Magazin GARCON - Essen, Trinken, Lebensart Nr. 20

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februar/März 2012 | 6€

Das Magazin für entDecker unD geniesser

gastrOnOMie, HOteLLerie & LeBensart

aLt LuxeMBurg | BerLin-MOscOw | kOsHer cLassrOOM kOcHBucH-antiquare | restaurant-ausstatter | scHnaps-Brenner cHiDOs piLze | OttO gOurMet | HaveLLanD express | De Buyer


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DAS QUELLGESUNDE


mise en Place

Liebe Freunde, das Heringsdorfer Strandhotel und der First-floor-Chefsommelier Gunnar Tietz aus Berlin warben mit 14 deutschen Spitzenwinzerinnen, mehr als 50 ihrer besten Gewächse und erstklassigen Köchen, darunter die Berlinerin Sonja Frühsammer, für die 2. Usedomer Weinparty. Das klang gut, der Preis war in Ordnung, und ich freute mich auf ein weinseliges Feinschmecker-Wochenende im Kaiserbad. 225 Kilometer Autofahrt durchs schöne Nordostdeutschland, und schon grüßte Heringsdorf mit sichtlich überfordertem Service und lauwarmem Sekt aus Limonadengläsern. Nun ja, dachte ich, vielleicht trinkt man im kühlen Norden die Prickelbrause so und hoffte auf besser temperierte Weine am kommenden Tag. Aber wie reimt es sich so schön: Wer der Hoffnung traut, hat auf Sand gebaut. Erstmal jedoch ließ sich der Samstag in Heringsdorf ganz gut an. 14 Winzerinnen, darunter Susanne Bürkle, Anette Closheim, Verena Clüsserath, Caroline Diel, Désirée Eser, Gerlinde John und Dörte Näkel waren nach meist vielstündiger Autofahrt in Heringsdorf eingetroffen und bereit, ihre besten Weine an den Gast und ins Gespräch zu bringen. Doch das Hotel hatte wiederum vergessen, einen Teil der zuvor gelieferten Flaschen zu kühlen. Die Winzerinnen besserten, was sie konnten. Die Krönung der Verkostung allerdings war ein gasbetriebenes Raclette im Partyzelt. Die Aromen des schmelzenden Usedomer Hartkäses erfüllten am strand von heringsdorf: die Rheingau-winzerin désirée eser den Raum und erschlugen selbst die Geruchskraft der Trüffelnudeln. Von Weingenuss konnte unter diesen Umständen keine Rede sein. Die Reaktion des Berliner Chefsommeliers, der die Veranstaltung mitorganisiert hatte, sprach Bände: „Bei über 200 Teilnehmern gibt es immer ein paar, die meckern!“ Aus diversen Marketingseminaren weiß ich: Auf einen, der „meckert“, kommen zwölf, die zwar schweigen, aber ebenso sauer sind. Wenn ich jetzt noch die unzufriedenen Winzerinnen (und ich zähle nur die, mit denen ich gesprochen habe) addiere, komme ich auf eine ziemlich stattliche Zahl. „Nie wieder Usedom“, sagte eine frustrierte Weinmacherin aus dem Rheingau, nachdem sie die vielen Unzulänglichkeiten geschildert hatte. Weshalb ich das so detailliert schildere? Weil die Hoffnung auch zuletzt stirbt. Vielleicht ist es ja Anlass für die Organisatoren der 3. Usedomer Weinparty, mal über einen ziemlich spröden, aber auch klar definierten Begriff nachzudenken. Er heißt „Qualitätsmanagement“ und setzt sich aus Qualität und Management zusammen.

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Uwe Ahrens info@bildart-verlag.de

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inhalt Mise en Place titel Berlin backt die hauptstadt der süßen sünden

52 die kochbuch-antiquare

8 die titel-torte

GeschMackssachen

lokalteRMin Die „Wonnemacher“

Chidos Pilze

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Berlin-Mitte in drei Gängen

Gin & Co.

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68

Spirituosen aus Berlin

Neue Restaurants an historischen Orten

Weinschmiede Fresdorf

64

Ein ungewöhnliches Projekt

30 Jahre Alt Luxemburg

Faszination Fleisch

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Geheimtipp in der Provinz

Otto Gourmet auf gutem Kurs

koPfsalat

Bio aus Berlin und Brandenburg

74

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Notizen von der BioFach 2012

Johannes und Swen Mohr

52 Regional ist optimal

Die Kochbuch-Antiquare

78

20 Jahre Havelland Express

Ralf Holdorf

58

weinlese

Der Messer-Mann

Matthias John und Axel Meter Die Restaurant-Ausstatter

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60

24 jubiläum im alt luxemburg

Der Berlinale-Winzer Zu Gast bei Oliver Zeter in der Pfalz

80


60 die Restaurant-ausstatter

kulinaRische eXkuRsion Veneto

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Reizvoll wie die Toskana

New Orleans

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The Cajun way of life

BouQet GaRni Nachrichten und Neuigkeiten

93 106 coledampf´s & companies

RuBRiken Karins kleine Küchenhelfer

95

Fuhrmanns Früchtekorb

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Blomeyers Käsebrett

98

Básheba und Corinna on tour

100

Marktnischen

102

Coledampf`s & Companies

106

leBensaRt Notte delle Stelle 2012

110

Impressionen eines Filmballs

Gastroquiz

118

Impressum

119

82 Veneto kulinarisch

Habanos Specialist Reinhard Fischer Rheinstraße 42, 12161 Berlin Tel. 030 - 851 57 32 www.tabakundpulver.de


titel Berlin backt

Die hauPtstaDt Der sÜssen sÜnDen

Von clauDia lerch, heiKo gralKi unD Jörg teuscher


Berlin backt titel

Ich backe; du backst; er, sie es backt; wir backen — die Herstellung von Torten und Tartes, Kuchen und Cupcakes wird nirgendwo häufiger konjugiert als in Berlin. Die Hauptstadt im Backfieber. Süß ist im Trend. Das war nicht immer so. „Sie treffen sich täglich um viertel nach

drei am Stammtisch im Eck‘ in der Konditorei und blasen zum Sturm auf das Kuchenbuffet, auf Schwarzwälder Kirsch und auf Sahnebaiser…“, dichtete 1978 der Berliner Kabarettist Eckart Hachfeld. Udo Jürgens schrieb eine Melodie dazu und verulkte die wirtschaftswunderliche Fettlebe. 34 Jahre später haben die Diätpäpste natürlich nicht aufgehört, Kalorien zu

zählen, aber die Lust auf hochwertige Süßigkeiten steigt wieder. Ein Beweis dafür ist der Slow-FoodNaschmarkt in der Markthalle IX, der am 25. März stattfand und tausende Naschkatzen nach Kreuzberg zog. Wieder boten über 30 handwerkliche Produzenten ihre süßen Kreationen zum Probieren und Kaufen an, drei von ihnen stellen wir vor.


nina junghans

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Macaron, das klingt, wie es schmeckt — zart schmelzend, leicht knusprig, französisch eben. Deshalb sollte man es auch nicht übersetzen. Makrone, nein, das hat den Klang von Knäckebrot. Nina Junghans steht in ihrer Backstube im Pegelturm am Westhafen und

sinniert, weshalb es das raffinierte Gebäck in Berlin so schwer hat. „Die Bockwurst hat es in Paris auch schwer“, unterbricht ihr Partner Frank David das Schweigen. Nina Junghans, gebürtige Berlinerin und der Pariser Frank David, beide Jahrgang 1965, lernten sich vor 30 Jah-

ren während einer Sprachreise in London kennen. Dann wurden sie ein Paar, das erst in Berlin, später in Frankreich lebte. Dort wagte die gelernte Zahntechnikerin einen beruflichen Neuanfang und absolvierte eine Konditorlehre. „Meine erste Begegnung mit dem Macaron“, sagt sie.

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titel Berlin backt

nina junghans und ihr Partner frank david

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2009 kamen Nina Junghans und Frank David zurück nach Berlin, sie erwarb den Meisterbrief und spezialisierte sich auf die Herstellung von Macarons. Art Sucré nannten die beiden ihre Unternehmung — Süße Kunst. Tatsächlich ist das Backen von Macarons eine Angelegenheit, die viel Fingerspitzengefühl erfordert und absoluter Rezepttreue bedarf. Es klingt eigentlich ganz einfach: Puderzucker und gemahlene Mandeln mischen, Eiweiß zu einem festen Schnee schlagen, den Zucker-Mandel-Mix untermischen, Farbstoff hinzufügen, die Macarons mit einem Spritzbeutel auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech spritzen, ruhen lassen, im heißen Ofen backen. Aber das in Frankreich bereits im 17. Jahrhundert verbreitete Rezept hat seine Tücken, weil so vieles über das Gelingen entscheidet: die Eiersorte, die Raumtemperatur, die Rührtechnik, die Backzeit. Nina Junghans beruhigt: „Macarons misslingen nicht häufiger als ein selbst gemachter Blätterteig.“ Ach so. Geschmacksgebend schließlich ist die Ganache, jene Masse also, die zwischen zwei Macaronhälften gestrichen wird. Bitterschokolade ist ein Klassiker, Cranberry-Kirsch und Veilchen-Cassis sind schon moderner, als abgefahren gelten Geschmacksrichtungen wie Blutwurst-Apfel oder Schinken-Pflaume.


Berlin backt titel

Berühmte französische Pâtissiers präsentieren wie in der Modewelt halbjährlich eine neue MacaronKollektion. Und der berühmteste hatte die Idee, einmal im Jahr den „Jour du Macaron“, den Tag des Macarons zu feiern. Der Mann heißt Pierre Hermé, stammt aus dem Elsass, betreibt in Paris acht Confiseriegeschäfte und gilt in Frankreich als Couturier seines Berufsstandes, als eine Art Karl Lagerfeld der Pâtisserie. In diesem Jahr wurde der Tag des Macarons am 20. März gefeiert — mit großem Tamtam in Paris und ein bisschen auch in Berlin. Nina Junghans präsentierte als Spécialité de la Maison Proben der Geschmacksvariante Mandarine-Minze, die mal ihr Markenzeichen werden soll. Und sie gibt die Hoffnung nicht auf, dass die Vision unserer Illustratorin keine Vision bleibt.

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die Backstube im westhafen

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annette M. Zeller

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„Ich back‘ dir erst mal 'n Wasserwecken von meinem Vater auf“, sagt Annette Zeller zur Begrüßung. Es ist acht Uhr morgens, nicht die beste Zeit für Reporter. Die 45-Jährige steht schon seit einer Stunde in der kleinen Backstube, die sie sich im Keller ihres Bohnsdorfer Hauses eingerichtet hat.

Der Wecken scheint seinem Namen gerecht zu werden, vielleicht ist es aber auch der starke Kaffee. Annette Zeller zeigt auf ein kleines gerahmtes Foto, darauf ihr Vater vor einem altertümlichen Backofen. Ich bin Bäcker, wer ist mehr. Noch heute fertigt der inzwischen 79-Jährige zwei

Tage in der Woche seine Spezialitäten. Der Wasserwecken, eine Art große Semmel aus Dinkel- und Weizenmehl, gehört dazu. Beim Vater lernte sie auch das Handwerk, daheim in Rechberg am Nordrand der Schwäbischen Alb. „Dort gilt der Bäcker im Ort noch was“, sagt sie.

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titel Berlin backt

annette Zeller in ihrer Bohnsdorfer Backstube

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Natürlich, auch Baden-Württemberg erlebt seine Inflation der Backstationen, in denen Tiefkühlteiglinge nur noch aufgebacken werden müssen. Verglichen mit anderen Bundesländern gibt es in Deutschlands Südwesten allerdings noch weit mehr Handwerksbäckereien, die unser täglich Brot in bester Tradition herstellen — ohne Fertigmischungen und chemische Tricksereien, dafür mit erstklassigen Zutaten, Liebe und Zeit. Kein Wunder übrigens, dass viele Sterneköche im Ländle ihr Brot bei den ortsansässigen Bäckern kaufen — Harald Wohlfahrt beispielsweise in der Baiersbronner Bäckerei Hofbäck, Joachim Wissler in der Westhausener Handwerksbäckerei Mack oder Rolf Straubinger in der Familienbäckerei Grüne Brezel in Schwäbisch Gmünd. Annette Zeller hätte also nach ihrer Meisterprüfung 1992 durchaus die Chance für einen beruflichen Aufstieg im eigenen Familienbetrieb gehabt. Aber dann war da die Liebe. Sie lernte einen Berliner Apotheker kennen, folgte ihm in die Hauptstadt, versuchte sich zwei Semester an einem Studium der Kulturwissenschaften, um schließlich doch wieder zu den Backwaren zurückzukehren. Sieben Jahre lang arbeitete sie für das Manufactum-Delikatessengeschäft brot&butter am Ernst-Reuter-Platz.


Berlin backt titel

Dann rieten ihr Freunde zur Selbstständigkeit. Aus Annette Zeller wurde www.frauzeller.de, die Bäckermeisterin „mit Schwerpunkt Kuchen und Torten“, wie sie sagt. „Ich backe wie für Freunde oder die Familie.“ Die Kunden honorieren das, seit sie Anfang November 2011 zum ersten Mal ihren Stand in der Kreuzberger Markthalle IX aufgebaut hat. Argentinische Sauerrahmtorte, KäseMohn-Torte, Lemoncurd-Wolkentorte, Mandel-Kirschtorte und Schoko-FeigeIngwer-Torte gehören zu ihren beliebtesten Kreationen. Bald soll es auch eine Schwarzwälder Kirschtorte nach dem Rezept ihres Vaters geben. Viele Früchte kommen aus dem eigenen Garten oder von Bauern aus der Region, der Vollrohrzucker und das Dinkelmehl vom Bio-Großhandel. Zusatzstoffe sind tabu. „Meine Torten sollen Gaumengemütlichkeit ausstrahlen“, so bringt Annette Zeller ihr Berufscredo auf den Punkt.

das tortenangebot in der kreuzberger Markthalle iX

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olivia kaufmann

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Zeichnen und backen — das waren Olivia Kaufmanns Lieblingsbeschäftigungen in der Kindheit. Während ihrer Schulzeit im heimatlichen Wolfenbüttel überwog das Zeichnen, und sie studierte nach dem Abitur Grafikdesign. Keine Ahnung, was man in der verschnarchten niedersächsischen

Kreisstadt mit dem kreativen Beruf anfängt — als 1991 Berlin rief, war Olivia Kaufmann jedenfalls weg. Genauer gesagt hatte ihre Schwester gerufen, die in der Kreuzberger Oranienstraße die Rock-'n'-Roll-Kneipe „Flammende Herzen“ betrieb. Sechs Jahre lang stand Olivia Kaufmann dort

hinterm Tresen, schenkte ein und teilte aus. „Das hatte zwar wenig mit Grafikdesign zu tun, dafür aber ganz viel mit Leben“, sagt sie. 1997 machte sie sich selbstständig, zog nach Friedrichshain zum Boxhagener Platz und eröffnete dort ein Feinkostgeschäft.

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titel Berlin backt

Irgendwann erinnerte sie sich ihrer frühen Leidenschaft fürs Backen. Aus der Delikatessenhandlung „Proviant“ wurde 2005 der Kuchen- und Schokoladen „Olivia“. „Meine süße Oase“, nennt sie ihn. „Die süßeste Adresse in Friedrichshain“, sagen ihre Kunden. Es gibt hier Schokoladen von über 20 Produzenten — Berger aus Österreich, Coppeneur aus Bad Honnef, Hamann aus Berlin, dazu Kekse, Trüffel sowie Törtchen, Tartes und Kuchen aus der eigenen Backstube, die sie gemeinsam mit einer Konditormeisterin herstellt. Die Gäste des kleinen Ladens honorieren vor allem Olivias Ansprüche: „Ohne Backhilfsmittel, ohne Backmischungen, ohne Gelatine, ohne Alkohol, beste Rohstoffe, Bio-Eier, 24 Stunden Teigruhe“. Der Text hängt im Schaufenster, die 47-Jährige bürgt dafür, und ihre Gäste schmecken es. Bananen-Toffee-Tarte, Tarte au Citron, Himbeer-Vanille-Tarte, dreierlei Schokoladentarte, Käse-AprikosenKuchen oder Möhre-Kokos-Kuchen sind genau nach diesem Credo gefertigte, feine handwerkliche Backwaren. „Rund 31 Kilogramm Süßes essen die Deutschen pro Kopf und Jahr“, so Olivia Kaufmann, „das meiste davon stammt aus industrieller Fertigung — zu viel Zucker, zu billig, vollgestopft mit Aromastoffen und Geschmacksverstärkern.“

olivia kaufmann in ihrer friedrichshainer Backstube

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Berlin backt titel

Dem will sie mit ihren Kreationen etwas entgegensetzen, damit das Geschmacksempfinden nicht noch weiter verkümmert. Was Olivia Kaufmann damit meint, erklärt sie am Beispiel des Bienenstichs ihrer Mutter mit der vielen guten Butter und der Extraportion Mandeln. „Heute schütteln sich die meisten schon bei dem Wort Bienenstich, weil sie diesen Kuchen nur noch mit der aus Fertigpulver angerührten Puddingcreme der Billigbäckereien kennen.“ Nun will sie dem Traditionskuchen in ihrem Laden wieder die Geltung verschaffen, die er verdient. Bekannt geworden ist Olivia Kaufmann vor allem durch ihre außergewöhnlichen Schokoladenkekse. Das Rezept allerdings bleibt in der Schublade, nur so viel verrät sie: „Wenig Zucker und reichlich Schokolade.“ Zum Schluss bekommen die Kekse ein filigranes Muster aus Zuckerguss. Das ist ihr Markenzeichen, die Grafikdesignerin lässt grüßen.

olivias schokoladen am Boxhagener Platz

oliVia schokoladen & taRtes Wühlischstraße 30 10245 Berlin-Friedrichshain Tel. 030 - 60 50 03 68 www.olivia-berlin.de

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titel PS: Süßes vom Südstern

Ps: sÜsses Vom sÜDstern Premiere einer bio-KonDitorei Von WolFgang schuhmacher

cousinen und kolleginnen: Bäckermeisterin christa lutum, re. und konditormeisterin Bärbel koopmann

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Beumer & Lutum — das ist in Berlin nicht nur ein Synonym für beste BioBackwaren, sondern auch für eine Unternehmenskultur, die ganz und gar auf die Kompetenz der Mannschaft setzt. Da ist zum Beispiel Katrin Knopp. Die gebürtige Rheinländerin schmiss ihr Theologiestudium, um Bäckerin zu werden. In der Kreuzberger Beumer & Lutum-Zentrale lernte sie, Natursauerteig anzusetzen, dessen optimale Reifung zu gewährleisten und Brote in alter Handwerkstradition zu backen — Roggenbrot, Haferbrot, Dinkelbrot, insgesamt rund 50 Sorten. Seit ein paar Tagen ist Katrin Knopp nun für die Öffentlichkeitsarbeit der Kreuzberger Biobäckerei zuständig. Antonius Beumer und Christa Lutum, die Gründer und Inhaber des Unternehmens wissen, dass sie ohne professio-


PS: Süßes vom Südstern titel

nelles Marketing ebenso wenig bestehen können wie ohne moderne Technik. Die erste Amtshandlung der 26-jährigen Bäckerin und PR-Frau datierte auf den 29. Februar 2012. Da managte sie die Wiedereröffnung der Beumer & Lutum-Filiale am Kreuzberger Südstern. Äußerlich hat sich im Geschäft des Bio-Bäckers nicht viel verändert. Die Wände sind frisch gestrichen, es gibt ein paar neue Bänke, Bilder und Regale, aber das wäre kaum eine Feier wert. Der „besondere Abend“ zielt natürlich auf das neue Angebot an Schokoladenspezialitäten, die dem Brot- und Brötchenladen eine feine Note geben sollen. Zuständig für das süße Sortiment ist die Konditormeisterin Bärbel Koopmann, die wie ihre Cousine Christa Lutum aus Westfalen stammt. Schon als Kinder träumten die beiden davon, später einmal gemeinsam zu backen. Bärbel Koopmanns Entscheidung, bei Beumer & Lutum anzuheuern, hat aber wohl nicht nur mit der späten Erfüllung eines Kindertraums zu tun, sondern folgt mit Sicherheit auch einem unternehmerischen Kalkül. Der Appetit auf Süßes scheint wieder zuzunehmen, allemal, wenn Petit Fours, Pralinen, Torten und Törtchen nicht aus Fertigpulver zusammengekleistert, sondern mit besten Zutaten gebacken werden. Bärbel Koopmanns erster süßer Gruß an Berlins Naschkatzen ist ein Beispiel dafür. Sie nannte ihn Südsterntörtchen — Honigmürbteig, gefüllt mit Nussnougat, Edelmazipan und Himbeermus, 14 Tage haltbar und selbst zum Verschicken geeignet. „Bio muss nicht grau und langweilig sein“, kommentiert die Konditormeisterin ihre Kreation.

Beumer & lutum: eröffnung der Bio-konditorei am südstern

PR-Chefin Katrin Knopp begrüßt und...

...filialleiterin Maria Paulick bewirtet...

...dutzende Gäste mit feinen Pralinen

BeuMeR & lutuM aM sÜdsteRn Körtestraße 36 10967 Berlin-Kreuzberg Tel. 030 - 691 72 64 www.beumer-lutum.de

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„Die Wonn 30 Jahre Restaurant Alt Luxemburg Von Jörg Teuscher


Zwischen den beiden Bildern auf diesen Seiten liegen rund 30 Jahre Geschichte. Das kleinere entstand 1982. In Madrid unterlag die bundesdeutsche Nationalmannschaft im Endspiel der Fußballweltmeisterschaft Italien mit 1:3, in Bonn zerbrach die sozialliberale Koalition, Helmut Kohl wur-

de zum Bundeskanzler gewählt — und in Berlin eröffneten Ingrid und Karl Wannemacher ihr Alt Luxemburg. Dreißig Jahre später, eine Ewigkeit in der schnell drehenden Berliner Gastronomie, gibt es das Restaurant immer noch, und es ist immer noch eins der besten in der Stadt.

nemacher“


das alt luxemburg am 18. februar 2012...

...jede Menge Gratulanten — hier der winzer andreas stiegler, re. ...

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An diesem Samstag im Februar 2012 liegt über dem Alt Luxemburg in der Charlottenburger Windscheidstraße eine heiter-festliche Atmosphäre. Feine Tischkultur, farbenprächtiger Blumenschmuck und ein Patron, der so vergnügt wirkt wie selten. Karl Wannemacher ist in Feierstimmung. Was Wunder: 30 Jahre selbstständig, 30 Jahre im eigenen Restaurant, 30 Jahre in der Spitzengruppe der Hauptstadtgastronomie, das ist einmalig in Berlin. Noch bemerkenswerter ist Wannemachers unstillbare Lust am Kochen — auch nach 30 Jahren. Für ihn Anlass, Kollegen und Weggefährten an den Alt-Luxemburg-Herd


Alt Luxemburg loKaltermin

...ein volles haus...

