GG Magazine 04/16 Hamburg

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HAMBURG CULTURE

Auf den Austausch kommt es an Die Galerie „Affenfaust“, die ihre Kunst in einem ehemaligen Supermarkt auf St. Pauli zeigt, setzt auf das Zusammenbringen von Künstlern, Sammlern und Galeristen. Berührungsängste kennen die vier Betreiber nicht, vielmehr wünschen sie sich rege Kommunikation in der Hamburger Kunstszene. und Lycien-David Cséry betreiben Sie die „Affenfaust“. Wofür steht Ihre 2012 gegründete Galerie? Wir stehen für junge, urbane Kunst al-

ler Art. Dabei arbeiten wir mit lokalen und internationalen Künstlern zusammen, darunter Elmar Lause, Doppeldenk, Björn Holzweg und Fabian Wolf. Neben unserem eigenen Ausstellungsraum in der Paul-Roosen-Straße nutzen wir auch öffentliche Plätze oder stillgelegte Industriebauten, um Kunst mal in einem anderen Umfeld zu zeigen. Ist es wichtig, Kunst in unterschiedlichen Kontexten zu erfahren? Viele Menschen haben Berührungsängs-

te in Sachen Kunst. Es gibt da eine gewisse Hemmschwelle in eine Galerie zu gehen, vor allem, wenn sie einen eher musealen Charakter hat oder allzu cool wirkt. Natürlich darf man auch bei uns die Kunst nicht anfassen, aber die Stimmung hier auf St. Pauli, in einem ehemaligen Supermarkt, ist schon eine andere. Bei uns schauen schon extrem viele junge Leute rein – auch, weil wir junge Kunst ausstellen. Wichtig ist es, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Das gelingt ebenfalls ganz gut bei dem jährlichen Kunstfestival „Knotenpunkt“, das wir im Kolbenhof veranstalten. Sie bringen aber nicht nur Kunstinteressierte, sondern sogar die Hamburger Galerien zusammen. Welches Ziel verfolgen Sie damit? Im Sommer

hatten wir bei uns die Ausstellung „142 Jahre Kunst in Hamburg“. Wir haben dafür zusammen mit elf weiteren Hamburger Galerien eine Gruppenausstellung kuratiert. Die 142 Jahre standen dabei für das Bestehen der teilnehmenden Galerien. Ein Jahr zuvor hatten wir sechs Galerien, und der Titel lautete „60 Jahre Kunst in Hamburg“. Für das kommende Jahr planen wir erneut so eine Schau, auch wenn wir noch nicht wissen, wie viele Teilnehmer wir haben werden. Der Grundgedanke dabei ist, die Hamburger Galerienszene zusammenzubringen, den Austausch zwischen Künstlern, Galeristen und Sammlern anzuregen. Das funktioniert auch sehr gut, denn alle können frei arbeiten und auf der ihnen zur Verfügung stehenden Fläche einen Künstler oder auch einen Querschnitt ihrer Künstler zeigen. Es geht

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natürlich auch um den Verkauf, aber vor allem darum, eine gute, runde Ausstellung zusammenzubekommen. Und wir Galeristen lernen uns über diese Projekte kennen und schätzen. Die Offenheit

erscheint in dieser Szene eher ungewöhnlich, oder? Ach, ich weiß nicht.

Wir als „Affenfaust“-Galeristen wollen einfach keine Ellenbogenmentalität. Daher die Überlegung, was wir mit unserem riesigen Raum mit einer Größe von rund 1.000 Quadratmetern machen können. Das einzige Event in Hamburg, das sonst noch Galerien zusammenbringt, ist die „Affordable Art Fair“. Aber da geht es um einen anderen Fokus. Wir setzen mehr auf Ausstellung als auf Verkauf, der Austausch ist hier ruhiger. Bei dem Thema Kunst in Deutschland ist oft nur von Berlin die Rede. Wie beur-

Der Hamburg-Berlin-Vergleich ist so eine Sache. Mir persönlich wäre die Hauptstadt zu groß. Natürlich geht es dort internationaler zu, aber dafür meckern alle, sie würden nichts verkaufen. Hamburg ist im Vergleich dazu ein Dorf. Aber das hat auch seine Vorteile. Weil man sich kennt, ist vieles einfacher. Jede Stadt hat ihre Künstler, und in Hamburg haben in den vergangenen Jahren viele neue Galerien eröffnet, das ist doch ein gutes Zeichen. Aber wir können hier vor Ort meiner Meinung nach noch einige weitere Galerien vertragen, wir haben da überhaupt keinen Konkurrenzgedanken. teilen Sie den Standort Hamburg?

Wie finden Sie die Künstler, die Sie dann in Ihrer Galerie vertreten?

Das ist ganz unterschiedlich. Elmar Lause zum Beispiel habe ich in der „Galerie auf Halb Acht“ gesehen. Aber wir bekommen auch Tipps von Künstlern oder Freunden, wir informieren uns im Internet und gehen selbst auf Ausstellungen. Gerade beim „Knotenpunkt“-Festival finden wir viele Künstler. Wie eng man dann zusammenarbeitet, was wir als Galeristen investieren, hängt auch vom Vertrag ab. Wichtig ist uns vor allem, den Künstler nicht in seinem Werdegang zu beschneiden.

INTERVIEW: UTA ABENDROTH; DOPPELDENK „CAN“, ALUMINIUM BOX, NEON LICHT, 2016; MEHR INFORMATIONEN UNTER WWW.AFFENFAUST.COM

Marcus Schild, gemeinsam mit Robert Neuendorf, Frederik Schäfer


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