Gendia Ausgabe 1'14 = April 2014

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Dr. med. Karl-Heinz Müller:

Der alte Mensch Wir werden immer älter. Der Anteil der über 60-jährigen wird von 2005 mit ca. 25 % bis zum Jahr 2030 auf 38 % – bezogen auf die Gesamtbevölkerung – in unserem Land zunehmen. Da bleibt es nicht aus, dass immer mehr alte Menschen auch im Krankenhaus aufgenommen werden. tome zurück, sofern diese zentrale Funktionsstörung nicht zu strukturellen Läsionen im Gehirn geführt haben. Unterschieden werden muss dieser akute Verwirrtheitszustand von einer Demenz. Das ist nicht immer ganz einfach, da 22 – 89 % der stationär aufgenommenen Dementen zusätzlich auch ein Delirium haben. Jedes Delirium (akuter Verwirrheitszustand) erhöht die Sterblichkeit während oder nach einem Krankenhausaufenthalt. Es ist nicht verwunderlich, wenn ältere Menschen bei Aufnahme im Dr. med. Karl-Heinz Müller, Chefarzt Zentrum für Geriatrie und Rehabilitation Enzkreis-Kliniken Mühlacker.

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Diese Erfahrung kann für diese alten Menschen sehr belastend sein. So ist es nicht verwunderlich, dass oftmals akute Verwirrtheitszustände auftreten. Bereits bei Aufnahme ins Krankenhaus ist bei den über 65Jährigen ein akuter Verwirrtheitszustand (im Fachausdruck: Delirium) vorhanden. Während des stationären Aufenthaltes entwickeln 6 – 56% ein Delirium. Nach Operationen tritt solch ein Zustand bei Älteren in 15 – 53 % auf, auf einer Intensivstation haben sogar 70 – 87 % ein Delirium. Bis zu 83 % aller Menschen müssen solch einen Zustand im Sterben durchmachen. Die Symptome solch eines Deliriums sind Bewusstseinsstörungen, Veränderung kognitiver Funktionen mit akutem Beginn und Fluktuieren der Symptomatik. Störungen des SchlafWach-Rhythmuses gehören in 90 % zu den auffallendsten Symptomen. In der Regel bilden sich diese Symp-

sichter, sie befinden sich in fremden Räumen, die auch noch oft gewechselt werden, hören unbekannte Geräusche, müssen über sich verschiedene diagnostische Prozeduren ergehen lassen, erhalten Medikamente, die zusätzlich die Hirnfunktion beeinträchtigen und werden möglicherweise auch noch operiert und narkotisiert. Die Folge: die Patienten verlieren ihre Orientierung, wissen nicht mehr, wo sie sind, entwickeln Halluzinationen und werden unruhig. Der Schlaf-Wach-Rhythmus wird gestört. Deshalb wird in den Enzkreis-Kliniken zur Zeit ein Konzept entwickelt, welches eine Verminderung von akuten Verwirrtheitszuständen bei älteren Patienten zum Ziel hat. Bereits bei der Aufnahme werden die Patienten mit erhöhtem Risiko für ein Delir durch ein geriatrisches Screening erfasst. Dazu wird die aktuelle kognitive Situation berücksichtigt, eine Medikamentenanam-

Altersstruktur der Krankenhauspatienten und -patientinnen 2003 (einschl. Sterbe- und Stundenfälle) – altersspezifische Rate je 100.000 Einwohner. Quelle: Krankenhausstatistik, Diagnosedaten (Statistisches Bundesamt IS-GBE)

Krankenhaus ein Delir entwickeln. Dann ist da auch noch die Sorge, was werden wird, vielleicht auch noch der Schreck nach einem häuslichen Sturz. Es ist alles neu für sie, sie sehen eine Menge neuer Ge-

nese erhoben (Medikamente können auch Auslöser für ein Delir sein), und der Bedarf an persönlicher Betreuung ermittelt. Dies soll durch Altenpflegerinnen oder besonders für alte Menschen geschulte Pflegeper-


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