...fröhliche Gäste...

einzuladen. „Karl der Große und die alten Meister“ hieß das Motto des Genießer-Abends. Carmen Krüger, Franz Raneburger und Thomas Kammeier waren Wannemachers Gastköche, wobei Kammeier zwar ein meisterlicher Koch, mit seinen 45 Jahren aber doch eher noch ein Jungspund ist. „Alle haben mich vor 30 Jahren gewarnt“, eröffnete Karl Wannemacher den Abend, „Alt Luxemburg? Falscher Name. Charlottenburg? Falscher Ort. Klassisch-französisch? Falsches Essen.“ Dann ein Lächeln und der Satz: „Wir haben also alles falsch gemacht, und das war offenbar genau richtig.“ Beifall und Bravo-Rufe.

...und eine der seltenen Reden des Patrons

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karl der Große und die alten Meister: wolfgang haase, karl wannemacher, franz Raneburger, carmen krüger, thomas kammeier, v. li.

Wannemacher wurde 1951 im damals noch autonomen Saarland geboren. Der Kochlehre im Schwarzwald folgten Stationen in der Schweiz und England. 1974 kam er, auf der Flucht vor dem Wehrdienst, nach West-Berlin und arbeitete — mit einer Unterbrechung — im damals legendären Restaurant Maître bei Henry Levy. 1982 eröffnete er gemeinsam mit seiner Frau Ingrid das Alt Luxemburg. Der Gault Millau schrieb: „Wir erwarten zwar keine Fortsetzung des Maître, aber ein bisschen mehr aus dem Küchenrepertoire des großen Vorbildes haben wir schon erhofft.“ Das klang nicht gerade erfolgversprechend, doch Wannemacher ließ sich nicht beirren. 1990 urteilten die Tester: „Hielt sich früher unsere Begeisterung in Grenzen, so bekennen wir uns jetzt zum schwärmerischen Genuss.“ Wannemacher bot Klassik par excellence. Seine subtile Kunst, Produkte von höchster Qualität zu kombinieren ohne den Eigengeschmack mit Schnickschnack zu stören, war für den Michelin 13 Jahre lang einen Stern wert. Weshalb er 2001 aberkannt wurde...? Möglicherweise ist die Antwort ganz einfach. Karl Wannemacher folgte keinen Schäumchen- und anderen Moden, er blieb, was er immer war: ein Koch, dem der Geschmack eines Gerichtes das Wichtigste ist.

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carmen krüger und wolfgang haase: ofenterrine vom kaninchen

karl wannemacher: hummercremesuppe


O T TO G O U R M E T

GUTES FLEISCH GENIESSEN thomas kammeier: jakobsmuschel, topinambur, Gurke, Goulasch-sud

IN BERLIN* BEI TIM RAUE

IM VAU · HUGOS WEINBAR RUTZ GRILL ROYAL · FACIL karl wannemacher: lammrücken, chorizo-Bohnen, Perlzwiebeln, olivenpolenta

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„Ein Restaurantbesuch ist häufig wie ein Spielfilm im Fernsehen. Man sieht ihn, weil es zu früh zum Schlafen ist, unterschätzt seine Dauer und hat ihn am nächsten Tag vergessen. Ganz anders verhält es sich bei einem Besuch in Karl Wannemachers Alt Luxemburg. An ihn erinnere ich mich noch nach zehn Jahren. Nicht an Einzelheiten seiner Gerichte, wohl aber an den Gesamteindruck seines Menüs. Und der war überaus positiv. Nicht nur, weil er es vermieden hatte, sich dem Kritiker als kreatives Original zu präsentieren, was damals in Berlin das Bestreben jedes Kühenchefs war. Gleichzeitig bewirkte er das beglückende Gefühl, das Marcel Proust anlässlich einer in den Tee getunkten ‚Madeleine‘ beschrieb. Er weckte in mir die Erinnerung an die schönen Momente meines Berufes. Seitdem gehört er selber dazu.“ Wolfram Siebeck, Mahlberg

„Lieber Karl, auch ich möchte Dir zu Deinem 30. Jubiläum allerbeste Glückwünsche übermitteln. Ich denke gerne an die alten Zeiten im "Maître" zurück. Wir haben zusammen viel erlebt und Spaß gehabt. Nun hast Du mit Deinem eigenen Restaurant die 30 erreicht. Ich habe immer viel von Dir und dem "Alt Luxembourg" gehört und gelesen. Mir bleibt nur noch zu wünschen, dass Du weiter erfolgreiche Jahre mit Deinem Restaurant und viel Spaß am Leben hast.“ Henry Levy, Paris

„Lieber Karl Wannemacher, ich durfte zu einer Zeit bei Ihnen arbeiten, in der die sprachliche Verknüpfung von Berlin und guter Küche noch als paradox galt. Sie kämpften dagegen an und lehrten uns junge Köche, dass der großzügige Umgang mit Garzeiten weder besonders kreativ noch besonders modern ist, dass ein durchgebratener Fisch nicht auf den Teller, sondern in die Tonne gehört und dass eine kunterbunte Mischung aus müden Blättern alles andere, nur keinen Salade Niçoise ergibt. Ihre Perfektion im Umgang mit den Lebensmitteln hat mich geprägt, und dafür danke ich Ihnen. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag des Alt Luxemburg.“ Sonja Frühsammer, Berlin


Alt Luxemburg LOKALTERMIN

„Lieber Karl, zwei Sätze wollen die Garcon-Leute über Dich, dabei könnte ich locker zwanzig schreiben. Also nur das für mich Wichtigste: Du warst ein Wegbereiter für den kulinarischen Aufstieg unserer Stadt, für das Berlin von heute. Und Du bist ein überaus bescheidener Großer unserer Zunft. Dir, Deiner Frau und dem Alt Luxemburg alles Gute.“ Thomas Kammeier, Berlin

„Lieber Karl, liebe Ingrid, mit 23 Jahren im Alten Zollhaus gehöre ich auch schon zu den Methusalems unserer Branche. Umso mehr würdige ich Eure Leistung. 30 Jahre erfolgreich am Berliner Markt, das ist schon was. Herzlichen Glückwunsch!“ Herbert Beltle, Berlin

„Karl Wannemacher oder: Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Kochen zum Beispiel, dreißig Jahre lang, auf Sterneniveau, ohne Gedöns, wie wir hier in Hamburg sagen, unaufgeregt, mit dem Herzen old school, aber niemals old fashion. Die Küche des bescheidenen Saarländers war immer fein und konzentriert und porentief gut. Schon damals, in den frühen Achtzigern, als er mit seinem Alt Luxemburg noch zu den wenigen Pionieren in der kulinarischen Frontstadtwüste gehörte. Und heute erst recht, wo man den Altmeister als alten Hasen adelt und das, was er auftischt, im überfüllten Feld der Moden als klassisch selbstbewusst und äußerst stilsicher anerkennt. Ich wünsche ihm und seiner Ingrid — und mir, dass er noch lange nicht aufhört, ein konsequenter Koch zu sein.“ Renate Peiler, Hamburg


LOKALTERMIN Alt Luxemburg

„Ich habe Karl Wannemacher vor 23 Jahren kennengelernt, damals gab es bestenfalls eine Handvoll Küchenchefs, die in Berlin kulinarisch von sich reden machte. Karl gehörte in jedem Fall dazu. Er war und ist ein Koch mit Leib und Seele, dem jegliche Trends egal sind. Ich finde es bewundernswert, wie man 30 Jahre lang seinem eigenen Stil treu bleiben kann — mit und ohne Michelinstern. Große Presseund Fernsehauftritte hat er seit Jahr und Tag gescheut, trotzdem kocht er gut und erfolgreich — und ein feiner Kerl ist er auch noch geblieben. Glückwunsch und weiter so, Karl!“ Andreas Staack, Berlin

„Lieber Karl, Glückwunsch zu Deinem Jubiläum und Chapeau! Du bist ein wirklicher Grandseigneur der Berliner Gastronomie. Alles Gute für die nächsten 30 Jahre und viele Grüße vom Sylter Sandhaufen.“ Johannes King, Rantum

„Wer sich in der schnelllebigen Gastroszene Berlins treu und dabei menschlich und bodenständig bleibt, wer Tiefschläge wegsteckt und trotzdem seit 30 Jahren kulinarische Glanzpunkte setzt, der sollte für alle, die sich in der Gastronomie versuchen, ein Vorbild sein. Ich wünsche den Wannemachers, dem Restaurant Alt Luxemburg und seinen Gästen von Herzen alles Gute.“ Matthias Buchholz, Berlin


Alt Luxemburg LOKALTERMIN

„Lieber Karl, 30 Jahre erstklassige Arbeit und gleichbleibendes Qualitätsbewusstsein, das gibt es in unserer Branche nicht eben oft. Meinen größten Respekt und außerordentliche Hochachtung vor dieser Arbeit! Ich wünsche Dir und Deiner Frau nur das Beste, Glück und Gesundheit für die nächsten 30 Jahre, von denen mindestens zwanzig Freizeit sein sollten.“ Karlheinz Hauser, Hamburg

„Lieber Karl, Du hast alles richtig gemacht. Meine Hochachtung und meinen herzlichen Glückwunsch zum 30. Jahrestag der Eröffnung Deines Restaurants.“ Peter Frühsammer, Berlin

„Obwohl ich Karl Wannemacher bereits von einer Zusammenarbeit in den achtziger Jahren für ein sozusagen staatliches Kochbuch im Auftrag der Porzellanmanufaktur kannte, wurde ich mit seiner Arbeit erst im darauffolgenden Jahrzehnt vertraut. Da schrieb ich zusammen mit dem Regisseur Gerd Hahn das Drehbuch für einen Asterix-Film. Nicht nur, dass uns armen Humorsoldaten durch eine großzügige Honorar- und Spesenregelung ungewohnte Mittel an die Hand gegeben wurden, die zum Eintreten in ein Luxusrestaurant ermunterten, nein, wir arbeiteten auch noch in einem Dachgeschoss hoch über der Windscheidstraße. Zum Alt Luxemburg waren es viele Treppen und wenig Bürgersteig. So kam es, dass ich Shiitake, frischen Ingwer und Koriandergrün entdecken und mich an Karls unvergleichlicher gebratener Gänseleber mit hochschmatzigem Pflaumenkompott (wenn meine Erinnerung mich nicht trügt) ergötzen durfte. Heute kommt mir das alles nicht wie vollendete Realität vor, sondern eher wie ein phantastischer Film, in den ich mich flüchten musste, weil ringsumher alles schäbig und gewinnlerisch schien. Ganz nebenbei wurde damals auch ein Ausgangspunkt markiert für meine Laufbahn als Restaurantkritiker. Manchmal bewusst, manchmal unwillkürlich messe ich, was ich in der Hochgastronomie vorgesetzt bekomme, an Karl Wannemacher. So wird es bleiben.“ Thomas Platt, Berlin


LOKALTERMIN Alt Luxemburg

Lieber Karl, zwei Köche, ein Gedanke: Du bist ohne Wenn und Aber einer der Großen unserer Zunft! Als wir die Bitte erhielten, über Dich ein paar Zeilen zu schreiben, saßen wir gerade zusammen und dachten: Wenn Stil, Qualität und Preis des Angebots eines kleinen, nicht quersubventionierten Restaurants über drei Jahrzehnte von so vielen Gästen akzeptiert werden, so ist das mindestens eine Verbeugung wert. Wir machen zwei und sagen herzlichen Glückwunsch! Thomas Kurt & Rolf Schmidt, Berlin

„Lieber Karl Wannemacher, vielen Dank für alle Ihre Besuche im Restaurant Quadriga während meiner Zeit als Küchenchef dort. Und vor allem: Danke für Ihre Tipps an einen jüngeren Kollegen, in unserer Branche ist das nicht eben selbstverständlich.“ Wolfgang Nagler, Bad Gastein

„Lieber Karl Wannemacher, einem im wahren Wortsinn vorbildlichen Gastronomen, der sich nicht von temporären Modeerscheinungen beeinflussen lässt, sondern seinen eigenen Stil auf höchstem Niveau präsentiert, herzliche Glückwünsche aus Oberbayern zum 30. Jubiläum Ihres Restaurants Alt Luxemburg.“ Manfred Heissig, Penzberg


Alt Luxemburg LOKALTERMIN

Dr. Karin Krüger und Johann Willsberger schickten aus ihrer Wahlheimat Zürich einen Glückwunsch der besonderen Art. Es handelt sich um einen Beitrag aus „Gourmet“, dem Internationalen Magazin für gutes Essen, das die beiden bekannten Genuss-Publizisten zwischen 1976 und 2001 herausgaben. „Natur ganz pur“ überschrieb Karin Krüger diese Seite in „Gourmet“ Nr. 19, erschienen im Frühjahr 1982.

Das im unverkennbaren Willsberger-Stil fotografierte Gericht ist ein Rote-BeteSüppchen — „auch flüssig ein Genuss“ — das Karl Wannemacher, damals noch „Maitre“Küchenchef in der Charlottenburger Meinekestraße, für die Aufnahme zubereitete. Übrigens: Wer damals auserkoren wurde, für Johann Willsbergers Kamera zu kochen, musste sich seine kulinarischen Meriten schon erarbeitet haben...


berlin-mitte in Drei gÄngen neue restaurants an historischen orten Von anna Weber, YVonne Weinlich unD JÜrg teuscher


Neue Restaurants in Berlin-Mitte loKaltermin

1080 Berlin, Unter den Linden 4460 — so lautete einst die Adresse des Ministeriums für Außenhandel der DDR. In dem dreigeschossigen Plattenbau residierten die Minister Horst Sölle und Gerhard Beil und hatten u.a. dafür zu sorgen, dass es im Osten zu Weihnachten Bananen gab. Errichtet wurde das Gebäude in den 1960er Jahren von den Architekten Emil Leibold, Herbert Boos und Hanno Walther. 1990 fiel es an den Bund, wurde umgebaut sowie um ein Geschoss aufgestockt. Vom ursprünglichen DDR-Ministerium blieb nur das Stahlskelett.

Heute befinden sich in dem kühl wirkenden Bau Büros von Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Seit Januar 2012 beherbergt es auch das Restaurant Berlin-Moscow. Dessen Adresse heute: 10117 Berlin, Unter den Linden 52.

1842 eröffnet, 1876 umgebaut, 1903 erweitert — der Stettiner Bahnhof an der Invalidenstraße war unter den einst zehn Berliner Fernbahnhöfen der größte. Griebens Reiseführer „Berlin und Umgebung 1920-1921“ vermerkte: „Züge nach Freienwal-

de a.O., Stettin, Swinemüne, Danzig usw., ebenso für die Stationen der Kremmener Bahn, der Nordbahn nach Stralsund und Mecklenburg.“ 1950 erfolgte durch die DDR die Umbenennung des kriegszerstörten Gebäudes in Nordbahnhof, zwei Jahre später die Stilllegung und bis 1962 der Abriss. Lediglich das Empfangsgebäude der sogenannten Stettiner Vorortbahn überstand leidlich intakt die Zeiten, wurde in den letzten Jahren saniert und beherbergt seit ein paar Wochen das Restaurant Nordbahnhof Two Buddhas.

Die ehemalige Schule für Mädchen jüdischen Glaubens entstand Ende der 1920er Jahre nach Plänen des Gemeindearchitekten Alexander Beer im Spannungsfeld zwischen Moderne und expressionistischer Backsteinarchitektur. 1930 begann der Unterricht mit 300 jüdischen Mädchen. 1942 schlossen die Nazis die Schule und nutzten das Gebäude als Lazarett. Zu DDR-Zeiten beherbergte es die Bertolt-Brecht-Schule, es folgte jahrelanger Leerstand, unterbrochen lediglich von einer Zwischennutzung als Berlinale-Spielort.

Michael Fuchs, 45, gebürtiger Badener, gelernter Galerist und nach einem halben Leben in New York seit 20 Jahren in Berlin, hat dem verfallenden Gemäuer nun ein neues Leben gegeben — eine Investition im Wert von rund 5 Millionen Euro.

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g n a 1. G

Einige hielten die Sache mit den 102.450,66 Euro tatsächlich für einen PR-Coup des Meisters des Ins-GesprächKommens und Im-Gespräch-Bleibens. War’s aber nicht. Spätestens als Hans-Peter Wodarz‘ Pressefrau den Journalisten, die zur Eröffnung seines Restaurants Berlin Moscow gekommen waren, die Kopie eines Beschlusses des Amtsgerichts Charlottenburg übergab, glaubte keiner mehr an einen Gag. Der Gastronom hatte in letzter Minute eine Vollstreckung verhindert. Ansonsten war alles so wie immer bei Wodarz: Promis in Bataillons- und Reporter in Kompaniestärke, der Regierende Bürgermeister, natürlich, Berliner Tänzerinnen, Moskauer Models — ein Grand Opening Marke Hans-Peter Wodarz eben. Inzwischen ist der Alltag im Haus Unter den Linden 52 eingekehrt. Für den ist Geschäftsführer Frank Duhse verantwortlich, Gastronom und Moskau-erfahrener Unternehmer.

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Dessen erste Bilanz klingt positiv: „Unser Konzept eines Metropolenrestaurants in prominenter Lage ist aufgegangen.“ Das Berlin Moscow öffnet um 7.30 Uhr mit einer Frühstückskarte, es gibt Kleinigkeiten und Süßigkeiten, Kontinentales und Exotisches sowie für 18 bzw. 19 Euro die Berliner oder Moskauer Geschichten, für deren Genuss man allerdings einen ordentlichen Appetit mitbringen sollte. Auch die Karte für den Rest des Tages kann sich sehen lassen. Zuständig dafür sind Emmanuel Soares, ein 41-jähriger Franzose mit portugiesischen Wurzeln sowie seine beiden Souschefs Jan-Peter Kork und Paulo Vaz. Deren kulinarisches Credo lässt sich so zusammenfassen: Gutes ganz einfach. Soares: „Keine Schnörkel und keine falschen Versprechungen. Wenn Pilz auf der Karte steht, ist Pilz auf dem Teller und das schmeckt der Gast auch.“ Eine geradlinige Küche also, die das Produkt hofiert, keine manierierten

Künstlerteller wie früher im Lindenlife, dem Vorgängerrestaurant an diesem Platz. Zum Entrecôte, Filet oder Rumpsteak vom US-Beef können die Gäste aus vier Saucen und acht Beilagen wählen. Das ist eine gute Idee. Ebenso gut ist, dass das Filet fürs Französische Tatar erst in den Fleischwolf kommt, wenn die Bestellung in der Küche landet. Frischer geht’s nimmer. Über dem Durchschnitt auch das Störfilet mit Sahne-Schwarzwurzeln, Bohnenpüree und Weißweinsauce. Das Berlin Moscow ist auf gutem Weg, und es bleibt nur die Frage: Weshalb eigentlich gibt’s hier keine Ente?

Restaurant Berlin Moscow Unter den Linden 52 10117 Berlin-Mitte Tel. 030 - 20 05 89 68 www.berlinmoscow.net


Neue Restaurants in Berlin-Mitte loKaltermin

Zur eröffnung Gottes segen: abt daniil irbits und Berlin-Moscow-Mitinhaber hans-Peter wodarz

Partygäste in Bataillonsstärke...

...Prominente aus Politik, kultur, wirtschaft...

...Medien, showbiz und sport...

...exzellente cocktails...

...und extravagante Mode

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loKaltermin Neue Restaurants in Berlin-Mitte

täglich Vollgas: die küchenbrigade im Berlin-Moscow

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Geschäftsführer frank duhse und küchenchef emmanuel soares, v. re.


AnZEiGE

MEtropolEn DEsiGn trifft BErlinEr HErZ

Was Michael Michalsky hier entworfen

Geschmack des spreequell Mineral-

hat, ist das konsequente outfit für eine

wassers durchaus hilfreich.

Genussmenschen mit höchstem An-

Wer auf den Geschmack gekommen

Ein purEr GEnuss

spruch schon beim Mineralwasser zu

ist, genießt das neue Q spreequell

erobern. Dabei ist natürlich auch das

premium ab sofort in der gehobenen

ausgesprochen positive urteil anerkann-

Gastronomie und überall, wo man

ter sommeliers und die Vergabe des

etwas von gutem Mineralwasser ver-

ÖKo-tEst siegels „sehr gut“ über den

steht.

Vieles lässt sich durch das Hinzufügen von Gutem noch verbessern – nur die reinheit nicht! Diesem Grundsatz folgend ist in Zusammenarbeit mit Berlins Erfolgsdesigner und Multitalent Michael Michalsky das neue Q spreequell premium Mineralwasser entstanden.

Klare formen, elegante schnitte: so entwirft Michalsky tragbare Mode mit einem Hauch Glamour für jedermann. Dabei ist es die symbiose von Klassik und trend, mit der er sich seine unverwechselbare Handschrift erarbeitet hat und aufgrund derer er heute das unbestrittene Aushängeschild Berlins ist, wenn es um guten Geschmack geht.

KlArEs DEsiGn Mit KlArEM AnsprucH

Erfrischung, die nicht weniger will, als


g n a 2. G

Volkmar Thieme ist ein Mann mit reichlich Erfahrung in der Berliner Gastronomie. Gemeinsam mit seinem Bruder Harald stemmte er kultige Projekte: Frisco, Goldrot oder Kula Karma. Vergangen, vergessen, vorüber, aber nicht vorbei. Zum Imperium des Lokalunternehmers gehören heute der Veranstaltungsort Wasserwerk am Wilmersdorfer Hohenzollerndamm, das Gasthaus Alter Fritz in Tegel und seit Ende Januar ein Restaurant mit dem sperrigen Namen „Nordbahnhof Two Buddhas“. Thieme sieht seinen neuen gastronomischen Ort „in der Tradition internationaler Lifestyle-Restaurants, etwa dem Zuma in London“, so stand es im Pressetext zur Eröffnung des Restaurants. Von der Stilistik mag da einiges dran sein, ansonsten hinkt der Vergleich. „An overnight destination for the very rich and the very thin“, heißt es in London über das Zuma. Das will Volkmar Thieme über sein neues Restaurant sicher nicht hören. Und das muss er auch nicht, zumindest nicht, was die Preisgestaltung betrifft. Was Küchenchef Pongthon Surat und sein Souschef Dennis Ucak auf Platten und in Schalen servieren, ist ein gelungener Mix aus japanischer, thailändischer, vietnamesischer und kalifornischer Küche. Ob Vorspeisen oder Hauptgerichte, alles wird frisch und erstklassig zubereitet und auf einem Preisniveau angeboten, das auch in weit weniger stylischen Läden Usus ist. Dass dies auch in Zukunft so bleibt, darüber wachen zwei meterhohe Buddhas, die Thieme eigens aus Asien heranschaffen ließ und mit denen man sich lieber nicht anlegen sollte.

Restaurant Nordbahnhof Julie-Wolfthorn-Straße 1 10115 Berlin-Mitte Tel. 030 - 28 04 61 01 www.nordbahnhof-two-buddhas.de

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Neue Restaurants in Berlin-Mitte loKaltermin

stolzer inhaber: Volkmar thieme

engagierte küchenchefs: dennis ucak und Pongthon surat, v. li.

leckere hauptspeisen

Begeisterte Gäste

Überzeugte kritiker: Bernd Matthies und thomas Platt, v. li.

feine desserts

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g n a G 3.

