service konnte ich nicht nein sagen. Ein paar Stunden später traf dann eure Sendung ein. So habe ich dem Corona-Virus zu verdanken, dass ich GoodTimes zweimal im Haus habe. Macht aber nichts. Eine Zeitung liegt bei meinem Computer für meine CD-Bestellungen und die andere dort, wo ich eure Zeitung immer mit viel Freude lese. Ich komme wegen des Virus’ kaum außer Haus, weil ich altersmäßig zu den meistgefährdeten Menschen gehöre. So habe ich GoodTimes diesmal noch schneller ausgelesen als sonst. Ich bin natürlich wieder ganz begeistert. Danke, dass es euch gibt. Auch die Discographie Vol. 13 und die GoodTimes Edition Musikzeitschriften Vol. 1 habe ich natürlich von euch bereits bekommen. Super Idee, wie immer. Wünsche dem ganzen GoodTimes-Team alles Gute, bleibt gesund und ich freue mich schon auf kult! Werner Schachner, Kirchdorf, Österreich

AB 15.05.20 ALS DOWNLOAD & STREAM AB 03.07.20 ALS CD & VINYL


Der Nimmermüde 81 Jahre ist Gordon Lightfoot inzwischen alt, doch das musikalische Nationalheiligtum Kanadas ist noch längst nicht bereit, sich aufs Altenteil zurückzuziehen. Im Gegenteil, von der Corona-Krise ausgebremst, sitzt er in seinem Heim und scharrt sinnbildlich mit den Hufen, um wieder auf Tour zu gehen. Schließlich hat er mit SOLO sein erstes StudioAlbum seit 16 Jahren am Start. Gordon, warum hat es so lange gedauert, bis du neue Songs aufgenommen hast? Ich habe während der Arbeit an SOLO ein neues Lied geschrieben und eingespielt, die anderen hatte ich schon zwischen 1998 und 2001 verfasst. Ich habe damals Demos aufgenommen, damit sich meine Band mit den Stücken vertraut machen konnte. 2002 hatte ich dann ein Aortenaneurysma, das mich fast das Leben kostete. Als ich wieder auf dem Damm war, habe ich ein, zwei der Demos 2004 für HARMONY verwendet, der Rest geriet dann in Vergessenheit. Zumal ich 2006 während einer Show einen leichten Schlaganfall hatte und länger krank war. Danach war ich viel live unterwegs und habe die Demos erst vor ein paar Jahren wiederentdeckt, als ich mein Büro verlegte und umzog. Ich erinnerte mich nicht einmal mehr daran, dass ich diese Songs geschrieben hatte. Und jetzt hören wir die originalen Demo-Aufnahmen von damals? Ja, wir haben fast zwei Jahre lang damit herumexperimentiert. Wir haben überlegt, Kinder mitsingen zu lassen, weil wir ja alle nicht jünger werden. Ich habe versucht, sie mit Synthesizern anzureichern, sie zu orchestrieren, alles Mögliche. Und am Ende habe ich sie einfach so belassen, wie sie damals entstanden sind. Und es war perfekt – ich hatte endlich genug Material zusammen, um ein neues Album mit eigenen Liedern zu machen. Du hast dein Alter angesprochen – wie schaffst du es immer noch, jedes Jahr 60, 70 Shows zu spielen? Letztes Jahr bin ich ja wieder ein wenig ausgebremst worden, weil ich mir eine schmerzhafte Knieverletzung zugezogen hatte. Und jetzt kann ich wegen des Lockdowns nicht raus und spielen – aber immerhin bin ich die Schmerzen im Bein los. Ich bin fast jeden Tag im Gym, gleich um die Ecke, und mache meine Fitnessübungen – schon seit 1982! Ich habe irgendwann festgestellt, dass ich dadurch auch besser singen kann, abgesehen von der allgemeinen Fitness. Aber immer noch auf der Bühne stehen und Shows spielen zu können, ist eine Fiftyfifty-Sache: Die eine Hälfte ist Psychologie, die andere Fitness. In den 70er Jahren warst du auch in Deutschland sehr erfolgreich, hattest Hits wie Seite

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"Sundown", "The Wreck Of The Edmund Fitzgerald" und vor allem "If You Could Read My Mind". Du warst 1975 und 1976 zu kurzen Tourneen hier, seither aber nicht mehr – warst du in Kanada und den USA zu beschäftigt? Man muss es sich einfach leisten können! Als ich das letzte Mal in Großbritannien war, haben die Veranstalter draufgezahlt, sie haben mich aber trotzdem aus Leidenschaft rübergebracht, weil es ihnen eine Herzensangelegenheit war. Es ist einfach zu teuer! Aber ich habe schöne Erinnerungen an Deutschland – wir waren in Hamburg, München, Baden-Baden – und Frankfurt hat sich mir besonders eingeprägt: Da kam unser Equipment nicht rechtzeitig an, doch ein Musikgeschäft hat uns auf die Schnelle mit Top-Material ausgeholfen. Stimmt es eigentlich, dass du deine Gitarre vor der Show selbst stimmst? Ja, wir haben keine riesige Armada von Leuten dabei. Auf Tournee habe ich vier Gitarren dabei, um wechseln zu können. Ich bin meist schon nachmittags um 14 Uhr in der Halle und stimme meine Gitarren, während die anderen im Hotel einchecken. Danach kommt dann noch der eigentliche Soundcheck. Was zieht dich in deinem Alter immer noch auf die Bühne? Ich liebe die Kommunikation mit dem Publikum, mit meinen Fans. Aber ich liebe auch die Intonation auf der Bühne. Die ist mir sehr wichtig – wir haben ein zentrales Keyboard, an dem sich alle orientieren. Wie gesagt, ich stimme vor jedem Konzert meine Gitarren bis zu einer Stunde lang selbst, weil sie sich im Vergleich zum Vorabend doch ein wenig verstimmen. In der Regel ist es so, dass wir angesichts der Distanzen von Ort zu Ort fliegen, während die Crew mit dem Equipment vorausfährt. Wir haben es so aufgestellt, dass es wie bei einem Zirkus funktioniert. Meist halten wir es so, dass wir neun Shows in Serie innerhalb von zwölf Tagen spielen. Dabei sind wir zu beiden Seiten der Grenze unterwegs, sowohl in Kanada als auch in den Vereinigten Staaten. Du bist 2012 in die Songwriters Hall Of Fame aufgenommen worden – was hat dir das bedeutet? In erster Linie einen wunderbaren Trip nach New York und interessante Begegnungen mit Kollegen wie Bette Midler und Joe Walsh – ich habe Meat Loaf kennengelernt, ein interessanter Typ (lacht)! Man trifft jede Menge Verleger und Leute aus dem Musikbusiness – und es ist eine Ehre, in einer Reihe mit Größen wie Elton John, Paul McCartney oder Willie Nelson und einigen anderen großartigen Songschmieden zu stehen. Was machst du eigentlich, wenn du keine Musik machst? Wie gesagt, ich bin jeden Tag im Fitnessstudio, wenn ich daheim bin. Außerdem ist meine Familie gewachsen: Ich habe sechs Kinder, sechs Enkelkinder und seit knapp einem Jahr auch einen Urenkel! Philipp Roser n

Music from the 60s to the 80s

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Gordon Lightfoot


Die Wissenschaft vom Krautrock

Vom Musiker zum Musikhistoriker: Burghard Rausch trommelte für Agitation Free und Bel Ami (und hat ein neues Projekt in der Pipeline), arbeitete ab 1987 als Redakteur bei Radio Bremen, wirkte bei diversen Rocklexika mit und hat nach der Neuen Deutschen Welle jetzt für Bear Family mit KRAUT! die zweite Serie mit vier Doppel-CDs am Start, die im vierteljährlichen Abstand erscheinen. Burghard, wie definierst du den Begriff Krautrock für dich selbst? Der ist gar nicht so genau zu definieren. Das geht von Jazz mit Volker Kriegel, Wolfgang Dauner, Klaus Doldinger über Tangerine Dream bis zu Amon Düül, Agitation Free oder Atlantis. Das ist ja alles Krautrock. Eben was zwischen 1968 und 1979 in Deutschland an Musik entstanden ist. Das ist die Definition von Krautrock – und auch wieder nicht. Es ist im Prinzip das, was eigenständig entstanden ist und viele Musikrichtungen zusammenfasst, vom Jazz Rock bis zum Hard Rock, bis zu Lilac Angels oder Lucifer´s Friend. Das gehört da alles rein.

Streetmark

Wie bist du das Ganze angegangen?

Bei der NDW ist es zwar auch nicht übersichtlich, aber doch zeitlich sehr eng begrenzt. Krautrock ist spezieller – ich habe mich auf die Zeit von 1968 bis 1979 konzentriert und eine Liste mit Bands erstellt und mich dann gefragt, wie viele Doppelalben wir denn machen wollen (lacht). Dann habe ich die inhaltlich relevanten, wenn auch nicht immer erfolgreichen Bands ausgesucht. Ich habe es diesmal anders strukturiert, mache den Norden, die Mitte, den Süden und Berlin – aus meiner Sicht die Schwerpunkte. Hamburg war mehr die BluesRock-Geschichte, in der Mitte waren es die kopflastigeren Bands, im Süden die Kommunen, die Hippie-Bands. Und Berlin ist vor allem die Elektronikschule.

Shaa Khan

Du hast die Musik ausgesucht und für die Begleittexte viel recherchiert? Faithfull Brea

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estrupp Witthüser & W

Richtig. Ich habe die Musik ausgesucht und an die BearFamily-Leute weitergegeben, die sich dann um die Rechte kümmern mussten. Was nicht immer problemlos war, weil manche Bands nicht dabei sein wollten, andere gar nicht geantwortet haben oder Verlage respektive Plattenfirmen absagten. Ich sammle seit Anfang der 70er Jahre Zeitungsausschnitte, Zeitungen, habe auch eine kleine Bibliothek zu speziellen Themen. Teilweise habe ich auch mit Leuten telefoniert. Die Recherche im Internet ist sehr fragwürdig, da steht viel unrichtiger Kram, der dann leider abgeschrieben wird. Philipp Roser


JOE BROWN Von Uli Twelker

Magischer Moment: Der sympathische Blonde schloss 2002 das Concert For George" Harrison, " seinen Freund, in der Royal Albert Hall mit "I'll See You In My Dreams" rührend ab. Endlich weltbekannt, hatte Brown bereits 45 Jahre auf dem Tourbus-Tacho, trat in sechs Filmen auf, bereicherte Musicals und wurde zur TV-Persönlichkeit, sogar bei Spiele-Revuen wie Show Me" und im " BBC-Kinderfernsehen: Joe & Co." "

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echs Jahrzehnte, 1959 bis 2019, umfasst Browns Karriere-verewigendes ANNIVERSARY BOX SET mit sechs CDs und DVD, vom Manager und Ukulele-Partner John Taylor „in monatelanger Detailarbeit kompiliert" und gespickt mit Leckerbissen seiner 40 Singles und 30 Alben, dazu reichlich Raritäten: „Ich wollte keine Chronologie, sondern tolle Songs, die es auf einer Platte aushalten. Einen Beweis dafür, welch sagenhaftes Spektrum Joe mit seiner Musik abdeckt!" Im Jahre 1959 regierten im braven Nachkriegs-England die Ersatz-Elvisse: Cliff Richard sorgte für Ekstase. Dazu schmachtende Shouter wie Billy Fury, Marty Wilde, Duffy Power – allesamt umgetauft vom Package-Tour-Paten Larry Parnes. Joe Brown (*13. Mai 1941) – Sprössling einer Pub-Betreiberin aus dem Londoner East End und mit 15 Skiffle-Prinz bei The Spacemen – war für jene Stars, was Scotty Moore für Presley erledigte: Allzweckwaffe an der Gitarre! Dabei sang er keinesfalls schlechter als Richard, Fury & Co. Daneben nutzte Hank Marvin Joe Browns Meazzi-Echomatic-Gerät, um den Shadows-Sound zu kreieren, Brown selbst brillierte ohne Echo zwischen Country, Rock & Roll und PubSingalongs. Wo lernte er besser als bei der TV-Show „Boy Meets Girls", für deren Stars Produzent Jack Good ihn mietete?! Brown begleitete Eddie Cochran, lernte neue Tricks. Stand hinter Johnny Cash und lernte, keine Tricks anzuwenden: „No picking, Joe, sonst fliegst du!" Und er lernte Widerspruch: Als der taufsüchtige „Fast Moving Beat Show"Boss Larry Parnes Brown wie Fury, Wilde, Power und Georgie Fame in „Elmer Twitch & The Fidgets" umbenennen wollte – auf Deutsch etwa „Elmar Zuck & Die Zappler" –, wehrte der Cockney sich erfolgreich. Gegen Seite

seinen Humor – „Was soll an dem Namen falsch sein? Hunderte tragen ihn!" – kam keiner an. Music-Hall-Romantik lebte er: Browns Singletitel "Darktown Strutters Ball" sang Sophie Tucker 2017! Die Package-Touren waren ausverkauft, sein Hit "A Picture Of You" (UK #1) rettete Brown 1962 das Leben: Wäre er nicht für Sologigs mit seinen Bruvvers aus der Tour genommen worden, hätte er mit Eddie Cochran im Taxi gesessen und nicht überlebt? "It Only Took A Minute", "That’s What Love Will Do", Charterfolge liefen. Dann explodierten jene Beatles, die gerade noch seine Einheizer gewesen waren. Nach drei Jahren beim Musical „Charlie Girl" 1965–1968 blieb Brown „Just Joe" – der freundliche Star der Bäder-Touren, vielsaitiger Könner an Banjo, Ukulele, Fiddle und Gitarren. Dabei blieben Storytelling und Singles inspiriert, wie etwa 1966 "A Satisfied Mind", das neben Glen Campbell auch The Byrds und The Band brachten. Angeregt von The Band, gab es 1972 einen neuen Vorstoß mit Country Rock, als Brown’s Home Brew mit seiner Frau Vicki Brown, einem Ex-Vernons-Girl (und Chorlady für Robert Palmer, Elton John etc.). Zwei hochkarätige Alben mit sechs Leadsängern und etlichen Gigs hätten einschlagen müssen. Stattdessen zwangen ihn niedrige Gagen – teils von Promotern, die trotzdem frech eine „Joe Brown Hit-Show" ankündigten –, eine zweite Hypothek auf sein Haus aufzunehmen. Sein Grange-Studio in Chigwell, Essex – in dem neben Home Brew 1976 auch die reformierten Small Faces spielten – verlor er in der Bredouille.

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Was blieb übrig? Die Cabaret-Mühle lief bestens – LIVE (1977) mit Vicki Brown, Ex-Fat-Mattress Jim Leverton am Bass und weiteren Home Brews spiegelt seine Hitrevue – aber „downsizing" war angesagt. Die Browns – mit früh singender Tochter Sam (*1964), Sohn Pete und Stiefsohn Richard Newman, als Sohn des erratischen Drummers Tony Newman von den Browns adoptiert – fanden in Henley-on-Thames 1980 hippe Nachbarn: Jon Lord, Tony Hicks, Alvin Lee, Gary Moore, Jim Capaldi, George Harrison (alle bis auf Hicks inzwischen tot). Bald sang Vicki bei Lord, Joe spielte mit Lee, half bei Harrison-Sessions für GONE TROPPO. Eigene Plattenprojekte gab es neben sporadischen Singles erst wieder, als John Taylor 1990 das Management und Pete Brown als Produzent übernahmen – seitdem wurden zahlreiche Alben eingespielt. Fast gleichzeitig musste Joe Brown 1991 den Tod seines Freundes Steve Marriott und vor allem seiner Frau Vicki verkraften, flüchtete sich in Studiound Tournee-Arbeit. 2011 zeigte THE UKULELE ALBUM erneut Browns exzellente Songs, auch Coverversionen krachten: Wer wagt schon, parallel "Ace Of Spades" von Motörhead und "I’m Not In Love" von 10cc zu adaptieren – von "Pinball Wizard" mal ganz zu schweigen? Seit Jahrzehnten pendelt Brown glücklich zwischen dem Fairport-Flecken Cropredy, Oxfordshire, und dem Nashville-Vorort Franklin, Tennessee. „Eigentlich hätte Joe schon vor 35 Jahren nach Amerika gehen sollen – es wäre unter Garantie ein Act vom Schlage eines Glen Campbell aus ihm geworden!", meint Taylor. Wie zur Bestätigung brachte der US-Instrumentenhersteller Kala eine „Joe Brown Ukulele" auf den Markt. Dabei ist er auch an der Slidegitarre wahrlich ein britischer Ry Cooder …

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Vom Cockney-Cowboy zum britischen Ry Cooder


Ron Sexsmith Foto: © Eden Robbins

Neuigkeiten vom optimistischen Melancholiker

Von Michael Fuchs-Gamböck

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a bei dem heute 56-jährigen Ron Sexsmith im Sommer 2011 ein Knoten auf den Stimmbändern entdeckt wurde, den die Ärzte zunächst als lebensbedrohlich einstuften, war das zwei Jahre später erschienene Album des kanadischen Songpoeten, FOREVER ENDEAVOUR betitelt, durchdrungen von Freud und Leid der Todesnähe. Freud und Leid, während der Tod im Gepäck sitzt!? „Auf die Produktion der Platte”, erinnerte sich der eher scheue Mann aus Toronto 2015, „hatten die gesundheitlichen Probleme zwar keinen Einfluss, denn die habe ich eingestellt, bis ich die Untersuchungsergebnisse vorliegen hatte. Aber einige der damaligen Songs entstanden unter dem direkten Einfluss dieser für mich ungewöhnlichen Umstände. Es sind die wohl existenziellsten Verse, die ich je notiert habe." Fünf Jahre und drei Alben später sieht das Leben des „bekennenden Eigenbrötlers" wieder ziemlich anders aus. Beweis dafür ist die neue, inzwiinzwi schen 16. Scheibe HERMITAGE. „Ich würde mich aktuell als einen ‚optimistischen Melancholiker' bezeichnen", meint der stets freundliche und eloquente Gesprächspartner, das Interview wird zeitgemäß am Telefon geführt. „Allzu viel über Gevatter Hein möchte ich lieber nicht mehr nachdenken und schreiben. Was auch daran liegt, dass einige meiner Freunde in den letzten Wochen am CoronaVirus verstorben sind. Mir scheint, unser Dasein ist ein Kommen und ein Gehen.

Ich mag den Tod nicht. Aber ich respektiere ihn. Als Gegenmittel habe ich jetzt eine freundliche, beinahe fröhliche Platte aufgenommen." Und tatsächlich ist HERMITAGE, was auf Deutsch „Einsiedelei" bedeutet, für den Dauergrübler Sexsmith eine luftige, geradezu ausgelassene Angelegenheit geworden. „Ich bin seit jeher großer Fan der Beatles und Kinks", erklärt der ruhige Mann. „Doch auf früheren Produktionen habe ich mich eher der Introvertiertheit von Leonard Cohen oder Nick Drake verpflichtet gefühlt. Dieses Mal wollte ich um einiges mehr in die Saiten hauen." Der etwas eigentümliche Albumtitel hängt damit zusammen, dass der Kanadier und seine Frau vor nicht allzu langer Zeit aus dem hektischen Toronto in einen beschaulichen Vorort von Ontario gezogen sind. „Das hatte zum einen schlicht mit materiellen Gründen zu tun, wir konnten uns die Miete in meiner Heimatstadt nicht mehr leisten", seufzt Sexsmith. „Zum anderen wollten wir weg aus diesem Moloch, frische Luft atmen können, uns auf das Kontemplative des Lebens besinnen. Ich fühle mich aktuell wie Huckleberry Finn. Meine Frau und ich stehen mit der Natur in Einklang. Wir hören wieder bewusst die Vögel singen, nachdem ein langer Winter vorbei ist. Wir nehmen den gleichmäßigen Klang vorbeifahrender Züge wahr, was sehr beruhigend ist. Nicht das schlechteste Gefühl in bizarren Zeiten wie diesen. Von all diesen Eindrücken lebt mein neues Werk."

Sparks Foto: © Anna Webber

Keine Zeit für den Tod Von Michael Fuchs-Gamböck

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ie Sparks bestehen seit jeher aus dem skurrilen kalifornischen Brüderpaar Ron und Russell Mael. Ron (geboren 1945) ist Keyboarder und Alleinkomponist. Russell (geboren 1948) ist der Sänger mit der markant-hysterischen Stimme. Bereits 1967 spielten die so unterschiedlichen wie irgendwie zusammen gehörenden Spießgesellen ihre erste gemeinsame Single ein, sie blieb unveröffentlicht. Erst sieben Jahre später, mit dem Debüt KIMONO MY HOUSE, kam die Sache mächtig ins Rollen. Glam-Art-Rock, ganz im Sinne von Roxy Music, TopTen-Siegeszug weltweit. Im vergangenen Jahr erschien die 3-CD-Revue PAST TENSE - THE BEST OF. „Ein Rückblick auf unsere sehr abwechslungsreiche Karriere", meinte Russell Mael 2019 im Gespräch. Und feixte: „Aber wohl erst der Anfang einer gloriosen Zukunft." Wenige Monate später hat sich seine Prophezeiung erfüllt, die Sparks bringen ihr Studiowerk A STEADY DRIP, DRIP, DRIP in den Handel. Dazu steht dieses Mal der ältere der beiden Maels, der bald 75-jährige Ron, Rede und Antwort. „Du willst sicher wissen, was der Titel dieses Albums bedeutet", nimmt er mir die erste Frage vorweg. „Dabei handelt es sich um eine Phrase", erklärt der Mann mit dem markanten Bärtchen, „welche die Dauerberieselung in den Medien mit Werbung und Kaufangeboten umschreibt. Und auch die Verbreitung von Fake News. Doch natürlich hat das nichts mit unserem geliebten Präsidenten zu tun", bellt Ron heiser ins Telefon. GoodTimes 3/2020

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So viel zum Humorverständnis der Sparks. „Zunächst mal", erläutert der Schlaks, „entstehen bei mir die Melodien. Danach bringt sich Russell ins Geschehen ein, und wir feilen gemeinsam an Textideen. Wir haben darin den Anspruch, Aberwitz zu verbreiten. Überdreht im Sinne der Marx Brothers. Das ist sehr schräges, altmodisches Entertainment, wofür wir stehen." Hat der ältere Mael-Bruder nicht gelegentlich Panik, dass er dem Junior seit mehr als einem halben Jahrhundert verpflichtet ist und sich an diesem Umstand vermutlich auch in Zukunft nichts ändern wird? „Man gewöhnt sich an alles, sogar an diesen merkwürdigen Typen", erwidert Ron stoisch. „Das Gute an der Sache ist, dass wir beide in eigenen Häusern leben, beide unser eigenes Privatleben führen. Letzteres hat mit unLangeserer Kunst nichts zu tun. Dabei geht es um das Außen-Vor-Lassen von Lange weile. Mit diesem Anspruch ergänzen wir uns verdammt gut." Dass diese Kreativkombination irgendwann auseinanderbrechen könnte, darüber macht sich der Kalifornier keine Gedanken. „Neulich hat sich der Tod für ein Interview angemeldet", raunt er geheimnisvoll. „Ich habe ihm erwidert: ‚Keine Zeit für dieses Gespräch. Wir sind schlicht zu beschäftigt.' Seither habe ich nichts mehr von diesem Typen gehört. Aber ich fürchte, eines Tages wird er seine Audienz bekommen. Und dann ohne Absprache."

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GARY FLETCHER Ich halte "nichts von Schubladen"

© Pressefotos

Bei der Blues Band steht Bassist Gary Fletcher seit 41 Jahren meist im Schatten seiner namhafteren Mitstreiter Paul Jones, Dave Kelly und Tom McGuinness. Gemeinsam mit Kelly hat er mehrere Platten veröffentlicht, eine mit The Relatives, seiner aus Familienmitgliedern bestehenden Formation – und seit Jahren ist er im UK mit seiner Gary Fletcher Band (GFB) unterwegs. RIVER KEEPS FLOWING hat er nun sein viertes Solowerk betitelt.

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Foto: © Philipp Roser

Der Albumtitel hat ja fast symbolischen Gehalt: RIVER KEEPS FLOWING – selbst in Zeiten von Corona!? Irgendwie ja. Wobei ich keine Ahnung habe, wann und wie es weitergehen wird. Es ist eine harte Zeit, wobei ihr in Deutschland die Krise besser zu bewältigen und im Griff zu haben scheint als wir hier. Euer Gesundheitssystem funktioniert besser als unseres, das in den letzten 30, 40 Jahren doch ziemlich ramponiert worden ist. Das Musikbusiness wird derzeit enorm in Mitleidenschaft gezogen, viele Clubs machen dicht, und wenn es wieder losgeht, werden sich viele Acts um Gigs raufen. Wobei ich selbst ja noch in einer vergleichsweise komfortablen Situation bin, auch weil meine Frau noch arbeitet. Ich habe ein eigenes Haus und denke, dass ich ganz gut über die Runden kommen werde. Dein neues Album RIVER KEEPS FLOWING präsentiert nicht nur tolle Songs und Performances, sondern auch eine enorme stilistische Bandbreite ... Danke für die Blumen! Ich habe es weitgehend mit meiner Roadband eingespielt, der GFB – die einzige Ausnahme ist mein Sohn Jack, der einen Großteil der Bassparts gespielt hat. Er kann leider nicht mit uns auf Tour gehen, weil er durch einen Unfall, den er als 18-Jähriger hatte, körperlich eingeschränkt ist. Innerhalb der Band gibt es keinerlei Ego-Probleme, wir verstehen uns auch menschlich sehr gut, und das spielt eine große Rolle. Ganz abgesehen davon, dass es durch die Bank großartige Musiker sind – wie beispielsweise Alan Glen, der für mich einer der weltbesten Harpspieler ist. Der

Von Philipp Roser ablehnen, weil er dort mehr Geld verdienen konnte Schlagzeuger ist absolut fan– bei mir hat er nie besonders viel verdient (lacht). tastisch – Sam Kelly, Daves Ich teile alles durch sechs, jeder trägt schließlich Sohn. Nick Ritchie ist der vielseinen Teil bei und soll dafür auch gleich viel Kohle leicht beste Gitarrist, mit dem bekommen! Es ist eine sechsköpfige Band, ein wirtich je zusammengespielt habe. schaftliches Desaster (lacht), aber ich hasse es, wenn Dabei ist es kein Album, bei derjenige, dessen Name größer auf den Plakaten dem es um brillante Solos steht, mehr kassiert. Finde ich ungerecht! oder dergleichen geht, sondern um die Songs – die Du hast fünf Jahre kein Solo-Album veröffentlicht, Musik hat den Songs zu dienen, und trotzdem warum gerade jetzt? klappt einem manchmal die Kinnlade runter. Das Ich habe diese wunderbare Band – versteh' mich akustische Solo bei "No Shadow On The Wall" ist nicht falsch, ich liebe die Blues Band, aber wir einfach grandios, das von "Now So Long To Love" werden nicht ewig weitermachen können. Paul haut einfach um! und Tom McGuinness sind jetzt 78 und wolAber woher kommt diese stilistische Flexibilität, len künftig kürzertreten. Und wie es weitergeht, die Vielseitigkeit, die vom Blues über Gospel und wenn sie sich verabschieden sollten, steht in den Folk bis zu Americana reicht? Sternen. Die Blues Band im UK ohne Paul Jones? Das kann ich selbst gar nicht so erklären, Unvorstellbar. Das ginge vielleicht in Skandinavien weil mir die Songs gewissermaßen zuflieoder Deutschland, aber nicht im UK, wo Paul seit gen, wenn ich auf der Gitarre herumspieden Sixties einfach ein ganz Großer ist. le, ob vor dem Fernseher daheim oder in Du startest das Album mit einem auch so betider Garderobe bei einem Blues-Band-Gig. telten "Intro" und beendest es mit einem "Outro" Ich habe mich noch nie hingesetzt und – wie kam es dazu? bewusst gesagt, ich Eine Zeitlang ging ich mit dem schreibe jetzt einen Song! Und Gedanken schwanger, zwischen ich halte nichts von Schubladen. den Songs hier und da kleine Neben Sam Kelly, der gelegentinstrumentale Stücke einzustreulich bei der Blues Band ausen. Die hätten aber den Fluss der hilft, war nur Paul Jones von Songs unterbrochen – und ich deinen sonstigen Kollegen dahabe viel Zeit und Hirnschmalz bei – ist das eher Zufall, oder darauf verwendet, die richtige woran lag's? Reihenfolge der Nummern festWir sind richtig gut eingespielt, zulegen. Am Ende sind dann das verstehen uns in jeder Beziehung "Intro" und "Outro" übriggeblienahezu blind, so dass ich es ben. Ersteres soll eine gewisse eigentlich dabei belassen wollte. Spannung, nein, Erwartung aufDoch dann hat mir Paul gesagt, bauen, und beim "Outro" soll dass er gern ein wenig spielen man dann tief durchatmen könwürde – und wer sagt schon Gary Fletcher 1981 beim nen. Das habe ich übrigens auf nein, wenn Paul Jones fragt, ob Soundcheck in München einer spanischen Gitarre spontan er auf der Mundharmonika mitgespielt, die mir meine Frau bei einem Besuch in spielen dürfe? Als es mit der GFB losging, hat ja Rob Grenada geschenkt hat, wo sie seit über 100 Jahren Townsend getrommelt, doch als das Angebot kam, großartige Instrumente bauen. bei den Manfreds mitzumachen, konnte er das nicht

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FLOWERS IN CONCRETE / DIM PROSPECT SPLIT

Foto: © MiG

LP / DIGITAL / OUT NOW

Schweizer Nationalheld auf CD M

it dem Gedächtnis ist es so eine Sache: Beim einen funktioniert es besser, beim anderen wird es im Laufe der Jahre löchriger. Ein gutes Beispiel hierfür ist das 1977 von den Schweizer Autoren/Komponisten Beat Hirt und Tommy Fortmann realisierte Rockmusical „Tell!". Dazu befragt, ließ Udo Lindenberg GoodTimes per E-Mail wissen: „Da weiß ich auch nich mehr viel drüber? erst mal wieder hören ... war ne schöne produktion in swinging zürich ... drews und udo / der könig von mallorca und der kurfürst von der reeperbahn haha." Oder Frank Diez: „Da hat meine damalige Freundin Jackie Carter gesungen, ich war aber nicht dabei!" In den Credits ist das Gitarristen-Urgestein allerdings als Bassist gelistet ... Reichlich Prominenz in erstaunlichen Konstel lationen hatten Hirt und Fortmann für die Studioversion ihrer Vertonung der Geschichte des Schweizer Nationalheiligen um sich geschart: neben Lindenberg Dieter Dierks als Produzenten, die Blueslegende Alexis Korner in der Rolle des Landvogts Gessler, Schlagerstar Jürgen Drews übernahm die Titelrolle. Su Kramer, Jane Palmer, Carter und Romy Haag sangen Chor. Uli Jon Roth spielte Gitarre, am Schlagzeug saß Curt Cress, die Keyboards steuer-

ten Philippe Kienholz (Tea) und Kristian Schultze (Passport, Snowball) bei. Musikalisch war es eine kunterbunte Mischung aus Rock, Pop und Disco, bis hin zu Schlagerelementen. „Die LP hat sich in Deutschland rund 23.000 Mal verkauft, in der Schweiz waren es 7000 Exemplare", erinnert sich Hirt. „Eine CD ist nie erschienen." Was sich nun geändert hat. Gleich als Doppel-CD gibt es das Opus. Hirt: „Wir suchten nach dem Demo, ohne große Illusionen, nach 40 Jahren noch fündig zu werden. Tommy Fortmann fand aber tatsächlich das Tonband, auf der die Demosession verewigt war. Technisch war alles okay, und so steckt die ganze Session nun als Bonus-CD in der Box." Die Bühnenversion lief vom 31. Juli bis zum 1. September 1977 in Zürich. Weil die Finanzierung nicht ausreichte und auch in den zwei Anfangswochen die Zuschauer ausblieben, war dann Schluss. Wir hatten weder die Kraft noch die Beziehungen noch die Mittel, im Ausland einen neuen Anlauf zu nehmen", trauert Hirt dem Musical heute noch ein wenig hinterher. „Zehn Jahre später wäre alles anders gewesen, aber wir schafften es einfach nicht mehr." Bleibt jetzt aber zumindest die CD-Fassung. Philipp Roser

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HP ZINKER MOUNTAINS OF MADNESS 2xLP / DIGITAL / OUT NOW

HECKSPOILER SYNTHETIK ATHLETIK LP / CD / DIGITAL / SOON

HIER / noiseappeal.com /

roughtrade.de / soundsofsubterrania.com /


Ricky Nelson

l o d I s e ß o r G r e g a n e e T r alle

Sein Name ist unverbrüchlich mit "Hello Mary Lou" verbunden, seinem Millionseller von 1961. Dabei hatte Ricky Nelson da mit 21 Jahren schon 25 Chartserfolge hinter sich. Und auch in den 60er Jahren blieb er beständig im Scheinwerferlicht, bis er 1972 mit "Garden Party" wieder ganz oben war. Vor 35 Jahren starb Nelson bei einem Flugzeugabsturz. Von Rüdiger Bloemeke

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Spitzenn einer Zeit, in der sich die Rockmusiker aus einfachen Verhältnissen hocher ihn mit den Cracks Earl Palmer, Joe Maphis und James Burton. Nach Spitzen positionen für die beiden Songs der ersten Single wiederholte sich der Erfolg mit arbeiteten, war Ricky Nelson so etwas wie ein weißer Rabe. Er fuhr keinen der ersten Imperial-Platte "Be-Bop Baby". Lkw wie Elvis Presley, bevor er berühmt wurde, und jobbte nicht als Kosmetiker wie Chuck Berry, bevor er Platten aufnahm. Nelsons Eltern hatten eine beliebte Radio- und Fernsehshow, „The Adventures Of Die Geschichtsbücher werden sagen, dass er eine große Sein Durchbruch kam in einer Phase, als die Generation der Rock’n’Roller den Boden Ozzie And Harriet", in der Ricky – geboren 1940 – schon " Rolle im Rock'n'Roll spielte. Ich liebte ihn." Carl Perkins erste bereitet hatte. Schon als Jugendlicher bewunmit neun Jahren auftrat. Ein echtes Glückskind. Mit 16 derte Ricky die Sun-Records-Sänger Carl Perkins, Jerry Lee Lewis, Roy Orbison wagte er sich mit seiner Version von Fats Dominos "I’m Walkin’" vor die Kamera und natürlich Elvis Presley. Und er orientierte sich an ihnen. Nicht von ungeder Show. Darauf bekam sein Vater Ozzie böse Briefe, dass er den netten Jungen fähr erinnert der Titel "Be-Bop Baby" an Gene Vincents 1956er Hit "Be-Bopsolch ein schlimmes Rock’n’Roll-Lied singen lasse! A-Lula". Überraschend für ihn sahen auch andere Musiker etwas Besonderes in Das bürgerliche ihm. Die Burnette-Brüder Dorsey und T V-P ubl i k u m Johnny passten ihn vor seinem Haus "Waimusste sich ab, um ihm ihre Komposition "Wai noch auf einiges ting In School" vorzuspielen. Nelson Flipgefasst machen. nahm den Song auf, der mit der Flip "BeAuch wenn Ricky side "Stood Up" voll einschlug. "Be der adrette, korlieve What You Say" war das nächste rekt frisierte Burnette-Stück, das ihn in die Charts Teenager blieb, brachte. Zur Perfektion der ImperialBackgroundwar es mit dem Aufnahmen gehörte der Background braven Image gesang der Jordanaires, die bislang schon bald vorElvis Presley begleitet hatten. bei. Ozzie Nelson hatte für seinen Sohn beim Verve-Label einen Plattenvertrag unterschrieben. In Die erste LP zeigte sein Porträt, das jeder Hinsicht blieb Ricky in seiner Laufbahn privilegiert. Für die Aufnahme von seine Rolle als hübscher TeenagerJah„I’m Walkin’" und "A Teenager’s Romance" hatte Verve den berühmten GitarSchwarm für Jahre prägte. Mit 17 Jah risten Merle Travis engagiert. Und als Imperial-Chef Lew Chudd, der schon Fats ren war er der jüngste Sänger mit einer Nr.-1-LP in der US-Hitparade. Zwei der Stücke auf dem Album hatte er von seinem Idol Carl Perkins übernommen: Domino unter Vertrag hatte, Ricky aus dem Verve-Deal herauskaufte, „paarte" Seite

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„Ich wollte Carl Perkins sein." Die erste Single an der Interesse an seinen Platten. Und: „Ich war ziellos!" Spitze der Charts gelang, nachdem Eddie Cochrans Die Familienserie mit ihm wurde 1965 abgesetzt. Im Freundin Sharon Sheeley Nelson eine von Cochran selben Jahr spielte er zusammen mit Kristin im Film gesungene Demo- Ich wartete – und ich bin sicher, dass Elvis es auch tat „Love And Kisses", Aufnahme ihres " – auf jede Ricky-Nelson-Platte, wie auf neue Veröffentli- bei dem sein Vater Songs "Poor Little Regie führte. Aber Fool" vorgespielt hat- chungen von Chuck Berry oder Fats Domino." Roy Orbison die Masche zog nicht te. Es lief alles perfekt für ihn: mehr. Da schlug James Burton vor, ins Über Sheeley lernte Ricky Nelson Country-Feld überzuwechseln. Zwei den Songschreiber Baker Knight hervorragende LPs – mit SpitzenmusiSpitzenmusi kennen, der ihm "Lonesome kern wie James Burton, Glen D. Hardin, Town" und "Never Be AnyoGlen Campbell sowie den Jordanaires ne Else" anbot; die Burnettes – und ein paar Country-Singles blieben schrieben weiter für ihn. Folglich ohne kommerziellen Erfolg. Schließlich nannte die Fachpresse 1958 das setzte sich James Burton ab und heuheu Ricky-Nelson-Jahr. Er füllte die erte 1969 bei Elvis Presley an. Lücke, die durch Elvis Presleys Militärzeit entstanden war. Mit Rick Nelson zählte jetzt zu den Oldiedem Film „Rio Bravo", in dem er Sängern, und so wurde er auch 1971 1959 neben John Wayne einen für eine „Rock’n’Roll Revival Show" Cowboy spielte und mit Walter in New Yorks Madison Square Garden Brennan und Dean Martin sang, gebucht – neben Bo Diddley, Bobby eroberte er nach Radio, FernseRydell, den Coasters und Chuck Berry. hen und Schallplatte auch noch Als er da nicht nur seine alten Hits die Leinwand. sang, sondern auch Titel wie "Honky Tonk WoWo man", wurde er ausgebuht. Aus dem Tiefschlag Den Zenit erreichte Ricky Nelson mit machte er ein Jahr später 21, als ihm mit der Single "Travelin’ einen Triumph: Sein Song Man"/"Hello Mary Lou" ein Millio"Garden Party" über das nenseller gelang. Der Songwriter Jerry Event wurde sein zehnter Fuller hatte "Travelin’ Man" für Sam Millionenseller. Hier enen Cooke geschrieben, der aber kein Indet die Erfolgsstory. 1976 teresse zeigte. Und "Hello Mary Lou" wurde sein Decca/MCAstammte von Gene Pitney, der im selben Vertrag vorzeitig aufauf Jahr debütierte und es erst 1962 aufgelöst. Es folgten Deals nahm. Nelsons Version wurde besonmit Epic und Capitol. Die ders für das Rockabilly-Gitarrensolo von Ehe wurde geschieden. James Burton berühmt. Beide Stücke Beide Nelsons hatten landeten auch auf der LP RICK IS 21 ständige Drogenexzesse, – als Erwachsener ließ er jetzt das Y im so dass Ricks Schwager Vornamen weg. Die Rolle als "Teenage Mark Harmon (heute bebe Idol" (Songtitel) behielt er weiterhin bei, kannt aus „Navy CIS") auch als er 1963 die 17-jährige Kristin den jüngsten NelsonSohn adoptieren wollte. 1985 kehrte der 45-JähHarmon heiratete. Seine Verbindung mit Imperial 45-Jäh rige noch einmal ins Plattenstudio zurück: Für eine Aufnahme des John-Fogerty-Songs "Big Train

GLASSHAMMER Dreaming City

Gekonnt eliminiert Dreaming City die Grenzen zwischen verschachteltem Traditions-Prog, Heavy Rock, Pop und klassischen Rock-Balladen. CD#30014 • 15,99€

ROBERT JON & The Wreck

STEEPWATER BAND

CD#30350 • 15,99€ LP#30351 • 24,99€

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THE ANCESTRY PROGRAM

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Prog-Projekt aus München CD-Digi#30216 • 15,99€

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MASSEY, JEFF

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Soloalbum des Steepwater Band-Sängers CD#30110 • 11,99€

Last Light On the Highway

Tomorrow

Turn Of The Wheel

Live 2019

Rick und Kristin Nelson

Appetite For Destruction

© Pressefotos

war ein Jahr zuvor ausgelaufen. Für das Label kam er noch einmal mit einem Fats-Domino-Titel in die Charts ("I’m In Love Again"), dann unterschrieb er einen 20-Jahres-Vertrag mit Decca.

From Memphis" engagierte ihn Produzent Chips Moman – neben John Fogerty, Jerry Lee Lewis, Johnny Cash, Roy Orbison und Carl Perkins, den jetzt zum ersten Mal Ich habe schon früh vorhergesagt, dass er groß raus- er persönlich traf. Es war Es war nicht das erste " Mal, dass ein Neuanfang kommen würde. Er war wirklich gut." Jerry Lee Lewis kurz vor seinem Tod. Im Dezember stürzte seine 43 Jahre alte DC-3 auf dem bei einem anderen Label mit hohen Erwartungen, Flug von Alabama nach Texas mit der Band ab. Das aber nicht entsprechendem Ergebnis einherging. Flugzeug, das einmal Jerry Lee Lewis gehört hatte, Erst die vierte Decca-Single, "For You", gelangte in hatte mehrfach Ausfälle gehabt. Gerüchte halten die Top Ten. Besser wurde es nicht. „Als die Beatles sich, an Bord sei ein Feuer entfacht worden, um kamen, wurde irgendwie alles ausgewischt, was Drogen zu kochen. amerikanisch war", erklärte Nelson das geringere

IONA

The Book Of Iona

From The Highway

CHANDELIER

Live At Loreley 2019

17 CD Box+Book CD+DVD VÖ: 20.06.2020 CD+DVD#30221 • 14,99€ Box#30494 • 169,99€ 29800 LAZULI • Le Fantastique Envol De Dieter Böhm CD . . . . . 17,99€ 30066 I AM THE MANIC WHALE • Things Unseen CD . . . . . . . 16,99€ 29806 PENDRAGON • Love Over Fear CD-Digi. . . . . . . . . . . . 15,99€ 30483 ROLLING STONES • Living In A Ghost Town 10“ orange. . 14,99€ 30058 VIBRAVOID • Decomposition Of Noise 2LP col. . . . . . . . 29,99€ GROOVEYARD RECORDS Price-Deal: CDs ab 6,99€ 96 BluesRock / Hardrock-CD-Granaten zum Sonderpreis

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Mit dem BLAUEN PLANETEN im Zenit

Karat oder Puhdys? Wer sich zu Beginn der 80er Jahre in der DDR noch ernsthaft mit der nationalen Rockszene beschäftigte, kam an dieser Frage nicht vorbei. Während die hart rockende Band um Sänger/Gitarrist Dieter Birr die 70er Jahre unangefochten dominiert hatte, bewarb sich die offiziell 1975 gegründete Gruppe Karat spätestens mit ihren Balladen "König der Welt" und "Über sieben Brücken" (beide 1978) um eine Thronbesteigung. Und nach den großen Erfolgen in der Bundesrepublik, wo Peter Maffay eine Coverversion von "Über sieben Brücken" 1982 bis auf Platz 4 der Singlecharts sang und Karats DER BLAUE PLANET im selben Jahr in den Album-Hitlisten mit Rang 8 sogar bis in die Top 10 vorstieß, galt vielen die Übergabe der Herrscherinsignien als vollzogen.

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abei hätte diese Entweder-oder-Frage nie gestellt werden müssen, unterschieden sich beide Formationen doch bis in Detail eklatant. Die Puhdys gaben in ihrer ersten Karrierehälfte die eklektischen Dampframmen, die sich ungeniert durch den musikalischen Fundus von Sweet, Nazareth, Deep Purple, Uriah Heep, Boston, Led Zeppelin oder Queen wuchteten. Karat hingegen wurden die Filigrankünstler: epische Balladen, überbordende Progressive-Rock-Giganten oder dynamische Pop/Rock-Kunstwerke, deren Arrangements von einem Musikwissenschaftlerkollektiv entworfen zu sein schienen.

dieser Wirkung bei. i Karat-Discographie Neumann war anfangs der eigentliche in GoodTimes Edition Discographien Frontmann von Karat. Die beiden Grün- Vol. 9 – siehe Shop Seite 29 dungsmitglieder Henning Protzmann (b, von Panta Rhei) und Ulrich Pexa (g, unter anderem bei Frank Schöbel) hatten ihn von der Neuen Generation geholt. Mit Keyboarder Christian Steyer und Schlagzeuger Konrad Burkert (vormals Lift) wurde das Line-up komplettiert. Als Steyer das Quartett nach den ersten Proben bereits wieder verließ, erinnerte sich Protzmann seines PantaRhei-Kollegen Ed Swillms. „Logisch, dass Ed gefragt wurde, er war nun mal der Beste", sagt Karat-Gitarrist Bernd Römer, seit 1976 ohne Unterbrechung dabei. „Und Ed meinte: Klar mache ich mit. Aber nur wenn Herbert (Dreilich) mitkommt. Und schon gab es zwei Sänger."

