Sammler journal 1213

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12.11.2013

16:30 Uhr

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Zwischen 1899 bis 1900 arbeitet Schmuz-Baudiß dann in der Porzellanfabrik Theodor Swaine & Co. im thüringischen Hüttensteinach, wo er erstmals Erfahrungen in der Porzellanherstellung und Serienproduktion machen kann. Es entstehen Vasen, Teller und Schalen, die er mit Unterglasurmalerei oder mit plastischen Dekoren versieht. Sein Tafelservice „Pensée", das damals entsteht, wird auf der Pariser Weltausstellung 1900 gezeigt und beschert Schmuz-Baudiß eine Silbermedaille und den Durchbruch als Porzellankünstler. Das dürfte auch den Ausschlag für die Berufung an die Königliche Porzellanmanufaktur nach Berlin gegeben haben, mit der er am 21. Dezember 1901 einen Arbeitsvertrag abschließt. Die KPM war damals zwar technisch fortschrittlich, künstlerisch jedoch noch rückwärts gewandt und spiegelte den historistischen Kunstgeschmack des wilhelminischen Kaiserreichs wider. Noch auf der Pariser Weltausstellung von 1900 hatte die Präsentation der KPM herbe Kritik hervorgerufen: Historistische Modelle hatten überwogen, während die wenigen Jugendstilporzellane kaum wahrgenommen wurden.

MODERNISIERUNG In den modernen Schmuz-Baudiß setzte man nun große Hoffnungen, die dieser auch erfüllte – mit ihm beginnt die umfassende Modernisierung der Produktpalette: Zunächst stellt er ab 1902 die Unterglasurabteilung der KPM neu auf, womit er auf aktuelle Impulse aus Skandinavien reagiert. Ab 1908, als künstlerischer Direktor, setzt er den Schwerpunkt auf die Erneuerung der Dekore und ermutigt Entwerfer wie Adolf Flad, Willy Stanke und Franz Türcke, völlig neue Wege einzuschlagen und unvergleichbare Dekormalerei zu entwickeln, wie sie keine andere der großen europäischen Porzellanmanufakturen zu diesem Zeitpunkt her-

vorbringt. Einen Eindruck vom Entstehungsprozess vermitteln die aus dem KPM-Archiv der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten BerlinBrandenburg entliehenen Entwurfszeichnungen. Auch die Sparte der figürlichen Porzellane wird in der Ära Schmuz-Baudiß modernisiert: Hermann Hubatsch, Joseph Wackerle, Rudolf Marcuse und Paul Schley schaffen Figuren zu aktuellen Themen wie Mode, Sport, Tanz und Bühne. Von Anton Puchegger stammt eine Reihe markanter Tierfiguren.

MODERNE KPM-PORZELLANE Theo Schmuz-Baudiß entwirft selber mehr als 230 Formen, meist mit dem passenden Dekor. Die technischen Möglichkeiten bei der KPM ermöglichen es dem Künstler, seine Vorstellungen entsprechend umzusetzen. Entwürfe wie die Vase mit Grunewaldlandschaft von 1903 veranschaulichen, wie er sich der neuen Möglichkeiten bedient und virtuose moderne Porzellankunst schafft. Die verschneite Waldlandschaft erinnert an Gemälde der Berliner Secession und die zarte Unterglasurmalerei ist als Sgraffito-Dekor angelegt – eine Schab- oder Graviertechnik, die man bei der KPM zuvor nicht praktiziert hatte. Dieses Verfahren lässt das Dekor zum Teil der Form werden, da Farbe in die vertieften Linien einsinkt und die Malerei viel stärker konturiert erscheint als bei Unterglasurdekoren. Damit werden verblüffende plastische Wirkungen erzielt – etwa bei Bäumen, Stämmen oder Baumkronen. Die Entwürfe mit SgraffitoTechnik wurden bald zum charakteristischen Merkmal der modernen KPM-Porzellane. Auch plastische Dekore, etwa Henkel in Form von Tieren – beispielsweise bei der Vase mit Fröschen, der Vase mit Vogelhenkeln oder einem Deckelgefäß mit Salamander werden ein Markenzeichen. Mit dem Ausbau der Abteilung Unterglasurmalerei in der KPM schuf Schmuz-Baudiß optimale Vorausset-

Vase mit Vogelhenkeln, Entwurf Theo Schmuz-Baudiß, Ausführung KPM, Berlin, 1907 (Modellbucheintrag), 1915 (Ausführung), Porzellan mit Unterglasurbemalung, H 50,5 cm (Hetjens Museum, Düsseldorf) Bodenvase mit Pfauen, Entwurf Theo Schmuz-Baudiß, Ausführung KPM, Berlin, 1906, Porzellan mit Sgraffito-Dekor und Unterglasurbemalung, H 135 cm (Bröhan-Museum, Berlin; ehem. Sammlung Irene von Treskow)


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