Kaum geschossen, schon verflossen — so könnte obiges Foto von der Eröffnung des Pauly Saals in der ehemaligen Jüdischen Mädchenschule knapp beschrieben werden. Stephan Landwehr und Boris Radczun, die Inhaber des neuen Szene- und Promitreffs und ihre Restaurantleiterin Heike Seebaum noch in trauter Eintracht. Keine Woche später — schon wieder geschieden. Branchenkenner hatten es geahnt: Seebaum, jahrelang der freundlichmütterliche gute Geist im bestbürgerlichen Alten Zollhaus passt nicht zum networkenden Bussi-Bussi-Publikum der Grill-Royal-Dependance.

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Die Propheten behielten Recht, und inzwischen leiten Helen Mol und Stefan Grill das Restaurant Pauly Saal. In der ehemaligen Turnhalle der Jüdischen Mädchenschule erinnert nichts mehr an Schweiß und Schwebebalken. Stattdessen edle Murano-Leuchter, die honiggelbes Licht auf die langen Tische mit feinem Damast und die dunkelgrünen Sitzmöbel werfen. Das hat Stil, wirkt weltstädtisch und das gilt auch für die Küche, in der Siegfried Danler-Heinemann Regie führt. Der 43-jährige Österreicher, geboren im Salzburger Land, arbeitete in den 1990er Jahren lange Zeit als Küchenchef im legendären Hamburger Restaurant Le Canard. Von 2003 bis 2011 war er Inhaber des Restaurants Amadeus an der Algarve und einer der besten Köche Portugals. Seine Gerichte pendeln geschmacklich zwischen leichter Eleganz und kraftvoller Klassik und zeugen von Danlers hohem Qualitätsanspruch. Für einige Gäste, die seit der Eröffnung den

Pauly Saal besuchten, ist das allerdings nicht das Thema. In diversen Internetforen machen sie ihrem Frust über die Preise im neuen Restaurant Luft: „Alles kostet mehr oder weniger dasselbe, nämlich viel: Keine Vorspeisen unter 15, kein Hauptgang unter 30, kein Dessert unter 11 Euro.“ — „Die Rakete im Restaurant muss für die Preise stehen.“ — „Wer meint, das mitmachen zu müssen, soll es tun.“ Küchenchef Danler-Heinemann hält dagegen: „Beste Produkte und deren aufwändige Verarbeitung gibt es nicht zum Discountpreis. Berlin ist ohnehin eine der günstigsten Metropolen.“

Pauly Saal & Bar Auguststraße 11-13 10117 Berlin-Mitte Tel. 030 - 33 00 60 70 www.paulysaal.com


Neue Restaurants in Berlin-Mitte loKaltermin

der Pauly saal mit Murano-leuchtern, Bonin-Rakete...

...und vielen künstlerischen details

küchenchef siegfried danler-heinemann...

...und seine fröhliche Brigade

Bar-Chefin Bobby Kay...

...und ihre zufriedenen Gäste

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loKaltermin Neue Restaurants in Berlin-Mitte

inhaber Michael Zehden und Restaurant-Managerin stephanie Babel

the kosher classroom

Nomen est omen: Im Restaurant Kosher Classroom, glaubt man den Dekorationsstücken, wurde früher mal Biologie gepaukt. Pflanzen- und Tierkunde, die Familie der Nachtschattengewächse, die Klasse der Krustentiere, Alfred Brehm, Charles Darwin, Ernst Haeckel. Eine grüne Schultafel hängt dort, wo sie während der DDR-Zeit wahrscheinlich immer hing. Schöner wäre es natürlich gewesen, Michael Zehden hätte eine jener Tafeln besorgt wie sie Ende der 1920er Jahre üblich waren, aber sei’s drum. Zehden wurde als Sohn jüdischer Eltern, die 1933 nach Skandinavien auswanderten, in Dänemark geboren und ist Initiator des Kosher Classrooms, eines in Berlin einmaligen kulturellen und kulinarischen Projekts. Der bekannte Hotelier und Gastronomieunternehmer über das „Unterrichtsziel“ des Kosher Classrooms: „Die jüdischen Leute kennen die koschere Küche, und wir hoffen, dass sie uns besuchen, um zu sehen, wie wir sie zubereiten. Die nichtjüdischen kennen diese Küche nicht und finden es vielleicht spannend, sie kennenzulernen.“ Sicher denkt der Geschäftsmann auch an die Touristen aus der ganzen Welt, besonders wohl an die aus Israel. Immerhin haben im vorigen Jahr zum ersten Mal mehr Israelis Berlin besucht als New York.

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Um die Gaumenattacken der koscheren Küche genießen zu können, müssen sie allerdings am Wochenende kommen. Jeden Freitagabend heißt es im Kosher Classroom „Shabbat Shalom“. Ein traditionelles Dinner mit vier Gängen und den dazugehörigen Segenssprüchen bietet die Gelegenheit, eine alte Kultur zu entdecken. Das Menü wechselt wöchentlich, lediglich die Hühnersuppe ist gesetzt, natürlich mit Kreplach. Dabei handelt es sich um kleine, fleischgefüllte Nudelteigtaschen. Ansonsten werden beispielsweise Räucherlachs mit Ketakaviar, Rösti und Orangenaioli; Tagliatelle mit Basilikumsauce, getrockneten Olivettitomaten und Cashewkernen; Kalbsrollbraten mit Aprikosen, Wurzelgemüse und Kartoffelpüree sowie hausgemachter Apfelkuchen mit Vanillesauce serviert. Alternativ gibt es eine vegane Menüvariante. Aber Moment mal, wieso Vanillesauce? Michael Zehden lächelt und erklärt: „Wir mussten uns zwischen Fleisch und Milch sowie Milchprodukten entscheiden, zusammen dürfen sie nicht gegessen werden, das wäre nicht koscher.“ Deshalb gibt es im Kosher Classroom nur Fleisch-, Fisch- und Gemüsegerichte. Eier und Milch sind tabu. „Allerdings“, so Zehden, „haben wir einen guten Milchersatz, er heißt Parve. Daraus bereiten wir zum Beispiel

Vanillesauce oder Eiscreme zu, und ich garantiere Ihnen, dass sie keinen Unterschied zu herkömmlich zubereiteten Saucen oder Cremes schmecken.“ Das gilt auch für das sonntägliche Brunchbuffet, bei dem die Gäste zwischen drei Fleisch- und einem Fischgericht, sieben Desserts sowie 34 veganen Vorspeisen wählen können. Diese Vielfalt führt sogar notorische Fleischesser auf Abwege: Auberginen mit Tomaten und Dill; Feigen, gefüllt mit Bulgur und Cranberrys; Jerusalemer Humus mit Pinienkernen und Israelischer Salat mit Minze und Zitrone — das klingt nicht nur lecker, das ist es auch. Und immer wacht der Mashgiach, ein besonders geschulter Gehilfe des Rabbiners, dass die Kashrut, die jüdischen Speisegesetze, eingehalten werden. Gästen, die sich darüber genauer informieren wollen, empfiehlt Restaurantmanagerin Stephanie Babel eine kleine Broschüre von Deborah und Hermann Simon: „Jüdische Familienrezepte. Ein Kochbuch“.

the kosheR classRooM Auguststraße 11-13 10117 Berlin-Mitte Tel. 030 - 315 950 950 www.thekosherclassroom.com


oleg Portmoy ist der Mashgiach: wächter für die einhaltung der jüdischen speisegesetze

jeden sonntag ab 11 uhr: Brunch-Buffet...

...lachs, lamm, Pute und 34 vegane Vorspeisen...

...hausgemachte kuchen und frische früchte...

...koscherer wein und Grappa mit honig aus israel

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Weinschmiede Fresdorf loKaltermin

Feuer & Wein geheimtiPP in Der ProVinz Von agata WoJcieszaK

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loKaltermin Weinschmiede Fresdorf

idyllisches Brandenburg: fresdorf in Potsdam-Mittelmark

der „schmied“: frido keiling

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Komm, wir fahr´n nach Brandenburg. Hier warten Wälder, Seen und ganz viel Weite — alles, was der Städtler braucht, wenn er sich erholen will. Trotzdem, irgendwas fehlt da. Orte zur Einkehr, Plätze zum Rasten, kleine Gasthöfe. Sicher, Ausnahmen bestätigen die Regel. Im Berliner Umland zählen die Villa Seeblick in Falkensee, Guido Kachels Gasthof in Nuthetal oder der Vierseithof in Luckenwalde dazu. Sie punkten mit bodenständiger Regionalküche, die in manchen Fällen sogar über das Attribut hinauswächst. Eine andere Ausnahme ist die Fresdorfer Weinschmiede in der Nähe des Neuseddiner Sees, 30 Kilometer südlich von Berlin. Wer hierher kommt, erlebt sie, die Kategorie „gemütlich-kleines Rasthaus“. Leider gibt es davon rund um Berlin bedauerlich wenige. Umso mehr ist Fresdorf ein Glücksziel. Mit dem Auto oder auf knackigen Wanderwaden gelangt man zum See.

Das Panorama lädt zum Spaziergang ein. Danach geht’s zurück auf die Fresdorfer Hauptstraße, einhundert Meter weiter wartet die Weinschmiede. Ein kleines Haus aus Feldsteinen. Lediglich ein kantiges Schild stört die Idylle — Radeberger everywhere. Ein verrostetes Tor, man ist im Garten. An zusammengewürfelten Tischen sitzen Menschen mit Sonnenbrillen und schwenken Weingläser in der Sonne. Frido Keiling, um die Fünfzig, wuscheliges Haar und ein verschmitztes Lächeln, hat die Schmiede vor dreieinhalb Jahren gekauft. Der ehemalige Journalist betreibt in Berlin drei Restaurants, darunter das bekannte Charlottenburger Gainsbourg. Seine Weinschmiede öffnet Keiling nur am Wochenende, weil die meisten Gäste Ausflügler aus Berlin und Potsdam sind. Entdeckt hat er das „Juwel“, wie er die Schmiede nennt, als er auf der Suche nach einem Wochenendhaus war. Tatsächlich befand sich bis 1959 in dem


Weinschmiede Fresdorf loKaltermin

Häuschen eine Schmiede, die jedoch nach dem Tod des letzten Dorfschmieds verfiel. Anfang der 1990er wurde sie restauriert und in ein Weinlokal verwandelt. „Überleben kann man damit nicht“, gesteht Keiling, der bereits dritte Besitzer des Weinlokals. Seine Familie nutzt das Haus am Wochenende, und weil er gern Gäste hat, machte er es zu einem gemütlichen Refugium für alle. Gemütlich ist auch das Lokalinnere. Das Feuer knistert im Kamin, ein Amboss erinnert an den einstigen Zweck des Hauses. Keiling steht hinterm Tresen und serviert seinen Gästen Weine — einen trockenen Rioja, einen Grauburgunder aus der Pfalz, einen Elsass-Riesling und einen Weißherbst vom Kaiserstuhl. Besonders am Herzen liegen ihm die Weine von der Nahe — ein Riesling vom Weingut Barth zum Beispiel oder eine Cuvée aus Spätburgunder und Regent. Die Weinschmiede ist, obwohl es der Name suggeriert, kein Ort großer Gewächse, aber das will sie auch nicht sein. Der Gast soll sich einfach mit einem Glas Wein entspannen und dazu Keilings Flammkuchen probieren. Der wird frisch zubereitet, die Gäste müssen also also ein bisschen warten. Das ist aber kein Nachteil, denn so kann man die Zeit vergessen und den französischen Chansonniers aus dem 50er-Jahre-Radio zuhören. Und plötzlich, vielleicht liegt das auch an der ganz langsam einsetzenden Wirkung des Weins, passt der zuvor so simpel klingende Slogan der Weinschmiede hierher wie die Zigarette zu Jacques Brel — „Urlaubsstimmung ganzjährig“.

lauschige Plätze im Garten...

...rustikales ambiente...

weinschMiede fResdoRf Luckenwalder Straße 222 14552 Fresdorf Tel. 033205 - 4 67 95 www.weinschmiede-fresdorf.de

...gemütlicher Rastplatz

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KoPFsalat Johannes Mohr & Swen Kernemann-Mohr

Die Kochbuch-a Johannes mohr & sWen Kernemann-mohr unD ihre bibliotheca culinaria Von miKe Draegert

Nur mal einen Blick reinwerfen und gleich wieder gehen, das ist fast unmöglich, vorausgesetzt natürlich, man interessiert sich fürs Kochen, Essen und Trinken. Wer erst einmal über die Schwelle des Altbau-Souterrains in der Zehdenicker Straße getreten ist, wird un-

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weigerlich in eine Welt gezogen, die schnell die Zeit vergessen lässt. Es ist die Kochbuchwelt von Johannes Mohr und Swen Kernemann-Mohr (Foto, v. re.), die hier seit knapp zwei Jahren die „Bibliotheca Culinaria“ betreiben. Ihr Antiquariat für Kochbuchliteratur ist das erste und einzige seiner Art in

Berlin und in puncto Vielfalt und Umfang des Angebots sicher auch das größte und spannendste in Deutschland. Knapp 30.000 Titel aus zweieinhalb Jahrhunderten internationaler Speisekultur umfasst die kulinarische Bibliothek und lässt das Herz jedes Profioder Hobbykochs höher schlagen.


Johannes Mohr & Swen Kernemann-Mohr KoPFsalat

antiQuare Auf rund 80 Quadratmetern Ladenfläche und in bis unter die Decke reichenden Regalen und Vitrinen stapelt sich ein gigantischer Fundus an Kochbuchliteratur von der Klassik bis zur Moderne, sortiert nach Epochen, Küchen und Themen: historische Ausgaben von Brillat-Savarin, Escoffier und Henriette

Davidis, Erstausgaben kulinarischer Enzyklopädien von Beeton bis Larousse, handgeschriebene Unikate und auf Bütten gedruckte Originale aus dem 18. Jahrhundert, alte Kochzeitschriften, Übersee-Rezeptbücher, Kochanweisungen aus der Kaiser-, Kolonial- und Kriegszeit.

Dazwischen findet sich auch der fast komplette Buchbestand an Küchenliteratur aus der ehemaligen DDR. 25 Jahre haben Johannes Mohr und Swen Kernemann-Mohr gebraucht, um ihren riesigen Bestand an Koch- und Küchenfachliteratur aus aller Welt zusammenzutragen. Was Anfang der 1980er Jahre auf Trödelmärkten als Hobby begann, entwickelte sich im Laufe der Zeit zur Leidenschaft und schließlich zur regelrechten Sucht. So ist es auch noch heute: Wann und wo immer sich Gelegenheit bietet, an seltene Kochbücher zu gelangen, um die Sammlung zu vervollständigen, sind die beiden zur Stelle. Ob Bibliotheksnachlässe, Haushaltsauflösungen, Antikbuchmessen, Sammlerbörsen oder Anzeigenmärkte — es wird recherchiert, aufgestöbert und abgekauft, was das Zeug hält bzw. die Regalwände tragen. Diese drohten bereits an den Wänden ihres ehemaligen Landhauses im rheinischen Niederkassel zu bersten. Und als dort schließlich auch die dazugehörige Scheune bis unters Gebälk mit Kochbüchern vollgestapelt war, schien es für Swen Kernemann-Mohr und seinen Lebensgefährten Johannes an der Zeit, sich über einen Umzug Gedanken zu machen. Damit verbunden war auch die Überlegung, sich vom gemeinsam betriebenen Pflanzen- und Blumengroßhandel zu verabschieden, der den beiden jahrelang ein florierendes Geschäft bescherte, aber beruflich keine wirkliche Herausforderung mehr darstellte. Als die Sehnsucht nach einem Tapetenwechsel für einen neuen Lebensabschnitt nicht mehr zu zügeln war, verkaufte das Paar den Blumenhandel. Statt Rosen, Tulpen und Nelken nun also Kochbücher und andere kulinarische Literatur. Die Verwirklichung des Traums von einem eigenen Antiquariat, in dem sie all ihre über die Jahre gesammelten Schätze einbringen könnten, war dann nur noch eine Frage des Standorts.

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KoPFsalat Johannes Mohr & Swen Kernemann-Mohr

Dass es eine pulsierende Metropole sein sollte, die nicht nur genügend interessierte und finanzkräftige Kunden für ihre Kochbuch-Schatzkammer hat, sondern auch eine vielfältige Gastronomie bietet, verstand sich für die beiden Küchenkenner von selbst. „New York wäre sicher eine Option gewesen, aber dafür hatten wir leider zu wenige englischsprachige Titel“, bemerkt Swen Kernemann-Mohr, „doch auch Berlin schien eine gute Adresse für unsere neue Mission zu sein“. Eine Mission, die aufgegangen ist, denn die Bibliotheca Culinaria erfreut sich seit ihrer Eröffnung 2010 einer stetig wachsenden Kundenschar.

man Einblick in den Zeitgeist und die gesellschaftlichen Umstände seiner Entstehung bekommt“, sagt Swen Kernemann-Mohr. Sein Partner Johannes Mohr fügt hinzu: „Allein beim Lesen von Rezepten erschließt sich, wie gut oder schlecht es den Menschen ging, weil man erfährt, wie und wovon sie sich ernährten. Das macht das Sammeln alter Kochbücher so unglaublich spannend.“ Kein Wunder, dass sich die beiden passionierten Antiquare im Laufe der letzten Jahrzehnte ein lexikalisches Speise- und Kochkunstwissen aneigneten, von dem sie natürlich auch in der eigenen Küche profitieren.

über den Zuwachs von Kunden für das gemeinsame Antiquariat macht. Die kommen von ganz allein und werden immer zahlreicher. Das liegt nicht nur am gemütlichen Ambiente, sondern vor allem an der Faszination und Entdeckerfreude, die Johannes Mohr und Swen Kernemann-Mohr gern mit ihren Kunden teilen. Wer bei einem Glas Tee aus dem Samowar die Zeit für eine kleine kulinarische Reise in die Vergangenheit mitbringt, wird mit Fundstücken besonderer Art belohnt. Sei es in Form einer Kriegsküchenfibel mit Rübenrezepten, die durchaus in die moderne vegane Küche passen wür-

Auf die Frage nach „dem“ Schlüsselerlebnis für ihre Leidenschaft schwärmen die beiden Kochbuchantiquare in Erinnerungen aus jungen Jahren. Während es für Johannes Mohr der Verzehr einer gekochten Artischocke in einer südfranzösischen Dorfkneipe war, sind es für seinen Partner Swen die knallrot anlaufenden Hummer gewesen, die seine spanische Großmutter einst in ihrer Küche zubereitete. Ihre Kochbuchsammlung lässt die beiden Männer jedoch nicht nur in kulinarischen Erinnerungen schwelgen, sie betreiben auch historische Forschung. „Jedes alte Kochbuch ist wie ein kulturgeschichtliches Fenster, durch das

Ob zu zweit oder in großer Runde — häufig kochen die zwei Antiquare nach verlockenden alten Rezepturen aus ihren Lieblingsbüchern. Seit Swen Kernemann-Mohr bei einer Weihnachtstafelrunde eines befreundeten Kölner Künstlers in den Genuss eines uralten Rezepts kam — Jacobsmuscheln auf Christstollen — ist seine Experimentierfreudigkeit am häuslichen Herd nicht mehr zu bremsen. Kaum ein Tag vergeht, an dem er nicht über irgendein Rezept stolpert, das zum Nachkochen animiert. Sehr zur Freude von Johannes Mohr, der sich ob der Küchenkünste seines Lebenspartners eher Gedanken um die Figur als

den, einem Kolonialkochbuch, aus dem man mit eher gemischten Gefühlen erfährt, wie sich ein Elefantenfuß zubereiten lässt oder einer Küchenenzyklopädie aus dem 19. Jahrhundert, die verrät, wie verschwenderisch einst mit Trüffeln oder Safran gekocht wurde. Ganz egal was man entdeckt und wie kurios es ist — der Besuch der Bibliotheca Culinaria gleicht immer auch einer Geschichtsstunde. Die Vergangenheit wird nicht nur in Rezepten lebendig, sondern auch, wenn man beim Blättern handschriftliche Anmerkungen entdeckt oder einem vergilbte Notizzettel entgegenflattern, die einst als Lesezeichen dienten.

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Johannes Mohr & Swen Kernemann-Mohr KOPFSALAT

Kaum einer, der die Biblioteca Culinaria von Johannes Mohr und Swen Kernemann-Mohr nicht mit mindestens einem Buch unter dem Arm wieder verlässt. Seit einiger Zeit kommt sogar jemand, der Bücher mitnimmt und sie eine Woche später in besserem Zustand wieder zurückbringt. Es ist ein Berliner Restaurator, der sich um die Erhaltung der bibliophilen Kostbarkeiten des Antiquariats kümmert, indem er unentgeltlich die schwächsten unter den altersschwachen Schmuckstücken wieder auf Vordermann bringt. Angesichts der vielen wertvollen Buchtitel, die Johannes Mohr und Swen Kernemann-Mohr ihr Eigen nennen, liegt eine Idee auf der Hand — die eines Kochbuchmuseums. Eines, in dem die Besucher selbst die ältesten Exemplare in die Hand nehmen und auch darin blättern können. Im Gegensatz zum Deutschen Kochbuchmuseum in Dortmund, das im kommenden Jahr wiedereröffnet werden soll und seine Exponate aus Angst vor Schäden nur hinter Glas zur Schau stellen wird. „Dessen Bücherzahl würden wir mit unserem Repertoire auf jeden Fall locker toppen, und bei uns würde es sicher auch keine Glasscheiben zwischen Buch und Besucher geben“, bemerkt Johannes Mohr ironisch. Damit deutet er an, wohin sich ihre Bibliotheca Culinaria in Zukunft entwickeln könnte. „Ein Kochbuchmuseum mit angeschlossenem Restaurant, in dem man nicht nur in historischen Werken stöbern, sondern gleichzeitig auch nach Originalrezepten aus diesen speisen kann, wäre sicherlich eine spannende Sache.“

Bibliotheca Culinaria Zehdenicker Straße 16 10119 Berlin-Prenzlauer Berg Tel. 030 - 47 37 75 70 www.bibliotheca-culinaria.de

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KoPFsalat Johannes Mohr & Swen Kernemann-Mohr

Bürgerliches Kochbuch Berliner Morgen-Zeitung (1900) Um die Auflage von 150.000 Exemplaren zu steigern, entschied sich die Leitung der im Verlag Rudolf Mosse erscheinenden Berliner Morgen-Zeitung im Jahr 1900 zu einer Geschenkprämie für ihre Abonnenten. Diese kam in Form eines Kochbuchs daher und sollte wohl vor allem Berliner Hausfrauen veranlassen, ihren Ehemännern ein Abonnement der Tageszeitung ans Herz zu legen. Neben „1.000 Rezepten zur Bereitung von Speisen

und Getränken“ umfasste die AboPrämie auch praktische Tipps beispielsweise zum Tranchieren von Fleisch, zum Abfassen von Einkaufszetteln oder zur Resteverwertung in der Küche — Letzteres wahrscheinlich, damit in der Haushaltskasse noch genügend Groschen für ein Abo übrig blieben. Genutzt hat es nicht viel — im Jahr 1911 wurden nur noch 100.000 Exemplare gedruckt, 1939 schließlich ging die Zeitung in der Berliner Morgenpost auf.

