n Gläser ?
Ich sende Ihnen in der Anlage ein Foto von zwei Glasobjekten, eine Schale und ein Eiseimer, und würde gerne wissen, wer diese hergestellt hat und wann. Es sind Flohmarktfunde und sie scheinen mir älter zu sein.
Neben dem Wert ist auch das Material des goldfarbenen Frieses von Interesse. Maße: Topf 14 cm hoch, Durchmesser 12,5 cm, Schale 6,5 cm hoch, Durchmesser 20 cm. Klaus U. Nitsche, Kürten
!Die Schale und der Eiseimer erinnern in ihrer Erscheinung an die Erzeugnisse der Glasfabrik Moser & Söhne aus Karlsbad, welche ab 1914 ähnliches Glas im Stil des Neoklassizismus produzierten. Charakteristisch für Vasen und Schalen der Fabrik war der facettierte Korpus und der goldfarbene, geätzte Fries. Oft wurde ebenfalls violettfarbenes Glas verwendet. Betrachtet man aber die vorliegenden Glasstücke genauer, erkennt man Diskrepanzen zur Produktionsweise des böhmischen Vorbilds, zudem unterscheidet sich der umlaufende Fries thematisch von jener der Firma Moser. Dort wo sie antikisierend Amazonen darstellten, werden hier eher folkloristische Szenen gezeigt. Es handelt sich nämlich um Produkte der WaltherGlas GmbH in Bad Driburg-Siebenstern, deren Schwerpunkt auf der Pressglasproduktion lag. 1865 noch als Firma „Carl Gottlieb Walther“ in Ottendorf-Okrilla bei Dresden gegründet, wurde sie später als „Sächsische Glasfabrik August Walther & Söhne“ weitergeführt. 1951 wurde die, inzwischen unter dem Namen des damaligen Inhabers „Horst Walther“ laufende Firma enteignet und in den „VEB Sachsenglas Schwepnitz“ umgewandelt. Horst Walther ging mit einigen Mitarbeitern nach Westdeutschland und gründete im selben Jahr in Siebenstern die „Walther-Glas GmbH“.
Die Produktreihe mit Facettenglas und goldfarbenem Fries lief in den Musterbüchern bereits ab 1930 unter dem Namen „Kunst-Dekor-Gläser“ und dem beschreibenden Beisatz „Amethyst, Bernstein, Grün mit Goldband“. Die Reihe wurde bis in die 1970er-Jahre produziert. Im Gegensatz zum oben genannten Karlsbader Vorbild wurden die Facetten nicht handgeschliffen und der Dekorfries geätzt, sondern vielmehr in Stahlmodeln in Form gepresst. Viele Herstellungsprozesse wurden von Maschinen übernommen, so dass kostengünstig in Masse produziert werden konnte. Weitere Details zu den „Kunst-Dekor-Gläsern“ der Firma Walther kann man beispielsweise im Artikel von Siegmar Geiselberger in der Pressglas-Korrespondenz Nr. 2/2001 (https://www.pressglas-korrespondenz. de/aktuelles/pdf/walther-kunstdekor.pdf) nachlesen.

Da sich keine eingepresste Marke mit Herstellersignet unter dem Boden befindet, wurde vermutlich ein Aufkleber verwendet. Dies legt einen späteren Produktionszeitraum in den 1960er- oder 1970er-Jahren nahe. Die hohe Stückzahl und späte Datierung schlagen sich im Wert nieder, der aktuell bei etwa 30 Euro pro Stück liegt. Diana Lamprecht, Sachverständige für Kunst und Antiquitäten, Trier
n Porzellanhund
?Ich möchte gerne noch einmal Ihre Dienste in Anspruch nehmen. Auf einem Flohmarkt entdeckte ich den Hund gemäß beiliegenden Fotos. Er fiel mir durch seine Feinheit auf. Vielleicht können Sie mir nähere Angaben über Alter, Manufaktur und Wert machen? Karin Hinz, Emscheid
!Die Darstellung dieses Windhundes in stehender Position mit eingezogener Rute auf einem oktogonalen Natursockel geht zurück auf die Arbeit „Lévrier espagnol No. 4 seul“ des bekannten französischen Bildhauers Pierre Jules Mêne (1810 -1879) und unterscheidet sich von ihr lediglich im Detail der Haltung der Rute. Mêne gehörte zur französischen Künstlergruppe der „Animaliers“, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Art der Tierdarstellung einführten und propagierten. Sie stützten sich auf Naturbeobachtungen und strebten nach einem neuen Realismus. Mênes Arbeiten werden besonders für ihre Lebendigkeit und ihren Detailreichtum gerühmt.
