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11.06.2014
12:31 Uhr
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DIALOG
ler-Kolonie wie Josef Olbrich und Hans Christiansen zur Ausführung, die, besonders im Falle der abstrakt-flackernden Farbschöpfungen von Christiansen, zur Avantgarde der internationalen Kunst und Keramik der Zeit gehören. Der Dekor dieser Vase von Neureuther war beliebt und oft von seinem Nachfolger als Leiter der Kunstabteilung Eduard Schweitzer eingesetzt, beispielsweise auf einer Fußschale, einem Tablett und Kannen aller Arten, in immer wieder anders gewählten Farbkombinationen. Abbildungen von diesem Dekor mit der Nummer 6928 findet man im Standardwerk zur Geschichte der Fabrik von Heinz und Lilo Frensch „Wächtersbacher Steingut“, Königstein im Taunus 1978 auf S. 96. Es ist immer wieder ein Vergnügen, in diesem zwar etwas unübersichtlichen Buch zu blättern, denn Wächtersbacher Keramik steckt voller keramischer Wunder und Überraschungen, und vielleicht gelingt es eines Tages auf dem Flohmarkt oder woanders, eine dieser atemberaubenden Vasen von Hans Christiansen zu entdecken. Bei Neureuther geht es allerdings hier mit ruhigerem Blut zu: Der Wert seiner gelben, blauen und türkisfarbenen Vase liegt bei 150 Euro. Dr. Graham Dry, München
Sehr seltenes Stück Büste von Bauer, Rosenthal & Co. Kronach Diese kleine Büste ist circa 10 cm hoch. Gestempelt ist sie mit „Kronach“. Ist das ein reiner Ziergegenstand?
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Erika Horn, o. O.
Die kleine Büste stammt aus der im Jahre 1897 gegründeten Porzellanfabrik Bauer, Rosenthal & Co. in Kronach, Oberfranken, und wurde um 1898-1900 hergestellt. Die Fabrik wurde vor 1903, nach Ausscheidung des Mitbegründers Bauer, in die Rosenthal AG von Philipp Rosenthal in Selb eingegliedert und hieß fortan Porzellanfabrik Ph. Rosenthal & Co. AG (vorm. Bauer, Rosenthal & Co.). Platz hat die fröhli-
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Erzeugnisse nicht weiterhin im Stillen sammeln. Die Vase stammt aus der Produktion einer der großartigsten europäischen Steingutfabriken des 20. Jahrhunderts, nämlich der Wächtersbacher Steingutfabrik in Schlierbach bei Wächtersbach, Landkreis Main-Kinzig-Kreis in Hessen, die, leider muss man sagen, den Betreib 2011 nach fast 180 Jahren eingestellt hat. Die Marke auf dem Boden ist das Wappen der Grafen von Ysenburg und Büdingen in Wächtersbach: Graf Adolf war 1832 Mitbegründer der Steingutfabrik. Der blaue Blätterzweig- und türkisgrüne Einzelbeerendekor, auch das netzartige „Craquelé“ wurde auf dem gelben Fond anhand einer Schablonentechnik aufgebracht. Entstanden ist die Vase um 1923-25 nach einem früheren Entwurf des begnadeten Künstlers Christian Neureuther, der ab 1901 die Leitung der Kunstabteilung der Fabrik, die sich „Keramisches Atelier“ nannte, inne hatte. Neureuther (1869-1921) ist nicht nur das dekorative Erscheinungsbild anhand seiner zahlreichen pflanzlichen und geometrischen Mustern zu verdanken, die der deutschen Jugendstilkeramik ein unverwechselbares und überaus frisches und fröhliches Gesicht, auch zu sehr moderaten Preisen verliehen haben. Auch unter seiner Regie kamen Entwürfe der Künstler der Darmstädter Künst-