König’s Kochbuch Kaufhaus Wertheim Berlin (1910) Der Berliner Kaufhauskönig Georg Wertheim war ein ideenreicher Mann, wenn es um Kundenbindung ging. Er forcierte Rabattaktionen, organisierte Sonderangebote und ließ für treue Kunden sogar ein Kochbuch als Werbegeschenk drucken. Es wurde pünktlich zur Eröffnung seines dritten Berliner Warenhauses in Tempelhof gedruckt und machte tausende Stammkunden glücklich. König´s Kochbuch, Autor Karl König, passte

nicht nur ideal zum Standort der neuen Wertheim-Filiale in der Königstraße, sondern war mit genauen Mengenangaben und Menüvorschlägen auch etwas ganz Neues. Neben jeder Menge bürgerlicher Rezepte bot die begehrte Edition viele „nützliche Winke“ für den Haushalt. Auch die hatten natürlich nur ein Ziel, die Kundinnen zum Einkauf nicht-essbarer Dinge ins Tempelhofer WertheimKaufhaus zu locken.

F.W. Borchardt Buffet-Aufträge (1910-1928) Diese gebundene Faksimile-Sammlung dokumentiert die Buffet-Arrangements, mit der die einst stadtführende Berliner Delikatessen- und Restaurations-Institution im frühen 20. Jahrhundert beauftragt wurde. Hier erfährt der geneigte Leser zum Beispiel, dass die 1.000 geladenen Herrschaften zur Hundertjahrfeier der Friedrich-Wilhelms-Universität im Oktober 1910 u.a. Chaud-froid von Rebhühnern, Holsteiner Kalbsrücken und

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Rheinlachs auf norwegische Art serviert bekamen oder dass die 120 Gäste des Malers Max Liebermann im Februar 1927 bei dessen Ausstandsfeier in der Berliner Kunstakademie in den Genuss von Hummer-Salat Monte Christo, Rehrücken Carmen und Gans auf BulgarenArt kamen. Nicht überliefert sind die Rezepte der Gerichte — schade. So werden wir wohl nie erfahren, wie eine Gans auf Bulgaren-Art zubereitet wurde.


Johannes Mohr & Swen Kernemann-Mohr KoPFsalat

Kochanweisungen für die Wehrmacht Verlag Dr. A. Oetker (1939) Um Abwechslung in die monotone Massenspeisung der Soldaten zu bringen, bat die deutsche Generalität kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges den Bielefelder Fabrikanten Dr. August Oetker um Unterstützung. Dessen Handbuch für die Zubereitung von Wackelpeter, Vanillesauce und Sirupgetränken wurde von den Nationalsozialisten prompt als Propagandainstrument in Sachen Ernährungslehre missbraucht. Um von bereits

absehbaren Engpässen an Grundnahrungsmitteln abzulenken, wurden die aus Stärke und Zucker bestehenden Dr.Oetker-Produkte kurzerhand zum „Fett der Zukunft“ hochgejubelt, weil sich ihr Verzehr schließlich „dahingehend fettsparend auswirke, dass ein langanhaltendes Sättigungsgefühl eintritt“. Im Vorwort heißt es: „Es liegt daher im Interesse der deutschen Ernährungswirtschaft, wenn die Wehrmacht mehr Stärke und Zucker verbraucht.“

Schmalhans kocht trotzdem gut Gebr. Richters Verlagsanstalt Erfurt (1948) Das illustrierte Handbuch verrät, wie sich mit hausfraulichem Improvisationsvermögen auch in äußerst lebenmittelknappen Zeiten eine leidlich schmackhafte Küche zubereiten lässt. Da ist zum Beispiel die Rede von der — man lese und staune — „Sparmayonnaise ohne Eier und Öl“. Man nehme also einen halben Liter Molke, einen Esslöffel Bindestoff (leider ist nicht erklärt, worum es sich dabei handelte), Essig, Salz, Zucker und Eigelbfarbe.

Oder: falsche Bratwürste. Je 500 Gramm roh-geriebene und gekochte Kartoffeln werden mit Salz und Pfeffer gewürzt, in Wurstform gerollt und in Fett gebraten. Im Anhang gibt es die Rubrik „Wenn´s mal wieder besser wird“. Die gleichen Rezepte mit ihren ursprünglichen Zutaten sollten offenbar die Hoffnung nähren, dass es mit der Nachkriegszeiten-Notküche irgendwann auch mal ein Ende haben würde.

Spezialitäten des Restaurants Ritz Matthaes Verlag Stuttgart (1961) Das 1955 eröffnete Restaurant Ritz in der Charlottenburger Rankestraße zählte seinerzeit zu den angesagtesten Feinschmeckeradressen Deutschlands. Prominente wie Walt Disney, Gina Lollobrigida oder Herbert von Karajan gehörten über Jahre zu den Stammgästen von Inhaber und Küchenchef Werner Fischer. Dieser war für seine ausgefeilte internationale Küche, vor allem aber für seine exotischen Spezialitäten bekannt,

die sich heute wie ein zoologisches Gruselkabinett lesen. Auf der Speisenkarte standen Gerichte wie Leguan-Suppe, Bärentatzen vom Grill und Gürteltier nach landestypischer Art. 1966 honorierte der Michelin die Leistungen des experimentierfreudigen Küchenchefs mit einem Stern. Ob Fischers Rezeptbüchlein seine Kollegen zum Nachkochen animierte, mag wegen der schwer beschaffbaren Zutaten stark bezweifelt werden.

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KoPFsalat Werner Holdorf

Der messer mann ralF holDorF: einer Der letzten seiner zunFt Von heiKo gralKi 58

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Man sollte sich vorher genau nach dem Weg erkundigen, es sei denn, man liebt kilometerlange Fußmärsche auf der nicht sonderlich einladenden Frankfurter Allee. In der Nähe des gleichnamigen S- und U-Bahnhofs versteckt sich Ralf Holdorfs winziges Geschäft. 30 Quadratmeter, bestenfalls, hinten die Werkstatt, vorne der Laden, vollgestopft mit Messern aller Art und vieler Produzenten. Selbst in den Vormittagsstunden kommen schon Kunden. Holdorf verkauft nicht nur Koch-, Taschen-, Jagd- und Tauchermesser, er gibt den Schneidgeräten auch ihre Schärfe zurück. Als Werner Holdorf, der Vater des Inhabers, 1960 das Geschäft eröffnete, existierten in jedem Berliner Bezirk noch zwei, drei Messerschleifereien. Heute gehört der 56-jährige Chirurgiemechaniker und Instrumentenschleifermeister zu den letzten seiner Branche. Er weiß nicht ganz genau, wieviele Meister des rar gewordenen Handwerks es in den Berliner Bezirken noch gibt. Er zählt, nimmt die Finger zu Hilfe — Franke, Kube, Lehmann, Neumann, Schuster, Vogel... — am Ende kommt er auf acht. Die Rede ist dabei nicht von diversen Pfuschern, die auf Wochenmärkten mit groben Schleifscheiben teure Messer malträtieren, sondern von Meistern ihres Fachs, die sich mit Klingenstählen auskennen, die entsprechenden Maschinen besitzen und die Kunst des Schleifens beherrschen. Holdorf gehört dazu. Bester Beweis ist die große Zahl von Köchen, die ihm ihr wichtigstes Handwerkszeug anvertrauen. Thomas Pruschke — Karosseriebauer und Messerschleifer sind seine erlernten Berufe — arbeitet seit 25 Jahren bei Holdorf, immer an den Schleif- und Polierscheiben. Rund 20 Minuten benötigt er, um beispielsweise ein Kochmesser wieder voll funktionstüchtig zu machen. Zuerst wird es auf vier verschiedenen Scheiben geschliffen, dann per Hand abgezogen. Viel Sorgfalt waltet dabei.


Werner Holdorf KOPFSALAT

Die beiden Männer wissen, dass gerade in der Küche ohne scharfes Messer der stumpfe Dilettantismus regiert. Bei Messern von Profis empfiehlt Holdorf, sie alle zwei, bei normalem Kochgebrauch alle drei Jahre nachzuschleifen. Neben Koch- und anderen Küchenmessern schleift er auch Angel-, Jagdund Rasiermesser sowie alle Arten von Menümessern und Scheren. Selbst bei jahrzehntealten Erbstücken, meist schon stark ramponiert und eigentlich schrottreif, sagt er nicht Nein. Das schätzen vor allem ältere Kunden. Im Übrigen ist es wie bei seinen Kollegen auch: Es werden weit mehr Messer zum Schleifen gebracht als neue gekauft. Das liegt natürlich daran, dass das Wort „Kauf“ im Falle beispielsweise von Küchenmessern getrost durch „Investition“ ersetzt werden kann — gleich, um welche Marke oder Größe es sich handelt. Holdorf hat Global, Güde, Haiku, KAI Europe, Solicut, Victorinox, Wüsthoff und die sündhaft teuren Nesmuk-Messer in den Vitrinen. Die meisten sind aus Chrom-Molybdän-Vanadium-Stahl geschmiedet, rostfrei und belastbar. Besonders gern zeigt er seinen Kunden die Messer der Solinger Windmühlenmanufaktur. Es gibt sie in verschiedenen Formen und Größen, mit edlen Holzgriffen und wahlweise aus rostendem oder rostfreiem Stahl. Dabei vergisst Holdorf nicht zu erwähnen, dass die Manufaktur seit 1872 Messer von Hand herstellt, in diesem Jahr also ihr 140. Jubiläum feiert. Das zählt für den Meister besonders. „Handwerkliche Traditionen werden in Zeiten industrieller Massenware immer seltener“, sagt er.

Messerschleiferei Holdorf Frankfurter Allee 78 10247 Berlin-Friedrichshain Tel. 030 - 291 15 76 www.messerschleiferei-holdorf.de

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KoPFsalat Matthias John und Axel Meter

Die cleVere iDee KÜchen- unD restaurantausstattungen aus einer hanD Von hans-JÜrgen bergs

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Matthias John und Axel Meter KoPFsalat

das erste gemeinsame Projekt startete in Baden-württemberg:

Margots Paradies in Baden-Baden

„Hallo Partner!“ So begrüßt Matthias John die meisten Leute, die er einigermaßen gut kennt. Im Falle von Axel Meter wurde aus der freundlichen Floskel vor einem Jahr geschäftliche Realität. Das heißt: Seit Sommer 2011 bieten der Kücheneinrichter und der Restaurantausstatter ihre Leistungen gemeinsam an. „Natürlich nur, wenn der Kunde es wünscht“, fügt Meter hinzu. Wir treffen die beiden Männer in einem Bürohaus an der Holzmarktstraße gegenüber dem Ostbahnhof. Auf über 120 Quadratmetern hat Axel Meter hier die Geschäftsräume seiner Firma Meter-Objekt eingerichtet — Ar-

beits- und Besprechungsplätze, eingerahmt von einem Sammelsurium aus Tischen, Stühlen, Regalen, Lampen und gastronomischen Dekorationsartikeln. Ein paar Schritte weiter über den Hof befindet sich das Firmendomizil von Matthias Johns as-Gastro Handels- und Betriebs GmbH. Im Unterschied zu den Räumen von Axel Meter türmt sich dort alles, was zum professionellen Kochen nötig ist — Hightechsalamander, Griddleplatten, Induktionsherde, Kombidämpfer, Kühltische und dutzende Kleingeräte. „Durch die räumliche Nähe bot es sich an, auch geschäftliche Aktivitäten zu bündeln“, erläutert John den Aus-

gangspunkt ihres Geschäftsmodells. Der Vorteil für die Kunden liegt auf der Hand. „Wenn sie ein Restaurant einrichten oder die Einrichtung erneuern wollen, haben sie nur einen Ansprechpartner“, sagt Meter. John korrigiert: „Besser, Sie schreiben zwei Ansprechpartner, die Hand in Hand arbeiten.“ Wie auch immer, die Partnerschaft von John und Meter ist in Berlin einmalig und in Deutschland zumindest selten. „Nur in Oldenburg gibt es noch ein ähnliches Geschäftsmodell“, so Meter. Der gebürtige Bremer ist Möbeltischler von Beruf und stattet seit über 30 Jahren Restaurants aus, „von der Eckkneipe bis zum Luxusladen.“

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KoPFsalat Matthias John und Axel Meter

das zweite gemeinsame Projekt...

...ging in Berlin-Prenzlauer Berg über die Bühne:

Restaurant „das märchenhafte Ribhouse“

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Früher zeichnete er alles auf Millimeterpapier, heute helfen den Kunden 3DAnimationen. Möbel, Lampen, Tresen, Dekorationsteile — das ist sein Business; der Meter-Katalog hat den Umfang des Berliner Telefonbuchs. „Ich weiß, wie Gastronomen ticken“, so Meter. Der 56-Jährige lernte Matthias John auf Veranstaltungen des Berliner Hotelund Gaststättenverbandes kennen. John, geboren in Elsterwerda, in der Brandenburger Provinz also, absolvierte eine Lehre zum Klempner und Installateur, war Rettungssanitäter und stieg nach der Wende in die Gastronomie ein. Doch der Rausch der Gründerzeit verflog schnell, die ersten Restaurantgründer gaben frustriert wieder auf. John sah in der Krise eine Chance, mietete eine Halle, kaufte die benutzten, aber nicht mehr gebrauchten Küchengeräte, reinigte und reparierte sie und begann, ein Gastro-Second-HandGeschäft aufzuziehen. Daraus entwickelte sich mit der Zeit eine florierende Firma für Planung und Ausstattung von Hotel- und Restaurantküchen. So verschieden die beiden Männer sind, was ihre Herkunft und ihren Werdegang betrifft — sie erkannten schnell, wie gut ihre unternehmerischen Inspirationen und beruflichen Erfahrungen zusammenpassen. Das war die Basis ihrer Kooperation. Ihr erstes gemeinsames Projekt führte sie nach Baden-Baden. Der Auftrag: Planung und Ausstattung von Margot Friedmanns „Kulinarischem Paradies“, einem Bistro mit offener Küche und Backstation sowie der Möglichkeit, Feinkost anzubieten. „Man hatte in keiner Phase des Baus das Gefühl, es mit zwei eigenständigen Unternehmen zu tun zu haben“, resümiert Margot Friedmann. Genauso reibungslos lief es im Restaurant „Das märchenhafte Ribhouse“ in Berlin-Prenzlauer Berg. Während Meter und seine Leute den Gastraum einrichteten und gestalteten, stattete Johns Team die Küche aus.


Chefkoch Timm Friedrich: „Alles lief Hand in Hand, kein Stress, kein Streit, einfach optimal.“ Der Erfolg gab den beiden Mittelständlern recht, gemeinsame Projekte in Berlin-Kreuzberg und in Potsdam folgten. Es hat sich unter den Gastronomen in Berlin und Brandenburg offensichtlich schnell herumgesprochen, was durch die John-Meter-Kooperation möglich ist — Einsparungen von Zeit und Geld zum Beispiel. Kein Wunder, dass Matthias John und Axel Meter längst weitere Vorhaben im Blick haben, darunter einen Biosupermarkt mit Bäckerei und Fleischerei in

Berlin sowie eine Museumsgaststätte in Brandenburg. Sie lächeln, gönnen sich einen Rotwein und reden sich darüber heiß, wie sie für ihre Firmen werben wollen. „Erfolg braucht vor allem Leidenschaft“, sagt Meter. John ergänzt: „Und clevere Ideen.“

as-Gastro & Meter-Objekt Holzmarktstraße 34 10243 Berlin-Mitte Tel. 030 - 76 10 94 95 as-gastro.de & meter-objekt.de

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geschmacKssachen Chidos Pilze

chiDos Pilze

ein ungeWรถhnliches ProJeKt 64 GARร ON Von WolFgang schuhmacher


Chidos Pilze geschmacKssachen

Sie kam aus Australien, machte Station in Berlin, um am Tag darauf nach Afrika weiterzufliegen. Ihre Mission: Zuchtpilze gegen den Hunger in der Welt. Für die Dauer der Zubereitung eines Gerichtes war Chido Govera aus Simbabwe Gastköchin bei Florian Brabandt, Souschef in der Coledampf´sKüchenbrigade am Moritzplatz. Die Afrikanerin und der Berliner Koch kreierten gemeinsam ein vegetarisches Pilzgericht aus Austern-, Kräuter- und Limonenseitlingen. Das Besondere daran: Die Pilze kamen aus einem Unternehmen, das Chidos Namen trägt und seit einiger Zeit nicht nur die Küche von Coledampf´s & Companies im Aufbauhaus beliefert. Außergewöhnlich ist auch der Hintergrund dieser Geschichte: Chido Govera war elf Jahre alt und elternlos. Gemeinsam mit anderen Waisenkindern kam sie zu einem Pilzzucht-Forschungsprojekt der Afrika-Universität in ihrer Heimatstadt Mutare. Dort lernte Sie Edelpilze zu züchten, organische Abfälle aus der Kaffeeindustrie dafür zu nutzen, Pilze zu ernten und zu vermarkten. Was so simpel klingt, ist heute Teil eines nachhaltigen Ernährungskonzepts vieler Dorfgemeinschaften in den ärmsten Regionen Afrikas und Asiens. Nach entsprechender Beratung durch Chido Govera bauen die Menschen dort Mushroom-Häuser, in denen vor allem Frauen Pilze für die Versorgung ihrer Familien und den Verkauf auf Märkten züchten. „Wichtig ist dabei meiner Meinung nach auch, dass Pilze gesund sind und dem Körper reichlich Proteine liefern, an denen es gerade in diesen Gegenden mangelt.“ Und die junge Frau aus Simbabwe, inzwischen Mitte 20, ist immer noch weltweit unter-

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geschmacKssachen Chidos Pilze

im kreuzberger Pilzkeller der chido uG...

...schnelles wachstum bei optimalen Bedingungen...

wegs, um als Pilzexpertin ihr Wissen im Kampf gegen Armut weiterzugeben. „Mein Ziel ist es, Menschen in den unterschiedlichsten Regionen der Welt bei der Sicherung ihrer Ernährung und Gesundheit zu unterstützen.“ Für ihr nachhaltiges Projekt der Verwertung von Kaffeeabfällen zu Pilzzucht erhielt Chido Govera vor drei Jahren von der „Coffee Association of America“ den Preis „Sustainability Award“. Der Gedanke, Pilze auf organischen Abfällen zu züchten, wurde inzwischen auch in westlichen Industrieländern aufgegriffen. In Berlin beispielsweise sammeln die Mitarbeiter der vor einem Jahr gegründeten Chido UG wöchentlich in Coffeeshops, Hotels und Restaurants rund 600700 Kilogramm Kaffeesatz, die dann als Substrat für die Pilzzucht dienen. Im Keller eines Kreuzberger Fabrikgebäudes in der Ritterstraße laufen die Fäden zusammen. Hier wird das Substrat mit Pilzsporen vermengt, bei konstanter Luftfeuchtigkeit und Temperatur dauert das Wachstum rund vier Wochen, dann wird geerntet — Austern-, Limonen-, Kräuter- und Rosaseitlinge sowie Shiitake-Pilze. Der Verkauf an Berliner Hotels und Restaurants läuft erfolgreich, weil deren Küchenchefs nicht nur von der Frische der Produkte und dem preisgünstigen Angebot, sondern auch von dem sozialen Gedanken beeindruckt sind, der sich hinter dem Projekt verbirgt. Jedes neu entstehende Unternehmen leistet einen Beitrag zur Unterstützung des Vorhabens Chido Goveras noch weit mehr Menschen in den armen Regionen dieser Welt mit Know-how für die Hilfe zur Selbsthilfe auszustatten.

chido uG Rungestraße 19 10179 Berlin-Mitte Tel. 030 - 60 98 81 00

...und tägliche ernte: Patrick Voss und arthur Plaza, v. re.

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geschmacKssachen Preußische Spirituosen Manufaktur

Der alte Fritz unD Die berliner „schnaPsnasen“ JubilÄumsgin unD geburtstagsliKör Von marion Wiese


Preußische Spirituosen Manufaktur geschmacKssachen

Runde Geburtstage von Königen, lebenden oder verblichenen, rufen natürlich Marketingexperten auf den Plan. So ist das auch bei Preußens berühmtestem Herrscher Friedrich II., dessen 300. Geburtstages in diesem Jahr groß gedacht wird. Bereits im Januar begann der Jubel, der das ganze „Friedrich-Jahr“ anhalten soll. Bücher, Ausstellungen und Feste erinnern an den wohl widersprüchlichsten Regenten der deutschen Geschichte, der virtuos dutzende Rollen spielte — vom Rebellen bis zum Reformer. „Hauptsache man spricht darüber“, schien sein Leitspruch gewesen zu sein. Ähnlich dachten wohl auch einige Unternehmen in Berlin und Brandenburg, als sie ihren Beitrag zum „Friedrich-Jahr“ planten. Die Rheinsberger Preußenquelle zum Beispiel wird das Jubiläumswasser

„Friedrich 300“ abfüllen. Ab 1. April soll es ausschließlich im Park Sanssouci verkauft werden, ein Teil der Einnahmen ist direkt für die Erhaltung der historischen Parkanlagen bestimmt. „Wir verbinden gutes Marketing mit einem guten Zweck“, kommentiert Reinhard Haugk, Geschäftsführer der Preußenquelle, den Coup. Sein Kollege von der Preußischen Spirituosen Manufaktur formuliert es ähnlich. Das Unternehmen setzt auf das Projekt Sanssouci. Likör-Kreationen aus Holunderblüte, Quitte, Rose oder Sauerkirsche werden in italienischen Bruni-Flaschen angeboten, die dem Kuppelbau von Schloss Sanssouci nachempfunden sind. Von deren Erlös wird ein Teil dem Aufbau des Berliner Stadtschlosses zugute kommen. Außerdem haben die Berliner Schnapsmacher einen Friedrich-Jubiläumsgin destilliert...


geschmacKssachen Preußische Spirituosen Manufaktur

die Berliner „schnapsnasen“: daniel lättle, Prof. dr. ulf stahl, janine Mlitzke und Gerald schroff, v. li.

Prof. Max delbrück: chemiker und Gründer der spirituosenmanufaktur

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Ein Besuch der Preußischen Spirtuosenmanufaktur ist wie eine Zeitreise. Äußerlich sieht die Häuserzeile in der Weddinger Seestraße noch immer genauso aus wie vor über 100 Jahren. Roter Backstein, Gründerzeitgiebel, Kasernenarchitektur. Ein alter Schriftzug: Institut für Gärungsgewerbe. Ein schlichter Gedenkstein auf einem der Innenhöfe erinnert an dessen Gründer und langjährigen Direktor. Max Delbrück entstammte einer in Preußen hochangesehenen Gelehrtenfamilie, sein älterer Bruder war der Historiker Hans Delbrück, sein Neffe, ebenfalls Max, wurde 1969 mit dem Nobelpreis für Medizin geehrt. Der Chemiker Max Delbrück also gründete 1874 auf Anordnung des preußischen Kabinetts die Versuchs- und Lehranstalt für Spiritusfabrikation. Damit sollte das Auskommen der preußischen Bauern verbessert werden, indem man deren überschüssige Kartoffel- und Getreideernte abnahm, um daraus Alkohol zu gewinnen.