Auf dem Sockel ist kaum lesbar noch die Signatur „PJ MENE“ in Großbuchstaben auszumachen. Dies spricht für eine Ausformung, die entweder zu viel Glasur ab-
n In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist.
Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können.
Ihre Anfrage schicken Sie bitte an:
Gemi Verlags GmbH
Redaktion Leserforum
Robert-Bosch-Str. 2
85296 Rohrbach
oder per E-Mail an info@gemiverlag.de
bekommen hat oder von einer Vorlage abgeformt wurde und somit in Schärfe einbüßte. Neben dieser Signatur ist die Rautenschildmarke der Nymphenburger Porzellanmanufaktur eingepresst. Unter dem Boden sind die Ziffern „4 218“ eingestempelt, die auf die Modellnummer dieser Darstellung in der Produktion der Nymphenburger Manufaktur verweisen. Pierre Jules Mêne schuf die Vorlage um 1844. In Nymphenburg begann man in den spä-
ten 1890er-Jahren Reproduktionen nach Bronzen der Animaliers-Künstler herzustellen. Der damalige Manufakturleiter Albert Bäuml selbst soll die Lizenzen in Paris erworben haben. Diese Ausführung ist auf das erste Viertel des 20. Jahrhunderts zu datieren.
Auf dem Kunstmarkt taucht diese Figur, die zu verschiedenen Zeiten von der Nymphenburger Manufaktur aufgelegt wurde, regelmäßig auf und trotz vieler Hundefreunde liegt der Marktpreis aktuell nur bei etwa 50 Euro. Diana Lamprecht, Sachverständige für Kunst und Antiquitäten, Trier
AUSSTELLUNGEN
n Auffallende Cover
„Wir übernehmen jeden Fall.“ seit mehr als 60 Jahren steht dieser Satz wie kein anderer für die erfolgreiche Kultserie: Die drei ???. Von Beginn an prägen die auffallenden Cover der Grafikerin und Illustratorin
Aiga Rasch (1941-2009) dabei das Erscheinungsbild der bekannten Buch- und Hörspielreihe. 1969 sendet Aiga Rasch unaufgefordert einen Cover-Entwurf für Die drei ??? an den Stuttgarter FranckhKosmos Verlag mit der Auflage: „Wenn euch mein Entwurf nicht gefällt, verzichte ich auf mein Honorar.“ Der Beginn einer Erfolgsgeschichte: Ihre Titelbilder überzeugen. Mit ihren außergewöhnlichen Covers legte Aiga Rasch den Grundstein für den hohen Wiedererkennungswert der Reihe. Von 1970 bis 1999 fertigt Aiga Rasch insgesamt 89 Titelbilder für Die drei ???-Reihe. Die ikonischen Cover bestehen dabei aus mysteriösen, intensivfarbigen Motiven vor schwarzem Hintergrund: Nie zieren die drei Hobbydetektive Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews die Titelseiten. Aiga Rasch stammt gebürtig aus Stuttgart und war bis zu ihrem Lebensende in der Region wohnhaft. Als Tochter der Malerin Lilo Rasch-Naegele lernt sie bereits als Kleinkind im mütterlichen Atelier mit Pinsel und Farbe umzugehen. Ihren ersten Auftrag erhält die Autodidaktin 1963. Über Jahrzehnte fertigt Rasch mehr als 500 Coverentwürfe und 5.000 Illustrationen. Doch wie entsteht eigentlich ein Cover?
