VORWORT Liebe Leser*innen, mit der Unterstützung der Broschüre »Was ist mit dem Stoff passiert? Über die Apoldaer Strick- und Textilindustrie und ihren Wandel« setzen wir als Thüringer Rosa-Luxemburg-Stiftung unsere Auseinandersetzung mit der Treuhandpolitik fort. Die Broschüre kombiniert Informationen zur Apoldaer Textilgeschichte mit Interviews und einer Darstellung der Treuhandpolitik in der Region. Unser Dank für die Recher che und die Interviewführung wie Transkription geht an die Autor*innen Julian P. J. Degen, Lena Saniye Güngör, Helen Alexandra Kramer und Kevin Reichenbach. Sie haben uns ermöglicht, unsere Auseinandersetzung mit der Treuhandpolitik fortzusetzen und heben diese Arbeit auf eine neue Stufe. Bereits seit der Gründung der Rosa-Luxemburg-Stiftung und auch dem Vorgänger unserer Landesstiftung Thüringen, dem Jenaer Forum für Bildung und Wissenschaft e.V., haben sich die verschiedenen Ebenen der Stiftung immer wieder (selbst-)kritisch mit dem Ende der DDR und der folgenden Transformation der ostdeutschen Gesellschaft auseinandergesetzt. Die Treuhandpolitik war natürlich ein wesentlicher Bestandteil davon und in der Entstehungsphase der Stiftung in den 1990er-Jahren tagesaktuell. A llerdings erlahmte das öffentliche Interesse in den 2000ern. Im politischen Diskurs wurde die Treuhand als ein abgeschlossenes Kapitel betrachtet und zu den – verschlossenen – »Akten gelegt«. Seit einigen Jahren ist dies deutlich anders! Spätestens mit der medialen und kulturellen Begleitung von 30 Jahren deutsche Einheit 2019 änderte sich dies. Zahlreiche wissenschaftliche Studien, journalistische Arbeiten wie politisch-kulturelle Projekte wie Auf bruch Ost rund um das Thema Ostidentität blühen auf. Akten werden zugänglicher und der Ruf nach Untersuchungsausschüssen bzw. Aufarbeitung wird lauter. In der Folge rückte in Ostdeutschland für Viele die Aufarbeitung der Treuhandpolitik ins Zentrum. Neben dem Begriff der #Baseballschlägerjahre für einen biographischen Abschnitt in den 1990er-Jahren kam es so vermehrt zu einer Auseinandersetzung mit der jüngeren Zeitgeschichte. Mit der Netflix-Doku mentation zur Ermordung Detlef Karsten Rohwedders wurde die Treuhand politik sogar in 2020 für kurze Zeit zum Medienphänomen und eröffnete für viele Jüngere einen Zugang zur Debatte. Die Aufarbeitung der Treuhandpolitik ist heute für viele Ostdeutsche wie Wissenschaftler*innen zentraler Schlüssel zur Herausbildung von 7