BASSENGE AUKTION 118 AU F PA PIER GEZ EICH N ET – I N KU PF ER GESTOCHEN Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik aus der Sammlung Stephan Seeliger
Donnerstag, 2. Dezember 2021
Galerie Bassenge . Erdener Straße 5a . 14193 Berlin Telefon: 030-893 80 29-0 . E-Mail: art@bassenge.com . www.bassenge.com
I HR E A N S P R E CH PA RT N E R F Ü R D I ES EN KATALO G / E X P E RT S FO R T H I S CATA LO G U E :
Abteilung Gemälde und Zeichnungen des 16. bis 19. Jahrhunderts / Department of 16th – 19th Century Paintings and Drawings Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den gewünschten Losnummern zu erfragen, da Angaben zum Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog notiert sind. Dr. Ruth Baljöhr
+49 (0)30 - 893 80 29 22 r.baljoehr@bassenge.com
David Bassenge
+49 (0)30 - 893 80 29 17 david@bassenge.com
Eva Dalvai
+49 (0)30 - 893 80 29 80 e.dalvai@bassenge.com
Lea Kellhuber
+49 (0)30 - 893 80 29 20 l.kellhuber@bassenge.com
Nadine Keul
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Harald Weinhold
+49 (0)30 - 893 80 29 13 h.weinhold@bassenge.com
Die Galerie Bassenge ist Mitglied bei
Eindeutig identifizierbare Werke mit einem Schätzpreis von mindestens 2500 Euro werden vor der Auktion mit dem Art Loss Register abgeglichen.
T ER M I N Ü BER SICH T
AU KT ION 118
MITTWOCH, 1. Dezember 2021 Vormittag 10.00 Uhr Druckgraphik des 15. bis 17. Jahrhunderts Nr. 5000-5200 Druckgraphik des 18. Jahrhunderts Nr. 5201-5296 Nachmittag 15.00 Uhr Druckgraphik des 19. Jahrhunderts und des Fin de Siècle Nr. 5297-5392 Miscellaneen und Trouvaillen der Druckgraphik Nr. 5393-5624 des 15. bis 18. Jahrhunderts DONNERSTAG, 2. Dezember 2021 Vormittag 10.00 Uhr
Gemälde Alter und Neuerer Meister Antiquitäten und Rahmen
Nr. Nr.
6000-6220 6221-6225
Nachmittag 15.00 Uhr
Auf Papier gezeichnet – In Kupfer gestochen Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik aus der Sammlung Stephan Seeliger
Nr.
6300-6417
Portraitminiaturen Nr. 6450-6580
17.00 Uhr
FREITAG, 3. Dezember 2021 Vormittag
11.00 Uhr
Nachmittag 15.00 Uhr
Zeichnungen des 16. bis 19. Jahrhunderts
Nr.
6600-6823
Moderne und Zeitgenössische Kunst II
Nr.
7000-7236
Nr.
8000-8267
(Katalog nur online)
SONNABEND, 4. Dezember 2021 Nachmittag
14.00 Uhr
Moderne und Zeitgenössische Kunst I
VORBESICHTIGUNG Um einen reibungslosen Ablauf der Vorbesichtigung aufgrund der aktuellen Einschränkungen gewährleisten zu können, bitten wir Sie um eine vorherige Anmeldung per Telefon oder E-Mail. Druckgraphik, Gemälde, Zeichnungen des 15. bis 19. Jahrhunderts, Sammlung Stephan Seeliger: Erdener Straße 5A, 14193 Berlin Montag, 22. bis Montag, 29. November, 10.00–18.00 Uhr, Dienstag, 30. November 10.00–15.00 Uhr Moderne und Zeitgenössische Kunst: Rankestraße 24, 10789 Berlin Montag, 22. November bis Donnerstag, 3. Dezember, 10.00–18.00 Uhr Vorabtermine sind nach Vereinbarung ab Dienstag, dem 16. November möglich. Schutzgebühr Katalog: 15 €
Umschlag: Los 6370, Joseph von Führich und Los 6400, Johann Evangelist Scheffer von Leonhardshoff
Zur Sammlung Dr. Stephan Seeligers Am 17. Dezember 2020 ist im Alter von 91 Jahren in München der am 10. September 1929 in Leipzig geborene Kunsthistoriker Dr. Stephan Seeliger verstorben. Es kann hier nur erwähnt werden, dass er nicht nur als Sammler, sondern auch als Wissenschaftler, Connaisseur und vorbildlicher Mäzen bleibende Spuren hinterlassen hat. 1956 promoviert, trat er am 1. Januar 1958 sein Volontariat an der Staatlichen Graphischen Sammlung München an und konnte noch im gleichen Jahr an der dort gezeigten Ausstellung „Deutsche Zeichenkunst der Goethezeit“ mitarbeiten, die erstmals eine breitere Öffentlichkeit mit der renommierten Münchner Sammlung Winterstein bekannt machte. Dies dürfte Stephan Seeliger motiviert haben, selbst eine Kollektion romantischer und nazarenischer Zeichnung und Druckgraphik aufzubauen. Er repräsentierte alles andere als den Typus des eigenbrötlerischen Sammlers, und es gelang ihm durch seine Publikationen, seine Mitarbeit an Ausstellungen und durch seine mäzenatischen Aktivitäten, nazarenischer Zeichenkunst und Druckgraphik zu einer höheren Wertschätzung zu verhelfen. Zwischen Kunsthandel, Museen, Sammlern und Archiven knüpfte er ein dichtes Netz - nicht nur zu seinem eigenen Vorteil. Vielmehr bezog er als außerordentlich kommunikative Persönlichkeit alle, die sich ebenfalls mit romantischer und nazarenischer Graphik befassten, mit ein, teilte generös seine Erwerbungen und Erkenntnisse mit und stellte großzügig Blätter seiner Sammlung für Forschung und Ausstellungen zur Verfügung. Nun kommt Stephan Seeligers Sammlung, deren Rang und Umfang mit dem vorliegenden Katalog erstmals fassbar wird, sinnvollerweise in jenem Auktionshaus zur Verstei gerung, bei dem er immer wieder Zeichnungen und Druck graphiken erworben hat. Es liegt auf der Hand, dass Stephan Seeliger als Kunsthistoriker ein fest umrissenes Sammlungskonzept hatte, demzufolge nicht nur Zeichnungen, sondern auch Druckgraphiken deutscher Künstler der Zeit um 1800 und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Kern bilden sollten. Daher setzt seine Sammlung, von einzelnen früheren Blättern abgesehen, mit dem Klassizismus verpflichteten Graphiken nach Asmus Jacob Carstens und Berthel Thorvaldsen und von Christian Friedrich Tieck ein. Offensichtlich lag Seeliger daran, die geradezu katalysierende Wirkung, die die Graphik auf die gesamte weitere kunsthisto rische Entwicklung nach 1800 ausübte, zu dokumentieren, sodass er außerdem Druckgraphiken von Carl Russ und John
Flaxman in seine Sammlung einbezog. Sind doch in den 1809/10 entstandenen Radierungen und Aquatinten von Russ Parallelen zu Bildideen der Wiener Lukasbrüder auszumachen und hatten die Radierungen nach Zeichnungen Flaxmans auf den Umrissstil der Brüder Franz und Johannes Riepenhausen und dann auch der Nazarener eingewirkt. Die frühe, avantgardistische Phase dieser 1809 mit dem Lukasbund gegründeten Künstlergruppe ist mit Zeichnungen Peter von Cornelius’, Friedrich Overbecks, Franz Pforrs und Johann Evangelist Scheffer von Leonhardshoffs eindrucksvoll – und dies nicht nur mit einzelnen Blättern – belegt. Konvolute von Zeichnungen Cornelius’ und Overbecks sowie ihrer Kupferstecher Samuel Amsler, Carl Barth und Ferdinand Ruscheweyh dokumentieren sehr deutlich, dass ein spezielles Interesse des Sammlers auch der Korrespondenz zwischen Zeichnung und Druckgraphik galt. Der Lukasbruder Scheffer von Leonhardshoff sowie Joseph Führich, Friedrich Olivier und vor allem Julius Schnorr von Carolsfeld, die sich den Nazarenern anschlossen, sind mit qualitätvollen Zeichnungen und zum Teil als sehr selten geltenden druckgraphischen Blättern ebenfalls stark vertreten, aber auch Vorläufer wie die Brüder Riepenhausen und der sich durch einen markanten, mitunter vehementen Zeichenstil auszeichnende DeutschRömer und Freund Führichs, Franz Nadorp. Mit Führichs Selbstbildnis mit Brille von 1829 gelang Seeliger eine seinen umfangreichen Führich-Bestand krönende Erwerbung, wie er selbst äußerte, und aus seinen in diesem Katalog wiedergegebenen Worten geht auch hervor, welch emotionale Beziehung ihn mit der Zeichnung verband. Sie und die hier ebenfalls publizierten Bildnisse, die Daniel Albert Freudweiler, Franz Nadorp und Julius Schnorr von Carolsfeld schufen, bezeugen eine Präferenz des Sammlers für die Portraitzeichnung. Doch ist auch die Landschaftszeichnung mit herausragenden Blättern Joseph Führichs, Franz Nadorps, Friedrich Oliviers, Joseph Rebells, Heinrich Reinholds, Ludwig Richters und Johann Martin von Rohdens vertreten. Wenn Stephan Seeliger auch den Schwerpunkt seiner Sammlung auf nazarenische Zeichnung und Druckgraphik legte, verdeutlichen einige der genannten Künstler, denen noch die als „Realisten“ bezeichneten Johann Christoph Erhard und Johann Adam Klein hinzuzufügen sind, dass er die Vielfalt künstlerischer Manifestationen jener mit dem Begriff „Romantik“ umschriebenen Epoche in seiner Sammlung berücksichtigte. Die Kennerschaft Stephan Seeligers, und damit gewann seine Sammlung ihr ganz eigenes Profil, erwies sich auch darin, dass
er nicht nur Blätter der prominentesten Repräsentanten romantischer und nazarenischer Zeichenkunst sammelte, sondern auch wenig beachteter Künstler wie Konrad Eberhard, Daniel Freudweiler, Christian Friedrich Kallmeyer, Gustav Heinrich Naeke oder Ferdinand Ruscheweyh. Und wie in anderen Fällen publizierte er diese „Funde“: Über von ihm entdeckte Zeichnungen Eberhards verfasste er 1990 und 1994 zwei Aufsätze, sein nahezu 100 Zeichnungen umfassendes NaekeKonvolut schenkte er dem Landesmuseum Mainz, das es 2009 ausstellte und in Zusammenarbeit mit dem Stifter in einem Katalog publizierte; über Kallmeyer publizierte er 2013 einen Beitrag, und während seiner letzten, gesundheitlich noch nicht beeinträchtigten Lebensjahre brachte er einen derart umfangreichen Bestand an Graphiken des Stechers Ruscheweyh zusammen, dass damit eine Ausstellung ins Auge gefasst wurde, die jedoch nicht mehr zustande kam. Seeligers besonderes Interesse galt, wie bereits angedeutet, der Beziehung zwischen Zeichnung und Druckgraphik, ausgehend von der Erkenntnis, dass romantische und nazarenische Druckgraphik nicht pauschal als Reproduktionsgraphik einzustufen oder gar abzuwerten sei, sondern umgekehrt, dass Zeichnungen auch zum Zweck ihrer Vervielfältigung geschaffen wurden und dass Kupferstich, Radierung oder Lithographie das finale Werk war. Beispiele dafür und für das Stephan Seeliger leitende Ineinandergreifen von Sammeln, Forschen und Publizieren sind die in diesem Katalog angebotenen „Bilder zu Goethe’s Faust“ nach Zeichnungen des Peter von Cornelius. Aus Seeligers in der Zeitschrift „Aus dem Antiquariat“ 7, 1988, erschienenem Aufsatz „Zur Editionsgeschichte der Faust-Bilder von Peter Corne-
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lius“ erschließt sich modellhaft seine Methodik: Ausgehend von der in seinem Besitz befindlichen Ausgabe, recherchierte er in Graphischen Sammlungen und Archiven und konnte anhand unterschiedlicher Druckzustände und Papiere die verschiedenen Auflagen der Folge und ihre Chronologie klären. Das heißt, dass bei ihm zur Wertschätzung der Zeichnung und der Druckgraphik an sich ein Interesse am publizistischen und medialen Aspekt hinzutrat, konkret: Er eruierte den Weg der Kupferstichplatten von Verlag zu Verlag und die damit zu erklärende lang andauernde Präsenz der Stiche am Markt, nicht nur im Fall dieser prominenten Folge. Nachzulesen ist dies in seinen Beiträgen im hier oft zitierten, 1993 erschienenen Katalog „Unter Glas und Rahmen“, in dem er die Selbstbescheidung des Forschers in die bildhaften Worte fasste: „… denn nicht anders als die mittelalterlichen Portalfiguren steht ein jeder von uns auf den Schultern eines anderen.“ Autopsie des Originals, des materiellen Befundes, und eingehende Archivrecherche waren für Stephan Seeliger selbstverständliche Schritte im Verlauf seiner Forschungen. Man sah ihn deswegen auch stets in Graphischen Sammlungen, in Archiven und bei Vorbesichtigungen, nachdem er die einschlägigen Auktionskataloge studiert hatte. Abschließend sei bemerkt, dass seine übrigens von ihm äußerst sorgfältig dokumentierte Sammlung sehr viel mehr Blätter umfasste als jetzt zur Versteigerung gelangen, denn zu seinen Lebzeiten hat er zahlreiche Graphische Sammlungen großzügig mit Schenkungen bedacht, und nicht nur diesen Instituten wird er als Mäzen, als Mitarbeiter an Ausstellungen und Katalogen sowie als anregender Gesprächspartner in dankbarer Erinnerung bleiben. Norbert Suhr
Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Joseph Anton Koch (1768 Obergibeln, Tirol – 1839 Rom)
6300 Les Argonautes, selon Piandre, Orphée et Apollonius de Rhodes. 24 Umrissradierungen nach Asmus Jacob Carstens zzgl. Titelblatt mit dem Bildnis von Carstens und 4 Seiten Text, gebunden im modernen HLBand (unter Verwendung alter Marmorpapierbezüge) mit Papier-Deckelschild mit handschriftl. Titel und Besitzvermerk „Argonauten. 2. Flaxman Odyssee. / F. W. Hammer Ffm. 1879“. Je ca. 21,2 x 25,4 cm. Rom 1799. Andresen: Deutschen MalerRadierer, Nr. 29; Frances Carey, Antony Griffiths: German Printmaking in the Age of Goethe. London 1994, Nr. 99. Wz. Fleur-de-lis im Kreis mit angehängten Buchstaben. 600 € Provenienz: Aus der Sammlung Friedrich Wilhelm Hammer, Frankfurt (Sammlerparaphe auf dem Deckelschild und Titelblättern, dort zzgl. Sammlerstempel, nicht bei Lugt).