Dazu sind von briefmarkengroßen Vorskizzen bis hin zu den originalen CoverZeichnungen über 200 Arbeiten von Aiga
Rasch zu sehen. Ob detailverliebte, bunte Zeichnungen in Kinder- und Jugendbüchern, filigrane Kalenderblätter oder die einzigartigen Covers der Kultserie Die drei ???, immer wieder beweist Aiga in ihren Werken ihr herausragendes Können und ihre Experimentierfreudigkeit. Die Ausstellung „Cover-Love(r)” in der Galerie Stihl Waiblingen nimmt bis 20. Juli Groß und Klein mit auf Entdeckungsreise in die fantastischen Cover-Welten von Aiga Rasch.
Telefon: 07151 50011682
Webseite: www.galerie-stihl-waiblingen.de
Aiga Rasch, Die drei ??? und das Narbengesicht, Erstauflage 1982; Galerie Stihl, Waiblingen © Aiga Rasch Nachlass
n Mit unerschrockenem Stift
„Die Karikatur darf kein Bild zum Text, also bloße Illustration sein. Sie muss zugleich Blickfang und Kommentar in zeichneri-


scher Form sein.“ Michael Pammesberger. Mit Michael Pammesberger feiert 2025 ein herausragender Karikaturist seinen 60. Geburtstag. Von seinem Schreibtisch aus verschafft er sich einen umfassenden Überblick über die zahlreichen Unzulänglichkeiten, Skandale und politischen Tragödien in der Welt. Pointierte Variationen über aktuelle Themen sind sein Markenzeichen. Anstatt lediglich ein Dilemma darzustellen, präsentiert er oft mehrere Perspektiven und witzige Szenarien, die sich steigern. Sein Humor lässt einem oft das Lachen im Halse steckenbleiben. Seit 1997 ist Pammesberger beim Kurier, täglich zeichnet er eine Karikatur für die Zeitung. Mit Schwung und Präzision fasst er zusammen, was Politik und Gesellschaft gerade beschäftigt. „Wie ein Planet die Sonne, umkreist der Karikaturist Michael Pammesberger zeichnerisch die Unzulänglichkeiten, Befindlichkeiten und politischen Abgründe Österreichs. Seine Ideen bringt er direkt und selbstbewusst aufs Papier. Er präsentiert sie oft in verschiedenen bildlichen Ausführungen, um die tragisch-witzigen Aspekte zu betonen. Das ist Karikatur in ihrer schönsten und subversivsten Form!”, so Gottfried Gusenbauer, künstlerischer Direktor des Karikaturmuseum Krems.
Das Karikaturmuseum Krems widmet dem scharfsinnigen Beobachter und Kommentator des politischen Geschehens eine umfassende Ausstellung. Ein Querschnitt durch sein Werk zeigt Pammesberger als Chronisten der letzten 30 Jahre in Bildern. Der Fokus liegt dabei auf Österreich. Mit einer Auswahl von rund 140 Originalzeichnungen, Skizzen, Fotos, limitierten Drucken und Zeitungsausschnitten macht die Schau spürbar, wie der Künstler arbeitet. Sein Werk reicht von Einzelbildkarikaturen, über comicartige Bildfolgen bis zu farbigen Illustrationen. Neben seinen bekannten politischen Karikaturen sind auch Arbeiten für das Reisemagazin des Kurier, frühe Werke und freie Zeichnungen zu sehen.
Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der klassischen politischen Karikatur. In seiner mehr als 30-jährigen Laufbahn als Karikaturist hat Pammesberger viele Regierungsmitglieder, Parteivorsitzende und
Aiga Rasch, Die drei ??? und der Doppelgänger, Reinzeichnung, Erstauflage 1982; Galerie Stihl, Waiblingen © Aiga Rasch Nachlass
Aiga Rasch, Das goldene Kinderbuch, Illustration, Ensslin, 1971; Galerie Stihl, Waiblingen © Aiga Rasch Nachlass
andere Personen aus dem politischen Geschehen kommen und gehen gesehen. Mit klarer Linie analysiert er politische Fehltritte, Parteiintrigen sowie große und kleine Staatsaffären auf brillante und scharfsinnige Weise.
„Ich schreck’ beim Zeichnen vor nichts zurück“, lautet Pammesbergers Motto. Rote und schwarze Führungskämpfe, dynastische Landespolitik, die Entwicklung der FPÖ und Kleinparteien: Pammesberger nimmt alle gleich gern hoch.