Preußische Spirituosen Manufaktur geschmacKssachen

die Preußische spirituosen Manufaktur

Delbrück war es auch, der die Preußische Spirituosenmanufaktur ins Leben rief und gemeinsam mit seinen Studenten Kräuterliköre und Obstbrände herstellte. Erhalten aus dieser Zeit sind die beinahe 150 Jahre alte Destillerie, die heute zwar museal anmutet, aber längst noch nicht museumsreif ist, viele andere Geräte zur Spirituosenherstellung sowie das „Brevier der flüssigen Freuden“. Es bildet noch heute mit über 80 Rezepten die Grundlage für viele Spirituosen der Manufaktur, die seit 2005 von Professor Dr. Ulf Stahl und Gerald Schroff geleitet wird. Der Professor, 68, gebürtiger Wiener hat an der TU Berlin einen Lehrstuhl für Mikrobiologie inne, gilt als internationale Spirituosenkoryphäe und referiert weltweit zum Beispiel über das von ihm entwickelte Gärverfahren für das Trendgetränk Kombucha. Gerald Schroff ist 46 und stammt aus dem baden-würtembergischen Offenburg.

was läuft denn da?: Galgant-Mazerat!

das allerheiligste: Gerald schroff im drogenkeller

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geschmacKssachen Preußische Spirituosen Manufaktur

Nach Abschluss einer Schweizer Hotelfachschule zog es ihn hinter die Bars dieser Welt — Stationen von Zürich bis Mexiko City. Eine Zeit lang arbeitete er auch bei Alfons Schuhbeck in München, als der begann mit Gewürzen zu experimentieren. Vor sieben Jahren lernten sich Schroff und Stahl kennen. Bei einem Skiunfall in Lech am Arlberg stießen sie buchstäblich aufeinander. Die unfreiwillige Bekanntschaft ohne größere gesundheitliche Folgen wurde abends an der Hotelbar vertieft — natürlich beim Gin, dem Lieblingsgetränk der beiden. Aus der Fachsimpelei entstand eine Geschäftsidee. Der Professor wusste um die damaligen Probleme der Preußischen Spirituosenmanufaktur, die ohne Geschäftsführung vor sich hin dümpelte und wieder in feste Hände kommen sollte. Das wurden schließlich die von Schroff und Stahl. Der Professor gilt als die „Nase“ der Manufaktur, sein geschultes Riechorgan entscheidet in letzter Instanz über die Rezepturen der hier hergestellten Spirituosen. Gerald Schroff ist der Mann fürs operative Geschäft. Hinzu kommen die gelernte Destillateurin Janine Mlitzke und der Destillateur-Lehrling Daniel Lättle. Das spirituelle Quartett brachte in den letzten Jahren die Manufaktur wieder auf Kurs. Beweis dafür: Inzwischen werden in vielen Berliner Restaurants wieder Spirituosen aus dem Wedding angeboten — Kurfürstlicher Magenbitter, Weddinger Kräuterlikör, Birnen-, Ingwer-, Rosen- und Zimtlikör, Aquavit, Danziger Goldwasser, Berliner Getreidekümmel und natürlich Adler Gin und Adler Wod-

PReussische sPiRituosen ManufaktuR Seestraße 13 13353 Berlin-Wedding Tel. 030 - 45 02 85 37 www.psmberlin.de

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ka, beides nach Originalrezepturen von Professor Delbrück, dem Gründer der Manufaktur, hergestellt. Vor einigen Wochen hatte die Mannschaft der Preußischen Spirituosenmanufaktur guten Grund zum Feiern. Das Team krönte seine Suche nach dem perfekten Gin mit einem Ergebnis, dass sich trinken lassen kann. Inzwischen gilt der Premium-Gin, der in einer edlen KPM-Bouteille angeboten wird, als Aushängeschild des Unternehmens. Der Gin ist allerdings namenlos, weil sich die vier so sehr in die Herstellung ihres Produktes vertieft hatten, dass sie darüber ganz und gar vergaßen, ihrem Kind einen Namen zu geben. Sei´s drum. Die deutliche Wacholder-Note, die ausgewogenen Kräuterund Blumenaromen und die milde Reife sind die Merkmale des Premium-Gins. Die zweistufige Destillation erfolgte übrigens in einer altertümlichen Vakuum-Destillationsapparatur der Gebrüder Daniel & Kluge aus Berlin-Reinickendorf,

die bei Temperaturen unter 60 Grad die Aromen der Ingredienzen weitgehend erhält. Zwei Jahre lang wurde der Gin in über 100 Jahre alten Steingutgefäßen gelagert. Das minderte den Säurewert erheblich und balancierte die Spirituose bei 47 Volumenprozenten perfekt aus. Eine historische KPM-Porzellankreation erschien den Gin-Machern als würdige Umhüllung für ihren hochprozentigen Edelstoff — die Barflasche der Designerin Trude Petri aus den 1950er Jahren. 500 Exemplare wurden von Hand geformt, gebrannt und mit einem 24-karätigen Goldtaler bedruckt. Die Versiegelung der Flasche erfolgte mit preußisch-blauem Lack. Auch bei der Verpackung lässt Preußen grüßen. Ein Karton, in buchbinderischer Handarbeit gefertigt, hat die Maße eines LeitzOrdners. Man kann den Gin in der noblen Verpackung also gut im Aktenschrank lagern. Soviel Understatement hat aber seinen Preis. Doch was sind schon 500 Euro, wenn es nur 500 Flaschen gibt.

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geschmacKssachen Otto Gourmet

Faszination Fleisch otto gourmet auF gutem Kurs Von anna Weber

Gäbe es den Titel eines Dr. carn. — Altphilologen verzeihen mir hoffentlich das grobe Kürzel — gäbe es also den promovierten Fleischkundigen, Wolfgang, Stephan und Michael Otto wären mit Sicherheit erste Kandidaten, zumindest ehrenhalber. Auf denn, meats Otto. Am besten tut man das in Heinsberg. Hier, in der Heimatstadt der drei Brüder, ein paar Kilometer von der holländischen Grenze zwischen Aachen und Mönchengladbach, begann vor acht Jahren die unglaubliche Geschichte eines Unternehmens, dessen Name, kaum ausgesprochen, Feinschmeckern — Vegetarier mal ausgenommen — Freudentränen in die Augen treibt. „Die Initialzündung erfolgte durch ein Stück Wagyu-Beef vom Grill“, erzählt Wolfgang Otto. Dieses intensiv marmorierte Fleisch, extrem saftig und zart, begeisterte ihn dermaßen, dass er mitten in der Nacht seine Brüder aus dem Bett ans Telefon holte. Ein paar Tage später wurde aus einer fixen

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Idee ein reales Projekt. 2005 schließlich gründeten die Brüder ihre Otto Gourmet GmbH. Ziel des Unternehmens: Beschaffung von exklusiven Fleischspezialitäten und Belieferung der deutschen Spitzengastronomie. Die etablierte Konkurrenz lächelte milde über den Mut der Seiteneinstei-

ger in die sensible Branche. Tatsächlich brachten Wolfgang, der im Handelsmarketing tätig war und Stephan Otto, der als Unternehmensberater in New York arbeitete, zwar gute kaufmännische Kenntnisse, aber keinerlei fachliches Wissen mit. Gar nicht zu reden von Bruder Michael, den Diplom-Ingenieur für

kostprobe: wolfgang otto, re. und kolja kleeberg


Otto Gourmet geschmacKssachen

Luft- und Raumfahrttechnik. Trotzdem entwickelte sich Otto Gourmet innerhalb von sieben Jahren zu einem der renommiertesten Fleischhandelsunternehmen in Deutschland. Acht der neun deutschen Drei-Sterne-Köche zählen zu den Kunden des nordrhein-westfälischen Familienbetriebes. Hinzu kommen weitere 1.500 Köche aus der Spitzengastronomie des Landes und über 15.000 Privatkunden. Wolfgang Otto avancierte zum viel gefragten Fleischexperten mit internationaler Reputation. Heute ist er für Marketing und Vertrieb zuständig. Stephan Otto betreut die Geschäftsfelder Strategie und Organisation, und Michael Otto schließlich kümmert sich um die technischen Belange der Firma von der Metzgereiausstattung über die Lagerhaltung bis zur EDV. Inzwischen lächelt natürlich auch keiner der Wettbewerber mehr über die drei Unternehmer. Selbst erfahrene Köche und gestandene Metzger lauschen ehrfürchtig, wenn Wolfgang Otto beispielsweise über Rinderrassen, deren Fütterung und Schlachtung und über Fleischaromen, die klassische Trockenreifung oder das sogenannte Wet-Aging im Vakuumbeutel referiert. Immer häufiger geschieht das nun übrigens im heimischen Heinsberg. Im Industriepark Oberbruch eröffneten die Otto-Brüder im September 2011 mit über 500 Gästen und einem Event der Extraklasse Deutschlands erstes Fleischkompetenz-Zentrum — eine professionell ausgestattete Metzgerei, mit Schulungsplätzen und einer Showküche, in der sich alles ums Fleisch dreht. Ebenfalls neu ist der Outdoor-Cooking & BBQ-Bereich. Also, meats Otto.

die otto-Brothers: wolfgang, Michael und stephan otto, v. li.

Für Profis und solche, die es werden wollen: Das Fleischkompetenz-Zentrum

otto GouRMet Boos-Fremery-Str. 62 52525 Heinsberg Tel. 02452 - 97 62 60 www.otto-gourmet.de

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bio, bio, bio

lecKere oFFerten aus berlin unD branDenburg Von thorsten tonsKi

Fabio Ulisse Bortolazzi und Sylvie Knetsch (Bild re., Mitte) jubelten, denn mit dieser Auszeichnung hatten sie nie und nimmer gerechnet. Auf der BioFach 2012, der internationalen Leitmesse für Bio-Produkte Mitte Februar in Nürnberg, erhielten die beiden Berliner einen der begehrten Best New Product Awards. Vergeben wird der Preis in sieben Kategorien für die besten Messeneuheiten — nach einem entsprechenden Ranking der Fachbesucher. Bortolazzi und Knetsch bekamen ihn in der Kategorie „Süß- und Backwaren“ für ihr Fruchteis Glück am Stiel. Eine Urkunde, ein Siegel, freundliche Worte, gute Wünsche. Das Wichtigste für Fabio Ulisse Bortolazzi jedoch war die plötzliche Aufmerksamkeit. „Unser Produkt ist so neu, dass es bis vor kurzem noch nirgends erhältlich war“, sagt der Eisproduzent. Nach einigem Überlegen fügt er hinzu: „Der Best New Product Award hilft uns mit Sicherheit, den Bekanntheitsgrad unse-

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rer Eisspezialitäten, die wir Glück am Stiel genannt haben, zu erhöhen.“ „Tief ausatmen, die Augen schließen, das Gesicht in die Sonne. Und jetzt ein Eis. Vielmehr eine Frucht am Stiel. Ohne Zucker, ohne Reue.“ So werben die Mamas & Pappas, das ist der Name der Eisfirma mit Sitz in Oberschöneweide, für ihre gesunde Erfrischung. Es gibt drei Geschmacksrichtungen: Birne & Apfel-Mandel-Traube, Erdbeere-Banane-Traube sowie Mango-KokosTraube. Die Zutaten kommen aus der Lienig Wildfrucht-Verarbeitung im brandenburgischen Dabendorf, zu Eis werden sie in der Lobetaler Bio-Molkerei, einer Werkstatt für Behinderte. Inzwischen wird das zucker- und zusatzstofffreie Fruchteis Glück am Stiel u.a. vom Naturkostgroßhändler Terra Naturkost vertrieben. Michael Wimmer, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg, ist stolz

auf die Berliner BioFach-Neulinge. „Die Wahl zum Best New Product kommt einem Ritterschlag der Branche gleich. Es ist ein unglaublicher Erfolg für unseren Gemeinschaftsstand und die Region.“ Dieser Stand übrigens wirkte — gemessen an den Auftritten anderer Bundesländer auf der Nürnberger BioFach 2012 — eher bescheiden. Das ist vor allem deshalb verwunderlich, weil die Offerte immerhin von allen Bio-Anbauverbänden unterstützt wurde. Lediglich 13 Aussteller repräsentierten eine Region, die weit mehr zu bieten hat — zumindest, was ökologisch produzierte und geschmacklich überzeugende Lebensmittel betrifft.

MaMMas & PaPPas Ostendstraße 1-14 12459 Berlin-Oberschöneweide Tel. 0176 - 210 682 77 www.mammasundpappas.de


BioFach 2012 geschmacKssachen

Bio-Produzenten aus Berlin und Brandenburg: Martina kabitzsch zaubert schmackhaftes aus Blüten

sylvie knetsch und fabio ulisse Bortolazzi fertigen eis am stiel

andré Riediger kocht suppen ohne Geschmacksverstärker

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regional ist oPtimal 20 Jahre haVellanD exPress Von marc steYer

Ein kleiner Stand auf der 2012er BioFach in Nürnberg. Obwohl er in der kunterbunten Hallenumgebung kaum auffiel, drängten sich hier die Besucher besonders. Möglicherweise waren die Probierhäppchen der Grund, vielleicht war es aber auch der bekannte Küchenkünstler und Kochbuchautor Heiko Antoniewicz. Michael Kunzmann (Foto oben, li.), Winfried Koch (Foto oben, re.) und eben besagter Heiko Antoniewicz wirkten jedenfalls positiv überrascht. Mit so viel Aufmerksamkeit hatten sie nicht gerechnet. Der wirkliche Grund des Andrangs: Die neue Produktlinie 56°. Zwei Jahre Entwicklungszeit lagen hinter den drei Männern und ihren Teams. Auf der BioFach präsentierten sie die Ergebnisse und feierten Premiere. Dazu Michael Kunzmann, Geschäftsführer des Berliner Food-Logistik-Unternehmens Havelland Express: „Unsere Idee war es, aus regionalen Lebensmitteln Convenience-Produkte zu entwickeln, die einerseits höchsten

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Ansprüchen genügen, andererseits aber auch den Köchen alle Möglichkeiten bei der Zubereitung offen lassen.“ Dafür holte sich Havelland, so das gängige Kürzel des hauptstädtischen Unternehmens, die Veltener Biomanufaktur und den Dortmunder Spitzenkoch ins Boot. Das Ergebnis sind fünf Sous-Vide-Produkte, frei von jeglichen Zusatzstoffen, die ein hohes Maß an Qualität, Arbeitserleichterung für den Koch und Genuss für den Gast bieten: Bœuf à la mode, Sauerbraten, Short Ribs und eine rosa gebratene Semerrolle vom Uckermärker Rind sowie Schweinebauch vom Havelländer Apfelschwein. Die regionalen Markenprodukte wurden portionsweise vakuumiert und über 24 bis 36 Stunden bei 54 bis 55 Grad Celsius im Wasserbad gegart. „Wir garantieren für ausgezeichnete Rohware von Tieren, die ohne Methoden der Turbomast aufgewachsen sind, für deren artgerechte Schlachtung und eine entsprechende Zerlegung“,


20 Jahre Havelland Express geschmacKssachen

so Winfried Koch, Geschäftsführer der Biomanufaktur Velten. Ihren Praxistest bestand die neue Produktlinie, die nun unter dem vor zwei Jahren eingeführten Green Label, einem firmeneigenen Havelland-Gütesiegel vermarktet wird, inzwischen auch in Berlin. Heiko Antoniewicz: „Selbst die kritischen Kollegen aus der Hauptstadt äußerten sich begeistert.“ Für Michael Kunzmann und HorstBernd Paech, die Gründer von Havelland Express, ist solches Lob nicht nur ein Beweis für die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges, sondern auch ein besonderes Geburtstagsgeschenk. Vor 20 Jahren gründeten der gelernte Koch und der erfolgreiche Unternehmensberater ihre Firma mit dem Ziel, die traditionellen Versorgungsstrukturen der deutschen Hauptstadt mit regionalen Spezialitäten neu zu beleben. Was mit einem gebrauchten Lieferwagen, einer Kühlzelle am Schwielowsee und viel Begeisterung für Kaninchen aus Beelitz, Früchte aus Werder, Fische aus der Müritz und Wild aus dem Fläming begann, entwickelte sich in zwei Jahrzehnten zu einen der führenden Food-Logistik-Unternehmen in Deutschland. Über 1.000 Kunden bestellen regelmäßig bei Havelland Express. Der Firmenkatalog, vor 20 Jahren bestenfalls schulheftdick, weist inzwischen rund 8.000 Produkte aus 180 Ländern auf. Trotzdem bleiben die Lebensmittel aus der Region Kunzmanns und Paechs wichtigste Trumpfkarte — nicht nur wegen des Firmennamens. Horst-Bernd Paech begründet das so: „Beim Genuss gewinnt die Geografie zunehmend an Bedeutung.“

kulinarischer erfahrungsaustausch in der tempelhofer firmenzentrale...

...mit dem sous-Vide-spezialisten heiko antoniewicz, 3. v. re. ...

haVelland eXPRess Gottlieb-Dunkel-Straße 20/21 12099 Berlin-Tempelhof Tel. 030 - 32 00 32 00 www.havelland-express.de ...und dem havelland express-Geschäftsführer horst-Bernd Paech, li.

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Der berlinaleWinzer zu gast bei oliVer zeter in Der PFalz Von anna Weber

„Oliver Zeter bleibt seinem Steckenpferd, dem Sauvignon blanc, treu. Wieder stellt er uns drei Versionen vor, wovon der Stahltank-Typ 84 Punkte erzielt, der aus dem Barrique im Fumé-Stil 85 Punkte erhält und der süße „Sweetheart“ auch wieder auf 84 Punkte kommt.“ Mit diesem Urteil des Gault-MillauWeinguides 2012 kann Zeter ganz gut leben, zufrieden ist er jedoch nicht. Der 48-jährige Pfälzer aus Neustadt a.d. Weinstraße absolvierte eine Winzerlehre im Deidesheimer Weingut Dr. Deinhard, qualifizierte sich zum Weinbautechniker und wurde schließlich Weinhändler und -importeur.

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„Während viele meiner Weinbaukollegen damit haderten, nach der Ausbildung in den elterlichen Betrieb einsteigen zu müssen, wäre genau dies mein Wunsch gewesen. Doch einen elterlichen Betrieb gab es leider nicht“, kommentiert er knapp seine Berufswahl, um schnell wieder auf den Sauvignonblanc-Virus zu sprechen zu kommen. Von ihm befallen wurde Zeter vor Jahren während eines Aufenthalts in Südafrika. Er schwärmt: „Dort habe ich den besten Sauvignon blanc meines Lebens getrunken — super-sexy und aristokratisch, vor Fruchtaromen strotzend und trotzdem dezent und subtil, sehr facettenreich eben.“


Berlinale Wein Weinlese

2003 kehrte er aus Südafrika zurück und beschloss, nicht nur mit Weinen zu handeln, sondern auch selbst welche zu machen. Im Weingut des Onkels fand sich eine Möglichkeit. „Ich war damals kein junger Wilder mehr, sondern ein später Anfänger.“ Zeter startete — natürlich — mit einem Sauvignon blanc. 2005 und 2006 betrachtete er noch als Versuchsjahrgänge, mit dem 2007er zeigte sich Oliver Zeter dann schon ziemlich zufrieden, zumal auch die Kritik jubelte: „Herrlich klares, frisches und animierendes Fruchtbouquet von präzise aufgefächerten heimischen und tropischen Früchten, dazu florale Noten, alles von

feiner Intensität. Einer der besten Sauvignon blancs nördlich der Alpen.“ Inzwischen ist der „Weinkreateur“, wie er sich selbst nennt, aus dem Experimentalstudium heraus. Seine herrlich frischen Sauvignon blancs der letzten beiden Jahre wurden offenbar genau zum richtigen Zeitpunkt gelesen, keinerlei Grüngras- oder Spargelaromen trüben den Genuss, dafür dominieren die typischen Stachelbeeraromen. 120.000 Flaschen füllt Zeter inzwischen jährlich, in Berlin ist der Wein übrigens exklusiv bei der Löffelsend & Weincompagny erhältlich. Natürlich kommen dem Pfälzer dabei auch das milde Klima und die windgeschützten Lagen östlich des Haardtgebirges entgegen. Wo Mandeln, Kiwis und Feigen reifen, fühlt sich auch der Sauvignon blanc wohl, der ursprünglich aus den französischen Südwesten stammt und in Deutschland noch nicht eben häufig angebaut wird. Das gilt auch für seine zweite vinophile Herausforderung, den Viognier. Oliver Zeters Ziel ist es, die alte Weißweinrebe aus dem nördlichen Rhônetal in der Pfalz heimisch zu machen. Er träumt von einem Viognier der so nah wie möglich an den klassischen Stil herankommt, aber eine eigene Pfälzer Prägung aufweist. Übrigens: Auch auf der Berlinale 2012 floss Zeter-Wein in Strömen. Seine Rotweincuvée Z war von einer unabhängigen Jury gemeinsam mit 17 anderen deutschen Gewächsen zum „Offiziellen Filmfestwein“ gewählt worden. „Nicht wegen des Bären auf dem Etikett“, wie Berlinale-Direktor Dieter Kosslick betonte, „sondern weil der Wein so viel Kraft hat.“

lÖffelsend & wein coMPaGny Postfach 97 05 29 14443 Potsdam Tel. 0331 - 60 09 65 10 www.wein-compagny.net

Linda Stößer, 26, hatte eigentlich eine sportliche Karriere im Blick. Die Frankfurterin spielte seit ihrem achten Lebensjahr Fußball, schaffte es 2003 in die Bundesliga und im gleichen Jahr in die Nationalmannschaft. Doch dann rissen beide Kreuzbänder im linken Knie, Fußball adé. Linda Stößer, die bereits eine Lehre zur Speditionskauffrau absolviert hatte, ließ sich zur Restaurantfachfrau ausbilden und entdeckte ihre Liebe zum Wein. Heute ist sie als Sommelière im Sternerestaurant Hartmanns in Kreuzberg tätig. Für Garcon empfiehlt Linda Stößer Weine, die sie bei Winzern und Händlern entdeckte. „Oliver Zeter aus Neustadt/Pfalz macht Weine aus Leidenschaft — das schmeckt man! Mit dem 2009er Rotwein ‚Z‘ aus 65% Cabernet Sauvignon, 25% Cabernet Franc und 10% Syrah ist Ihm, auch dank der guten klimatischen Bedingungen im Mittelhaardt, ein volles und animierendes Cuvée gelungen. Bereits in der Nase dominieren vollreife dunkle Früchte — ja sogar Amarenakirscharomen, begleitet von weißem Pfeffer, Lakritze, Nelke und Zimt. Im Mund zeigt er sich intensiv und mit langem Nachhall. Ein feiner Schmelz mit zarten Tanninen legt sich angenehm auf die Zunge. Schon jetzt ist der Wein absolut trinkreif, weil auch die 12 Monate Barrique harmonisch eingebunden sind. Dies, gepaart mit den vollen Früchten und der leichten Schärfe, bereitet pures Trinkvergnügen. Oliver Zeters ‚Z‘ ist ein überzeugender Repräsentant für kräftigen, deutschen Rotwein!“

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il Veneto È sQuisito Venetien ist mehr als eine reise Wert Von Jörg teuscher

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Veneto Kulinarische exKursion