Als sich mit Swillms, Protzmann, Dreilich und Neumann auf der einen Seite bereits ein fester Besetzungsstamm formiert hatte, kamen 1976 Römer für Pexa und Schlagzeuger Michael Schwandt für Burkert. Damit war die spätere Erfolgsmannschaft komplett. Lediglich Neumann ging verloren. Laut Römer grundsätzlich eine Trennung aus musikalischen Gründen: Während Hans-Joachim Neumann eineinhalb Jahre Grundwehrdienst bei der Nationalen Volksarmee abriss, hatte sich bei Karat verstärkt der lyrische Stil durchgesetzt, den der eher sanfte Erfolgsbesetzung (v.l.): Michael Schwandt, Ed Swillms, Herbert Dreilich, Herbert Dreilich besser bedienen konnte. Neumann Henning Protzmann, Bernd Römer wiederum interessierte sich Obwohl das den Karat-Stil prägende mehr und mehr für die aufkommende New Wave, die Kompositionsgenie Ulrich „Ed" Swillms – und dieser Titel gebührt dem KeyboarKeyboar er in seiner eigenen Gruppe Neumis Rock Circus mit der ohne Einschränkung – bereits die erste LP von 1978 fast im Alleingang schuf, Queen-Elementen vermischte. hebt sie sich vom restlichen Material der Band deutlich ab. Zwar sind auf KARAT mit "König der Welt", "Märchenzeit", "Und ich liebe Dich" und "Abendstimmung" Mit ÜBER SIEBEN BRÜCKEN veröffentlichten Karat bereits einige der schönsten Balladen aus dem Liederreigen der Gruppe enthalten, 1979 jenes Album, das den Stil der Band erstmals in dominiert wird der Gesamtsound allerdings noch von einem trockenen Hard Rock, vollem Umfang repräsentierte. Ed Swillms hatte erneut der in Nummern wie "Das Monster", "Die Burg" oder "Rock'n'Roll Fan" ziemlich bis auf zwei Ausnahmen sämtliche Songs komponiert und sich diesmal ganz herausfordernd aus den Boxen bricht – nicht nur wegen der krachenden Gitarrenseiner Kreativität hingegeben. Das Monumentalwerk "Albatros", nach dem auch riffs, auch das schrill-schräge Organ von Sänger Hans-Joachim Neumann trägt zu Seite

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© Bildarchiv Teldec

© NikMa Verlag, Kranz; 1982 München

Von Jens-Uwe Berndt

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die Westversion der Platte benannt wurde, ist bis heute einer der besten Songs der gesamtdeutschen Musikhistorie. Die titelgebende Ballade ist allgemeines Kulturgut, und dann ist da noch dieser außergewöhnliche "Gewitterregen" – ein Lied mit mehreren Rhythmen, aufgebaut wie eine Prognummer und doch eingängig wie ein Popsong. Damit aber nicht genug: "Auf den Meeren" hat ein ähnliches Pathos wie "Albatros", "He, Mama" (auf ALBATROS durch "König der Welt" ersetzt), "Wenn das Schweigen bricht" und "Wilder Mohn" griffen noch einmal den Hard Rock des Debüts auf, "Blues" ist das, was er in der Titelzeile vorgibt, "Das, was ich will" eine von Dreilich geschriebene 60-sekündige Country-Ballade – und schließlich "Musik zu einem nichtexistierenden Film": Dieses Instrumental ist von jener Schönheit, mit der Swillms seine Kompositionen immer wieder zu umhüllen verstand. Platz 40 in den westdeutschen Albumcharts und eine Goldene Schallplatte für (mittlerweile) eine Dreiviertelmillion verkaufter Einheiten sprechen Bände. Bei dem um Karat einsetzenden Rummel blieb kaum jemandem in Erinnerung, dass die weltberühmte Ballade 1977 für einen TV-Film geschrieben worden war, der genauso hieß wie der Song: „Über sieben Brücken musst Du gehn". Darin ging es um die Liebe einer deutschen Laborantin zu einem polnischen (Gast-)Arbeiter, der im Ort seiner Liebsten mit Resten jenes Konzentrationslagers konfrontiert wird, in dem sein Vater während des NaziRegimes ums Leben gekommen war.

vor. Allein die Zeile „Wenn ein Schwan singt, schweigen die Tiere" erzeugte Spott und Hohn. Denn „Schwanengesang" ist dann doch eher ein kläglicher Schrei. Karat hielten das aus. Der Erfolg riss nicht ab. Und die genannten drei Balladen gehören noch heute in den Karat-Konzerten zu den Aha-Momenten schlechthin. Claudius Dreilich, seit 2005 fester Sänger bei Karat und Sohn des 2004 verstorbenen Herbert Dreilich, hat bis heute keinen Favoriten unter diesem Dreigestirn. „Qualitativ stehen alle drei Songs für mich auf einer Ebene", sagt der 50-Jährige. „Wenn ich abstufe, dann beim Anspruch an mich als Sänger. Und da finde ich, dass 'König der Welt' die größte Herausforderung darstellt." „Als wir für den Blauen Planeten' das Urband einge' spielt hatten, kam unser Tonmann Helmar Federowski zu uns und meinte: Das wird der absolute Knaller", erinnert sich Bernd Römer an die Arbeit zum Album Nummer vier. DER BLAUE PLANET brach dann auch alle bis dato durch ein Amiga-Produkt aufgestellten Rekorde: 48 Wochen in den westdeutschen Albumcharts, höchste Wertung Platz 8 und bis 1989 eine halbe Million verkaufte Tonträger – die Amiga-Ausgabe soll bis zur Wende gar 1,1 Millionen Mal über den Ladentisch gegangen sein.

© Pressefoto

© NikMa Verlag, Kranz; 1982 München

DER BLAUE PLANET – wieder ein Ed-SwillmsAlleingang – war bis dato die musikalisch beeindruckendste Arbeit der ostdeutschen Spitzenformation. Die Songs hatten eine kompositorische Reife, dass einem schwindelig wurde. Sound und Arrangements setzten Maßstäbe, boten internationale Klasse. Erneut gelang Swillms der Spagat zwischen progressiver Kunstfertigkeit und Popaffiner Leichtigkeit. Die Synthesizer regierten wie nie zuvor, Rockfans bekamen trotzdem keine Schon 1980 Chance, sich abzuwenden. Dafür steht bereits der legten Kainstrumentale Opener "45-01": Zwar lässt Swillms rat ihre dritte seine Technik arbeiten, übergießt den Hörer aber derart mit Klangmasse, als alLP in die Läden: SCHWANENKÖNIG. Diesmal war al würde er seinen Synthesizer auskippen. Dazu passt der synthetisch dominierte les von Ed Swillms. Und der hatte deftig an der AnSong "Marionetten", der für Synthie Pop allerdings rhythmisch viel zu ausgespruchsschraube gedreht. Die Songs waren durchweg klügelt ist, und "Falscher Glanz" verschmilzt Elektronik mit einem klassischen sehr eingängig, besaßen aber Arrangements, die noch Rockmuster. "Jede Stunde" gehört zu jenen kleinen Songwundern, wie sie ausgeklügelter wirken als auf ÜBER SIEBEN BRÜCKEN. in der Rückschau für Swillms immer wieder typisch waren: treibende BassliOberflächSchon der Opener "Tanz mit der Sphinx" ist ein gutes Beispiel dafür. Oberfläch nie, zwingend tanzbar, Schlagzeugzauberei, Blues-Harp, gnadenlos eingängig lich gehört, handelt es sich um ein wohldosiertes Pop/Rock-Stück. Allerdings und in seiner Steigerung bis zum wartet es mit winzigen Klangraffinessen auf, die letzten Ton fesselnd. Da wirkt der es erst so besonders machen, etwa dem spacigen Rock'n'Roller "Blumen aus Eis" fast Keyboardteppich im Hintergrund, dem digitalen deplatziert, ist aber in der VinylGlockenschlag oder den eingestreuten Synthieversion der optimale Ausstieg aus Effekten. Der "Mitternacht-Blues" ist als Reggae der ersten Seite. Denn die B-Seite ein Gag für sich und wird mit "Magisches Licht" beginnt mit dem Titelsong satt von einem typisch balladesken Karat-Epos in die elektronisch und fernöstlich. Wie Schranken gewiesen. Dass bei der Band die Hardwar das mit den Songwundern? Rock-Zeiten endgültig vorbei waren, macht "Der Hier war das nächste. Und die WirBoxer" deutlich, der sich für scharfe Riffs gut kung der Nummer lag nicht nur in geeignet hätte, im Sound aber enorm gedrosselt der außergewöhnlichen Musikableibt. Gleiches gilt auch für "Das Narrenschiff". lität. Auch die Friedensbotschaft Es spielt aber keine Rolle, ob man sich im Stutraf den Nerv der Zeit. "Der Spiedio bewusst für massenkompatible Rockvariatiler" ist schräg und wegen des unonen entschied, denn "Das Narrenschiff" ist klar professionellen Gesangs von Ed ein Höhepunkt auf SCHWANENKÖNIG. Nicht nur Aktuelle Besetzung (v.l.): Bernd Römer, Claudius Dreilich, Martin Becker, Christian Liebig, Michael Schwandt Swillms der NDW sehr nah. Prog wegen der exquisiten musikalischen Umsetzung, Rock, Weltmusik, Electronic vereint "Gefährten des Sturmwinds", und der SieSie sondern auch wegen des sehr kritischen Textes. Einzig "Tiefsee" ist mit seiner benminüter "Wie weit fliegt die Taube" greift in breiter Dramatik die Friedensstrikt progressiven Ausrichtung nicht für jedermann gleichermaßen zugängbotschaft noch einmal auf. lich. "Großstadt" ist am Ende dann doch noch jenes Hard-Rock-Stück, wie es etwas ruppiger auch auf dem Debüt hätte stehen können. Und dann sind da So gut wie auf DER BLAUE PLANET waren Karat danach nie wieder. Mit DIE noch die beiden "Le Doyen"-Teile, deren Synthie-Leitmotiv so bezaubernd ist, SIEBEN WUNDER DER WELT (1984) kam das Quartett der Qualität ihres Erfolgsdass man Tränen vergießen möchte. albums noch einmal sehr nahe, allerdings ist es vermessen zu erwarten, dass eine Band unentwegt im Zenit steht. Bis heute erscheinen in unregelmäßigen Der Titelsong, der zu DDR-Zeiten im Rundfunk heftig diskutiert wurde, setzt Abständen neue Studiowerke, das jüngste 2018. Römer und Schwandt sind noch die schwermütige Balladenserie von Karat fort. Natürlich gab es viele Kritiker dabei. Claudius Dreilich ersetzt seinen Vater. Martin Becker drückt seit 1982 die von Karat. Wo die einen bei "Brücken", "König der Welt" oder "SchwanenköTasten, den Bass bedient seit 1986 Christian Liebig. Und so konstant die Besetnig" dahinschmolzen, sahen andere Kitsch bis zum Erbrechen. Spätestens ab zung, so verlässlich die Qualität auf jeder neuen Karat-LP. dem „sterbenden Schwan" warf man Karat realitätsentrückte Schwülstigkeit GoodTimes 3/2020

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Harry Chapin

Der große Geschichtenerzähler

teve Chapin erinnert sich präzise an den Auftritt am Abend des 11. April 1977. Es war der Tag, an dem der heute 73-Jährige als Keyboarder und musikalischer Leiter mit der Hauptattraktion des Konzerts, dem älteren Bruder Harry Chapin, samt Band auf der Bühne der Bremer Post-Aula auf der Bühne stand. Radio Bremen hatte den amerikanischen Troubadour samt Begleitteam nach Norddeutschland eingeladen, im Rahmen seiner ersten Europa-Tournee. Doch während der Charismatiker mit dem markanten Wuschelkopf in seiner Heimat vor Zehntausenden spielte, waren in der Post-Aula gerade mal 400 Besucher zugegen. Die allerdings reagierten euphorisch auf das Programm des extrovertierten Mannes aus New York, geboren am 7. Dezember 1942, der fernab seiner Heimat dank seines Nummer-1-Welthits "Cat’s In The Cradle" von 1974 als One-Hit-Wonder gesehen wurde. „Das war eine weitere grandiose Show, die wir in Europa hatten", schwärmt Steve Chapin, der seit langem seiner eigenen Gruppe vorsteht. „Uns war allen klar, dass Harry nur in den USA als echter Star gehandelt wurde. Genau deshalb haben wir uns bei jedem europäischen Gig voll ins Zeug gelegt. Und speziell in Bremen ging die Saat auf, das Publikum war hochkonzentriert." Jetzt ist dieser legendäre Auftritt unter dem Titel SOME MORE STORIES LIVE endlich als Tonträger erschienen. Eine späte Reminiszenz an diesen außergewöhnlichen Singer/Songwriter, der so gern (und das zu Recht) mit Bob Dylan, James Taylor oder Jim Croce verglichen wurde. Der einer der ganz großen amerikanischen Geschichtenerzähler war, fernab von "Cat’s In The Cradle". Und dessen irdisches Dasein mit gerade mal 38 Jahren ein abruptes Ende fand, als er auf dem Long Island Expressway im Auto auf dem Weg zu einem Konzert war, als ein Lkw

Foto: © Scot Jarns

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auf seinen Wagen auffuhr. Der Musiker wurde mit einem Rettungshubschrauber ins Hospital geflogen, verstarb dort aber trotz Wiederbelebungsversuchen an einem Herzinfarkt. „Der 16. Juli 1981 war ein grauenvoller Tag für mich", sinniert Steve Chapin. „Ich konnte und wollte nicht glauben, dass mein großer Bruder tot ist, einfach so, nachdem man mich benachrichtigt hatte. Er war verschwunden, für immer. Doch die schlimmste Wunde, die niemals heilen wird, war der Umstand, dass ich auserkoren war, seine Augen auf dem Totenbett zu schließen." Wobei das Verhältnis der Brüder zuvor getrübt war. „Harry hat mehr und mehr musikalisch experimentiert. Er hat sich mehr und mehr politisch engagiert. Mehr und mehr kam er zu spät zu unseren Shows. All das hat mich irgendwann genervt", gesteht Steve. „Er wollte die Welt retten mit seiner Musik und seinem karitativen Engagement. Was nicht recht gelang. Am Ende hat ihn das alles aufgefressen. Der Unfall war lediglich der letzte Schnitt, um sich dieses Versagen einzugestehen. Aber was maße ich mir an zu urteilen? Letztlich ist Harry der geliebte Bruder, den ich für immer vermissen werde." Michael Fuchs-Gamböck

Curtis Stigers Der Schmerzensmann des Jazz

or bald 30 Jahren war Curtis Stigers eine heiße Nummer! Gleich mit seinem namenlosen Debüt knackte er 1992 die Top Ten der Charts in Dutzenden Ländern, das Album verkaufte sich über 1,5 Millionen Mal, die Singles "I Wonder Why” und "You’re All That Matters To Me” belagerten Radiostationen und Gehörgänge. Nur: Der Künstler, für den die Karriere so famos gestartet war, fühlte sich alles andere als glücklich in seiner Rolle als Star. Der Mann aus dem US-Bundesstaat Idaho erinnert sich rückblickend: „Ich hatte zwar diese hübschen Stücke komponiert, doch meine große Liebe gehört seit jeher dem Jazz. Ich bin nicht umsonst Saxofonist, geschult an Koryphäen wie Charlie Parker und John Coltrane. Diese Popgeschichte sollte lediglich ein kleiner Ausflug sein. Doch als die Sache so gut funktionierte, hatte ich mit einem Mal jede Menge ‚Berater-Freunde’ von der Plattenfirma an der Seite, die mir erklärten, wo es musikalisch bei mir langzugehen habe. Ich war glücklich, dass bereits meine nächste Platte aus dem Jahr 1995 kommerziell bei weitem nicht mehr so gut funktionierte wie der Vorgänger. Dadurch verlor das Label sein Interesse an mir, und ich konnte mich endgültig dem Jazz zuwenden.” Der heute 54-Jährige, 2010 übrigens mit dem Echo als „Bester JazzSänger" ausgezeichnet, hat sich auf den nachfolgenden Werken ausschließlich seinem geliebten Sujet verschrieben, ganz im Sinne von Dean Martin oder Frank Sinatra, den Allzeit-Heroen. Seine aktuelle, 13. Produktion, gespickt mit Coverversionen und Selbstgeschriebenem, nennt sich GENTLEMAN: „Den Titel habe ich ganz bewusst gege wählt, weil ich mich als Old-School-Entertainer betrachte, dem Respekt vor dem Gegenüber alles bedeutet. Vor allem als Mann der Respekt gegenüber dem anderen Geschlecht." Seite

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Foto: © Ronnie Smith

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Stigers ist in zweiter Ehe verheiratet. Würde seine Gattin, die Aktivistin Jodi Margolin-Peterson, unterschreiben, dass er ein wahrer Gentleman ist? „Da bin ich mir ziemlich sicher", lacht der Bonvivant. „Was vermutlich mit daran liegt, dass sie die hässlich verlaufene Scheidung von meiner ersten Frau mitbekommen hat. Ich war zehn Jahre Single, ehe ich sie kennengelernt und mich in sie verliebt habe. Die Arme musste mit mir durch ein tiefes Tal der Tränen waten, ehe wir endgültig zusammenkamen. Aber ich hoffe, dass ich ihr stets mit Anstand und Würde begegnet bin. Wenn nicht, hätte sie mich garantiert nicht geehelicht." Würde der Charmeur sich als Anachronisten definieren? „Nein, ich lebe absolut im Hier und Jetzt", wird Stigers ernst. „Aber ich gestehe, dass ich gern das Fiebrige der 40er bis 70er kennengelernt und mich in dieser Atmosphäre verloren hätte. Dann aber hätte ich Genies wie Radiohead oder Gregory Porter verpasst. Also: Es ist gut, dass ich in der Zeit lebe, in der ich zu Hause bin." Michael Fuchs-Gamböck n

Music from the 60s to the 80s


DIE BIOGRAFIE ZUM 80. GEBURTSTAG AM 7. JULI 2020

NICOL A BARDOL A

RINGO STARR

EDITION OLMS

Foto: © 2019 Julie Babb Photography

SOEBEN ERSCHIENEN:

Mehr Hammer, weniger Glas(s) E

inmal mehr legen Glass Hammer mit DREAMING CITY ein Konzeptalbum vor. Obwohl Gründungsmitglied und Alleintexter, Sänger, Keyboarder und Bassist Steve Babb sich bei jedem Werk aufs Neue darüber wundert: „Als wir Mitte der 90er an den Start gingen, wollten wir der Welt, geplant als einmaliges Zuckerl, über die ganze Spielzeit unseres Debüts eine Geschichte erzählen. Dieses Konzept kam dann aber so gut an, dass wir auch auf dem Nachfolger eine durchgehende Story erzählt haben. Von da an haben unsere nicht eben wenigen Fans das erwartet. Aus der Nummer komme ich nicht mehr raus", lacht Babb. „Zur aktuellen Platte, unsere 18. Studioproduktion, habe ich sogar eine Novelle geschrieben, in der das Thema vertieft wird." Bei DREAMING CITY geht es um einen zutiefst pazifistischen Denkansatz, darum, wie Kriege in der heutigen Zeit verhindert werden können. „Zur selben Zeit erzähle ich teilweise aus der Sicht von Kämpfern, denen es schwerfällt, ihrem Job nicht mehr nachgehen zu können. Weil dadurch der Sinn ihres Daseins entfällt. Übrigens ist dieser Handlungsstrang vor der CoronaPandemie fertiggestellt worden", sagt der tiefreligiöse Babb. „Wenn in Zeiten wie den jetzigen, in denen nur noch ein Feind existiert, nämlich das Virus, der Planet nicht zusammenhält, sondern stattdessen weiterhin Kriege geführt werden, sind diese Leute in meinen Augen völlig bescheuert." Der Albumtitel ist dem legendären Science-Fiction-Autor Michael Moorcock gewidmet. „In dessen Büchern geht es nicht selten um Träume", meint Babb. „Aber es sind häufig unangenehme Träume. Und auch welche, denen der Träumer nicht mehr entfliehen kann, weil sie seine Realität werden. Ein so interessanter wie erschreckender Gedanke." Die Grundidee für den DREAMING CITY-Plot war jedoch ein anderer. „Ich hatte zunächst einen Mann vor Augen, der allein ist. Der an seinen Depressionen mehr und mehr verzweifelt, weil er sich selbst schwer erträgt. Ich hatte einen Western vor Augen, mit einem einsamen Cowboy

in der Art von Clint Eastwood. Als meine Frau davon Wind bekam, meinte sie nur: ‚Du spinnst! Glass-HammerAnhänger stehen nicht auf Western. Sie wollen Fantasy.' Um den Haussegen nicht zu gefährden, habe ich die Chose geändert. Wobei das Endergebnis von der Uridee nicht so weit weg ist. Nur tragen meine Kämpfer jetzt Schwerter, keine Pistolen", feixt Babb. Eine explosive Handlung benötigt selbstredend explosive Musik. Und deshalb kommen Glass Hammer, die gern als „moderne Yes" oder „moderne ELP" gehandelt werden, dieses Mal erstaunlich heavy daher, Richtung Rush oder Styx. „Tatsächlich waren Rush früher meine absolute Lieblingsband, ich halte ihren Sound bis heute in Ehren", klärt Babb auf. „Auch Saxon waren mir in meinen früheren Bands wesentlich näher als etwa die frühen Genesis. Auf DREAMING CITY wollte ich endlich meiner lange gehegten Vision nachkommen, eine Art Black-Sabbath-Prog hinzubekommen. Also: mehr Hammer, weniger Glas(s)." Glass Hammer mögen ein Oktett sein, plus im aktuellen Fall zwei Gastmusiker. Aber der Nukleus besteht aus Babb sowie dem „musikalischen Leiter" und Multi-Instrumentalisten Fred Schendel. „Fred und ich, wir kennen uns seit 1968, also noch aus Volksschulzeiten", erinnert sich Babb. „Was uns von Beginn an verbunden hat, ist die unglaubliche Passion für Rockmusik, aber auch für Klassik. Wir sind Seelenverwandte." Daher verwundert es nicht, dass Babb bei Schendel mit seinem gewagten Soundkonzept hin zu mehr Heavy-Klängen offene Türen einrannte. „Wir wollten ein wenig weg von diesem Käfig aus majestätisch-verschwurbelten Tönen. Die Vorstellung war, dass die Hörer dieser neuen Platte ihre Mähnen zu den Songs schütteln. Fred und ich können da leider nicht mitmischen", lacht der gläubige Christ Babb dröhnend. „Um unsere Haarpracht ist es mittlerweile äußerst dürftig bestellt …" Michael Fuchs-Gamböck

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NICOL A BARDOL A

RINGO STARR Die Biographie

„Ringo war ganz einfach das Herz der Beatles.“ JOHN LENNON Nicola Bardola

RINGO STARR Die Biographie 272 Seiten mit zahlreichen Fotos, Diskographie und Filmographie. Gebunden im Format 15,5 × 23 cm. ISBN 978-3-283-01295-3 € (D) 25,–

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WAS MACHT EIGENTLICH ... ? Von Philipp Roser

Wally Waller

Pretty Things und Co.

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o schlimm die Corona-Pandemie auch ist, den einen oder anderen positiven Mini-Aspekt kann man ihr doch abgewinnen. Ohne das Virus hätte sich der mittlerweile auch schon 76-jährige Wally Waller wohl nicht hingesetzt, zur Akustikgitarre gegriffen und via Facebook musikalische Lebenszeichen gesendet. Wally Waller? Ja, genau der Mann, der nicht nur als Bassist im Schatten der beiden Frontleute Phil May (voc) und Dick Taylor (g) die Geschichte der Pretty Things maßgeblich mitgeschrieben hat. Auch als Harmoniesänger, vor allem jedoch als (Co-)Songwriter bei S.F. SORROW (1968) und PARACHUTE (1970), die bis heute als die wohl wichtigsten Alben der ab 1963 aktiven britischen Band gelten, die inzwischen in den wohlverdienten Ruhestand gewechselt ist. Als Rhythmusgitarrist hatte Waller seine Karriere mit The Fenmen gestartet, bei denen ein gewisser Jon Povey am Schlagzeug saß. Die Combo schaffte es in die UK-Charts und bis nach Hamburg. „Dort spielten wir im selben Club, in dem ein Jahr zuvor die Beatles gestartet waren, und 1963 dann auch im Star-Club", erinnert sich Waller im Gespräch

wohnte Instrumente umzusteigen: Waller war plötzlich Bassist, Povey Keyboarder. Die ersten Sessions liefen ordentlich, entscheidender war ein anderer Faktor. Waller: „Die Pretty Things waren immer so etwas wie eine Bruderschaft – es kam weniger auf Virtuosität an. Viel entscheidender war, dass wir menschlich miteinander klar kamen!" Die freundschaftlichen Bande innerhalb der Combo zahlten sich aus, eben in Gestalt der wohl ersten Rockoper überhaupt, S.F. SORROW, und PARACHUTE. Auch wenn die Verkaufszahlen nicht den Erwartungen der Plattenfirma entsprachen. „Bei EMI saßen Buchhalter und Pfennigfuchser in den entscheidenden Etagen, die nicht das Potenzial der Band sahen, sondern die zugegeben hohen Produktionskosten, die wir bei den Aufnahmen in den Abbey Road Studios angehäuft hatten." 1971 beendete EMI den Vertrag mit der Band, doch ihrem Produzenten und langjährigen Beatles-Toningenieur Norman Smith gelang es, Waller abzuwerben und als Hausproduzenten zur EMI zu locken.

Das Debütalbum von Barclay James Harvest war einer der ersten Aufträge für Waller. Ganz nebenbei produzierte er auch FREEWAY MADNESS seiner Ex-Kollegen, die bei Warner Brothers vor Anker gegangen waren. „Ich habe auch gespielt und gesungen, allerdings unter dem Pseudonym Asa Jones, weil es sonst bei EMI gerunzelte Augenbrauen gegeben hätte", erzählt Waller, und man sieht ihn förmlich durchs Telefon grinsen. Und dann kamen die Herren George Young und Harry Vanda, die früheren Easybeats, mit ihrer neuen Truppe, der Marcus Hook Eine von vielen Pretty-Things-Besetzungen (v.l.): Phil May, Wally Waller, Roll Band, auf ihn zu. „Das war eine Dick Taylor, Skip Alan & Jon Povey großartige Zusammenarbeit, weil sie tolle Musiker waren. Wir haben in London ein paar mit GoodTimes. Doch dann kam Phil May bei ihm Singles zusammen gemacht, aber EMI hat es wieder vorbei, „als wir beide mal nicht auf Tour waren vergeigt, keine Promotion gemacht. Capitol wollte – wir waren ja Nachbarskinder, er hat genau ein ganzes Album, EMI dann auch, aber da war gegenüber auf der anderen Straßenseite gelebt. die Band schon zurück in Australien, wo ich einen Phil kam beim Songschreiben für EMOTIONS, Monat mit ihnen im Studio war. Bei einigen Sessions das nächste Album der Pretty Things, nicht war Angus Young dabei, sein Bruder Malcolm die weiter. Wir haben uns zusammengesetzt, und ganze Zeit – ein unglaublicher Musiker", schwärmt es hat sofort geklickt." Wenig später kam das Waller heute noch und trauert der Band hinterher: Angebot, zu May & Co. zu wechseln, und am Direkt nach ihrer Zusammenarbeit mutierte sie zu besten solle er doch Povey gleich mitbringen. AC/DC, und der Rest ist Geschichte. Die beiden nahmen es auch in Kauf, auf ungeSeite

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Waller tat sich mit dem französischen Sänger Philippe DeBarge zusammen. „Ich hatte 1969 ein Album von ihm produziert, und er wollte in Frankreich eine Band mit britischen Musikern auf die Beine stellen. Daraus wurde nichts, stattdessen lebte ich fast zwei Jahre in Biarritz in Saus und Braus." Bis ein gewisser Phil May auf Wochenendbesuch dorthin kam, ihm sein Leid über die musikalische Ausrichtung seiner Combo klagte – wenig später war Waller wieder im UK und Mitglied der Pretty Things. Dass die sich nach einer Pause 1978 reformierten, lag laut dem Bassisten an ihren Fans: „Unser niederländischer Fanclub lud uns zu einem Wochenende und seiner Convention ein. Unser Auftritt war zwar nicht unbedingt berauschend, wie ein Bootleg davon zeigt, aber das alte Verständnis war wieder da, und wir hatten auf einmal Bock, erneut als Pretty Things loszuziehen." Was dann immerhin bis 2018 so blieb. Auf die faule Haut hat sich Waller auch in den letzten Jahren nicht gelegt. „Ich würde gerne wieder live spielen, was derzeit zwar nicht geht, aber ich war schon immer ein Optimist, manchmal auch ohne Grund", meint er lachend. „Ich stecke voller Kreativität und habe zwei Projekte in der Pipeline, über die ich aber noch nichts Genaues sagen kann." Um sich dann aber doch noch entlocken zu lassen, dass er mit Twink, einem der früheren Pretty-Things-Schlagzeuger, möglicherweise ein gemeinsames Album in Angriff nehmen wird.

Music from the 60s to the 80s


HISTORY PICS MICHAEL MONARCH

© Pressefotos

Mit der Peyton Monarch Band hat Gitarrist Michael Monarch fünf Singles veröffentlicht, demnächst folgt wohl ein Album, und gemeinsam mit Sänger Jimmy Peyton ist er viel live unterwegs. „Wir spielen Jazzy Soul meets Country/Tropical Rock", erzählt der 69-Jährige. Und ein paar „modernisierte" Steppenwolf-Nummern. „Ich weiß die Band und ihre Einzigartigkeit heute besser zu würdigen als in den 70er und 80er Jahren", und er räumt ein, Frieden mit seiner Vergangenheit gemacht zu haben. Schließlich trug er als Leadgitarrist bis 1969 einen gehörigen Anteil zu den Hits der Band um Sänger John Kay bei. Danach kam Monarch gut herum, lebte in den 70er Jahren einige Zeit in London, wo er mit Roger Glover arbeitete. Pläne, eine Band mit Drummer Herman Rarebell (dr) und Keyboarder Blue Weaver zu gründen, zerschlugen sich. Nach der Rückkehr in

die USA kooperierte er mit Andy Fraser (Free) – „ein Ausnahmemusiker und Sänger, von dem ich mir in Sachen Songwriting einiges abgeschaut habe". Mit Sänger Michael Des Barres und Tony Kaye brachte er die Band Detective an den Start, die zwei Alben auf dem Led-Zeppelin-Label Swan Song veröffentlichte, sich aber während der Aufnahmen für die dritte LP zerstritt. „Seit 1996 bin ich mit den World Classic Rockers unterwegs, die heute aus mir, Nick St. Nicholas, Aynsley Dunbar, Fran Cosmo, Greg Walker und Randall Hall bestehen, nachdem das Personal öfter gewechselt hat. Wir haben ein paar Liveplatten gemacht, aber keine eigenen neuen Songs geschrieben. Jetzt sitze ich eben in meinem Heim in Florida fest, arbeite an Songs, mache kleine Videos für YouTube, bin viel mit meinem Motorrad unterwegs und warte darauf, wieder live spielen zu können – und ich hoffe, dass die für September geplante Reise mit meiner Frau nach Deutschland nicht der Corona-Pandemie zum Opfer fällt", blickt Monarch nach vorn.

FREDDIE SALEM

Freunden des Southern und Country Rock dürfte der Name Freddie Salem durchaus noch geläufig sein. Gehörte der heute in New York lebende Gitarrist doch von 1977 bis 1983 den Outlaws in deren erfolgreichster Phase an. Bereits mit 16 Jahren war Salem Profimusiker geworden, amtierte als Leadgitarrist der Tourband der Chamber Brothers. Er arbeitete als Session- und Tourmusiker, mischte später bei The Godz mit, spielte auf Aufnahmen von Barbra Streisand, Natalie Cole, Rick Cua; er produzierte und betrieb eigene Bands (Gunslingers, Wildcats, Steel Justice, Lonewolf). „In den letzten Jahren habe ich vor allem viel auf Film- und Fernsehmusiken gespielt, auch einiges in die Richtung komponiert", erzählte Salem GoodTimes am Telefon von New York aus. „Zuletzt war ich intensiv mit Verhandlungen mit dem deutschen Label MiG beschäftigt wegen der Veröffentlichung des Auftritts der Outlaws im ‚Rockpalast’ 1981 – meine damaligen Partner Hughie Thomasson und Billy Jones leben ja nicht mehr, und mit den heutigen Outlaws habe ich nichts mehr zu tun", gewährte Salem einen Blick hinter die Kulissen. „Außerdem habe ich mit Freddie Salem & Lone Wolf ein neues Projekt am Start – wir haben eine CD mit Retro-Southern-Rock fertig, die hoffentlich im Herbst herauskommen wird.” Natürlich seien die Hoch-Zeiten des Country und Southern Rock vorbei, die während seiner Zeit herrschten: „Das Genre war damals vor allem in den Staaten dank Bands wie The Pure Prairie League, den Eagles oder der Marshall Tucker Band auf einem Höhenflug." BRING IT BACK ALIVE war seinerzeit das erste Album der Outlaws, auf dem Salem zu hören war – „ich hatte einen Song von mir drauf, bei allen folgenden waren es zwei. Das war damals die Zeit, als wir die Gangart verschärft und härter gespielt haben."

Von Jörg Palitzsch

Mit viel Gefühl

An dieser Stelle wirft GoodTimes einen Blick in die Historie der Musik. Bunt wie die Rock- und Popmusik selbst, gibt es Geschichten über technische Erfindungen und Inspirationen sowie Genies, Künstler, Labels und Skurriles. Für alle Lebenslagen und Stimmungen hält die Rockund Popmusik unzählige Songs bereit. Wer so richtig Dampf ablassen will, sollte dies allerdings nicht im Kreise seiner Liebsten tun. Stattdessen: Besser ins Musikzimmer gehen und ins Regal mit den Hard-RockScheiben greifen. Mit ACE OF SPADES von Motörhead kann man sich wunderbar abreagieren, und wem das nicht reicht, dem sei anschließend noch "Welcome To The Jungle" von Guns N' Roses ans aufgeregte Herz gelegt. Danach geht es einem wirklich besser, und man kann seinen Liebsten wieder ganz entspannt gegenübertreten. Viele Menschen sind wetterfühlig, ihre Stimmungen schwanken zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Für die Optimisten haben die Beatles "Here Comes The Sun" komponiert. Unverbesserliche Pessimisten, die sich noch weiter runterziehen lassen wollen, können sich ja "It's Raining Men" von The Weather Girls anhören. Die verschärfte Fassung kommt von Etta James. Ihr "Stormy Monday" ist die Hymne für Wetterfühlige. Liebeskummer ist eines der schlimmsten Dinge, die ein Mensch erleiden kann. Schlaflose Nächte, Schweißausbrüche, Lethargie und Trennungsschmerz drücken Verlassene in den Boden und lassen sie in die Kissen weinen. Bessie Smith lehnt sich in ihrem "Careless Love Blues" gegen diese Gefühle auf und wünscht ihren Ex-Lover voll weiblichem Zorn zur Hölle. Die geniale Annie Lennox des Duos Eurythmics hat aus einer menschlichen Entfremdung mit "No More 'I Love You's'" einen hochemotionalen Song gemacht, den man auch im Theater aufführen könnte. Vielleicht kann sie das Lied mit der ganzen Theatralik einer großen Filmgöttin nur so aufführen, weil sie zu diesem Zeitpunkt von Gitarrist David A. „Dave" Stewart getrennt war – alles ganz große Gefühle. Wenn man sich mit dem Thema Musik und Liebe beschäftigt, kommt man an Marvin Gaye nicht vorbei. Als Kind sexuell missbraucht, ein gewalttätiger Vater und an Depressionen leidend, hat er in "When Did You Stop Loving Me, When Did I Stop Loving You" all seine Gefühle gelegt, all seine Hoffnung, all sein Scheitern. Am Ende aller Gefühle steht der Tod. Und wer könnte einen besser ins Jenseits befördern als Johnny Cash, der selbst viele Tode durchlebt hat. Sein überwältigendes "Spiritual" kann man sich auf jedem Sterbebett anhören. Bis der Sensenmann kommt.


Joe Simon Von Rüdiger Bloemeke

Soul aus der CountryMetropole Als Schwarzer in der Musikindustrie von Nashville Fuß zu fassen ist nicht gerade einfach. Aber dann neben R&B ausgerechnet auch noch Country-Stücke als Soul zu präsentieren war gewagt. Joe Simon hatte damit weltweit Erfolg. Doch er stand immer im Schatten von Percy Sledge.

Gospel- und Soulsänger auch begann er, im Chor des Vaters zu singen. Weil er aber seine Zukunft nicht im Baumwollpflücken sah, versuchte er sein Glück als Sänger in Kalifornien. Wie viele vor ihm landete er dort auf der Straße. Bevor er dann Mitglied einer Gospelgruppe wurde, lebte er in einem ehemaligen Hühnerstall. Aber er gab nicht auf, seinen Traum zu verfolgen. Mit den Golden West Gospel Singers aus Richmond, die sich an Sam Cookes Soul Stirrers orientierten, stand er zum ersten Mal in einem Plattenstudio. Auch der weitere Werdegang war typisch: Der Plattenproduzent der Gruppe, Gary Thompson, entdeckte Simons Talent und ließ ihn 1960 Solo-Aufnahmen machen. Sein Hush-Label mit dem Sublabel Gee Bee war ein kleines Familienunternehmen, das mit lokalen Musikern zusammenarbeitete. An einigen Sessions nahm ein jugendlicher Gitarrist namens John C. Fogerty aus dem benachbarten El Cerrito teil. Auch Sly Stone spielte Gitarre für Joe Simon.1964 gelang der Durchbruch. Labelbesitzer Thompson hatte den Titel "My Adorable One" geschrieben, der in Simons Interpretation die Aufmerksamkeit des Vee-Jay-Labels erregte. Vee Jay sah Potenzial in ihm, kaufte seinen Vertrag und organisierte die nächste Aufnahme in Muscle Shoals, wo Spooner Oldham und Dan Penn für ihn "Let’s Do It Over" schrieben. Beide Vee-Jay-Singles platzierten sich in den R&BCharts des „Billboard". Die Zukunft sah gut aus für Joe Simon.

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oulsänger kamen in den 60er Jahren in erster Linie aus Memphis, Tennessee, Muscle Shoals, Alabama oder vom Motown-Label in Detroit (Michigan). Aber nicht aus Nashville, wo Musiker mit Stetson und Stiefeln auftreten. Dort konnte das Establishment in den 60er Jahren zwar Charley Pride akzeptieren, weil er sich den Musikstandards der Grand Ole Opry anpasste. Aber Joe Simon wäre ein Außenseiter geblieben, hätte ihn nicht John Richbourg entdeckt, der unter dem Namen John R. vom Sender WLAC in Nashville aus die Südstaaten mit schwarzer Musik beschallte. John R. war so berühmt wie Alan Freed und wurde von den meisten seiner Zuhörer wegen seiner Playlist und seines Sprachstils für einen Schwarzen gehalten. Für Joe Simon war er ein Glücksfall.

Begleitet von John Fogerty und Sly Stone Auch Simon stammte aus dem Süden. Er wurde 1943 in Simmesport, Louisiana, geboren, wo sein Vater Prediger einer Baptistengemeinde war. Wie viele andere Seite

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Mit anderen R&B-Künstlern ging er auf Tournee durch die USA – vom Süden bis nach New York, wo er sogar im Apollo auftrat. Die Nachricht vom John R. Richbourg: DJ Vee-Jay-Bankrott erwischte ihn Rich und Simon-Mentor kalt. Dann trat John R. Richbourg in sein Leben. Der propro minente DJ war nicht zufrieden damit, nur Platten aufzulegen. Er wollte selbst produzieren. Die Gelegenheit dazu gab ihm Fred Foster, der neben seinem Country-Label Monument mit Sound Stage 7 auch ein Label für schwarze Musik gegründet hatte. Dafür engagierte er John R. als A&R-Mann. Und RichRich bourg sah eine große Zukunft für Joe Simon voraus, als der in Nashville Nashvi auftrat. Die erste Simon-Single auf Sound Stage 7 bestätigte ihn: "Teenager’s n

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Prayer" schaffte es 1966 auf Platz 66 der BillboardCharts. Interessanter aber war "My Special Prayer", das zwar 1967 nur auf Platz 87 gelangte, aber von Percy Sledge gecovert wurde. Auch "My Adorable One" übernahm Sledge von ihm. Beide Sänger wurden in den USA sowohl in den R&B- als auch den Pop-Charts notiert, beide wurden gleichzeitig Stars der Soulszene, aber damit enden die Ähnlichkeiten. Simons Stimme wirkte kräftiger, und der „Record Collector" sah in seinem Southern Soul Style eine Mischung aus Blues Siund Honky Tonk. Und anders als Sledge wählte Si mon Stücke der Country-Musik für sein Repertoire aus. "Hangin’ On", "The Chokin’ Kind" und "Yours Love" hatte vor ihm schon Waylon Jennings zu Hits gemacht. Die Country-Szene aber ignorierte Simons Soulversionen.

SW AO NL DF YR U M

Bei Otis Reddings Beerdigung Simon bewegte sich zwischen zwei gegensätzlichen Welten. Auf der einen Seite coverte er Kris Kristoffersons "Help Me Make It Through The Night", auf der anderen machte er Nat King Coles "Looking Back" wie auch Taj Mahals "Farther Down The Road" zu Hits. In der schwarschwar zen Musikgemeinde fand er damit schnell Anerkennung. Für Otis Reddings TrauerfeiTrauerfei er in Macon, Georgia, wurde er ausgewählt, das Kirchenlied "The Old Rugged Cross" zu singen. Mit Solomon Burke und Arthur Conley war er einer der Sargträger bei der Zeremonie. Er war mit Rufus Thomas und B.B. King befreundet. Mit den Jazz- und BluesSchwergewichten Count Basie, Dizzy Gillespie, Muddy Waters und Otis Spann ging er im November 1968 mit der Show „Story Of Soul" auf Europa-Tournee. Der schnelle Aufstieg war neben seinem Talent vor allem John R. Richbourg zu verdanken. Der war nicht nur Simons Manager und Plattenproduzent, sondern hatte keine Probleme damit, seinen Schützling auf seinem Radiosender zu featuren. Richbourg war zusätzlich zu seinen Einnahmen als Produzent auch als A&R-Mann finanziell beteiligt. Wenige Jahre nach dem Payola-Skandal kümmerte das in Amerika niemanden mehr.