Anlässlich Pammesbergers 60. Geburtstags gibt es nicht nur die große Ausstellung im Karikaturmuseum Krems. Der Ueberreuter Verlag legt die gleichnamige Jubiläumspublikation „Planet Pammesberger“ auf. Genauso wie die Ausstellung liefert das Buch einen Querschnitt durch die gezeichnete Politik. Ein Schwerpunkt liegt auf den letzten Jahren. (Bis 1. Februar 26)
Telefon: +43 2732 908010
Webseite: www.kunstmeile.at
gibt es Fahrzeug-Technik vieler Marken soweit das Auge reicht. Die Technorama hat seit über 45 Jahren eine enorme Anziehungskraft und ist eine riesige Fundgrube für Oldtimer-Freunde, für Schrauber und Sammler und an diesem Wochenende der Treffpunkt der Oldtimer-Szene.
Webseite: www.technorama.de
n Edle Zeitmesser
Zum 10. Mal heißt es am 18. Mai im Deutschen Uhrenmuseum Glashütte wieder: Es darf gekauft, getauscht oder einfach nur geschaut werden. Zur 10. Glashütter Antik-Uhrenbörse dreht sich in der sächsischen Uhrenstadt wieder alles um schöne Zeitmesser. Zahlreiche Händlerinnen und Händler sowie Sammlerinnen und Sammler aus dem In- und Ausland werden erwartet, die ein reiches Angebot an histori-
Michael Pammesberger, Früher und heute, 2017; Karikaturmuseum Krems
© Michael Pammesberger fassenden Überblick über die fast 180jährige Glashütter Uhrengeschichte. Auf rund 1.000 Quadratmetern illustrieren mehr als 500 teils einmalige Glashütter Zeitmesser sowie zahlreiche weitere Exponate die Entwicklung der sächsischen Kleinstadt zu einem der weltweit führenden Uhrenzentren. Jährlich stattfindende Sonderausstellungen erweitern oder vertiefen das Themenspektrum. Mehrere interaktive Stationen liefern interessante Informationen zu den Themen Zeit und Zeitmessung. So gibt es beispielsweise ein begehbares Lexikon, das zahlreiche Begriffe aus der Uhrenwelt erklärt. Darüber hinaus vermittelt ein überdimensionales Uhrenmodell auf anschauliche Weise die wesentlichen Funktionen einer mechanischen Uhr. Im historischen Atelier der Manufaktur Glashütte Original, welche einer der Stifter des Uhrenmuseums ist, kann man Uhrmachern bei der Restaurierung von historischen Glashütter Uhren über die Schulter schauen.
Telefon: 035053 4612107
Webseite: www.uhrenmuseum-glashuette.com
MESSEN/MÄRKTE
n Heilig’s Blechle
Wenn am 3. und 4. Mai die Technorama, einer der größten Auto-, Motorrad- und Teilemärkte Europas in Ulm stattfindet, sind wieder rund 800 internationale Aussteller dabei. Auf dem Ulmer Messegelände werden die Hallen und jeder Quadratmeter im Freigelände belegt sein. Für die mehr als 20.000 erwarteten Oldtimerfans
schen Uhren aller Art, Zubehör, Werkzeugen, Ersatzteilen und Literatur zum Kauf anbieten. Ein Schwerpunkt liegt dabei wie immer auf Glashütter Erzeugnissen. Aber auch Vintage-Uhren von Herstellern aus anderen Regionen sind in großer Auswahl zu finden. Die Uhrenbörse findet im Rahmen des Glashütter Stadtfestes – der Glashütter ErlebnisZEIT – statt, die das ganze Wochenende über mit einem vielseitigen Angebot für Jung und Alt aufwartet.
