GOLDENER GREIF STABWECHSEL IM SCHLOSS GLIENICKE VON YVONNE WEINLICH
Gastronomieberater mit Harley: Franz Raneburger
Jahrelang war in der Remise von Schloss Glienicke die Aufgabenteilung klar geregelt. Inhaber und Küchenchef Franz Raneburger stand am Herd, Marija Vojković, seine Partnerin im Beruf wie im Leben, leitete den Service, und Tochter Anja kümmerte sich um die Organisation von Veranstaltungen. Ende des Jahres 2008 erhielten Freunde, Gäste und Geschäftspartner einen Brief, zwei Zeilen nur: Nach 15 Jahren als Inhaber und Pächter des Restaurants Schloss Glienicke wird Herr Franz Raneburger dieses der nächsten Generation übergeben. Der Franz, der kann’s. Der abgegriffene Reim aus einem 50er-Jahre-Schlager musste in den vergangenen Jahren immer wieder herhalten, wenn über Franz Raneburger geschrieben wurde. Als der gebürtige Österreicher nach Koch- und Metzgerlehre im heimatlichen Tirol, Wanderjahren durch die halbe Welt, Zwi30
GARÇON
schenstationen im Berliner Sportpalast und in der Cafeteria des Senders Freies Berlin 1982 den Bamberger Reiter in Schöneberg übernahm, war Berlin noch eine kulinarische Wüstenei, die Edelgastronomie bot sich „ungemein übersichtlich“ dar. Die Tourismusmanager warben mit Bulette und Eisbein und priesen die jährlich 63 Millionen verzehrten Currywürste als kulinarischen Superlativ. Raneburger war einer der ersten, die gegen den fettigen Ruf Berlins ankochten. „Das Essen ist furchtbar teuer, aber dafür auch kreativ, kunstvoll und köstlich“, kommentierte 1989 der Tagesspiegel. Da hatte Franz Raneburger bereits das siebente Jahr in Folge einen Michelin-Stern erkocht. Wiederum fünf Jahre später trennte sich Raneburger von seiner Frau, verabschiedete sich aus der Kaviarliga und übernahm die Remise im Schloss Glienicke. Gemeinsam mit seiner neuen Partnerin Marija
Vojković machte er aus Schinkels Schlösschen nahe der Glienicker Brücke Berlins bestes Ausflugsrestaurant. Nun also ist Raneburger, 61-jährig, in die zweite Reihe getreten. Tochter Anja übernahm das Ruder, das Restaurant nahe der Glienicker Brücke heißt jetzt Goldener Greif. Die 39-jährige Berlinerin mit österreichischem Pass studierte in ihrer Heimatstadt Betriebswirtschaftslehre, Diplom 1996. Acht Jahre später kam der Master of Business Administration hinzu - Thema der Abschlussarbeit: Wettbewerbsanalyse und strategische Implikationen einer Veranstaltungsagentur. Beste Voraussetzungen also, um ein großes Restaurant zu betreiben, das sie neudeutsch auch als „Eventlocation“ bezeichnet. Was Anja Raneburger damit meint, wird klar, wenn sie über die Zukunft des Hauses spricht: „Wir planen spezielle Veranstaltungen, Konzerte und Kochkurse. Unser Team ist darauf spezialisiert, selbst größte Feste zu organisieren. Von den Ausflüglern allein können wir nicht leben.“
Diane Radcliffe, der gute Geist im Schloss und Inhaberin Anja Raneburger, v.li.