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Die lukrative Verbindung blieb bestehen, als Joe Simon 1970 das Label wechselte. Jetzt hatte auch er dazugelernt und sich mit dem neuen Vertrag einen 25-Prozent-Anteil teil beim Spring-Label gesichert. Obendrein teilte er sich die Produzentenrolle mit Richbourg. Seine Position der Stärke ergab sich nicht zuletzt auch daraus, dass er für "The Chokin’ Kind" einen Grammy verliehen Erbekommen hatte. Nach nur noch mittelmäßigen Er gebnissen brachte John R. Richbourg dann die PhillySound-Produzenten Kenneth Gamble und Leon Huff ins Spiel. Das zeigte Wirkung. Die Single "Drowning In The Sea Of Love" vom gleichnamigen Album stellte alles in den Schatten, was Simon zuvor veröffentlicht hatte. Jetzt machte er beim Disco-Boom mit. Der Song, der ihm eine Goldene Schallplatte einbrachte, erschien dann noch einmal auf der nächsten LP, die mit "Power BundesOf Love" und "Step By Step" – auch in der Bundes Verrepublik – wieder Hitnotierungen schaffte. Der Ver such, ihn mit SIMON COUNTRY als Country-Sänger zu vermarkten, scheiterte allerdings. 1975 kehrte er mit "Get Down, Get Down" zurück in die R&B-Charts, zudie Filmmusik zu „Cleopatra Jones" brachte ihm zu sätzlich einen Achtungserfolg. GLAD YOU CAME MY WagoWAY, produziert von Country-Legende Porter Wago ner, beendete 1981 seine Chartspräsenz. Joe Simon entschied sich, zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Bei einem Auftritt in New Orleans verkündete er, er werde sich einem christlichen Leben widmen: „Ich habe Satan gedient, obwohl ich von Gott gesegnet war. Von nun an werde ich Gott dienen." Wie Al Green singt er jetzt das Amen in der Kirche. GoodTimes 3/2020

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RUNDE GEBURTSTAGE 22.5.1950 Bernie Taupin bewarb sich einst um einen A&R-Job bei Liberty Records, lernte dabei den Mitbewerber Reginald Dwight kennen – beide bekamen den Job nicht, ernteten stattdessen später als Autorenduo Welterfolge: Taupin textete, Dwight alias Elton John komponierte und sang – was beiden die Aufnahme in die Songwriters Hall Of Fame bescherte. Taupin kooperierte auch mit Alice Cooper, Brian Wilson, Starship, Heart, veröffentlichte ein Spoken-WordAlbum sowie zwei Scheiben mit seiner Band Farm Dogs. Zuletzt widmete er sich der Malerei. 22.5.1950 Billy Whelan komponierte keltische Musik und Musicals, gehörte als Keyboarder Planxty an, produzierte U2, Van Morrison, Kate Bush und die Dubliners. 24.5.1945 Dave Peacock war nach Anfängen bei einer Fifties-Combo namens Rolling Stones, The Tumbleweeds und Black Claws ab 1974 eine Hälfte des Duos Chas & Dave, bis Chas Hodges 2018 verstarb. Daneben arbeitete der singende Bassist/Gitarrist mit Kollegen wie Francois Hardy, Albert Lee, Tony Ashton, Dave Edmunds, Jerry Donahue, Magna Carta und vielen anderen. 25.5.1945 Leif Johansson saß mit Unterbrechungen 1979 bis 2000 bei der schwedischen New-Wave/Pop-Band Secret Service am Schlagzeug. Mit deren Sänger Ola Hakansson hatte er bereits in den Sixties bei Ola & The Janglers gespielt. 25.5.1950 Robby Steinhardt prägte ab 1972 als Co-Leadsänger und Geiger den Sound von Kansas maßgeblich mit. 1982 stieg er aus, kehrte 1997 für neun Jahre zurück, ehe ihm das Touren zu viel wurde. Heute ist er mit „The Music Of Kansas" unterwegs. 26.5.1940 Gregor Cornely (bürgerlich Wilczek) sang zunächst bei den Cornely Singers, ehe er nach deren Auflösung 1969 das bis 1978 aktive Gesangsensemble Love Generation startete. Veröffentlichte später auch als Marc Nolan solo und war in der Hamburger Jazzszene aktiv. 26.5.1945 Garry Peterson spielte ab 1965 Schlagzeug bei Guess Who, war nach dem 1975er Split bei diversen Reunions dabei und trommelte ab 1989 in der gleichnamigen, zunächst von Jim Kale, dann von ihm angeführten Combo. 27.5.1935 Len Chandler, ein aus Akron, Ohio, stammender Folksänger, veröffentlichte in den 60er Jahren drei Alben, profilierte sich aber schon früh in der US-Bürgerrechtsbewegung – seinen Song "Keep On Keepin’ On" von 1964 stimmte Martin Luther King bei Protestveranstaltungen an. Chandler stand 2013 beim „March On Washington" neben Joan Baez und Bob Dylan auf der Bühne.

27.5.1945 Bruce Cockburn gehört seit Jahrzehnten zu den international angesehensten Singer/Songwritern, der Inspiration für die Inhalte seiner Songs auch durch Besuche in Nicaragua und Afrika (inklusive Räumen von Landminen) sammelte. Dazu zählt der Kanadier zu den weltweit besten Gitarristen (siehe GT 6/2019, 2/2015).

70 · 75 · 80 · 85 · 90 · 95... Jahre verkaufte Platten und 26 Top-Hits im UK (USA: 19) bescherte.

1.6.1950 Wayne Nelson traktierte in Los Angeles seine Drums zunächst für Kenny Loggins und Jim Messina, ehe ihn die Australier der Little River Band 1980 verpflichteten – er blieb bis 1996 als Bassist, kehrte 2000 als Leadsänger zurück und führt die Band heute an.

7.6.1945 Allan Taff" Freeman, aus dem " UK stammender Hammondspieler, trat mit Derek Moore (b) und Ron Howden (dr) als The Prophets auch im Hamburger Star-Club auf. 1969 starteten sie mit Roye Albrighton Nektar, denen er 2004 den Rücken kehrte. Er mischte danach als Gast bei Message mit (er hatte früher mit Allan Murdoch bei MI 5 gespielt).

27.5.1950 Dee Dee Bridgewater 2.6.1940 Earl Young prägte sammelte über Dekaden Renommee als Jazzsängerin als Schlagzeuger in den 70er Dee Dee Bridgewater Jahren den Philly Sound maßund Schauspielerin (auch in Musicals); lebte und arbeitete lange in geblich mit, unter anderem bei Harold Europa (Paris) und ist immer noch als Melvin & The Blue Notes, aber auch bei FAO-Botschafterin unterwegs. den von ihm gegründeten Trammps. 28.5.1945 John Fogerty noch groß vorstellen zu wollen, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Mit Creedence Clearwater Revival schrieb er Rockgeschichte und binnen kürzester Zeit zahllose Klassiker. Nach Jahren des Streits mit seinem Ex-Label kehrte er Ende der 90er Jahre wieder verstärkt ins Rockgeschehen zurück (siehe GT 1/2020) und begeistert seither und bis heute mit seinen Hits und energiegeladenen Konzerten. 29.5.1945 Gary Brooker ist Procol Harum (und umgekehrt), deren Vorläuferband Paramounts er 1962 mitgegründet hatte. "A Whiter Shade John Fogerty Of Pale" ist ebenso unsterblich wie viele seiner anderen Werke. Der Keyboarder/Sänger unterstützte zahlreiche Kollegen im Studio (George Harrison, Eric Clapton, Paul McCartney, Frankie Miller, Kate Bush), veröffentlichte vier eigene Alben, mischte bei Billy Wyman’s Rhythm Kings mit – und hat für 2021 Procol-Harum-Shows hierzulande angekündigt. 31.5.1940 Augie Meyers prägte durch sein Orgelspiel den Sound des Sir Douglas Quintets maßgeblich mit, ebenso den der Texas Tornados und diverser Alben von Bob Dylan. Dazu veröffentlichte er zahlreiche eigene Scheiben, zuletzt 2019 I KNOW I COULD BE HAPPY, IF I WASN’T THERE. 1.6.1935 Nick Todd, geboren als Cecil Boone, stand als Popsänger stets im Schatten seines älteren Bruders Pat Boone, hatte in den 50er Jahren in den USA zwei Top-50-Erfolge und war ab den 70er Jahren als Sozialarbeiter tätig. 1.6.1950 Tom Robinson war einer der ersten UK-Rockmusiker, der sich nach Jahren in einer sogenannten TherapieEinrichtung als schwul outete und mit der nach ihm benannten Band neben dem Hit "2-4-6-8 Motorway" auch mit "Glad To Be Gay" erfolgreich war. Er schrieb mehrere Songs mit Elton John, betrieb Sector 27, lebte zeitweise in Hamburg und Ost-Berlin, hat seit langem eine eigene Radioshow bei der BBC, engagiert sich für Amnesty International und die LGBTBewegung und musste eine UK-Tour zu Seite

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GoodTimes 3/2020

Von Philipp Roser

seinem 70. Geburtstag Corona-bedingt verschieben.

2.6.1945 David Dundas dürften die meisten von seinem Hit "Jeans On” (1976) kennen. Bis 1978 veröffentlichte der gelernte Schauspieler drei Alben; der Sohn des Marquess Of Zetland betätigte sich auch als Kino- und TV-Schauspieler, schrieb Filmmusik und lebt heute in Südfrankreich. 3.6.1950 Deniece Williams feierte ihre größten Solo-Erfolge als R&B-, Disco- und Gospelsängerin weltweit in den 70er/80er Jahren, nachdem sie bei Stevie Wonder vorgesungen hatte und von ihm gefördert worden war. Als Chorsängerin war die vierfache Grammy-Gewinnerin zudem für Roberta Flack, Linda Lewis, Esther Phillips, aber auch Iron Butterfly aktiv – und steht heute noch auf der Bühne. 3.6.1950 Florian Pilkington-Miksa , Sohn einer englischen Mutter und eines polnischen Vaters, stieß als 19-jähriger Drummer 1969 zu den neugegründeten Curved Air, stieg 1975 aus, trommelte für Al Stewart, Kiki Dee und Duncan Browne, war beim Neustart der Prog-Rocker 2008 wieder dabei und betätigt sich auch als Bildhauer. 4.6.1940 Cliff Bennett brachte 1957 in der UK-Beat/R&B-Szene seine Rebel Rousers an den Start, die von Brian Epstein gemanagt wurden und denen zwei Top-TenHits gelangen. Nach deren Ende sang er bei Toe Fat und Shanghai, lehnte ein Jobangebot von Blood Sweat & Tears ab, kehrte dem Musikgeschäft zeitweise den Rücken, tourt inzwischen aber wieder mit den Rebel Rousers. 6.6.1940 Howard Howie" " Kane (bürgerlich Howard Kershenbaum) sang zwischen 1960 und 1973 bei Jay & The Americans, zu denen er 2006 zurückkehrte und mit ihnen bis heute tourt. 7.6.1940 Tom Jones besingt nicht nur bis heute die "Sexbomb”, sondern ist für viele seiner (weiblichen) Fans auch eine solche. Der aus Wales stammende, inzwischen geadelte Sänger und von der „New York Times" als „Formwandler" Gewürdigte erwies sich in seiner langen Karriere als trittsicher in Pop, R&B/Soul und Country, was ihm über 100 Millionen n

Music from the 60s to the 80s

7.6.1945 Napoleon Murphy Brock wurde auf Hawaii von Frank Zappas Roadmanager entdeckt, für den Maestro war er als Saxofonist, Flötist und Sänger tätig, spielte auch mit Captain Beefheart und George Duke, ist heute noch mit Zappas Musik live unterwegs. 8.6.1940 Nancy Sinatra war als Sängerin und Schauspielerin mehr als nur Franks Tochter, auch wenn sie mit ihrem Vater duettierend Erfolge feierte. Ihre erste Single erschien 1961, vier Jahre später stürmte sie mit "These Boots Are Made For Walking" in den USA, im UK und Deutschland die Spitze der Charts. Die zweifache Mutter veröffentlichte nach der Jahrtausendwende und langer StudioAbstinenz noch zwei Alben. 10.6.1945 Benny Gallagher, ein schottischer Sänger, Multi-Instrumentalist und Songschmied, tat sich schon 1966 mit Graham Lyle als Autorenduo zusammen, sie waren bei McGuiness Flint dabei, veröffentlichten in den 70er Jahren acht Alben, versorgten Mary Hopkin, Don Williams, Art Garfunkel, Bryan Ferry mit Songs; dazu spielte Gallagher kurzzeitig Bass bei Dr. Hook, tritt noch sporadisch mit Lyle auf. 11.6.1940 Joey Dee führte als Sänger ab 1958 The Starliters an, die 1961 mit dem "Peppermint Twist” abräumten. Von 1965 bis 1975 war er solo zugange, dann wieder mit neuen Starliters-Besetzungen – und der „Godfather Of The Twist" ist immer noch live zu erleben. 11.5.1950 Graham Russell stammt aus England, startete mit Russell Hitchcock das bis heute aktive Soft-Rock-Duo Air Supply 1975 in Australien 12.6.1940 Richard Gottehrer begann als Songwriter, dessen Kreationen von den McCoys, später auch von David Bowie übernommen wurden. Ab den 70er Jahren verlegte er sich aufs Produzieren, u.a. der Debüts von Blondie und der Go-Gos sowie Alben von Joan Armatrading, Marshall Crenshaw, Richard Hell, Tom Jones Robert Gordon, Dr. Feelgood. Dazu war er 1966 Mitbegründer des Sire-Labels. 12.6.1950 Bun E. Carlos (bürgerlich Brad Carlson) trommelte von 1973 bis 2010 für Cheap Trick, betrieb anschließend Candy Golde, debütierte 2016 solo mit GREETINGS FROM BUNEZUELA! Und war


im selben Jahr bei der Aufnahme in die Rock’n’Roll Hall Of Fame dabei. 12.6.1950 Klaus Eberhartinger, österreichischer Sänger, Entertainer, Schauspieler und Moderator, stieg 1981 bei der Ersten Allgemeinen Verunsicherung (EAV) ein, die im vergangenen Jahr ihre Abschiedstournee absolvierte. 14.6.1945 Rod Argent kann auf eine über 50-jährige Karriere als Keyboarder, Songschreiber, Filmmusikkomponist, Sänger und Produzent zurückblicken. Erfolge feiert(e) er mit den 1961 gegründeten, immer wieder reaktivierten Zombies und Argent, war solo kreativ und produzierte (oft mit Peter Van Hooke) Tanita Tikaram, Soraya, Nanci Griffith, Jules Shear und Joshua Kadison – und er war mit Ringo Starr & His All-Starr Band unterwegs. 16.6.1950 Klaus Lage arbeitete als Sozialarbeiter in einem Kinderheim, spielte bundesweit mit dem Berliner Rock-Ensemble und veröffentlichte ab 1980 Soloscheiben. 1984 räumte er mit "1000 und 1 Nacht" ab, lieferte die Musik für Schimanski-„Tatorte", spielte 1995 im Musical „Stars" und ist immer noch überaus aktiv auf der Bühne wie im Studio. 16.6.1945 Pete Rivera (Peter Hoorelbeke) war bei Rare Earth (und deren Vorläuferband The Sunliners) von 1960 bis 1983 trommelnder Leadsänger, danach solo wie auch mit The Classic Rock All Stars aktiv. 2018 veröffentlichte er ENCORE. 17.6.1950 Dany Lademacher stammt aus Belgien, spielte Gitarre beim Holländer Herman Brood & His Wild Romance, veröffentlichte ein Solowerk, spielte bei der belgischen Popcombo The Radios und ist heute mit The Wild Romance auch hierzulande unterwegs. 19.6.1950 Ann Wilson betreibt als Leadsängerin seit 1973 gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Nancy die Band Heart und hat auch zwei Solowerke vorzuweisen. 20.6.1945 Anne Murray gilt als die Grande Dame der Pop- und Country-Szene Kanadas, die auch in den USA zahlreiche Erfolge feiern konnte. Sie zog sich allerdings schon bald aus dem Showgeschäft zurück. 21.6.1950 Jörg Evers , ein studierter Musikwissenschaftler, spielte Gitarre/ Bass bei Amon Düül II, Embryo, 18 Karat Gold, Sameti, Peter Maffay, machte Punk mit The Pack, ehe er sich ab Mitte der 70er Jahre aufs Arrangieren, Produzieren und Komponieren verlegte, Filmmusiken schuf und dem Gema-Aufsichtsrat angehörte. 21.6.1950 John Paul Young stammt wie so viele australische Musiker aus Schottland. Elm Tree waren seine erste Band, er sang in Musicals, ehe ihn zu Beginn seiner Solokarriere Vanda/Young produzierten – die krönte er bereits 1978 mit "Love Is In The Air", ist aber bis heute unverdrossen aktiv.

21.6.1950 Joey Kramer klagte zu Beginn des Jahres nach nicht ganz durchsichtigen Streitigkeiten mit seinen langjährigen Bandkollegen bei Aerosmith vor Gericht darum, seinen Dienst als Schlagzeuger wieder aufnehmen zu dürfen. Bei seinem Comeback im Februar war von mangelnder Einsatzfähigkeit nichts zu sehen. Der Drummer war schon 1970 bei der Gründung der Band dabei. 24.6.1945 Colin Blunstone pendelt seit den 60er Jahren mit seiner Sangeskarriere zwischen Bandunternehmungen mit den Zombies und SoloRod Argent Aktivitäten (zeitweise auch als Neil MacArthur). Dazu ist er auf Alben des Alan Parsons Projects, von Mike Batt, Steve Hackett und anderen zu hören. 25.6.1945 Carly Simon ersang sich während ihrer langen Karriere einen Grammy und Oscar, machte sich mit "You’re So Vain" unsterblich (das Bassintro spielte Klaus Voormann, Mick Jagger sang Chor), war mit James Taylor verheiratet, überstand eine Brustkrebserkrankung, machte sich in den letzten Jahren aber überaus rar. 28.6.1945 David Knights war der Originalbassist bei Procol Harum und auf "A Whiter Shade Of Pale" und den ersten drei Alben zu hören. Betätigte sich später bei Ruby, als Produzent und Manager (Mickey Jupp), ehe er das Musikgeschäft verließ. 29.6.1935 Glenn Tubb entstammt einer Musikerfamilie und erntete nach frühen eigenen Aufnahmen Meriten vor allem als Songschmied, bei dem sich Johnny Cash, George Jones & Tammy Wynette und Bob Dylan bedienten. Wechselte das Metier und wurde Pfarrer, der seine Gottesdienste auch via Facebook überträgt. 30.6.1945 Herbert Ihle war in den Sixties in der Kölner Beatszene aktiv, so bei The Singing End und Tanned Leather, und arbeitete als Studio- und Toursänger. 1.7.1945 Deborah Debbie" Harry schaff" te es singend, Glas springen zu lassen, brachte mit Blondie eine ganz eigene Note in die New-Wave-Bewegung und den Pop ein, gilt heute als „Punk-Ikone der Frauenbewegung", wie in GT 1/2020 nachzulesen ist. 2.7.1945 Randy Holden brachte als Gitarrist mit Blue Cheer die Rockwelt nicht nur lautstärkemäßig zum Beben, war nach Jahren als Surf-Rocker mit Fender IV und Sons Of Adam einer der Urväter des Doom Metal, veröffentlichte solo (zuletzt 2015) und malt heute. 2.7.1945 Peter Cruickshank war 1963 bis 1974 (und 2003/4) Bassist der Groundhogs, zu denen er gelegentlich noch auf die Bühne kommt, und begleitete John Lee Hooker. 2.7.1950 Hans Bathelt trommelte ab der Gründung 1970 bis 1976 bei Triumvirat, verfasste in der Zeit die meisten Texte, war mit der Band auch in den USA auf Tour. GoodTimes 3/2020

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Zerstritt sich mit seinen (Ex-Kollegen), wechselte die Seiten und ging zur Plattenfirma EMI, ehe er sich im SoftwareBusiness betätigte.

veröffentlichte zahlreiche Platten und ist seit 1972 immer wieder mal mit Joe Ely und Jimmie Dale Gilmore in der AmericanaSupergroup The Flatlanders zugange.

2.7.1950 Duncan Mackay gehörte als Keyboarder/Sänger der Ginger Baker Band, Colosseum II, Steve Harley & Cockney Rebel und 10cc an, ist auf Alben des Alan Parsons Projects, Budgie, Camel und Kate Bush zu hören und brachte eigene Scheiben heraus. Zog nach Südafrika und komponiert Filmmusik.

13.7.1935 Pete Escovedo machte mit zwei Brüdern Latin Jazz, ehe ihn Carlos Santana zu sich holte. Der Perkussionist und Sänger, Vater von Sheila E., durchbricht (auch mit seiner Bigband Azteca) die Barrieren zwischen Smooth und Latin Jazz, Salsa und zeitgenössischen Stilen – und sitzt immer noch auf der Bühne hinter seinen Drums.

4.7.1945 Ringo Funk bearbeitete sein Schlagzeug bei den Devils, Young Ones, The Other Four, Kentuckies und Rolicks in West-Berlin, ehe er 1972 Jeronimo gründete, mit der Band europaweit zwei Hits landete und vier Alben machte. Daneben war er bei Atlantis aktiv (inklusive US-Tour), danach bei Karthago, Skin, Michael Wynn, arbeitete für Inga Rumpf, Boney M., Supermax und Octopus, reformierte 2001 Jeronimo (bis 2006). 4.7.1945 Roger Powell traktierte die Felle bei The Action, Mighty Baby und der Albion Country Band, begleitete Richard Thompson und komponierte. 5.7.1950 Huey Lewis ist wegen der Innenohrschädigung durch die seltene Menière-Krankheit nahezu taub (siehe GT 2/2020), hat jüngst aber mit WEATHER noch ein aus gesundheitlichen Gründen kurz ausgefallenes Album veröffentlicht. Davor verewigte er sich gemeinsam mit seiner Band The News mit Klassikern wie "I Want A New Drug", "Do You Believe In Love" oder "The Heart Of Rock’n’Roll" in der Rockgeschichte. 5.7.1950 Michael Monarch hat neben Frontmann John Kay ab den Anfängen 1969 als Leadgitarrist den Sound von Steppenwolf bis 1969 wesentlich mitgeprägt und gehörte Detective an. Zwischen 2001 und 2006 veröffentlichte er vier Solowerke, arbeitete mit vielen Kollegen, war danach mit den World Classic Rockers unterwegs und ist in Florida noch mit der Peyton Monarch Band zu erleben. 7.7.1940 Ringo Starr mag 50 Jahre nach dem Ende der Beatles vielleicht ein wenig langsamer agieren, ist in seinem Tatendrang aber immer noch nicht zu bremsen – ob live mit seinen All Starrs oder im Studio, wie zuletzt im Studio mit WHAT’S MY NAME, wie in GT 1/2020 nachzulesen war. Ringo Starr

9.7.1950 Willy Michl , auch „Isarindianer" genannt, gilt als ebenso eigenwilliges wie kreatives bayerisches Original, das 1971 sein erstes Album veröffentlichte. Sein Künstlername Sound Of Thunder steht auch in seinem Ausweis, der Albumtitel OIS IS BLUES ist längst zum geflügelten Wort geworden. Das Urgestein des Alpen-Rock ist immer noch sehr aktiv. 12.7.1945 Butch Hancock machte sich in Country- und Folk-Kreisen einen Namen,

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13.7.1950 Peter Goalby sang zwischen 1982 und 1986 bei Uriah Heep, nachdem er zuvor als Leadvokalist/Rhythmusgitarrist bei Trapeze gewirkt hatte. Neben eigenen Scheiben war er gesanglich wie gitarristisch im Studio auch mit Slade, John Parr, Shy, Tigertailz aktiv. 15.7.1945 Peter Lewis war Gründungs mitglied (g, voc) bei der Bay-Area-Legende Moby Grape – bis heute spielt er immer wieder mit den noch Aktiven seiner Ex-Kollegen zusammen, hat daneben mehRingo Funk rere Alben über das deutsche Taxim-Label herausgebracht. 2000 bis 2003 gehörte er zudem den reformierten Electric Prunes an, arbeitete mit David West und Tochter Arwen. 19.7.1945 Wesley Wez" Price stieg als " Bassist bei The Sorrows ein, wechselte dann an die Rhythmusgitarre. War dabei, als die Band nach Italien übersiedelte, wo er länger in Rom hängenblieb. Weitere Karrierestationen waren The Unknowns, The Autocrats und Indian Summer. 20.7.1945 Kim Carnes sang 1962 bis 1970 bei den New Christy Minstrels, erzielte Mitte der 70er Jahre erste SoloAchtungserfolge, 1981 mit "Bette Davis Eyes" einen weltweiten Nummer-1-Hit. Sie konzentrierte sich später mehr aufs Songschreiben und lebt heute in Nashville. 20.7.1945. John Lodge ersetzte 1966 bei den Moody Blues Clint Warwick am Bass und Gesangsmikrofon, steuerte zahlreiche Songs bei, veröffentlichte solo. Derzeit bremst ihn das Corona-Virus aus, was eigene Konzerte angeht wie auch solche mit den Moody Blues. 20.7.1950 Stephan Trepte sang bei Electra (1972–74), wechselte für zwei Jahre zu Lift, um sich nach einem Kurzgastspiel bei Neon der Magdeburger Band Reform anzuschließen (bis 1986). Danach wirkte er bis 2015 bei diversen Projekten auch mit Ex-Kollegen seiner früheren Bands mit. 21.7.1945 Mike Wilsh (bürgerlich Wilshaw) bearbeitete in den frühen 60er Jahren den Bass bei den Brit-Poppern The Four Pennies, mit denen er 1964 den #1-Hit "Juliet” landete. 23.7.1950 Blair Thornton war ab 1974 der eher schmächtige, schnurrbärtige Gitarrist neben den Kraftpaketen Randy Bachman und Fred Turner bei Bachman Turner Overdrive. Lebt heute mehr oder weniger im Ruhestand.


GEDENKTAGE 25.5.1990 Gary Usher (*14.12.1938) stellte früh seine eigenen künstlerischen Ambitionen hintan, um als Produzent (Byrds, Peanut Butter Conspiracy, Sagittarius, Dick Dale) zu arbeiten und Songs für andere (Beach Boys) zu schreiben, bis Lungenkrebs sämtliche Aktivitäten stoppte. 25.5.2005 Domenic Troiano (*17.1.946) war als Gitarrist bei The Hawks, der James Gang, Guess Who und Manadala dabei, veröffentlichte solo und starb zehn Jahre nach der Diagnose Prostatakrebs.

einem Taxi angefahren und erlag einem Hirntrauma. 8.6.2010 Crispian St Peters (*5.4.1939 als Robin Smith) landete in den 60er Jahren weltweit mehrere Hits, war später mit Nostalgie-Tourneen unterwegs, schrieb für Kollegen. Nach einem Schlaganfall 1995 trat er kürzer und zog sich 2001 aus dem Musikgeschäft zurück. Er starb nach langer Krankheit.

9.6.2015 Hans James" Last " (17.4.1929), gelernter Bassist, Crispian St Peters arbeitete als Bandleader, Komponist, Arrangeur und Produzent 27.5.2005 Dave Curlee" Williams hin(u.a. Wonderland). Er entdeckte im Easy" Listening-Sektor eine Marktlücke, die er terließ Spuren in der Rockhistorie als mit seinem Happy Sound füllte: Mit seiCo-Autor/Texter von "Whole Lotta nem Orchester coverte er Hits in eigenen Shakin'Goin' On”; er belieferte auch Ricky Arrangements und feierte so von seiner Nelson, Carl Perkins und Little Richard. Er Wahlheimat Florida aus Erfolge in aller wurde 84 Jahre alt. Welt, war bis kurz vor seinem Tod nach kurzer schwerer Krankheit aktiv. 30.5.1980 Carl Radle (*18.6.1942) bearbeitete seine Basssaiten in Diensten von Gary 14.6.1980 Charles Miller (*2.7.1939) sang Lewis & The Playboys, Delaney & Bonnie, Derek & The Dominos und Eric Clapton, und blies für Nightshift in sein Saxofon, für den er auch arrangierte. Dazu ist er ehe sich die Band in War umbenannte, auf Aufnahmen von George Harrison, J.J. mit Eric Burdon kooperierte. Später tat er Cale, Joe Cocker, Buddy Guy zu hören – dies auch für Dr. John, Ray Charles, Levon bis ihn eine Niereninfektion dahinraffte. Helm und andere, bis er als Opfer eines Raubüberfalls auf offener Straße tödliche ?.6.1995 Gerd Hoch (*16.2.1951) war Verletzungen erlitt. die Reibeisenröhre von Sound Edge 17.6.2005 Karl Mueller (*27.7.1962) war (1969–1973, u.a. mit Zeus B. Held und Friedemann Leinert), ehe er bei den HardGründungsbassist von Loud Fast Rule, aus Rockern Bullfrog das Gesangsmikro in die denen die Vorzeige-Grunger Soul Asylum Hand nahm und den Bandsound maßgebhervorgingen (Kehlkopfkrebs). lich prägte. Nach deren Ende 1981 zog er zeitweise nach Chicago, mischte bei Tuff 21.6.1980 Bert Kaempfert (*16.10.1923), Enuff mit, ehe er sich in der Schweiz vor der Name stand für Jazz und Easy Listening. einen Zug warf. Das genaue Datum ist Er war mit "Wonderland By Night" 1961 nicht zu eruieren. der erste Deutsche, der es auf Platz 1 der US-Charts schaffte, nachdem keine deut1.6.2000 Ralph Jones (*28.2.1921) sche Plattenfirma die Instrumentalnummer hatte veröffentlichen wollen. Frank Sinatra trommelte nicht nur ab 1955 bei Bill ("Strangers In The Night") und Al Martino Haleys Comets (auch auf "See You Later, feierten Welterfolge mit Kompositionen Alligator”), sondern zudem bei Little des Mannes, der Tony Sheridan und dessen Ernie’s Four Horsemen – und er schrieb Begleitcombo The Beatles, im Top Ten Songs für Kollegen. Club entdeckt und produziert hatte ("My Bonnie", "Ain’t She Sweet"). Am 16. Juni 2.6.2000 Steve Waller (*30.6.1951) griff 1980 gab Kaempfert sein letztes Konzert als Gitarrist für Roger Ruskin Spear, Kevin in der Londoner Royal Albert Hall, fünf Coyne und Manfred Mann’s Earth Band Tage später erlag er in Spanien einem (1979–1983) in die Saiten. Leberprobleme Schlaganfall. kosteten ihn das Leben. 3.6.1990 Richard Sohl (*26.5.1953) spielte in den 70er Jahren Keyboards in der Patti Smith Group, aber auch für Iggy Pop, Elliott Murphy und Nina Hagen. Daneben schätzten zahlreiche Kollegen seine Arbeit als Arrangeur. Im Urlaub erlag er einem Herzinfarkt. 4.6.1990 Stiv Bators (*22.10.1949 als Stephen John Bator Jr.) sang bei Frankenstein, aus denen die Punkband Dead Boys hervorging, bei den kurzlebigen The Wanderers mit Johnny Thunders und Dee Dee Ramone. Er veröffentlichte solo, zog von New York nach London und brachte 1981 The Lords Of The New Church an den Start. Bei einem Aufenthalt in Paris wurde er von

22.6.2005 Carson Parks (*26.4.1936) schrieb "Something Cupid” für Frank & Nancy Sinatra; er war auch Mitglied des Duos The Steeltown Two, zeitweise mit seinem jüngeren Bruder Van Dyke Parks (Leberversagen). 23.6.2010 Pete Quaife (*31.12.1943) war 1963 als Bassist bei der Gründung der Kinks dabei, stieg 1969 aus und scheiterte anschließend mit Mapleoak. Er zog nach Dänemark, lebte zwischendurch in Kanada und verdiente seinen Lebensunterhalt als Cartoonist (Nierenversagen). 27.6.2015 Chris Squire (*4.3.1948) prägte mit seinem Bass den Sound nicht nur bei Yes, sondern davor und danach bei The Seite

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Von Philipp Roser Syn, Mabel Greer’s Toyshop, The Selfs, XYZ, Conspiracy, seinen Kooperationen mit Billy Sherwood sowie Steve Hackett – und Soloveröffentlichungen. Leukämie verursachte sein Ableben. 29.6.1975 Tim Buckley (*14.2.1947) startete seine Singer/Songwriter-Karriere als Folkie, interessierte sich dann aber auch für Psychedelia, Jazz, Soul, Funk und Avantgarde. Frank Zappas Drummer Jimmy Carl Black entdeckte ihn und verschaffte dem menschenscheuen Musiker einen Plattenvertrag bei Electra. Stilistisch verfolgte er einen Zickzackkurs, bis ihn eine Überdosis Heroin das Leben kostete. 29.6.2015 Bruce Rowland (*22.5.1941) hat eine schier endlose Nachweisliste von Arbeitgebern, für die er an den Drums saß: Grease Band, Terry Reid, Joe Cocker, Ronnie Lane & Slim Chance, Fairport Convention, Jo Ann Kelly, Gallagher & Lyle sind nur die bekanntesten. 1.7.1990 Brent Mydland (*21.10.1952 in München) spielte seine Keyboards in Bands der Bay-Area, zeitweise begleitete er Bob Weir, der ihn 1979 als Nachfolger für Keith Godchaux zu Grateful Dead lotste. Er sang auch lead bei der Kult-Truppe, überlebte aber eine Drogenüberdosis nicht. 1.7.1995 Wolfman Jack (`21.1.1938 als Robert Weston Smith), auch bekannt als Daddy Jules, war einer der bekanntesten Radio-DJs, den auch viele deutsche Musikliebhaber dank seiner von AFN ausgestrahlten Sendungen schätzten. Auch, weil er Songs quer durch die Genres spielte. Daneben war er im Fernsehen („Midnight Special”) und in Movies zu sehen, bis er einem Herzinfarkt erlag. 1.7.2000 Cub Koda (1.10.1948) spielte unter anderem Gitarre bei Brownsville Station, betätigte sich zudem als Songschmied, Blues-, R&B- und RockHistoriker, Musikkritiker und Buchautor. Nierenversagen stand in seinem Totenschein. 1.7.2005 Luther Vandross (*20.4.1951) sang und schrieb überaus erfolgreich Soul und R&B (acht Grammys, 25 Millionen verkaufte Alben). Der Diabetiker erlag einem Schlaganfall. 5.7.2005 Ray Davis (*29.3.1940) gehörte als Sänger zu den Gründungsmitgliedern von Parliament und Funkadelic, mit denen er in die Rock'n'Roll Hall Of Fame aufgenommen wurde. Er überlebte Lungenprobleme nicht. 6.7.2005 Denis D'Ell (*14.10.1943 als Denis Dalziel) arbeitete bei der britischen Bahn, ehe er ab 1963 als Sänger mit den Honeycombs ("Have I The Right?”) zu Ruhm und Kohle kam. Später war er – neben Honeycombs-Reunions – mit der Southside Blues Band und dem Duo Shuffle Brothers bis zu seinem krebsbedingten Tod unterwegs. n

Music from the 60s to the 80s

14.7.1990 Dagmar Dimitroff (*8.5.1960) trommelte bei der anfangs von Punk, New Wave und auch NDW geprägten Berliner Formation Die tödliche Doris, die sich zum multimedialen Projekt entwickelte. Sie starb bei einem Verkehrsunfall. 15.7.2000 Paul Young (*17.6.1947) war die Stimme bei Sad Cafe und dann gemeinsam mit Paul Carrack bei Mike & The Mechanics. Auch auf Aufnahmen von Marianne Faithfull und der Hothouse Flowers war er zu hören, bis ihn ein Herzinfarkt für immer verstummen ließ. 18.7.2015 Dave Black (*1953) ersetzte nach Anfängen bei den Prog-Rockern Kestrel Mick Ronson als Gitarrist bei den Spiders From Mars, spielte bei Goldie, 747 und der Brendan Healy Band. Er war gerade mal 62 Jahre alt, als ihn ein Zug überrollte. 20.7.2015 Dieter Moebius (*16.1.1944) drückte die Keyboardtasten bei Cluster, Harmonia, der Michael Rother Band und seiner eigenen, nach ihm benannten Truppe. Der Deutsch-Schweizer gilt als einer der Pioniere des Krautrock und elektronischer Musik, arbeitete mit Brian Eno & Hans-Joachim Roedelius, Liliental und Conny Plank, ist auf Platten von Andy Fraser, Phil Manzanera und Phil Collins zu hören (Krebs). 21.7.2005 Long John Baldry (*12.1.1941), Engländer mit kanadischen Wurzeln, gehörte zu den ersten Bluessängern im UK, nachdem er seine Lehrjahre bei Cyril Davies’ R&B All Stars, Alexis Korner und Blues Incorporated sowie Bluesology absolviert und Steampacket angehört hatte. In seinen Bands spielten mit Rod Stewart und Elton John Begleitmusiker, die später selbst berühmt wurden. Ab 1967 war Baldry bis zu seinem Tod solo unterwegs, wagte sich auch mal in Folk- und Pop-Bereiche, ließ sich durch psychische Probleme nicht unterkriegen, bis ihn eine Infektion in den Musikerhimmel beförderte. 22.7.2015 Eddie Hardin (*19.2.1949) war 2012 beim Jubiläumskonzert zum 70. Geburtstag seines langjährigen Kumpels und musikalischen Partners Pete York im Münchner Circus Krone noch an seiner Orgel gesessen und Eddie Hardin hatte gesungen. Wie er es zuvor bei der Spencer Davis Group, Hardin & York („The world’s smallest bigband"), ER, Axis Point oder Kooperationen mit Jon Lord, Ronnie James Dio, Cozy Powell und vielen anderen getan hatte. Er überlebte einen Herzinfarkt nicht. 23.7.1980 Keith Godchaux (*14.7.1948) griff von 1971 bis 1979 bei Grateful Dead in die Tasten, wo auch seine Frau Donna mit an Bord war – ebenso bei der Jerry Garcia Band. Danach gehörten sie The Ghosts an, die 1980 zur Heart Of Gold Band mutierte. Mit der spielte der Keyboarder aber nur eine Show, ehe ein tödlicher Autounfall das Mitglied der Rock’n’Roll Hall Of Fame jäh aus dem Leben riss.


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ROCK Teil 4

Schutzumschlag 304 Seiten, Hardcover mit farbiger Bilderdruck mit vielen raren Fotos cm, Preis: € 32,95 24 x 7 29, mat For 944957-03-6 -3978 N: ISB


REZENSIONEN – HIGHLIGHTS “Heart Full Of Soul” – die meisten GoodTimes-Leser dürften diesen Song der Yardbirds von 1965 kennen. Geschrieben hatte ihn der damals gerade mal 19-jährige Graham Gouldman. Davor schon hatte er “For Your Love” für seine Band Mockingbirds verfasst, doch deren Label Columbia Records lehnte den Song ab. Allerdings musste sich das Label hinterher nicht ärgern: Wurde das Lied doch in der Version der Yardbirds zum Millionenseller (UK #3, USA #6) – und Keith Relf, Eric Clapton & Co. standen ebenfalls bei Columbia unter Vertrag. Seither sind 55 Jahre vergangen und Songschmied Gouldman hat in dieser Zeit die Musikwelt noch mit vielen Hits versorgt. Um nur ein paar wenige zu nennen: “Bus Stop” (Hollies), “No Milk Today” (Herman’s Hermits), “Going Home” (Normie Rowe in Australien) – und dann ab 1972 Charterfolge in Serie mit 10cc: “Rubber Bullets”, “The Wall Street Shuffle”, “I’m Not In Love”, “I’m Mandy, Fly Me”, “The Things We

DVD Wer sitzt denn da mitten im Publikum und lächelt ganz verzückt? Mick Jagger! Und neben ihm: Charlie Watts. Die bei­ den Stones besuchten im Januar 1972 die New Temple Missionary Baptist Church in Los Angeles, als Aretha Franklin an zwei Abenden live ihr später sehr erfolg­ reiches Gospelalbum AMAZING GRACE einsang. Für die „Queen Of Soul”, da­ mals 29 Jahre jung, war es eine Rückkehr in ihre Kind­ heit. Sie sang von klein auf im Gospelchor der Kirche, in der ihr Vater Baptistenpre­ diger war, bevor sie später zum Jazz und zum Soul fand. Von Anfang an war geplant, zusammen mit dem Album eine Doku in die Kinos zu bringen. Regisseur war kein Geringerer als Sydney Pol­ lack („Tootsie”, „Jenseits von Afrika”). Der Film wurde aber nicht fertiggestellt; es gab Schwierigkeiten, Bild und Ton zu synchronisieren. Nach Einsatz heutiger Technik kam er erst 46 Jahre später ins Kino und erscheint jetzt erstmals auf DVD. Damit erblickt endlich diese Perle musikalischer Filmdokumen­ tation das Licht der Öffentlichkeit. Dem Filmteam gelang es bestens, die knis­ ternde Atmosphäre in der kleinen Kirche einzufangen. Die Kamera ist hautnah dran an der Sängerin und ihren gut aufgelegten

MODEST Y FORBIDS Do For Love” oder “Dreadlock Holiday” schrieb er oder war zumindest als Co-Autor beteiligt. Auch mit Andrew Gold war er als Wax erfolgreich. Mit seinen Bands (kurzzeitig war er auch noch bei den Mindbenders) veröffentlichte der gelernte Bassist zahlreiche Alben, auf seiner eigenen Arbeitsliste kamen in dieser langen Zeit gerade mal vier (plus eine EP) zusammen. Und zwischen der Veröffentlichung von LOVE AND WORK (2012) und seinem neuen Opus MODESTY FORBIDS sind immerhin satte acht Jahre vergangen! Aber das Livegeschäft mit 10cc und der „Heart Full Of Songs”-Show lief einfach zu gut – und Geld verdient wird heutzutage ja nur noch mit Konzerten, nicht mehr mit Alben. Auch bei den Shows, die Gouldman mit Ringo Starr als Mitglied von dessen All-Stars bestritt. Just der frühere Beatles-Schlagzeuger taucht auch gleich im ersten Song von Gouldmans neuem Tonträger auf. Ein Mr. Hart habe ihn angerufen und gefragt, ob © Pressefoto

CD

GRAHAM GOULDMAN er Teil von etwas Großartigem sein wolle, nämlich „to join a band with Ringo Starr”, singt Gouldman im ersten Vers von “Standing Next To Me” und erzählt die Zeit mit den All-Starrs im Zeitraffer – und Starr saß dabei am Schlagzeug, gibt der melodischen Nummer einen absolut entspannten Groove. Locker-flockig, relaxt mit einer jazzigen Note geht es gleich weiter mit “That’s Love, Right There”, wobei Pianist Jamie Salisbury in den Klangfokus rückt. Und es wäre kein Wunder, wenn sich in absehbarer Zeit Michael Bublé oder ein ähnlich orientierter Kollege die Nummer schnappen und damit die Charts stürmen sollte. “All Around The World” demonstriert zweierlei: Gouldman versteht es, nachdenkliche Texte, kritische Anmerkungen zur Welt von heute in eine angenehme, aber nicht süßliche Popnummer zu verpacken. Und: Trotz aller Erfolge als Songschmied scheut er sich nicht, Co-Autoren hinzuzuholen. In diesem Fall Beth Nielsen Chapman und Gordon Kennedy, später auch Bill Lloyd, Anna Krantz & Graeme Pleeth, Iain Hornal, Cassa Jackson oder Phil Thornalley.

BOX

ARETHA FRANKLIN AMAZING GRACE

Mitmusikern, darunter der Southern Ca­ lifornia Community Choir sowie Pianist/ Sänger Rev. James Cleveland, und bewegt sich wendig durch die engen Reihen von beseelten Gottesdienstbesuchern. Fran­ klin singt traditionelle Gospels wie “Mary Don’t You Weep”, “Amazing Grace” und “Old Landmark” (in einem Arrangement, das James Brown im Film „Blues Brot­ hers” fast eins zu eins über­ nahm). Ihre Phrasierung und die Bandbegleitung wurzeln stark in Blues und Soul, eben­ so, wenn sie Marvin Gayes “Wholy Holy” und den Ever­ green “You’ll Never Walk Alone” anstimmt oder Carole Kings “You’ve Got A Friend” mit dem Kirchenlied “Pre­ cious Lord, Take My Hand” koppelt. Ihre beeindruckende Stimme – angefeuert vom kräftigen Chor – steht ganz im Zentrum, ihr wird viel Raum gegeben. In einer Sze­ ne lobt Arethas Vater sie geradezu als ein Instrument, durch das Gott spreche. Jag­ ger und Watts jedenfalls kehrten nach ih­ rer Stippvisite beeindruckt zu den Aufnah­ men an EXILE ON MAIN ST. zurück. Ob der Zwischenstopp dazu beitrug, dass die Songs “Just Wanna See His Face”, “Shine A Light” und “Let It Loose” darauf solch einen Gospeltouch erhielten? (Weltkino, 86 Min.) frs Seite

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GoodTimes 3/2020

Iggy Pop und David Bowie – auf den ers­ ten Blick ein ungleiches Paar. Hier der ungestüme, wilde Proto­Punk. Auf der an­ deren Seite der reservierte, intellektuelle Popstar. Und doch war da etwas zwischen den beiden, das Phil Palmer, der auf Iggy Pops 1977er Album THE IDIOT Gitarre spielte, folgendermaßen beschreibt: „Die beiden schienen sich auf seltsame Art ge­ genseitig zu inspirieren. Die ganze Zeit über lag zwischen den beiden ein explosiver Mix aus Ideen.” So wird Palmer in dem 40­seitigen Büchlein zitiert, das der 7­CD­Box THE BOWIE YEARS beiliegt. Bowie schätzte Iggy Pop schon zu dessen Stooges­Zeiten und produzierte deren 1973er Album RAW POWER. Ge­ gen Ende des Jahrzehnts nahm er ihn erneut unter die Fittiche. Er half dem „Godfather Of Punk”, der zu der Zeit ein Drogenwrack war, wieder auf die Beine. Die beiden zogen nach Berlin, schrieben zusammen Songs, und Bowie produzierte die bahnbrechenden Alben THE IDIOT und LUST FOR LIFE (beide 1977). Sie führten Iggy Pop vom früheren Garagen­Rock weg und übten mit ihren komplexeren Sounds großen Einfluss auf die spätere New Wave aus. Mit Songs wie “The Passenger”, “Lust For Life”, “Sister n

Music from the 60s to the 80s

“What Time Won’t Heal” besticht durch Gouldmans Gesang – und würde perfekt ins Harmoniegesangkonzept der Frontm3n passen. Die Nummer geht ins Ohr und setzt sich dort auch fest – wie die anderen Songs liefert sie einfach High-Quality-Pop von einem Mann, der sein Handwerk gelernt hat und immer noch mit Herzblut zugange ist. Eigentlich hätte es jeder Song vierdient – auch das beatlesque angehauchte “Waited All My Life For You” oder das Instrumental “Russian Girl”, das eine ganz andere Stimmung setzt (osteuropäisch melancholisch) –, hervorgehoben zu werden. Auch weil Gouldman es wagt, eher heikle (gesellschafts-)politische Themen zu verarbeiten, wunderschön zu ummanteln und die Hörer zum Nachdenken anzuregen. Zumal die beiliegenden Texte das Verstehen durch die Mitlesemöglichkeit erleichtern. Fazit: ein rundum gelungenes Werk, nur scheinbar simpel gestrickt – die Feinheiten erschließen sich bei jedem Hören mehr. (Selbst-)Bescheidenheit ist hier dem Albumtitel zum Trotz unangebracht, Mr. Gouldman! (Rosala, 11/39:21) pro

IGGY POP

THE BOWIE YEARS Midnight” und “China Girl” gehören sie zu Iggy Pops bis heute erfolgreichsten und beliebtesten. THE BOWIE YEARS enthält neben den beiden neu remasterten Meisterwerken auch das Album T.V. EYE 1977 LIVE, das Pop eigentlich nur heraus­ brachte, um seinen damaligen Vertrag mit RCA zu erfüllen. Dementsprechend lieblos und vom Sound schlecht klingt es – leider auch in der Neuausgabe. Dafür enthält die Box mit dem in Cleveland aufgenom­ menen, nun erstmals offiziell veröffentlichten LIVE IN ’77 – AGORA THEATER endlich ein Album, das die Wucht der Tour, bei der Bowie als Keyboarder und Backgroundsänger dabei war, angemessen und mit längerer Spielzeit präsen­ tiert. Neben den damals Stooges­ neuen Songs sind auch einige Stooges Klassiker wie “I Wanna Be Your Dog” und “Search And Destroy” zu hören. Die beiden ebenfalls erstmals offiziell veröffentlichten Live­Alben aus London und Chicago ha­ ben leider einen ähnlich dumpfen Sound wie T.V. EYE. Als weiteren Bonus bietet das Paket mit EDITS & OUT­TAKES eine Scheibe mit Alternativversionen von unter anderem “Sister Midnight”, “China Girl” und “Lust For Life”. (Universal, 7 CDs) frs


TOP 5 – Manfred Mann's Earth Band – Chance Ian Hunter – Welcome To The Club Billy Joel – Glass Houses AC/DC – Back In Black John Lennon & Yoko Ono – Double Fantasy

1. 2. 3. 4. 5.