Anlässlich der Internationalen Tourismusbörse in Berlin verleiht der große deutsche Online-Ferienhausmarkt atraveo jedes Jahr eine Auszeichnung für das beliebteste Ferienziel in Italien. 70.000 atraveo-Kunden hatten 2011 dafür ihre Urlaubsorte bewertet. Sieger wurde Venedig. La Serenissima, auf Deutsch „die Allerdurchlauchteste“, zählt jedes Jahr rund 24 Millionen Touristen, die aus aller Welt in die Lagunenstadt an der Adria kommen. Deren Jubel kennt kaum Grenzen: „Einzigartig, magisch, überraschend.“ Als Traumerlebnis schlechthin gilt, sich einem Gondoliere anzuvertrauen, der sein Gefährt dann geschickt und lautlos durch das Gewirr von engen Kanälen stakt. Die Zahl der Sehenswürdigkeiten von der Stadt — im 30-Minuten-Takt vom Weltgeltung übersteigt die jeder deutBahnhof Ferrovia S. Lucia aus den Canal schen Stadt locker: Der Dogenpalast, Grande befahren. An acht Haltestellen, die barocke Kuppelkirche Santa Maria in deren Umgebung sich die schönsten della Salute an der Mündung des Canal Museen Venedigs befinden, können die Grande, das zierliche Goldene Haus, Touristen ein- und aussteigen, um diese die Rialtobrücke mit ihren Läden und Schauplätze des venezianischen KunstStänden, der Marktplatz, die Seufzerund Kulturerbes zu besuchen. brücke und schließlich der Markusdom „Aber nicht nur Venedig ist eine Reiam Markusplatz — „eine unermessliche se wert“, warb Marino Symphonie aus Stein“, wie es in den Finozzi, Regiomeisten Fremdenführern heißt. nalminister für Dazu Venedigs Inseln Murano Außenhandel und Burano, berühmt für ihre und TourisGlas- und Klöppelkunst und mus des Veneto, das Städtchen Torcello, die auf der diesjährigen Wiege der Lagunenstadt. ITB für die SehenswürPünktlich zur Sommersaidigkeiten und Erlebnisson übrigens startet Venedig möglichkeiten in seimit dem „Kunst-Vaporetto“ ein ner Region. Belluno neues touristisches Projekt. Garcon sprach darDafür werden drei Vaüber mit Minister Mariporetti — das sind no Finozzi. die öffentlichen VerPiave kehrsmittel

Treviso Vicenza Brenta

Gardasee

Verona

Venedig

Padua GARÇON

Etsch

Rovigo

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Kulinarische exKursion Veneto

montana 2,5 Millionen Besucher, in den kommenden drei Jahren wollen wir diese Zahl um 30 Prozent steigern. was hat die Pedemontana Besonderes zu bieten? Sehr viel unberührte Natur, und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass sie atemberaubende Landstriche kennenlernen werden. Außerdem ist die Gegend geradezu gespickt mit einzigartigen historischen Dörfern — Asolo, Bassano, Conegliano, Marostica, Soave — ich könnte die Aufzählung fortsetzen. Sie übernachten in der Regel nicht in klassischen Hotels, sondern in Villen, die sich einst der venezianische Adel in der Pedemontana erbauen ließ. Und sie finden zahlreiche gut ausgeschilderte Radwege vor und ein umfassendes Angebot an weiteren Fitnessund Wellnessmöglichkeiten. tourismus-Minister Marino finozzi und journalistin laura ferrari: „das Veneto ist mehr als eine Reise wert!“

herr Minister, zum Veneto gehören städte wie Venedig, Verona und Padua, die dolomiten, der Gardasee — braucht es da überhaupt noch werbung? Natürlich, wer nicht wirbt, bleibt stehen, und das kann sich die Tourismuswirtschaft in keinem Land, keiner Provinz, keiner Stadt leisten. Auch nicht im Veneto. Wir sind in Italien die Tourismusregion Nummer Eins, jeder sechste Italienreisende kommt ins Veneto. Für das Jahr 2011 weist unsere Statistik 15,7 Millionen Gäste und 63,4 Millionen Übernachtungen aus. Darunter waren im vorigen Jahr übrigens 2,1 Millionen Deutsche, die das Veneto besuchten. Verträgt ihre Region denn noch mehr touristen? Ein weiteres Wachstum hat mit der Qualität unserer Angebote zu tun. Nehmen Sie zum Beispiel die Möglichkeiten, das Veneto mit dem Fahrrad zu entde-

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cken. Alle sieben Provinzen unserer Region bieten verschiedene Strecken, die leicht zu fahren sind. Die Ringroute der Euganeischen Hügel, der GiraSile und der Ring der Donzella im Po-Delta etwa sind Einladungen, drei Naturschutzgebiete des Veneto per Rad zu erkunden. Oder nehmen Sie die Tatsache, dass das Veneto im vorigen Jahr zur Pilotregion für die Umsetzung der EURichtlinien über behindertengerechten Tourismus auserkoren wurde. Derzeit arbeiten wir an einer Internetseite, mit deren Hilfe Touristen, die eingeschränkt sind, einen maßgeschneiderten Urlaub planen können. haben sie auch einen speziellen tipp für Menschen, die das Veneto schon gut kennen, herr Minister? Besuchen Sie das hügelige Hinterland des Gardasees, die Pedemontana! Die touristische Entwicklung dieses Gebietes fördern wir mit zwei Millionen Euro. Im vorigen Jahr zählte die Pede-

wie steht es um die kulinarischen offerten der Pedemontana? Bestens. Auch darin können wir uns — bei aller Bescheidenheit — durchaus mit der Toskana messen. Es gibt hier zum Beispiel erstklassige Weine. Ich nenne nur Amarone, Bardolino, Breganze, Durello, Gambellara oder Valpolicella. Hier hat auch der Prosecco seinen Ursprung, der zwischen den Orten Canegliano und Valdobbiadene angebaut wird und gerade drauf und dran ist, den Champagner kommerziell einzuholen. Hinzu kommen ursprungs- und herkunftsgeschützte Produkte, etwa Spargel aus Bassano, Kirschen aus Marostica oder Pfirsiche und Radicchio aus Verona, die berühmte Soprèssa vicentina, eine luftgetrocknete Wurst aus Schweinefleisch sowie der Asiago, ein Kuhmilchkäse, der entweder frisch als „pressato“ oder gereift als „allevo“ auf den Markt kommt. Geschmack lässt sich schlecht beschreiben, also kommen Sie, um zu probieren. Vielen dank für das Gespräch, herr Minister.


Veneto Kulinarische exKursion

www.veneto.to die Region wirbt auf der itB 2012: land of excellence

...hügelland von großem Reiz...

Regionale lebensmittel von besonderer Güte: formaggio asiago allevo...

die Pedemontana...

...und städte mit historischem charme

...und Bardolino, ein erstklassiger wein zum essen

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the caJun WaY notizen zWischen mississiPPi unD mÜggelsee Von rose marie Donhauser

Zum ersten Mal New Orleans. In der Ankunftshalle des International Airports begrüßt Louis Armstrong als überlebensgroße Statue die Gäste der 330.000-Einwohner-Stadt. Doch nicht seinetwegen sind wir gekommen, aber das behalten wir in der Satchmo-Heimat lieber für uns. Wir wollen etwas erfahren über die legendäre Südstaaten-Küche. „Sag zu Gumbo nicht einfach Suppe“, entrüstet sich Christine DeCuir von der New Orleans Press beim Lunch im bekannten Restaurant „Brennan´s“ und lädt zum riesigen Eintopfessen ein. „Gumbo ist ein Lebensgefühl!“ Dieses Lebensgefühl kommt in Form einer großen Terrine mit Meeresfrüchten, Fleisch, Gemüse und jeder Menge Gewürze auf den Tisch. Christine DeCuir erklärt die Zubereitung: „Sie beginnt mit einer dunkelbraunen Mehlschwitze, das macht die Suppe schön sämig und gibt ihr einen vollen nussigen Geschmack. Dann kommen Zwiebeln, Sellerie, Paprika, To-

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maten und Knoblauch sowie typische Cajun-Gewürze dazu. Alles weitere entscheidet jeder selbst.“ Es gibt Varianten mit Huhn, Ente, Würstchen, Garnelen oder Austern. Über den fertigen Gumbo streut man noch etwas Filé-Pulver, das sind gemahlene Sassafrasblätter, die ihm ein waldiges Aroma geben. Das Restaurant Brennan´s in der Royal Street bietet natürlich nicht nur Gumbo, sondern auch andere Spezialitäten: Escargots Bordelaise (Schnecken in Rotweinsauce) zum Beispiel, New Orleans Turtle Soup (Cremige Schildkrötensuppe), Oysters Benedict (Gebratene Austern mit Sauce Hollandaise) oder Frog legs meuniére (Gebratene Froschschenkel). Zum Dessert ist das Bananas Foster mit Eis, Bananen, Zucker, Gewürzen und braunem Rum legendär, schon wegen der Flambiershow. Das Restaurant Arnauds in der Bienville Street offeriert in einem nostalgischen Wohnzimmer Dixi Jazz und Bourbon Shrimps mit einer Jack-Dani-

els-Whiskeysauce und Crawfish Ètouffée (Flusskrebse in dicker Sauce). Und im Restaurant Bourbon House in der Bourbon Street serviert man uns Redfish on the half shell (Rotbrasch auf der Haut gebraten und mit Krebsfleischsauce überzogen). Außerdem ist es üblich, zu den Gerichten ein Schälchen „Grit“, weiße Grütze, zu reichen. Die meisten Restaurants in New Orleans sind in den Reiseführern nach Creole oder Cajun getrennt aufgelistet, bieten jedoch in der Regel von der einen wie von der anderen Küche etwas. Die klassische Hausmannskost heißt entweder Mama´s Cajun oder Creole Cuisine. Die Cajuns übrigens sind Nachfahren der französischen Siedler, die ursprünglich im Osten Kanadas lebten. 1755 wurden sie von den Briten vertrieben und ließen sich in Louisiana, im Mississippi-Delta, nieder. Der französische Gouverneur war zu jener Zeit über jeden Zuwanderer froh. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts lebten die Cajuns fast ausschließlich


Kulinarische exKursion

new orleans: jackson square

Y oF liFe

typisch: jazz im french Quarter

historisch: decatur street

unter sich, ohne Berührungspunkte mit der amerikanischen Kultur. Die französischen Wurzeln der CajunKüche wurden im Laufe der Jahre von spanischen, karibischen, afrikanischen, indianischen und kreolischen Einflüssen überlagert. Und so ähnelt die CajunKüche heute der kreolischen Küche, ist aber weniger raffiniert, sondern eher deftig und ländlich geprägt. Der Name dieser Küche rührt ursprünglich vom spanischen „criello“ her, was so viel wie „im Lande Geborener“ bedeutet. Gemeint sind die Nachfahren indianischer Ureinwohner, europäischer Kolonialherren und afrikanischer Sklaven, die in den tropischen Gegenden der Neuen Welt, vornehmlich in der Karibik, geboren wurden. Unterschiedliche Kochtraditionen und Produkte aus verschiedenen Erdteilen kamen zusammen. Aus dieser Verschmelzung entstand die raffinierte, würzige, bisweilen scharfe kreolische Küche, die in ihren wesentlichen

Elementen mit der karibischen Küche identisch ist. Auf die Frage, ob man denn heute die Cajun- und die kreolische Küche noch unterscheiden könne, meint Christine DeCuir: „Jeder der Einwanderer, woher sie auch immer kamen, hat im Laufe der Jahrhunderte Elemente aus der einen oder anderen Küche benutzt und dadurch mischte sich alles. Wobei die kreolische Küche nie die mächtigen Mehlschwitzen der Cajun-Küche akzeptierte und immer an der tomatigen Basis erkennbar bleibt.“ Ursprünglich gab es die Cajunküche nur im Cajun Country, in der Gegend rund um Lafayette, die kreolische Küche nur in New Orleans. Heute nennen wir alles, was hier serviert wird, Louisiana-Küche. Dazu gehören auch solche Gerichte wie im Ganzen frittierter Frosch oder gegrillter Alligator, dessen Fleisch allerdings ziemlich „chewy“ ist, zäh wie Kaugummi also, und deswegen nur bei Touristen beliebt.

food-journalistinnen: Rose Marie donhauser und christine decuir

die tägliche service-show...

...im Restaurant Brennan´s

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Auf die Frage, was sich in der Berliner Gastronomie, sagen wir mal, in den letzten dreißig Jahren geändert hat, geben Branchenkenner meist die gewachsene Internationalisierung der Küche zu Protokoll. Die tip-Speisekarte Berlin 2012 beispielsweise führt unter der Rubrik „Abendgastronomie“ 411 gute kulinarische Adressen auf. Darunter sind 230 Restaurants, in denen anders als deutsch gekocht wird. Das sind über 50 Prozent, die Kategorien „International“ und „Mediterran“ nicht mal mitgezählt. Die tip-Kollegen entdeckten 30 Länderküchen in der Stadt — von Afrikanisch bis Vietnamesisch. Die amerikanische Südstaaten- oder Louisiana-Küche allerdings ist nicht vertreten. Woran liegt das? Ronald Olt weiß es auch nicht — weder, weshalb sein Restaurant im tip nicht berücksichtigt wurde („2009 und '10 waren wir mal drin“), noch, warum in Berlin sein Kid Creole so allein auf kulinarischer Flur ist.

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Berlin – New Orleans Kulinarische exKursion

„Es war die klügste Entscheidung, meinen Küchenchef am Kid Creole zu beteiligen.“

Ronald olt: inhaber & Restaurantleiter

Neu allerdings ist es nicht. Bereits Mitte der 1990er wurden in der Lottumstraße in Prenzlauer Berg Chicken Jambalaya und Fish Gumbo serviert, dort lernte Olt die bis dato für ihn fremde Küche kennen. 2002 dann zog das Kid Creole nach Friedrichshain, doch drei Jahre später gaben die Inhaber auf. Olt, bis dahin im Service tätig, übernahm. Nach vier Jahren der nächste Umzug, diesmal raus nach Friedrichshagen. Viele rieten ihm ab, Exotisches in der braven Bölschestraße, keine Chance. Doch Olt ließ sich nicht beirren und hat hier mit einem kleinen Haus übern Hof wohl sein gastronomisches Glück gefunden. Stolz zeigt er eine E-Mail, einen Reservierungswunsch aus dem Schwäbischen. Jede Woche kommen solche Bitten und selbst wenn nicht, kein Problem, der kleine Laden ist nie leer. Das mag vor allem daran liegen, dass Ronald Olt und Mitinhaber Karsten Hilbrich, gleichzeitig Küchenchef, sich

Kid Creole: Südstaatenflair in Friedrichshagen

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Kulinarische exKursion Berlin – New Orleans

„Reich kannst du mit so einer kleinen Kneipe natürlich nicht werden, aber zufrieden.“

karsten hilbrich: inhaber & küchenchef

eine klare gastronomische Aufgabe gegeben haben. Dabei geht es den beiden nicht um Gourmetküche. „Kein Firlefanz im Gasthaus“, sagt Hilbrich. Und er verspricht´s nicht nur, er hält es auch — mit einer frischen Küche, die traditionell viel Fisch, Krusten- und Schalentiere sowie Geflügel verarbeitet und ziemlich scharf abgeschmeckt wird. Die bekanntesten Gerichte heißen Gumbo und Jambalaya. Während letzteres eine Art Paella mit Gemüse, Fisch oder Fleisch und Reis ist, handelt es sich beim Gumbo um einen Eintopf, von dem es in Louisiana ungefähr so viele Varianten wie Köche gibt. Einigkeit besteht nur darin, dass in jedem Fall Okraschoten hineingehören. Hilbrich, Jahrgang 1971 und gebürtiger Berliner, hat die Zubereitungen „vor Ort“ studiert, Gewürzmischungen und Marinaden getestet und kocht den Südstaaten-Mischmasch mit seinen afrikanischen und karibischen Einflüssen inzwischen so, als hätte er sein Leben lang nichts anderes in den Töpfen gehabt. Den Gästen schmeckt´s, sie schätzen das rustikal-gemütliche Ambiente im Kid Creole und den rundum vorzüglichen Service. Hier kommt wieder Ronald Olt ins Spiel, 52 und — wie sein Geschäftspartner — Berliner. Er sagt: „Ein Maximum an Wohlfühlatmosphäre ist im Kid Creole Programm.“ Übrigens: Olt, gelernter Stahlbauer und Restaurantfachmann gehörte in seinem früheren Leben mal der DDRNationalmannschaft im Gewichtheben an. Schwergewicht, 180 Kilo im Reißen, 220 im Stoßen. Das scheint die einzige plausible Erklärung für die Größe der Portionen im Kid Creole zu sein...

RestauRant kid cReole Bölschestraße 10 12587 Berlin-Friedrichshagen Tel. 030 - 65 07 66 80 www.kidcreole.net

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Nachrichten und Neuigkeiten bouQuet garni

steteR aufstieG

GaRcon-autorin agata wojcieszak und spitzenkoch stephan Zuber

eiGeneR heRd Wann Stephan Zuber und Anna Plagens ihre Pâtisserie und Épicerie — das ist so ein Ding zwischen Kaffeehaus, Feinkostladen und Bistro — eröffnen werden, wissen sie nicht. Noch sind die beiden auf der Suche nach einem geeigneten Ort. Das Ziel allerdings ist klar. Es soll dort die besten Croissants und Tartes von Berlin, exklusive hausgemachte Feinkost und eine erstklassige Frischeküche geben. Zuber und Plagens bedienen mit diesen Attributen nicht die gängigen gastronomischen Superlative nach dem Motto „Auf die Pauke hauen, auch wenn nicht viel dahinter ist“, sondern bringen dafür berufliche Voraussetzungen mit, die man in der deutschen Hauptstadt lange suchen muss. Stephan Zuber, gebürtiger Österreicher aus der Steiermark, stand bei dem Wiener Superstar Reinhard Gerer am Herd, arbeitete jahrelang in Paris bei Ducasse und Robuchon und zuletzt als Küchenchef im Adlonrestaurant UMA. Anna Plagens, aufgewachsen in Niedersachen, war nach ihrer Konditorlehre im Elsass als Pâtissière in Wien tätig und danach fünf Jahre lang in Paris im, wie sie selbst sagt, „Epizentrum des süßen Genusses“ bei Pierre Hermé. In Paris übrigens lernte sie Zuber kennen. In Berlin trafen sich der Spitzenkoch und die Meisterkonditorin dann wieder.

Sie beschlossen, sich mit einem kleinen Laden selbstständig zu machen, obwohl es für beide sicher genügend Arbeitsplätze in der Berliner Sternegastronomie geben würde. Stephan Zuber: „Sterne sind nicht alles im Leben eines Kochs. Übertroffen werden sie auf jeden Fall davon, etwas Eigenes aufzubauen.“ Zubers und Plagens Startkapital: jede Menge Erfahrungen, ebensoviele Ideen, ihr erspartes Geld und vor allem viel Mut. Neben Tartes, Macarons, Croissants und anderem Gebäck von Anna Plagens will Stephan Zuber täglich wechselnde Mittagsgerichte anbieten. Für alle Gäste, die ein bisschen Frankreich mit nach Hause nehmen wollen, wird es die Kreationen der beiden zum Mitnehmen geben. Geplant ist auch, damit Kollegen zu beliefern. Derzeit sind die Jungunternehmer — wie gesagt — auf der Suche nach einem geeigneten Ort für ihr Projekt. Garcon wird sie auf ihrem Weg in die Selbständigkeit begleiten. Ab der kommenden Ausgabe heftet sich Agata Wojcieszak an die Fersen des Kochs und der Pâtissière und berichtet über die Hürden, die ein solches Startup überwinden muss — auch als Beispiel für andere junge Gastronomen. stephanzuber@hotmail.de

1779 entwickelte Denis Papin einen nach ihm benannten Druckkochtopf, dessen Vorteile der Erfinder so beschrieb: „Er bietet beste Möglichkeiten, um Knochen sowie alle Arten von Fleisch in kurzer Zeit und mit geringem Aufwand zu erweichen.“ Diese Technik machte sich 200 Jahre später die von ihrem heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Siegfried Meister 1976 gegründete und inzwischen börsennotierte Rational AG in Landsberg am Lech zunutze. Die so genannten Kombigarer des Unternehmens kombinieren trockene Heißluft mit kontrollierter Feuchte und revolutionierten seit ihrer Einführung die Profiküchen der Welt.

Rational: auf allen Messen gefragt

Kein Wunder, dass der bayerische Küchenausstatter Jahr für Jahr mit neuen Geräten für Gastronomie und Großküchen punktet. 2011 beispielsweise kam das SelfCookingCenter whiteefficiency auf den Markt und erregte auf Messen in Basel, Mailand, Moskau, Salzburg, auf der Kölner Anuga und der diesjährigen Internorga in Hamburg Aufsehen.

Rational-Geschäftsführer Michael fuchs und küchenchef alexander jelitto

Dabei blieb es jedoch nicht. Die internationale Markteinführung der neuen Gerätegeneration bescherte dem Landsberger Rational-Konzern im vorigen Jahr auch einen kräftigen Umsatzschub von 12% auf 392 Millionen Euro, Tendenz steigend. www.rational-online.com

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kochelite in Berlin: charity-Gourmet-dinner zu Gunsten der stiftung kinderherz

BeRlineR PReMieRe

NEUERÖFFNUNG

Sie kamen und kochten für einen guten Zweck — Mitglieder des Clubs der Küchenchefs ChefHeads. Ort des Geschehens: das Berliner Grand Hotel Esplanade. Teilnehmer: die Berliner Sterneköche Matthias Diether, Thomas Kammeier, Marco Müller,

Erleben Sie klassische deutsche Küche neu interpretiert:

KONZENTRIERTER! VIELFÄLTIGER! GESÜNDER! Unsere Geschmackserlebnisse werden in Portionen von 100 –150 g serviert. Kombinieren Sie mehrere Gerichte individuell nach Ihrem Hunger und kulinarischen Vorlieben. Oder bestellen Sie eines der von uns empfohlenen Dreiguts (3er Menüvorschläge).

