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COVID-19 Diagnostik mit KI
Prof. Dr. Vandenbroucke, Radiologe an der UZ Brüssel, Belgien
COVID-19 KI Bildverarbeitung und CT in einer postkritischen COVID-19-Phase – von der Risikobewertung bis zur Biovigilanz
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Obwohl die endemische Phase der COVID19-Pandemie in Europa bereits andauert, bleiben ihre Auswirkungen auf die Gesundheitssysteme und die Gesellschaft insgesamt erheblich. Bis heute hat COVID-19 weltweit über 400.000 Todesfälle verursacht, fast die Hälfte davon in Europa. In Ermangelung eines Impfstoffs besteht das Hauptziel heute darin, SARS-CoV-2- Coronavirus-Infektionen frühzeitig zu erkennen und den Behandlungspfad für COVID-19-positive Fälle zu optimieren.
Icolung, eine CE-gekennzeichnete und von der FDA zugelassene KI-basierte Medizinproduktesoftware, unterstützt die Diagnose und Prognose von Patienten mit Verdacht auf COVID-19. Unter der Verwendung von CT Thorax-Untersuchungen und den klinischen Informationen kann icolung Radiologen, Pulmologen und Intensivmediziner bei der Patientenversorgung unterstützen, indem es Erkenntnisse liefert, die von einer großen Population behandelter COVID-19-Patienten gewonnen wurden.
RT-PCR bei COVID-19
COVID-19 wird in der Regel mit einem Echtzeit-Test der reversen Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) diagnostiziert. Mehrere Studien deuten darauf hin, dass RT-PCR eine relativ geringe Sensitivität aufweist, so dass wiederholte Tests erforderlich sind, um das Virus sicher auszuschließen. Darüber hinaus können RT-PCR-Tests mehrere Stunden dauern, während die Ergebnisse der Computertomographie (CT)
meist sofort bekannt sind. Neuere Arbeiten 1 stützen die Auffassung, dass die CT-Bildgebung sensitiver für das Virus ist als der bestätigende RT-PCR-Test, was durch eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse 2 bestätigt wurde. Daher ist eine Verbesserung des COVID-19-Diagnoseweges durch die Kombination der CT-Bildanalyse mit anderen diagnostischen Testverfahren nicht nur machbar, sondern wird auch das COVID19-Management verbessern 3 .
CXR und CT bei COVID-19
Thorax-Röntgenaufnahmen (CXR) sind der weltweit am häufigsten eingesetzte bildgebende Test, der in fast allen klinischen Bereichen genutzt wird, von der Notaufnahme über die Intensivstation bis hin zum Screening. Obwohl die CXR die am häufigsten verwendete bildgebende Methode ist, liefert sie deutlich weniger Informationen als die Thorax-CT, die heute als Goldstandard für die Diagnose von Lungenkrankheiten anerkannt ist. Die Thorax-CT bietet eine bessere räumliche Auflösung und ermöglicht verbesserte Diagnoseund Prognosefähigkeiten. Während der COVID-19-Pandemie wurde die CT in allen europäischen Ländern unregelmäßig eingesetzt. Dies ist hauptsächlich auf die unterschiedliche Verfügbarkeit von CT-Scannern zurückzuführen, da zu Beginn der Pandemie viele Patienten in Notaufnahmen eingeliefert wurden. Dennoch empfiehlt die European Society of Thoracic Imaging (ESTI) 4 die CT als den bildgebenden Test der Wahl bei der Präsentation, um sowohl die Diagnose zu erleichtern als auch den Schweregrad der Erkrankung bei Patienten mit Verdacht auf COVID-19 zu beurteilen.
Die CT-Bildgebung wurde während der aktuellen COVID-19-Pandemie für eine Vielzahl von Aufgaben eingesetzt. Zu diesen Aufgaben gehören die Triage symptomatischer Patienten durch Identifizierung von CT-Mustern, die Überwachung des Krankheitsverlaufs durch Beurteilung des Grades der Lungenbeteiligung und das Screening asymptomatischer Patienten in Regionen mit hoher COVID-19-Prävalenz.