Dire Straits – Making Movies Bruce Springsteen – The River Bob Seger & The Silver Bullet Band – Against The Wind Supertramp – Paris Kinks – One For The Road

Fabian Leibfried

Helmut Ölschlegel

1. 2. 3. 4. 5.

1. 2. 3. 4. 5.

Witchfynde – Give 'Em Hell Magdeburg – Magdeburg Piramis – Piramis (engl. Version) Budka Suflera – Ona Przyszła Prosto Z Chmur Queen – The Game

Police – Zenyatta Mondatta Talking Heads – Remain In Light David Bowie – Scary Monsters (And Super Creeps) Bob Seger & The Silver Bullet Band – Against The Wind Kate Bush – Never For Ever

Jens-Uwe Berndt

Jörg Palitzsch

1. 2. 3. 4. 5.

1. 2. 3. 4. 5.

Rockpile – Seconds Of Pleasure Pete Townshend – Empty Glass Rory Gallagher – Stage Struck Kinks – One For The Road Queen – The Game

Bob Seger & The Silver Bullet Band – Against The Wind AC/DC – Back In Black Ian Hunter – Welcome To The Club Rory Gallagher – Stage Struck Samson – Head On

Horst Berner

Philipp Roser

1. 2. 3. 4. 5.

1. 2. 3. 4. 5.

AC/DC – Back In Black Eric Clapton – Just One Night Mike Oldfield – QE2 Supertramp – Paris Pretenders – Pretenders

Talking Heads – Remain In Light Pretenders – Pretenders Peter Gabriel – III Psychedelic Furs – Psychedelic Furs Van Morrison – Common One

Lothar Brandt

Frank Schuster

1. 2. 3. 4. 5.

1. 2. 3. 4. 5.

Van Morrison – Common One Kate Bush – Never For Ever Tangerine Dream – Tangram Genesis – Duke Supertramp – Paris

Bots – Aufstehn Fehlfarben – Monarchie und Alltag Ideal – Ideal Marius Müller-Westernhagen – Sekt oder Selters Bap – Affjetaut

Michael Fuchs-Gamböck

Ulrich Schwartz

1. 2. 3. 4. 5.

1. 2. 3. 4. 5.

Black Sabbath – Heaven And Hell Iron Maiden – Iron Maiden Angel Witch – Angel Witch Ozzy Osbourne – Blizzard Of Ozz AC/DC – Back In Black

Eric Clapton – Just One Night Ozzy Osbourne – Blizzard Of Ozz Thin Lizzy – Chinatown Rory Gallagher – Stage Struck Joni Mitchell – Shadows And Light

Alex Gernandt

Alan Tepper

1. 2. 3. 4. 5.

1. 2. 3. 4. 5.

Feelies – Crazy Rhythms Talking Heads – Remain In Light Pretenders – Pretenders Clash – Sandinista! Willie Nile – Willie Nile

Hollies – Buddy Holly Georgie Fame – Closing The Gap Kate Bush – Never For Ever Humble Pie – On To Victory Inmates – Shot In The Dark

Hans-Jürgen Günther

Uli Twelker

1. 2. 3. 4. 5.

1. 2. 3. 4. 5.

Gillan – Glory Road Yes – Drama Manfred Mann's Earth Band – Chance Whitesnake – Live … In The Heart Of The City Black Sabbath – Heaven And Hell

Ralf Günther

1. 2. 3. 4. 5.

Thomas Wachter

Dexy's Midnight Runners – Searching For The Young Soul Rebels Talking Heads – Remain In Light Fehlfarben – Monarchie und Alltag Joy Division – Closer AC/DC – Back In Black

Graham Gouldman 1. Beatles – Rarities 2. Stevie Wonder – Hotter Than July

Christof Hammer

1. 2. 3. 4. 5.

Joni Mitchell – Shadows And Light Captain Beefheart – Doc At The Radar Station Rush – Permanent Waves Blue Öyster Cult – Cultösaurus Erectus Yes – Yesshows

3. Police – Zenyatta Mondatta

Yes – Drama Joy Division – Closer Van Morrison – Common One Supertramp – Paris Teardrop Explodes – Kilimanjaro

4. Steely Dan – Gaucho 5. Paul Simon – One Trick Pony

Alexander Neumann GoodTimes 3/2020

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Music from the 60s to the 80s

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© Reinout Bos

1. 2. 3. 4. 5.

ALBEN 1980

MITARBEITER & STARS


POP SPARKS

A STEADY DRIP, DRIP, DRIP Warum auch immer, aber im Herbst ihrer Karriere laufen die Sparks noch einmal zu ganz großer Form auf. Mit ihrem letzten Album HIPPOPOTAMUS (Rezension GT 5/2017) kletterten die Brüder Ron und Russell Mael wieder einmal hinauf bis in die Top 10, und mit ihrem Mitte Mai erschienenen A STEADY DRIP, DRIP, DRIP dürften sie diesen Erfolg aller Wahrscheinlichkeit nach fortsetzen. Melodien, die sofort Ohrwurmcharakter entwickeln, herrliche Chöre sowie ein breites Spektrum an Instrumenten – von der Akustikgitarre über Heavy-Metal-Riffs bis zu 80er-JahreSynthies – sorgen für eine höchst abwechslungsreiche Reise durch die Rock- und Popgeschichte, und dass ihr Humor immer noch ein ganz eigener ist, zeigt der Tantra-haft wiederholte Refrain des Tracks “iPhone”: „Put your fuckin’ iPhone down and listen to me!” (BMG, 14/54:55) us

CONNIE FRANCIS BEST SELECTION

“Dieh Liehbäääh iesst ein sähltsammes Spiehl” war 1960 die meistverkaufte deutschsprachige Schlager single. Mit der Originaleinspielung (“Everybody’s Somebody’s Fool”) hatte sich Connie Francis endgültig vom Rock’n’RollSchluckaufstimmchen zur global kompatiblen Popkünstlerin gemausert. Im Laufe ihrer Karriere nahm die US-Amerikanerin auch spanisches, italienisches und sogar hebräisches Repertoire auf. Diese UHQCD wurde für ihre japanischen Fans kompiliert. Neben 20 englisch gesungenen Jukebox-Romanzen sind zwei ihrer Hits als „Japanese Version” zu hören. Die wirklich angenehme Überraschung kommt von den Begleitern im Background. Denn klanglich profitieren bei dieser Neu-Überspielung von Masterbändern aus den Universal-Archiven die detailgenau abgebildeten Instrumentalsolisten am meisten. (Sieveking, 22/57:25) wd

BADLY DRAWN BOY BANANA SKIN SHOES

Zehn Jahre ist es her, dass Damon Gough aka Badly Drawn Boy ein Album veröffentlicht hatte. Das ist dann doch eine immens lange Zeit für jemanden, der kurz nach der Jahrtausendwende sich anschickte, so etwas wie der britische Beck zu werden, und mit THE HOUR OF THE BEWILDERBEAST (2000), HAVE YOU FED THE FISH? (2002) und ONE PLUS ONE IS ONE (2004) drei beeindruckende Platten auf den Markt gebracht hatte. Nun ist er mit BANANA SKIN SHOES also wieder da, und es verwundert, wie positiv gestimmt die Platte daherkommt, denn es liegen düstere Jahre hinter Gough mit Trennung und Alkoholproblemen. Auf ihr finden sich 14 Popsongs ganz im BDBStil. Tatsächlich gehört das Wort Pop groß geschrieben, denn so durchgehend versöhnlich klang Badly Drawn Boy bis-

ROCK

CD-Rezensionen her auf keinem seiner Alben, und das will was heißen, denn schon früher war Gough sicherlich ein begnadeter Schreiber von Pop-Perlen. Das untermauert er nun auf BANANA SKIN SHOES. (One Last Fruit, 14/50:56) an

ADAM LAMBERT VELVET

Da soll noch mal einer behaupten, dass man als Teilnehmer einer Castingshow keine vernünftige Karriere starten könne: Adam Lambert, Teilnehmer der achten Staffel von „American Idol”, ist nicht nur als Solokünstler höchst erfolgreich, sondern zeigt auch als neuer Queen-Sänger sein Ausnahmetalent, sich Klassiker der Rock- und Popgeschichte zu eigen zu machen. Mit VELVET legt er nun schon sein viertes Album vor, nach Gästen wie Bruno Mars und Pharrell Williams hat sich Lambert mit Nile Rodgers auch dieses Mal einen namhaften Gast ins Studio eingeladen, ihr gemeinsamer Song “Roses” gehört zu den Highlights des Albums. Stilistisch zeigt er mit seinen neuen Tracks das komplette Spektrum seines Könnens, singt wahlweise wie ein Musical-Darsteller, ein Rockstar oder ein Soulkünstler. Verpasst der Pianoballade “Closer To You” die richtige Portion Gefühl, rockt beim harten Gitarrenstück “Love Don’t” wie ein alter Hase, passt sich wie ein Chamäleon jeder Vorlage an. Fazit: Wie der Künstler kommt auch die Musik daher: bunt, schrill und auf jegliche einengende Konvention verzichtend. (More Is More, 13/44:22) us

CILLA BLACK

CILLA SINGS A RAINBOW / DAY BY DAY WITH CILLA + SWEET INSPIRATION / IMAGES Cilla Black gehört zu den Künstlerinnen, die in den 60er und 70er Jahren in Großbritannien die meisten Platten verkauften. Das war natürlich kein Zufall, erstens konnte sie singen, zweitens war sie immer auf der Suche nach erstklassigem Songmaterial, und drittens hatte sie mit Sir George Martin einen Produzenten, der damals ganz genau wusste, was das Publikum hören wollte. Jeweils zwei Alben werden nun auf zwei einzeln erhältlichen DoppelCDs zusammengefasst, einmal CILLA SINGS A RAINBOW (1966) und DAY BY DAY WITH CILLA (1973), das andere Mal SWEET INSPIRATION (1970) und IMAGES (1971). Dabei war vor allem die erstgenannte LP ein Riesenerfolg für die Sängerin aus Liverpool, sie kletterte bis auf den vierten Platz in den britischen Charts und ist bis heute ihr meistverkauftes Studio-Album. Mit “Yesterday” hatte sie einen aktuellen Titel der Beatles dabei, den Titelsong holte sie sich aus dem erfolgreichen Musicalfilm „Pete Kelley’s Blues”. Noch bevor Elton John einem breiten Publikum bekannt wurde, pickte sie sich mit “I Can’t Go On Living Without You” und “Your Song” zwei seiner Vorlagen heraus, dazu erstklassige Ware von Burt Bacharach, Roger Cook, Joni Mitchell, den Bee Seite

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GoodTimes 3/2020

Gees, Paul Simon und Van McCoy. Alle vier Alben kommen bestens im dicken Booklet, dokumentiert mit massenhaft Bonustracks, größtenteils den Monoversionen, aber auch neu abgemischten, alternativen Fassungen, viele davon erstmals auf CD erhältlich. (Cherry Red, 28/75:34, 18/61:49 + 19/54:38, 21/77:38) us

ANNE CLARK

UNSTILL LIFE + THE LAW IS AN ANAGRAM OF WEALTH

Ganz allein steht ein Mensch in der Weite der Landschaft, das Bild auf dem Cover von UNSTILL LIFE ist charakteristisch für die Gefühlswelt, in der sich Anne Clark Anfang der 90er Jahre befand. Vier Jahre lang dauerten ihrer Streitigkeiten mit der Musikindustrie, die britische Heimat verließ sie in Richtung Norwegen, und als sie sich 1991 zusammen mit dem Pianisten Paul Morgan neuen Projekten widmete, erkrankte dieser an Krebs, 36-jährig verstarb er im Dezember 1992. Trotz Neuorientierung durchweht ihre damalige Musik eine tiefe Wehmut, selbst in guten Zeiten war die Musik Clarks nie sonniger Wohlfühl-Pop, mit ineinander verschachtelten Klanglandschaften und gesprochenen, oft kryptischen Texten ging die aus Süd-London stammende Musikerin immer bis an die Genregrenzen. Auch das 1993 veröffentlichte THE LAW IS AN ANAGRAM OF WEALTH änderte da nicht viel, neben eigenen Texten verarbeitete sie hier Gedichte des deutschen Lyrikers Friedrich Rückert (1788 –1866). Die Wiederveröffentlichungen wurden um Bonustracks sowie um Liner Notes von Anne Clark zu jedem Song erweitert. (FD Administration, 15/65:02 + 20/75:23) us

MIKE BATT

THE PENULTIMATE COLLECTION Was den Briten Mike Batt aus der großen Menge Musikschaffender heraushebt? Er spricht unterschiedlichste Generationen und Geschmäcker an. Er versteht es, breite Massen mit eingängigen Songs zu faszinieren, aber auch anspruchsvolle Werke zu schaffen. Wie gut er seit Jahrzehnten in dieser Kunst ist, demonstriert er mit THE PENULTIMATE COLLECTION. Dabei handelt es sich eben nicht nur um eine „Best Of”-Sammlung seiner Hits und der für andere (“Bright Eyes”, “The Ride To Agadir”, “Run Like The Wind”, “A Winter’s Tale”, “Lady Of The Dawn”, “I Feel Like Buddy Holly”), sondern auch um Auszüge seines Musical- und Klassikschaffens, seiner Lieder für Kinder. Und sogar ein Song aus der Zeit, ehe seine Erfolgskarriere mit den Wombles startete, ist dabei. Dazu gibt es ein Wiederhören mit Gästen wie Rory Gallagher, Art Garfunkel, Colin Blunstone, Roger Chapman, Bonnie Tyler, Maggie Reilly und Julian Lennon. (Dramatico, 19/79:02, 17/75:39) pro n

Music from the 60s to the 80s

GARY FLETCHER

RIVER KEEPS FLOWING Gary Fletcher steht bei der Blues Band als Bassist und Gelegenheitssänger im Schatten von Paul Jones (voc, harm) und der beiden ebenfalls singenden Gitarristen Dave Kelly und Tom McGuinness. Dabei ist er ein versierter Songschmied, dessen Herz mindestens genauso für Roots Rock oder Americana schlägt wie für Blues. Mit RIVER KEEPS FLOWING, seinem fünften Solowerk, nimmt er die Hörer mit auf eine abwechslungsreiche musikalische Reise mit wechselnden Begleitern. Das Gitarrenspiel Fletchers und Nick Ritchies erinnert stellenweise an Mark Knopfler, der Gesang weist Ähnlichkeiten mit dem von Graham Nash auf, es gibt Paul-SimonFeeling. Die Songs besitzen Gehalt, gewinnen durch den Einsatz von Geige, Akkordeon, Mundharmonika (Alan Glen, zweimal Paul Jones). Anspieltipps: “Back To Your Heart”, “I Couldn’t Be Asking”, “You Can, You Can” und “Jacob Burkle”. (Repertoire, 14/55:27) pro

THE DREAM SYNDICATE THE UNIVERSE INSIDE

Wer glaubt, Steve Wynn und seine Mitstreiter von The Dream Syndicate machen da weiter, wo sie seit ihrer Reunion 2012 unterwegs waren, der irrt gewaltig. Nichts da mit von The Velvet Underground inspiriertem Underground-Rock! Schon der über 20 Minuten gehende Opener “The Regulator” ist ein tief in den 60er Jahren verwurzeltes PsychedelicUngetüm, das zudem noch Free-Jazz-Anleihen enthält. Von Songstruktur ist nur wenig wahrzunehmen. Vielmehr wird ein nahezu durchgehender Beat gnadenlos in einer gefühlt ewigen Jam zerlegt. Das zieht sich dann über die restlichen vier Stücke, die allesamt zwischen sieben und elf Minuten lang sind. Für Fans von Steve Wynn und seiner Anfang der 80er Jahre gegründeten Band ist ein Umdenken angesagt, für Freunde von Psychedelic-Musik könnte jedoch THE UNIVERSE INSIDE zur Offenbarung werden. (Anti, 5/58:27) an

NEWMAN IGNITION

Die Band um den Sänger, Gitarristen und Keyboarder Steve Newman gibt es mittlerweile schon seit 23 Jahren. Da hat sich eine Menge Soundmaterial angesammelt, das auf über zehn Alben Niederschlag fand. Mit IGNITION legt die Band nach drei Jahren nun ein weiteres Album vor, auf dem neue Einflüsse verarbeitet und der Melodic Rock weiterentwickelt wurden. Frontmann Newman ließ es sich auch hier nicht nehmen, die Hand über alles zu halten, das Album wurde von ihm komplett geschrieben und arrangiert. Mit rockigen Kompositionen wie “End Of The Road” und “Chasing Midnight” machen Newman unverständlich klar, in welcher Tradition sie stehen: in der von Rush, Foreigner und Boston. Nur manchmal werfen sie einen Anker aus, um etwa Ruhe einkehren zu lassen, wie in “Promise Me”. Aber auch dabei weichen sie kaum von ihrem Erfolgskonzept ab. (AOR Heaven, 12/54:45) jp


CD-Rezensionen TOBIAS GRUBEN

Anspieltipps: die erste Single “Bloodmoon” sowie die beiden finalen, fast schon experimentellen Tracks “A Mo(u)rning” und “Leaving”. (Steamhammer, 12/43:46) us

der Songs – und die drei europäischen Bonustracks (unveröffentlichte Takes) sind andere als die für Japan. Und: Flexig entpuppt sich als weithin unterschätzter Sänger! (Timezone, 19/77:18) pro

RATT

T.REX

Als Electronic-Duo sind Nautilus 1998 gestartet, Martin Ludwig (keys, synth, ac-g) ist heute noch dabei. Seit 20 Jahren steuert Werner Strätz seine Gitarrentöne bei, weitere Mitstreiter sind nun Synthesizer- und Sequencer-Spezialist Jürgen Dürrbeck sowie mit Meiko Richert erstmals auch ein Vokalist. THE MYSTERY OF WATERFALLS ist das mittlerweile siebte Nautilus-Album – nach einer zwölfjährigen Veröffentlichungspause. Inspiration lieferte Jules Verne mit „20.000 Meilen unter dem Meer”. Zu hören gibt es auf ganz eigene Weise kreierte Mixturen aus perlenden Synthie/Mellotron-Sequenzen, teils fast ausufernden Gitarrenläufen, wabernd-blubbernden Rhythmen, die sich auch mal durch Monotonie festsetzen. Hier fühlt man sich an Pink Floyd erinnert, da an Wishbone Ash oder psychedelische Gitarren, dort an Tangerine Dream oder Mike Oldfield. Spannungsreich, homogen, hörenswert. (Sireena,10/64:22) pro

Während sich in Europa die HeavyMetal-Fans mit Monstern, Satan und Selbstbeweihräucherung herumschlugen, wurde in den Staaten auf haargenau demselben Terrain eine nicht endende Party gefeiert: Sex, durchgemachte Nächte in Großstadt-Clubs und Rebellion gegen Eltern und Lehrerschaft spielten die Hauptrolle. Während in der Alten Welt Metal-Protagonisten gar nicht böse genug wirken konnten, verwandelten sich die GlamMetal-Vertreter hinterm großen Teich mehr und mehr zu androgynen Dandys. HeavyMetal-Fans, die hierzulande mit dem Sound der Achtziger aufwuchsen, lehnten Gruppen wie Winger, Britny Fox oder Cinderella per se ab, weil diese in kunterbunten Klamotten steckten, die Haare toupiert hatten und Make-up trugen. Die Musik wurde mal gleich gar nicht probiert. Natürlich war das ein Fehler, denn entgegen ihrer Looks waren viele dieser Gruppen sehr erdig – und extrem gut sowieso. Zu dieser Szene gehörten auch Ratt. Die Band um den charismatischen Sänger Stephen Pearcy gründete sich offiziell 1976, veröffentlichte 1983 die EP „Ratt”, die aber nicht Bestandteil der ATLANTIC-YEARS-Box ist. OUT OF THE CELLAR erlangte 1984 sofort Platinstatus (USA #7), INVASION OF YOUR PRIVACY hatte 1985 die höchste Hit-Dichte mit knackigen Melodic-Metal-Bringern (USA #7), DANCING UNDERCOVER hielt 1986 die Qualität der Vorgänger (USA #26), warf mit “Dance” aber nur eine leidlich erfolgreiche Single ab, auf REACH FOR THE SKY klang die Band 1988 nicht mehr so unbeschwert (USA #17), um 1990 dann auf DETONATOR, zwar immer noch ganz Ratt, mit angehobenem Härtegrad eine neue Zeit einzuläuten (USA #23). (Cherry Red, 5 CD) jub

Längst hat sich ELECTRIC WARRIOR als Glam-Rock-Klassiker etabliert, akzeptiert auch von „echten” Rockfans. T.RexAlphatier Marc Bolan hatte die Musik zwar als „Cosmic Rock” bezeichnet, und Songtitel wie “Cosmic Dancer” oder “Planet Queen” hoben entsprechend ab. Doch bot das erste T.Rex-Album nach dem berühmten „Glitter”-Auftritt bei „Top Of The Pops” mit “Jeepster” und “Get It On” (Keyboards Rick Wakeman!) gleich zwei geradezu prototypische Glamsongs. Seit 1971 hat das Album mit dem ikonischen Hipgnosis-Cover so viele Neuauflagen auf LP und CD erfahren, dass auch härteste Fans den Überblick verlieren. 2019 fertigte Rhino, die Warner-Tochter für Katalogpflege, ein ziemlich definitives Remaster – und darauf beruht nun die MFSL-Ausgabe auf hochauflösender Super Audio CD, die auch in normalen CD-Spielern läuft, aber auf den normalen Schriftzug „Original Master Recording” auf dem Cover verzichtet. Die auf 2500 Kopien limitierte, mit zwölfseitigem Booklet ausgestattete SACD klingt dank gelungenem DSD-Mastering sehr knackig und aufgeräumt. (MFSL, 11/39:37) lbr

CRYPTEX

MICHAEL FLEXIG

Auf ihrem dritten Album erweitern Cryptex ihre stilistische Bandbreite um ein gutes Stück. War die norddeutsche Formation bisher vor allem als geradlinige HeavyMetal-Band in Erscheinung getreten, so unternehmen sie auf ONCE UPON A TIME immer wieder fruchtbare Ausflüge in Richtung Prog Rock und Melodic Rock. Einer der Gründe für diese Öffnung dürfte Gitarrist André Jean Henri Mertens sein, der sich neben Sänger und Keyboarder Simon Moskon nun auch maßgeblich für das Songwriting verantwortlich zeigt. Diese neue Vielseitigkeit führt dazu, dass die neuen Stücke vor allem emotional auf mehr Tiefe angelegt sind, dass man mit sich langsam steigernden Songs das Kreativpotenzial weitaus effektiver ausnützt, dass sich die stilistischen Seitenbewegungen wunderbar in das vielschichtige Gesamtbild einfügen.

Zeno aus Hannover galten in den 80er Jahren als die große Hoffnung des melodischen Hard Rock aus deutschen Landen. Die Plattenfirmen rissen sich um Zeno Roth, Uli Jon Roths Bruder an der Gitarre, Sänger Michael Flexig, Bassist Ule Ritgen (plus wechselnde Drummer und Keyboarder), schien die Musik der Hannoveraner doch bestens geeignet für den US-Markt und Japan. Die Demos, die Perfektionist Roth & Co. 1983 für ZENO einspielten, präsentiert Flexig nun auf KEEPER OF THE FLAME, angereichert mit Aufnahmen von 1987 und 1997 (Sessions für das zweite Album LISTEN TO THE LIGHT). Hörbar wird ein Händchen für eingängige Melodien, aber auch eine immer wieder durchklingende QueenSeelenverwandtschaft mit fetten Chören und adaptierten Gitarrenläufen. Die Qualität des Sounds begeistert ebenso wie die

DIE LIEBE FRISST DAS LEBEN Als der Sänger/Songschreiber Tobias Gruben 1996 mit nur 33 Jahren an einer Überdosis starb, verlor die deutsche Musikszene ein großes Talent. “Die Zeit” nannte den Hamburger, der in den Achtzigern zunächst Kopf der Dark-Wave-Band Cyan Revue und später von Die Erde war, anlässlich des Filmstarts der Doku „Die Liebe frisst das Leben” eine „Art deutscher Nick Cave, niemand sang schöner und bedrohlicher über Heroin oder den eigenen Vater”. In jüngerer Zeit entdeckten junge Bands wie Isolation Berlin, Messer und Tellavision oder der Schauspieler Tom Schilling („Oh Boy”) seine düsteren, poetischen, emotionalen Lieder. Zusammen mit sechs Originalsongs von Die Erde und Tobias Gruben solo sind ihre einfühlsamen Neuinterpretationen auf dem Soundtrack zur Doku zu hören. (ZickZack, 12/48:30) frs

NAUTILUS

THE MYSTERY OF WATERFALLS

ONCE UPON A TIME

THE ATLANTIC YEARS 1984–1990

KEEPER OF THE FLAME

GoodTimes 3/2020

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ELECTRIC WARRIOR

ANDREW GOLD

SOMETHING NEW – UNRELEASED GOLD Was der kalifornische Sänger und MultiInstrumentalist (1951–2011) anfasste, wurde zu Gold – in Linda Ronstadts Band ebenso wie als Sessionass zwischen Bonnie Raitt und Brian Wilson, bei Bryndle, 10cc und solo –, der “Lonely Boy” lieferte. Nun bringt seine Witwe Leslie Kogan-Gold warm produzierte, glasklare erste Demos von 1973, eine Herzensangelegenheit, teils mit Band: Peter Bernstein (b), Kenny Edwards (g, voc), Gene Garfin (dr, voc). Doch auch bei Solotakes mit seinem gedoppelten Gesang, Gitarren oder Pianobacking klingen die Kompositionen ausgereift, entfalten ihren starken Ohrwurmcharakter. Geflasht folgt man Gold zwischen Balladen – etwa “To Be Someone” – und UptempoEntdeckungen wie “Penny Arcade” (nicht die Orbison-Nummer). Demos? Das wahre Debüt! (omnivorerecordings.com, 16/55:54) utw

DANZIG

SINGS ELVIS Dass Hard-Rock-Ikone und Punk-Pionier Glenn Danzig eine Vorliebe für Elvis Presley hat, darauf muss man auch erst mal kommen, wenngleich bei genauerer Betrachtung seine Baritonstimme durchaus den Vergleich mit Elvis zulässt. Mit dem neuen Album DANZIG SINGS ELVIS erfüllt sich der Musiker nun einen lang gehegten Wunsch, und tatsächlich könnte

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AUS DEM NETZ ... Es sind gar nicht so wenige internationale Künstler, die früher Platten hierzulande regulär über deutsche Labels herausbrachten und/oder in Deutschland unterwegs waren und sind, deren neue Tonträger aus unterschiedlichsten Gründen neben den digitalen Formaten bzw. Vertriebswegen nur als Import oder über die Websites der Musiker erhältlich sind. Auf sie soll an dieser Stelle aufmerksam gemacht werden. Zurückgezogen lebt der einstige Fleetwood-Mac-Gitarrist Jeremy Spencer mit seiner deutschen Ehefrau in Irland und ist seit längerem damit beschäftigt, sein umfangreiches Schallarchiv auszuwerten. Er veröffentlicht im Jahr ein bis zwei Alben (2019 waren es gar drei), die er inzwischen allerdings nur noch digital herausbringt. Das neueste hat er MONA getauft (www.jeremyspencer.com, 12/43:52), nach seiner (halbakustischen) Lieblingsgitarre gleichen Namens. Mit ihr (und reichlich weiteren Instrumenten) hat er den Großteil von MONA eingespielt, das abwechslungsreicher und spannender ausgefallen ist, richtig witzig wie das treffend betitelte “Mona Goes Disco Psycho”, atmosphärisch (“Mysterious India”) – eine gelungene Mischung von Instrumentals unterschiedlicher Stilistika, die cineastische Stimmungen kreieren. Dwane Dixon ist zwar Kanadier, doch er spielt Blues- und Roadhouse-getränkten Rock, der unüberhörbar – aber nicht nur – von Stevie Ray Vaughan und ZZ Tops Billy Gibbons beeinflusst ist. Sein drittes Album BETTING ON A GAMBLING MAN (www. dwanedixon.com, 9/36:28) hat er im Alleingang eingespielt, scheut auch vor Rockabilly nicht zurück, ebenso wenig vor Country-Anleihen (mit kurzem Flamenco-Hauch beim CD-Highlight “I Buried Your Bones”) oder Folk-Tupfern (“Small Town Talking Blues”). Und zum instrumentalen Rauswerfer “The Awakening” (mit orientalischen Anleihen auf der Gitarre) ließ er sich wohl nicht nur von Jimmy Page inspirieren. Rundum gelungen. Auf eigene Faust hat der US-Blues/ Soul-Gitarrist Josh Smith LIVE AT THE SPUD (www.joshsmithguitar.com, 9/76:06) veröffentlicht. Also der Mann, der seit acht Jahren regelmäßiger Gast auf deutschen Bühnen ist. Aus zwei Shows am 29./30. Dezember 2018 im Baked Potato in Los Angeles hat der 40-Jährige die CD zusammengebastelt, die eine livehaftige Werkschau bietet. Bei der zeigt sich Smith im Trioformat so improvisationsfreudig wie gefühlvoll wie auch mal brachial und scheut Ausflüge in Richtung R&B und Jazz ebenso wenig wie solche in den Rock. pro


ROCK man beim Hören glauben, der King sei auferstanden, so nahe kommt Danzigs Organ seinem Vorbild. Die 14 Songs des Albums sind gut ausgewählt, abgesehen von einigen wenigen bekannteren Klassikern wie “Fever” oder “Always On My Mind” greift der frühere Misfits-Frontmann vorrangig auf unbekanntere Stücke zurück und zeigt sich hier als Kenner. Die meisten Songs sind schlicht arrangiert, Danzigs raue Vergangenheit scheint nur selten durch. Vielmehr gelingt es ihm mit viel Gefühl, die zerbrechliche Seite der Lieder zum Ausdruck zu bringen. (Cleopatra, 14/39:28) an

BAD DREAMS FROZEN HEART

Bad Dreams wurden 1990 in Buenos Aires gegründet und veröffentlichen mit FROZEN HEART nun ihr viertes Album. Ihre Musik im Stil des Neo Prog kann sowohl Fans von Genesis als von Marillion empfohlen werden. Die Band mit Sänger Matias Pereyra an der Spitze hat noch keinen eigenen durchgängigen und damit erkennbaren Sound gefunden, vieles hört sich an, als wollte man einzelne Stilrichtungen noch austesten. So gibt es zwischen dem stark gesangslastigen “Frozen Heart” mit Gastvokalistin Patricia Pacheco und dem gitarrenbetonten “Black Wind” viel Platz. Die Gruppe greift teilweise auch auf bereits bekannte Muster zurück und verändert diese. Nirgendwo wird dies so deutlich wie in “The Great Escape From The Shadows”. Der Auftakt des Songs erinnert nicht nur an “The Logical Song” von Supertramp, sondern könnte sich zu einem Plagiatsfall ausweiten. (Eigenpressung, 6/44:32) jp

JOE SATRIANI SHAPESHIFTER

Einmal mehr macht Saitenvirtuose Joe Satriani hörbar, warum er aus der Masse der instrumental agierenden Gitarristen herausragt: Er shreddert nicht um der Flitzefingrigkeit willen drauflos, will nicht sich und anderen zeigen, wie viele Noten er pro Sekunde spielen kann. Vielmehr stellt er sein Spiel in den Dienst spannender Songs – und das gelingt derart filigran, dass man den Gesang gar nicht vermisst. Das tut er ungemein abwechslungs- und variantenreich, ja phasenweise so atemberaubend, dass einem eine Dreiviertelstunde lang nicht langweilig wird. Er beschwört den Geist der 80er Jahre (“Nineteen Eighty”), groovt unwiderstehlich, unterlegt auch mal einen Reggae-Rhythmus (“Here The Blue River”) und zaubert akustisch (“Yesterday’s Yesterday”). Songs mit Jamcharakter und wilden Gitarrenexkursionen wechseln mit wunderbaren Melodien (“All For Love”!) und mitreißenden Solos. (Sony Music, 13/46:36) pro

CHRONUS

CD-Rezensionen Ozzy Osbourne. Zusammen mit Leadgitarrist Svante Furevi, Oliver Delander (Bass) und Schlagzeuger Adam Kapusta werden die Songs, die sich um falsche Anbetung und blinden Glauben drehen, mit knallharten Riffs aus den Lautsprechern gejagt. Wie “Ghosts” und auch “Black Water” eröffnet werden, zeigt die ganze geballte Kraft, die die Band antreibt. Wer alle zehn Songs durchgeht, wird mit geschliffenen Akkorden und atemlosen Gitarrenläufen belohnt. Ein Sound, der durchaus nostalgische Gefühle weckt, weil er an die ganz große Zeit des Hard Rock erinnert. Vor allem glaubt man, immer wieder Black Sabbath im Ohr zu haben. (Listenable, 10/35:57) jp

TIM BURGESS

I LOVE THE NEW SKY Tim Burgess ist bekannt als der Leadsänger der UK-Band The Charlatans. Doch der Musiker mit der markanten Pilzkopffrisur veröffentlicht auch regelmäßig solo. Mit seinem fünften Album I LOVE THE NEW SKY ist dem 52-jährigen Nordengländer nun ein besonders schönes Werk gelungen. Freunde von Brit-Pop und Sixties-Beat werden an den zwölf Songs ihre helle Freude haben. Im Gegensatz zu den oft rhythmisch-tanzbaren Nummern der Charlatans sind die Lieder auf I LOVE THE NEW SKY eher zurückgenommen. Die teils folkigen, teils kammermusikalischen Songcollagen erinnern an die besten Flowerpower-Zeiten der Beatles und Zombies. Mit dem die Stones zitierenden beschwingten Opener “Empathy For The Devil”, einer folkigen Uptempo-Nummer, hat Burgess sogar einen potenziellen Sommerhit am Start. (Bella Union, 12/49:04) frs

DARRYL WAY DESTINATIONS

Mit Curved Air veröffentlichte Geiger Darryl Way Anfang der 70er Jahre ein paar gute Prog-Scheiben, weitere mit Darryl Way’s Wolf folgten. 1978 hörte man ihn als Gast bei Jethro Tull und Gong. Im selben Jahr folgte ein CONCERTO FOR ELECTRIC VIOLIN. In unregelmäßigen Abständen bringt der 71-jährige Engländer Soloplatten heraus, wie nun DESTINATIONS. Die lieblos aufgemachte CD zeigt Way nicht nur an der Geige, sondern auch auf der Gitarre. Diese beherrscht er durchaus ebenfalls, allerdings können wie schon auf den letzten Scheiben die Kompositionen selten überzeugen. Auch die Klangästhetik mit vielen synthetischen Klängen sowie die leichtgewichtige Mixtur aus galoppierenden Rhythmen, Musical-Hymnen und flacher Pseudo-Klassik bringt für Rockhörer keinerlei Mehrwert. (Right Honourable, 10/49:05) rg

IDOLS

MARK LANEGAN

Die schwedische Hard-Rock-Band Chronus, 2015 gegründet, kennt nur eine Richtung: vorwärts. Sänger und Rhythmusgitarrist The Baron ist die treibende Kraft, erinnert in seinem Tonfall ein wenig an

War es erst letzten Oktober, dass mit SOMEBODY’S KNOCKING Mark Lanegans Verbeugung vor Bands der 80er Jahre wie Joy Division oder Depeche Mode er-

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schien, folgt jetzt mit STRAIGHT SONGS OF SORROW bereits eine weitere Platte, sein mittlerweile zwölftes Solo-Album. Und wieder begibt er sich auf Zeitreise, dieses Mal vor allem textlich. Denn vieles davon ist inspiriert von den zumeist düsteren Gedanken, die ihm wohl beim Schreiben seiner Autobiografie durch den Kopf gegangen sind. Es geht um die Musikszene Seattles in den 90er Jahren, Drogenprobleme, aber auch um Emotionen, von denen Lanegan offenbar bis heute zehrt und die nun in 14 zumeist düstere Songs gegossen wurden. Nichts da mit den elektronischen Spielereien der letzten Alben, die Songs werden auf das Nötigste reduziert – fast schon wie zuletzt auch bei Nick Cave, dem anderen Altmeister düsterer Klänge. Letztlich sind die Trauersongs eine Empfehlung, die wieder mehr dem Stil aus Zeiten seiner früheren Band, den Screaming Trees, oder den früheren Solojahren verhaftet ist, ohne dass Lanegan jedoch die alten GrungePfade beschreitet. (Heavenly Recordings, 14/60:27) an

SCOTTY McKAY ROCKS

Mit Scotty McKay widmet sich die aktuelle Ausgabe der „Rocks”-Reihe von Bear Family einem Musiker, der für das breite Publikum nie so richtig im Rampenlicht stand. Als Gitarrist, Pianist und Backgroundsänger war er Mitte der 50er Jahre Mitglied von Gene Vincents Blue Caps, sowohl bei ihrem Auftritt in der „Ed Sullivan Show” im November 1957 als auch bei der Einspielung der LP GENE VINCENT ROCKS & BLUE CAPS ROLL. Natürlich war es sein Ziel, auch als Solokünstler groß rauszukommen, zahlreiche Wechsel von Plattenfirma zu Plattenfirma sowie die zeitweilige Namensänderung in seinen Geburtsnamen Max K. Lipscomb zeugen von diesen Versuchen. Mit ROCKS gibt es nun erstmals eine Zusammenstellung aller rockigen Titel, die er für so unterschiedliche Label wie Event, Falcon, Ace oder Savannah Sound einspielte, mit dabei auch die Stücke, die McKay zwischen den Jahren 1959 und 1962 als Leadsänger von Tommy & The Tom Toms aufnahm. Wie immer vorbildlich das dicke Booklet, Experte Bill Dahl liefert sämtliche notwendigen Infos, bestens durch zahlreiche Fotos dokumentiert. (Bear Family, 32/71:52) us

DIE HAPPY GUESS WHAT

Vor den Guano Apes gegründet und schneller mit dem (eigenproduzierten) Debüt auf dem Markt, galten Die Happy trotzdem immer als der Schatten der Erstgenannten. Die Parallelen waren unverkennbar, nicht nur wegen der Frontfrau. Wie die Gruppe um Sängerin Sandra Nasic boten auch Die Happy mit Vokalistin Marta Jandová anfangs Crossover Metal. Die Apes sind mittlerweile bei Pop-affinem Alternative Metal angekommen – und Die Happy auf GUESS WHAT ebenfalls. Die Vergleiche werden wieder bunte Blüten treiben. Dabei weisen n

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die Ulmer immer schon tadelloses Songmaterial auf – egal, welche Richtung sie gerade probierten. Und das ist ausschlaggebend. Die Songs auf GUESS WHAT packen, die Melodien sind eingängig, und Marta Jandová ist eine fantastische Sängerin. (Bullet, 10/38:03) jub

JPL

SAPIENS CHAPITRE 1/3: EXORDIUM Das Kürzel JPL steht für JeanPierre Louveton, der 15 Jahre lang in der Prog-RockSzene als Bandchef von Nemo bekannt war. Mit seiner aktuellen CD liefert Louveton, der singt, Gitarre, Bass und weitere Instrumente spielt, einen hörbaren Beweis, auch als Solokünstler zu bestehen. Mit SAPIENS wird ein dreiteiliges Werk eröffnet, wie es JPL schon mit RETROSPECTIONS VOLUME I. bis III. gezeigt hat. Die erste Folge von SAPIENS spannt den Bogen von der Evolution des Homo Sapiens bis zum Exodus. Die Musik ist entsprechend bombastisch, bietet exzellente Gitarrenarbeit, die weit über den Durchschnitt hinausreicht und von Schlagzeuger Jean Baptiste Itier, dem einzigen festen Mitglied bei JPL, vorangetrieben wird. Nach Kapitel 1 bleiben noch viele Möglichkeiten, die Menschengeschichte musikalisch weiter zu erzählen. (Quadrofonic, 7/46:31) jp

VEGA

GRIT YOUR TEETH Als sich 2009 um die britischen Zwillinge James und Tom Martin die Band Vega gründete, konnte das nur eine Erfolgsgeschichte werden, schrieben die beiden Musiker doch bereits Songs für Joe Lynn Turner, House Of Lords, Khymera oder Ted Poley. Und im melodischen Heavy-Rock-Bereich bewegt sich logischer Weise auch die Musik des Quartetts, das mit GRIT YOUR TEETH sein sechstes Album unter die Leute bringt. Erneut wird melodischer Rock vom Feinsten geboten. Die Melodien sind herrlich, die Gitarren haben ausreichend Wumms, und eintönig wird es auch nicht. In den USA läuft solche Musik zum Teil schon wieder in den Stadien – aber mindestens im Rockradio für unterhaltsame Stunden auf dem Highway. Und wenn die Band ihre Helden mit Def Leppard und Whitesnake klar benennt und obendrein mit den Quireboys und Skid Row getourt ist, hat man das stilistische Spielfeld von Vega ziemlich gut umrissen. jub (Frontiers, 11/42:16)

ÖSTRO 430

KEINE KRISE KANN MICH SCHOCKEN Die Düsseldorfer Punk/Wave-Band Östro 430 ist zu Unrecht etwas in Vergessenheit geraten. Zwischen 1981 und 1983 veröffentlichte sie eine LP und eine EP, die eine Wiederentdeckung wert sind. Ähnlich wie andere damalige Frauenbands, etwa The Slits aus London oder Malaria aus Berlin, stand sie für einen trotzigen Feminismus, der unverblümt Themen wie Sex, Spießigkeit und Selbstbestimmung anging, etwa


ROCK in ihren bekanntesten Songs “Sexueller Notstand” und “Sei lieb”. Auch wenn Punk den Bandsound bestimmt, ist die Musik sehr viel mehr: Es schleichen sich Elemente von Schlager, Swing und Ska ein. Schon die Besetzung des Quartetts war für eine Punkband ungewöhnlich: ohne Gitarren, dafür E-Piano und Saxofon. Mit dem Titel KEINE KRISE KANN MICH SCHOCKEN veröffentlicht das Hamburger Label Tapete Records nun alle offiziellen Studio-Aufnahmen der Band auf einer CD (bzw. LP), inklusive der Single “Vampir”, und mit Liner Notes von Toten-Hosen-Sänger Campino, der Östro 430 sehr schätzt. (Tapete, 24/69:05) frs

JACK RUSSELL

ONCE BITTEN ACOUSTIC BYTES D Das Motto ist allles andere als neu, sscheint derzeit aber ggerade bei in den 80er JJahren angesagten R Rockstars wieder in dden Fokus zu rücken: K h D k kk Kurz nach Don D Dokken gibt Jack Russell den Akustiker: Er hat die 1987er Albumperle ONCE BITTEN seiner früheren Band Great White unplugged neu interpretiert. Und er unterstreicht dabei die Richtigkeit der alten Weisheit, dass gute Songs auch ohne großes Instrumentarium funktionieren. Russell hat dabei zwar keine Lagerfeuer-Arrangements in petto, sondern hat sie fein ausgearbeitet und keineswegs überladen, und Robby Lochner überrascht immer wieder mit unerwarteten Gitarrenläufen, die den bluesrockigen Unterton mehrfach sprengen. Hervorzuheben sind das gut siebenminütige “Rock Me” und vor allem das gelungene Led-ZeppelinCover “Babe (I’m Gonna Leave You)”, bei dem Russell seine Seelenverwandtschaft mit Robert Plant auslebt. (Deadline Music, 10/53:23) pro