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Joseph Anton Koch war im Frühjahr 1795 in Rom eingetroffen, wo er bis 1798 im Atelier von Asmus Jacob Carstens lernte und sich dessen klares, stilisierendes Idiom aneignete. Kurz vor seinem Tod schuf Carstens die Illustrationen zur Sage der Argonauten, doch Krankheit hinderte ihn an der Ausführung der Radierungen. Koch nahm sich der Verwirklichung dieses Projekts an, nicht zuletzt als Hommage an den Freund und Lehrer, und war selbst für die Vollendung der Kompositionen sowie den Vertrieb der Stichfolge verantwortlich. „Die Argonauten sind das erste deutsche Buch im Stile der klassizistischen Umrißzeichnung, es übte auf die Nachfolger einen außergewöhnlichen Einfluß aus“ (Rümann, S. 222). Wegweisend für diesen Stil waren John Flaxmans Umrisszeichnungen, die in vorliegendem Album in Form seiner frühen und berühmten Illustrationen zu Homers Odyssee beigebunden sind. Eindrücklich wird dadurch die Entwicklung und Adaption dieser neoklassizistischen Formsprache im ausgehenden 18. Jahrhundert veranschaulicht. - Die Argonauten in der zweiten zeitgenössischen Auflage mit Datum in römischen Ziffern in ausgezeichneten bis ganz ausgezeichneten Drucken mit Rand. Minimal fleckig bzw. stockfleckig, weitere geringfügige Handhabungsspuren, sonst in sehr guter Erhaltung. Beigebunden nach John Flaxman „The Odyssey of Homer“. 28 Umriss radierungen auf Bütten zzgl. Titelblatt von Tommaso Piroli. Erste Ausgabe, Rom 1793, (Bentley 1964, S. 16, Nr. 1).
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Carl Russ (1779–1843, Wien)
6301 Jupiter liebkost Ganymed. Radierung auf Velin. 14,9 x 11,3 cm. 1810. Nagler 24. 800 € Der Wiener Maler, Radierer und Lithograph Carl Russ studierte zwischen 1793-99 an der Wiener Akademie. Er wurde 1810 zum Hofmaler des Erzherzogs Johann berufen und war auf dessen Geheiß ebenfalls zum Kustos an der k.k. Gemäldegalerie im Schloss Belvedere ernannt worden. Russ widmete sich in seinem Œuvre vornehmlich Erzählungen aus der Mythologie und der Antike, in der zweiten Hälfte seines Schaffens ab 1811
fokussierte er sich auf Darstellungen aus der österreichischen Geschichte (siehe Lose 6389 und 6391). Vor allem seine mythologischen Kompositionen jedoch verhalfen ihm zu großem Erfolg. Die vorliegende Szene mit Jupiter und Ganymed ist ein charakteristisches Beipiel für die verfeinerte klassizistische Stilsprache des Künstlers. Russ hat das Thema mit einer unübersehbar erotischen Komponente aufgeladen. Liebevoll küsst Jupiter den Knaben Ganymed, den „Schönsten aller Sterblichen“. Prachtvoller, nuancierter Abzug mit breitem Rand. Lediglich geringe Alters- und Gebrauchsspuren, schwache Stockfleckchen, sonst vollkommen erhalten.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Carl Russ 6302 Tobias zeigt seinem Sohn die Tafeln des Gesetzes. Radierung auf Velin. 31,3 x 41,1 cm. 1811. Nagler 20. 1.500 € Vor vielen weiteren Arbeiten etwa auf dem Boden oder dem Mobiliar, vor der Aquatinta und dem Titel im Unterrand. Prachtvoller, leuchtender Probedruck mit feinem Rändchen an den Seiten, oben und unten knapp in die Plattenkante, oben der Rand leicht unregelmäßig. Minimal angestaubt, sowie vornehmlich verso und in den unteren Ecken leicht fleckig, schwache Gebrauchsspuren, sonst sehr gut. Sehr selten.
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6303
6303
Veit Hanns Schnorr von Carolsfeld (1764 Schneeberg –1841 Leipzig)
6303 Nonne mit Gebetsbuch; Laura. Feder und Pinsel in Braun über Bleistift, mit Deckweißhöhungen. 12 x 8,6 cm; 12,6 x 9,9 cm (Goldrand, auf ein Albumblatt montiert). Ersteres unterhalb der Darstellung bez. datiert und signiert „Leipzig 1824. V. H. Schnorr v. K. fec.“; „Laura“ unterhalb der Darstellung signiert, datiert und betitelt „Schnorr v C. fec 1821 Laura“. 1.200 € Bei den beiden in feinster Manier ausgeführten Zeichnungen handelt es sich um Entwürfe für Almanachillustrationen.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Veit Hanns Schnorr von Carolsfeld 6304 mit Julius Schnorr von Carolsfeld (1794-1872), Eduard Schnorr von Carolsfeld (1790-1819) sowie wohl Friedrich Christian Gottlieb Geyser (1772-1846). Unterricht in der Zeichenkunst als ein Gegenstand der feineren Erziehung zur Bildung des Geschmacks für die höheren Stände. Nebst Darstellungen der besten Muster alter und neuer Zeit. 62 Radierungen auf Whatman-Velin nach Zeichnungen von Veit Hanns Schnorr von Carolsfeld, gebunden in marmoriertem HLeder d. Z. (leicht beschabt, Ecken bestoßen, oberes Kapital mit Fehlstelle). Quer-4to. Leipzig, G. J. Göschen, 1810. Stephan Seeliger: Julius Schnorr von Carolsfeld. Druckgraphik und Zeichnungen, Dresden 2005, vgl. Kat. 4. 1.800 € Literatur: Stephan Seeliger, Hinrich Sieveking, Norbert Suhr: Julius Schnorr von Carolsfeld. Zeichnungen, Ausst.Kat. Mainz (Landesmuseum); München (Bayerische Vereinsbank), München und New York 1994, S. 22, Abb. 1. Provenienz: Sotheby‘s, München, Auktion am 18. März 1987, Los 1501. Julius Schnorr von Carolsfelds Vater Veit Hanns beendete zunächst sein Studium der Rechtswissenschaften, ehe er der Neigung für die schönen Künste nachgab und sich 1790 in Leipzig niederließ. Die Jahre bis zur Ernennung zum Akademiedirektor 1816 bewältigte er nicht ohne Entbehrungen als freischaffender Künstler und seit 1802 als Unterlehrer an der Akademie. Seine didaktischen Ambitionen bewies er 1810 mit dem zweibändigen Lehrwerk „Unterricht in der Zeichenkunst“. Das Werk richtete sich ausdrücklich an kunstliebhabende Dilettanten, insbesondere Frauen, und fügt sich in den breiteren Kosmos beliebter Lehrbücher für Autodidakten ein. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Figurenstudium - eine kunsthistorische Einordnung steht jedoch noch aus. Wie aus einem Brief hervorgeht, hatte Veit Hanns Text und Illustrationen bereits 1807 weitgehend vollendet, nur das Herstellen der Radierungen zog sich wohl aufgrund finanzieller Engpässe hin. Unterstützung bei der Umsetzung des Projekts holte er sich daher - wie die Signaturen auf einigen Tafeln verraten – in der eigenen Familie. Sechs Illustrationen radierte sein später ungleich berühmterer und damals gerade einmal 14-jähriger Sohn Julius, zu dessen frühesten Radierversuchen die Blätter gehören (Taf. 24, 26, 37, 47, 50 und 51). Ein Blatt führte der 10-jährige Eduard Schnorr von Carolsfeld aus (Taf. 61), zwei dagegen signiert ein gewisser „Geysser“ (Taf. 23, 25), bei dem es sich um Friedrich Christian Gottlieb Geyer handeln könnte. Der vollständige Tafelband in ausgezeichneten bis ganz ausgezeichneten Drucken, meist mit schmalem Rand um die Plattenkante, einige Blätter oben bzw. unten in diese geschnitten, unten vereinzelt mit Schöpfrand. Die äußersten Ränder nur minimal verbräunt, einige Blätter vereinzelt schwach fleckig und mit unerheblichen kleinen Bestoßungen, minimal vergilbt, weitere Alters- und Gebrauchsspuren, sonst in tadellosem Zustand. Rarissimum, wir konnten kein weiteres Exemplar auf dem Kunstmarkt nachweisen, eine Ausgabe findet sich in der Sächsischen Landesund Universitätsbibliothek Dresden (Mscr.Dresd.App.2799,3). Beigegeben von Veit Hanns Schnorr von Carolsfeld der dazugehörige Textband „Unterricht in der Zeichenkunst [...]“ (Leipzig, G. J. Göschen, 1810).
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6305
Julius Schnorr von Carolsfeld (1794 Leipzig – 1872 Dresden)
6305 „Es werde Licht“: Der erste Schöpfungstag. Feder in Grau auf Transparentpapier auf Velin kaschiert. 25 x 28,5 cm. Unten bezeichnet „Es werde Licht. 1830“. 6.000 € Vorzeichnung zu Tafel 1 der Bilderbibel „Der erste Schöpfungstag“ (1. Buch Mose, 1,1-3,). Im Gegensatz zu der später ausgeführten Holz-
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schnittdarstellung ist hier das Haupthaar des Gottvaters etwas länger sowie die Stirn markanter gestaltet. Die Haltung sowie die Anlage des Gewandes, der Wolken und Strahlen hat Schnorr beibehalten. Diese Ausführung zeichnet sich durch äußerste Ökonomie bildnerischer Mittel aus und ist ganz auf die Umrisszeichnung in der Tradition John Flaxmans fokussiert. Flaxmans Illustrationen zu Homer hatte Schnorr bereits als Kind im väterlichen Atelier kennengelernt und im Zuge früher Radierversuche 1804 und 1807 kopiert (vgl. Stephan Seeliger: Julius Schnorr von Carolsfeld. Druckgraphik und Zeichnungen, Dresden 2005, Kat. 1a, 1b).
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
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John Flaxman (1755 York – 1826 London)
6306 nach. Dantes Inferno. 38 Umrissradierungen von Johann Erdmann Hummel (1769 Kassel - 1852 Berlin), sämtlich gebunden in Broschur d. Z. (lädiert und fleckig, Ränder teils ergänzt), der Umschlag handschriftlich betitelt „Dantes Inferno / in 38 Umrissen von / Flaxman / 1804“. Je ca. 15,4 x 19,6 cm. Nochmals handschriftl. bez. „Dante Inferno in Umrissen v. Flaxman. Penig & Dienemann 1804“. Vgl. Volkmann, Iconografia Dantesca, London 1899, S. 132. 250 € Zu den bekanntesten visuellen Umsetzungen von Dantes „Divina Commedia“ gehören seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert die Illustrationen John Flaxmans. In den geradezu minimalistischen Umrisszeichnungen
wog der Engländer jede Linie, jeden Strich ab und sublimierte in einem Prozess der Reduktion die Darstellungen auf das Essentielle. Seine Zeichnungen setzte der Stecher Tommaso Piroli 1793 in einer ersten und 1802 in einer zweiten Auflage um. Das Werk war begehrt und kein Jahrzehnt nach seinem Entstehen bereits selten geworden. Wie groß der internationale Hunger nach den Bildern war, zeigt nicht zuletzt unsere Ausgabe der 38 Tafeln des Infernos von der Hand des Berliners Johann Erdmann Hummel. Das rare Original wurde Hummel vom Kasseler Bildhauer Johann Conrad Wolff zur Verfügung gestellt (vgl. Journal des Luxus und der Mode, August 1803, S. 449). Hummels Illustrationen gab man auch der ersten deutschen gereimten Übersetzung des Infernos von Karl Ludwig Kannegießer (1809) bei. - Ausgezeichnete bis ganz ausgezeichnete Drucke mit breitem, rechts und unten meist dem vollen Rand um die markanten Facetten. Überwiegend in den weißen Rändern etwas fleckig bzw. fingerfleckig, die Außenkanten minimal gebräunt und mit kleinen gebrauchsbedingten Läsuren, vereinzelte Knickspuren in den rechten Ecken, Tafeln 2, 4 und 25 mit kurzen, teils hinterlegten Randeinrisschen, sonst in sehr guter Erhaltung.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
John Flaxman (1755 York – 1826 London)
6308 nach. The Iliad of Homer. 34 Umrissradierungen zzgl. Titelblatt auf Velin von Tom maso Piroli, sämtlich in einer Broschur d. Z. (Block lose, Kanten und Rücken lädiert) mit handschriftl. RSchildchen „Flaxman [...]“. Quer-4to. London, J. Matthews, 1795. G. E. Bentley, The Early Engravings of Flaxman‘s Classical Designs, New York 1964, S. 31, Nr. 2. Wz. „J WHATMAN 1794“. 300 €
6307
Giovanni Bonaventura Genelli (1798 Berlin – 1868 Weimar)
6307 nach. Umrisse zu Dante‘s Göttlicher Commödie (Heft 1 und 2). 8 Kupferstiche von Hermann Schütz, je vier Blatt lose in zwei originalen Schutzumschlägen (minimal fleckig, Knitterspuren, Falz innen verstärkt). Quer-4to. Stuttgart, J. G. Cotta’sche Buchhandlung (In Commission der Literarisch-artistischen Anstalt, München), (1846-49). Vgl. Volkmann, Iconografia Dantesca, London 1899, S. 146. 250 € Der Berliner Künstler Giovanni Bonaventura Genelli verbrachte zehn Jahre in Rom (1822-32), wo er in Joseph Anton Koch einen väterlichen Freund und Mentor fand. Nach seiner Rückkehr ließ er sich in München nieder, wo ihn ansässige Künstler dazu animierten, Dantes Göttliche Komödie zu illustrieren. Ein Abonnement sollte die laufenden Kosten decken. So erschien zwischen 1846 und 1849 ein Korpus von 36 Zeichnungen, zunächst einzeln in Heften à je vier Tafeln publiziert, die erst später als ganze Serie herausgegeben werden sollten. Die originalen Vorlagenzeichnungen verwahrt das Dresdener Kupferstich-Kabinett. In der klaren Einfachheit und Linearität ist Genellis Stil sicherlich Erbe von Asmus Jacob Carstens und natürlich Koch, doch charakterisiert ihn auch der Anspruch, Körpern trotz reduziertester Mittel, Plastizität zu verleihen - das Studium von Michelangelos Fresken in Rom tritt dabei sinnfällig zutage. - Die seltenen ersten beiden Hefte mit Illustrationen zu Dantes Inferno, dem ersten Teil der Göttlichen Komödie, in den originalen Umschlägen in sämtlich ganz ausgezeichneten, feinzeichnenden Drucken mit breitem Rand. Leicht fleckig bzw. stockfleckig, links mit Heftspuren, vereinzelt kurze Randeinrisschen und Bestoßungen, die unteren rechten Ecken der Blätter in Heft 2 mit Knickfalten, weitere Altersspuren, im Gesamteindruck gleichwohl gut.