Der Eintrittspreis zur Antik-Uhrenbörse beträgt an diesem Tag 5 Euro pro Person und schließt den Besuch der Ausstellung im Deutschen Uhrenmuseum Glashütte mit ein. Diese präsentiert einen um-
Antik-Uhrenbörse im Deutschen Uhrenmuseum Glashütte
Foto: Holm Helis
Michael Pammesberger, Die 10 häufigsten Fehler beim Zeichnen von Cartoons, 2018; Karikaturmuseum Krems
© Michael Pammesberger
Silberne ZünDholZDoSen
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, ab 1787 Kaliumchlorat, damit war eine chemische Zündung möglich. Von 1780 bis 1830 wurden v
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Der englische Apotheker John Walker entwickelte um 1826 das erste Streichholz im heutigen Sinne. Es ließ sich durch Reiben an einer rauhen Fläche entzünden. Damit ging der Welt buchstäblich ein Licht auf, denn zuvor war das Entfachen von Feuer nicht ganz so einfach gewesen. Am zweckmäßigsten war zu jener Zeit die Verwendung chemisch reagierender Zubereitungen, womit allerdings Gefahren verbunden waren. Das Streichholz ermög-
Das erste Streichholz Schwefelsäurezündung
lichte es jedem, überall mit einer einfachen Handbewegung Feuer zu machen. Nicht nur aus Sicherheitsgründen waren nun geeignete Behälter notwendig. Sie dienten außerdem als kleine persönliche Accessoires, sie waren kunstvoll verziert und nahmen bereits die Grundform der später aufkommenden Benzinfeuerzeuge vorweg.
Tragbare Apparaturen mit Phosphor und anderen Zündstoffen stehen am Anfang der Streichholzentwicklung, einige von ih-
nen sind eher den mechanischen Feuerzeugen zuzurechnen, aber es ist interessant, dass beide Funktionsweisen in derselben Epoche und mit derselben Intention entwickelt wurden. Kein Wunder, dass die Bezeichnung „Feuerzeug“ für beides gilt. Funktionierende Zündhölzer mit Schwefelsäurezündung wurden 1805 von Jean Louis Chancel erfunden. Sie wurden zum Entzünden mit der Säure in Kontakt gebracht und waren bis zum Aufkommen der Streichhölzer relativ verbreitet.
Der Weg zur reibungszündung
Es sollte nach Walkers Erfindung noch zehn Jahre dauern, bis die ersten zuverlässigen Streichhölzer auf den Markt kamen. Ihr Erfinder János Irinyi verwendete dafür Phosphor, der sich selbst entzündete. Um 1844 wurde seine Verwendung überflüssig, weil der schwedische Chemiker Gustaf Erik Pasch das Sicherheitsstreichholz erfand. Hierfür wurden zwei Chemikalien auf den Zündkopf und die Reibfläche verteilt, wie wir es heute kennen. Ab 1855 trat das Sicherheitsstreichholz von Schweden aus seinen weltweiten Siegeszug an. Die Reibungszündung setzte sich durch, weil sie bequemer und sicherer ist als die chemische Zündung mit Säure oder Phosphor, der allerdings aufgrund seiner Zündfreudigkeit auch bei frühen Experimenten mit der Reibungszündung eine Rolle spielte. In mehreren Ländern erfanden findige Köpfe ihre je eigenen Streichhölzer: Charles Marc Sauria (Frankreich, 1831), William Newton (England, 1832), Samuel Jones (England, 1832), Friedrich Kammerer (Württemberg,
oben und Mitte: Dieses etui weist viele typische Merkmale auf: eine Mechanik, die den Deckel offenhält, reiche Verzierungen und die diskret unter dem Deckel angebrachten „hallmarks“, mit denen sich solche Stücke genau datieren lassen
Unten: Streichholzetuiin Form eines Pferdefußes.
Zu beachtenist die reibfläche
1832), Stefan Rómer (Österreich, 1832, später erfolgreichster Streichholzproduzent Österreichs), János Irinyi (Ungarn, 1836). In Europa entwickelte sich eine lebendige Streichholzindustrie, bedeutende Schwerpunkte waren Österreich und Schweden. In Amerika erfand man Zigarren mit eingebautem Zündkopf.