HARVEY DALTON ARNOLD STORIES TO LIVE UP TO

Heutzutage wird der Legenden-Status fast jedem Musiker angedichtet, der irgendwann bei einer halbwegs bekannten Band gespielt hat. So auch bei Harvey Dalton Arnold, der 1976 bis 1980 als Bassist und Sänger bei den Southern/Country-Rockern Outlaws mitmischte. Zur Veröffentlichung seines neuen Solowerk STORIES TO LIVE UP TO ist im PR-Text denn auch die Rede von ihm als „Legende”. Na ja, Übertreibung gehört dazu. Die Scheibe selbst, seine zweite Solokreation nach überstandener Krebserkrankung, kann durchaus überzeugen: mit gediegenem Blues Rock, Kraftund Boogie-Rockern sowie durchaus radiofreundlichen Midtempo-Nummern. Dabei zaubert der Protagonist auf den sechs Saiten (auch slidend), lässt zudem die Hammondorgel nicht nur kolorierend zum Zuge kommen – recht solider, wenn auch nicht legendärer Classic Rock. (Music Maker, 9/42:09) pro

HEEN

STEPPIN UP Das Debütalbum von Heen, der eigentlich Andreas J. Martens heißt, lässt aufhorchen. Der Soul des Kölners spricht die großen

CD-Rezensionen Gefühle an. Melodien kommen emotional rüber, coole Parts wechseln sich mit locker pochenden Grooves ab. Er besitzt die Gabe, dem vermeintlich Schlichten tiefgründige Ansätze zu verleihen. Es sind die eingängigen Hooklines, die mit griffigen Bläserarrangements ausgestattet werden, wobei die perkussive Untermalung auch ein wenig Nervosität einstreut. Das druckvolle Stück “Somewhere By The Sea” mag als Beispiel genauso dienen wie das ruhig angelegte “Over The Brink”, in dem das ganze Konzept des Albums sichtbar wird. Eine musikalische Reflexion, die Spannungen und Dynamik aufbaut. So klingt es, wenn man schon sehr früh seinen eigenen Stil gefunden hat – und sich davon nicht abbringen lässt. (Dackelton, 12/42:13) jp

NIGHTWISH

HUMAN:||:NATURE N Nightwish at its best: Mit ihrer inzwischen M Sängerin ddritten Floor Jansen legt F ddie finnische Kernttruppe um Hauptsongschreiber und s Keyboarder Holopainen ihr neuntes K b d Thomas Th H Studio-Album HUMAN:||:NATURE auf Doppel-CD (und Dreifach-LP) vor. CD 1 ist nicht weniger als ein Meisterwerk, souverän zwischen symphonischem Bombast, knallharten Rockriffs und folkiger Flockigkeit mit ungeheurer Dynamik changierend. Die Niederländerin Jansen, seit 2012 dabei, zeigt ein großartiges Spektrum, wohltuend von bloßem Gekreische entfernt – man hört die professionelle Ausbildung. Dem achtteiligen, über halbstündigen Longtrack auf CD 2 hätte in einigen langatmigen Soundscapes etwas Straffung gutgetan. Dann hätte das Gesamtwerk auf eine CD gepasst und wäre ein Überflieger. Aber auch so definieren Nightwish die Flughöhe des modernen Symphonic Prog sehr, sehr hoch. (Nuclear Blast, 9/50:39, 8/31:03) lbr

VARIOUS ARTISTS

KRAUT! DIE INNOVATIVEN JAHRE DES KRAUTROCK 1968–1979 TEIL 1 Wenn Bear Family ein Thema angeht, dann richtig. Das war erst zuletzt wieder bei der Neuen Deutschen Welle so, als das norddeutsche Label mit einer vierteiligen Doppel-CD-Reihe Maßstäbe setzte: in der Song- und Künstlerauswahl, der tontechnischen Aufbereitung sowie mit der hervorragenden Dokumentation. Mit nahezu demselben Team geht es jetzt – auch wieder mit vier im Dreimonatsrhythmus erscheinenden Doppel-CDs – zeitlich noch ein gutes Stück weiter in die Vergangenheit. Zurück in die Zeiten, als eigenwillige Formationen sich in keine Schublade mehr stecken lassen wollten, als Bands Prog Rock, Folk und Psychedelic Rock wild miteinander kreuzten, als der britische Radiomoderator John Peel dieser Musik mit „Krautrock” eine Bezeichnung verpasste, unter der Virgin Records anfänglich sogar sämtliche (Rock-)Musik aus Deutschland laufen ließ. Der erste Teil von KRAUT! beleuchtet den Norden Deutschlands, wo Bands wie Lucifer’s Friend (mit einem entfesselten GoodTimes 3/2020

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John Lawton am Mikrofon!), Atlantis (mindestens ebenbürtig: Inga Rumpf!) und Jane starken Rock auf Augenhöhe mit britischen und amerikanischen Vorbildern ablieferten, dazu Außenseiter wie Ougenweide, Missus Beastly, A.R. & Machines, Parzival und Novalis. Fazit: zwei CDs voller herrlicher, bahnbrechender Musik, bestens im 100-seitigen (!) Booklet dokumentiert – und weitere drei Teile dieser deutschen Musikgeschichte sind noch im Anrollen … (Bear Family, 12/68:04, 10/68:47) us

FOGHAT

FAMILY JOULES D Die Foghat-Re-Rellease-Serie geht in ddie nächste Runde. Die GründungsD mitglieder m Roger Earl (dr) und Tony E Stevens (b) spielS tten 2003 mit it dder neuen Frontline um Sänger und Gitarrist Charlie Huhn (u.a. Ex-Member bei Ted Nugent und Victory) sowie Leadgitarrist Bryan Bassett, der von Molly Hatchet kam, das erste StudioAlbum seit fast 20 Jahren ein. Das Quartett bot einen etwas biederen Boogie Rock an. Von der stoischen Rhythmusgruppe angeschoben, erklangen trockene Riffs und flüssige Slideleads. Dazu shoutete Huhn etwas stereotype Lyrics, träumte vom Sex mit der Ex oder dem Leben als Rock’n’Roller. So entstand eine solide Scheibe, von der allerdings nichts nachhaltig in den Gehörgängen blieb. Somit kein Foghat-Essential, doch Fans können nun ihre Sammlung vervollständigen. Keine Bonustracks. (Rough Trade, 13/57:30) rg

STONE TEMPLE PILOTS PERDIDA

27 Jahre nach ihrem „MTV Unplugged”Gastspiel haben die Grunger Stone Temple Pilots mit PERDIDA ihr zweites Akustikalbum eingespielt. Der Albumtitel (= Verlust) erinnert daran, dass die Band mit Scott Weiland (Drogen) und Chester Bennington (Suizid) gleich zwei Frontleute an den Tod verloren hat. Der neue namens Jeff Gutt passt jedoch perfekt in das Quartett. Insgesamt dominiert zwar ein melancholischer Unterton, doch man fühlt sich als Hörer keineswegs zum Trübsalblasen animiert. Zu aufmerksam will man lauschen, wie die STP das gängige Instrumentarium mit Instrumenten wie Basspfeife, Dulcimer, Guitarron, Marxofon, Cello, Geige, Flöte und Saxofon anreichern, den Songs so neue Facetten abgewinnen – und zwischendurch auch mal die Handbremse lockern und aufs akustische Gaspedal treten. Insgesamt ein so gelungenes wie kurzweiliges Wiederhören. (Rhino, 10/45:34) pro

THROWING MUSES SUN RACKET

Pop mit Noise Rock anzureichern war in den späten 80er und frühen 90er Jahren ein probates Mittel für eine erfolgreiche Karriere, von Yo La Tengo über Sonic Youth bis zu den Throwing Muses. Vor welchem

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Dilemma diese Bands stehen, wenn sie heute ein neues Album veröffentlichen, zeigte unlängst Frank Black mit seinen Pixies: Entweder man wird zum Plagiat längst vergangener Zeiten, oder man verleugnet die eigene Vergangenheit. Dass es aus dieser Zwangslage vielleicht doch einen Ausweg gibt, zeigt SUN RACKET, das neue Album der Throwing Muses. Mutmaßlich dürfte es daran liegen, dass Kristin Hersh in den langen Bandpausen fast durchgehend als Solokünstlerin aktiv war, so etwas hilft natürlich, um am Puls der Zeit zu bleiben. Und so werden die alten Noise-Rock-Zeiten zwar immer wieder stilistisch angerissen, aber nie zum reinen Selbstzweck, werden die poppigen Aspekte ihrer neuen Songs stilsicher in rockige Gitarren gekleidet, hat man nie das Gefühl, hier einer Band zuzuhören, die sich nur selbst wiederholt. (Fire, 10/34:33) us

KING SIZE TAYLOR

DR. FEELGGOD – THE BRITS ARE ROCKING VOL. 3 „ „The Brits Are Roccking”, in der dritten A Ausgabe dieser Reihe sstellt Bear Family mit K King Size Taylor einnen Künstler vor, der iin Deutschland vor allem ll ddurch h seine i Auftritte A f im Hamburger Star-Club bekannt wurde. Während sich andere Musiker in den frühen 60er Jahren vom Rock’n’Roll immer weiter in Richtung Beat orientierten, blieb der im Jahr 1939 in Liverpool geborene Edward Taylor – den Spitznamen King Size bekam er aufgrund seiner Körpergröße verpasst – dem Rock’n’Roll treu, ließ allenfalls kurze Abstecher zu seinen frühen Leidenschaften Folk und Skiffle zu. Bei Polydor nahm er seine (Cover-)Songs mit den Shakers auf, bei Ariola firmierte er unter King Size Taylor & The Dominos. DR. FEELGGOD – THE BRITS ARE ROCKING VOL. 3 versammelt nun erstmals sämtliche seiner Aufnahmen auf einem Tonträger, ergänzt um vier bisher kaum bekannte Aufnahmen aus dem Jahr 1958, die damals im Wohnzimmer eines Bandmitglieds in Liverpool aufgenommen wurden. Ausführliche Infos liefert das klasse bebilderte 36-seitige Booklet, für das Rock’n’Roll-Spezialist Ashley Wood King Size Taylor aktuell interviewte. (Bear Family, 31/75:27) us

CRIPPLED BLACK PHOENIX

WE SHALL SEE VICTORY 2012 A.D. Eine der sinnärmsten Genrebezeichnungen ist Post Rock. In die Schublade steckten manche Journalisten die britische Formation Crippled Black Phoenix, die freilich mit ihrer Mischung aus Schwermut, Theatralik, ausladenden Soundscapes in der Art der frühen Pink Floyd und auch mal poppigen Melodien seit 2006 nichts weiter als eine weitere Variante des guten alten Rock aufziehen. So auch mit WE SHALL SEE VICTORY, das sie 2012 A.D., am 4. Juli in Bern aufnahmen, und jetzt in karger Ausstattung erscheint. Gitarrist, Hauptsongschreiber und Sänger Justin Greaves hat sich inzwischen als depressiv geoutet – das hörte man den Songs schon damals an. Pianistin Miriam Wolf


ROCK übernimmt die heiser-kehligen Leadvocals bei “Of A Lifetime”, wird allerdings etwas zu leise ausgesteuert. Ansonsten gibt es am stramm komprimierten Livesound nicht viel auszusetzen. Wegen der üppigen Spielzeiten der zwei CDs kommt die Doppel-LP mit deutlich reduziertem Tracklisting. (Kscope, 9/63:53, 8/79:26) lbr

BLUE ÖYSTER CULT

CURSE OF THE HIDDEN MIRROR Nach dem ausgesprochen heftigen HEAVEN FORBID von 1998 folgte mit CURSE OF THE HIDDEN MIRROR drei Jahre später ein Album, das die eingeschlagene Richtung in Nuancen fortsetzte. “One Step Ahead Of The Devil” ist beispielsweise trotz nostalgischer Orgelbeigabe ein tempogeladener Heavy Rocker, der im Sound auf der Höhe der Zeit war. Trotzdem orientierten sich Blue Öyster Cult mit diesem ersten Album im neuen Jahrtausend deutlich an ihrer Musikauffassung aus den 70er Jahren, als die Band selbst potenzielle Gassenhauer immer wieder mit unerwarteten Melodie- oder Arrangementideen zur Musik für Insider machte. Das gilt auf CURSE im Speziellen für “Here Comes That Feeling”. Das Album ist etwas für Entdecker. Allerdings kann das für das gesamte BÖC-Schaffen gelten, waren die Amis doch nie etwas zum Nebenbei-Hören. Das Album erscheint jetzt erstmals auf Vinyl. Der LPTitel stammte aus der Prä-Ära von 1970, als sich BÖC noch Stalk-Forrest Group nannten. (Frontiers, 11/50:54) jub

PHILIP BRADATSCH

JESUS VON HAIDHAUSEN Auf YouTube gibt es einen Clip mit Philip Bradatsch, in dem er den Song “Der einsame Tod des Ben Ahmad” singt – eine frei ins Deutsche übertragene Coverversion der Dylan-Nummer “The Lonesome Death Of Hattie Carroll”. Vielleicht charakterisiert sie ganz gut die Kunst des jungen Sängers/Songschreibers: Er überträgt das Konzept des guten alten US-amerikanischen Folk und Rock ganz frei und kreativ in einen hiesigen und jetzigen Kontext. In einer so überzeugenden Mischung hat man das seit Bernie Conrads oder Tom Liwa kaum gehört. Mit JESUS VON HAIDHAUSEN legt der talentierte Münchner mit der blonden Zottelmähne sein neues Album vor. Und was für eines! Schon der achtminütige Opener “Alte Gebäude” mit seinem surreal-labyrinthischen Text und einem mitreißenden Crescendo-Arrangement nimmt den Hörer sofort gefangen. Und wenn das Album mit dem ebenbürtigen “Rundfunkempfänger” samt einem bunten Strauß an atemberaubenden E-GitarrenLicks ausklingt, wird einem klar: Man hat gerade eines der besten deutschsprachigen Alben des Jahres 2020 gehört. (Trikont, 8/41:10) frs

LARKIN POE

SELF MADE MAN Kurz, derb, knackig und auf den Punkt kommend: So präsentieren sich die beiden aus Atlanta stammenden, mittlerweile in Nashville beheimateten Schwestern Rebecca und

CD-Rezensionen Megan Lovell alias Larkin Poe. 2018 hatten sie mit VENOM & FAITH begeistert, dazu diverse Auszeichnungen und Platz 1 der Billboard-Blues-Charts erobert. Waren die beiden Multi-Instrumentalistinnen ob ihrer Gitarrenkünste schon als Allman-Verwandte bezeichnet worden, so setzen sie nun mit SELF MADE MAN noch eins drauf. Die neuen Songs sind bei allen Blues-, Countryund Folk-Momenten stärker Classic-Rockorientiert, ohne dass die Lovells ausgefahrenen Pfaden folgen – das Dauertouren und Bühnenadrenalin haben unüberhörbar ihren Niederschlag gefunden. Dazu geben E- und Akustikgitarren plus Lapsteel den Melodien des Duos eine eigene organische Färbung. Stark. (Tricki-Woo, 11/35:06) pro

Natürlich sind diese Nummern knackig genug, um der Hard-Rock-Schublade zu genügen, eingängiger geht’s allerdings kaum. Selbst der mit etwas fetteren Riffs ausgestattete “Chemical Rush” ist im Refrain so voller Keyboardklang, dass der Wille zur absoluten Massentauglichkeit unverkennbar ist. Den immer schon sehr Pop-affinen Melodien der Band tut diese Härtedrosselung natürlich gut – selten kamen sie so brillant zur Geltung. Hierzulande werden sich trotzdem nur eingeschworene Fans für die Platte interessieren, in den USA, wo all die alten Glam-Metal-Helden Hochkonjunktur haben, könnte das aber zu einem spürbar größeren Absatz führen. (Frontiers, 11/48:14) jub

KEN HENSLEY

LUCKY STAR

TALES OF LIVE FIRE & OTHER MYSTERIES Obwohl bereits 1980 ausgestiegen, wird Ken Hensley für immer zuerst der Organist und Komponist der britischen HardRock-Legende Uriah Heep bleiben. Dieses Erbe und seine Sucht wogen schwer, Jahre zog er sich sogar komplett aus dem Musikgeschäft zurück. Dieses 5-CD-Set bündelt Aufnahmen der Jahre 2012/13. LOVE & OTHER MYSTERIES präsentiert Hensley nur in fünf Songs als Leadsänger, diverse Gastvokalisten ergänzen. Die Titel changieren zwischen Pop, Soft Rock und Balladen, können dabei die Kitschgrenze nicht immer umschiffen. Auf LIVE TALES präsentierte Hensley allein an Gitarre und Keyboard in einem kleinen Club gleichberechtigt Songs von seinen Solo-Alben sowie von seiner früheren Band. Die balladeske Stimmung kam seiner zwar angenehmen, doch nicht sehr kräftigen Stimme entgegen. Auf zwei Discs ist ein Livemitschnitt seiner norwegischen Band Live Fire festgehalten. Hierbei trat Hensley banddienlich an der fauchenden Hammond auf, steuerte das eine oder andere Solo bei, überließ Eirikur Hauksson mit seiner rauen, kraftvollen Stimme das Mikro. Im Rampenlicht standen natürlich zehn Uriah-Heep-Klassiker, unverzichtbar der Zwei-Akkorde-Hit “Lady In Black”, inklusive eines kleinen Drumsolos, ergänzt durch vier späte Solotracks. Abgerundet wird das Set des sympathischen Exil-Spaniers durch das Studio-Album TROUBLE. Als Sänger agierte hier Roberto Tiranti mit seiner geschmeidigen Tenorstimme. Die melodischen Old-School-Hard-Rock-Songs gehen gut ins Ohr, wirken allerdings nicht nachhaltig. Gelungen das 40-seitige Booklet. (Cherry Red, 5 CDs) rg

HOUSE OF LORDS NEW WORLD

Album Nummer zehn markiert in der Plattenkarriere der House Of Lords eine Veränderung. Waren die Scheiben seit WORLD UPSIDE DOWN (2006) von einer zum Teil durchschlagenden Härte gekennzeichnet, drehen sich Sänger James Christian und seine Hintermannschaft mit Vehemenz in Richtung Pop. Dafür stehen zum Beispiel “Both Of Us” und “We’re All That We Got”. Seite

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SNOWY WHITE Snowy White ist der einzige Gitarrist, der bei Pink Floyd neben David Gilmour im Studio agierte. Er begleitete jahrelang Roger Waters live und bei Aufnahmen. Er folgte Gary Moore bei Thin Lizzy nach, mit denen er zwei Alben einspielte. Und der PeterGreen-Schüler/Freund hat eine beachtliche Solokarriere vorzuweisen, die 1983 mit WHITE FLAMES begann, das auch den Namen seiner langjährigen Begleitband lieferte. Anfangs war der singende Gitarrist noch auf der Suche nach seiner eigenen Note, als er Blues, Rock und R&B mit Andeutungen von Funk, Reggae und Jazz vermengte – stets jedoch dominiert von seinem einfühlsamen wie unverkennbaren Saitenspiel, das auch den Höhepunkt des Albums in Gestalt des Instrumentals “The Journey” ausmachte. Das vereinte gelungen die sanfte wie die rockigere Seite des Briten. Die Single-Auskopplung “Bird Of Paradise” schaffte es im UK bis auf #6, schuf aber Druck, weil sein Label ähnliche Erfolgsnummern einforderte. Diesem Druck beugte sich der Musiker mit SNOWY WHITE (1984, auch als LAND OF FREEDOM erhältlich), das eingängigere Rock- und Pop-Orientierung aufwies, aber ein wenig richtungslos wirkte, mit “When I Arise” erneut ein packendes Instrumental bot. A CERTAIN THING schielte 1987 mit AOR-Feeling und vermehrtem SynthesizerEinsatz, aber wenig Erfolg in Richtung Mainstream-Verkaufszahlen. Die Folge: Nun als Snowy White’s Blues Agency firmierend, stimmte der zu allen Zeiten gitarristisch beeindruckende Musiker auf CHANGE MY LIFE 1988 das an, was seinem Herzen am nächsten lag: Blues(-Rock) britischer Spielart in all seinen Facetten. Weniger massenkompatibel, aber authentisch, inklusive einiger Standards. Ähnliches galt für OPEN FOR BUSINESS (1989) und HIGHWAY TO THE SUN (1994 mit Gastspielen von Gilmour, Chris Rea und Gary Moore). Es ist höchst verdienstvoll von Cherry Red, diese Entwicklung eines Ausnahmemusikers mit einem unverkennbaren Gitarrenton auf sechs CDs mit 18 teilweise bereits erhältlichen Bonustracks (rare Single-B-Seiten, bislang nicht zugängliche Sessionaufnahmen) so kompakt zusammenzufassen. (Cherry Red, 6 CDs) pro n

Music from the 60s to the 80s

FERNANDO PERDOMO

OUT OF THE SEA 3 – THE STORM Widmete sich der 39-jährige US-Amerikaner Fernando Perdomo Ende letzten Jahres nur mit der akustischen Gitarre King-CrimsonSongs, führt er nun seine 2018 begonnene Trilogie OUT OF THE SEA zu einem Ende. Der Multi-Instrumentalist hat alles im Alleingang eingespielt, natürlich steht dabei seine singende E-Gitarre im Zentrum des Instrumentalalbums. Das eine oder andere Mal erinnert einen der leichtfüßig-melodische Sound an Camel und Andy Latimer. Wo allerdings im Titelsong der „Sturm” bleibt, das bleibt Perdomos Geheimnis. Hier wünscht man sich einen heftigen, metallischen Ausbruch. Ein gelungenes, wenn auch vereinzelt etwas braves Retro-Prog-Album. Anspieltipps: “Frenzy”, “The U.F.O. Club” und “Doom Is Often Loud”. (Forward Motion, 11/40:59) rg

JEFFERSON AIRPLANE

LONG JOHN SILVER / THIRT Y SECONDS OVER WINTERLAND In der Spätphase von Jefferson Airplane entstand LONG JOHN SILVER, das letzte Studiowerk der Band, 1972 ohne Marty Balin und Spencer Dryden. Es war ein typisches Airplane-Album, wobei der geigende Neuzugang Papa John Creach das Klangspektrum interessant erweiterte. Es bot einige Highlights wie den blues-rockigen “Milk Train”, “Aerie (Gang Of Eagles)”, das sich gemächlich entwickelnde “Trial By Fire” oder das Titelstück, Jack Casadys Songschmied-Debüt. Bei der folgenden Abschlusstournee wurde THIRTY SECONDS OVER WINTERLAND in Chicago und San Francisco mitgeschnitten, wobei die Band Klassiker wie “White Rabbit” oder “Somebody To Love” zwar spielte, auf der LP aber außen vor ließ. So war “Crown Of Creation” die einzige ältere Nummer, ansonsten dominierten neben dem nur als Single veröffentlichten Opener “Have You Seen The Saucers” Songs von LONG JOHN SILVER und dessen Vorgänger BARK. Highlight ist die elfminütige Jamnummer “Feel So Good”. Die Neuauflage beider Alben kommt ohne Bonustracks. (Cherry Red, 9/42:20, 7/37:49) pro

BRIAN TARQUIN PROJECT VEGAS BLUES

Brian Tarquin hat mehrere Emmys für seine Filmmusiken eingefahren, sich als Gitarrist und Bassist ebenso profiliert wie als Produzent. Jetzt hat er zahlreiche Kollegen zusammengetrommelt, um mittels eines Konzeptalbums an die Opfer des Amoklaufs in Las Vegas 2017 zu erinnern und sie mit dem Verkaufserlös zu unterstützen. Mitgemacht haben Steve Morse (Deep Purple), Trey Gunn (King Crimson), Bumblefoot (Guns N’Roses), Hal Lindes (Dire Straits) und viele mehr, um Tarquins vielfältige Ideen umzusetzen. Da gibt es eher ruhige Gitarreninstrumentals, treibende (Heavy) Rocker, Synthie-Getragenes, aber auch Blues- und Jazz(-Rock)-Einsprengsel. Songtitel wie “Evil Men’s Hearts”, “Demonic”, “Lights Of Las Vegas”, “Tomorrow’s Another Day”,


ROCK ”Run For Cover” oder “Vegas Blue” weisen auch bei den Instrumentals den Weg. (Trax, 11/48:07) pro

JIM CAPALDI

OPEN YOUR HEART – THE ISLAND RECORDINGS 1972–1976 Als Solokünstler stand Jim Capaldi (1944–2005) zwar erfolgsmäßig im Schatten seiner Traffic-Kollegen Steve Winwood und Dave Mason, konnte zu Lebzeiten aber durchaus Beachtliches vorweisen. 1972 unternahm er erste Gehversuche mit OH HOW WE DANCED, das er mit der Crew des Muscle Shoals Sound Studios einspielte, unterstützt von Freunden wie Winwood, Mason, Chris Wood, Paul Kossoff und Trevor Burton. Satt groovend, mal rockig, mal balladesk, auch mal bluesig oder soulig (die Bläser!) tönte der auch als Sänger überzeugende Capaldi. Am selben Ort entstanden, überzeugte 1974 WHALE MEET AGAIN mit ähnlicher Qualität in Sachen Songs, Performances (Winwood, Kossoff) und Melodiegespür. Zwei Jahre später setzte sich SHORT CUT DRAW BLOOD allein schon durch die Fokussierung auf Reggae von den Vorgängern ab, Winwood und Wood waren wieder dabei, dazu an der Gitarre Chris Spedding und Rabbit Bundrick an den Tasten. Jazz-Rock-Feeling schlich sich in den vielseitigeren Sound ein. OPEN YOUR HEART vereint die ersten drei Solowerke Capaldis gelungen remastert auf drei CDs, die von einem satten Booklet und reichlich Bonustracks begleitet werden, die bislang nicht auf CD erhältlich waren. Und dazu gibt es eine einstündige DVD schwerpunktmäßig mit Auftritten im „Old Grey Whistle Test” 1975/76. Eine ebenso gelungene wie würdige Erinnerung an einen Künstler, der zeitlebens unterschätzt wurde. (Esoteric, 3 CDs, 1 DVD) pro

GLASS HAMMER DREAMING CIT Y

Standen Glass Hammer bisher eher dem Neo-Prog nahe, ist ihr neues Album DREAMING CITY eine echte Überraschung. Das fängt schon mit der Geschichte dahinter an, das zwölfseitige Booklet ist in Kapitel unterteilt und mit Schwarz-Weiß-Zeichnungen illustriert. Dort wird die literarische Quelle der Inspiration angegeben: „Skallagrim And The Dreaming City – Book One of The Terminus Chronicles”. Die Story dreht sich um einen verzweifelten Mann, der sämtliche Anstrengungen unternimmt, um seine Geliebte vor dem sicheren Tod zu retten, dafür aber lediglich drei Tage Zeit zur Verfügung hat. So nimmt die lyrische und musikalische Achterbahnfahrt durch sämtliche Höhen und Tiefen menschlicher Verzweiflung und Hoffnung ihren Lauf, von Bandleader Steve Babb und seinen Mitstreitern durch die verschiedensten Spielarten des Prog Rock in Szene gesetzt. Früher Metal, Krautrock-Ausflüge und elektronische Trips werden passgenau integriert, und mit Reese Boyd, John Beagley, Joe Logan und Susie Bogdanowicz gibt es auch genügend Gesangsstimmen, um die unterschiedlichen Charaktere der Geschichte darzustellen. (Arion, 12/62:22) us

CD-Rezensionen TONY MONTANA

FIONA APPLE

Wenn der Great-White-Backkatalog ausgewertet wird, hänge ich mich doch gleich an. Mag sich Tony Montana gesagt haben, 1987 bis 1992 Bassist der amerikanischen Led-Zeppelin-Jünger. Und so wurde jetzt mit TOMBSTONE SHUFFLE sein ursprünglich für Japan aufgenommenes 2000er Solowerk neu aufgelegt. Gemütlich dahinrollender, melodischer und dabei recht ungeschliffener Hard Rock war damals angesagt, der Protagonist spielte Bass, Gitarre und sang (beachtlich). Er schwamm im Kielwasser seiner damaligen Band, ohne diese zu kopieren. Bei den Balladen schielte er wohl auch ein wenig in Richtung Scorpions und hatte einen gelungenen Akustik-Blues-Schleicher dabei, und er ließ Led-Zeppelin-Inspiration durchklingen. Von Thin Lizzys “Cowboy Song” hätte er aber besser die Finger gelassen. Insgesamt solide. (Cleopatra, 12/53:27) pro

Fünf Alben in fast 25 Jahren, das letzte ist auch schon wieder acht Jahre her – Fiona Apple lässt sich wahrlich Zeit mit neuen Songs. Aber noch jedesmal hat sich das sehnsüchtige Warten gelohnt. Das gilt auch für FETCH THE BOLT CUTTERS, das allerdings noch mehr Aufmerksamkeit als die früheren Platten benötigt, um seinen Weg in die für das Hören zuständigen Gehirnbereiche zu finden. Denn Ohrwurmcharakter haben die Songs kaum, vielmehr werden Apples Kompositionen zunehmend jazziger – der Vergleich mit Madeleine Peyroux tut sich an der einen oder anderen Stelle auf. Aber noch mehr der mit Tom Waits, wo zunehmend das perkussive Experiment eine fast schon verstörende Rolle einnimmt. So schichtet die Sängerin Stimmelement über Stimmelement, und im Hintergrund rumpelt immer und immer wieder ein fast schon kaputt zu nennender Schlagzeugrhythmus. Sicherlich kein einfaches Biest, was Fiona Apple da bietet, aber das galt in den meisten Fällen ja auch schon für Großmeister Tom Waits. (Sony Music, 13/52:08) an

TOMBSTONE SHUFFLE

FETCH THE BOLT CUTTERS

SMOKEMASTER SMOKEMASTER

Das Quintett Smokemaster aus Köln legt ein abwechslungsreiches Debütalbum vor. Die Songs, zwischen vier und zehn Minuten lang, betonen jeweils unterschiedliche Ingredienzien. Psychedelic-, Kraut-, Stoner- und BluesRock tauchen auf, so dass keine Langeweile aufkommt. Der Opener “Solar Flares” mäandert und steigert sich langsam. Der nachfolgende “Trippin’ Blues” kommt direkt und harsch auf den Blues-Rock-Punkt. Nur dieser und ein zweiter Track sind mit Gesang. Das sorgt wiederum für Abwechslung, Höhepunkte sind aber zwei Instrumentals. “Ear Of The Universe” packt mit Harmonika-Intro, langen Jampassagen von Orgel und insbesondere Gitarre sowie Tempo- und Stimmungswechseln. Cool gelang der staubtrockene Desert-Rocker “Sunrise In The Canyon”, Tarantino grüßt die Klapperschlange. Ein vielversprechendes Album, das einfach Spaß macht. (Tonzonen, 6/42:18) rg

LOVE-SONGS NICHT NICHT

Elbkrautstudios nennen Love-Songs ihr bandeigenes Tonstudio in Hamburg. Das passt. Denn der größte Referenzpunkt im musikalischen Kosmos des Trios ist sicherlich die elektronische Musik deutscher Krautrock-Pioniere wie Neu!, Harmonia und Ash Ra Tempel. Abgekupfert und retro klingen die Tracks auf ihrem Debütalbum NICHT NICHT allerdings keineswegs. Die größtenteils instrumentalen Stücke sind zeitlose Electronica, die zwischen strukturiertem Ambient und freifließender Psychedelia oszillieren. Besonders schön ist der zweite Track, “Selbstauflöser Teil 2”, in dem Thomas Korf (keys, voc) in DAF-Manier parolenartige Sätze singt wie „Jetzt wo ich unbegreiflich bin, macht die Selbstauflösung Sinn”, während Sebastian Kokus (b) und Manuel Chittka (d, perc) für einen Tranceartigen Groove sorgen. Space is the place! (Bureau B, 7/41:04) frs GoodTimes 3/2020

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GURU GURU LIVE IN CHINA

Mit „Tomorow is today, today is now, now is Guru Guru” begrüßte Guru-Guru-Chef Mani Neumeier im Mai 2019 rund 1000 chinesische Fans zu einem ausverkauften Konzert beim Tomorrow Festival in Shenzhen. Die CD/DVD LIVE IN CHINA zeigt, dass das Enfant terrible der deutschen Rockmusik auch mit 80 Jahren noch die Fäden in den Händen hält, wobei dem „Elektrolurch” erstklassige Musiker zur Seite standen: Gitarrist Roland Schaeffer, Basser Peter Kühmstedt und Gitarrist Jan Lindqvist. Das Publikum – restlos begeistert. Vor allem Schaeffer rückte immer wieder in den Vordergrund, spielte Saxofon und das Blasinstrument Nadaswaram, für den entsprechenden Bodensatz sorgten Kühmstedt und Lindqvist. Schon beim vierten Titel “Red Air” drängte Neumeier an den Bühnenrand, während “Magic Tree” an den Who-Klassiker “Magic Bus” erinnerte und die “Rock’n Roll Machine” mit dem singenden Bassmann Kühmstedt nicht mehr aufzuhalten war. Höhepunkt war “Auf Alle Felle”, ein Neumeier-Solo, zum Teil auf dem Boden kniend mit Blechdeckel gespielt. Wenn die Tonqualität auch etwas gelitten hat, ist die CD/DVD mit zwei Bonustracks ein Zeitdokument. (Trace-Music, CD 12/73:53, DVD 92 Min.) jp

DAVID CROSS & PETER BANKS CROSSOVER

Auch so kann ein Album entstehen. Im August 2010 trafen sich Geiger David Cross, durch sein Mitwirken bei King Crimson bekannt, sowie Ur-Yes-Gitarrist Peter Banks zu Improvisationen. Banks verstarb bereits 2013, in den Jahren 2018/19 spielten über diese Basistracks Musiker wie Tony Kaye,

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Geoff Downes oder Pat Mastelotto ihre Beiträge ein. Von Songs im üblichen Sinn kann nicht gesprochen werden, die InstrumentalTracks fließen oft sphärisch dahin. Banks hielt sich solistisch meist zurück, Cross stand mit melodischen Geigensolos mehr im Rampenlicht. Die Gastmusiker sorgen für den einen oder anderen interessanten Farbtupfer. Auch wenn ab und an leicht dissonante Akzente gesetzt werden, kann der oft melancholische Ambientsound die Spannung nicht durchgehend halten. (Noisy, 8/49:35) rg

VANILLA FUDGE VANILLA FUDGE

The Supremes landeten 1966 mit ihrem eigentlich viel zu schwungvoll geträllerten Klagelied “You Keep Me Hangin’ On” auf der Nummer 1 der Billboard-Charts. 1967 entschleunigte das Hard-Rock-Quartett Vanilla Fudge den Motown-Schlager von zwei Minuten und 47 Sekunden runter auf 7:20 und kreierte damit einen PsychedelicKlassiker. Für ihre Debüt-LP spielten die vier New Yorker außerdem den BeatlesSong “Ticket To Ride”, Curtis Mayfields “People Get Ready”, Rod Argents “She’s Not There” und Sonny Bonos „Bang Bang” im halben Originaltempo ein. Das Album wurde gern als akustische Beigabe zu halluzinogenen Substanzen verabreicht und traf deshalb oft nur auf betäubte Ohren. Dabei nennen Deep Purple und andere Bands, deren Klangpersönlichkeit von ausdrucksvollen Keyboards geprägt wird, Vanilla Fudge als ihre frühen Anreger. Das für MFSL remasterte Original-Masterband offenbart nun die dynamische Wucht des Drummers Carmine Appice und all jene räumliche Tiefe, in der sich die Hammondorgel entfaltet. (Atco-MFSL, 10/42:41) wd

AXEL MANRICO HEILHECKER BOOK OF SHELTER

Axel Manrico Heilhecker war Gitarrist der Food Band und von Wolf Maahn sowie der Harald Schmidt Showband. Er initiierte danach zahlreiche innovative Projekte. Mit BOOK OF SHELTER präsentiert er sich als breit aufgestellter Rock-Singer/ Songwriter. Auch wenn er auf einem anderen Feld unterwegs ist, fühlt man sich manchmal stimmungs- und strukturmäßig an Carl Carlton erinnert. Aufhorchen lässt Heilhecker durch die Weise, wie er seine beachtlichen Stücke gitarristisch einfallsreich ausgestaltet. “Wicked Lady” zum Beispiel weckt im Solopart Assoziationen in Richtung Allman Brothers, den Tanz “On The Vulcano” geht er im Intro kunterbunt an, als ob sich Saxofon, Harp in einem kontrollierten Chaos warmspielen, ehe es richtig losgeht. “Fine People” bietet Folk-Country-Flair, “Princess For One Day” ein stimmungsvolles Intro, der Song erzeugt Weite, die Akustikgitarre dominiert, ehe eine E-Gitarre kontrastiert. Und so weiter und so fort. (axelmanricoheilhecker. bandcamp.com, 10/45:11) pro


ROCK BLUE ÖYSTER CULT HEART RADIO THEATRE

Im Rahmen des 40. Jubiläums und der Veröffentlichung von THE COLUMBIA ALBUMS COLLLECTION gab es diesen für iHeart Radio aufgezeichneten Gig vor 200 Leuten am 17. Dezember 2012. Dabei kam ein exzellenter Trip in die Vergangenheit der amerikanischen Heavy-Metal-Institution heraus. Natürlich griffen Blue Öyster Cult vor allem auf ihre Erfolgsnummern und Live-Höhepunkte zurück, hatten aber auch eher selten Gespieltes wie “Golden Age Of Leather” und „Shooting Shark” in der Setlist. Hinzu kommt eine herausragende Version von “Godzilla”. Dieses Konzert gibt es sowohl auf CD als auch auf Vinyl. Hinzu kommt die Veröffentlichung als DVD und Blu-ray – Fans bekommen also von diesem speziellen Konzert einer technisch auf allerhöchstem Niveau spielenden Band die gesamte Produktpalette angeboten. (Frontiers, 11/63:28) jub

ROBERT HART PURE

R Robert Hart gibt nnach Stationen bei B Bad Company, der JJones Gang, The D Distance und Diesel dderzeit bei Manfred M Mann’s Earth Band dden F t D h er hat nach längerer Frontmann. Doch Solopause mal wieder Zeit für eine eigene Scheibe gefunden. PURE untermauert seinen Ruf als superber Melodic-Rock/ AOR-Sänger, der sich auch mal kurz in Prog-, Funk- und Synthie-Pop-Ecken wagt. Und das gelingt ihm glaubwürdig und authentisch, wobei er sich auf ausgefuchste Begleiter stützen kann, allen voran Tommy Denander (g, keys), die handgemachte und synthetische Töne geschmackvoll verbinden. Erneut wird hörbar, dass Hart zu den am meisten unterschätzten UK-Rock-Vokalisten der letzten drei Dekaden zählt – und daran wird wohl auch dieses unterhaltsame Werk wenig ändern. Zumal in Zeiten wie diesen, wo Hart seine Gesangsqualitäten nicht live präsentieren kann. (Escape Music, 12/43:52) pro

STEEPWATER BAND TURN OF THE WHEEL

Dass man auch im Norden der USA bestens weiß, wie man ein heißes Gebräu aus Blues Rock und Southern Rock anrührt, das beweist die Steepwater Band schon seit über 20 Jahren. So geht die vierköpfige Band aus Chicago mit ihrem neuen Album TURN OF THE WHEEL auch keine unnötigen Experimente ein, wenngleich Frontmann Jeff Massey zugibt, dass sie für ihre neuen Songs an der einen oder anderen Stellschraube gedreht hätten. Mit Joe Bishop haben sie einen neuen Bassisten verpflichtet, und mit Gastmusiker Terry „Sonny Lee” Trift erweitern sie ihr Soundspektrum erstmals um ein Saxofon. Dennoch bleiben es die Gitarren von Massey und Eric Saylors, die den Ton angeben, leben die rockigen Songs von den oftmals recht heftigen Riffs, mit denen die beiden die Songs nach vorn treiben, klasse und

CD-Rezensionen druckvoll aufbereitet vom Grammy-dekorierten Toningenieur Adam Ayan. (Diamond Day, 11/47:21) us

STATUS QUO

PERFECT REMEDY + ROCK 'TIL YOU DROP + THIRS THIRST ST Y WORK

die Musik den vermeintlichen Wünschen des breiten Publikums anzupassen. Wunderbar virtuos und unkonventionell geht es quer durch alle Spielarten des Prog Rock, wer die 70er Jahre liebt, in denen King Crimson, Pink Floyd und Yes dieses Genre definierten, der wird hier bestens bedient. (The Ancestry Program, 11, 77:12) us

FLOWERS IN CONCRETE / DIM PROSPECTS SPLIT

IIn der d Ausführung A fü f h mit zwei oder drei m CDs gibt es die C jjüngsten Neuauflaggen von Status-QuoScheiben. S PERFECT REMEDY R war 1989 das 19., 19 von on Pip Williams W llia produzierte StuWi diowerk der Boogie-Rocker um Francis Rossi und Rick Parfitt, die in jener Zeit eher etwas glatter gebügelt und gefälliger mit poppigeren Melodien und dezenten Country-Elementen daherkamen. Dennoch war’s eine Steigerung gegenüber dem Vorgänger AIN’T COMPLAINING. Auf zwei Silberlingen gibt es Single-B-Seiten, Alternativversionen, den “Anniversary Waltz” in diversen Promo-Ausführungen und den Mitschnitt einer Show in Birmingham 1989. Den Nachfolger ROCK ’TIL YOU DROP (Spielzeit: 76 Minuten!) von 1991 liebte Rossi angeblich, während Parfitt ihn hasste, wie es hieß – es war in jedem Falle eine Steigerung, auch weil eine gewisse Rückbesinnung auf alte Stärken unüberhörbar und weil mit einer 13-minütigen Neuversion von “Forty Five Hundred Times” ein durchaus spektakuläres Highlight dabei war. Auch hier wird reichlich Bonusmaterial ähnlichen Strickmusters wie bei REMEDY mitgeliefert, inklusive der damals zurückgezogenen B-Seiten “Heavy Daze” und “Better Times” sowie diversen 1991er Live-Aufnahmen. Sodann THIRSTY WORK (1994, nur 2 CDs): Inhaltlich waren beide Seiten von Quo vertreten, dazu konnte man über die diesmal gewählten Coversongs streiten. Hier werden nur vier bislang unveröffentlichte Livestücke (Stockholm 1994) mitgeliefert, ansonsten vor allem Flipseiten und Alternativfassungen. Wohl vor allem für Komplettisten unter den QuoFans gedacht. (Universal, jeweils 2 bzw. 3 CDs) pro

THE ANCESTRY PROGRAM TOMORROW

Abseits jeglicher kommerzieller Erwartungen Musik machen, das war vor gut fünf Jahren der Grund, weshalb sich die Münchner Studio- und Sessionmusiker Ben Knabe (voc), Mani Gruber (g, voc), Thomas Burlefinger (keys, voc) und Andy Lind (dr, voc) als The Ancestry Program zusammenfanden. Doch wie so oft wurde das eigentlich als Nebenprojekt geplante Konzept zur Erfolgsformel, immer öfter wurde der Ruf laut, das Projekt zur festen Band zu machen und endlich ein Album einzuspielen. Mit TOMORROW wurde dem Wunsch nun Folge geleistet, und glücklicherweise konnte das Quartett der Versuchung widerstehen, Seite

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M Mit diesem SplitAlbum feiert eine der A ddienstältesten Punkbbands aus der Steiermark fast auf den Tag m ggenau 15 Jahre nach iihrem letzten Auftritt ein i unerwartetes t t C Comeback. Zwar hatten Flowers In Concrete in letzter Zeit wieder das eine oder andere Konzert gegeben, doch dass da neues Material im Anrollen war, das dürfte selbst für Szenekenner eine Überraschung sein. Gewohnt hart, aber dennoch mit Liebe zur Melodie lassen Tom (voc, g), Flax (voc, g) und Pepi (dr) die frühen 90er Jahre wiederauferstehen, die Texte drehen sich um die derzeitige Lage in Gesellschaft und Politik. Als Partner für SPLIT konnte mit den Dim Prospects eine feste Hausnummer der Wiener Punkszene gewonnen werden, in dieser sechsköpfigen Band haben sich die Überbleibsel früherer PunkRocker wie Target Of Demand, Those Who Survived The Plague und Brambilla zusammengefunden, auch hier trifft Hardcore auf hymnische Powermelodien. (Noise Appeal, 10/31:13) us