DREIGUT, Uhlandstraße 171, 10719 Berlin (Charlottenburg, Nähe Kudamm) Tel. 030-88 62 53 00, www.facebook.de/dreigut 94 GARÇON www.dreigut.de

chefheads-Präsident Guido fritz und schauspielerin Michaela schaffrath

Christian Lohse sowie Palazzo-Gastgeber Hans-Peter Wodarz, außerdem Dieter Müller, Hans Horberth, Heinz Wehmann und weitere Küchenkünstler aus dem In- und Ausland. Der Erlös aus dem ersten Berliner Charity-Gourmet-Dinner „SternSchnuppern“ kam der Essener Stiftung KinderHerz zugute. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern mit angeborenem Herzfehler zu helfen — zum Beispiel durch die Entwicklung schonender Operationsmethoden. www.sternschnuppern.com

neueR chefkoch Heute hier, morgen da. Der stete Personalwechsel gehört zur Berliner Gastronomie. So gab kürzlich das FrischeParadies bekannt, dass Gerd Hammes das Unternehmen verlassen hat und präsentierte seinen Nachfolger. Seit Ende Februar steht im Bistro in der Hermann-Blankenstein-Straße nun Louis Nou am Herd. Der 47-Jährige arbeitet seit 1988 in Berlin, u.a. als Küchenchef im Restaurant Le Canard und in der Brasserie Saint Tropez. Einigen Ruhm erkochte er sich mit seiner Bouillabaisse, die jetzt auch regelmäßig in der Friedrichshainer Dependence des FrischeParadieses serviert wird. www.frischeparadies.de

neu im frischeParadies: louis nou


Karins kleine Küchenhelfer rubriKen

„Vielen dank für ihre witzigen titelbilder“, schrieb uns vor einiger Zeit Garcon-leserin Barbara lischke aus Mariendorf. wir haben das lob an karin Baetz weitergegeben. die 39-jährige Malerin, Grafikerin und Illustratorin, aufgewachsen im oberbayerischen Benediktbeuern, studium der Bildhauerei in england und kanada, lebt in neukölln und gestaltet seit anfang 2009 den titel unseres Magazins. seit einem jahr ist die begeisterte hobbyköchin für Garcon auch als autorin tätig. „ich mag küchengeräte. ich liebe das hantieren mit den nützlichen kleinen, manchmal gut aussehenden, meist jedoch unscheinbaren helferlein. die erfahrung beispielsweise, wie man eine dose ansehnlich

karin Baetz

öffnet, einen Pilz vollendet säubert oder ein Gurke stilvoll hobelt, ist für mich äußerst befriedigend, idealerweise Glückshormone ausschüttend.

deshalb möchte ich diesen Gerätschaften einen Raum geben, der ihnen gebührt.“

heute: die Zitruspresse

KARINS KLEINE KÜCHENHELFER Bitte, haltet Euch fest: Die klassische Zitronenpresse, die natürlich auch mit Orangen funktioniert, ist meiner Meinung nach eines der schönsten Werkzeuge im Haushalt und eines der wichtigsten im täglichen Gebrauch. Meine zum Beispiel besteht aus Plastik und hat so ein bisschen 70er-Jahreich-wohne-in-Hipster-Neukölln-Charme — unten rot und oben so ein verblichener Weißton, herrlich! Es gibt sie natürlich auch aus Edelstahl oder Glas, und mit Frau Merkel als Zitronenpresskopf gibt es sie auch, aber ich finde: je klassischer, desto besser. Die Handhabung dieses, ein wenig wie ein Ufo anmutenden Objektes, ist sehr simpel, aber wahrscheinlich genau aus diesem Grund so außerordentlich befriedigend. Eine Zitrone — natürlich funktioniert es auch mit einer Orange — halbieren, auf den Presskopf setzen und mit aller Kraft den Saft auspressen. Ist kinderleicht, liefert die nötigen Vitamine in den Wintermonaten und erfrischt ganz wunderbar auch im Frühling und Sommer und Herbst.

Wenn Ihr allerdings ein ganzes Familienunternehmen mit Vitaminen versorgen müsst oder Vitaminüberdosierung Euer Hobby sein sollte, empfehle ich die mondäne Fassung der Zitruspresse.

Dank der Hebelwirkung des Geräts kann man damit Pressen ohne Ende. Aber seid gewarnt: Eure Gäste beim Brunch wollen dann ein Dauerabo an Eurem Frühstückstisch buchen.

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rubriKen Fuhrmanns Früchtekorb

wenn in Berlin oder Brandenburg ein weißer 7,5-tonnen-kühltransporter mit dem Zeichen der kirsche ein hotel, krankenhaus, eine kantine oder ein Restaurant ansteuert, heißt es dort schlicht: fuhrmann kommt. dieter fuhrmann, chef des gleichnamigen fruchtgroßhandels und der Grand old Man seines Berufsstandes in Berlin, gehört zu den kenntnisreichsten Männern seiner Branche. lieber klein, dafür fein — mit diesem Motto startete er 1977 auf einem charlottenburger hinterhof ins obstund Gemüsegeschäft. 1980 umzug auf den fruchthof an der Beusselstraße, 1996 eintritt seines sohnes Marcus als juniorchef in die firma, 2007 Übernahme einer neuen kühlhalle.

firmenchef dieter fuhrmann

inzwischen beschäftigen die fuhrmänner 28 Mitarbeiter, die mit 18 kühltransportern rund 500 Produkte ausliefern, pünktlich, zuverlässig und

in hoher Qualität. für Garcon stellen dieter und Marcus fuhrmann im wechsel ihre früchte vor.

heute: chicorée

fuhRManns fRÜchtekoRB GetRieBenes GeMÜse Von dieteR fuhRMann

Als ich der Garcon-Redaktion das heutige Thema — Chicorée — vorschlug, hielt sich die Begeisterung in Grenzen. „Kauft wohl keiner“, meinte der für meine Kolumne zuständige Redakteur. „Ganz im Gegenteil“, erwiderte ich und betete die jedem Gemüsegroßhändler geläufige Litanei herunter — dass Chi-

weißer chicorée...

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GARÇON

corée voll im kulinarischen Trend liege, kalorienarm, vitaminreich, leicht verdaulich und fast unbegrenzt einsetzbar sei. Großen Jubel löste ich auch damit nicht aus. Den Ausschlag für einen Beitrag über dieses Gemüse gab schließlich ein Kochbuch, nach meiner Meinung eines

der kompetentesten, das ich in letzer Zeit in der Hand hatte. Sein Titel: „Kochimpuls — 30 Köche — 40 Sterne — 150 Rezepte. Wenn man mal von der nicht sonderlich kaufanreizenden Einbandgestaltung absieht — die Porträts der Köche sind kenntnisreich, die Informationen

...und sein roter Bruder


Fuhrmanns Früchtekorb rubriKen

zu den Produkten übersichtlich und die Rezepte nachkochbar. Unter den 30 Köchen sind übrigens mit Stefan Hartmann (Hartmanns), Michael Kempf (Facil) und Marco Müller (Rutz Weinbar) auch drei Berliner und unter den 150 Rezepten ebenfalls immerhin drei, in denen Chicorée eine Rolle spielt. Harald Wohlfahrt, seit 16 Jahren Deutschlands höchstbewerteter Küchenchef, steuerte sogar ein Rezept bei, in dem das Blattgemüse die Hauptrolle spielt: Chicorée mit Birnen und Spekulatiusbröseln. Das zog schließlich, zumal der Garcon-Redaktionsleiter ein bekennender Wohlfahrt-Fan ist. So läuft das eben, dachte ich, manchmal machen erst große Namen einfache Dinge hoffähig. Chicorée also, botanisch Cichorium intybus var. foliosum. Dessen lateinischer Name weist auf die Herkunft des Gemüses hin. Die Wilde Zichorie, seit Jahrhunderten in vielen Teilen Europas, Nordafrikas und Asiens verbreitet und bereits von Horatius im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung als „cichorium“ beschrieben, ist sozusagen die Stammpflanze des heutigen Chicorées. Im 18. Jahrhundert wurde die Wilde Zichorie kultiviert, ein „Wörterbuch der Landwirtschaft“ behandelte bereits 1751 deren Anbaumethoden. Die Blätter wurden zu Salat verarbeitet, die Wurzeln dienten als Viehfutter.

Ein Zufall führte dann zur derzeit verbreiteten Chicorée-Treiberei. Im Jahr 1870 soll es gewesen sein, dass belgische Bauern nach einer übermäßig reichen Ernte von Zichorienwurzeln diese, mit Erde bedeckt, in Gewächshäusern lagerten. Die Wurzeln trieben in den Wintermonaten kräftige Knospen aus, die, infolge des Lichtmangels, bleich blieben. Die Geburtsstunde des Chicorées hatte geschlagen. Seit 1883, so berichten Chronisten, wurde auf Brüsseler Märkten das Gemüse unter diesem Namen verkauft. In Deutschland blieb es vorerst noch bei der Zichorie, obwohl sich auch hier die Treiberei entwickelte. Henriette Davidis etwa (1801-1876), deren „Praktisches Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche“ sagenhafte 59 Auflagen erlebte, präsentierte zum Beispiel einen „Cichoriensalat“: „Die im Winter im Keller gewachsenen Blätter der in Erde oder Sand eingeschlagenen Cichorienwurzel werden gut gewaschen, in kleine Stückchen geschnitten und mit Öl, Essig und wenig Salz angemengt.“ Heute sind die Belgier die größten Verbraucher von Chicorée weltweit — 8,8 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Frankreich ist der zur Zeit wichtigste Anbauer, die Niederlande stehen an erster Stelle im Chicorée-Export.

97 Prozent der Weltproduktion kommen aus diesen drei Ländern, insgesamt rund 440.000 Tonnen jährlich — Tendenz steigend. Der Grund liegt auf der Hand. Chicorée ist kalorienarm, reich an den Vitaminen B1, B2 und C und enthält zahlreiche Mineralstoffe, etwa Kalzium, Kalium und Folsäure. Er bindet nahrungs- und körpereigenes Cholesterin und trägt zum Aufbau einer gesunden Darmflora bei. Über seine leichten Bitterstoffe sagt Harald Wohlfahrt, der beste deutsche Koch: „Man muss die Produkte lieben wie die Natur sie geschaffen hat. Umso öfter man sie probiert, umso mehr lernt man zum Beispiel auch die Bitterkeit des Chicorées zu schätzen.“ Zum Schluss noch zwei Tipps für die Verarbeitung: Muskatnuss und Sesamkörner bringen den typischen Chicorée -Geschmack voll zur Geltung, ein paar Spritzer Zitronensaft im Kochwasser erhalten die weiße Blattfarbe. Zum Zweiten: Eiserne Töpfe oder Pfannen sollten bei der Chicorée-Zubereitung tabu sein — darin verfärbt sich das Gemüse schwarz. Wir verkaufen übrigens weißen Chicorée, vorwiegend aus Belgien und roten, eine Kreuzung aus Chicorée und Radicchio rosso, der aus Holland stammt. www.dieter-fuhrmann.de

Geschmorter chicorée mit jakobsmuscheln

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rubriKen Blomeyers Käsebrett

fritz lloyd Blomeyer: käser aus leidenschaft

fritz lloyd Blomeyer, geboren 1984 in Berlin, Mutter deutsche designprofessorin, Vater englischer archi-

tekt, hatte schon als kind mehr spaß am kochen als am kicken. dennoch studierte er Rechtswissenschaften,

allerdings nicht bis zum mehr oder weniger bitteren ende. nach fünf semestern sagte er der juristerei valet und widmete sich fortan seiner leidenschaft für gute lebensmittel. in schleswig-holstein, Brandenburg und im allgäu lernte er den Beruf des käsers und machte sich 2009 mit dem erworbenen wissen und dem willen selbständig, dem analogen industriekäse beste handwerksprodukte entgegenzusetzen. Mit erfolg: Blomeyer beliefert heute Berliner spitzenrestaurants und verkauft die Produkte deutscher käsereien mittwochs und samstags in der weinhandlung sonnenreich am arminplatz (seelower str. 6) und freitags bei coledampf´s & companies (Prinzenstr. 85d).

BloMeyeRs kÄseBRett cheVRe noiR Von fRitZ lloyd BloMeyeR Käsedeutschland ist freundschaftlich vernetzt, und Käsemacher halten zusammen. So ein Netz erstreckt sich zum Beispiel von der Südeifel über die Schwäbische Alb bis nach Berlin. Dahinter verbirgt sich Folgendes: Aus Hommerdingen, einem Dorf nahe der luxemburgischen Grenze, schickt die Bio-Bäuerin Petra Elsen große schwarze Zicken-Taler — das sind ein Kilogramm schwere Käselaibe — erst zu Grete Schmidt nach Geifertshofen im Landkreis Schwäbisch Hall, und die wiederum expediert die kulinarischen Wunderwerke zusammen mit ihrem eigenen Käse zu mir in die Hauptstadt. Jedes Mal, wenn ich diese Genussbrocken auspacke, habe ich das Gefühl, dass sich ein Raum zwischen Himmel und Glück auftut. Sein Inhalt ist außen schwarz und innen schneeweiß und heißt Chevre noir. Käsemacher sind Wandersleute. Davon kann ich ein Lied singen. Jahrelang war ich in Deutschlands Käsemanufakturen unterwegs und habe dabei den

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Beruf von der Pike auf gelernt. Petra Elsen tat das Gleiche, allerdings in Frankreich. Kein Wunder also, dass sie ihren Chevre noir genauso macht wie die Franzosen. Dazu später mehr.

„Käsemachen ist das gesteuerte Verderben“, sagt Petra Elsen. Diese Definition beschreibt, dass im Prozess der Käseherstellung alle Abläufe penibel registriert werden müssen.

edle Rarität: chevre noir vom Ziegenhof Petra elsen in der eifel


Den Ursprung des Kaffees erleben

die Bio-Bäuerin Petra elsen und ihre Ziegen

Die Kontrolle gilt vor allem dem Volk der Mikroorganismen, das dafür zuständig ist, dass aus der Milch Käse wird. Überwacht werden Feuchtigkeit, Temperatur und Hygiene in allen KäsereiArbeitsabläufen. Deren Grundlage ist im Falle des Chevre noir die gesunde und aromatische Milch der weißen und braunen Edelziegen von Petra Elsen, die auf den kräuterreichen Kalkböden der Süd-Eifel weiden. Im Winter fressen sie das Hommerdinger Heu, für deren Herstellung Petra Elsen eine eigene Technologie entwickelt hat. Beim Mähen werden Kräuter, Gras und Klee durch eine Walze geführt, die die harten Stengel quetscht. So trocknen sie genauso schnell wie die Blätter, und das wiederum tut den Nährstoffen im Heu gut. Im Futtertrog wird es dann noch mit verdünnter Melasse begossen. Der Effekt — die Bäuerin kann weitgehend auf Silage verzichten. Das macht die Ziegen glücklich, und sie geben jene Milch, die man für einen guten Käse braucht. Für den Chevre noir verwendet Petra Elsen nur die frische, noch warme Ziegen-Rohmilch. Der dadurch besonders zarte Bruch wird sorgfältig in spezielle

Formen geschöpft — in subtiler Handarbeit nach der traditionellen bäuerlichen Methode „Moule dans les louches“, das heißt „mit der Kelle geschöpft“. Das ist ebenso entscheidend für den besonderen Geschmack ihres Chevre noir wie die Tatsache, dass sie ohne den Einsatz von Weißschimmel oder Rotschmiere auskommt. „Natürliches Aufhefen“ heißt dieser Prozess, bei dem ein Weichkäse von außerordentlich sahnig-cremiger Konsistenz und einer feinwürzigen Intensität entsteht. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass die Chevre noir-Laibe nach dem Reifen mit rabenschwarzer BioAsche aus Obsthölzern eingehüllt werden. Das dient der natürlichen Konservierung der Käseoberfläche. Ich sage es gerne und immer wieder: Der Hommerdinger Chevre noir ist ein kulinarischer Glücksfall!

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rubriKen Básheba & Corinna on tour

nehmen kein Blatt vor den Mund: Básheba flachs, li. und corinna Garschke

dem alter nach — Básheba flachs ist 28, corinna Garschke 26 — gehören die beiden jungen frauen zur Generation fast food. doch das ist auch das einzige, das sie mit Burger, döner und co. verbindet. Básheba, gelernte Veranstaltungskauffrau und corinna, werbekauffrau von Beruf, sind

nicht nur begeisterte hobbyköchinnen, sondern auch passionierte Restaurantbesucherinnen. dass sie sich bei dem, was ihnen da so woche für woche zwischen Reinickendorf und köpenick vorgesetzt wird, kein X für ein u vormachen lassen, liegt einerseits an einer gewissen ess-Routine,

die sich Básheba flachs und corinna Garschke inzwischen angeignet haben, andererseits auch daran, dass beide in der lebensmittelbranche tätig sind. für Garcon schreiben sie über ihre gastronomischen erlebnisse in Berlin und nehmen dabei kein Blatt vor dem Mund.

BÁsheBa und coRinna on touR heute: iM east london

East London heißt der neue Stern am Kreuzberger Gastrohimmel. Die Bergmannstraße in Laufnähe und Curry 36, der Kult, genau gegenüber. Beste Lage also. Von außen wirkt der Laden unscheinbar, innen aber mächtig bis prächtig. Raue Steinwände, verheiratet mit einem weiß-hölzernen Rückbuffet. Kleine Tische für ein Essen zu zweit, ein langer Stehtisch für die Kommunikativen. Im hinteren Bereich findet man drei

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Boths, bei denen die Gäste zwar vom Servicepersonal abgeschnitten sind, aber auf gemütlichen bunten Kugeln sitzen können. Wir besuchten das Restaurant bereits zum zweiten Mal, denn vom ersten Aufenthalt blieben uns nur verschwommene Erinnerungen: Irgendwie weder gut noch schlecht. Einen tiefen Eindruck hinterließ lediglich die bezaubernde KrönchenTapete in den Waschräumen. Dieses

Gefühl von Royalty wollten wir einfach noch mal genießen. Gründe genug, einen zweiten Versuch zu wagen. Was genau essen die Londoner? Fish and Chips? Devilled Kidneys? Mulligatawny Soup? Veal and Ham Pie? Auf der East-London-Karte: Frühstück, ein paar Vorspeisen und Salate, Sandwiches und eine Seite mit Hauptgerichten, gewürzt mit groben Übersetzungen und ziemlich vielen Rechtschreibfehlern.


Dafür hatten wir selbst an einem Samstagabend freie Platzwahl, auch ohne Reservierung. So schön unkompliziert sind diese Engländer. Die Vorspeisen: Blue Cheese Tarte mit Spinat und karamellisierten Zwiebeln. Es klingt zwar gut, genauso wie Cauliflower Parmesan Gratin mit Salatbeilage, das war's aber auch schon. Die kleine Tarte thronte auf einem Rucolaberg und hätte warm sicherlich besser geschmeckt. Der Blumenkohl ertrank in einer Sahnesauce und hoffte vergeblich auf Rettung durch den schockgefrosteten Parmesan. Der Pear & Stilton Salat mit frischen Birnen, Stilton, Walnüssen und Kirschtomaten hielt dafür, was er versprach und machte bei der großzügigen Portion und dem schönen Farbspiel durchaus Lust auf mehr. Ha ha, da waren sie doch. Fish & Chips und der Big Beef Burger mit RoteBete-Chutney, das sollten unsere Main Courses sein. Wir konnten ja nicht ahnen, dass wir das besser hätten bleiben lassen sollen. Zum langweilig panierten Fisch gab es grobe TK-Pommes, Fix-und-fertigRemoulade und ein Erbs-Minz-Püree, bei dem die Köche das Wort „pürieren“ wohl nicht allzu ernst genommen hatten. Der grüne Haufen zerbröselte beim bloßen Anblick vor lauter Mangel an Feuchtigkeit.

Der Burger punktete dagegen mit gut gebratenem Fleisch, aber blieb dann kurz vorm Ziel doch stecken, denn mehr als Fleisch, etwas Käse als Bindemittel und zwei Brötchenhälften gab es leider nicht. Salat, Gurke, Tomate und Zwiebel wären schön gewesen und hätten uns vielleicht zu einem kleinen Szenenapplaus motiviert. Nach anderthalb Stunden Gaumenlangeweile, die nur durch den Besuch der Waschräume und einen guten Cidre unterbrochen wurden, gaben wir vor dem Dessert auf. Wir werden also nie erfahren, was sich hinter dem Sticky Toffee Pudding verbirgt. Summa summarum überzeugt das East London trotzdem mit seinem coolen Coffee-Shop-Landhaus-Pub-alles-zusammen-gewürfelt-Ambiente, aber ein Geheimtipp für gutes Essen in Berlin ist es nicht. Auch der entspannt-freundliche Service kann das nicht rausreißen. Draußen auf der Markise steht: God save Brit Food. Beten wir also, dass er's bald tut.

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rubriKen Marktnischen

marKtnischen entDecKungen zWischen KollWitzPlatz unD maYbachuFer Von miKe Draegert

Über 120 Wochenmärkte gibt es in Berlin, und die meisten erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Jüngstes Beispiel ist der Freitagsund Samstagsmarkt in der Kreuzberger Markthalle IX. An 30 Marktständen werden regionale Produkte angeboten, typische Nahrungsmittel aus der Uckermark, dem Spreewald, aber auch aus der unmittelbaren Umgebung — Kräuter und Pflanzen etwa aus den Prinzessinnengärten am Moritzplatz. Klatsch wird getauscht, Geschichten werden erzählt, Ereignisse gefeiert. Es gibt Märkte, die unendlich groß sind wie am Maybachufer oder auf dem Winterfeldtplatz, mit hunderten Besuchern und lärmendem Stimmengewirr.

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Doch auch abseits der bekannten Plätze bekommt man Eier von glücklichen Hühnern und Gemüse, das ohne Pestizide gewachsen ist — zum Beispiel auf dem Arkonaplatz in Prenzlauer Berg oder dem Wilmersdorfer Hohenzollernplatz. Alle diese Märkte funktionieren als soziale Orte, an denen Menschen ihre Beziehungen auf die Probe stellen und als ästhetische Räume, in denen visuelle, akustische und olfaktorische Reize in ihrer Vielfalt und Intensität erfahrbar werden. Die Kunden schätzen Nähe, Frische und kompetente Beratung. Den größten Zuspruch haben deshalb Händler, die gleichzeitig Produzenten sind. Das gilt für Rüdiger Kebe und sei-

ne Feinkostprodukte auf dem Kollwitzplatz ebenso wie für Axel Szilleweit und seine seltenen Gemüsesorten auf dem Chamissoplatz in Kreuzberg. Dazu gehören auch die Gärtnerinnen aus Blumberg, die zum Beispiel Echte Brunnenkresse und Portulak anbieten oder die Bauern der Hofgemeinschaft Marienhöhe aus Bad Saarow, zwischen deren frischer Butter und den Supermarkt-Sorten geschmackliche Welten liegen. Unter der Rubrik „Marktnischen“ stellt Garcon regelmäßig kleine Händler aus Berlin und Brandenburg vor, deren Wochenmarkt-Offerten es durchaus wert sind, auch mal quer durch die Stadt zu fahren.