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Die berühmte Illustrationsfolge John Flaxmans, in der sich seine unerschöpfliche Phantasie und der stilbildende Sinn für die antike Formensprache entfalten. 1793 beauftragte der Engländer den Stecher Tommaso Piroli, der auch seine Illustrationen zu Dantes Göttlicher Komödie und Aischylos Tragödien radierte, mit der Umsetzung der Folgen zu Homers Odyssee und Ilias (für die Odyssee s. Los 6300, für Aischylos s. Los 6309). Nach ihrem erstmaligen Erscheinen in Italien ließ Flaxman 1795 die hier vorliegende zweite Ausgabe der Ilias in London drucken. Auf Hintergrund oder Umgebungsdetails verzichtet er beinahe vollständig zugunsten der ausdrucksstark agierenden Figuren, die er durch klare wie sparsame Konturlinien wiedergibt. In einem beeindruckenden Akt der Adaption und Kombination vereint Flaxman dabei den antiken Figurenstil klassischer Kunst, insbesondere der Vasenmalerei mit Elementen der mittelalterlichen wie frühneuzeitlichen Kunst. - Ausgezeichnete bis ganz ausgezeichnete Drucke der ersten Londoner Ausgabe mit Rand. Der Titel und die ersten drei Tafeln mit kleiner Bestoßung und Papierverlust rechts oben, vereinzelte Fleckchen überwiegend im weißen Rand, teils Knick spuren an den Ecken, Bleistift- und Federannotationen auf dem Titel, weitere schwache Alters- und Handhabungsspuren, sonst in sehr schöner und originaler Erhaltung.
6309 nach. Compositions from the Tragedies of Aeschylus. 31 Umrissradierungen inkl. Titelblatt auf Velin von Tom maso Piroli, sämtlich geheftet in Broschur d. Z. (minimal fleckig, Wasserrand unten, Rücken leicht lädiert) mit handschriftl. Rückenschild „Flaxman ...“. Quer-4to. London 1795. G. E. Bentley, The Early Engravings of Flaxman‘s Classical Designs, New York 1964, S. 39, Nr. 1. Wz. „J WHATMAN 1794“. 300 € Provenienz: Aus der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek Donau eschingen (blasser Stempel auf dem Titelblatt, nicht bei Lugt). Nach den früheren Illustrationen zu Dante und Homer (siehe Lose 6300, 6306 und 6308) entstandene Folge, die u.a. von August Wilhelm Schlegel als die beste des Künstlers geschätzt wurde (vgl. A. W. Schlegel: Kritische Schriften, Berlin 1928, Bd. II, S. 301). - Ganz ausgezeichnete, nur punktuell auslassende Drucke der ersten Ausgabe, bei der auf dem Titel das „D“ von „Designed“ fast das Ornament darüber berührt, sämtlich mit Rand. Die äußersten Kanten minimal gebräunt, der Titel leicht angestaubt, Taf. 2-4 mit schwachem braunem Fleck links unten in der Darstellung, weitere unerhebliche Altersspuren, sonst in sehr schöner und originaler Erhaltung.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6308
6309 15
Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6310
Wilhelm von Kaulbach (1804 Arolsen – 1875 München)
6310 nach. Bildnis Samuel Amslers. Kupferstich von Heinrich Merz. 28,8 x 20,7 cm. 1833. Meyer, Allgemeines Künstler-Lexikon, 1. 250 € Das Bildnis wurde auch 1850 als Titelportrait zur Biographie Amslers im Neujahrsblatt der Züricher Künstlergesellschaft verwendet. Ausgezeichneter Druck mit Rand. Insgesamt etwas alters- und gebrauchsspurig, fleckig und angestaubt, die Ränder etwas bestoßen, kleine Klebe- und Montierungsreste verso, sonst noch gut.
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_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
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Samuel Amsler (1791 Schinznach-Dorf, Aargau – 1849 München)
6311 Die „Handsammlung“ des Künstlers. 33 Blatt, darunter 17 eigenhändige Zeichnungen in verschiedenen Techniken, teils signiert oder monogrammiert, meist datiert 1814, sowie 16 Radierungen bzw. Kupfer stiche in überwiegend unvollendeten Probedrucken. 8vo4to. Alt montiert und lose in einer modernen, marmorierten HLeder-Mappe mit Klebeetikett „Samuel Amsler / Kupferstich / Jugendarbeiten & Probedrucke“. 3.500 € Provenienz: Aus dem Nachlass des Künstlers, über die Töchter Blanka und Mathilde Amsler weitergegeben 1911 wohl an Theophil Schweizer, Rüschlikon (Besitzervermerk auf der Mappe). Die Sammlung vermittelt einen wunderbaren Eindruck von der Arbeitsweise des Schweizer Kupferstechers und Zeichners Samuel Amsler, der nicht nur durch seine Freundschaft zu den Deutschrömern (Cornelius, Schnorr, Fohr, Barth, Kaulbach) eine größere Bekanntheit erlangte, sondern auch ein ikonisches Bildnis von Carl Fohr schuf (siehe Los 6365). Die vorliegenden Zeichnungen entstanden allesamt im Jahre 1814, als Amsler als Lehrling von Heinrich Lips seine ersten künstlerischen Unter-
weisungen erhielt. Auch die Auswahl der Druckgraphiken geben einen Einblick in die künstlerischen Anfänge des jungen Künstlers, liegen sie ausnahmslos alle in frühen, teils unvollendeten Probedrucken vor. Ein Kupferstich, mit der Ansicht des Schloss Halwyl, ist eine Gemeinschaftsarbeit mit seinem Lehrer Lips. Nicht alle Blätter waren Meyer bekannt und fehlen dort teilweise. Die Auswahl der Blätter, die den Künstler als persönliche Handsammlung wohl zeitlebens begleiteten, gingen nach Amslers Tod an die Töchter des Künstlers über. Von ihnen erhielt 1911, vermutlich der auf der Mappe genannte Theophil Schweizer, die Sammlung. Letzterer ist vermutlich auch für die detaillierten Annotationen auf den Untersatzkartons verantwortlich. Der Bestand der Zeichnungen - religiöse und mythologische Szenen, Portraits und Figurenstudien - umfasst auch vier Bleistiftpausen auf Transparentpapier als Vorbereitung zu der Stichfolge des Alexanderzuges nach Thorvaldsen - Amslers Hauptwerk (siehe Los 6312). Vorhanden sind folgende Zeichnungen: 1) Zwei Kinderköpfe, Rötel auf festem Velin. 26,6 x 32,2 cm. 2) Laokoon, Athena... . Feder und Pinsel in Schwarz und Grau. 24,6 x 19,7 cm. Bez. „S. Amlser“. 3) Stehender Jüngling, mit dem rechten Unterarm auf ein Podest gestützt. Feder und Pinsel in Schwarz auf Velin. 27,1 x 18,3 cm. Signiert „S. Amsler“ und verso alt bez. „Zeichnung mit Handschrift v. Sam. Amsler“.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________ 4) Bildnis eines Mannes im Dreiviertelprofil nach rechts (Heinrich Lips?). Rötel, weiß gehöht auf bräunlichem Velin. 23,6 x 14,8 cm. 5) Studie einer rechten Hand. Rötel. 31 x 24 cm. Mit 4) zusammen auf einem Untersatz montiert. 6) Niobe mit einer Tochter. Feder und Pinsel in Grau auf Velin. 25,5 x 20,1 cm. Unten rechts datiert „d 23 May. 1814.“. 7) Kopf des Hermes. Feder und Pinsel in Grau, grau laviert auf hellgrauem Papier. 21,9 x 17,5 cm. Oben rechts datiert „d 26: May. 1814“. 8) Im Laufen schreiender Mann. Feder und Pinsel in Grau, grau laviert. 25,6 x 20,5 cm. Unten links datiert und monogrammiert „d 18t . May. (18)14. S. A. fec.t.“, verso alt bez. „Zeichnung m Handschrift v. Sam. Amsler“. 9) Hagar und Ismael. Feder und Pinsel in Grau, grau laviert auf Velin. 26,8 x 21,2 cm. Unten rechts datiert „d 16t: May. 1814“ und verso alt bez. „Zeichnung u. Handschrift v. Sam. Amsler“. 10) Kopf eines Philosophen. Feder in Grau, braun laviert auf Velin. 25,3 x 19,6 cm. Oben rechts datiert und signiert „d 27t = April. 1814. Z. Amsler“, verso alt bez. „Zeichnung u. Handschrift v. Samuel Amsler“. 11) Kopf eines Apostels, nach links blickend. Feder und Pinsel in Grau. 21,2 x 17,6 cm. Oben rechts datiert „d 26t. May. (18)14“ und verso alt bez. „Zeichnung u. Handschrift v. Sam. Amsler“. 12) Kopf der Niobe. Schwarze Kreide auf Velin. 27 x 21,6 cm. Oben rechts datiert und monogrammiert „ d 30t= V. (18)14 S.A.“ und verso alt bez. „Zeichnung u. Handschrift v. Sam. Amsler“. 13) Bildnis Joseph Sutter. Bleistift auf Velin. 25,5 x 19,3 cm. Laut
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Stephan Seeliger Studie zum „Portrait Album Nr. 11“. 14) Vier Pausen zum Alexanderzug: a) Die drei chaldäischen Astrologen. b) Eine Gruppe von Jünglingen. c) Die Gruppe des Mazäus. d) Die zweite Gruppe der macedonischen Reiter. Je Bleistift auf gelblichem Transparentpapier, teils durchgegriffelt. Je ca. 22 x 36 cm. Vorhanden sind folgende Druckgraphiken: 1) Schloss Halwyl. Kupferstich. 13,3 x 19,5 cm. „H. Lips sculp.“ Nicht bei Meyer. Auf dem Untersatzkarton bez. „Schloss Hallwyl. H. Lips stach die Figuren, Sam. Amsler die Landschaft. neujahr 1850. S. 3. (Wasserschloss!) Alpenrosen 1815. S. 71.“ 2) Bildnis S. Gessner / Sal. Gessners schriften / Erstes Baendgen Zürich Gessnerische Buchhandlg MDCCCXVIII. Kupferstich. 14,1 x 17,3 cm. Nicht bei Meyer. Auf dem Untersatzkarton bez. „ S. Amsler stach dieses Blatt als Lehrling bei Oberkogler in Zürich im Jahre 1810 unmittelbar nach dem „Niklaus v. d. Flüe“. Siehe Neuj. d. Künstlers 1850 Seite 3“ sowie weitere Bezeichnungen. 3) Bildnis G: CH: Oberkogler. Kupferstich. 20,1 x 13,9 cm. „Amsler sc.“. Meyer 28. 4) Grabmal G:F: den 16. Feb. 18IX. 23,6 x 18,4 cm. „Amsler sc.“ Meyer 17a. Probedruck vor der Schrift. 5) Grabmal von der vollendeten Platte mit Text mit annotiertem Titel „H.E. mit Krone den 11, Oct. 1815“, vgl. Meyer 17a. 6) Fliegende Genien (recto: unvollendeter Probeabzug, verso: vollendeter Probeabzug). 2 Kupferstiche auf einem Bogen recto und verso gedruckt. Je ca. 21,1 x 13,7 cm. Nicht bei Meyer. Alt bez. „I. Zustand, verso: II. Zustand“. Auf dem Untersatzkarton bez. „Erster Probedruck zu Fliegende Genien“. 7) Fliegende Genien. Kupferstich. 20,6 x 13,7 cm. Nicht bei Meyer. Auf dem Untersatzkarton bez. „Zweiter probedruck! Sam. Amsler / Fliegende Genien“. 8) Der hl. Franz von Assisi. Kupferstich nach Guido Reni. 22,8 x 17,4 cm. Meyer 11. Auf dem Untersatzkarton bez. „Franz von Assisi, nach Zurbaran, nicht nach Guido Reni. München 1815. Eigentlich St. Bruno nach Zurbaran“. 9) Die Schulmeisterin. Unvollendeter Kupferstich nach Gerard Douw (?). 18,5 x 14,9 cm. Meyer 19. 10) Monopteros. Kupferstich. 12,7 x 15,4 cm. Nicht bei Meyer. Unten links bez. „S. Amsler sculp.“. 11) „La Communion d‘Attala“. Kupferstich von der vollendeten Platte. 21,9 x 26,6 cm. „Amsler del. & sculp.“. Meyer 17 II (von III). 12) La Communion d‘Attala. Kupferstich von der unvollendeten Platte ohne Text. 21,5 x 25,6 cm. Meyer 17 I (von III). Unten bez. „La Communion d‘Attala. Probedruck. Unikum! S. Amsler“. 13) Einer der Engel von Raffaels Sixtina. Kupferstich von der unvollendeten Platte. 23,5 x 27,1 cm. Meyer 12. 14) Die hl. Magdalena. Kupferstich und Radierung von der unvollendeten Platte. 34,5 x 25 cm. In der Platte signiert „S. Amsler in aquafort fec. 1815“ sowie eigenhändig datiert „d 30t=Fbre. 1815“. Meyer 10 I (von V). Unten von fremder Hand bez. „Einziges Exemplar. Geschenk v. Frl. Blanka Amsler d. 13. April 1911“. 15) St. Magdalena. Kupferstich und Radierung von der vollendeten Platte. 33,8 x 26,4 cm. „Carlo Dolce gemalt / S. Amsler gest. München.“ Eigenhändig datiert „1816“. Meyer 10 IV (von V). 16) Bukolische Darstellung mit einer Familie. Kupferstich von der unvollendeten Platte. 23 x 15,1 cm. Nicht bei Meyer. Unten bez. „Probedruck. Unikum! S. Amsler“ sowie auf dem Untersatzkarton bez. „Von Frl. Math. u. Blanka Amsler, Wildegg, 13. April 1911 erworben / S. Amsler kopierte den beiliegenden Stich von Klauber in umgekehrtem Sinn erst viel später“. Insgesamt 33 Blatt.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Samuel Amsler
Bertel Thorvaldsen (1770–1844, Kopenhagen)
6312 Alexander des Grossen Einzug in Babylon. Marmor fries im königlich Dänischen Schlosse Christiansburg. 21 Kupferstiche nach Zeichnungen von Friedrich Over beck nach dem Fries von Berthel Thorvaldsen, zzgl. Frontispiz mit Umrissstich des Gesamtfrieses von W. Müller, typographischem Titelblatt, Widmungsblatt und 2 Bl. Erläuterungen, lose in einer Pappmappe d. Z. mit Schließe (etwas lädiert und fleckig) mit montiertem Titelschild. Quer-Folio. München, Verlag der literarisch-artistischen Anstalt, 1835. Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Lan desmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, Nr. 61 IV.
6313 nach. Le statue e li bassirilievi inventati e scolpiti in marmo dal cavaliere Alberto Thorwaldsen scultore danese. 80 Kupferstiche inkl. Titel auf 78 Blatt von Franz und Johannes Riepenhausen sowie Ferdinando Mori, sämtlich gebunden in einem HLeinenband des 19. Jh. (bes. die Ränder leicht berieben und beschabt) mit handschriftl. Papier-RSchildchen „Thorwaldsen“. Folio. Rom, Ferdinando Mori, 1811. Nagler, Bd. 18, S. 435; Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, Nr. 61 nach I.
400 €
1.800 €
Erste Ausgabe von Amslers Hauptwerk (für gezeichnete Vorstudien s. Los 6311, Nr. 14) zum monumentalen Alexanderzug, den Thorvaldsen 1812 für Napoleons geplanten, aber nie erfolgten Einzug in Rom entwarf, in sämtlich ganz ausgezeichneten, kontrastreichen Drucken von großer Plastizität auf den vollen Bögen. Vereinzelt leicht fleckig bzw. stockfleckig, schwach vergilbt, marginale Randläsuren, sonst in sehr guter und überwiegend einheitlicher Erhaltung.