SIR LORD BALTIMORE

COMPLETE RECORDINGS 1970–2006 Die amerikanische Heavy-Metal-Band Sir Lord Baltimore aus Brooklyn, New York, hatte kurz nach ihrer Gründung 1968 Anfang der 70er Jahre ihre große Zeit. 1970 erschien KINGDOM COME, nur ein Jahr später SIR LORD BALTIMORE. Das Power-Trio mit Sänger John Garner, der auch Schlagzeug spielte, Bassist Gary Justin und Leadgitarrist Louis Dambra zählt zu den Geburtshelfern des Hard Rock. Nach der Veröffentlichung seines Debütalbums wurde in einer Rezension zum ersten Mal der Genrebegriff „Heavy Metal” geprägt. In den Electric Ladyland Studios vom legendären Eddie Kramer coproduziert, gab die Band in der renommierten New Yorker Carnegie Hall ihren Einstand. Nach dem zweiten Album, erweitert durch den Gitarristen Joey Dambra, versank die Formation wieder in der Versenkung. 2006 schlossen sich die ursprünglichen Mitglieder John Garner und Louis Dambra mit Tony Franklin am Bass für III: RAW zusammen, den Versuch, an die alten Zeiten mit ihren harten Riffs anzuknüpfen. Das hörenswerte Dreierset enthält ein Poster, wobei die ersten beiden Alben die ursprünglichen LP-Hüllen nachbilden. (Cherry Red, 10/37:59, 6/32:06, 6/27:56) jp

DEL SHANNON

THE DUBLIN SESSIONS Der “Runaway”-Veteran galt schon in den 1970er Jahren als Oldie-Act, tourte über n

Music from the 60s to the 80s

die Inseln – mit Smackee, einer jungen Band aus Coventry, die auch Bobby Vee und die Marvelettes begleitete. Am Ende einer siebenwöchigen Tour entstand dieses Album 1977 in Dublin in Tourbesetzung, für das es bei solider musikalischer Qualität (seine Stimme hätte man besser einfangen können) nie einen Deal gab. Shannon hatte unterwegs komponiert, etwa das “96 Tears”-ige “Best Days Of My Life” oder das Bee-Gees-affine “Love, It Don’t Come Easy”. Covers wie “Love Letters” oder “Oh, Pretty Woman” wirken dagegen etwas bemüht – Presley & Orbison hatten schon die Essenz geliefert, während “Black Is Black” Biss hat. Dennoch, nette, wenn auch leicht dumpfe Session! (RockBeat, 11/38:01) utw

RUBBISH

SOME TIMES R Rubbish, der Name ddieses Trios aus N o r d r h e i n - We s t falen, verdient es, f näher betrachtet zu n werden. w Denn hier stand nicht Müll s oder d Äh Ähnliches li h P Pate, t sondern Fußball-Legende Horst Hrubesch, dessen Nachname kurzerhand anglisiert wurde. Allein die Vorstellung, dass das vollständig gefüllte Londoner Wembley Stadion „Rubbish, Rubbish, Rubbish” skandieren würde, sei ja schlicht sensationell, so Sänger Carsten Püttmann. Recht hat er, und zusammen mit Sebastian Schnabel (g, b, voc) und Jürgen König-Maatje (dr) zeigt er mit dem neuen Album SOME TIMES, wie vielseitig und abwechslungsreich Alternative Rock heutzutage sein kann. Getreu dem Motto „Alles kann, nichts muss” wildern sie in nahezu jedem Bereich der Rock- und Popmusik: fette Heavy-Metal-Riffs, GrungeBreitsalven, poppige Ohrwurmmelodien, amerikanisch angehauchter Melodic Rock. Für den ebenso kraftvollen wie differenzierten Sound sorgte Produzent Michael Voss (Mad Max, Michael Schenker), lässig auch die einzige Fremdkomposition, mit der sie die Ultravox-Synthie-Hymne “Fade To Grey” aus den 80er Jahren in die harte Welt des Rock’n’Roll entführen. (7music, 10/46:03) us

RAMMELHOF

UMWELTSCHMUTZ „Dort, wo das Ende der Welt bereits hinter dir liegt, dort liegt das in der Geschichte niemals sagenumwobene Rammelhof. Ein Ort im tiefsten Hinterwald, nicht benannt nach einer Stätte des Beischlafs, ebenso wenig angelehnt an den Ponyhof oder diese eine, relativ humorlose Nachwuchsband … wie hießen die noch mal … auch irgendwas mit Ramm… egal”, so versucht die Homepage der österreichischen Band Rammelhof Licht ins Dunkel zu bringen. SupportAuftritte für so unterschiedliche Acts wie J.B.O. und Wolfgang Ambros sind bei ihrer stilistischen Einordung aber alles andere als hilfreich. Harte Rockgitarren, brachialer Rhythmus, wechselnder (Sprech-)Gesang von Frau und Mann, alles immer auf der Basis eines ebenso schrägen wie hinter-


ROCK gründigen Humors: kein Zweifel, Rockmusik von der Stange hört sich anders an! (Rammelhof, 13/44:52) us

DEAD VENUS

NON STOP MUSIC S Spürnasen könnten ddieses Album schon iim Plattenschrank hhaben, denn im Spätssommer des verganggenen Jahres haben D Dead Venus NON b it in ihrer Schweizer STOP MUSIC bereits Heimat veröffentlicht. Nachdem es dort höchst erfolgreich war, mehrten sich die Anfragen aus dem Ausland, so dass es Mitte Mai dieses Jahres nun auch international erscheint, und, sehr löblich, neben Streaming und CD auch als Doppel-LP. Der Grund für den Erfolg dürfte zum großen Teil darin liegen, dass Seraina Telli (voc, p, g), André Gärtner (b, voc) und Mike Malloth (dr, voc) den Begriff Prog Rock auf ihre ganz eigene Art interpretieren. Ganz bewusst verzichten sie auf elektrische Gitarren und Drumsamples, stellen neben der markanten und vielseitigen Stimme ihrer Frontfrau Piano, Bass, Schlagzeug und akustische Gitarren in den Mittelpunkt. Auf diese Art geht es in unterschiedlichste Stilrichtungen, mal metallisch, mal jazzig, mal progressiv rockig, oft songorientiert, teilweise minimalistisch, dann wieder hart und heavy, eine ebenso interessante wie anspruchsvolle musikalische Achterbahn. (Rockstar Publishing, 12/55:12) us

VARIOUS ARTISTS

A TRIBUTE TO KEITH EMERSON & GREG LAKE Ja, die zu früh verstorbenen Prog-Größen Keith Emerson und Greg Lake haben eine Würdigung ihres Schaffens verdient. Allerdings bleibt ein etwas fader Nachgeschmack, wenn dies durch die TributeMaschinerie geschieht, die Billy Sherwood entwickelt hat. Auch wenn Größen wie Todd Rundgren, Brian Auger, Derek Sherinian, Geoff Downes, Patrick Moraz, David Sancious, Thijs van Leer, Jordan Rudess, Steve Porcaro, Martin Turner sowie Aaron & Ethan Emerson neben vielen anderen mitgemischt haben. Zehn Titel von ELP plus King Crimsons “21st Century Schizoid Man” haben sie sich in wechselnden Besetzungen vorgenommen, oft (zu) brav am Original – Experimentierfreude und Mut zu Innovation, die Emerson und Lake auszeichneten, sind weitgehend auf der Strecke geblieben. Daran können vereinzelte instrumentale Highlights auch wenig ändern. Insgesamt recht bieder, ein wenig mehr hätte man da schon erhofft. (Cleopatra, 11/48:49) pro

THE BEAT!RADICALS YAAA YOOO YUUU YEAH!

YAAA YOOO YUUU YEAH!, mit diesem Urschrei starten The Beat!radicals ihre Reise einmal quer durch die weite Welt des Beat und Rock’n’Roll. Dabei besuchen die vier Musiker aus dem Raum Koblenz nahezu jede Stilrichtung der Rockmusik, von den Beach Boys (“Surfin’ USA”), über Chuck Berry (“Johnny B. Goode”), Elvis Presley

CD-Rezensionen (“Heartbreak Hotel”), die Rolling Stones (“Honky Tonk Women”) und die Beatles (“A Hard Day’s Night”) bis zu Creedence Clearwater Revival (“Fortunate Son”). Klasse auch, dass das Quartett nicht nur in den guten alten Zeiten schwelgt, sondern sich mit den Hives (“Walk, Idiot, Walk”), U2 (“Vertigo”), Green Day (“American Idiot”) oder Lenny Kravitz (“Are You Gonna Go My Way”) seine Vorlagen auch in der neueren Vergangenheit holt, was die Reise natürlich noch einen Tick abwechslungsreicher macht. (The Beat!radicals, 16/72:10) us

RUSH

PERMANENT WAVES (FORTIETH ANNIVERSARY)

Die Serie der Jubiläumsneuauflagen früherer Rush-Platten wird fortgesetzt, und zwar jetzt mit der Neuauflage von PERMANENT WAVES, das vor 40 Jahren in die Läden kam. Mit dem siebten Studio-Album schlug die Band einen radiotauglicheren Kurs ein, der ihr insbesondere auf dem Folge-Album MOVING PICTURES mit “Tom Sawyer” einen richtigen Hit bescheren sollte. Mit den sechs Songs von PERMANENT WAVES verabschiedeten sich Rush ganz bewusst von der Idee der Vorgängerwerke, die allesamt ansatzweise mit dem Genrebegriff „Konzeptalbum” kokettierten. Lieder wie “The Spirit Of Radio”, “Freewill”, “Natural Science” oder “Jacob’s Ladder” wurden dabei zu Evergreens, die selbst noch bei den letzten Rush-Tourneen gespielt wurden. Die Jubiläumsedition erscheint nun in vier unterschiedlichen Konfigurationen. Die der Redaktion vorliegende Super Deluxe Edition umfasst eine Box mit zwei CDs und drei LPs (180g). Das Paket enthält die remasterte Version des Albums von 2015, die erstmals auf CD erscheint. Dazu gibt es bislang unveröffentlichtes und neu abgemischtes Bonusmaterial, das von Stammproduzent Terry Brown von den Original-Livetapes übertragen wurde. Die bislang unveröffentlichten Live-Aufnahmen stammen von drei Konzerten, die im Rahmen der damaligen Tour mitgeschnitten wurden. Als weiteren Schnickschnack gibt es unter anderem ein 40-seitiges Hardcover-Buch mit unveröffentlichten Fotos, Neuinterpretationen des Album-Artworks sowie einen ausführlichen Aufsatz zu Geschichte und Bedeutung der Platte. Darüber hinaus liegen der Ausgabe etliche weitere Specials wie Tourprogramm, Poster, Reproduktionen der Backstage-Pässe der drei Bandmitglieder, handgeschriebene Liedtexte sowie ein Notizblock bei. Letztlich lässt sich konstatieren, dass hier erfreulich viel zu einem einzigen Album zusammengesucht wurde, so dass der am 7. Januar dieses Jahres verstorbene Schlagzeuger und Textschreiber Neil Peart sicherlich seine Freude an der Ausgabe gehabt hätte. (Universal, 2 CDs, 3 LPs) an GoodTimes 3/2020

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KANSAS

THE ABSENCE OF PRESENCE Vom ersten Ton an weiß der Kansas-Jünger: Das hier ist die neue Produktion „seiner” Band. Und eine äußerst gelungene noch dazu. Man muss die Gruppe nicht mögen. Aber man darf ihr mit THE ABSENCE OF PRESENCE neidlos zugestehen, dass sie alle Register ihres Könnens zieht. Und dass der Siebener über ein absolut unvergleichliches Klangbild verfügt, dessen Ausfüllung man ihm nach den letzten eher lauen Alben gar nicht mehr zugetraut hat. Gut, POINT OF KNOW RETURN oder LEFTOVERTURE sind unschlagbar im Genre, das gemeinhin als Prog-Stadion Rock definiert wird. Also kraftvolle, leidenschaftliche Melodien, die an Styx, Boston, Yes oder Journey erinnern. Um letztlich Kansas zu sein. 1972 gegründet, stand diese Formation aus, genau, Kansas, mit oftmals wechselnden, stets gestandenen Musikern für überbordenden Progressive Rock. Gerne mit wilder Geige im Vordergrund oder opulenten Keyboardlinien, aber auch mal einer bratzenden Gitarre, um auf den Rock&Roll-Background hinzuweisen. All diese Elemente sind leidenschaftlich vereint auf THE ABSENCE OF PRESENCE. Ein Füllhorn an Inspiration für jeden Fan leidenschaftlichen Progs. (Sony Music, 9/47:417) mfg

THE YARDBIRDS

BLUES WAILING – FIVE LIVE YARDBIRDS 1964 M Eric Clapton und Mit Sänger Keith Relf S waren w die Yardbirds viel live unterwegs. v Lange L wurde gerätselt, s wo FIVE LIVE YARDBIRDS Y 1964 mitgeschnitten it h itt worden d war, ehe mit großer Wahrscheinlichkeit der Gig am 7. August im Londoner Marquee als Quelle verifiziert wurde. Allerdings ist nur das erste Set dokumentiert – in der Pause musste Relf wegen eines Asthma-Anfalls notfallmäßig ins Krankenhaus. Dank des Einsatzes einer Ampex-Bandmaschine klingt das Ganze heute noch erstaunlich gut. Und musikalisch? Clapton, Relf, Chris Dreja (g), Paul Samwell-Smith (b) und Jim McCarty (dr) coverten Elmore James, Chester Burnett (superb: “Smokestack Lightning”), Sonny Boy Williamson, die Isley Brothers, James Pryor und ausnahmsweise auch mal Chuck Berry, blues-rockig, auch mit Beatnote, und drückten den Songs ihren Stempel auf. Die ohnehin kurze Spieldauer wurde durch Ansagen und Gitarrestimmen kräftig gestreckt. (Repertoire, 12/31:20) pro

PAUL KANTNER, GRACE SLICK & DAVID FREIBERG BARON VON TOLLBOOTH AND THE CHROME NUN

David Crosby war nicht nur als Gast dabei, als Sängerin Grace Slick und Paul Kantner (g, voc) gemeinsam mit ihrem JeffersonAirplane-Kollegen David Freiberg 1973 nach der Auflösung ihrer Band musikalische Ideen verwirklichen wollten – er lieferte gleich den Albumtitel mit. Hatte

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er doch Slick und Kantner die Spitznamen The Chrome Nun und Baron von Tollbooth verpasst. Ebenfalls u.a. mit an Bord: Jerry Garcia und Mickey Hart von Grateful Dead, Craig Chaquico, die Pointer Sisters sowie die Airplane-Kollegen Jorma Kaukonen, Jack Casady, John Barbata und Papa John Creach. Das Resultat hätte durchaus als Airplane-Album durchgehen können, auch wenn die Protagonisten die Stilgrenzen ausweiteten, mit Westcoast der rockigen (auch mal Prog-mäßig) wie poppigen Spielart experimentierten und Freiberg Mellotron- und Synthie-Sounds beisteuerte. Gelungen remastert klingt’s immer noch interessant. (Cherry Red, 10/40:05) pro

CENTRE EL MUUSA CENTRE EL MUUSA

E sind minimalisEs ttische und schnörkkellose Kompositioonen ohne Gesang, vollkommen v durchssetzt mit elektronnischen Beats, die die B Band Centre di d C t El Muusa aus Estland auf ihrem gleichnamigen Debütalbum bietet. 2015 in der Avantgarde-Ecke von dem Multi-Instrumentalisten Misha Panfilov und seinem Kollegen, dem Wurlitzer-Elektro-Pianisten Volodja Brodsky, gegründet, wurden von Anfang an neue Sounds gesucht – und gefunden. Richtig rund wurde die Sache dann mit Monika Erdmann am Bass und Schlagzeuger Aleksei Semenihhin, die sich 2018 dem experimentierfreudigen Duo anschlossen. Gemeinsam ergründet die Band nun, was Krautrock und Psychedelia hergeben. Dies muss nicht immer so martialisch wie “Burning Lawa” klingen, mit “Mia” gibt es auch ein Stück, in dem der Bass einen zum Auftakt in ein schön sphärisch angehauchtes Stück hineinschaukelt. Insgesamt eine gelungene Mischung aus verträumten und gitarrenlastigen Nummern, die für viel Abwechslung sorgen. (Sulatron, 6/40:46) jp

MIKE BLOOMFIELD

LIVE AT McCABE'S GUITAR WORKSHOP

Mike Bloomfield ist einer der vielen zu früh verstorbenen Rockmusiker (1981), der auch nach seiner Zeit bei der Butterfield Blues Band und Electric Flag (und als Sideman bei Dylans „elektrischer Erleuchtung” in Newport) noch viel hätte bewegen können. Der aus Chicago und vom Blues kommende Gitarrist war am Neujahrstag Januar 1977 in McCabe’s Guitar Workshop in Santa Monica live zu erleben, hatte spürbar Bock und lebte den Blues mit all seinen rockigen Facetten auf der Bühne aus. Dabei verzichtete er im Quartettformat auf gitarristische Selbstbeweihräucherung, interagierte vielmehr mit Mark Naftalin (p, g), Buddy Helm (dr) und Buell Neidlinger (b). Vorsicht: Der klanglich recht ordentliche Mitschnitt war bereits unter diversen anderen Titeln erhältlich. Jüngere Bluesfans können hier einen Großen entdecken. (RockBeat 10/43:19) pro


ROCK MICK & THE RAINBOW TURTLES RAINBOW TURTLES

Als Jugendlicher bewegte sich der Stuttgarter Musiker Mick Scheuerle in der Folkszene, mit der elektrischen Gitarre ging es in Richtung Rock (Sinner) und Punk (Normahl), zwischenzeitlich hat er sowohl als Produzent als auch als Musiker verschiedenste Projekte am Laufen. Zusammen mit Lena Wawrzynek (keys, g, fl, sax, voc), Joe Saling (g, voc), Robin Stecher (b) und Marius Günter (dr) hat Scheuerle nun als Mick & The Rainbow Turtles mit RAINBOW TURTLES ein Album veröffentlicht, auf dem er neben alten, lange verschollenen Tracks auch neues Material präsentiert. Stilistisch pendeln sie zwischen Folk Rock, Blues und Country; klasse Melodien, feiner, oft mehrstimmiger Gesang, lässig rockige Arrangements. Anspieltipps: der an Tom Petty & The Heartbreakers erinnernde Opener “Gone” sowie das psychedelisch angehauchte “Misirlou”. (7music, 8/36:15) us

ELECTRIC MOON

YOU CAN SEE THE SOUND Die Band Electric Moon um Mastermind Sula Bassana hat im April 2013 bereits eine Vinyl-EP mit dem Titel „You Can See The Sound Of ...” veröffentlicht. Jetzt gibt es mit dem aktuellen Album eine ganze LP-Seite Extrastücke, die einen auf eine Reise durchs Weltall mitnehmen. Wer dabei an die Band Hawkwind erinnert wird, liegt nicht ganz falsch. Schon der Opener “The Inner Part” ist nicht nur eine Anlehnung an den frühen Space Rock, es ist auch der gelungene Versuch, diesem Genre ein neues Gepräge zu geben. Mit Komet Lulu am Bass wird Bassana bei den Effekten unterstützt, hinzukommt Michael Orloff, der einen Song wie “Your Own Truth” in aller professionellen Ruhe erdet. “Windhovers” nähert sich ganz langsam mit harten Gitarrenriffs an den Rocksound der 70er Jahre an. Das könnte noch viel länger laufen als sechs Minuten, weil der Song völlig in sich aufgeht und mit dem anschließenden “The Great Exploration Of Nothing” eine roh gespielte Fortsetzung erfährt, die keine Langeweile aufkommen lässt. (Sulatron, 6/44:58) jp

EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN ALLES IN ALLEM

Die Formation Einstürzende Neubauten existiert inzwischen seit exakt vier Dekaden. Und sie ist der musikalische Inbegriff für Berlin, in all seiner Schönheit, Hässlichkeit, Zerrissenheit, Einzigartigkeit. Ganz folgerichtig ist ALLES IN ALLEM, erstes Neubauten-Studiowerk seit zwölf Jahren, eine Hommage an die Heimatstadt. Obwohl das Aushängeschild der Formation, Sänger und Texter Blixa Bargeld, das nicht eingestehen möchte. Trotzdem, wie sonst kann man Lieder mit Texten wie “Am Landwehrkanal” (gewidmet der 1919 in Berlin ermordeten Vorzeige-Kommunistin Rosa Luxemburg), “Grazer Damm”, “Wedding” oder “Tempelhof” kategorisieren? Berlin ist aktuell eine zerfallende Metropole. Und in diesem Zer-

CD-Rezensionen fall schwelt neue Lebensenergie. Von exakt diesem Paradox lebt ALLES IN ALLEM. Das ist keine gemütliche Platte. Aber eine in sich ruhende Produktion, die eine Art auf den Zuhörer wartende, lauernde Atmosphäre verströmt. Schönheit mit Haken und Ösen. Von einer Formation, die ungebrochen neugierig ist. Das aktuelle Werk lebt von zeitloser Ästhetik. Keine Scheibe für jeden Tag. Aber garantiert eine für die ganz besondere Stunde zwischen Melancholie, Wärme und Untergang, der nicht unbedingt wehtut. (Potomak, 10/44:29) mfg

KEITH RELF

ALL THE FALLING ANGELS Den Untertitel „Solo Recordings & Collaborations 1965–1976” trägt die Werkschau mit dem Schaffen des früh verstorbenen Yardbirds- und Rennaissance-Sängers Keith Relf, der 1976 gerade mal 33-jährig unter tragischen Umständen starb. Eine nicht geerdete Gitarre sorgte für einen tödlichen Stromschlag. Mehrere Songs stammen von Relfs Homerecordings, als er wenige Wochen zuvor mit Jim McCarty Songs für eine geplante gemeinsame Band schrieb. Mit dabei ist auch das zehn Tage vor seinem Tod aufgenommene “All The Falling Angels”, das als EP erschien. Seine Solosingles sind enthalten, besagte Demos (insgesamt elf unveröffentlichte Songs) und Auszüge seines LP-Schaffens mit McCarty. Deutlich wird Relfs Vielseitigkeit: Beat, Pop, dosiert Blues, auch etwas Experimentelleres gibt’s hier. Nicht nur historisch spannend. (Repertoire, 24/68:24) pro

NINETYFOUR X EMPT Y SKY

Mit ihrem neuen Album EMPTY SKY blickt die Essener Band NinetyFour X zurück auf die 90er Jahre. Zurück in die Zeiten, als Crossover und Grunge angesagt waren, als sich harte Gitarren, fette Bässe und kraftvolle Rhythmen mit Sprechgesang verbanden. Doch einfach nur die alten Klänge frisch aufzuwärmen, das ist für Marc Roman (voc), Paul Schmoranzer (g), Christian Maraun (b) und Bene Kreutz (dr) keine Option. So lassen sie ihre Songs auch zur Abwechslung mal im Midtempo verharren, fügen filigrane Gitarrenparts ein, nehmen die Hörer mit Melodic Rock mit auf den Highway. Anspieltipps sind der eindringliche Titelsong, mit dem das Album eröffnet wird, das wuchtige “Rain” sowie die erste SingleAuskopplung “Change”, bei der das Quartett sogar einen kurzen Schlenker in Richtung Progressive Rock vollführt. (7hard, 12/57:24) us

TELL!

THE MUSICAL Alles an diesem Musical ist irgendwie … nun ja … ent- bzw. verrückt. Das beginnt mit der äußerst überraschenden Besetzung: Die Schlager-Heroen Su Kramer und Jürgen Drews treffen auf Nuschel-Rocker Udo Lindenberg. Dann hätten wir da noch Disco-Queen Jackie Carter (eine Zeitlang Mitglied von Silver Convention). Deutschlands bis heute bekannteste Transsexuelle Romy Seite

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GoodTimes 3/2020

Haag. Und schließlich die englische BluesRock-Legende Alexis Korner, die nicht nur ihre legendäre Gitarre kernig ertönen lässt, sondern auch in gewöhnungsbedürftigem Deutsch singt. Dieser wild-bunte Haufen traf sich im Frühjahr 1977 im Studio, um eine bizarre Rockoper namens TELL! einzuspielen, basierend auf dem lyrischen Konzept des Schweizer Autors Beat Hirt und des Musikers Tommy Fortmann. Als Vorlage diente, im allerweitesten Sinne, Friedrich Schillers Drama „Tell”, gewidmet dem eidgenössischen Nationalhelden gleichen Namens. Der Typ, der mit einer Armbrust auf einen Apfel schießt, der auf dem Kopf seines Sohns thront. Diese Story taucht allerdings nur am äußersten Rand bei TELL! THE MUSICAL auf. Stattdessen werden wirre Geschichten erzählt, musikalisch zwischen frivolem Schlager, DiscoFieber á la SATURDAY NIGHT FEVER und durchgeknalltem Chanson. Alles digital remastert und erstmals auf CD. Auf CD 2 finden sich bislang unveröffentlichte Studioversionen, noch irrwitziger als das Original. Fazit: vollkommen schräg. Und auf eigenwillige Art charmant. (MiG, 16:46:29, 15:45:33) mfg

DEF LEPPARD

LONDON TO VEGAS Konzertmitschnitte gibt es reichlich von den britischen Melodic-HardRock-Veteranen Def Leppard, die von Sheffield aus seit 1977 unterwegs sind. LONDON TO VEGAS ist bereits der vierte seit 2011. Zwei thematische Blöcke sind dabei auf jeweils zwei CDs und einer DVD/Blu-ray in der 10”-Hardcoverbox zusammengefasst: zum einen die Live-Dokumentation ihres 1987er Erfolgsalbums HYSTERIA, das allein in den USA eine Diamond-Ehrung für zwölfmal Platin erhielt, insgesamt über 25 Millionen Käufer fand. Im Dezember 2018 spielten die Hard Rocker das Album in der Londoner O2-Arena in voller Länge, inklusive einer berührenden Erinnerung an den 1991 verstorbenen Gitarristen Steve Clark – was dank der DVD erst so recht zur Wirkung kommt. So gefällig die Band im Studio teilweise klang, so energiegeladen servierte sie ihre Songs (plus einige weitere) in London optisch wie klanglich auf der Bühne. Und wieder einmal wird klar, welch grandiose Arena-Hymnen die Herren Elliott, Collen, Clark, Savage und Allen damals mit “Pour Some Sugar On Me”, “Love Bites”, “Rocket”, “Women” oder “Hysteria” geschaffen hatten. Ein Jahr später gastierte die Combo im Planet Hollywood in Las Vegas. Diesmal mit einer ebenso perfekten wie beeindruckenden „Best Of”-Show” unter dem mehrdeutigen Motto „Hits Vegas”. Den Reiz hier machen einige ins Set eingestreute Raritäten aus, wie “Mirror, Mirror”, “Billy’s Got A Gun”, “Paper Sun” – “Two Steps Behind” stimmten Def Leppard erstmals nach 20 Jahren wieder live an. Insgesamt ein perfektes Rundum-sorglos-Paket (nicht nur) für Hardcore-Fans. (Universal 4 CDs, 2 DVDs) pro n

Music from the 60s to the 80s

SOMEDAY JACOB OXYGEN WILL FLOW

Das neue Album OXYGEN WILL FLOW ist bereits die vierte Veröffentlichung der Formation Someday Jacob, dazu kommt eine 7-Track EP, die seinerzeit das Tonträgerdebüt darstellte: Someday Jacob sind längst in der Folkszene etabliert. Die Band um den Sänger/Gitarristen Jörn Schlüter erinnert auf dem neuen Werk (VÖ: 29.05.) oft stark an die akustischen Arbeiten von Neil Young. Die Songschreiberkunst im Stile des WestcoastPop der 70er Jahre ist fest in den Liedern verankert. Impressionistische Instrumentierungen verschmelzen mit Flöten. Das sanfte Flair wird selbst durch ein Saxofon nicht verändert. Entstanden sind die Tracks in Bremen sowie England in Zusammenarbeit mit Simon Barnicott, der bereits an legendären Werken von den Arctic Monkeys, Placebo, Kasabian, Editors u.a. beteiligt war. Superb! (Haldern Pop, 13/39:50) rgp

STEVE STRAUSS A VERY THIN LINE

Steve Strauss kommt aus Binghamton im US-Bundesstaat New York. Die Stadt wurde unlängst verheerend überschwemmt – und der inzwischen 55-jährige Songwriter arbeitete das Desaster künstlerisch auf. Der Song “In The Flood” fand Eingang auf sein viertes Album A VERY THIN LINE beim deutschen Label Stockfisch. Musikalisch sorgt er für reichlich Abwechslung, denn in vielen Liedern lässt er starken Country- und in “Bathsheba” OrientEinfluss hören – und die Instrumentierung ist mit Hammondorgel, Sax/Klarinette/Flöte und öfter mal Bass und Schlagzeug für StockfischVerhältnisse fast schon üppig. Aber natürlich gibt es wie im Titelsong puren Singer/Songwriter-Stoff. Der Stockfisch-typisch exzellent gut klingt, auch auf der CD-Spur der Hybrid SACD. Und so ein 28-seitiges Booklet mit allen Texten und Credits ist heute selten geworden. Auch dafür ein Riesenlob. (Stockfisch, Hybrid-SACD 13/50:33) lbr

COURTNEY MARIE ANDREWS OLD FLOWERS

Sich nach fast zehn Jahren von seiner Jugendliebe zu trennen, zu realisieren, dass die Partnerschaft, die eigentlich ein ganzes Leben lang dauern sollte, nicht mehr zum Leben erweckt werden kann, davon handelt OLD FLOWERS, das neue, Anfang Juni erscheinende Album von Courtney Marie Andrews. Mit dem Titel spielt die Singer/Songwriterin aus Phoenix, Arizona, auf die alte Weisheit an, dass verdorrte Blumen auch mit noch so viel Wasser nicht mehr zum Blühen zu bringen sind: „You can’t water old flowers”. Songs über zerbrochene Liebe gebe es wahrlich genügend, gibt Andrews zu, doch konnte sie einfach nicht anders, als dieses altbekannte Thema in den Mittelpunkt zu stellen. Auch musikalisch scheut sie die Klischees von Einsamkeit, Wut und Trauer nicht, getragenes Tempo, wehmütige Pianoklänge und klagende Saiteninstrumente sorgen für wehmütige Stimmung, passende Accessoires: eine Flasche Rotwein und Kerzenlicht. (Loose Music, 10/41:09) us


COUNTRY & FOLK

CD-Rezensionen

GRISELDA

LETITIA VANSANT

SUZIE CANDELL

AMERICAN AQUARIUM

Die als Opernsängerin ausgebildete Irin Griselda Williams bezeichnet sich auf ihrer Facebook-Seite als Country-Sängerin, was es aber nicht ganz trifft. Vielmehr ist sie eine charmant, reif und ausdrucksstark vortragende Vokalistin, die Pop ebenso im Repertoire hat wie Folk und Adult Lounge Music. Die nur als Griselda Firmierende hat ihr Debüt in Nashville mit renommierten Sessionleuten eingespielt, dabei auch Songvorlagen von Richard Farina, Lowell George oder Randy Van Warmer mal ganz anders intoniert. “It’s Been A Long, Long Time” kommt schmachtend mit (allerdings schmalzfreien) Streichern, das energischere “Put The Love Down” weist Poptupfer und synthetische Soundmomente auf, “Making A Fool Out Of Myself” wirkt als Crooner-Nummer balladesk dank zurückgenommener Begleitung, wie auch “Winter Morning”. Alles in allem stimmungsvoll, eklektisch, stellenweise fast ätherisch. (Bear Family, 10/37:51) pro

Das „Paste Magazine” hat sie für das laufende Jahr auf der Americana-Watchlist, mit ihrem neuen Album CIRCADIAN beweist Letitia VanSant nun eindrucksvoll, warum die amerikanischen Kollegen ein Auge auf die junge Country-Musikerin geworfen haben. Denn wo sich viele ihrer Kolleginnen am schier unerschöpflichen SongwriterPotenzial Nashvilles bedienen, verlässt sich VanSant nur auf sich, alle Songs hat sie selbst geschrieben. Dass sie bei der Umsetzung aber auf ein bewährtes Team rund um Produzent Neilson Hubbard (Mary Gauthier, Caroline Spence, Sam Baker) zurückgriff, erweist sich als Glücksgriff. Herrliche Arrangements zwischen Country und Folk, nie zu kitschig, nie zu harsch, exquisite Saitenarbeit der beiden Gitarristen Will Kimbrough und Juan Solorzano, wunderbare Harmony Vocals von Mia Rose Lynn: So klingt Americana im Jahre 2020. (Letitia VanSant, 9/36:46) us

Nach dem ersten Hören dieses Albums ist klar, woher die Musikerin kommt und wo es entstanden ist: Das kann nur Nashville, Tennessee, sein. Doch weit gefehlt, Suzie Candell stammt ursprünglich aus dem Allgäu, lebt inzwischen in Liechtenstein, und ihr Zweitwerk RESTLESS wurde dort in einem kleinen Studio eingespielt. Dass ihre Songs dennoch so klingen, als wären sie in der amerikanischen Country-Metropole entstanden, liegt natürlich zum Teil auch an ihren Mitmusikern, gestandenen Nashville-Cracks wie Aaron Till (Mavericks, Jim Lauderdale), Brent Moyer und Shawn Jones. Dennoch gebührt Suzie Candell ein dickes Lob für diese Qualität, immerhin war sie bei sämtlichen Tracks maßgeblich am Songwriting beteiligt. Anspieltipps: das poppige “Up And High” sowie die wunderschöne Ballade “Me And This Gun”. (Brambus, 10/38:53) us

REINHARD MEY

FIDDLER'S GREEN

LIVE IN MONTREAL, 10/22/66

Schon als Songwriter BJ Barham die Demos für das neue Album seiner Band American Aquarium das erste Mal dem Produzenten Shooter Jennings vorspielte, erkannte dieser, welche Rohdiamanten hier darauf warteten, poliert zu werden. Zusammen mit Shane Boeker (g), Alden Hedges (b), Neil Jones (pedalsteel), Rhett Huffman (keys) und Ryan Van Fleet (dr) haben Barham und Jennings LAMENTATIONS zu einem wunderschönen Schmuckstück gemacht, herrlich zwischen Alternative Country, Folk und Rock pendelnd, dazu noch höchst abwechslungsreich und auch thematisch sehr vielschichtig. Vom derzeitigen Zustand Amerikas („Then a politican shows up promising that he’ll return the jobs that God himself could not bring back”), über zerbrochene Liebe bis zum optimistischen “The Long Haul”, in dem Barham seinen Kampf, frei von Alkohol und Drogen zu bleiben, als Lebensaufgabe beschreibt. (New West, 10/42:22) us

RENO NEVADA

DAS HAUS AN DER AMPEL

CIRCADIAN

RESTLESS

ACOUSTIC PUB CRAWL II – LIVE IN HAMBURG

R Reinhard Mey pur, aalso nur Stimme und Gitarre, oder lieber G bbegleitet von so wunMusikern dderbaren wie Ian Melrose (g, w fl), Jens Kommnick fl ((g), ) M Manfred f dL Leuchtner h ht (p, keys) und Antoine Pütz (b)? DAS HAUS AN DER AMPEL, das Anfang Mai erschienene Album des Berliner Liedermachers, bietet erfreulicherweise beide Optionen. Eine CD („Das Album”) liefert die neuen Lieder im Vollformat, inklusive Gitarren, Bouzouki, Bass, E-Piano, Streichern, Akkordeon und Schlagzeug, die andere („Skizzenbuch”) präsentiert die Songs in ihrer ursprünglichen Form: Stimme und akustische Gitarre. Welcher Version man den Vorzug gibt, das darf jeder selbst entscheiden. Wie immer präsentiert Reinhard Mey in seinen Liedern kluge und zum Nachdenken anregende Geschichten, über Erinnerungen, die Liebe und über die großen und kleinen Dramen des täglichen Lebens. (Universal, 16/73:43, 16/67:41) us

O sie akustisch oder Ob eelektrifiziert agieren, m macht bei den Erlangger-Folkern Fiddler’s Green seit 30 Jahren G kkaum einen Untersschied: Sie bringen ih P blik li h ihr Publikum live schnell zum Ausrasten. Nachzuerleben ist das nun bei ihrem Jubiläumsstreifzug durch die eigene Historie mit spritzigen Jigs und Reels, Power-Folk mit Punk-Energie samt reichlich Mitgröhl-Effekt. Stehschlagzeug, Maultrommel, Waschbrett und Sitar, Akkordeon und Banjo – vor nichts sind Fiddler’s Green zurückgeschreckt, wenn’s der Sache diente. Auch in Hamburg, beim zweiten „Pub Crawl” der Franken, bei dem der Whiskey reichlich geflossen sein und befeuert haben dürfte. Und dem Sextett ist es tatsächlich gelungen, die Stimmung auf den Tonträger zu transferieren, um selbige auch in Corona-Zeiten in die Wohnzimmer musikalisch Ausgehungerter zu bringen. (Def Shepherd, 16/6041) pro

JASON ISBELL & THE 400 UNIT

BEN REEL

Seit seinem Ausstieg bei den Drive-By Truckers im Jahr 2007 hat sich Jason Isbell langsam, aber stetig zu einem der erfolgreichsten Musiker der Americana-Szene entwickelt. Sowohl solo als auch mit seiner Begleitband The 400 Unit ist es ihm gelungen, sich nicht von den Verlockungen der amerikanischen Mainstream-Industrie Nashvilles einfangen zu lassen, klingt seine Musik immer noch wunderbar gegen den (Country-)Strich gebürstet, verbindet er auf seine ganz eigene Art Folk, Country und Southern Rock. Mit REUNIONS hat er das Ziel, selbst als vierfacher Grammy-Gewinner immer noch wie ein aufstrebender Neuling zu klingen, zum Programm gemacht. Vorzügliches Songwriting, von Produzent Dave Cobb überragend in Szene gesetzt und mit Gaststars wie David Crosby und Jay Buchanan (Rival Sons) bis zu den Background Vocals erstklassig besetzt. (Southeastern, 10/41:14) us

Ein Ire, der lupenreinen Country im Programm hat? Ja, Ben Reel, der aus dem irischen County South Armagh stammt, beweist dies ebenso nachdrücklich wie regelmäßig, THE NASHVILLE CALLING ist bereits sein neuntes Studio-Album. Zusammen mit den beiden Produzenten und Mitmusikern Tommy Wommack und Will Kimbrough zog er sich drei Tage lang in ein kleines Studio in Nashville zurück, unterstützt wurden sie bei den allesamt live eingespielten Tracks lediglich noch von Schlagzeuger Evan Hutchings und E-Street-Band-Bassist Garry Tallent. Somit steht hier die Stimmung der Songs im Vordergrund, nicht so sehr die technische Raffinesse oder ausgefeilte Solo-Eskapaden. Die Konzentration auf die Grundtugenden der Musik macht am Ende auch die Stärke dieses Albums aus, das ist klasse Country, ohne Netz und ohne doppelten Boden. (Ben Reel, 11/43:54) us

REUNIONS

PHIL OCHS

P Phil Ochs (1940– 11976) war eine der w wegweisenden Gesstalten der aufblühhenden US-Folkszenne, ist heute aber zu U Unrecht ein wenig in V h it geraten. t Am A 22. Oktober 1966 Vergessenheit gastierte er in Montreal, dabei wurde der Auftritt in beeindruckender Klanggüte mitgeschnitten. Zu hören ist der Troubadour in einer Zeit des Übergangs vom scharfzüngigpointiert textenden Interpreten hin zu einem, der auch Persönliches integrierte, der seine Ansagen aber durchaus auch mit (bitterem) Humor würzte. Ochs beherrschte dazu die Kunst, die Dynamik zu variieren, kleine Dissonanzen als Stilmittel zu nutzen, so dass es während der über zwei Stunden nicht langweilig wurde/wird, die er allein mit seiner Gitarre auf der Bühne verbrachte. Heute fragt man sich, was von dem Mann noch alles hätte kommen können, hätte er sich nicht selbst das Leben genommen. (RockBeat, 11/65:41, 9/60:30) pro

STEVE EARLE & THE DUKES GHOST OF WEST VIRGINIA

THE NASHVILLE CALLING

GoodTimes 3/2020

LAMENTATIONS

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Mit einem der schlimmsten Grubenunglücke der USA, als 2010 bei einer Explosion in der Upper-Big-Branch-Kohlemine 29 Arbeiter ums Leben kamen, setzt sich Steve Earle auf GHOST OF WEST VIRGINIA auseinander. Musikalisch ist der Singer/Songwriter nach dem gospeligen Intro “Heaven Ain’t Goin’ Nowhere” meist auf der eher traditionellen Country-Schiene unterwegs, stimmt mit den Dukes seine Songs dabei ungeschliffen an. Gelegentlich erinnert es an den frühen Dylan (“Time Is Never On Our Side”), stets kommen die Emotionen geballt rüber. Die mono abgemischten Nummern hat er in den New Yorker Electric Ladyland Studios aufgenommen und legt darin nachdenklich (bis politisch bissig) die Bedeutung der Kohle für die Gegend und Menschen dar, „um die Opfer zu ehren”, wie der 65-jährige Storyteller seine musikalische Geschichtsstunde selbst beschreibt. (New West, 10/29:49) pro

Music from the 60s to the 80s

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LUKE ELLIOT THE BIG WIND

Mit THE BIG WIND M widmet w sich der amer rikanische Singer/ Songwriter S Luke Elliot E einem verheerenden r Sturm, der i Jahre 1839 Irland im hheimsuchte i h undd seither ht ith t th als „The Night Of The Big Wind” in der irischen Lyrik verewigt ist. Beeindruckend, welche Tiefe Elliot mit seiner wandelbaren Stimme den Geschichten jener Nacht geben kann, wie es ihm gelingt, mit seinen Liedern die dramatischen Geschehnisse darzustellen, die sich damals abspielten. Musikalische Mithilfe erhielt Elliot von zahlreichen Musikern aus seiner neuen Wahlheimat Norwegen, wie den beiden Multi-Instrumentalisten Bebe Risenfors und Freddy Holm. Anspieltipps: das Shanty-artige “All On Board”, mit dem das Album und die Geschichte eröffnet werden, sowie das emotionale “Somebody’s Man”, bei dem Elliot von Madrugada-Sänger Sivert Høyem unterstützt wird. (Ferryhouse, 10/38:34) us

DOOL

SUMMERLAND Drei Jahre hat sich das holländische Quartett Zeit gelassen, um den Nachfolger für das mit hervorragenden Kritiken versehene Debütalbum vorzulegen. Dool verstehen es, wunderbare Hooks zu schreiben, die sich unwiderstehlich in den Gehörgängen festsetzen. Sie haben ihrer Mixtur aus Doom, Gothic und Post Rock etwas die Kanten abgeschliffen, bewegen sich meist im Midtempo-Bereich. Man horcht auf, wenn zum Schluss in “Be Your Sins” etwas die Zügel gelockert werden und in “God Particle” Orientalisches anklingt. Es bestechen die griffig-einprägsamen Melodien und Riffs sowie der knackige Sound. Im Rampenlicht steht die Multi-Instrumentalistin, überzeugende Sängerin und Komponistin Ryanne van Dorst, die von ihren drei Mannen profund und auf den Punkt begleitet wird. Ein stimmiges Album, top! (Prophecy, 9/54:35) rg


BLUES · R&B · SOUL · FUNK · REGGAE SARI SCHORR LIVE IN EUROPE

Auf der Bühne ist die New Yorkerin Sari Schorr einfach am besten aufgehoben. Ob sie einschmeichelnd schnurrt oder vulkanartig mit ihren Stimmbändern wie eine Naturgewalt ausbricht. Leidenschaft prägt ihre Musik, die längst den Blues-Rock-Rahmen gesprengt hat. Ob sie ganz eigene Versionen von “Black Betty” anstimmt oder “Ready For Love” auch als Akustikballade mehr ans Original anlehnt, mit Eigenem wie “The New Revolution”, “Damn The Reason” oder “Demolition Man” begeistert – die Sängerin ist beseelt zugange. Dabei kann sie sich auf eine superbe Band mit Ash Wilson (g), Bob Fridzema (Hammond), Stevie Watts (keys), Mat Beable (b) und Roy Martin (dr) stützen, die sie einerseits geradezu tragen, andererseits aber auch den instrumentalen Freiraum inspiriert nutzen. Der Funke springt in praktisch jedem Moment auf den Hörer über. (Manhaton, 12/61:50) pro

Urständ feiern. Das gelingt ihr, ohne dass es auch nur einen Moment altbacken klingt. Auf ihrem vierten Album WEST COAST HIGHWAY COSMIC zwingen Datura4 mit Hammond-getränkten Grooves zum Mitwippen, Boogie-Orgien reißen mit, schwerblütige Rhythmen haben hypnotische Wirkung, ehe verzerrte Gitarren oder fetzige HarmonikaEinlagen die Hörerschaft aus der Versunkenheit reißen. So kann originell gestalteter RetroRock auf den Spuren von Led Zeppelin, Free und Deep Purple im Jahr 2020 eben auch klingen: vielseitig, eigenständig und spannend. (Alive, 10/44:02) pro