Phosphor
Streichhölzer mit Phosphoranteil hatten den Nachteil, dass sie sich von selbst entzünden konnten. Man versuchte dies in den Griff zu bekommen, indem man den Phosphorgehalt senkte, oder ihre Verwendung gleich ganz verbot, abgesehen davon empfahl sich für den Transport ein luftdichter Behälter. Diese Etuis wurden oft mit einer Reibfläche ausgestattet, damit
Der Zweck der Dosen
Die Verwendung spezieller Etuis für Streichhölzer diente mehreren Zwecken, nämlich überhaupt dem Transport, der


man ein Streichholz auch unterwegs schnell anreiben konnte. Streichhölzer mit Phosphor waren zwar gefährlich, sie setzten sich jedoch durch, weil sie erschwinglich und zuverlässig waren. In der Frühzeit wurden die Hölzchen weitgehend in Handarbeit hergestellt, hier wurde in ärmeren Gegenden viel von Heimarbeitern geleistet, so etwa im Erzgebirge, im Riesengebirge und im Bayerischen Wald. Hierbei kam ein spezieller Röhrchenhobel zum Einsatz, mit dem drei bis fünf dünne Stäbchen („Holzdraht“) mit etwa 20 cm Länge geschnitten werden konnten. Sie wurden danach in kurze Abschnitte geteilt, gebündelt und an eine Fabrik oder andere Heimarbeiter weitergegeben. Ab etwa 1845 erfolgte diese Arbeit maschinell. Diese Hölzer haben einen runden Querschnitt, wogegen sich in Schweden der noch heute übliche viereckige Querschnitt entwickelte, weil man dort nämlich dünne Furnierblätter in Streifen schnitt.



Sicherheit sowie auch der Repräsentation. Von England aus kam die technisch ausgereifte Entwicklung des Streichholzes in die Welt. Zu dieser Zeit gaben sich die Angehörigen der englischen Gesellschaft betont selbst- und stilbewusst, immerhin gehörte man der führenden Weltmacht an, einem riesigen Imperium mit globalen Verbindungen, in dem zu jener Zeit die Industrialisierung bereits zu ihrer ersten Blüte aufgestiegen war. 1837 begann das Viktorianische Zeitalter. Aber noch etwas anderes war neu, nämlich die Zigarette. Durch sie wurde das Tabakrauchen unterwegs praktikabler: Zwar gab es schon seit geraumer Zeit Pfeifen, doch eigneten sie sich eher für einen behäbigeren Konsum. Lange Pfeifen waren unterwegs unpraktisch, die dünnen Tonpfeifen zerbrachen schnell. Mit dem Aufkommen der Zigarette wandelte sich der mit dem Rauchen verbundene Lebensstil. Sie ist eine Erfindung mexikanischer Arbeiterinnen aus dem achtzehnten Jahrhundert. Sie verwerteten die Tabakreste aus der Zigarrenproduktion, indem sie sie in Papier wickelten und als „papelitos“ in der Stadt verkauften. Über Spanien gelangten sie zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts nach Frankreich, von wo aus sie sich in Europa verbreiteten. Mitte des Jahrhunderts war das Tabakrauchen auch bei britischen Soldaten sehr populär, ihre Offiziere brachten die im Krieg verwendeten Frühformen aus



gefaltetem oder gerolltem Papier in die Londoner Clubs. In der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts entstanden in Europa etliche Handels- und Produktionsfirmen. Das Zigarettenrauchen wurde zur Mode.
Dies mag den Bedarf an transportablen Feuerquellen mit gefördert haben, denn die schmucken kleinen Behälter, oft mit einer Öse zur Befestigung an einer Kette versehen, waren offensichtlich nicht für das traute Heim gedacht. Dort und in Lokalen setzten sich andere Behälter durch, nämlich entweder etwas größere Dosen aus Messing oder anderem Metall, die anhand der an ihnen angebrachten Reibflächen identifiziert werden können, oder die als Pyrogène auch heute noch leicht zu findenden kegelförmigen Streichholzspender, die an der Außenseite über eine großzügig geriffelte Reibfläche verfügen. Es gab auch Kerzenständer mit eingebautem Streichholzfach samt Reibfläche, mit denen man stets alles Notwendige beisammen hatte. Streichholzspender zur Befestigung an der Wand gab es ebenfalls, aus ihnen und den Tischspendern entwickelten sich später die Halter für Streichholzschachteln mit SicherheitsReibflächen.