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Provenienz: Aus der Sammlung „Max Schoenthaler“ (handschriftl. Sammlerparaphe auf dem vorderen Vorsatz). Früh und mit Weitsicht bemühte sich Thorvaldsen um die Vermarktung seiner Bildwerke über die Grenzen seiner Wahlheimat Rom hinaus. Zu den frühesten Unternehmungen in dieser Hinsicht zählt dieses erstmalig 1811 publiziertes druckgraphisches Tafelwerk, das in Umrissstichen
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Schöpfungen - Skulpturen wie Reliefs - aus seiner Werkstatt wiedergibt. Die Publikation übte einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf das europaweite Bekanntwerden von Thorvaldsens Arbeit aus. Den Anstoß zur editorischen Unternehmung gab 1809 Joseph Anton Koch, der zunächst vorhatte, die Blätter selbst auszuführen. Erst in einem zweiten Moment übertrug man die Arbeiten den Brüdern Riepenhausen und dem Stecher und Verleger Ferdinando Mori. Das Werk entstand in engster Zusammenarbeit mit Thorvaldsen, der anfangs sämtliche Kosten trug und 1811 eine erste Lieferung mit 22 Blättern herausgab. Nachdem 1813 Mori die Verlagsrechte erworben hatte, erweiterte er die Serie bis 1816 sukzessive auf die heute bekannten 80 Tafeln. - Nach der Tilgung der Namen der Gebrüder Riepenhausen vom Titelblatt.
Ganz ausgezeichnete Drucke mit teils zartem Plattenton, sämtlich mit Rand. Durchgängig leicht stockfleckig, die ersten und letzten Blätter sowie Tafeln 22, 33-36,45, 55 etwas stärker, die äußersten Ränder minimal gebräunt, Taf. 17 mit kleiner Randbestoßung mit Papierverlust unten mittig, Tafeln 63-67 mit schwachem Wasserfleck unten rechts im weißen Rand, weitere unerhebliche Handhabungsspuren, sonst in schöner und unberührter Erhaltung. In dieser Vollständigkeit überaus selten. Beigebunden „Thorwaldsen‘s Werke in Umrissen unter des Meisters eigener Anordnung und spezieller Aufsicht“ (Heft 1-4, 20 Kupferstiche, u.a. von Carl Gotthelf Küchler (Portrait Thorvaldsen), zzgl. 10 Seiten Text. Folio. Rom, Leipzig, Glogau 1836-37).
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
Johann Anton Ramboux (1790 Trier – 1866 Köln)
6314 Doppelportrait des Bildhauers Konrad Eberhard mit seinem Bruder Franz. Kreidelithographie auf gewalztem China. 31,6 x 34,2 cm. 1822. Dussler 1, Winkler 648.2, Norbert Suhr, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 33, Nr. 10; Giulia Bartrum, in: Wahlverwandtschaften. Eine englische Privatsammlung zur Kunst der Goethezeit. London 2013, S. 176, Nr. 43; Mitchell B. Frank: „Portrait Prints, 1770-1850: Friends and Family“, in: The Enchanted World of German Romantic Prints 17701850. Philadelphia 2017, S. 193, Abb. 161. 24.000 € Provenienz: Galerie Bassenge, Berlin, Auktion 58 am 6. Dezember 1991, Los 5966 mit Abb. Johann Anton Ramboux verbrachte die Jahre zwischen 1816 und 1822 in Rom, wo er im Kreise der Nazarener auch die Bekanntschaft mit dem Bildhauer und Maler Konrad Eberhard und dessen ebenfalls als Bildhauer tätigen Bruder Franz machte. Noch in Rom fertigte Ramboux ein kleines Doppelportrait dieser beiden Brüder in Öl an, das sich heute im Wallraf-Richartz-Museum in Köln befindet. Gemeinsam verließen Ramboux und die Gebrüder Eberhard die Ewige Stadt im Jahr 1822 und zogen zusammen gen Norden. Auf dieser Reise entstand also die vorliegende Lithographie nach dem exakt gleichgroßen Ölgemälde. In München angekommen, besorgte der Verleger Johann Anton Selb eine sehr
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kleine Auflage mit nur wenigen Exemplaren dieses eindrucksvollen Doppelportraits. R. Arnim Winkler konnte 1975 nur zehn Abzüge in deutschen Museen nachweisen, seitdem sind etwa ein halbes Dutzend Blätter in museale Sammlungen hinzugekommen (British Museum London, Landesmuseum Mainz, Philadelphia Museum of Art, Metropolitan Museum of Art New York, The Barber Institute of Fine Arts, Birmingham). Das Doppelbildnis der Brüder Konrad und Franz Eberhard bildet eines der wichtigsten Freundschaftsbilder der deutschen Romantik. Die Beschränkung auf einen neutralen Hintergrund, die knapp angeschnittenen Büsten und die Gesichtszüge sowie der Verzicht auf jegliche Attribute charakterisieren diese Gattung ebenso wie das dichte Aneinanderrücken, das auch die Zusammengehörigkeit der Brüder verdeutlicht, die zeit ihres Lebens eng zusammenarbeiteten. Künstlerisch wie technisch ist das Doppelbildnis eine Meisterleistung, Johann Anton Ramboux schafft subtile tonale Abstufungen, die Kreidelithographie schafft dabei nuancierte gräuliche Tonwerte, die in unserem Blatt fein und atmosphärisch zur Geltung kommen. Prachtvoller, feinabgestufter und dabei sich markant darstellender Druck mit differenzierten Tonwerten, umlaufend meist an bzw. auf die Darstellung geschnitten. Schwach angestaubt, vereinzelt und vornehmlich verso leicht fleckig, winziges Fleckchen in der linken oberen Ecke, die Ränder bisweilen minimal bestoßen sowie mit vereinzelten unauffälligen Ausbesserungen, vor allem unten links mit sehr dezenten Federretuschen, vor allem entlang des unteren Randes um einen Millimeter angerändert, dort mit sehr versierten Federretuschen, rechts unauffällig geschlossener Randeinriss bis zum Haar, darunter sowie oben mittig ein weiterer kaum wahrnehmbarer kurzer geschlossener Randeinriss, weitere leichte Gebrauchsspuren, im Gesamteindruck sehr schönes Exemplar.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Ferdinand Ruscheweyh (1785–1846, Neustrelitz)
6315 Bassorilievi Antichi della Grecia o sia Fregio del Tempio di Apollo Epicurio in Arcadia. 24 (von 25) Umrissradierungen nach Johann Martin Wag ner, zzgl. typographischem Titelblatt und 4 Textseiten. Quer-4to. Rom, Francesco Bourlié, 1814. Auf dem lose beiliegenden Deckelblatt eine handschriftliche Widmung „À Madame la Baronne F. [unleserlich]“ sowie verso von einer weiteren Hand bez. „ein geschenk von Stoethold[?] in meinem zimer in Rom / bej meiner ankunft daselbst gefunden / den 12ten / feb: 1846“. Nagler 107. Wz. Buchstaben „P. M.“. 180 € Erste Publikation zu den Friesen des Apollontempels bei Bassae (Peloponnes) mit Darstellungen der Kentaurenschlacht und des Amazonenkampfes, die 1812 bei Grabungen entdeckt und bereits 1814 in das British Museum überführt wurden. Vor ihrem Verkauf fertigte Wagner in Griechenland die Vorlagenzeichnungen. Für die Umsetzung zweier Blätter scheint Ruscheweyh Unterstützung seiner Künstlerkollegen Angelo Testa (Tafel 2) und Antonio Banzo (Tafel 12) erhalten zu haben. - Die beinahe vollständige Folge, nur Tafel 23 fehlt, in ganz ausgezeichneten, kräftigen Drucken mit breitem Rand, teils mit Spuren des Schöpfrandes. Sämtlich leicht angeschmutzt und fleckig bzw. fingerfleckig, die
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Ränder minimal gebräunt und bestoßen, Heftspuren links, Wasserfleck unten links, die Darstellungen meist nicht berührend, sechs Blatt mit kleinem Wurmlöchlein in der linken Blatthälfte, weitere Alters- und Handhabungsspuren, im Gesamteindruck jedoch gut und einheitlich.
Ridolfo Schadow (eigentl. Rudolf Schadow, 1786–1822, Rom)
6316 nach. Die Sandalenbinderin. Kupferstich auf Velin von Ferdinand Ruscheweyh. 21,3 x 15,3 cm. Um 1814. 400 € Schadow war einer der talentiertesten und originellsten Bildhauer des 19. Jahrhunderts und „Die Sandalenbinderin“ eine seiner ikonischsten Kompositionen. Die Marmorskulptur war vermutlich kein Auftrag, sondern eine Originalkomposition, inspiriert von Schadows Studien zur Antike und Leben in Rom. Der Ridolfo genannte Künstler wuchs in einem künstlerisch anspruchsvollen Umfeld auf, war Sohn eines berühmten Bildhauers und Bruder eines anerkannten Malers. Ridolfo Schadows Œuvre wurde wie das seines Vaters Johann Gottfried Schadow von der Kunst Italiens und den beeindruckenden Schätzen der antiken Bildwerke
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger geprägt. „Die Sandalenbinderin“ findet sich auch prominent in dem faszinierenden Gruppenportrait von Schadows Bruder Wilhelm, heute in der Berliner Nationalgalerie. Der Bildhauer Bertel Thorvaldsen wird rechts flankiert von einem Selbstbildnis Wilhelms mit seiner Maler palette und links von seinem Bruder Ridolfo, der seinen Meißel hält. Im Hintergrund ist die Marmorfigur der Sandalenbinderin sichtbar. Mit diesem Hauptwerk, von dem insgesamt mindestens sieben Fassungen entstanden, begründete der Bildhauer seinen Ruf als Thorvaldsen-Schüler und fand zugleich Anerkennung im Kreis der Nazarener. Interessanterweise gibt es eine Zeichnung der „Sandalenbinderin“ von Ferdinand Ruscheweyh. Dieser hatte Schadow in seinem römischen Studio besucht und war von dem Werk beeindruckt. Die im Berliner Kupferstichkabinett verwahrte Zeichnung ist von Ruscheweyh bezeichnet „Rudolf Schadow in marmore fecit Romae 1814“ wie auch vorlie gender Kupferstich, den er um dieselbe Zeit gestochen haben muss. Ausgezeichneter, feinzeichnender Druck mit breitem bzw. dem vollen Rand. Minimal angestaubt, sonst vorzüglich und original erhalten. Beigegeben ebenfalls nach Ridolfo Schadow zwei Kupferstiche von D. Marchetti, die die Marmorskulptur „Die Spinnerin“ aus zwei verschiedenen Perspektiven zeigen. Die Skulptur befindet sich heute in der National galerie, Berlin.
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Ferdinand Ruscheweyh (1785–1846, Neustrelitz)
6317 I Profeti e le Sibille dipinte nella Cappella Sistina (Propheten und Sibyllen in der Sixtinischen Kapelle). 13 Kupferstiche inkl. Titelblatt nach Michelangelo Buona rroti, lose Blatt in blauem, originalem Schutzumschlag mit typographischem Titel (leicht fleckig, Rücken lädiert). Je ca. 12,5 x 9 cm. Rom 1825. Nagler 41-53. 240 € Ganz ausgezeichnete bis prachtvolle, klare Drucke mit breitem Rand. Lediglich die äußersten Ränder minimal gebräunt, vereinzelt schwach stockfleckig, weitere marginale Altersspuren, sonst in sehr schöner, originaler Erhaltung. 6317 25
Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Joseph von Führich (1800 Kratzau – 1876 Wien)
6318 Der Triumph Christi. 11 Radierungen zzgl. Titel und 2 S. Text, gebunden in etwas späterem HLeinenband (berieben, Kapitale leicht lädiert). Quer-Folio. München, Mey & Widmayer, 1839. Nagler, Bd. 4, S. 522, Boetticher, Bd. 2/1, S. 239, unter II. Nr. 4. 150 € Erste Ausgabe des Zyklus‘, den Führich nach seinem Romaufenthalt (1827-1829) und der Begegnung mit Thorvaldsen begann. Die vollständige erste Ausagabe in sämtlich ausgezeichneten, klaren Drucken mit schmalem Rand, oben teils an die Plattenkante geschnitten. Minimal stockfleckig, Tafeln 8-11 mit kleinem Wasserfleck in der Ecke rechts unten, weitere schwache Gebrauchsspuren, sonst in sehr guter Erhaltung. Beiliegend von Anton Krüger nach Ernst Rietschel der Kupferstich „Einzug Christi in Jerusalem“.
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_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
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Christian Friedrich Tieck (Bildhauer, Bruder des Ludwig Tieck, 1776–1851, Berlin)
6319 Die hl. Cäcilia. Feder in Schwarz, braun laviert. 46 x 35,7 cm. Unten rechts signiert „Fr. Tieck facie“. 3.000 € Provenienz: Staatliche Kunstsammlung Dresden, Kupferstichkabinett (Lugt 693b).
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Johannes Riepenhausen (1788 Göttingen – 1860 Rom)
6320 Vita di Raffaelle da Urbino designata ed incisa da G. Riepenhausen in XII. Tavole (Das Leben Raffaels). 12 Radierungen zzgl. Titelblatt mit dem Bildnis Raffaels und 1 Blatt Text, sämtlich gebunden in der OBroschur (angeschmutzt, Ränder lädiert und bestoßen, Rücken teils mit Fehlstellen). Quer-4to. Rom 1833. Mit hs. Widmung im Spiegel „An Fräulein Helena Hausmann / in Hannover / gehorsamst / von / H. B. Loedel“. Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 129, Nr. 51b; Brigitte Kuhn-Forte, in: Zwischen Antike, Klassizismus und Romantik, Die Künstlerfamilie Riepenhausen, Mainz 2001, S. 168-173, Nr. V.5. 300 € Provenienz: Geschenk des Holzschneiders und Stechers Heinrich Burkhart Lödel (1798-1861) an Helena Hausmann, Hannover (siehe handschriftl. Widmung, womöglich Lödels Trockenstempel auf dem Titelblatt, nicht bei Lugt).
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Der Kult um Raffael, seit seinem frühen Tod 1520 ungebrochen, erreichte zu Beginn des 19. Jahrhunderts neue Höhen. Für Furore sorgte am 14. September 1833 die Auffindung seiner Gebeine nach der Öffnung des Grabes im Pantheon. Diese Welle der Begeisterung wusste der in Göttingen geborene und in Rom lebende Künstler Johannes Riepenhausen für sich zu nutzten. Bereits 1816 hatte er sich gemeinsam mit seinem Bruder Franz in einem Zyklus mit der Kindheit des Urbinaten befasst ein Novum, bis dahin waren nämlich zwar dessen Werke, Raffael selbst jedoch nie zum Bildgegenstand geworden. Auf dieser Gemeinschaftsarbeit aufbauend entwarf Johannes 1833, zwei Jahre nach dem Tod seines Bruders, vorliegende mythisch aufgeladene Bildfolge, die neue Darstellungen kleineren Formats zeigt und nun wieder, ganz in der Tradition der „Genoveva“, in Umrissradierungen angelegt sind. Die Auswahl der Darstellungen folgt Motiven aus Vasaris Künstlerbiographie und somit vor allem auf die Legendentraditionen der literarischen Raffael-Verehrung. - Ganz ausgezeichnete Drucke der ersten Ausgabe mit breitem, unten überwiegend dem vollen Rand um die Darstellungen mit Text, rechts meist mit Plattenkante. Schwach stockfleckig, nur Taf. 4 stärker, die Ränder minimal gebräunt, dort vereinzelte, unerhebliche Bestoßungen, sonst in tadelloser und originaler Erhaltung.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
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Leopold Kupelwieser (1776 Piesting, NÖ – 1862 Wien)
6321 Der hl. Stephanus vor dem Hoherat Sanhedrin. Feder in Braun, über Bleistift auf Velin. 44 x 31,5 cm. Wz. Whatman 1825. 1.800 € Literatur: Rupert Feuchtmüller: Leopold Kupelwieser und die Kunst der österreichischen Spätromantik, Wien 1970, S. 240f (unter den verschollenen Werken). Colin J. Bailey: „‘St. Stephen before the High Council’: A Kupelwieser Drawing wrongly attributed to Moritz von Schwind,” in: Master Drawings, vol. 18, no. 2, 1980, S. 149-202 mit Abb. Provenienz: Antiquariat Gilhofer und Ranschburg, Wien (Vermerk verso). Kende Galleries, New York (laut Bailey). Sammlung Joseph Klein, New York (laut Bailey). Sotheby‘s, London, Auktion Continental Drawings and Watercolours am 13. Juni 1974, Los 66 (als Moritz von Schwind). Englische Privatsammlung. Antiquariat Christian M. Nebehay, Wien.