Da die Zahl der vorgestellten Patienten zurückgegangen ist und die bildgebenden Abteilungen mit den Anforderungen der Infektionskontrolle für das Scannen von Patienten mit Verdacht auf COVID-19 besser vertraut sind, ist es möglich geworden, einen zuverlässigeren CT-Dienst anzubieten. Darüber hinaus wird sich der Einsatz von CT wahrscheinlich ändern. Da die diagnostischen Möglichkeiten des CT besser verstanden werden, werden die CT-bezogenen KI-Algorithmen zuverlässiger, klinischer einsetzbarer und leichter verfügbar.
KI in COVID-19: von der Risikobewertung zur Biovigilanz
Radiologische Anwendungen von KI-basierten Technologien sind zahlreich und expandieren. Diese Anwendungen zielen darauf ab, Aufgaben zu automatisieren und zu rationalisieren, um die Effizienz, Genauigkeit und Konsistenz zu verbessern. Das Konzept der Merkmalsextraktion wird verwendet, um bestimmte Muster zu erkennen, um Klinikern zu helfen, bestimmte Krankheiten zu identifizieren oder die Krankheit zu quantifizieren.

Der Unterschied zwischen 25 und 30 Prozent Lungenbeteiligung ist visuell kaum zu beurteilen, kann jedoch einen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisvorhersage und den Behandlungsweg von Patienten haben.
Die icolung-Software für Thorax-CT läuft im Hintergrund, zwischen der Bildaufnahme und der radiologischen Befundung, und unterstützt den Radiologen bei der Quantifizierung der Lungenbeteiligung, die möglicherweise durch COVID-19 verursacht wird. Die Lungenbeteiligung wird als Prozentsatz pro Lungenlappen und für die gesamte Lunge ausgedrückt. Darüber hinaus werden COVID-19-assoziierte Anomalien als Ground-Glass Opzitäten, Verdichtungen (Konsolidierungen) oder Crazy Paving Patterns klassifiziert. Diese drei Typen sind die häufigsten Befunde bei COVID-19-Patienten 5 .
Die Fähigkeit, die Lungenbeteiligung auf automatisierte quantitative Weise zu beurteilen, verbessert die radiologische Befundung, diese ist genauer und reproduzierbarer als die visuelle Analyse, die der derzeitige Behandlungsstandard ist. Darüber hinaus reduziert die quantitative Analyse, welche zwischen der Erfassung des Scans und dem befunden der Untersuchung durchgeführt wird, die Befundungszeit.
Bei den COVID-19-Patienten zeigen etwa 80 Prozent Symptome einer leichten Erkrankung und ihre Symptome verschwinden in der Regel innerhalb von zwei Wochen („Report of the WHO-China Joint Mission on Coronavirus Disease 2019 (COVID-19)“ 6 . Etwa 20 Prozent der Patienten können jedoch schwerere Symptome entwickeln, die einen Krankenhausaufenthalt und verstärkte medizinische Unterstützung erforderlich machen. Die Sterblichkeitsrate für diese Patientengruppe liegt bei etwa 13,4 Prozent. Daher bleibt die Risikobewertung von Patienten, vorzugsweise auf quantitative, nicht subjektive Weise, für die Patientenversorgung und die Zuweisung medizinischer Ressourcen äußerst wichtig.
Die Erkennung und Klassifizierung von Mustern, wie sie zum Beispiel in icolung enthalten sind, kann dazu beitragen, COVID-19-Patienten von Patienten mit ähnlichen Erkrankungen, wie sie im CT beobachtet werden, wie zum Beispiel Influenza, Parainfluenza, respiratorische Syncytialvirusinfektionen, zu unterscheiden. Dies ist entscheidend für eine mögliche zweite SARS-CoV-2-Welle, die voraussichtlich mit der jährlichen Grippesaison zusammenfallen wird. Um eine sinnvolle Wirkung in der klinischen Praxis zu erzielen, müssen solche Algorithmen auf alle routinemäßigen Thorax-CTs angewendet werden und bei Patienten mit Komorbiditäten gut funktionieren. In der gegenwärtigen post-kritischen Phase der Pandemie, in der die Krankenhäuser ihre routinemäßigen Gesundheitsdienste wieder aufnehmen, treten zufällige COVID-19-Befunde bei Patienten auf, bei denen eine CT-Untersuchung Teil der Aufarbeitung ist. Es ist von äußerster Wichtigkeit, dass die Gesundheitssysteme ausreichende Sicherheitsnetze aufbauen, die es ermöglichen, solche Patienten zu erkennen, geeignete Quarantänemaßnahmen zu ergreifen und die weitere Kontamination zu reduzieren, was auf das Potenzial von Software wie icolung als Biovigilanz-Tool hinweist. Es wird erwartet, dass die Fähigkeit der Radiologen, COVID-19 auf CT-Scans zu identifizieren, zusammen mit der Prävalenz von COVID-19-Patienten abnehmen wird, da sie mit der COVID-19-spezifischen Darstellung auf dem Thorax-CT weniger vertraut sind. Hilfsmittel wie icolung haben das Potenzial, eine solche erwartete Reduktion abzufedern und die Sensitivität der radiologischen CT-Analyse auf höchstem Niveau zu halten.