Accessoires für den Auftritt
Zigarettenrauchen lag im Trend, man inszenierte sich damit als modern und weltmännisch, mobil, schnelllebig und zeit-
oben: häufig warenrunde etuis in Form und Verzierung den zur selben Zeit populären Taschenuhrennachempfunden, die jedoch wesentlich teurer waren. Das Streichholzetui diente dann zugleich als Attrappe füreine wertvolle Uhr
Unten vonlinks nachrechts: ebenso wie Uhren wurden die kleinen behälter gerne an Ketten getragen, die man aneinem Knopflochbefestigte. Dieses exemplar verfügt übereineneingebauten Zigarrenabschneider
oft weisen die Gravureneine freigelassene Fläche in Wappen- oder Kartuschenform auf, die mit einer Monogramm versehen werden konnten
Sehr modern gehaltenes Streichholzetui mit zwei
Deckeln und einer reibfläche
oben: ein Patentetui mit kleinem Streichholzbehälterim Deckel. Wenn man das ganze etui öffnet, kommt eine halterung für Goldmünzen sowieein Fach für briefmarken zum Vorschein
Mitte: Auchhier gibt es eine Vorrichtung zur Aufnahme von Goldmünzen. Auf der anderen Seitebefindet sich das Fach für Streichhölzer, am Deckel die reibfläche. Auchhierist ein Monogramm angebracht
Unten: ein gleiches Stück, jedochohne Gravur: in seiner modernen erscheinung ist es ebenfalls sehr attraktiv und erlaubt zudem einelängere Gravur
gemäß. Eleganz ließ sich mit einem Anklang von Verruchtheit verbinden. Nun entdeckten auch die Damen das Rauchen, insbesondere emanzipierte Frauen. Die schlanke Zigarette passte gut ins Bild, mit einer Zigarettenspitze stand sie für Luxus und Laszivität. Zigarren ließen sich dagegen nicht zwischendurch auf der Straße rauchen und die aufwändig zu stopfende Pfeife passte nun gar nicht mehr. Für alle Schichten war die Zigarette viel zugänglicher, billiger, leichter zu handhaben und besser zu dosieren. Es war dieser Hintergrund, vor dem sich die silbernen Streichholzetuis als sinnvolles und gefragtes Accessoire zunehmender Beliebtheit erfreuten.
etuis aus england
Von englischen Silberherstellern gibt es zahlreiche Etuis, vor allem aus der Zeit von etwa 1860 bis 1920, die verschiedenen
Stilrichtungen zugeschrieben werden können. Oft sind es sehr detailreich ausgearbeitete, von Dekorelementen nur so überschäumende Exemplare, auch lassen sich schlichte und elegante Stücke aus dem Jugendstil finden. Nicht wenige weisen einfach nur ein schlichtes Linienmuster auf. An vielen Stücken finden sich Gravurfelder, auf denen ein Monogramm angebracht werden konnte. Zweifellos waren solche Etuis ein beliebtes Geschenk, sie ließen sich zusammen mit einem passenden Zigarettenetui als stilvolle Ausrüstung verwenden.
handel mit den „guten Dingen”
Solche wertvollen Kleinwaren hatten auch ihre Nachbarschaft in einer Zeit, die den Begriff „EDC“ (Everyday carry) zwar noch nicht kannte, aber bereits umsetzte. Hierzu gehörten zunächst Taschen- und später Armbanduhren, die als „Flachmann“ bis heute beliebten Taschenflaschen, Schreibgeräte (so etwa silberne Bleistifte,


später Füllhalter), Notizbücher, Tablettendöschen, Zahnstocher, Taschenmesser, Schlüsselketten, Geldbörsen und anderes. Die dann aufkommenden Feuerzeuge lösten das luxuriöse Streichholzetui weitgehend ab. Im frühen zwanzigsten Jahrhundert traten industriell gefertigte, einfache Blechetuis mit Schubladen häufiger in Erscheinung, tatsächlich werden sie auch heute noch hergestellt und über den Handel mit „guten Dingen“ vertrieben, nun als aufklappbare Dose mit eingeklebter Reibfläche. Das mag eine Reminiszenz an eine vermeintlich gute, alte Zeit sein, allerdings haben sich Etuis für Streichhölzer seit diesen Anfangszeiten immer in irgendeiner Form erhalten, mal aus Blech, mal als kleines Ledermäppchen, oft auch als stabile Hülse, in die man eine komplette Streichholzschachtel klemmt, wobei eine Reibfläche frei zugänglich bleibt. Der Zweck dieser Schutzhüllen liegt vor allem im Schutz der Hölzer und der Reibfläche. Ungeschützt konnten Streichholzschachteln in der Tasche zerknicken. Als sie noch aus Holz bestanden, konnten sich dabei Split-
oben vonlinks nachrechts: üppig, abernicht besonders kunstfertig graviert: schlichtes kleines etuiohne Zusatzfunktionen. es wurde auch kein Monogramm angebracht
im direkten Vergleich wirkt die Gravur dieses etuis wesentlich feiner. Die Flächenhinter den rankenblättern wurden mit feinen Schraffuren gedunkelt, was der Verzierung eine gewisse Tiefe verleiht
hierein beispiel für schlichte, aber gekonnte
Verzierung. Mit wenigen linien deutete der
Graveur dichtes blattwerk an
Untenlinks und rechts: Für dieses etui wurde ein Musterim barockstil gewählt, das mit seiner ausladenden üppigkeit einen Kontrast zu den kleinen Dimensionen des behältnisses bildet.