Kupelwieser erhielt seine Ausbildung von 1809 bis 1823 an der Wiener Akademie bei Franz Caucig, Johann Baptist Lampi und Joseph Rebell. Im Jahr 1823 lädt ihn der russische Diplomat Alexander Beresin schließlich ein, ihn nach Italien zu begleiten, um für die geplante Publikation seiner Grand Tour die Eindrücke vor Ort zeichnerisch festzuhalten. Die Begegnung mit Werken der italienischen Frührenaissance und der Kontakt zu den Nazarenern beeinflussen Kupelwieser nachhaltig. Unsere überaus fein und in präzisem Duktus ausgeführte Federzeichnung mit einem Motiv aus dem Leben des hl. Stephanus gibt Zeugnis besonders von der Wirkung Fra Angelicos auf Kupelwieser, der dessen Fresken in der Nikolauskapelle im Vatikan in verschiedenen Zeichnungen studierte und kopierte (vgl. Cornelia Reiter: Wie im wachen Traume: Zeichnungen, Aquarelle, Ölskizzen der deutschen und österreichischen Romantik, Bestandskatalog des Kupferstichkabinetts der Akademie der bildenden Künste Wien, Salzburg/München 2006, S. 109-110 und S. 113 bes. Nr. 253). Vorliegende Zeichnung und die verso irreführenden Zuschreibung an Moritz von Schwind diskutiert Colin J. Bailey in seinem Aufsatz zu dieser Zeichnung in Master Drawings.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Johann Heinrich Lips
Joseph Anton Rhomberg
(1758 Kloten bei Zürich – 1817 Zürich)
(1786 Dornbirn – 1855 München)
6322 Madonna mit Kind und zwei leuchtertragenden Engeln. Pinsel in Grau auf Bütten. 23,3 x 23,3 cm (Darstellung); 28,5 x 28,5 cm (Blattgröße). Unterhalb der Darstellung signiert „H. Lips fec“.
6323 Die Verkündigung. Federlithographie. 26 x 18 cm. Um 1818. Nicht bei Winkler. Wz. Tre Lune (Fragment).
1.800 € Vollendet schön durchgeführte Zeichnung, die den Entwurf zu Lips‘ Stich nach dem Gemälde „Madonna mit Kind und zwei Engeln“ von Raffael oder Raffael-Werkstatt (Baltimore, Walters Art Gallery; Nagler 2) bildet. Nach Aufenthalten in Mannheim und Düsseldorf ging Lips 1782 nach Rom, wo seine Beschäftigung mit Raffael begann und er in freundschaftliche Beziehung zu Hackert und Goethe trat. Von Letzterem wurde er 1789 als Professor an die Zeichenakademie nach Weimar empfohlen. Seit 1794 lebt Lips wieder in Zürich.
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750 € Nicht bei Winkler verzeichnete Inkunabel der Lithographie. Vermutlich aus der frühen lithographischen Schaffensphase Rhombergs. Ganz ausgezeichneter Druck mit Rand, an zwei Seiten mit dem vollen Rand. Minimal stockfleckig, unbedeutende Gebrauchsspuren, sonst in schöner und originaler Erhaltung. Sehr selten.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Ferdinand Ruscheweyh (1785–1846, Neustrelitz)
6324 Ruth und Boas. Radierung auf gewalztem China nach Friedrich Overbeck. 23,5 x 31 cm. 1834. Rechts unten der Name Overbecks falsch mit Bleistift korrigiert in „Olivier“. Nagler 15 I (von II), Apell 1, Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 108, Nr. 41 (unser Exemplar). 750 € Ausstellung: Ausst. Unter Glas und Rahmen, Mainz, Nürnberg und Lübeck 1993-1994. Provenienz: Galerie Bassenge, Berlin, Auktion 58 am 6. Dezember 1991, Los 5958.
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Die Darstellung geht auf eine Zeichnung von Friedrich Overbeck zurück, die sich heute im Museum in Lübeck befindet und aus dem Nachlass der Familie Overbeck stammt. Friedrich hatte 1818 im fernen Lübeck mit der sanftmütigen Liebesgeschichte von Ruth und Boas seinen Eltern vom eigenen Eheglück mit seiner zukünftigen Frau Nina berichten wollen. Vater Overbeck schreibt zurück nach Rom: „...sie ist eingetroffen, unsere Nina-Ruth“. Es ist davon auszugehen, dass die Auflage des Blattes durchaus beträchtlich war. Ruscheweyh konnte sie gut verkaufen, die späteren Abzüge werden jedoch zunehmend matt. Das Monogramm „FO“ auf dem Wegstein stiftete indes Verwirrung; nutzte doch sonst Ferdinand Olivier diese Form eines Monogramms. Immer wieder wurde die Vorlage daher Olivier zugesprochen. Um die Verwirrung zu komplettieren, machte der Schrif-
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tenstecher zusätzlich einen Fehler und schrieb „Ferd.“ statt „Friedr.“ wie es im zweiten Druckzustand des Kupferstichs korrigiert wurde. So erklärt sich auch die von fremder Hand angebrachte Bleistiftannotation mit „Olivier“. Doch aus verschiedenen Briefwechseln zwischen Friedrich Overbeck und Ferdinand Ruscheweyh in den Jahren 1833 und 1835 geht eindeutig hervor, dass Overbeck der Urheber der Vorlage ist. Brillanter, präziser und atmosphärischer Frühdruck vor der Korrektur des Vornamens von Overbeck, mit feinem Rändchen um die Plattenkante, oben und unten teils auf diese geschnitten. Etwas stockfleckig, geringe Altersspuren, kurzer geschlossener Randeinriss oben rechts, Montierungsreste verso, sonst original und sehr gut erhalten. Beigegeben ein Abzug der Radierung im II. Druckzustand mit dem korrigierten Namen in „Friedr. Overbeck“.
Ferdinand Ruscheweyh 6325 Die Ruhe auf der Flucht. Kupferstich auf feinem China nach Friedrich Overbeck. 14,3 x 17,1 cm. 1826. Nagler 16, Apell 7. 400 € Prachtvoller, beinahe brillanter, für die feine Kupferstichtechnik äußerst prägnanter und feinzeichender Druck mit schmalem Rand um die Einfassungslinie. Minimale Altersspuren, oben links leichte Knitterspuren, oben hinterlegter Ausriss im weißen Rand, kurzer Randeinriss rechts, Montierungsscharniere leicht durchschlagend in den oberen Ecken, sonst sehr gut. Selten.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Carl Barth
Carl Christian Vogel von Vogelstein
(1787 Eisfeld – 1853 Kassel)
(1788 Wildenfels – 1868 München)
6326 Junges Hirtenmädchen bei der Lektüre mit zwei Schafen in einer Landschaft (Das Mädchen am Quell). Radierung. 26,2 x 34 cm. Unten rechts eigenhändig signiert, bez. und datiert „C. Barth fecit / Probedruck vor der Vollendung / 21/3 (18)37“. Wohl nicht bei Vontin. 2.400 € Nach seiner Ausbildung zum Kupferstecher bei Johann Gotthard Müller in Stuttgart begab sich Barth über München nach Rom, wo er im Jahr 1817 eintraf. Dort schloss er sich dem Kreis der Nazarener um Friedrich Overbeck, Peter von Cornelius und Samuel Amsler an. Vier Jahre verbrachte Carl Barth in Rom, die zu den fruchtbarsten seines Künstlerlebens gehörten. Ausgezeichneter, toniger und feinzeichnender Druck mit schmalem Rand um die Darstellung, wohl knapp innerhalb der Plattenkante geschnitten. Etwas stockfleckig, minimal gebräunt, sonst in vollkommener und originaler Erhaltung.
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6327 Die Verstoßung der Hagar. Feder in Grau, braun laviert über grauem Stift, aufgezogen. 16,6 x 20,7 cm. Unten rechts signiert und datiert „Vogel Rom 1819“. 1.200 € Provenienz: Sammlung Arnold Blome, Bremen (Lugt 4040). Der später insbesondere für seine Portraits gerühmte Carl Christian Vogel von Vogelstein lebte von 1813 bis 1820 in Rom, wo er im Jahr 1819 zum Katholizismus konvertierte. Aus diesem Jahr stammt die feinsin nige Zeichnung mit der „Verstoßung der Hagar“, die die enge Auseinandersetzung Vogels mit den Nazarenern anschaulich macht.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
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Carl Gottlieb Peschel (1798–1879, Dresden)
6328 Kreuzabnahme. Aquarell über Bleistift auf festem Velin. 17,6 x 27,4 cm. 600 € Literatur: Boetticher: Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Bd. 2/1, S. 239, unter II. Nr. 4 („Der vom Kreuz genommene Christus“). Provenienz: Sammlung Heinz Grunert, Berlin und Köln (Lugt 3985). Karl & Faber, München, Auktion am 28. Mai 2008, Los 364. 6328 35
Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
Gustav Heinrich Naeke (1786 Frauenstein – 1835 Dresden)
6329 Die Unterweisung am Webstuhl. Bleistift auf bräunlichem Velin. 11,8 x 8 cm. Um 1819. 600 € Provenienz: Sammlung Johann Georg von Sachsen (ähnlich Lugt 1162c). Sammlung Friedrich Schöne, Lübeck (Lugt 3622). Vorzeichnung für den Titelkupfer von M. Eyßlinger im Frauentaschenbuch für das Jahr 1819 von de la Motte Fouqué, erschienen bei Johann Leonhard Schrag in Nürnberg.
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6330 nach. Die Unterweisung am Webstuhl. Öl auf Zink. 24 x 15 cm. 800 € Das kleine Gemälde geht auf die im Frauenalmanach publizierte Komposition Naekes zurück (vgl. Los 6329), wie sich an den spätgotischen Maßwerkfenstern mit je zwei Lanzetten mit darüberliegendem Vierpass und den vor dem geöffneten Fenster stehenden Blumenstrauss erkennen lässt. 6330 36
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6331
Friedrich Overbeck (1789 Lübeck – 1869 Rom)
6331 nach. Das tugendsame Weib. Kupferstich auf feinem China von Ferdinand Ruscheweyh. 17,6 x 23,5 cm. Nagler 16, Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 106, Nr. 40 II. 400 € Ganz ausgezeichneter, gleichmäßiger Druck mit schmalem Rand. Der Bogen von dem das ehemals gewalzte China losgelöst ist, liegt bei und trägt die Verlegeradresse von C. G. Lüderitz, Berlin, sowie dessen Trockenstempel. Etwas stockfleckig, vereinzelt schwache Altersspuren, sonst jedoch sehr gut erhalten. Von großer Seltenheit.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6332
Joseph Nicolaus Peroux (1771 Ludwigsburg – 1849 Frankfurt a. M.)