PRINCE

UP ALL NITE WITH PRINCE: THE ONE NITE ALONE COLLECTION

TYLER MORRIS

LIVING IN THE SHADOWS

JOHN LEE HOOKER

DOCUMENTING THE SENSATION RECORDINGS 1948–1952 Warnung! Die Frühwerke des BoogieGitarristen und Talkin’ Bluesbarden John Lee Hooker sind kaum vereinbar mit den Vorlieben eines vielleicht zu spät geborenen Blues-Rock-Fans. Der junge John Lee Hooker talkte den Blues ohne Punkt und Komma. Mit hart gezupfter, verzerrt scheppernder E-Gitarre und rhythmischem Stampfen trieb er die Story vorwärts. Melodisch und harmonisch variierte John Lee Hooker während seines Vortrags in jeder neuen Strophe das traditionelle ZwölftaktSchema des Blues. Deswegen konnte er seine Ausdrucksstärken eigentlich nur als Solist wirkungsvoll ausspielen. Die Stil-Ikone des elektrifizierten Mississippi-Folk-Blues dürfte heute wohl in keiner Amateurcombo mitspielen – nicht einmal dann, wenn die Band seine bekanntesten Standards oft genug geprobt hätte. Als bekannteste Beispiele stecken “Crawlin’ King Snake”, “Boogie Chillen’” und “I’m In The Mood” in diesem Dreierpaket. Allein schon wegen der 19 bislang unveröffentlichten Aufnahmen ist diese Materialsammlung eine Pflichtlektüre für Blues-Historiker. Rock’n’Roll-Freunde können sich vom Temperament des 20-jährigen John Lee Hooker faszinieren lassen. Die HiFi-Genießer freuen sich, weil für jeden einzelnen Track die jeweils bestmöglich klingende Quelle verwendet wurde. Das von Ace Records veröffentlichte Remastering-Ergebnis fällt wegen seiner größtmöglichen Dynamik angenehm auf. Damit kann John Lee Hookers Minimalartistik ihre Hypnosewirkung entfalten. Keiner soll sagen, er sei nicht gewarnt worden. (Ace, 71/3.21:06) wd

Mit ONE NITE ALONE (2002) zeigte sich Prince von einer sehr ruhigen Seite. War der Ausnahmekünstler schon auf früheren Scheiben den sanften Tönen gegenüber nicht abgeneigt, nimmt man Prince nun bei den zehn Liedern des Albums zumeist allein am Klavier sitzend wahr – andere Instrumente sind selten nur ganz dezent zu hören. Nichts da also mit dem modernen Meister des Funk, wie er sich gerade in den Jahren zuvor zelebrierte. Diese andere Seite stand lange Zeit nur der eigenen NPG-Music-Community als Geschenk zur Verfügung, weswegen sie durch die Wiederveröffentlichung der Longplayer nun erstmals der breiten Weltöffentlichkeit dargeboten wird. Tatsächlich braucht es ein wenig Zeit, sich auf diesen etwas anderen Prince einzulassen. Ganz im Gegensatz zum Material des Boxsets UP ALL NITE WITH PRINCE: THE ONE NITE ALONE COLLECTION. Es bietet obendrein auf vier weiteren CDs mit ONE NITE ALONE … LIVE! das erste offizielle Prince-Live-Album sowie mit ONE NITE ALONE: THE AFTERSHOW: IT AIN’T OVER! eine Querschau der eher jammigen Aftershow-Konzerte zur „One Nite Alone”-Tour. Und eine DVD zeigt eindrucksvoll Prince und seine Mitstreiter, darunter Sheila E., Maceo Parker und Candy Dulfer, bei einem in Las Vegas aufgezeichneten Gig aus dem Jahr 2002. Hier wechseln ruhige Passagen, vorrangig die Songs von ONE NITE ALONE, mit der bewährten Mixtur aus Funk, Soul, Jazz und Pop. Nicht dass die Hörer ein Potpourri der bekannten Hits erwarten dürfen, es sind eher die aus der zweiten Reihe, wie “Raspberry Beret”, “Nothing Compares 2 U” und “Take Me With U”, über die man sich umso mehr freut. (Sony Music, 4 CDs, 1 DVD) an

DATURA4

PRINCE

Stilistisch sind Datura4 nicht so recht zu packen. Die australische Combo setzt auf Bluesverwurzelten Rock, legt dabei auch reichlich Garage-Attitüde an den Tag, tönt zwischendurch so psychedelisch wie spacig – und lässt dergestalt den Geist der 70er Jahre fröhliche

Das 24. Studio-Album von Prince war 2001 das erste, das nach langer Zeit wieder unter seinem bekannten Künstlernamen erschien. THE RAINBOW CHILDREN wurde zuerst über die eigenen Kanäle veröffentlicht und später dann über das eigene Label NPG

WEST COAST HIGHWAY COSMIC

Records vertrieben, also ohne die Unterstützung einer großen Firma. Die Platte ist ein Konzeptalbum, das sich im Kontext einer utopischen Rahmenhandlung mit den Themen Spiritualität, Sexualität, Liebe und soziales Gewissen auseinandersetzt. Stilistisch präsentiert sich die Musik überraschend jazzig, obgleich natürlich der typische PaisleyPark-Funk beileibe nicht in den Hintergrund rutscht. Kein Wunder – wieder ist Altmeister Larry Graham (Sly & The Family Stone, Graham Central Station) mit von der Partie. Aber alles klingt unglaublich entspannt, verspielt und vor allem sehr homogen. Die Wenigsten haben das vermutlich damals mitbekommen, weil sie ihren Prince der 80er Jahre bereits abgeschrieben hatten, aber dank des Reissues ist jetzt die beste Zeit, die Platte neu zu entdecken. (Sony Music, 15/69:31) an

THE RAINBOW CHILDREN

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GoodTimes 3/2020

Mit “Movin’ On” startet Tyler Morris sein neues Album und das höllisch vorwärts treibend, was Groove und Tempo angeht. Der Bursche sieht aus, als ob er noch reichlich Clearasil für die Haut braucht sowie Whiskey für die Bluesstimme, aber sobald er in die Saiten greift und zu singen beginnt, fällt einem die Kinnlade schier herunter. LIVING IN THE SHADOWS ist das vierte Album des aus Boston stammenden 21-Jährigen, der mit elf Jahren erstmals auf der Bühne stand. Er versteht es, tief in den puren und zugleich modern klingenden Blues einzutauchen (“Temptation”), aber auch satt abzurocken. Da hätte es die Gäste Mike Zito (zugleich Produzent), Ronnie Earl, Joe Louis Walker und Amanda Fish gar nicht gebraucht, die natürlich zusätzliche Höranreize schaffen. Morris schreibt zudem starke Songs und hat sich die Leihgaben von Tony Joe White (superb: “Polk Salad Annie”), Gary Moore (“Movin’ On”) und Don Nix innovativ zu eigen gemacht. Einfach stark. (Vizztone, 11/49:23) pro

VANJA SKY

CD-Rezensionen

BACKTRACK BLUES BAND YOUR BABY HAS LEFT

Seit 1980 hat sich die Backtrack Blues Band um Sänger/Harpspieler Sonny Charles zur führenden Blues-Combo Floridas entwickelt. YOUR BABY HAS LEFT ist das siebte Album des Quintetts, zu dem es sich zwei Bläser (sax, tr) und Altmeister Bruce Katz ins Studio eingeladen hat, der bei Jimmy Reeds “Natural Born Lover”, der einzigen Fremdnummer, ein klasse Honky-TonkPiano beisteuert und “Killin’ Time” mit seiner Hammond B3 superb veredelt. Treibender Blues’n’Boogie/Shuffle reißt mit, die Herren, bei denen Leadgitarrist Kid Royal auch ein paar Mal beim Gesang führt, haben aber auch gepflegten Slow Blues drauf. Übermäßig originell ist das Ganze nicht, aber handwerklich richtig gekonnt, auch bei eher tristen Themen stets lebensbejahend und durchaus mit eigener Note – damit dürfte die Truppe jeden Club zum Kochen bringen. pro (Vizztone, 9/46:32)

VARIOUS ARTISTS

THE SOUL OF THE MEMPHIS BOYS Chips Moman eröffnete 1964 in Memphis, Tennessee, das American Sound Studio. Mit seinem Gitarristenkollegen Reggie Young gründete der Studioboss 1967 The Memphis Boys. In dieser Hausband spielten Soul- und Country-Musiker, die vorher im Royal Studio und beim Rock’n’Roll-Label Sun gearbeitet hatten. 2012 zeigte bereits die Compilation THE STORY OF AMERICAN STUDIOS, wie The Memphis Boys die heutigen Soundvorstellungen von Blue-Eyed Soul geprägt hatten. Für die vorliegende CD wurden 24 weniger bekannte Tracks verwendet, die 1967 bis 72 im American Sound Studio aufgenommen wurden. Ob mit fetzigen Rhythm’n’BluesRiffs oder als Balladen-Begleiter verführen The Memphis Boys auch bei schwachen Songs zum Hinhören. Aufnahmen von Dusty Springfield und Bobby Womack setzen hier die stärksten Impulse. (Ace, 24/58:01) wd

WOMAN NAMED TROUBLE

RORY BLOCK

Holla die Waldfee, würden jüngere Musikfans nach dem ersten Hördurchgang über WOMAN NAMED TROUBLE sagen! Die kroatische Musikerin mit Wohnsitz Hamburg hat mit ihrem zweiten Album einen gewaltigen Schritt nach vorn gemacht. Sie hat die Live-Erfahrungen mit dem letztjährigen „Blues Caravan” verinnerlicht und im Studio grandios umgesetzt. Sie lässt sich in keiner Blues-Rock-Ecke so richtig festnageln, hat vielmehr Einflüsse von AC/DC (“Rock’n’Roll Train”) ebenso absorbiert wie die von Rory Gallagher, dessen “Shadow Play” sie ebenso gelungen covert wie Fleetwood Macs “Oh Well” und Luther Allisons “Life Is A Bitch”. Es gibt psychedelische Augenblicke (“Vodoo Mama”), folky Touch (“What’s Going On”), und Sky macht keinen Hehl daraus, dass sie mit “Hard Times” in Richtung Rolling Stones nickt. Und das alles, ohne zu kopieren, sondern mit eigenem Stempel. Bärenstark! (Ruf, 11/41:52) pro

Rory Block macht seit 1967 Platten, PROVE IT ON ME ist das zweite Album in ihrer Serie „Power Women Of The Blues”. War der Auftakt A WOMAN’S SOUL Bessie Smith gewidmet, so verbeugt sich die 70-Jährige diesmal vor bekannten Kolleginnen aus den frühen Bluesjahren wie Gertrude „Ma” Rainey und Memphis Minnie, vor allem aber eher obskuren Künstlerinnen wie Helen Hume, Madlyn Davis, Rosetta Howard, Lottie Kimbrough, Elvie Thomas, Arizona Dranes und Merline Johnson. Das Ganze rundet sie mit ihrer Eigenkomposition “Eagles” ab. Block beeindruckt einmal mehr mit ihrer Fertigkeit auf der akustischen (Slide-) Gitarre und reichert die Songs mit Western Swing, Country-, Folk- und Gospel-Note an. Unaufdringlich und doch unter die Haut gehend, entreißt sie diese fast vergessenen Lieder mit eindringlichem Vortrag nach dem Motto „Weniger ist oft mehr” dem Vergessen. (Stony Plain, 10/41:50) pro

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Music from the 60s to the 80s

PROVE IT ON ME


BLUES · R&B · SOUL ...

JAZZ & WORLD

RYAN PERRY

NICO BRINA

ONENESS OF JUJU

Schon im zarten Alter von 13 gewann er einen zweiten Platz bei der International Blues Challenge in Memphis. 13 Jahre später ist Gitarrist und Sänger Ryan Perry in die erste Liga der Blues-Rocker aufgestiegen. HIGH RISK LOW REWARD zeigt den Mann aus Mississippi auch ohne seine langjährige Homemade Jamz Blues Band als erstklassigen Songschreiber, ausdrucksstarken Sänger und variablen Gitarristen, der vom herb verzerrten Rocksound bis zu cleanen Licks eine Menge drauf hat. In seinen Blues fließt wie in “A Heart I Don’t Break” ein kräftiger Schuss Soul oder wie in “Homesick” Funk ein. Aber auch die Woke-up-this-morningFraktion wird mit „Oh No” bestens bedient. Die Scheibe gibt es in einer sehr manierlichen Pressung und mit denselben Titeln in etwas veränderter Abfolge auch in der „Vinyl Edition” von Ruf. (Ruf, 11/52:47) lbr

Der Schweizer Nico Brina hat sein inzwischen 18. Album in 35 Bühnenjahren nicht nur seinen Fans gewidmet, sondern auch seinen Mitstreitern, die er als LUCKY BLUES TRAVELERS bezeichnet. Seine Schlagzeuger Charlie Weibel und Tobias Schramm begleiten ihn seit 20 Jahren, dazu holte er viele ehemalige Begleiter für die 15 neuen Songs ins Studio, die durch fünf Übernahmen früherer Scheiben ergänzt werden. Brina wird zwischendurch vokal durch Corinne Wenger, Bruder Raffael sowie Weibel unterstützt und demonstriert ansonsten eine enorme stilistische Bandbreite: Er hämmert nicht nur Boogie Woogie heraus, sondern stimmt auch Blues und Rock’n’Roll an, interpretiert neben den eigenen Nummern auch Klassiker wie “Wonderful World”, “Stand By Me” oder “Early In The Morning” ganz eigen. Die Dynamik variiert ebenfalls kräftig (ob mit oder ohne Bläser) – die Spiellaune springt auf den Hörer über. (Stormy Monday, 20/61:15) pro

Eine Prise Jazz, eine Prise Soul, eine Prise Funk – und mal weniger, mal mehr Afrobeats: So schmeckt die scharfe Soße, welche die New Yorker Formation Oneness Of Juju um den Saxofonist James „Plunky” Branch in den Siebzigern und zu Beginn der 80er Jahre mixte. Mit Eka-Ete Jackie Lewis hatte die Band eine fabelhafte Leadsängerin an Bord. Der Disco-getränkte Song “Every Way But Loose” ist als Tanzflächenfüller und Remix-Material bis heute beliebt bei DJs und läuft im Videospiel „Grand Theft Auto: Vice City Stories”. Ansonsten ist die Band, deren Sound Ähnlichkeiten mit den frühen Kool & The Gang und Osibisa aufweist, auf jeden Fall eine (Wieder-) Entdeckung wert. Die Neuauflage der 2-CD- (bzw. 3-LP-)Kompilation AFRICAN RHYTHMS 1970–1982 macht dies nun möglich. Zu hören sind groovige Soulnummern wie der Titeltrack, psychedelische Fusion (“Space Jungle Funk”), lasziv-erotischer R&B (“Be About The Future”) oder spiritueller Instrumentaljazz (“West Wind”). (Strut, 13/69:19, 11/68:18) frs

HIGH RISK LOW REWARD

ROB TOGNONI CATFISH CAKE

Als Synonym für das MississippiDelta will der Australier Rob Tognoni den Begriff Catfish im Titel sei seines neuen Albums verstanden wissen. Schließlich lägen dort die Wurzeln seines Gitarrenspiels. Doch Fans des „tasmanischen Teufels” brauchen keine Befürchtungen zu haben. Der Wahl-Aachener setzt weiter auf seine feurige Saitenbearbeitung mit Boogie-Liebe, bietet keinen Blues im puristischen Sinn – am ehesten tendiert “Make Me Live” in diese Richtung –, sondern tobt sich wie gewohnt bissig, humorvoll, aggressiv und explosiv aus. Es ist bezeichnend, dass er mit der verhaltenen siebten Nummer “She Waited” erstmals Gelegenheit gibt, durchzuschnaufen, ehe er sich mit einem Funk-getränkten Instrumental vor “James Brown” verbeugt. Der 59-Jährige bleibt sich treu, ohne sich selbst zu kopieren, lotet das Sechs-Saiten-Spektrum mit seinem Mix aus Powerakkorden und Riffs von Neuem aus. (MiG, 12/42:04) pro

CRAZY HAMBONES

LUCKY BLUES TRAVELERS

AFRICAN RHYTHMS 1970–1982

SAM COOKE

RCA ALBUMS COLLECTION Sam Cooke (1930– 64) war als erster Afro-Amerikaner in den eigentlich für weiße Stars reservierten US-Popcharts erfolgreich. Acht Alben, die er 1960 bis 1963 für RCA eingespielt hatte, waren 2011 von Sony remastert worden. Diese Music-On-CD-Neuauflage klingt ähnlich befriedigend wie die Sony-Box. Seine RCA-Alben COOKE’S TOUR und HITS OF THE 50’S zeigen einen Sam Cooke, der sich noch an Nat King Cole orientierte. Doch mit MY KIND OF BLUES und MR. SOUL fand er seinen eigenen Crossover-Zungenschlag für den Jazz- und Pop-Markt. Das Album TWISTIN’ THE NIGHT AWAY sollte 1962 nur die damalige Twist-Tanzwut bedienen, doch es erweist sich in dieser Box nun als Blues-Rock-Wegbereiter. LIVE AT THE HARLEM SQUARE CLUB 1963 bestätigt Sam Cooke hier noch einmal als großartigen Rhythm’n’Blues-Entertainer. (Music On CD, 8 CDs) wd

BEAUTIFUL

MICHAEL VAN MERWYK

Die Crazy Hambones, sprich Henry Heggen (harm, voc), Brian Barnett (g, voc) und Michael Maass (dr, voc) sowie Gasttrompeter Florian Sagner, verbreiten mit BEAUTIFUL richtig gute Laune. Vom Chicago Blues über Shuffle und Rock bis zu Roots-lastigerem Material reicht die Palette, die das Trio mit wechselnden Leadvocals und schönem Harmoniegesang krönt. Es groovt auch ohne Bass beständig und unwiderstehlich, egal ob mit Eigenbauten (inklusive einer Heggen-Kooperation mit Abi Wallenstein) oder Übernahmen von Willie Dixon, Terry & McGhee, William Harris (starke Version des “Bullfrog Blues”!) oder Lonesome Sundown. Die Crazy Hambones haben sich trotz diverser Umbesetzungen in der Vergangenheit eine ganz eigene Nische nicht nur in der deutschen Bluesszene erspielt, die sie nun mit BEAUTIFUL gekonnt verteidigen. (Stormy Monday, 13/43:41) pro

Der Albumtitel trifft es genau, ein Zwei-Meter-Hüne mit tiefer Stimme. Michael van Merwyk, Jahrgang 1969, in der Hausband eines Blues-Clubs in Rheda-Wiedenbrück gestählt, hat seit 2011 mehrere Preise bei Blues Challenges gesammelt. Veröffentlichte er 2018 mit SONGSTER ein spannendes Album mit Rocksongs, die er in sein Idiom übersetzte, stehen auf der aktuellen CD wieder eigene Lieder im Zentrum. Mit tiefer, doch souliggeschmeidiger Stimme führt Merwyk durch beseelten Slow Blues, flotte Boogie-Shuffles oder knorrigen Country Blues. Er spielt eine eingängige Slidegitarre, Dobro und Lapsteel. Erfreulich, dass Merwyk auch seinen profunden Musikern an Klavier und Harmonika Solospots einräumt. Für weitere Abwechslung sorgen die unterschiedlichen Besetzungen von Solo, Duo bis Quartett. Tolle Scheibe! (Timezone, 11/48:52) rg

THE BEAR

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COUNT BASIE & THE KANSAS CITY SEVEN COUNT BASIE & THE KANSAS CIT Y SEVEN

Der Pianist und Orchesterleiter Count Basie war Galionsfieine Galionsfi gur des KansasCity- Jazz, bei dem sich die Leichtgängigkeit des Swing mit der treibenden Kraft des Rhythm’n’Blues und Boogie Woogie verband. Sein betont minimalistisches Klavierspiel prägte nicht nur den Sound seiner Bigband. Auch bei dieser Septett-Einspielung setzte Count Basie 1962 sparsam, aber wirkungsvoll die Akzente im Zusammenspiel mit Trompete, Saxofon, Flöte und Rhythmusgruppe. Das Album verdankt seinen guten Ruf auch dem durchgängig ausgewogenen Klangbild. Es wurde im Studio des Tonmeisters Rudy Van Gelder eingespielt – der seinerzeit besten Stube für kammermusikalisch durchgezeichnete JazzProduktionen. Für diese UHQCD ließ Universal Japan weitere Feinheiten aus den digitalisierten Analog-Masterbändern herauskitzeln. (Sieveking, 8/36:34) wd

DONALD BYRD & THE BLACKBYRDS

THE JAZZ FUNK COLLECTION Als sich Donald Byrd Anfang der 70er Jahre auf die initial von Miles Davis beschrittene Verschmelzung von Jazz und Funk einließ, war der Trompeter schon anderthalb Jahrzehnte im Showgeschäft und hatte sich einen Namen zum Beispiel durch die Zusammenarbeit mit Max Roach, Art Blakey, Sonny Rollins und vielen weiteren Jazzgrößen gemacht. Die erfolgreichste Karrierephase sollte aber

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nun erst folgen. Sie führte so weit, dass selbst noch in den 90er Jahren die neue Acid-Jazz-Szene Byrd als Meister des funkigen Jazz hofierte und er zu Aufnahmesessions geladen wurde. Die JAZZ FUNK COLLECTION ist eine gelungene Zusammenstellung von Stücken der Jahre 1972 bis 1982, als Alben wie BLACK BYRD (1973) und STREET LADY (1974) in den LP-Charts weiter oben zu finden waren und immer wieder auch mal das eine oder andere Stück den Weg in die Discos der damaligen Zeit fand. Das lag wohl auch daran, dass Byrd einen leichteren herkömmlicheren Stil suchte als etwa Weggenosse Herbie Hancock, so dass man sich Titel wie “Flight-Time” auch heute noch herrlich als BoardingHintergrundmusik vor der nächsten Flugreise vorstellen kann. (Robinsongs, 13/77:36, 13/63:15, 13/69:40) an

FRANKFURT RADIO BIG BAND KRIEGEL TODAY!

Die Frage, welche Musik der im Jahr 2003 verstorbene Gitarrist Volker Kriegel heutzutage machen würde, ist natürlich nicht zu beantworten. Die Frage, wie seine Musik aus den 70er Jahren heute klingen könnte, der geht die Frankfurt Radio Big Band unter der Leitung von John McNeely mit KRIEGEL TODAY! nach. An zwei Abenden im November 2018 spielte sie einige Kriegel-Stücke, für die Sologitarrenparts wurde die Verantwortung auf drei namhafte Schultern verteilt: John Schröder sorgte für virtuose Hochgeschwindigkeit, erdige, jazz-rockige Töne wurden von Martin Scales beigesteuert, für die ruhigen, balladesken Abschnitte war Jesse van Ruller die ideale Wahl. Dazu klasse Bläsersätze der souverän aufspielenden Bigband, die jederzeit für das passende Fundament sorgt. (MiG, 8/61:32) us

GRÉGOIRE MARET AMERICANA

Der Albumtitel verrät bereits die musikalische Ausrichtung. Der 45-jährige Schweizer Grégoire Maret, ein Meister der chromatischen Mundharmonika, bekannt durch Aufnahmen mit Pat Metheny oder Cassandra Wilson, hat für diese CD den Pianisten Romain Collin, der auch als Filmkomponist geschätzt ist, sowie den einzigartigen Gitarrenstilisten Bill Frisell dabei. Alle bringen sich mit eigenen Kompositionen ein, für Rockfreunde sind die drei Fremdkompositionen interessant. Der Dire-Straits-Hit “Brothers In Arms” wird gefühlvoll auf seine thematische Essenz entkernt. Weitere Songs stammen von Bon Iver und Jimmy Webb. Feinfühlig erklingen epische Klanggeschichten, Ingredienzien aus Country, Bluegrass und Blues werden mit zarten Jazzimprovisationen umgarnt. Ein lyrisches Album für späte Stunden in Top-Klang. (ACT, 9/49:41) rg


VINYL TWISTED SISTER STAY HUNGRY

So viel Selbstironie nötigt Respekt ab: In den Credits für STAY HUNGRY, wo die Musiker normalerweise den „endorsed” Firmen danken, verweist Twisted-Sister-Sänger Dee Snider auf sein bevorzugtes Haarpflegemittel. Klar gilt das 1984er Album heute als Klassiker des Hair- oder GlamMetal, aber in den nach unten offenen Charts für Text-Doofheit und Banalmucke des Genres rangiert es weit über dem Durchschnitt. Snider hatte seinen Verstand noch nicht an der Koks-Deale abgegeben, sondern im Gegenteil zehn manierliche Rocksongs mit erträglichen Texten gezimmert. Darunter mit “We’re Not Gonna Take It” einen zeitlosen Hit nicht nur für Teenies, mit “I Wanna Rock” einen noch heute mitreißenden Kracher und mit “The Price” eine starke Powerballade. Unter dem Rest gibt es keinen Ausfall. MFSL hat hier wohl tatsächlich originale Master für die exzellent gefertigte LP verwenden können, denn die Scheibe klingt deutlich dynamischer, brillanter und offener als Atlantics rosa Jubiläums-LP von 2010 und weniger „kratzig” als das Reissue von Music On Vinyl anno 2016. (MFSL, 10 Tracks) lbr

UTOPIA

DEFACE THE MUSIC

Nachdem er 1969 seine PsychedelicRock-Band Nazz aufgelöst hatte, ar arbeitete Todd Rundgren als Produzent für Kollegen wie Meat Loaf, Badfinger, Grand Funk Rail Railroad, New York Dolls, The Tubes oder die James Cotton Blues Band. 1974 startete der Singer/Songwriter und MultiInstrumentalist das Pop-Rock-Quartett Utopia. Die ersten beiden Utopia-LPs waren ein Keyboard-geprägter Mix aus Jazz und Hard Rock. Von den mit Progressive-Attitüde und Disco-Feeling produzierten ADVENTURES IN UTOPIA, dem vierten Album der Band, kam 1979 der Top-40-Hit “Set Me Free”. Das 1980 veröffentlichte Utopia-Album DEFACE THE MUSIC darf mit Stolz von sich behaupten, das Beutestück eines perfekt arrangierten geistigen Diebstahls zu sein. Utopia huldigten hier bis an den Rand der Selbstverleugnung den Beatles – mal mit eingängigen Melodien, die aus den Merseybeat-Frühwerken der Fab Four stammen könnten, aber auch mit komplexen Arrangements à la Sgt. Pepper. Der Opening-Track ”I Just Want To Touch You” erinnert erfrischend schamlos an ”Please Please Me” oder ”I Want To Hold Your Hand”. Todd Rundgrens Gitarrenriffs in “Take It Home” hätten auch zum “Day Tripper” gepasst. “Michelle” und “I Will” erkennen sich in dem Utopia-Song “All Smiles” wieder. ”Everybody Else Is Wrong” spinnt

LP-Rezensionen die Fäden von “I Am The Walrus” und “Strawberry Fields” weiter. Wenn Utopia in Richtung Liverpool und Abbey Road zwinkern, ist das oft nur für Beatles-Fans erkennbar. Doch alle übrigen Musikliebhaber können diese LP ebenfalls genießen. (Music On Vinyl, 13 Tracks) wd

OHIO PLAYERS PAIN

Als hochwertiges schwarzes Vinyl startet PAIN An Anfang Juni die Serie der WiederveröfWiederveröf fentlichungen der Westbound-Alben der Ohio Players. Im Jahr 1972 war es schon ihr zweites Album, von vielen allerdings bis heute als Debüt wahrgenommen, nach ihrer ersten, erfolglosen LP (1968 bei Capitol erschienen) löste sich die Band kurzzeitig auf. Vor allem das ikonische Cover-Artwork von Joel Brodsky sorgte damals für Aufsehen, auch später holten sie sich immer wieder sexy („Playboy”-)Girls auf die Cover ihrer Alben, eine clevere Idee, die aus den LPs der Ohio Players bis heute „heiße” Sammlerware macht. Auch musikalisch folgte die Band aus Dayton, Ohio, dieser Leitlinie, vermengte sie Funk, Soul und R&B zu einem tanzbaren Gebräu. Zunächst noch ohne herausragende Hits, die sollten mit “Fire” sowie “Love Rollercoaster” erst etwas später kommen, aber immerhin reichte es zum Einzug in die Charts, wurde damit der Grundstein für ihre weitere Karriere gelegt. (Ace, 6 Tracks) us

THE UNITY PRIDE

The Unity, das Nebenprojekt der beiden GammaRay-Musiker Hen Henjo Richter (g) und Michael Ehré (dr), ist eine ausgesprochen unterhaltsame Band. Dieses Attribut klingt im ersten Moment für eine HeavyMetal-Formation wenig schmeichelhaft. Solche satten Melodien zum Teil mit einem derart knackigen Härtegrad zu versehen, ist allerdings hohe Schule. Ebenso die Fähigkeit, sich zu keinem Zeitpunkt selbst zu zitieren. Jedes Stück entfaltet seine ganz eigene Atmosphäre. Daran hat Sänger Gianbattista Manenti von der italienischen Prog-Metal-Band Angels And Demons einen immensen Anteil: was für eine Stimme! Welche Faszination von der Musik Unitys ausgeht, kann man zum Beispiel in “Destination Unknown” nachhören: Leute, die sich die CD reinziehen, werden sich diese Nummer vermutlich sofort ein zweites Mal geben (wie manch andere auch). Freunde des Vinylgenusses bekommen das nunmehr dritte Produkt von The Unity als Doppel-LP mit zwei transparenten, mit Schlieren durchsetzten Scheiben serviert. (Steamhammer, 12 Tracks) jub Seite

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STEVE HACKETT

GENESIS REVISITED: LIVE AT THE ROYAL ALBERT HALL

Da können die Herren Collins, Banks und Rutherford noch so oft eine weitere Tour ankündigen, wer Musik aus den besten Zeiten von Genesis live erleben möchte, der geht zu Steve Hackett. Schon seit längerer Zeit widmet sich der britische Gitarrist, seit 1977 bei Genesis ausgestiegen, dem Backkatalog seiner früheren Band, und obwohl er immer wieder starke Solo-Alben mit neuem Material veröffentlicht, sind die alten Klassiker nicht aus seinem Repertoire wegzudenken. Schon im Jahr 1996 veröffentlichte er mit GENESIS REVISITED einen ersten Rückblick, spielte zusammen mit Musikern wie John Wetton, Paul Carrack, Colin Blunstone, Tony Levin, Bill Bruford und Chester Thompson Tracks wie “Watcher Of The Skies”, “Dance On A Volcano”, “Los Endos” und “Firth Of Fifth” neu ein. 16 Jahre später, im Jahr 2012, ließ er eine Fortsetzung des Projektes folgen, auch hier unterstützten ihn mit Steven Wilson, Neal Morse, Nick Beggs, Jakko Jakszyk und Steve Rothery namhafte Kollegen aus der (Prog-)RockSzene. Parallel dazu ging er immer wieder mit dem Genesis-Material auf Tour, widmete sich mal einzelnen Alben wie dem 1976er WIND & WUTHERING, kombinierte das Material mit Auszügen aus seinen Solo-Alben VOYAGE OF THE ACOLYTE (1975) und WOLFLIGHT (2015) oder ließ sich, wie bei seiner letzten Live-Veröffentlichung, von einem kompletten Orchester unterstützen. Im Oktober 2013 war er in der altehrwürdigen Londoner Royal Albert Hall zu Gast. In der Besetzung Nad Sylvan (voc), Roger King (keys), Gary O’Toole (dr, voc), Rob Townsend (sax, fl) und Lee Pomeroy (b) spielte sich Hackett einmal quer durch das hochklassige Repertoire seiner früheren Band, von “Dance On A Volcano” über “The Musical Box”, “Carpet Crawlers” und “Supper’s Ready” bis zum finalen “Los Endos”. Einmalig auf dieser Tour holte Hackett dabei Gäste wie John Wetton (voc), Amanda Lehmann (voc), Ray Wilson (voc) und Roine Stolt (g) auf die Bühne. Im Juni 2014 wurde mit GENESIS REVISITED: LIVE AT THE ROYAL ALBERT HALL der Mitschnitt veröffentlicht, wahlweise als Doppel-CD oder DVD, eine Vinylversion blieb außen vor. Dieser Makel wird nun behoben, der Thüringer Musiker und Produzent Patrick W. Engel (Angel Of Doom) hat das Album speziell für die Vinylveröffentlichung neu abgemischt, hierbei sein Augenmerk auf höhere Dynamik und größere Transparenz gerichtet. Mit Verteilung der Tracks auf drei LPs wird genügend Raum geschaffen, um die remasterte Version klanglich so gut wie möglich abzubilden, zusätzlich ist die neu erstellte Abmischung auch noch auf zwei CDs mit dabei. (Sony Music, 3 LPs, 2 CDs) us n

Music from the 60s to the 80s

DR. JOHN, THE NIGHTTRIPPER

THE SUN, MOON & HERBS Als Triple-Album wollte Malcolm John Rebenack sein viertes Studiowerk 1971 herausbringen – aber Einsicht oder Einspruch der Plattenfirma ließ den Nighttripper dann zu „Weniger ist mehr” kommen. Auch wenn Dr. John THE SUN, MOON & HERBS nicht so wirklich mochte, hier kam ein sumpfig dampfendes, atmosphärisch dichtes Meisterwerk heraus. Allein die Gästeschar, die dem krümelmonsternden Sänger und griffigen Pianisten da zuarbeitete, nötigt Respekt ab. Mick Jagger sang im Hintergrund, Stones-Saxer Bobbby Keys blies in zwei Songs, sein Kollege Graham Bond stieß auch ins Horn, Eric Clapton slidete in. Und allein der Backgroundchor mit P.P. Arnold und anderen Lerchen machte schon den Auftaktsong “Black John The Conquerer” zu einem Höhepunkt. Speakers Corner hat ein erstklassiges Reissue mit originalem Beiblatt gefertigt. (Speakers Corner, 7 Tracks) lbr

MUDDY WATERS

THE BEST OF MUDDY WATERS

Im Oktober 1961 traf der fast 18-jäh 18-jährige Keith Richards seinen Kindergartenfreund Mick Jag Jagger zufällig wieder. Die zwei Bluesfans plauderten über THE BEST OF MUDDY WATERS, die Mick soeben gekauft hatte. Nach einem Song auf dieser LP benannte sich die Band, mit der das Duo im Juli 1962 debütierte: “Rollin’ Stone”. Die Brüder Leonard und Phil Chess hatten das Best-Of-Album 1957 aus Singles kompiliert, die der Sänger/Gitarrist Muddy Waters 1948 bis 1954 in Chicago für Chess Records eingespielt hatte. Ohne dieses Album wären die Stones nie gegründet worden. Ohne die Stones wäre es wohl auch nicht dermaßen oft neu aufgelegt worden. Das 180g-Vinyl von Wax Time punktet nun mit vier Bonustracks aus jener Ära, als Muddy Waters den Blues von den Baumwollfeldern der Südstaaten mit dem Rhythmus der Industriestädte im Norden anreicherte. (Wax Time, 16 Tracks) wd

COCHON DOUBLE BRUXISME

Wenn Musiker sich am Ende irgendwie selbst verloren haben, denken sie ans Aufhören. Auch Doubbei Cochon Doub le, Spitzname des schweizerisch-isländischen LiedermaLiederma chers Brynjar Thorsson, war dies so. Der spielte seine Songs jahrelang lärmend live, der letzte Kick für ein Album fehlte. Seine ehemaligen Bandkollegen von Welington Irish Black Warrior überzeugten


VINYL ihn schließlich, ins Studio zu gehen. Mit BRUXISME liegt nun ein in fünf Tagen produziertes Album vor. Mit seinen minimalistischen Gitarrenriffs und dem eingängigen französischen Slang Thorssons mutet es wie ein musikalisches Gemälde aus dem Irrenhaus an, in dem sich die Insassen in Gruppensitzungen mit Selbstmord beschäftigen. Der Musiker gibt diesen verlorenen Seelen eine leise, aber hörbare Stimme. Die französischen Texte zu diesen charmanten HipHop-Songs (“La Porte”) und schmeichlerischen Rockchansons (“Restaurant”) sind auf der Innenhülle der LP abgedruckt. (Hummus, 8 Tracks) jp

G.RAG / ZELIG IMPLOSION DELUXXE LAUT LOS

Es ist richtig, man möchte nach dem ersten Durchgang dieser LP an Kraftwerk denken. Beim zweiten Durchgang öffnet sich dann die musikalische Parallelwelt, in der sich die Band g.rag/zelig ... bewegt – und damit einen eigenen Kosmos erschafft. Woher das Trio die Kraft nimmt, wird in “Viel zu viel” erzählt. Adrenalin ist der Treibstoff, der die Band durch Tanzlokale treibt, dazu kommen Aspirin und Veronal, bis hin zum Wunsch nach einem Abendmahl, um dann mit Jesus zu ziehen. “Automation” ist kurz und deutlich. „Kommunikation, Television, Kenn ich schon, Korruption, Faszination, Kommt davon”. Dieses Grundrauschen riecht ein Stück weit nach Vergangenheit, nach Fließbändern, die Autos für die Schrottpresse ausspucken, nach tiefen Brunnen, die ausgetrocknet sind. Ein emotionaler Beat, der wie in “Weiter” nur eine Richtung kennt: „Du kannst, musst, willst, darfst hier raus.” Mit DownloadCode, Texte auf einem Beileger. (Gutfeeling, 12 Tracks) jp

MILES DAVIS KIND OF BLUE

Der Trompeter Miles Davis und seine legendäre Band mit dem Pianisten Bill Evans hatten dieses Album 1959 eingespielt. Es gilt heute als die kommerziell erfolgreichste Jazz-LP aller Zeiten. Außerdem setzte KIND OF BLUE für Jazzproduktionen Maßstäbe in den Bereichen räumliche Darstellung und dynamische Feinabstufung. Auf der vom Reissue-Label Groove Replica veröffentlichten LP/CD-Kombination sind nicht die Original-Masterbänder zu hören. Trotzdem kommt vor allem Tenorsaxofonist John Coltrane in diesem Pingpong-Stereobild auf dem Vinyl und auch auf der Bonus-CD gut zur Geltung. Die CD enthält neben dem kompletten Albumrepertoire auch den – klanglich allerdings weniger befriedigenden – Soundtrack einer US-Fernsehshow aus derselben Schaffensperiode der Miles Davis Band. Bei dieser Session spielte die Combo den Davis-Klassiker “So What” allerdings

LP-Rezensionen viel entspannter ein als kurz zuvor im Plattenstudio. (Groove Replica, LP 5 Tracks, CD 7/68:49) wd

THE BECK & YORK EXPERIENCE NINE INCH BRUSHES

Neun-Zoll-Besen liefert laut Pete York zwar kein Hersteller, doch der Schlagzeuger behalf sich mit anderen Größen, als er mit George Kochbeck (voc, keys) ein Coveralbum der besonderen Art einspielte: Das Duo nahm Neuversionen von Songs auf, die es in seiner Jugend liebte. Gemeinsam spielten sie ein Grundgerüst ein, dem York mit seinem unnachahmlichen Swing unwiderstehlichen Groove verlieh. Anschließend reicherte Kochbeck die Songs mit weiteren Sounds an, so dass nun Nummern zu hören sind, die den Geist der Originale atmen, aber eine ganz eigene Handschrift tragen – auch durch Kochbecks raue Stimme. Und so kann man sich nun an “Waterloo Sunset” (vom Spiel auf Eddie Hardins Flügel getragen), “With A Girl Like You” (mit Gebläse), “Can’t Find My Way Home”, “The Wind Cries Mary”, “Jumping Jack Flash” oder “The Green Manalishi” und anderen ergötzen, die auch ohne Gitarren wirken. (Monopalast, 9 Tracks) pro

VANGELIS

ALBEDO 0.39 Auf dem VorgängerAlbum HEAVEN AND HELL hatte Evángelos Odysséas Papathanassíou, bekannt als Vangelis, noch seinen KlassikAmbitionen gefrönt. Dann veröffentlichte der Komponist und Multi-Instrumentalist 1976 dieses Konzeptalbum zum Thema Weltraumphysik. Dafür besann sich der Ambient-Musiker auf seine Rock- und Jazz-Qualitäten und schöpfte klangmalerisch aus dem Vollen. Die Soundpalette reicht bei diesem Projekt vom Xylofon bis zur Kirchenorgel. Neben Synthesizern und anderen elektronischen Klangwerkzeugen, die teilweise von ihm selbst entwickelt und gebaut wurden, verwendete der Grieche in seinem eigenen Londoner Tonstudio vor allem akustische Schlaginstrumente. Für zusätzliche Würze sorgen Gamelan-Klänge aus Indonesien und Funksprüche von Apollo-Mondflügen. Mit dieser LP empfahl sich Vangelis nicht nur den New-Age-Jüngern der 1980er Jahre, sondern er kann auch heutige Weltmusikliebhaber überzeugen. (Music On Vinyl, 9 Tracks) wd

JUNGLELYD S/T

Es ist an der Zeit, ein Musikgenre neu zu entdecken. Der dänische DJ Kenneth Rasmussen und seine Band Junglelyd spielen Cumbia. GoodTimes 3/2020

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Traditionelle lateinamerikanische Musik, die ursprünglich aus Kolumbien kommt, gemixt mit afrikanischen Rhythmen und europäischen Kompositionen zur Entwicklung neuer Harmonien. Rasmussen fügt dem noch viel Electro, Jingle-JangleGitarren sowie Surfmusik der 60er Jahre hinzu und schafft so einen rhythmisch durchzogenen und vor allem exotischen Sound. Eine Symbiose, getragen von schweren Beats und psychedelischen Tönen, die vor allem in glitzernden Tanzsälen gut ankommt. Das Artwork der LP-Hülle, die sich wie eine Tasche aufklappen lässt, ist grafisch aufwendig gestaltet. Vorsicht: Der Download-Code für das Album ist auf der Rückseite eines innenliegenden Werbeflyers aufgeklebt, als Gimmick gibt es einen kleinen Aufkleber. Beigelegt ist ebenso eine Fankarte des aus Agadez (Niger) stammenden Musikers Bibi Ahmed. (Sounds Of Subterrania, 11 Tracks) jp

THE RHYMES THE RHYMES

Für ihr Debütalbum haben The Rhymes aus Schweden alle Live-Energie ihrer Auftritte ins Studio übertragen. Mit ihrer Musik wollen sie Mauern zwischen Menschen einreißen, egal, woher sie kommen und welche sexuelle Ausrichtung sie haben. Bei der Themenfindung für die Texte war es sicher von Vorteil, dass Sänger Tomas Rimeika Karlsson vier Jahre lang Stadtrat in Uppsala war und sich dort um die Rechte von Feministen und Schwulen gekümmert hat. Das Yinyl gibt es dementsprechend rosafarben. Musikalisch ziehen The Rhymes eine Linie zu den erfolgreichsten Bands der ausgehenden 70er Jahre wie The Police und Simple Minds. Sie haben ebenso jene hochfliegenden Vibes im Programm und füttern diese mit lyrischen Themen an, die die Kraft der Sehnsucht und Solidarität hochhalten. Dies ist gewollt euphorisch und kommt in Songs wie “Homerun” und “Robin Hood” mit aller Kraft zum Ausdruck. (Membran, 8 Tracks) jp

THE WILD

STILL BELIVE IN ROCK AND ROLL „Rock ist tot”, sagte Gene Simmons von Kiss einmal. Da hatte er bestimmt noch nichts von The Wild gehört, die mit Frontmann Dylan Villain, Leadgitarre und Gesang, ein feines Gespür für Rock’n’Roll-Roots haben. Die Kanadier spielen unbekümmert auf, die Einflüsse sind auf ihrem dritten Album STILL BELIVE IN ROCK AND ROLL schon nach dem ersten Song “Bad News” ganz schnell zu erkennen: AC/DC, Rose Tattoo, Motörhead und ZZ Top. Hinzu kommt ein kleiner Einschlag Punkmusik. Dabei sind es alles andere als

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schlechte Nachrichten, die die Band verkündet. “King Of This Town” versprüht mit seinem Refrain zum Mitsingen sehr viel gute Laune, mit „Playing With Fire” zeigen die Newcomer, dass da noch mehr drin ist. Das Vinyl gibt es in knallrot und bringt satte 190 Gramm auf die Feinwaage. Der Sound kommt auch bei hoher Lautstärke satt aus den Boxen. Auf dem Beileger gibt es alle Texte, ein DownloadCode rundet die Produktion perfekt ab. (eOne, 10 Tracks) jp

JON MARK STAY

Sänger und Gitarrist Jon Mark begann seine Musikkarriere während des britischen Bluesbooms in den 1960ern. Bei John Mayall lernte er Johnny Almond kennen, mit dem er das Duo Mark-Almond (nicht zu verwechseln mit dem Sänger Marc Almond) gründete. Sein zweites offizielles Solo-Album erschien 1983 unter dem Namen THE LADY AND THE ARTIST (5. Song Seite 1), jetzt veröffentlicht Black Sun Music es als STAY (4. Song Seite 1) neu auf LP, übrigens ganz hervorragend gefertigt. Mit Blues haben die zehn von Mark geschriebenen, nachdenklichen, sanften, melancholischen Klavierballaden (Tasten: Nicky Hopkins und Mark Ross) gar nichts mehr zu tun. Jon Mark, nach dem Verlust des Ringfingers der linken Hand gehandicapt, ließ sich an der Gitarre von Jay Lewis helfen, Bass und Perkussion kommen nur dezent zum Einsatz. Wer die zugänglichen Songs von Lambchop mag, sollte unbedingt zugreifen. Ein wunderschönes Songwriter-Album. (Black Sun Music, 10 Tracks) lbr