Der Graveur des Monogramms ließ sichnicht
lumpen und bot passende buchstaben auf
ter lösen. Streichholzbriefchen neigen zu schneller Abnutzung.
Wie manbeim Sammeln vorgeht
Beim Sammeln antiker Streichholzetuis, das beim Kauf wirklich attraktiver Stücke leicht ins Geld gehen kann, ist ein thematisches Konzept sinnvoll. Einzelne Behälter, gepunzt und datierbar, mit guter Gestaltung und in einwandfreiem Zustand, werden zu Preisen ab 250 Euro angeboten. Einfache Blechetuis ohne besonderen Sammlerwert sind für ein Zehntel davon zu bekommen. Eine Festlegung auf einen bestimmten Stil, etwa den Jugendstil, kann zu einer gewissen Eintönigkeit in der Sammlung führen, sofern man nicht Stücke zusammenträgt, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Interessanter kann es dann schon sein, sich auf einen bestimmten Hersteller oder auf mehrere Firmen in einer Region zu konzentrieren. Hieran würde sich die Entwicklung der
oben: Für dieses zauberhafte Stück hat man die Gravurin sehrorigineller Weise auf Teile der oberflächebegrenzt, wodurch auch mehr Platz für persönliche Gravurenblieb. ein ausgesprochen gelungenes Stück
Mittelinks und rechts: Für dieses etui wurden verschiedene Muster kombiniert
Die kunstvollen Gravuren zeigennochmal einen ganz anderen Zauber, wenn sieim langjährigen Gebrauch Patina ansetzen. Die Musterbekommen dadurch Tiefe und Kontrast, die Gesamterscheinung rückt vom edlen zum ehrwürdigen
Unten: Werden patinierte Stücke poliert, verbleibt in den Gravuren die schwarze Patina, wogegen die glatten Flächenhellen Silberglanz bekommen
Formen und auch die Bandbreite des Angebots ablesen lassen. Es braucht auch gar nicht die „upper class“ dieser Etuis zu sein, denn eine Erweiterung auf die Niederungen der Alltagsgerätschaften bringt sofort Vielfalt in die Sammlung, ohne den Etat zu sprengen.


Das kann etwa so begonnen werden, dass man zunächst für die verschiedenen Formen der Streichholzspender möglichst typische Vertreter zusammenträgt, also einen Tischspender (Pyrogène), einen Wandhalter, einen Streichholzschachtelhalter für den Tisch, das eine oder andere Etui für unterwegs, einfache Mäppchen und Hüllen sowie dergleichen als Werbeträger. Aus den Gaststätten der siebziger und achtziger Jahre sind auch die oft aus gehämmertem Metall gearbeiteten Varianten aus dem Umfeld des Stammtischs in Erinnerung, die als unstrittige „Geschmackssache“ natürlich zu den fein ziselierten Arbeiten englischer Silberschmieden einen harten und nicht immer wohltuenden Kontrast darstellen. Gleichwohl legen auch sie Zeugnis davon ab, dass Streichhölzer eben ein Artikel in ständiger Bereitschaft sind, und dafür wurden immer neue Vorrichtungen ersonnen.
Fotos: Alexander Glück