6332 Bildnis eines jungen Herrn in dunklem Rock mit weißer Halsbinde. Pinsel in Braun über Bleistift auf Velin. 22,4 x 19,2 cm (im Oval). Rechts signiert und datiert „J. N. Peroux. dl. 1823. 750 € Joseph Nicolaus Peroux, der als Miniaturist, Radierer und Lithograph wirkte, lernte bei Nicolas Guibal an der Akademie und der Hohen Karls-
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schule in Stuttgart. Ab 1795 war er in Frankfurt am Main, ab 1800 in Hamburg tätig, wo er 1803 ein Porträt der Emma Hamilton und ein Selbstbildnis ausstellte. Anschließend gründete er in Lübeck eine Kunstschule, wo er 1805 den gerade 16-jährigen Friedrich Overbeck in der Zeichenkunst unterwies. Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Lübeck besitzt ein von Peroux im Jahr 1806 gemaltes Portrait von Overbeck. Im gleichen Jahr kehrte Peroux nach Frankfurt zurück, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. Werke von ihm befinden sich im Frankfurter Städel, in der Hamburger Kunsthalle und im Behnhaus in Lübeck.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6333
Joseph Nicolaus Peroux 6333 Bildnis der Eleonore Freifrau von Welden geb. Freiin von Aretin (1806-1882) im weißen Chemisekleid. Bleistift, Pinsel in Grau, Graubraun und teils Rot, Feder in Schwarz, in einem Fensterpassepartout. 16,8 x 13,2 cm. Unten rechts signiert und datiert „J. Peroux del: 1819.“. 1.500 € 39
Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6334
Friedrich Overbeck (1789 Lübeck – 1869 Rom)
6334 Betender Mönch. Radierung und Kaltnadel auf gewalztem China. 11,4 x 7,6 cm. Um 1826. Nagler 1, Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 100, Nr. 37 III (von V). 1.200 € Die Vorzeichnung für diese von einer großen Stille zeugenden Radierung befindet sich in Lübeck und datiert auf den 8. März 1826. Obwohl eng verbunden mit der radierten Darstellung des „Philippus Neri“ (siehe
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Los 6338) folgt sie dieser zeitlich doch deutlich nach. Das spätere Blatt wirkt dabei feiner, aber auch freier in seinem Radierduktus. Dies hängt auch mit der Tatsache zusammen, dass der Apostel seine direkte Inspiration in einem Kupferstich Albrecht Dürers findet, vorliegendes Blatt jedoch der freien Erfindung entstammt, ohne dabei das „Altertümelnde in Technik und Figurengestaltung“ aufzugeben. Ganz ausgezeichneter, fein und nuancierter Abzug mit breitem Rand. Insgesamt und vereinzelt etwas stockfleckig, schwache Alters- und Gebrauchsspuren, sonst sehr gut und original erhalten. Wie in der Literatur erwähnt unten mittig mit dem Trockenstempel des Kunsthändlers Carl Schultze in Rom.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
Carl Gotthelf Küchler (1807 Taubenheim – 1843 Rom)
6335 Bildnis Johann Friedrich Overbeck, Halbportrait in Dreiviertelansicht nach links. Radierung auf gewalztem China. 24,1 x 20,2 cm. 1837. Mitchell B. Frank: „Portrait Prints, 1770-1850: Friends and Family“, in: The Enchanted World of German Romantic Prints 1770-1850. Philadelphia 2017, S. 190, Abb. 159. 200 € Carl Gotthelf Küchler folgt in seinem Bildnis des Malers Friedrich Overbeck der Portraittradition wie sie in der zweiten Dekade des 19. Jahrhunderts von Amsler oder auch Schnorr von Carolsfeld geprägt wurde. Overbeck sitzt im legeren Malermantel im Dreiviertelprofil nach links. Küchler attestiert mit Datum und Ort die Entstehung der Radierung, unten ist zusätzlich die Signatur Overbecks in der Platte angebracht. Joseph Beavinton Atkinson, der frühe Biograph Overbecks, interpretierte das Bildnis wie folgt: „The coronal regions, the reputed abode of the moral and religious faculties, rise in full developement; [...] The mien is that of a mediaeval saint - austere, devout.“ Ausgezeichneter, klarer Druck an die Darstellung geschnitten. Altersund Gebrauchsspuren, vor allem verso etwas stockfleckig, sonst gut. Beigegeben von Lemercier nach August Lucas „Bildnis Friedrich Overbecks im Profil nach rechts“. 6335
Friedrich Overbeck (1789 Lübeck – 1869 Rom)
6336 Umkreis. Gewandstudie. Bleistift auf Bütten. 21 x 14 cm. Um 1811. 600 € Provenienz: Wohl ehemals in der Sammlung Johann Georg von Sachsen. Der aus Lübeck stammende Friedrich Overbeck ging 1806 an die Wiener Akademie, wo er mit Franz Pforr Freundschaft schloss. Gemeinsam mit Pforr und einigen anderen Schülern der Akademie gründet er, in Opposition gegen den akademischen Unterricht, den Lukasbund. 1810 übersiedeln die Mitglieder des Lukasbundes nach Rom und arbeiten während der kommenden zwei Jahre bis 1812 gemeinsam im säkularisierten Kloster San Isidoro. Aus dieser Zeit existieren von Overbeck zahlreiche Gewandstudien, die im Rahmen des vom Lukasbund gepflegten Modellzeich nens entstanden. Besonders in der Anfangszeit standen sich die Künstler wechselseitig Modell für Gewandfiguren, da sie die durch akademische Konventionen verdorbenen Berufsmodelle ablehnten. 6336 41
Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Friedrich Overbeck 6337 Der hl. Philippus Neri. Bleistift auf Velin. 13,6 x 8,8 cm. Monogrammiert und datiert „FO 1820“. 1.800 € Literatur: Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 98-99 mit Abb. S. 99. Ausstellung: Ausst. Unter Glas und Rahmen, Mainz, Nürnberg und Lübeck 1993-1994. Provenienz: C. G. Boerner, Düsseldorf. Dort erworben im Februar 1991. „Philippus Neri, Sohn vornehmer Florentiner Eltern, lebte in Rom als ein anderer Franz von Assisi in Armut und Demut, predigte den recht-
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mäßigen Glauben in Liebe, gepaart mit Strenge, bekehrte Juden und Häretiker und wurde 1622, 27 Jahre nach seinem Tode, heiliggesprochen. Als solcher Glaubensmann ... steht Philippus hier, Vorbild für Overbecks religiöse Entwicklung, zu der sich dieser mit der Wahl des Heiligen programmatisch bekennt, was im Formalen seine Entsprechung in der engen Anlehnung an der Vorbild Albrecht Dürers [...] hat.“ (Stephan Seeliger op.cit.). Um genau zu sein, orientiert sich Overbeck bei seiner Kompo sition an Dürers Kupferstich „Der Apostel Philippus“ (Meder 48). Die Zeichnung bereitet minutiös die gleichnamige Radierung Overbecks vor (Nagler 2; siehe Los 6338). Der rechts auf der Zeichnung angedeutete Holzzaun, Dürers „Maria auf der Rasenbank“ (Meder 31) entstammend, wurde bei der Radierung weggelassen. Die altmeisterliche Behandlung der Zeichnung, mit den an dem Kupferstich orientierten Parallel- und Kreuzstrichlagen, ist charakteristisch für Overbecks Zeichenstil der 1820er Jahre.
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Friedrich Overbeck 6338 Der hl. Philippus Neri mit Buch und Kreuz. Radierung auf gewalztem China. 14,1 x 8,4 cm. Nach 1820. Unten auf kleinem Klebeetikett mit Bleistift bez. „Meinem lieben Freunde L. G. zum Geburtstage d. 14. März 1843 v. WH.“. Nagler 2, Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 98, Nr. 36 (unser Exemplar erwähnt unter Nr. 37, Anmerkung 3); Frances Carey, Antony Griffiths: German Printmaking in the Age of Goethe. London 1994, Nr. 123. 1.200 € Provenienz: Aus dem Nachlass Ludwig Emil Grimms. Friedrich Overbeck schuf nur vier Radierungen. Der vorliegende Kupferstich geht zurück auf die gleichseitige Zeichnung Overbecks, die wir hier ebenfalls anbieten (Los 6337). Im Gegensatz zu dem feinen, beinahe verschleierten Strich der akkuraten Zeichnung, die sich bei genauer Betrach-
tung als exakte Vorzeichnung erweist, kommt das Liniengefüge in der Radiertechnik naturgemäß markanter zur Geltung. Vorliegender Abzug stammt von einer zweiten leicht variierenden Platte, die Overbeck von diesem Motiv anfertigte. Es ist davon auszugehen, dass nur wenige Exemplare dieser Motive abgezogen wurden, vermutlich vor allem, um sie Freunden zu schenken. Das auf unserem Exemplar im weißen Unterrand angebrachte Klebeetikett mit einer Widmung zum Geburtstag wurde ursprünglich Ludwig Hassenpflug zugesprochen, dem Schwager Grimms. Doch das deutliche Monogramm WH berücksichtigend stammt die Widmung mit großer Wahrscheinlichkeit doch eher von der Hand des Bildhauers Werner Henschel (1782-1850). Dieser war bereits seit 1805 mit den Gebrüdern Grimm bekannt. Seit 1815 pflegte er auch Kontakt mit Lud wig Emil Grimm, als dessen „bester und engster Freund“ er galt. Die Graphik stammt somit aus dem Nachlass Ludwig Emil Grimms, der am annotierten 14. März 1843 seinen 53. Geburtstag beging. Ganz ausgezeichneter, atmosphärisch dichter Abzug mit breitem Rand. Minimal angestaubt, vier Nadellöchlein in den Ecken außerhalb der Platte, montierungsbedingt verso einige beriebene Stellen, geringfügige Gebrauchsspuren, sonst sehr gut erhalten.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Friedrich Overbeck 6339 nach. Joseph von seinen Brüdern verkauft. Lithographie auf gewalztem China, von Christian Schultze. 38,1 x 48,4 cm. „D‘après le carton original de Fr. Overbeck. Imp. par Lemercier Lith par Schultz.“ sowie mit den Verlegeradressen „Publié par Velten à Paris St Petersbourg et Carlsruhe“ und „ J Veith à Zuric et Hering et Remington 153 Regent Street a Londres“. Nicht bei Nagler, vgl. Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 90, Nr. 32 mit Hinweis auf ein von Velten herausgegebenes und bei Lemercier gedrucktes Exemplars. 450 € Nach dem gleichnamigen Fresko für die Casa Bartholdy aus dem Jahre 1817, heute in der Sammlung der Nationalgalerie, Berlin. Prachtvoller Druck mit breitem Rand. Leicht angestaubt, im äußeren weißen Blattbereich etwas stockfleckig, leichte Randschäden, zu den Rändern hin Knitter- und Gebrauchsspuren, im Gesamteindruck gut.
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Eugen Eduard Schäffer (1802–1871, Frankfurt a.M.)
6340 Kopf des medianitischen Kaufmanns. Kupferstich auf Velin nach Friedrich Overbeck. 28,1 x 22,5 cm. (1822). Norbert Suhr, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 92, Nr. 33 a (mit Abb., unser Exemplar). 600 € Ausstellung: Ausst. Unter Glas und Rahmen, Mainz, Nürnberg und Lübeck 1993-1994. Vorliegender Kupferstich war die erste selbständige Arbeit Schäffers nach dem Abbruch seines Akademiestudiums bei Langer in München. Aus Overbecks Fresko des „Verkaufs Josephs“ von 1817 in der Casa Bartholdy in Rom, heute in der Alten Nationalgalerie Berlin, wählte Schäffer den Kopf eines Israeliten in der Bildmitte. Er gab Nicolaus Hoff zwei Abzüge mit nach Rom, einer davon war für Friedrich Overbeck bestimmt, der bei dem Anblicke desselben „auf‘s freudigste überrascht war“. - Vor Hinzufügung der Jahreszahl 1822. Ganz ausgezeichneter, feinzeichnender Druck mit schmalem Rand um die markante Facette. Insgesamt leicht stockfleckig, horizontale und vertikale Falzspuren, sonst in sehr guter und originaler Erhaltung.
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Eugen Eduard Schäffer 6341 Kopf eines Medianiten. Schwarze Kreide, teils weiß gehöht auf braunem Velin. 29,5 x 21,7 cm. Um 1822. 800 € Provenienz: Kunsthandel Eric Solovici, Paris. Dort erworben im Januar 1996. Die Studie wiederholt das markante Bildnis des Medianiten aus Overbecks Fresko „Joseph wird von seinen Brüdern verkauft“ (1816/17) in der Casa Bartholdy in Rom. Möglicherweise handelt es sich bei unserem Blatt um eine Vorstudie zu der Lithographie von Eugen Eduard Schäffer (siehe Los 6340). Beigegeben eine weitere Bleistiftzeichnung mit demselben Motiv wohl von dem Dresdener Christian Ernst Stölzel (17921837), der 1822 eine Reise zu Fuß nach Rom antrat und von dem auch Kopien nach Pinturicchio bekannt sind. 6341 45
Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Johann Nepomuk Strixner (1782 Altötting – 1855 München)
6342 Albrecht Dürers Christlich-Mythologische Handzeichnungen. 43 Federlithographien in verschiedenen Farben, zzgl. 2 Seiten typographischem Verzeichnis, lithographiertem Dürerportrait in Kreide, lithographiertem Titelblatt, 2 Seiten Vorrede, gebunden in marmorierter Kartonage d. Z. (Rücken überklebt, Gebrauchsspuren). Folio. München, Alois Senefelder, 1808. Winkler 831, 11 und 14 I (von II); Frances Carey, Antony Griffiths: German Printmaking in the Age of Goethe. London 1994, Nr. 125. 1.800 € Provenienz: Galerie Bassenge, Berlin, Auktion 45 im Mai 1985, Los 1353. Zu den ersten großen lithographischen Unternehmungen gehörte 1807 die von Alois Senefelder und Johann Christoph Freiherr von Aretin veranlasste Übertragung von Dürers Randzeichnungen aus dem Gebetsbuch
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Kaiser Maximilians. Das 43 Blatt umfassende Werk bildete einen äußerst erfolgreichen Auftakt zur Wiedergabe berühmter Kunstwerke in lithographischer Form. Zugleich war Strixners Folge die erste graphische Reproduktion des Gebetbuches. In der Folge wurden die Randzeichnungen zur bedeutenden Inspirationsquelle für Buchillustrationen des 19. Jahrhunderts, zum einen für die dekorative Gestaltung des weißen Randes um den Text und zum anderen für skurril kalligraphisch angelegte Motive. Bereits Goethe erkannte die Bedeutung von Strixners Werk, das „für viele Künstler und Illustratoren für lange Zeit die Rolle eines Vademecum“ spielen sollte (zit. nach Werner Busch, in: Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens 15, Wiesbaden 1988, S. 138). Der Erfolg schlug sich in mehreren Auflagen nieder. Die vorliegende Sammlung enthält Exemplare der ersten, überwiegend farbig gedruckten Auflage, sechs Tafeln weichen von den bei Winkler beschriebenen Farbnuancen ab (Taf. 34 = dunkelgrün; 36 = violett; 37 = dunkelviolett; 38 = braun, 39 = grün; 41 = grün). Ganz ausgezeichnete, nuancierte Drucke mit Rand. Einige Blätter etwas stockfleckig, mit nur leichten Alters- und Gebrauchsspuren, sonst sämtlich in sehr guter und originaler Erhaltung.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
Albrecht Dürer: Die Geburt Mariens. Holzschnitt.
Julius Schnorr von Carolsfeld (1794 Leipzig – 1872 Dresden)
6343 Die Wöchnerinnen aus die „Geburt Mariens“ nach Albrecht Dürer. Feder in Braun auf Velin, verso Studien zweier kniender Frauen in Bleistift. 21,9 x 14,3 cm. Unten rechts mit dem Monogramm Dürers bez. „AD“. Um 1816. 3.000 € Literatur: Hinrich Sieveking, in: Julius Schnorr von Carolsfeld. Zeichnungen aus Privatbesitz, Ausst. Kat. Mainz und München 1994/1995, S. 46f., Kat. Nr. 6 mit Abb. Ausstellung: Ausst. Julius Schnorr von Carolsfeld. Zeichnungen aus Privatbesitz. Mainz und München 1994/1995. In vorliegender Zeichnung nimmt Schnorr Albrecht Dürer zur Vorlage. Aus dessen Darstellung der „Geburt Mariens“ (Meder 192) aus dem Marienleben kopiert er die linke Gruppe der Wöchnerinnen mit dem Kinde. Schnorr von Carolsfeld folgt hier exakt Dürers Komposition und übersetzt das Medium des kontrastreichen Holzschnittes in das einer feinen Federzeichnung. Hinrich Sieveking beschreibt, dass es Schnorr hier
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nicht „um Detailgenauigkeit geht“, sondern „vielmehr liegt ihm daran, die Fülle räumlicher und figürlicher Motive unmittelbar mit der Feder ohne Bleistiftvorzeichnung zu umreißen und flüssig extemporierend nachzuerzählen. Er übte hier das Zeichnen in Dürers Manier, um sie sich völlig anzueignen“ (Sieveking, op. cit. S. 46). Dass Schnorr nach den alten Meistern zeichnete, vermerkte er selbst auch in seinen Tagebüchern. Zudem berichtet Boetticher 1901 von insgesamt sechs „Copien nach unbekannten alten Meistern, sämmtlich [sic!] Umrisszeichnungen mit der Feder, E[igentümer]: Prof. Franz Schnorr v. C[arolsfeld], Dresden“ (Friedrich Boetticher: Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Bd. II, S. 613, Nr. 25-30). Neben zwei weiteren bekannten Kopien, der hier vorliegenden sowie einer Kopie nach Hans Beck (Sieveking, op. cit. S. 48, Kat. 7 mit Abb.), ist heute lediglich eine weitere Kopie nach Hans Burgkmair d. Ä. mit dem Triumphzug Kaiser Maximilians I. bekannt (Weimarer Schlossmuseum, Graphische Sammlung, Inv. Nr. 7413), die auf den 16. Juni 1816 datiert ist. In dieser Zeit lebte Schnorr noch im Hause Ferdinand Oliviers in Wien. Sieveking nimmt wegen des engen thematischen Zusammenhangs zur Burgkmair Kopie an, dass auch vorliegende Zeichnung in dieser Zeit entstanden ist.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
Joseph von Führich (1800 Kratzau – 1876 Wien)
6344 Der hl. Eremit Martinian und die Buhlerin Zoe. Feder in Grau, über Spuren von Bleistift, auf Velin. 19 x 21,8 cm. Signiert unten links in grauer Feder mit dem eigenhändigen Signet, bezeichnet in Bleistift verso „Jos. Führich fec.“. 2.400 € Provenienz: Unbekannter Trockenstempel AS (nicht in Lugt). Galerie Fischer, Luzern, Auktion am 18. Juni 1996, Los 4078 (Abb.). Das Blatt datiert höchstwahrscheinlich in die erste Hälfte der 1820er Jahre. Hier begegnet Führich an der Prager Akademie der Graphik Albrecht Dürers, die nicht nur einen Stilwandel bei ihm bewirkt, sondern auch grundlegend seine künftige künstlerische Karriere beeinflusst. Wesentliches Thema seiner Gemälde dieser Zeit (vor allem kirchlicher
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Aufträge) sind religiöse Visionen und Erlebnisse (Die Vision des hl. Franziskus, Das inbrünstige Gebet der hl. Genovea) als auch Motive aus dem Reich der Phantasie (Versuchung des hl. Antonius, von 1822). Das Thema der Erscheinung oder Vision scheint ein gemeinsames Motiv einer Reihe von Werken Führichs aus der ersten Hälfte der zwanziger Jahre zu sein. In einem Brief vom Sommer 1821 an Martin Tejcek in Wien schreibt er: „So überhäuft sich manchmal mein ganzes Leben mit Gestalten und Bildern. Wären sie nur noch deutlicher, es könnte vielleicht von gutem Einflusse für meinen Kunstsinn sein“ (Moriz Dreger: Josef Führich, Wien 1912, S. 145). In unserem auch als „Der hl. Hiero nymus in der Klause“ interpretierten Blatt besticht Führichs konzentrierte und prägnante Federführung, die sich wesentlich von Dürers präzisem Zeichenstil inspiriert zeigt. Durch subtile Variationen der Linienstärke und eine Vielzahl von Schraffuren erzielt er reiche Tonwertabstufungen.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Edward Jakob von Steinle (1810 Wien – 1886 Frankfurt a. M.)