Sicherung der Sicherheitsnetze im Gesundheitswesen
Die Verschiebung zu einer post-endemischen Phase in Europa unterstreicht die Notwendigkeit von KI-basierten Anwendungen wie icolung. Angesichts der abnehmenden Prävalenz und der Tatsache, dass Radiologen mit der Darstellung von COVID-19 auf dem Thorax-CT möglicherweise weniger vertraut sind, können Hilfsmittel wie icolung die Sensitivität aufrechterhalten und die Genauigkeit und Konsistenz der radiologischen CT-Analyse gewährleisten. Dies wird entscheidend dafür sein, die Gesundheitssysteme beim Aufbau ausreichender Sicherheitsnetze zu unterstützen, um eine mögliche zweite SARS-CoV-2-Welle zu verhindern und zu kontrollieren. icolung ist die erste CE-gekennzeichnete KI-Lösung für CT, die aus einer multinationalen Zusammenarbeit als Reaktion auf die COVID-Krise hervorgegangen ist. icolung wurde von icometrix, einem belgischen Unternehmen, entwickelt, das im Kampf gegen COVID-19 seine KI-Expertise nutzte und seinen Fokus von der Hirn- auf die Lungenquantifizierung verlagerte. Infolgedessen bietet icometrix icolung gegenwärtig pro bono an.
https://icometrix.com
LITERATURHINWEISE
1 Kanne, Jeffrey P., Brent P. Little, Jonathan H. Chung, Brett M. Elicker, and Loren H. Ketai. 2020. “Essentials for Radiologists on COVID-19: An Update-Radiology Scientific Expert Panel.” Radiology, February, 200527.
2 Kim, Hyungjin, Hyunsook Hong, and Soon Ho Yoon. 2020. “Diagnostic Performance of CT and Reverse Transcriptase-Polymerase Chain Reaction for Coronavirus Disease 2019: A Meta-Analysis.” Radiology, April, 201343.
3 Lee, Elaine Y. P., Ming-Yen Ng, and Pek-Lan Khong. 2020. „COVID-19 Pneumonia: What Has CT Taught Us?” The Lancet Infectious Diseases 20 (4): 384–85.
4 Revel, Marie-Pierre, Anagha P. Parkar, Helmut Prosch, Mario Silva, Nicola Sverzellati, Fergus Gleeson, Adrian Brady, and European Society of Radiology (ESR) and the European Society of Thoracic Imaging (ESTI). 2020. “COVID-19 Patients and the Radiology Department – Advice from the European Society of Radiology (ESR) and the European Society of Thoracic Imaging (ESTI).” European Radiology, April. https://doi.org/10.1007/ s00330-020-06865-y.
5 Bernheim, Adam, Xueyan Mei, Mingqian Huang, Yang Yang, Zahi A. Fayad, Ning Zhang, Kaiyue Diao, et al. 2020. “Chest CT Findings in Coronavirus Disease-19 (COVID-19): Relationship to Duration of Infection.” Radiology 295 (3): 200463. Shi, Heshui, Xiaoyu Han, Nanchuan Jiang, Yukun Cao, Osamah Alwalid, Jin Gu, Yanqing Fan, and Chuansheng Zheng. 2020. “Radiological Findings from 81 Patients with COVID-19 Pneumonia in Wuhan, China: A Descriptive Study.” The Lancet Infectious Diseases 20 (4): 425–34. 6 “Report of the WHO-China Joint Mission on Coronavirus Disease 2019 (COVID-19).” n.d. Accessed June 10, 2020. https://www.who.int/publications/i/item/report-of-the-whochina-joint-mission-on-coronavirus-disease-2019-(covid-19).