Marktnischen rubriKen

FalKo schumann in Der Kreuzberger marKthalle ix:

zWetschgenmus unD zWiebel-saFran Falko Schumann mag es fein und schlicht. Für seine Frucht- und Gemüseaufstriche bedeutet das beste Zutatenqualität für maximalen Geschmack bei einer möglichst erfrischenden und dezenten Aufmachung. Seit Herbst vergangenen Jahres steht der gelernte Koch nicht mehr am Restaurantherd, sondern ist auf zwei Rädern in eigener Mission unterwegs. Mit seinem zum Verkaufsstand aufgerüsteten Lastenrad tourt er als „manufaktur für gutes fruchten“ durch die Berliner Wochenmarktlandschaft, um seine Hausmarke „feinschlicht“ anzupreisen. Das sind knapp zwei Dutzend obstige und gemüsige Aufstriche, Confits und

Toppings, die der 49-Jährige aus sorgfältig ausgewählten Bio-Zutaten und Frischprodukten regionaler Bauernhöfe fertigt. Schumanns Kompositionen kommen mit bodenständigen Bezeichnungen wie „Zwiebel-Safran“, „Brombeere mit Zitronenmelisse“, „Gepfefferte Rote Bete“ oder „Zwetschgenmus aus dem Ofen“ daher. Umso überraschender sind die Aromen, die sich hinter den schlichten Etiketten verbergen. Man merkt das feine Händchen des versierten Kochs, der es versteht, aus weniger mehr zu machen, ohne zu überladen. Hier eine Prise Tahiti-Vanille, dort ein Hauch Rosa Pfeffer oder ein Tröpfchen Wermut erweisen sich als iTüpfelchen an der richtigen Stelle. Dass guter Geschmack unter Einsatz bester Zutaten nur dann zustande kommt, wenn diese auch im richtigen Verhältnis harmonieren, ist für Falko Schumann selbstredend. Hat der gebürtige Westfale sein Handwerk in den vergangenen Jahren als Koch u.a. in

der Restauration 1900 oder in Habels Weinkultur unter Beweis gestellt, so tut er es nun erst recht bei seinen eigenen Aufstrich-Kreationen. Vom Saft aus Äpfeln, Quitten und Zitrusfrüchten bis zu Weinessig, Eierlikör und Kräuteröl stellt er sämtliche Geschmacksträger eigenhändig her, um nichts dem Zufall zu überlassen. Hinzu kommt die Verwendung von unraffiniertem Rohrzucker und Meersalz. Auch dadurch heben sich die feinschlicht-Produkte vom Angebot der Konkurrenz ab. Dort wird noch oft genug mit Raffinadezucker oder Kochsalz gearbeitet, um Kosten zu sparen. Falko Schumann tut dies bereits, indem er nicht mit einem Transporter Gas gibt, sondern in die Pedale seines Lastenrads tritt. So kann er an den geschmacksentscheidenden Stellen entsprechend großzügiger kalkulieren und beste Qualität mit höchstmögliWoche chem Biofaktor n m ar k t-Stan f r eitag gewährleisten. d s1 2-19 U hr u sam s t nd ag s 916 U h Ma r k t r: h alle IX , Eise nb ahn s tr aße 42 Ber lin /43, -Kr e u z be rg www.f ein sch licht .d e


rubriKen Marktnischen

alanzo langecKer unD JÜrgen WolFF auF Dem Karl-august-Platz:

macis, PimentblÄtter... Eigentlich wollten die beiden Globetrotter Alanzo Langecker und Jürgen Wolff vor fünf Jahren mit einer zum schwimmenden Luxushotel ausgebauten Piraten-Dschunke von der Malabarküste aus in See stechen und Berlin für immer den Rücken kehren. Aber dann zog die Bankenkrise auf, und alles kam ganz anders. Nicht die unendliche Weite des Indischen Ozeans, sondern die unendliche Vielfalt indischer Gewürze wurde zum Mittelpunkt ihrer neuen Beruflichkeit. Seit zwei Jahren betreiben die beiden Quereinsteiger von Berlin aus einen Direktimport-Gewürzhandel, bei dem sich die guten Kontakte ihres mehrjährigen Indienaufenthalts als goldwertes Rückgrat für das heutige Geschäft erweisen. Ihre Beziehungen zu indischen Bauern und Gewürz-Scouts sind für Langecker und Wolff die Voraussetzung, um über fünfzig Rohgewürze in erstklassiger und beständiger Qualität anbieten zu können.

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Ob Urwaldpfeffer und Pimentblätter aus Malankara, Planifolia-Vanille aus Tamil Nadu, Safran aus Jammu, Schwarzer Kardamom, Zimtblüten und Kurkumawurz aus Kochi oder Lorbeerlaub und Macisblüten aus Kerala — ihr Marktstand bietet ein Feuerwerk erlesener Aromen aus den besten Gewürzregionen Indiens und überzeugt spätestens bei der obligatorischen Schnupperprobe selbst die Nasen skeptischer Profiköche — intensiver geht’s kaum. Die Gewürze, darunter allein sechs verschiedene Pfeffersorten, stammen überwiegend aus kleinen, unabhängigen Landw ir t schaft sb etr ieben u.a. aus den Bergregionen des Periyar-Nationalparks. Von den dortigen Plantagen werden die Gewürze ohne Zwischen-

lagerung nach Berlin geliefert. Diese kurze Handelskette sorgt nicht nur für Frische und besondere Geschmacksgüte, sondern auch für freundliche Preise, die weit unter denen angesagter Gewürzanbieter wie Ingo Holland liegen. So sind die Produkte von Langecker und Wolff auch für Feinschmecker mit kleinem Portemonnaie erschwinglich. Auch qualitativ kann sich ihr Angebot mit den Premiumprodukten der namhaften Konkurrenz messen, zumal mehrere ihrer Gewürze aus kontrolliert biologischem Anbau stammen.


Marktnischen rubriKen

...unD urWalDPFeFFer Neben erstklassigen Gewürzen in Frucht-, Kern- und Blattform bieten Alanzo Langecker und Jürgen Wolff außerdem Gewürzmischungen an, die mit intensiven Aromen überraschen — darunter fünf ausgewogen komponierte Curry-Varianten und Garam Masala-Mixturen aus mindestens 15 Einzelzutaten. Auch solche Kreationen wie ihr Zitronenpfeffermix aus schwarz-weißem Urwaldpfeffer mit Zitronenmyrte und die „Mukhwas“-Digestifs aus bunten Gewürzlakritzgranulaten mit Fencheloder Rosenöl-Lasur bieten Aromen, die

man selbst in gut sortierten Gewürzläden nur selten findet. Die Portionierung und Konfektionierung übernehmen Langecker und Wolff selbst, bislang noch in Handarbeit. Für den Direktverkauf verwenden sie Vakuum-Metalldosen mit einem Sichtfenster im Deckel. Sie machen ein Umfüllen nach dem ersten Öffnen unnötig und verleihen den Gewürzen auch optisch Geltung. Wer keine Zeit für einen Besuch der Wochenmarktstände findet, um sich durch die Aromafluten zu schnuppern, kann dies auch in den nah und gut-Filialen des Berliner Delikatessendiscounters von Stefan Völker tun. Hier sind die beiden seit einiger Zeit mit eigenen Verkaufs-Outlets präsent.

Anlass genug für Alanzo Langecker und Jürgen Wolff, darüber nachzudenken, welche weiteren Gewürzpflanzen aus Indien in ihr Import-Repertoire passen könnten. Schnell fallen ihnen beispielsweise Seemandeln, Galgantwurzeln und Pandanusblätter ein. Bei Letzteren handelt es sich um die Blätter der Pandanuspalme. Ihr intensives nussiges Aroma würzt in Indien und Indonesien Speisen. Die Blätter werden mitgekocht und vor dem Servieren wieder entfernt. Schon diese drei exotischen Ingredienzen könnten für den experimentierfreudigen Koch hier zuland e Woch spannend e nm ar k t m sein, zumal -Stä it t w oc h s n de : K ar l-A sie bisher ug u s t-Pla B e r li in Berlin n-Ch t z, a r lo t tenb die n kaum anurg s tag s un d Ma y b freit geboten ac h u a g s: fer, B e r li n-Kr werden. e u z be rg sam s t a g s: Wi n t e r fe l dt pla B e r li t z, n-Sc hön e be rg www . dha n im a s a la . de


rubriKen Coledampf´s & Companies

eDle marKe De buYer bei coleDamPF´s & comPanies Von hans-JÜrgen bergs

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Coledampf´s & Companies rubriKen

Der Markt für Kochgeschirre galt lange als einer der stabilsten in Deutschland. Jahr für Jahr kauften die deutschen Haushalte 6,5 Millionen Töpfe und Pfannen für 490 Millionen Euro. Seit 2009 hat sich das entscheidend geändert. Der Absatz stieg sprunghaft auf 8,8 Millionen Stück, der Umsatz auf knapp 600 Millionen Euro. Grund dieses Wachstums waren die Treueprogramme von Einzelhändlern, Supermärkten und Tankstellen, die ihren Kunden Töpfe und Pfannen als Prämien in Aussicht stellten. Damit ist das Ende der Fahnenstange aber offenbar noch nicht erreicht. Der Branchenriese WMF mit Sitz im baden-württembergischen Geislingen an der Steige zum Beispiel wird Ende 2012 die Marke von einer Milliarde Euro Jahresumsatz locker übertreffen. „Unsere Geschäfte laufen im wahrsten Sinne des Wortes glänzend“, kommentierte Thorsten Klapproth, Vorstandsvorsitzender des börsennotierten Unternehmens, jüngst auf der weltgrößten Konsumgütermesse Ambiente in Frankfurt/Main die Geschäftslage der WMF. Auch die Fissler GmbH punktete am hart umkämpften Markt für Kochgeschirre. Rund 600 Mitarbeiter sind an den Standorten Idar-Oberstein und Neubrücke an der Nahe beschäftigt, der Umsatz des Familienbetriebes beträgt rund 200 Millionen Euro. Einer der Gründe für die guten Geschäfte der beiden Unternehmen: Sie produzieren ihre Kochtöpfe und Pfannen überwiegend in Deutschland und das in hervorragender Qualität. Dennoch entschied sich die Coledampf’s & Companies-Geschäftsführung an ihrem kulinarischen Ort im Kreuzberger Aufbauhaus gegen die Produkte der beiden deutschen Marktführer. Angeboten werden hier Töpfe und Pfannen des französischen Mittelständlers de Buyer mit Sitz in den Vogesen. Über die Gründe für diese Entscheidung sprach Garcon mit Thorsten Tonski, Experte für Kochgeschirr bei Coledampf’s & Companies.

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rubriKen Coledampf´s & Companies

herr tonski, was fällt ihnen zuerst ein, wenn sie de Buyer hören? Hervorragendes Kochgeschirr. ist das alles? Ich finde, das ist angesichts eines Marktes, auf dem fünfteilige Topfsets für 69 Euro angeboten werden, schon eine ganze Menge. weshalb? Weil Töpfe aus billigem Stahl mit dünnen Wänden und dünnen Böden eben nichts taugen. Was passiert, wenn am Material gespart wird, können sie zum Beispiel bei Töpfen beobachten, deren Böden papierdünn sind und demzufolge uneben werden. Sie stehen nicht auf dem Herd, sondern tanzen dort. solche töpfe kommen aus china? Nicht nur. Solcher Kochschrott kommt auch aus Deutschland. ist das der Grund, weshalb sie de Buyer-kochgeschirr aus frankreich verkaufen? Nein, auch in Deutschland wird hochwertiges Kochgeschirr produziert, etwa die Markenware der WMF, von Fissler und auch von Berndes. Deren Marktpräsenz jedoch ist so groß, dass wir uns für de Buyer entschieden haben. Die WMF beispielsweise hat mit der Media-Saturn-Gruppe neue Vertriebswege erschlossen, das Unternehmen betreibt eigene Einzelhandelsgeschäfte, und Fissler bekommen Sie in jedem Kaufhaus.

Bei de Buyer hat uns die Kompetenz bei der Verarbeitung von Kupfer beeindruckt und die vielen gebrauchswertsteigernden Details. Ich will es mal so formulieren: Das Unternehmen passt gut zu Coledampf’s & Companies.

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thorsten tonski: küchenwerkzeug-experte bei coledampf´s & companies

wann sind sie zum ersten Mal mit de Buyer in Berührung gekommen? Das war 1998, ich war als Einkäufer für das Küchensortiment des Versandhändlers Manufactum verantwortlich. De Buyer bediente damals fast ausschließlich französische Profiköche und Patissiers. Mir gelang es, das Kochgeschirr in das Manufactum-Sortiment aufzunehmen.

Ich habe aber auch in einigen TVKochshows gesehen, dass zum Beispiel Lea Linster und Cornelia Poletto das Geschirr benutzen. Auch bei „Lanz kocht“ war es schon im Einsatz. Allerdings müssen sie bedenken, dass es sich bei de Buyer um eine manufakturelle Herstellung in einem kleinen, 1830 gegründeten Familienbetrieb handelt, nicht um eine Massenproduktion.

erfolgreich? In mehrfacher Hinsicht. Der Absatz bei Manufactum stieg schnell, der Bekanntheitsgrad von de Buyer in Deutschland wuchs, und ich konnte mein Wissen um die Produkte bei Coledampf’s & Companies einbringen.

welche artikel bieten sie coledampf’s & companies an?

wie bekannt ist denn de Buyer inzwischen in deutschland? Sicher erreicht die Marke nicht den Bekanntheitsgrad der größten deutschen Kochgeschirrhersteller. In Frankreich allerdings arbeitet das Gros der Spitzenköche mit Töpfen und Pfannen von de Buyer.

bei

Ein sehr breites Programm aus Edelstahl, Kupfer und Eisen. Bei Kochtöpfen aus Edelstahl zum Beispiel gibt es die Serien Primary und Affinity, beide sind induktionstauglich. Affinity ist im Premiumsegment angesiedelt. Die Töpfe sind aus einem Sieben-Schicht-Material tiefgezogen, die Wände weisen dadurch die gleiche Wärmeleitfähigkeit wie der Boden auf. Der Vorteil: Sie benötigen beim Kochen bis zu 50% weniger Energie. So gesehen, finde ich, sind die Preise für diese Produkte durchaus moderat.


Coledampf´s & Companies rubriKen

de Buyer: traditionsunternehmen in le Val d'ajol/lothringen

sie erwähnten auch kochgeschirre aus kupfer... Wir führen die traditionelle Serie Inocuivre aus 90%igem Kupfer, deren Innenseite aus Edelstahl besteht, die allerdings nicht für Induktionsherde geeignet ist. Hinzu kommt eins der de BuyerHighlights — das induktionstaugliche Kupfergeschirr der Serie Prima Matera. Die Töpfe, Kasserollen und Sauteusen sind von beeindruckender Qualität. Ich empfehle sie besonders für das Garen empfindlicher Produkte.

Braten die weisen auch bei de Buyer mit eisen? Natürlich. Zu unserem Angebot gehören deshalb auch die Eisenpfannen von de Buyer — einerseits aus 3mm starkem Stahl, andererseits aus hochtemperiertem dünnwandigem Blaustahl. Wir führen Crêpe-, Fisch- und Grillpfannen, verschiedene Sauteusen und Woks. Wir glauben, dass diese Offerte sowohl für Profi- als auch für Hobbyköche interessant ist. Das gilt übrigens auch, wenn ich das noch sagen darf, für die de BuyerMandolinen und für die ElastomouleSilikonbackformen, die alles Vergleichbare in den Schatten stellen.

de Buyer-Geschäftsführer: claude haumesser kommt aus dem elsass

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„traumhaFt unD e bisschen chaotis Die notte Delle stelle 2012 Von Jörg teuscher

„Dio mio, ma dove sarà finito?“ — „Mein Gott, wo bleibt er bloß?“, Massimo Mannozzis Nervosität ist zum Greifen. Der 71-Jährige läuft hektisch in der Lobby des Maritim-Hotels auf und ab, ruft energisch nach seiner Mitarbeiterin Barbara Dahms und traktiert aufgeregt zum wiederholten Mal sein iPhone

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als könne es die Antwort geben. Ausgerechnet zur 20. Auflage seiner Notte delle Stelle fehlt einer der wichtigsten Gäste. „Che ore sono?“ — „Wie spät ist es?“ Barbara Dahms, die gute Seele und der ruhende Pol im Organisationsteam des italienischen Filmballs, lächelt und

greift nach Mannozzis Smartphone. Das hat inzwischen beide Antworten. Es ist 19.45 Uhr, und Volker Schlöndorff fuhr versehentlich ins SteigenbergerHotel. Dorthin, wo 17 Jahre lang Mannozzis große Gala stattfand. Nun ist der Regisseur und Oscar-Preisträger im Taxi auf dem Weg in die Stauffenbergstraße.


ein sch“ Massimo Mannozzi fällt ein Stein vom Herzen. Minuten später trifft Schlöndorff im Maritim-Hotel ein. „Wir werden eben nicht jünger“, sagt der 72-Jährige, der die Notte delle Stelle einmal als „schönsten Abend der Berlinale“ bezeichnete und auf der Premieren-Gala 2012 eine Laudatio halten

wird. Deren Adressatin ist die Schauspielerin Anna Maria Mühe. Gemeinsam mit ihren Kollegen Stephanie Stumph, Jochen Horst und Hans-Werner Meyer nimmt die 26-jährige Darstellerin den Premio Bacco entgegen, den Preis der italienischen Filmkritiker und -journalisten.


lebensart Notte delle Stelle 2012

„Sie ist zweifellos eines der größten europäischen Nachwuchstalente“, sagt Schlöndorff und erinnert an ihre Rollen in den Kinofilmen „Novemberkind“, „Bis zum Horizont, dann links!“ und „In der Welt habt ihr Angst“. RBB-Moderator Harald Pignatelli, der in seinem zu engen Smoking wie vom Karneval in Viareggio eingeflogen wirkt, führt durch den Abend und bringt gelegentlich den Ablauf durcheinander. Dann greift Massimo Mannozzi ein und übernimmt die Regie. Die Gäste lächeln milde. „Typisch italienisch, ein bisschen chaotisch, aber trotzdem wunderschön“, kommentiert der Berliner Unternehmer Wolfgang Anduleit den Ball, der seit 1993 zu seinen festen Februarterminen gehört. „War die erste Notte delle Stelle und die erstmalige Verleihung des Premio Bacco an Gerry Calà damals noch eine familiäre Party, trifft sich heute hier die halbe Hauptstadt. Massimo Mannozzi hat den jährlichen Filmball zum gesellschaftlichen Ereignis gemacht.“ Dem Lob des Geschäftsführers der hauptstädtischen Frischdienst GmbH ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht, dass Mannozzi entgegen mancher Vermutungen noch längst nicht daran denkt, sich zur Ruhe zu setzen. „Wir Gastronomen sind wie Schauspieler, wir brauchen den Applaus“, sagt der Inhaber des Restaurants Bacco in Berlin und des gleichnamigen Hotels in seiner toskanischen Heimatstadt Lido di Camaiore. Das soll wohl heißen, dass Ruhe auch im Alter nicht zu seinem Repertoire gehört. Da ähnelt Massimo Mannozzi seinem Freund Volker Schlöndorff. Am Rande des Ballgeschehens unterhalten sich der Gastronom und der Regisseur über künftige Projekte. Schlöndorff wird am Wannsee im Spätsommer 2012 die Oper „Carmen“ inszenieren, Mannozzi baut sein Hotel zur Wellness-Oase um — die beiden 70-Plus-Männer wünschen sich Glück für ihre Vorhaben. Gegenseitigen Einladungen folgt die Versicherung: Spätestens bei der Notte delle Stelle 2013 sehen wir uns wieder.

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Gastgeber seit 20 jahren: Massimo Mannozzi


Notte delle Stelle 2012 lebensart

Ballgeflüster in sechs Bildern

die Premio Bacco-Preisträger 2012: hans-werner Meyer, anna Maria Mühe, stephanie stumph, jochen horst, v. li.

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Marktplatz Gute Adressen

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Lonscher LABOR-, PRÄZISIONS- UND INDUSTRIEWAAGEN Vertrieb aller gängigen Waagen für · Gastronomie (HACCP-konform) · Handel · Industrie

Wir kochen von den Alpen bis zur See. Küchenchef Marcus Zimmer adelt vermeintliche Banalitäten. Erleben Sie den Komödiantengastronom Hartmut Guy persönlich und Weine die Spaß machen.

Bau von Spezial- und Sonderwaagen Reparatur und Wartung Personalschulung und Artikelprogammierung Vorbereitung und Vorstellung der Waagen zur Eichung DKD-Vorort Kalibrierdienst für Waagen

Restaurant Riehmers Hagelberger Strasse 9 10965 Berlin - Kreuzberg Tel.: 030- 78 89 19 80 www.riehmers-restaurant.de

Berlin-Schöneberg

Lonscher Waagen GmbH Beusselstraße. 44 f-g 10533 Berlin

Tel.: (030) 396 01 3-0 info@lonscher-waagen.de www.lonscher-waagen.de

Gut eingeführtes, repräsentatives Restaurant, komplett saniert. Herzstück: Antikes Vollholz-Rückbuffet, ca. 130 Jahre alt, 115 m² Gast- und Nebenräume, ca. 70 Sitzplätze, Terrasse, voll eingerichtet – Ablöse nach Vereinbarung. E-Mail: haegeles.antiqua@web.de Telefon 0175/2092192 www.schwaebisch-essen-in-berlin.de

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GastRoQuiZ Lang, lang ist´s her, dass in Berlin alltagstaugliche Küchenwerkzeuge entwickelt, patentiert und produziert wurden: Brotschneidemaschinen, Eierteiler und Waffeleisen zum Beispiel. 1903 brachte die Küchen-Spezial-Fabrik A. Bertuch, Berlin W., Kanonier-Straße und immerhin Kaiserlicher Hoflieferant, ein neues Gerät auf den Markt. Alexander Mathis, damals 1. Vorsitzender und Ehrenmitglied des Internationalen Verbandes der Köche und ein berühmter Küchenmeister, lobte es folgendermaßen: „Ein solch praktisches Werkzeug macht sich nach seiner Probe bald unentbehrlich und ist jedem Fachmanne zu empfehlen.“ Wir wollen heute wissen worum es sich bei diesem Gerät handelte:

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Das Original seit 1846

REDAKTION Yvonne Weinlich (V.i.S.d.P.), Jörg Teuscher, Hans-Jürgen Bergs, Mike Draegert, Heiko Gralki, Claudia Lerch, Marc Steyer, Anna Weber, Agata Wojcieszak (red. Mitarbeiterin)

Zur Krönung aller Speisen

AUTOREN DIESER AUSGABE Uwe Ahrens, Karin Baetz, Fritz Lloyd Blomeyer, Rose Marie Donhauser, Básheba Flachs, Dieter Fuhrmann, Corinna Garschke, Wolfgang Schuhmacher, Thorsten Tonski, Marion Wiese

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GRAFIK & LAYOUT Maik Kleinhanns www.davin-c.de TITEL UND ILLUSTRATIONEN Karin Baetz www.karindrawings.de FOTOS Heiko Gralki, Jörg Teuscher, Mike Draegert, Lily Roggemann, Agata Wojcieszak, Archiv de Buyer, Archiv Hofkäserei Geifertshofen, Archiv Otto Gourmet, Archiv Thorsten Tonski, Archiv Garcon ANZEIGEN Yvonne Weinlich, Henriette Jüngel anzeigen@bildart-verlag.de BEZUGSHINWEISE Zu beziehen in ausgewählten Fachhandlungen oder im Abonnement über den Verlag. Einzelheftbestellung: Jedes Heft kostet 6,00 Euro zuzüglich 1,45 Euro Versandkosten pro Sendung. Bezahlung nach Erhalt der Rechnung oder im Lastschrifteinzugsverfahren. Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung bedarf der Zustimmung des Verlages. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Unterlagen und Fotos wird keine Haftung übernommen. Über die Verwendung der Materialien entscheidet die Redaktion. Eine Rückantwort ist nicht vorgesehen, wenn nicht individuelle Absprachen dem entgegen stehen. Aufnahme in Online-Dienste, Internet und Vervielfältigung auf Datenträgern nur nach schriftlicher Bestätigung des Verlages.

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