6345 Die hl. Familie in der Werkstatt. Bleistift, hellbraun laviert, die Nimben in Gold, auf Velin. 31,7 x 17,4 cm. 800 € Provenienz: Nachlass Eduard Jakob von Steinle, Frankfurt a. M. (Lugt 2312a). Erworben 1988 in der Galerie Fach, Frankfurt a. M.
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Friedrich Olivier (1791–1859, Dessau)
6346 Das Gebet Daniels. Feder und Pinsel in Dunkelbraun, braun laviert, weiß gehöht, auf blauem Papier, Daniels Nimbus in Gold. 15,8 x 26,4 cm. Bezeichnet unten rechts „Dan. 6.11.“. 4.000 € Provenienz: Laut alter Bezeichnung verso aus der Sammlung von Professor Schuchardt, Weimar. Heinrich Friedrich Samuel Haendcke (1824-1895), Radebeul (Lugt 1228a). Lempertz, Köln, Auktion am 16. November 2002, Los 1374 (Abb.).
Bei der vorliegenden Zeichnung wurde ein Zusammenhang mit den Entwürfen für die ab 1834 erschienene Bilderbibel Friedrich Oliviers vermutet. Stephan Seeliger widersprach in seinen privaten Notizen dieser Ansicht und datierte das Blatt in seiner dunklen, Donauschulartigen Farbgebung in Oliviers frühe Wiener Jahre. Auffällig ist die große Nähe zu Schnorr von Carolsfelds 1813 entstandener Pinselzeichnung „Szene im Gefängnis“ (Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv.-Nr. NI. 965) und seinem „Jesus und die schlafenden Jünger am Ölberg (Kupferstich-Kabinett Dresden, Inv.-Nr. C-1908-497) von 1816. Die hier dargestellte Szene schildert das von seinen Neidern belauschte Gebet Daniels zu Gott (Buch Daniel, 6, 11-16). Damit verstieß er gegen das Gebot des König Darius, der ihn daraufhin betrübt in die Löwengrube werfen lassen musste.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Friedrich Olivier 6347 Christus und die kanaanäische Frau. Bleistift auf Velin, mit doppelter Einfassungslinie in schwarzer Feder. 19 x 12,7 cm. Unter der Darstellung in der in Feder gezeichneten Sockelzone eigenhändig mit Bleistift bezeichnet „Matth. 15,21.28.“. Wz. „J. Whatman / Turkey Mill“. 1.800 € Provenienz: Karl & Faber, München, Auktion am 3. Juni 1997, Los 394 mit Abb. Vorzeichnung für den Kupferstich Blatt 29 der Volks-Bilder-Bibel. Friedrich Olivier war der erste, der den unter den Nazarenern lange diskutierten Gedanken einer Bilderbibel verwirklichte. Die „Volksbilderbibel in 50 Darstellungen aus dem neuen Testament nebst einem begleitenden
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Text von G.H. Schubert“ erschien 1836 bei Perthes in Hamburg und Gotha. Als Stecher hatte Olivier zunächst den Schweizer Heinrich Merz beauftragt, übergab die Arbeit aber später an Julius Thaeter aus Dresden, dem wohl versiertesten Stecher für die Nazarener. Leider war der gedruckten Fassung der Volksbilderbibel kein großer Erfolg beschieden, sodass von einer Fortsetzung mit Szenen aus dem Alten Testament Abstand genommen wurde. 1851 wurde dieses Projekt dann von der Bilderbibel Julius Schnorr von Carolsfelds verdrängt. - Die mit einem weichen Bleistift ausgeführte Zeichnungen repräsentieren in ihrer Klarheit und Einfachheit und in der modellierenden Strichführung wunderbar die Prinzipien der Nazarener. Eine weitere Vorzeichnung für dieses Projekt befindet sich in der Sammlung Dräger/Stubbe in Lübeck (Brigitte Heise, in: Zum Sehen geboren. Handzeichnungen der Goethezeit und des 19. Jahrhunderts. Die Sammlung Dräger/Stubbe, Leipzig 2007, S. 211f mit Abb.).
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6348
Friedrich Olivier 6348 Einzug Christi in Jerusalem. Bleistift auf Velin, mit Einfassungslinie in dunkelbrauner Feder. 19 x 13 cm. Unter der Darstellung eigenhändig bezeichnet „Matth. 21, 1.9.“. 1.800 € Vorzeichnung für den Kupferstich Blatt 35 der Volksbilderbibel.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6349
Franz Johann Heinrich Nadorp (1794 Anholt – 1876 Rom)
6349 Ansicht der Via Mala mit Kutsche und Reisenden sowie einem zeichnenden Künstler. Feder in Schwarz über Spuren von Bleistift, braun laviert, auf Velin. 27,9 x 20,6 cm. Unten links in brauner Feder signiert „Nadorp.“. An vier Ecken auf altem Untersatzpapier montiert, dieses ebenfalls in brauner Tinte wohl eigenhändig bezeichnet „Erinnerung an die via mala im November 1827.“. 1.500 € Provenienz: Lempertz, Köln, Auktion am 12. Dezember 1991, Los 443 mit Abb. Sotheby‘s, New York, Auktion am 24. Januar 2007, Los 112 mit Abb.
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Im Herbst 1827 reist Nadorp mit seinem Reisegefährten, dem Prinzen Franz-Joseph zu Salm-Salm (1801-1842), nach Italien. Viele Erlebnisse hält Nadorp in Skizzen und Notizen fest, so auch diese Ansicht der berühmten tief eingegrabenen Schlucht in Graubünden. Eine in ihrer nahen Natursicht vergleichbare Zeichnung (Berglandschaft mit Wasserfall, 33,3 x 21 cm), in der Nadorp in einer vertikalen Komposition große Flächen schafft, die er dann jedoch durch abgestufte Lavierung in kleinere Flächen untergliedert, findet sich in seinem Nachlass, der heute in der Sammlung des Fürsten zu Salm-Salm im Museum Wasserburg Anholt aufbewahrt wird (vgl. Henk van Os (Hrsg.), Der Zeichner Franz Nadorp: 1794-1876. Ein romantischer Künstler aus Anholt. Werke aus dem Besitz der Fürsten zu Salm-Salm in Anholt. Rhede bei Bocholt/ Westfalen 1976, S. 92, Abb. 101). Beide Blätter sind für Nadorp typische Beispiele seiner romantischen Berglandschaften. In der Toskana nimmt er vom Prinzen zu Salm-Salm Abschied und erreicht im Januar 1828 Rom. Die Stadt wird er dann zeitlebens in nahezu fünfzig Jahren nur noch selten verlassen.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6350
Johann Adam Klein (1792 Nürnberg – 1875 München)
6350 „Der Landschaftsmahler auf der Reise“ (Der Maler J. F. Kirchner am Ufer der Donau sitzend). Radierung. 13,8 x 19 cm. 1814. Jahn 131 II. 1.200 € Die Reise zu Fuß hatte sich im ausgehenden 18. Jahrhundert als Motiv der bürgerlichen Erfahrung etabliert. „In der Zeit der Romantik entdeckten die Künstler und Schriftsteller das Wandern als Selbstzweck, das heißt mit dem Ziel, sich an Naturerlebnissen zu erbauen und davon inspi-
rieren zu lassen.“ (Anja Kregeloh: „Vom Felleisen zum Trekkingrucksack - Gepäck für Fußreisen“ in: Reisebegleiter. Mehr als nur Gepäck. Ausst. Kat. Nürnberg 2010, S. 61). Das Selbstbewusstsein der Künstler auch für die eigene Natur zeigt sich in zahlreichen Selbstportraits und Bildnissen von Künstlerkollegen, die mit den Reisebildern der damaligen Zeit festgehalten wurden. Das vorliegende Portrait des aus Nürnberg stammenden Johann Jakob Kirchner (1788-1837), an der Donau sitzend und zeichnend, zählt in diesem Kontext mit zu den schönsten Freundschaftsbildnissen im Bereich der romantischen Druckgraphik. Ganz ausgezeichneter, feinzeichnender Druck mit breitem Rand. Insgesamt minimal angestaubt und vereinzelt stockfleckig, schwache Gebrauchsspuren, sonst sehr schön erhaltenes Exemplar.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6351
Johann Christoph Erhard (1795 Nürnberg – 1822 Rom)
6351 Auf der hohen Feste in Salzburg. Radierung. 12,5 x 17,4 cm. 1819. Andresen 1.4, Apell 6 II, Norbert Suhr, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 57, Nr. 19.
Ganz ausgezeichneter Druck mit schmalem Rändchen. Minimal fleckig, oben vereinzelt einige kleine Fleckchen, sonst sehr gut und original erhalten. Beigegeben von Adrian Ludwig Richter die Radierung „Der KönigSee gegen den Untersberg bei Salzburg“ (Hoff/Budde 196).
450 € Im Sommer 1818 reiste Erhard mit seinen Künstlerfreunden Klein, Welker und den Gebrüdern Reinhold nach Berchtesgaden und in die Salzburger Gegend. Mit den anschließend 1819 nach Zeichnungen dieser Reise geschaffenen Radierungen etablierte Erhard einen Höhepunkt in seinem druckgraphischen Schaffen. Die Teilarchitektur der Veste Salzburg vor dem flirrenden und feinabgestuften Hintergund wird differenziert wiedergegeben. Die Radiertechnik lebt dabei von einer leichten Lebendigkeit. In dem hier vorliegendem zweiten Druckzustand hat Erhard den Hintergrund durch nochmaliges Auspolieren weiter in die Ferne gerückt.
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Johann Adam Klein (1792 Nürnberg – 1875 München)
6352 Porträt Johann Christoph Erhard, auf einer Bank im Park Aigen bei Salzburg sitzend und zeichnend. Radierung auf Velin. 14,8 x 11,6 cm. 1822. Jahn 255 II, Norbert Suhr, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 44, Nr. 16. 750 €
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6352
Johann Adam Klein war wie viele Künstler seiner Zeit dem Reisen verfallen, schon in jungen Jahren, während seiner künstlerischen Ausbildung bei Ambrosius Gabler in Nürnberg, unternahm Klein erste Ausflüge, später folgten Reisen durch die Schweiz, Österreich, Ungarn, Italien. In seinen Lehrjahren in Nürnberg lernte Klein auch den etwas jüngeren Johann Christoph Erhard kennen, der ebenfalls bei Gabler lernte. Es entwickelte sich eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden ambitionierten Künstlern. 1816 gingen sie zusammen nach Wien, zwischen 1817 und 1818 unternahmen sie künstlerische Wandertouren gemeinsam mit anderen Künstlerfreunden. Kleins Radierung, die den jungen Erhard im Moment der Naturzeichnung zeigt, datiert aus dem Jahr 1822, also dem Todesjahr seines Freundes. Die Vorlage entstand bereits im August 1818, als sich die Künstler Ernst Welcker, die Gebrüder Friedrich und Heinrich Reinhold, Johann Christoph Erhard sowie schließlich Klein zu einer Künstlerreise durch Berchtesgaden und das
Salzkammergut verabredeten. Um diese Zeit herum wurde Erhard von einer beginnenden psychischen Erkrankung heimgesucht. 1820 versuchte Erhard sich erstmals das Leben zu nehmen. In Rom, wo er Klein besuchte, und auch die Bekanntschaft mit Joseph Anton Koch und Julius Schnorr von Carolsfeld machte, konnte sein Freund Reinhold den Suizid durch Trinken von Ätzwasser verhindern und ihn retten. Im folgenden Jahr versuchte sich Erhard, auf einer Reise nach Olevano zu erholen. Doch im Januar 1822 setzte er mit einem Schuss seinem Leben ein Ende. Er starb einige Tage später begleitet von seinen engen Freunden in Rom. Ausgezeichneter Druck mit der Zeichnung im Buch und mit schmalem Rand. Geringfügig stockfleckig und angestaubt, unten links kurze diagonale Knickspur in der Eckenspitze, dünne Stellen in den oberen Ecken, kleine Montierungs- und Klebereste verso, sonst sehr gut erhaltenes Exemplar. Unten mittig mit dem Trockenstempel „L. B. Erhart“.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6354
Franz von Rohden
Johann Martin von Rohden
(1817–1903, Rom)
(1778 Kassel – 1868 Rom)
6353 Portrait Johann Martin von Rohden. Kupferstich auf Velin. 24,6 x 19,5 cm. In der Platte bez. „Ioannem Mart. De Rohden Pictorem/Franciscus Fil. Fecit/Romae 1846“. 600 € Ganz ausgezeichneter, regelmäßiger Druck mit breitem Rand. Etwas fleckig im weißen Rand, einzelne geschlossene Einrisschen entlang diesem, kleiner Wasserfleck im äußeren Rand unten links, minimal gebrauchsspurig, sonst gutes Exemplar.
