Magazin GARCON - Essen, Trinken, Lebensart - Ausgabe 2 - 2011

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Der Eierschneider WERKZEUGKUNDE

Willy Abel Auf den Spuren eines Erfinders von Jörg Teuscher „Willy Abel ist der Vater meiner Stief-Oma“, sagt Thomas Wolfert. Der 46-jährige Hamburger sitzt an einem Besprechungstisch im Chefzimmer der TV+Synchron Berlin GmbH. Er führt die Geschäfte des Unternehmens auf dem Gelände des ehemaligen DDRFernsehfunks in Berlin-Adlershof. Während Wolfert über seine Firma spricht, in der ausländische Film- und Fernsehproduktionen deutsch synchronisiert werden, bewegen seine Hände einen uralten Eierschneider. Das Gerät gehört zu Wolferts Familiengeschichte, denn der Mann ist ein Nachfahre des Eierschneider-Erfinders Willy Abel, dessen Stief-Ur-Enkel. Abel, geboren am 23. September 1875 in Dresden, absolvierte eine Maschinenbau-Lehre in Trier. Er avancierte, erst 18-jährig, zum Konstrukteur in der Spandauer Gewehrfabrik und meldete hier seine erste von sage und schreibe 63 Erfindungen zum Patent an — einen Mündungsschoner für das Gewehr 98.

Willy Abel

Thomas Wolfert

Einige Jahre später schuf er einen Briefmarken-Automaten und verkaufte die Erfindung an die Deutsche Reichspost. Mit dem Erlös gründete er seine erste eigene Firma, die W. Abel & Co. GmbH, die sich vor allem der Entwicklung und Produktion von Küchenwerkzeugen widmete. Der Standort in der Schöneberger Geneststraße war damals j.w.d . Das Patentblatt des Kaiserlichen Patentamtes vom 6. Dezember 1911 vermeldete die Anmeldung von zwei Erfindungen zum Patent: einer „Reibetrommel zu Reibemaschinen“ und eines sogenannten „Eierteilers“.

Serienmäßig hergestellt wurde dieses Gerät, das „aus einem Aluminiumtisch, einem Nickelbügel und gespannten Drähten“ bestand, ab 1912 in Berlin-Lichtenberg. Dort hatte Abel in der damaligen Rittergutstraße, der heutigen Josef-Orlopp-Straße, die Harras-Werke W. Abel & Co. GmbH gegründet, eine der ersten Haushaltswarenfabriken in Deutschland. Mit dem Slogan „Harras auf der Hand — jedermann bekannt“ warb das Unternehmen sowohl für seine Eierschneider — in wenigen Jahren wurden 10 Millionen davon produziert und in alle Welt verkauft — als auch für weitere von

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