ELLIS

BORN AGAIN Aus dem kanadischen Ontario kommt Linnea Siggelkow, die als Ellis 2017 ihr eigenes Musikprojekt startete. Nach der EP „The Fuzz” folgt jetzt ihr Albumdebüt BORN AGAIN. Das kommt auch auf weißem, leider nicht ganz knisterfreiem Vinyl parallel zu CD und Stream. Hier thematisiert die Sängerin, Gitarristin und Keyboarderin ihre Suche nach einem neuen Selbstbewusstsein in teilweise sehr persönlichen Texten, die auch den Schmerz nicht ausklammern. Das Ganze eingekleidet in recht gefällige, komplett selbst komponierten Songs, für die sich manche die Schublade „Dream-Pop” einfallen ließen. Produzent Jake Aron gab eine Menge Hall auf die Mädchenstimme und rüstete die meisten Songs in ziemlich massive Soundwälle ein, andere ließ er wie auf Wolken schweben. Für ein Album trägt diese Mischung auch beim zweiten Hören sehr gut, aber für den Nachfolger darf’s ein bisschen griffiger werden. (Fat Possum, 10 Tracks) lbr


KURZVORSTELLUNGEN ZIO

FLOWER TORANIA Die Band Zio um Schlagzeuger und Produzent Jimmy Pallagrosi widmet sich auf FLOWER TORANIA Science-FictionThemen und der Welt der Videospiele. Nach dem Auftakt mit “Ride Along”, getragen von einem tiefen Bass und Keyboard, geht es über Synthesizereinschübe zu rhythmischen Sessions mit soliden Gitarrenriffs, verflochten mit Choreinsätzen. Das ist spannend, weil das Thema musikalisch kontinuierlich fortgesetzt wird und kein Ende finden will. (Posh And Rock, 11/53:48) jp

IN EXTREMO

KOMPASS ZUR SONNE KOMPASS ZUR SONNE heißt das neue Album von In Extremo, doch schnell hört man, dass der Kompass in Richtung Härte eingestellt ist. Kraftvoll legen die Berliner los, gönnen den harten E-Gitarren keine Pause. Flöten, Sackpfeifen, Dudelsäcke und Drehleiern sorgen für den charakteristischen Sound, mit dem sie musikalische Brücken vom Mittelalter in die Neuzeit bauen; ob man so weit gehen muss wie beim elektronisch verfremdeten Bonustrack “Saigon Bagdad”, ist natürlich Geschmackssache. (Vertigo, 14/54:39) us

TEDDY THOMPSON

HEARTBREAKER PLEASE Als Sohn von so berühmten Eltern wie Linda und Richard Thompson hat man es als Musiker nicht leicht, so war die Flucht von Teddy Thompson ins anonyme New York nur logisch. Wie gut ihm dieser urbane Hintergrund tut, das zeigt einmal mehr sein neues Album HEARTBREAKER PLEASE. Im Stile seines Kollegen Adam Green liefert er wunderbar süffigen Folk Pop, Bläser, Chöre und vielschichtige Arrangements inklusive, in seinen Texten erzählt Thompson sowohl von zwischenmenschlichen Beziehungen als auch davon, wie er in seiner neuen Heimat angekommen ist. (Chalky Sounds, 10/32:52) us

INNER ODYSSEY VOID

Die Kanadier Inner Odysee spielen Prog Rock und nennen als Einflüsse Musik der Bands Porcupine Tree, Riverside und Spock’s Beard. Das Album VOID ist allerdings mehr als nur der Versuch nachzuahmen, die Gruppe um das Kernduo Vincent Leboeuf Gadreau und Mathieu Cossette legt Rhythmen übereinander, variiert Sounds, öffnet Räume für Solo-Einlagen und ändert gelungen bei allem Kontext und Kolorit. (Eigenpressung, 9/48:19) jp

ANUBIS

HOMELESS Seit 2004 im Geschäft, veröffentlicht das Sextett Anubis aus Australien mit HOMELESS sein sechstes Album. Freilich: Die Songs sind anspruchsvoll komponiert, gleichwohl fehlt ihnen der Biss, jener letzte Tonfall, der einen zu ganz großer Begeisterung hinreißen lässt. Die Band scheitert an

ihrem Anspruch, perfekt zu sein, verläuft sich in Melodiebögen, die durchaus gute Ansätze haben, aber sich oft in einer klinischen Kälte verlieren. (Anubis, 9/41:21) jp

HARRYCANE ORCHESTRA DARK MAKAM

Mit ihrem zweiten Album DARK MAKAM knüpfen der Komponist und Schlagzeuger Harry Alt sowie der türkische Sänger Tarkan Yesil als Harrycane Orchestra nahtlos an ihr Erstlingswerk PHOSPHORUS an. Eine Mischung aus Jazz, orientalischen Rhythmen und arabischen Melodien, die die Sehnsucht nach Ferne weckt. Die Strukturen der Kompositionen lassen viel Platz für impulsive Improvisationen der weiteren Musiker. Voller Leidenschaft und Dynamik. (Galileo, 8/57:20) jp

YUSUF SAHILI LET'S DO THAT

Wo kommt denn diese Musik her? Aus den Sixties, aus den Seventies, aus dem Heute. Aus Kalifornien, aus London, mitten aus Deutschland. Der Berliner Sänger und Weltenbummler Yusuf Sahili legt mit seinem zweiten Album LET’S DO THAT zwölf handwerklich sehr gut gemachte Songs vor, die zwischen Rock, Folk, Alternative Country und Singer/Songwriter changieren. Sehr retro – aber auch sehr originell. (Musszo, 12/36:18) frs

STEFANO BOLLANI

PIANO VARIATIONS ON JESUS CHRIST SUPERSTAR Mit Wertschätzung und Respekt hat sich Stefano Bollani an das Meisterwerk „Jesus Christ Superstar” von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice herangewagt. Die Neuinterpretation am Klavier überzeugt durch einen warmen und gleichzeitig glasklaren Sound. Gestützt auf verschiedene Traditionen, Genres, Stile und Einflüsse, ist diese Interpretation, wenn sie sich auch vom Original entfernt hat, in ihrer ganzen Dramatik überaus gelungen. (Alobar Srlu, 18/64:21) jp

THE HOMELESS GOSPEL CHOIR

THIS LAND IS YOUR LANDFILL Für sein neues Album THIS LAND IS YOUR LANDFILL hat sich Songwriter Derek Zanetti zahlreiche Freunde aus der Punkszene im Nordosten der USA ins Studio eingeladen, Musiker wie Matt Miller (Endless Mike & The Beagle Club), Maura Weaver (Mixtapes), Craig Luckman (Small Pollen) und Megan Schroer (Kitty Kat Fan Club). Ohne Rücksicht auf Verluste geht es dabei zur Sache, schnell, Folk-rockig und kompromisslos. Auch in seinen Texten kennt Zanetti keine Gnade, ätzt genauso gegen den Hass in den Sozialen Medien, wie er die Ignoranz der Trump-Regierung anprangert. (Hassle, 11/43:18) us Seite

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CD-Rezensionen

I AM THE MANIC WHALE THINGS UNSEEN

Dass Prog Rock alles andere als rückwärtsgewandt ist, das zeigen immer mehr neue Bands, so auch I Am The Manic Whale aus dem britischen Reading. Vielschichtig und vor allem mit einer breiten Palette an eher unüblichen Instrumenten richten sie ihre Songs an, klingen auf ihrem neuen Album THINGS UNSEEN wahlweise nach Yes, den frühen Genesis oder Styx. Auch klanglich hat Bandleader und Produzent Michael Whiteman mit einem wunderbar warmen und transparenten Sound einen klasse Job gemacht. (Plane Groovy, 8/64:56) us

SHRED KELLY

LIKE A RISING SUN Punktgenau zum zehnjährigen Jubiläum der kanadischen Folkband legen Shred Kelly mit ihrem neuen Album LIKE A RISING SUN noch einmal eine Schippe drauf, so dass ihnen damit wohl der endgültige internationale Durchbruch gelingen sollte. In ihrer Heimat sind sie vor allem live eine große Nummer, kein Wunder, sind ihre kraftvollen Power-Folk-Pop-Hymnen doch genau das Richtige für die große Festivalbühne. Mit Banjo und akustischen Gitarren geht es in Richtung Folk und Country, vielstimmige Refrains weisen den Weg Richtung Pop, und das kernige Rhythmusduo aus Bass und Schlagzeug sorgt für die Rockkomponente. (Devilduck, 11/45:34) us

ROBERT SCHROEDER C'EST MAGIQUE

Seit 1970 veröffentlicht Robert Schroeder Alben, auf denen er sich magischen und atmosphärischen Klängen widmet. Sein Instrument ist der Synthesizer, mit dem er sich auf anspruchsvolle Soundexkursionen macht und seine Zuhörer zum Träumen bringt. Die Songs fließen ohne Pause ineinander über, etwas aus der Reihe schlägt “Glowing Energy”. Ein Song, in dem Schroeder über die Tasten fliegt und zu dem ein 3D-Animationsfilm produziert wurde. Wer Jean-Michel Jarre mag, mag auch Robert Schroeder. (Cue, 8/59:59) jp

JEFF MASSEY

FROM THE HIGHWAY TO THE SHOW Mit der Steepwater Band hält Jeff Massey seit gut 20 Jahren die Fahne des (Southern-)Rock in den Wind, ganz egal, aus welcher Richtung und wie stark er bläst. Mit FROM THE HIGHWAY TO THE SHOW legt er nun sein erstes Solo-Album vor, auf dem es Massey pur und ganz allein gibt. Im Stile eines Bluesmusikers aus den 30er Jahren hat er sich größtenteils Songs aus seiner Bandkarriere ausgesucht, ergänzt um die beiden neuen Tracks “Oklahoma Sunrise” und “Abandon Ship”. (Diamond Day, 12/44:22) us

THE LOWEST PAIR THE PERFECT PLAN

Bei zahlreichen kleineren Folkfestivals im Mittleren Westen der USA trafen Kendl Winter und Palmer T. Lee immer wieder aufeinander, irgendwann wurde dabei die n

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Idee geboren, gemeinsame Sache zu machen. Unter der Produktionsregie von Mike Mogis (Cursive, Bright Eyes) legen sie nun als The Lowest Pair mit THE PERFECT PLAN ein wunderschönes Album vor, zwei Stimmen und karge Arrangements sorgen für eine geisterhafte Atmosphäre, fast zu traurig, um schön zu sein. (Delicata, 10/45:39) us

JASMIN TABATABAI JAGD AUF REHE

Tabus kennt Schauspielerin Jasmin Tabatabai („Bandits”) auf ihrem dritten Album nicht. Sie singt deutsch, französisch, englisch und persisch, hat Kreationen ihres musikalischen Partners David Klein aufgenommen, bewegt sich zwischen Jazz und Chanson und touchiert Popgrenzen. Und: Sie wagt sich (gelungen) an Fremdvorlagen von den Beatles und Annie Lennox über Nick Drake bis Reinhard Mey oder Hildegard Knef/Cole Porter. Spannend. (Galileo, 15/71:45) pro

WU FEI & ABIGAIL WASHBURN

WU FEI & ABIGAIL WASHBURN Wu Fei aus Peking und Abigail Washburn aus Evanstone, Illinois, wurden beide 1977 im Jahr der Schlange geboren. Auf ihrer ersten gemeinsamen Veröffentlichung erbringen sie den Beweis, dass scheinbar unvereinbare Kulturen durch die Musik verbunden werden können. Es mag fremdartig klingen, wenn sie den Folksong “Banjo Guzheng Pickin’ Girls” anstimmen, um dann in “Ho Hey” in eine fernöstliche Trance zu verfallen, ein Song, der an Indianergesänge erinnert. Eine spannende Musikreise. (Folk Ways , 10/34:41) jp

MELTED EGO

HEAVYWEIGHT KNOCKOUT Auf Alternative Rock mit der Urgewalt einer Dampflok, geradeaus und schnörkellos, setzt das friesische Quintett Melted Ego seit 1995. Beeinflusst von Combos wie Billy Talent oder Alter Bridge, energetisch aufgeladen vom Punk, mit einem gelegentlichen Hang zu Melancholie tobt sich die Gruppe auf HEAVYWEIGHT KNOCKOUT gnadenlos aus und hat dafür eine knackige Achterbahnfahrt der Gefühle in Töne umgesetzt. (Timezone, 12/53:30) pro

SUBSIGNAL

A SONG FOR THE HOMELESS – LIVE IN RÜSSELSHEIM 2019 Gerade Prog Rock bietet live wie kaum ein anderer Stil die Möglichkeit, sich ein gutes Stück von den Studiofassungen zu entfernen, was Subsignal bei ihrer letzten Tour bestens ausgenutzt haben. A SONG FOR THE HOMELESS liefert nun einen Mitschnitt ihres 2019er Konzerts in Rüsselsheim, bei dem sie Songs aus nahezu allen KarriereAbschnitten im Programm hatten und diesen die nötige Zeit zur vollen Entfaltung gaben. Stark! (Gentle Art Of Music, 12/73:52) us


BÜCHER

Buch-Rezensionen

These Girls – Ein Streifzug durch die feministische Musikgeschichte Von Juliane Streich (Hg.) 2020, Ventil Verlag ISBN 978-3-95575-118-0 340 Seiten; 20,00 € ypische Rockmusik-Bücher erzählen die oft schon gehörten Geschichten von Elvis, den Beatles, Led Zeppelin und U2. Die Anthologie „These Girls” wählt einen anderen Ansatz: Sie beschreibt die Pop-Historie mal ganz ohne Männer. In vielen Publikationen spielen Frauen oft nur eine Nebenrolle. Unverdientermaßen – wie einem beim Lesen von „These Girls” schnell klar wird. Das fängt schon mit der Zahl an: Das Buch stellt insgesamt 140 Solokünstlerinnen und Frauendominierte Bands in Kurzporträts vor – und ist damit längst nicht vollständig, wie Herausgeberin Juliane Streich in ihrer Einleitung zu Recht anmerkt. Bekannte Stars wie Aretha Franklin, Joan Baez, Janis Joplin, Patti Smith, Kate Bush, Madonna, Tori Amos und Lady Gaga kommen in dem Buch ebenso vor wie entdeckenswerte

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Ringo Starr – Die Biographie

Künstlerinnen, etwa Linda Perhacs, Girlschool, The Slits oder Cat Power. Die über 90 Autorinnen und Autoren wählten bevorzugt Musikerinnen aus, die in ihrer Kunst oder ihrem Image zumindest ansatzweise einen Feminismus vertreten, weshalb zum Beispiel Nina Hagen („Unbeschreiblich weiblich”) den Vortritt vor Nena erhielt. Allzu verkrampft in puncto Feminismus geht es aber nicht zu. Das Buch zeigt vielmehr auf, wie unterschiedlich Künstlerinnen sich in einem von Männern dominierten Business bis heute behaupten und etablieren müssen – mit ganz unterschiedlichen Strategien, von offensiv-konfrontativ bis hin zu spielerisch-spaßig. Die Beiträge reichen stilistisch von journalistisch über subjektiv-literarisch bis hin zu poptheoretisch. Alle aber eint der Spaß daran, die Rockgeschichte einmal anders zu erzählen, frei nach dem Motto der von Annie Lennox und Aretha Franklin gesungenen Hymne: „Sisters are doin’ it for themselves / Standin’ on their own two feet!” frs

Bowie – Sternenstaub, Strahlenkanonen und Tagträume Von Michael Allred, S. Horton & L. Allred 2020, Cross Cult ISBN 978-3-96658-081-6 160 Seiten; 35,00 € enn es Lee Allred nicht gegeben hätte, würde es dieses Comic-Buch über einen der schillerndsten Menschen der modernen Popkultur nicht geben. Lee ist der Bruder von Michael Allred, Lee sorgte dafür, dass sein Bruder mit vielen Comics aufwuchs. Und diese Beschäftigung hat stark abgefärbt. Michael Allred, ausgezeichnet mit dem Eisner Award, hat mit seiner Graphic Fiction David Bowie ein einzigartiges

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und bleibt dennoch der Star. Ohne Frage hätte er einst ein paar Lieder mehr singen können als elf Beatles-Stücke, darunter “Don’t Pass Me By”, “What Goes On” und “Octopus’s Garden”, ohne Zweifel wären Lieder wie “Yellow Submarine” und “With A Little Help From My Friends” ohne seine Stimme nicht das, was sie heute sind. Bardola gelingt es in seiner Biografie bestens, herauszuarbeiten, wie wichtig er für das Bandgefüge der Beatles war, nicht nur für John Lennon war Ringo „ganz einfach das Herz der Beatles”. Doch Bardola wirft mit seinem Buch auch einen Blick hinter die Kulissen, versucht mit eher unbekannten Anekdoten und Geschichten außerhalb des Popbusiness den Menschen hinter dem grinsenden Clown am Schlagzeug zu skizzieren. Und er zeigt dabei, wie gut der sein privates Leben vor der Öffentlichkeit verbergen konnte und dennoch seinen Platz in den Herzen zahlloser Musikfans eroberte. us

Joy Division – Sengendes Licht, die Sonne und alles andere

Denkmal gesetzt. Keine seitenlange Biografie, sondern ein gezeichneter Lebenslauf, der Bowie überlebensgroß und nicht von dieser Welt darstellt. Der Zeitbogen spannt sich von Bowies Anfängen 1962 und endet mit seinem Tod im Jahre 2016. Auf den 160 Seiten wird Bowies Leben als einzigartiges Wirken in der Popmusik erzählt. Der Leser begegnet Cream, Alice Cooper, Marc Bolan, Elvis und Jimi Hendrix, um nur einige zu nennen. Man erfährt viel über die Arbeitsweise des Künstlers, seine Visionen, seine Rückschläge und seinen kometenhaften Aufstieg. Ein Buch wie ein Rausch, bunt wie Bowie selbst. jp

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Von Nicola Bardola 2020, Edition Olms ISBN 978-3-283-01295-3 240 Seiten; 25,00 € iografen hat Ringo Starr noch nie an sich herangelassen, auch eine Autobiografie dürfte höchst unwahrscheinlich sein, so bleibt es dem renommierten Beatles-Kenner Nicola Bardola (Biografien zu Yoko Ono und John Lennon) überlassen, Starr kurz vor seinem 80. Geburtstag in aller Tiefe zu würdigen. Wie man auch ohne zur Schau gestellte Virtuosität ein Großer seines Instruments wird, wie man mit Gefühl, Timing und einzigartigen Fills Generationen von Schlagzeugern prägen kann und ganz nebenbei Alphatieren wie Paul McCartney und John Lennon den Takt vorgibt: Ringo Starr ist der lebende Beweis. Auch heute noch füllt er mit seiner All-Starr Band weltweit Konzerthallen, auch dort überlässt er gern anderen das Rampenlicht

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Von Jon Savage 2020, Heyne Hardcore ISBN 978-3-45327-251-4 384 Seiten; 20,00 € er Untertitel „Die Geschichte von Joy Division” deutet es bereits an: Es geht um die Aufarbeitung der Historie einer der wegweisenden Bands der englischen Musikgeschichte, deren Fans subjektiv größtenteils zwischen 1958 und 1968 geboren sein dürften. Joy Division standen Pate für Entwicklungen wie Gothic- bzw. Indie Rock oder Dark Wave. In den Interviews, die Autor Savage im Ver-

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laufe von rund 30 Jahren mit Beteiligten führte, lässt er die relativ kurze Karriere des Quartetts bis zum abrupten Ende 1980, als Sänger Ian Curtis sich das Leben nahm, Revue passieren. Die Mitmusiker Bernard Sumner, Peter Hook, Stephen Morris (später New Order), Ehefrau Deborah Curtis, die Fotografen Kevin Cummins und Anton Corbijn kommen, neben vielen anderen, zu Wort. Ein Buch wie ein langes Gespräch unter Fachleuten und darum umso wertvoller, da viele der ProtagonistInnen bereits seit langer Zeit nicht mehr am Leben sind. rgp


KONZERTBERICHTE

Rock Meets Classic

Nürnberg, Arena, 7. März 2020

Rock-Spektakel mit Corona-Abbruch

Mitten in die Aufregung um das Coronavirus platzte im März 2020 die Tournee von „Rock Meets Classic". Doch vor dem endgültigen Aus der diesjährigen Konzertreihe war in der gut besuchten Arena in Nürnberg von alledem, außer Begeisterung über das tolle Programm, noch nichts zu spüren. Allerdings erwies sich dies nur als die Ruhe vor dem Sturm. Bereits vier Tage später halfen in Bamberg keine Präventivmaßnahmen mehr: Es folgten das Veranstaltungsverbot und daraufhin die Absage der gesamten Tour. Welch eine Katastrophe für Veranstalter, Musiker, Organisatoren und Techniker! Allein die deutsche Konzertbranche fürchtet nun dreistellige Millionenverluste und Pleiten. Aber zurück zum gelungenen Auftritt in Nürnberg: Zwar rümpfen manche Klassikliebhaber ebenso die Nase wie eingefleischte Rockfans, wenn beide Musiklager eine Liaison eingehen. „Rock Meets Classic" ist jedoch mittlerweile von einer Rock-Klassik-Verbindung zu einer Rock-Pop-Show mit Orchesterbegleitung mutiert und kommt ganz ohne echte Klassik aus, was besonders die Rockorientierten erfreut.

Jeder der Solisten bot die Highlights seiner eigenen Karriere in orchestral aufgehübschten Arrangements, meist echte Megahits, die auch zum Mitsingen und Klatschen animierten. Im Ohr hängen geblieben sind Rockhymnen wie "Dirty Love", gesungen von Danny Bowes als bestem Rockshouter des Abends, mit passenden Neon-Lettern im Hintergrund. Der Titel "Bad Company" von der gleichnamigen Band, in der Robert Hart einst Paul Rodgers ersetzte, zündete ebenso wie der Mitsing-Kracher "I Want You To Want Me" von Cheap Trick. Der scharfe Funk Metal "Baby Love" war mit raffiniert eingefädeltem, gefühlvollem Intro der absolute Kracher des gesamten Events. Unglaublich, was Joyce Kennedy – geboren 1948 in Mississippi – optisch und stimmlich immer noch zu bieten hat! Erfreulich: Keiner der Vokalisten hatte diesmal Probleme in hohen Stimmlagen, alle waren fit. Bei der Vielzahl von Mikrofonen und Kabelanschlüssen mit einer Fülle an Instrumenten kam der Mixer am großen Mischpult hin und wieder etwas ins Schleudern. Des Öfteren mussten Regler nachgezogen werden, insbesondere,

Robert Hart

Robin Zander (Cheap Trick)

Thunder

Die seltenen Momente, als das RMC Symphony Orchestra unter Leitung von Mario Gebert ohne Gesang allein instrumental musizierte, brachten dann beispielsweise ein eigenes Arrangement von Totos "Child's Anthem" hervor, aber nichts von Beethoven oder Bach. Zur Einstimmung gab es ein QueenMedley von der Mat Sinner Band mit ihren guten Gesangssolisten zusammen mit dem Orchester, das den ganzen Abend alle Rocksongs mit Streichern und Bläsern begleitete, allerdings allzu oft von der Band übertönt. Neu am Keyboard machte Lisa Müller nicht nur eine gute Figur, sondern sie überzeugte auch an den schwarz-weißen Tasten mit gekonnten Solo-Einlagen. Große Rockhymnen mit „brennenden" Alice Cooper Streicherstakkati waren bei „Rock Meets Classic" auch diesmal geboten. Das diesjährige Line-up gestaltete sich in der Reihenfolge der beiden Frontmänner von Thunder, Danny Bowes (voc) und Luke Morley (g), des aktuellen Sängers von Manfred Mann's Earth Band, Robert Hart, über den Sänger von Cheap Trick, Robin Zander, gefolgt von Joyce „Baby Jean" Kennedy von Mother's Finest bis hin zum Headliner Alice Cooper mit seinem Gitarristen Tommy Henriksen von den Hollywood Vampires im Piratenlook an seiner Seite. Seite

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als das eine oder andere Gitarrensolo in der Soundopulenz unterzugehen oder das gesamte Orchester von der Band übertönt zu werden drohte. Ohne Schlange und Guillotine gab es bis auf eine tanzende Elfe bei "Only Women Bleed" nur wenig „Nightmare" beim Headliner Alice Cooper, dem ebenso wie Kennedy seine 72 Lenze nicht anzumerken sind. Der AltSchock-Rocker ließ sich eher als „Nice Guy" bejubeln, auch wenn der Text etwas anderes meint und der "Man Behind The Mask" privat inzwischen als grund solide gilt. "Poison" zündete zum Schluss noch mal voll. Bis zum Ende des Rausschmeißers "School's Out" blieb dann Joyce Baby Jean" Kennedy in der Halle niemand mehr sitzen. Alle " Gäste des Abends gaben sich bei diesem Grande Finale als gigantische All-Star-Band unter Dauerjubel des stehenden Publikums noch einmal die Ehre. Wenige Tage später wurde klar, dass dies aufgrund der Corona-Pandemie der Abgesang von „Rock Meets Classic 2020" war. Alle Beteiligten befinden sich nun zwischen Hoffen und Bangen, wie es wohl weitergehen wird. Text & Fotos: Helmut Ölschlegel n

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JAHRESCHARTS ·AWARDS · POLLS · LISTINGS SINGLES

1980 D

US

1 Goombay Dance Band Sun Of Jamaica 2 Pink Floyd Another Brick In The Wall (Part II) 3 Lipps Inc. Funkytown 4 Oliver Onions Santa Maria 5 Earth & Fire Weekend 6 Mike Krüger Der Nippel 7 Roland Kaiser Santa Maria 8 Olivia Newton-John & ELO Xanadu 9 Garland Jeffreys Matador 10 Marti Webb Take That Look Off Your Face

UK

1 Queen Another One Bites The Dust 2 Blondie Call Me 3 Diana Ross Upside Down 4 Kenny Rogers Lady 5 Queen Crazy Little Thing Called Love 6 Barbra Streisand Woman In Love 7 Pink Floyd Another Brick In The Wall (Part II) 8 P. McCartney & Wings Coming Up (Live At Glasgow) 9 Billy Joel It's Still Rock And Roll To Me 10 Lipps Inc. Funkytown

1 Abba Super Trouper 2 Don McLean Crying 3 Barbra Streisand Woman In Love 4 The Mash Theme From Mash 5 Detroit Spinners Working My Way Back To You 6 Lipps Inc. Funkytown 7 Police Don't Stand So Close To Me 8 Kelly Marie Feels Like I'm In Love 9 David Bowie Ashes To Ashes 10 Blondie The Tide Is High

1980

ALBEN D

US #1-Alben

1 Pink Floyd The Wall 2 Peter Maffay Revanche 3 Soundtrack Xanadu 4 Orch. Anthony Ventura Die schönsten Melodien d. Welt 5 Mike Krüger Der Nippel 6 Barclay James Harvest Eyes Of The Universe 7 Hot Chocolate 20 Greatest Hits 8 Richard Clayderman Träumereien 9 Alan Parsons Project Eve 10 AC/DC Back In Black

UK

Beach Boys In Concert Donna Summer On The Radio

Bee Gees Greatest Elvis Presley Roustabout Pink Floyd The Wall

Beatles '65

Bob Seger & The Silver Bullet Band

Soundtrack MaryAgainst Poppins The Wind

Billy Joel Glass Houses Soundtrack Goldfinger Rolling Stones Emotional Rescue

Beatles VI

Jackson Browne Hold Out

Rolling Stones Out Of Our Heads

Queen The Game

Beatles Help!Barbra Streisand Guilty Soundtrack The Sound Of Music The River Bruce Springsteen

John Lennon & YokoBrass Ono Double Herb Alpert & The Tijuana Whipped Fantasy Cream & ...

1 Roxy Music Flesh + Blood 2 Rose Royce Greatest Hits 3 Barbra Streisand Guilty 4 Police Zenyatta Mondatta 5 Sky Sky 2 6 Abba Super Trouper 7 Pretenders Pretenders 8 Genesis Duke 9 Barry Manilow Manilow Magic 10 Police Reggatta De Blanc

1980 Bravo Otto Wahl – Gruppen

1 Teens 2 Abba 3 Kiss 4 AC/DC 5 Smokie 6 Dschinghis Khan 7 Electric Light Orchestra 8 Pink Floyd 9 Secret Service 10 Police

Musik Express-Poll – Sängerinnen

Pop Hammer Wahl – Sänger

1 Kate Bush 2 Nina Hagen 3 Joan Armatrading 4 Helen Schneider 5 Pat Benatar 6 Debbie Harry 7 Patti Smith 8 Siouxsie 9 Ellen Foley 10 Toyah

1 Cliff Richard 2 Peter Maffay 3 Robbie Baier 4 Brian Johnson 5 Freddie Mercury 6 Bob Marley 7 Paul McCartney 8 Rick Parfitt 9 Elvis Presley 10 Johnny Logan GoodTimes 3/2020

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3x CD High South

Peace, Love & Harmony

Einsendeschluss: 23. Juli 2020

Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt sowie in GoodTimes namentlich inkl. Ortangabe genannt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Gerichtsstand ist Stuttgart.

Viel Glück! Lösungswort Ausgabe 1/20: HARD AND HEAVY Der NikMa Verlag verarbeitet Ihre Daten zur Vertragserfüllung und Kundenbetreuung. Ihre Daten können zu den genannten Zwecken an Dienstleister weitergegeben werden. Ausführliches zum Datenschutz und zu den Informationspflichten finden Sie unter www.goodtimes-magazin.de/pages/datenschutz

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Sternenstaub, Strahlenkanonen ...

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KREUZVERHÖR Buffy Sainte-Marie

© Pressefoto

FBI & Farmen

© Pressefoto

Von Philipp Roser

Buffy Sainte-Marie, die Kanadierin indianischer Abstammung, schrieb einst Donovans Welthit "Universal Soldier", ebenso "Up Where We Belong", das Joe Cocker und Jennifer Warnes im Film Ein Offizier und Gentleman" " sangen. Sie wurde wegen ihres politischen Engagements vom FBI überwacht, war jahrelang in der TV-Serie Sesamstraße" zu erleben und veröf" fentlichte regelmäßig Alben. Bis heute ist die inzwischen 78-jährige fast nonstop on the road und auch während des Lockdowns in ihrem Domizil auf Hawaii nicht zu bremsen, wo sie für ihre Fans kleine Videos produzierte. Und zwischendurch beantwortete sie die Fragen des GoodTimesKreuzverhörs, wobei sie allerdings einige unbeantwortet ließ.

DIE ANDEREN … Beste Sänger? Aaron Neville Beste Sängerin? Aretha Franklin Beste Band? The Beatles Beste(r) Songschreiber(in)? Joni Mitchell Unterschätzteste(r) Band/Solist? – Überschätzteste(r) Band/Solist? – Beste Single? "Heartbreak Hotel" (Elvis Presley) Bestes Album? SKETCHES OF SPAIN (Miles Davis) Bester Song? "Like A Rolling Stone" (Bob Dylan) Deine Allstar-Band? –

... UND ICH Welche Coverversion möchtest du mal aufnehmen? – Welchen Song hättest du gern selbst geschrieben? – Was war das Highlight deiner Karriere? – Dein Lebensmotto? –

EINIGE W0RTE ZU ... Coronavirus: Wir sitzen alle gewissermaßen in Haft, weil wir nicht genügend aufgepasst oder unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben. Das Positive daran ist, dass wir jetzt Zeit haben, alles Mögliche voneinander zu lernen und einüben zu können, unseren Beitrag zu etwas Neuem zu leisten. Farmen: Es ist jeden Tag ein Highlight, Erzeugnisse aus meinem eigenen Garten zu essen, auch wenn es einige Anstrengung erfordert. Songwriting: Einfach, fast wie Träumen – ich liebe es. Live-Auftritte: So viel Spaß, eine echte Verbindung zu anderen Menschen. FBI: Hängt davon ab, wer gerade der Boss ist und wen der im Visier hat. Unter Edgar Hoover, Johnson und Nixon haben sie Dossiers über mich im Rahmen ihres Geheimprogramms Cointelpro geführt, obwohl ich nie das Gesetz gebrochen habe. Andererseits haben sie mir geholfen, als mich ein Stalker verfolgt und alles Mögliche mit der Post geschickt hat. Protestsongs: Zeitgenössische Künstler singen sie mehr im HipHop als in dem Bereich, den das Musikbusiness Folk genannt hat. Synthesizer: Ein weiteres Werkzeug in den Händen von Künstlern (sie war eine der ersten, die sie einst nutzte; Anm. d. Red.). Akustikgitarre: Schwierig (zu spielen), wenn in Zeiten der Isolation wie jetzt keine Maniküre zur Verfügung steht, um sich um meine Fingernägel zu kümmern. Meine sind wie Papier. Digital Art: Sie ersetzt Wasser- oder Ölfarben nicht, ebenso wenig wie digitale Musik aus dem Computer Gitarren oder Pianos ersetzen kann.

Sesamstraße": Die beste Kindersendung, die es neben " Mr. Rogers" je gab, weil sie sich wirklich an Kindern ori" entierte, für sie gemacht wurde. Da haben nicht professionelle Erwachsene versucht, Geld damit zu verdienen. Deutschland: Ich war nur ein paarmal für wenige Tage dort, bin leider nie eingeladen worden, dort zu touren. Hawaii: Meine Farm liegt irgendwo im Niemandsland – von daher ist es teuer, was Geld und Zeit angeht, in Sachen Showbiz hin und her zu reisen. Kanada/USA: Ich liebe beide, ziehe aber die Politik Kanadas vor, ebenso die Haltung und das Verhalten den indigenen Völkern gegenüber – ein multikulturelles Wunder. "Universal Soldier": Handelt von der individuellen Verantwortung für die Welt, in der wir leben. Scholarship-Foundation (die von ihr 1969 gegründete Stiftung vergibt Stipendien): Mein stolzester Tag war nicht, als ich meinen Oscar gewann, sondern der Tag, als ich erfuhr, dass zwei meiner frühen Stipendiaten Gründer oder Präsidenten von sogenannten Tribal Colleges geworden waren. Eingeborene zu sein: Bedeutet, einen unbestreitbar anderen Lebensstil zu pflegen als den der Hackordnung des feudalen Europas, dem Europäer einst zu entfliehen versuchten. Es ist aber auch eine Herausforderung, nachdem die meisten Menschen auf dieser Welt von uns als etwas Mystischem denken – und weil unsere Goodies", " also Land und Bodenschätze, ausgebeutet werden. Es ist eigentlich unmöglich, diese Frage kurz zu beantworten, weil es einerseits wunderschön ist, andererseits von Tragödien getränkt ist, in der Vergangenheit und heute gleichermaßen.

PLEASE, ANSWER THE S0NG … Why Do Fools Fall In Love? (FRANKIE LYMON, 1963) Weil die Liebes-Chemie das Gleiche im Hirn anrichtet wie Heroin – allerdings ist sie sicher und legal. Liebesabhängigkeit ist die beste Droge überhaupt, auch wenn Rückzug die Hölle bedeuten kann. Where Have All The Good Times Gone? (KINKS, 1965) Sie sind genau hier – immer! What Are You Doing Sunday? (DAWN, 1971) Da steht eine Zoom-Videokonferenz über HipHop-Tanz und darüber, wie man im Showbusiness klarkommt, auf dem Programm – da sind dann acht indigene Highschools vernetzt. Who's Gonna Rock You? (THE NOLANS, 1980) Shirley & Lee mit "Come On Baby Let the Good Times Roll" sowie Johnny Fullers "Sister Jenny". Why Believe In You? (TEXAS, 1991) Ich kann mir ja selbst nicht helfen!


© Ronja Hartmann

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... ZUGUTERLETZT

Einstürzende Neubauten

Vanja Sky

Die Happy

Bargeld lacht!

Keine alten Zöpfe mehr

Rockin' Mama

Die Einstürzenden Neubauten begannen 1980 als Formation, die den Suizid lebte. Diese unglaubliche Aggressivität im Ausdruck, verbunden mit einer mörderischen Selbstzerstörungswut. Selbst wenn Kunstbeflissene die Mitstreiter seit längerem zur „Hochkultur" rechnen, hat sich doch an der Grundeinstellung dieser Formation nie etwas geändert: Musikalisch stets das Jetzt zu geben, in unterschiedlichsten Ausdrucksformen, ohne Rücksicht auf Verluste. Nichts wird für die Unendlichkeit geschaffen, alles ist dem Moment gewidmet. Und macht diese Kunst gerade deshalb unsterblich. Gitarrist Alex Hacke definierte das Besondere an dem „Neubauten-Projekt" bereits 2007 wie folgt: „Für mich ist es reizvoll, dass wir immer wieder Regeln im Kollektiv erfinden, um diese dann spontan zu brechen. Das Improvisieren ist für mich die größte Herausforderung des kreativen Musikers. An dieser Einschätzung wird sich für mich nie etwas ändern." Und Hacke fügte hinzu: „Mit der Einschätzung, für ‚Hochkultur' zu stehen, hatten wir keine Sekunde lang ein Problem. Denn die Neubauten mögen etabliert sein, doch angepasst waren wir deshalb nie. Wir selbst sehen uns als Entertainer der etwas anderen Art und als Forschungsarbeiter in Sachen Klang. Wir bewegen uns dabei auf einem sehr individuellen, beinahe autistischen Pfad." Gerade eben ist ALLES IN ALLEM erschienen, das erste Werk des Quintetts seit zwölf Jahren. Es hat eine für Neubauten-Verhältnisse äußerst krach-arme, geradezu intime Instrumentierung, erinnert an Element Of Crime, Rio Reiser oder Brecht/Weill-Kooperationen. Will heißen: Dieser Sound ist nicht weniger intensiv als derjenige etwa in den 80ern. Aber während die Gruppe früher akustisch explodierte, ist sie heute der Inbegriff von Implosion. Beides beansprucht die Emotionswelt des Hörers aufs Äußerste. Beides hinterlässt tiefe Spuren, ist von außergewöhnlicher Originalität. Blixa Bargeld, Sänger, Texter und Aushängeschild der Berliner Ausnahmetruppe, ist sich des 40-jährigen Bestehens der Gruppe durchaus bewusst, wie er im via Skype geführten Interview zugibt: „Es spielt aber keine große Rolle für uns", behauptet er stoisch. „Ich fühle mich durch dieses Jubiläum höchstens etwas älter", bekräftigt der 61-Jährige und lacht bei diesen Worten beinahe. „Aber ich habe überlebt. Und bin verdammt stolz auf unsere neue Arbeit. Es geht weiter." mfg

ie langen blonden Rastazöpfe sind ab, die schwarze Kurzhaarfrisur sei pflegeleichter und passe auch besser zu ihren Bühnenshows, meint Vanja Sky (26). Die aus Kroatien stammende, mittlerweile in Hamburg lebende Blues-Rockerin hat gerade mit WOMAN NAMED TROUBLE ihr zweites Album vorgelegt, auf dem sie noch vielseitiger tönt als bei ihrem 2018 erschienenen Debüt BAD PENNY.

igentlich waren Die Happy tot. Aus dem Grund, dass neues Leben entstanden ist. Doch dieses Paradox erklärt am besten Marta Jandová, Frontfrau der 1993 ins Leben gerufenen Ulmer Crossover-Rock-Formation Die Happy. Die 46-jährige Power-Sängerin mit tschechischen Wurzeln erzählt: „Vor sechs Jahren wurde ich Mutter. Welch entscheidender Moment in meinem Leben! Mein Mann, ein tschechischer Gynäkologe, bat mich, für unser Kind zumindest eine Zeitlang meine Karriere als Rockmusikerin auf Eis zu legen. Was ich liebend gern getan habe. Stillen statt röhren, Schlaflieder singen statt Rock-Hymnen, so war mein Leben einige Zeit lang. Was ich genossen habe." Mit den Die-Happy-Bandmitgliedern stand Marta all die Jahre sporadisch im Kontakt. Bis es 2018 eine große Krise gab, es sehr danach aussah, dass die Gruppe endgültig gestorben ist. „Und eines Tages geschah ein Wunder, alle vier von der Gruppe hatten von null auf hundert riesig Lust, eine Platte aufzunehmen", schwärmt Jandová bis heute. „Jeder von uns hatte Ideen für neue Songs. Das Ganze war wie eine gewaltige Reinkarnation." Tatsächlich klingt GUESS WHAT, die neunte Studioplatte des Quintetts, als wären die vier Männer plus ihre Frontfrau in einen Jungbrunnen gepurzelt. Und vollkommen revitalisiert daraus hervorgegangen. „Unseren endgültigen Durchbruch", erinnert sich Marta, „hatten wir mit unserer vierten Platte, SUPERSONIC SPEED, von 2001. Wohl deshalb, weil wir damals auf dem Höhepunkt unseres Schaffens standen. Wir waren die personifizierte Power, irgendwo zwischen Punk, Metal, Rock und Pop. An dieses Werk konnten wir energietechnisch nie wieder anknüpfen. Bis jetzt! GUESS WHAT ist der legitime Nachfolger dieses Inbegriffs von Power." Traurig sind Marta und ihre Bandkollegen im Moment nur deshalb, weil der Fünfer seine bekannten Live-Qualitäten nicht ausspielen können, CoronaVirus sei Undank, „Wir alle sind total heiß auf Gigs", seufzt Jandová hörbar ins Telefon. Unsere mächtige Live-Präsenz hat diese Gruppe schließlich seit jeher ausgemacht. Die Happy-Kompositionen komplett verstehen kann man nur, wenn man uns auf der Bühne schwitzen sieht. Bleibt nur zu hoffen, dass sich dieses Virus bald verzieht, damit das Rock & Roll-Leben zurückkehren darf." mfg

D

Neben acht eigenen Songs, die du mit deinem Gitarristen Robert Wendt geschrieben hast, sind drei Coverversionen zu hören, von deinen großen Vorbildern Rory Gallagher und Luther Allison sowie "Oh Well" von Fleetwood Mac – warum gerade diese Nummer? Es macht so viel Spaß, "Oh Well" live zu spielen, da geht einfach die Post ab. Ähnliches gilt für Rorys "Shadow Play" – er ist mein großes Vorbild, und ich habe mir geschworen, dass es auf jedem meiner Alben eine Gallagher-Nummer geben wird. WOMAN NAMED TROUBLE besticht auch durch seine stilistische Vielfalt – ein sicher gewollter Effekt? Ja, natürlich. Ich mag dieses Schubladendenken nicht, halte nichts von stilistischer Engstirnigkeit. Ja, es ist wirklich ein bunter Mix verschiedenster Genres auf diesem Album, zu dem auch mein Gitarrist Robert Wendt einen wichtigen Beitrag geleistet hat: Als alter Southern-Rock-Liebhaber hat er zum Blues und Rock eben diese Southern-Stimmung eingebracht. Aber ich selbst mag eben auch die Rolling Stones und AC/ DC – schau mal, die haben in ihrem Riff-Rock auch einiges an unterschwelligem Blues. Wie gesagt, ich mag es nicht, allzu eingleisig unterwegs zu sein. Stimmt es, dass du erst mit 19 Jahren begonnen hast, Gitarre zu spielen? Ja, ich war 19, als ich zum ersten Mal zu einer Gitarre gegriffen habe – und dann habe ich fleißig geübt. Was hat dich dann zum Blues hingezogen? Irgendein Gefühl in meinem Inneren, das ich gar nicht näher beschreiben kann. Davor hatte mich nie etwas so sehr angesprochen, geradezu gepackt. Es war einfach ein ganz besonderes Feeling, das mich seither nicht mehr losgelassen hat. Und ich hatte großartige Lehrer wie Mike Zito und Bernard Allison, mit denen ich länger auf Tour war und die mir viele Tipps gegeben haben – sie sind so etwas wie meine Mentoren. pro

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erscheint am 24. Juli 2020

GoodTimes 3/2020

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Music from the 60s to the 80s



REPERTOIRE PRESENTS

COLOSSEUM LIVE COLOSSEUM

Live At The Boston Tea Party 1969 Butty’s Blues The Machine Demands A Sacrifice 03 The Valentyne Suite January’s Search February’s Valentyne Beware The Ides Of March 01 02

REPUK1390

Live At Montreux International Jazz Festival 1969 January’s Search February’s Valentyne 03 Beware The Ides Of March 04 Mandarin 05 Butty’s Blues 06 The Time Machine 01 02

REPUK1389

Live At Ruisrock Festival, Turku, Finland 1970 Rope Ladder To The Moon The Machine Demands A Sacrifice/Drum solo 03 Downhill And Shadows 04 Lost Angeles 05 Walking In The Park 01 02

REPUK1391

COLOSSEUM

Live At The Piper Club, Rome, Italy 1971

Live At The Piper Club, Rome, Italy 1971

With the Live album in the charts, the band returned for another Italian tour. The already enthusiastic Piper Club audience went nuts when the incorrigible Chris Farlowe launched into an ad-lib of Jimmie Davis’ ‘You Are My Sunshine’.

Rope Ladder To The Moon Skellington 03 Tanglewood ’63 04 The Time Machine 01 02

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