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6354 Blick auf Subiaco. Bleistift auf Velin. 21,2 x 18,4 cm. Unten rechts bez. und datiert „Cervara d. 12 Agosto 31“. 1.200 € Literatur: H. W. Fichter: Auf romantischen Wegen. Gezeichnete Kunst Band 3. Frankfurt a. M. 1989, Nr. 77. Provenienz: Kunsthandlung Fichter, Frankfurt a. M. Dort erworben 1989.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6355
Johann Martin von Rohden 6355 Waldpartie mit Wurzelwerk auf dem Weg zum Grindelwaldgletscher. Feder in Schwarz und Bleistift auf Velin, an den oberen Ecken auf alter Montierung aufgelegt (nach Auskunft von Hinrich Sieveking handelt es sich dabei um die Montierung Martin von Rohdens). 18,5 x 24,5 cm. Unten links in Bleistift eigenh. bez. „auf dem Weg nach dem Grindelwaldgletscher“. Wz. „M de I.A. Huber“. Um 1827/29. 1.200 € Provenienz: Galerie Bassenge, Berlin, Auktion 48 am 5. Dezember 1986, Los 5026. Martin von Rohden überquerte zweimal die Alpen: im Jahr 1827 nach der Berufung durch Kurfürst Wilhelm II. von Hessen zum Hofmaler in Kassel und im Jahr 1829 auf der Rückkehr zu seiner Wahlheimat Rom. Auf einer dieser beiden Reisen dürfte diese pittoreske Studie mit Wurzelwerks entstanden sein. 6353 61
Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6356
Franz Johann Heinrich Nadorp (1794 Anholt – 1876 Rom)
6356 „Eintritts=Karte in den deutschen Künstler=Verein in Rom“ (Künstler beim Singen, Saal Schmücken und Musizieren sowie vier weibliche allegorische Figuren als Sinnbilder der Künste). Radierung auf kräftigem Velin. 18,6 x 23,8 cm. Unten mittig mit alter handschriftl. Annotation in brauner Feder „für Herrn Heigel gültig für den Monat März 1846. Toermer. Cassica (?)“. 600 € Ganz ausgezeichneter Druck mit sehr feinem Rändchen. Leicht fleckig und altersspurig, in den Eckenspitzen kleine Nadellöchlein, kleine berieben Stelle unten rechts am Sammlerstempel, weitere Gebrauchsspuren, sonst in originaler und guter Erhaltung.
6357 Bildnis des Prager Malers und Graphikers Martin Tejcek. Bleistift, weiß gehöht, auf bräunlichem Velin. 23,3 x 17,4 cm. Verso in brauner Feder eigenhändig bezeichnet „Martin Teicek /...à / Prag (...) / Volentem facta ducunt, nolentem trahunt.“. 3.000 € 62
Provenienz: 2007 erworben aus der Sammlung Heinz Böhm-Hennes, Aschau. Martin Tejcek (1781-1849, Prag) studierte in den Jahren 1801-1815 an der Prager Akademie, wo er eine Ausbildung als Historienmaler bei seinem Lehrer Joseph Bergler absolvierte. 1814 beginnt Franz Nadorp seine Ausbildung in derselben Klasse, hier lernt er den 13 Jahre älteren kennen. In den frühen 1820er Jahren betreibt Tejcek zusammen mit Antonín Machek eine lithographische Werkstatt. 1822 geht er nach Wien, wo er als stellvertretender Direktor des Lithographischen Instituts arbeitet. 1828 kehrt er nach Böhmen zurück. Er tritt offensiv für die Romantik und - orientiert am Werk von Ferdinand Olivier - für die nazarenische Kunst ein. Als Maler von Historienbildern, Genrestücken, Bildnissen, aber auch Landschaften gilt er in Böhmen als einer der besten heimischen Künstler im zweiten Viertel des Jahrhunderts. Den verso zitierten Sinnspruch (korrekt „Ducunt fata volentem, nolentem trahunt“) entnimmt Nadorp den Epistulae morales ad Lucilium (107, 11-12) des Seneca (Den Willigen führt das Schicksal, den Unwilligen zerrt es dahin.). Die Zeichnung mag 1815 als Erinnerung zum Abschied Tejceks aus der Akademie entstanden sein.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Franz Johann Heinrich Nadorp 6358 Die Visitenkarte des Künstlers. Radierung auf festem, gräulichem Velin. 8,8 x 11,8 cm. 600 € Literatur: Beate Schroedter: Porträts Deutscher Künstler in Rom zur Zeit der Romantik. Ruhpolding und Mainz 2008, S. 183, Kat.-Nr. VIII.26. Ausstellung: Ausst. Porträts Deutscher Künstler in Rom zur Zeit der Romantik. Mainz 2008. Die Darstellung zeigt den Eingang zu Franz Nadorps Wohnung in der Via S. Niccolò di Tolentino 47 in Rom. Der Künstler selbst zeigt sich links im Bild, der mit einladender Geste zwei Herren, einzutreten bittet. Ganz ausgezeichneter, kräftiger Druck mit der vollen Darstellung. Minimal altersspurig, die Eckenspitzen angeschrägt, verso bez. „Geschenk f. Herrn Seeliger“, Klebereste verso, sonst sehr gut. Von großer Seltenheit.
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6359 Brustbild des böhmischen Malers Joseph Quaisser. Lithographie über einer olivgrünen Tonplatte, auf festem Velin. 29,5 x 23 cm. Um 1820. 750 € Provenienz: Galerie Bassenge, Berlin, Auktion 87 im Mai 2006, Los 5743 mit Abb. Joseph Quaisser (1776/77 Seifersdorf - 1856 Prag) war künstlerisch sowohl in der Malerei als auch in der Lithographie beheimatet. Sein Mäzen Graf Christian Christoph Clam-Gallas - der später auch den jüngeren Joseph Führich förderte - ermöglichte ihm ein Studium in Dresden bei Johann Baptist Casanova. 1799 begab sich Quaisser nach Prag, wo er für seinen Protektor arbeitete und mit Joseph Bergler engen Kontakt pflegte. Nachhaltig beeinflussen sollte ihn die Freundschaft mit dem BerglerSchüler Führich, als dessen eifriger Fürsprecher er beim Grafen eintrat. Lebhaft schilderten Zeitgenossen seine Persönlichkeit: „Ein seltsam Gemisch von Gravität und derben Wesens, unter deren Assistenz er mit Vorliebe Drolerien zum Besten gab, dabei absatzweise in erschütterndes Lachen ausbrach, wirkte stets erheiternd.“ (Rudolf Müller: „Künstler der Neuzeit Böhmens“, in: Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen, Jg. 14 (1876), S. 43). Prachtvoller, prägnanter Druck mit breitem Rand. Dieser links mit einem hinterlegten Risschen, insgesamt etwas altersspurig, verso minimal verbräunt, sonst sehr gut erhalten. Sehr selten.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Julius Schnorr von Carolsfeld
Franz Johann Heinrich Nadorp
(1794 Leipzig – 1872 Dresden)
(1794 Anholt – 1876 Rom)
6360 Studie eines am Boden liegenden Jünglings, den Blick nach oben gewandt. Bleistift, weiß gehöht, auf bräunlichem Velin. 26,6 x 23,6 cm. Unterhalb der Darstellung datiert „d. 15. M. 49.“, sowie oben rechts bez. „10 - 1/2 12 N. 3/4 3 - 3/4 5.“. 3.500 € Provenienz: Franz Ulrich Apelt (1882-1944), Zittau (nach dessen Tod in Famlienbesitz verblieben). Dorotheum, Wien, Auktion am 17. Oktober 2007, Los 203 mit Abb.
6361 Stehender weiblicher Akt. Bleistift auf Velin. 27,4 x 20,6 cm. Signiert und datiert unten links „F Nadorp / Roma [1]830“. Wz. Buchstaben CFAF. 400 € Provenienz: Galerie Fischer, Luzern, Auktion am 18. Juni 1996, Los 4056 (Abb.).
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Franz Johann Heinrich Nadorp 6362 Bildnis Joseph Führich. Bleistift auf gelblichem Velin. 23,5 x 18,3 cm. Signiert seitlich rechts „F Nadorp / del. Romae“, bezeichnet unten mittig „Joseph Führich“. Verso zwei Kompositionsentwürfe: Zwei sich umarmende Kinder mit Apfel; Caritas mit drei Kindern. Feder in Schwarz über Bleistift, grau laviert. Mit Bleistift unten bezeichnet „Geschenk des Herrn Fritz Gurlitt in Berlin / Wien 26./10.1887“. Um 1828/29. 6.000 € Provenienz: Wohl Fürst zu Salm-Salm, Anholt. Friedrich Louis Moritz Anton „Fritz“ Gurlitt , Berlin (bis 1887). Galerie Hassfurther, Wien. Dort vom Sammler am 10. Februar 1995 erworben. Franz Nadorp tritt, gefördert durch ein Stipendium seines Landesherren Fürst Constantin zu Salm-Salm, mit 20 Jahren in die Prager Kunstakademie ein, wo er eine Ausbildung als Historienmaler bei Joseph Bergler (1753-1829) absolviert. Dem 1800 in Kratzau in Böhmen geborenen Joseph von Führich ermöglicht Graf Christian Christoph Clam-Gallas dieselbe Kunstakademie zu besuchen. Dort ist er ebenso Schüler Berglers. Über ihre Begegnung schreibt Führich in seiner in Wien und Pest 1875 erschienenen Lebensskizze (zusammengestellt aus dessen im Jahrgange 1844 des Almanachs „Libussa“ erschienener Selbstbiographie, S. 11f):
„Meinen Umgang betreffend, muß ich die nähere Bekanntschaft mit einem anderen Zöglinge der Akademie erwähnen, die bald in Freundschaft überging. Nadorp aus Westphalen, einige Jahre älter als ich, eine poetische, geistreiche, etwas heftige Natur, zog mich zuerst durch seine akademischen Studien und Zeichnungen nach Antiken und dem Modell an; sie vereinigten einen geistvollen, kräftigen, wenn auch manierirten Vortrag mit einer großen Festigkeit und Correktheit; was mich aber daran interessirte, waren weniger die letzteren Eigenschaften, als eben diese Manier, die meiner damaligen Anschauungsweise, welcher besonders das Frappante zusagte und die noch ganz ungeregelt war, als eine besonders ausdrucksvolle Auffassung erschien. - Wir zeichneten oft halbe Tage neben einander; unter Gedankenaustausch, - dessen Gegenstand gewöhnlich Kunst und Poesie war, verbreitete sich auf Alles, was mit diesen in Beziehung stand. Jugend und Eifer für die Kunst gaben unserem Verkehr eine gewisse Wärme, die größtentheils die sonstige Verschiedenheit unserer Charaktere ausglich.“ Das ausdrucksstarke Portrait des Freundes muss zwischen der Ankunft Nadorps in Rom im Januar 1828 und Führichs Abreise im Sommer 1829 entstanden sein. Der Ausdruck des Gesichtes mit seiner gerunzelten Stirn und dem eindringlichen, ernsten Blick ist charakteristisch für das romantische Künstlerbildnis. Hans Geller (Die Bildnisse der deutschen Künstler in Rom 1800-1830, Berlin 1952, S. 55) führt unter der Kat.Nr. 350 ein Bleistift-Portrait Führichs von der Hand Nadorps an, das sich ehemals in der Sammlung des Fürsten Salm-Salm in Anholt befand. Möglicherweise handelt es sich um vorliegendes Blatt.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
Carl Oesterley. Blick auf Rom. Foto: Katharina Anna Haase.
Joseph von Führich (1800 Kratzau – 1876 Wien)
6363 Blick auf Rom. Bleistift, braun laviert auf festem Velin. 18,6 x 27,2 cm. Unten links eigenh. datiert und bez. „17.t Oct. 27. Mont Testaccio“, unten mittig in Bleistift bez. „Bast di Paul III“. 3.000 € Im Oktober des Jahres 1827 unternimmt Führich mit Freunden einen Ausflug zum Monte Testaccio, einer künstlichen Erhebung vor den Toren Roms unweit der Cestius-Pyramide, die aus den Scherben unzähliger antiker Amphoren besteht. In einem Brief an seine Eltern beschreibt Führich das erhebende Gefühl, das ihn überkommt, wenn er seinen Blick über die historische Landschaft schweifen lässt: „Gestern (am 12. Oktober 1827) ging ich mit einigen Freunden [...] nach Monte Testaccio [...] Von diesem Hügel sieht man den Lauf der Tiber durch die Campagna bis gegen Ostia am Meere, in einiger Entfernung die große Ruine der abgebrannten Paulskirche sammt dem Platze, wo der hl. Paulus enthauptet wurde [...] Es ist ein eigen erhebendes Gefühl, den Schauplatz solcher Ereignisse so vor sich liegen zu sehen. Von da kam das sanfte Evan-
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gelium in schlichter Gestalt arm und verachtet nach der heidnischen, weltbeherrschenden Roma, welche die Saat der Ewigkeit mit Märtyrerblut reichlich begoß.“ (Joseph von Führich‘s Briefe aus Italien, S. 43f). Unser Blatt trägt das Datum vom 17. Oktober und so scheint Führich ein weiteres Mal, in die Richtung des Monte Testaccio gegangen zu sein, um auf der Wanderung diese genaue Landschaftsaufnahme zu zeichnen. Dargestellt ist der nach Norden gerichtete Blick auf Rom über eine der von Giuliano di Sangallo im Auftrag Papst Paul III. errichteten Bastionen hinweg auf die Stadt, rechts mit der Kuppel und dem Turm von Santa Maria Maggiore und mittig mit dem Kegeldach des Rundtempels am Forum Boarium, von dem nur die Spitze zu sehen ist. Der Monte Testaccio befindet sich weiter links noch innerhalb der Stadtmauer. Diesen un gewöhnlichen Blick auf die Ewige Stadt wählt auch Carl Oesterley in seiner nur einen Monat später datierten Zeichnung (17. November 1827, Kunstsammlung der Georg-August Universität Göttingen, Leihgabe Familie Oesterley, Inv. L H 2002/210; siehe Abb.). Die Anregung dazu dürfte sicherlich von seinem Freund Joseph Führich ausgegangen sein, mit dem Oesterley in Rom regen Umgang pflegte.
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Friedrich Olivier (1791–1859, Dessau)
6364 Ansichten von Rom und der römischen Campagna. Skizzenbuch mit 25 Bleistiftzeichnungen auf Velin auf 19 Blatt. Fadengeheftete Broschur d. Zeit, ohne Umschlag (einige Blätter aus der Heftung gelöst). Blattgröße: 22,8 x 31,2 cm. Unten rechts in rotem Buntstift paginiert. 12.000 € Provenienz: Bassenge, Berlin, Auktion 48 am 5. und 6. Dezember 1986, Los 4988. Seine erste Ausbildung erhielt Friedrich Olivier noch in Dessau, bevor er mit seinem älteren Bruder Ferdinand eine Wanderung in den Harz unternahm und dort unter dessen Anleitung Landschaften zeichnete. 1811 gingen beide Brüder nach Wien und studierten an der dortigen Kunstakademie. 1817 reiste Friedrich Olivier mit seinem Bruder und Julius Schnorr von Carolsfeld nach Salzburg, wo weitere zahlreiche Studien nach der Natur entstanden. 1818 brach Friedrich Olivier nach Rom auf, wo er im Kreis der Nazarener Anschluss fand und besonders mit Julius Schnorr von Carolsfeld eng verbunden blieb. Mit Schnorr und Theodor Rehbenitz wohnte er ab 1819 im Palazzo Caffarelli auf dem Kapitol, dem
damaligen Sitz der preussischen Gesandtschaft, bevor er 1823 wieder nach Dessau zurückkehrte. Während seiner römischen Schaffensphase widmete sich Friedrich Olivier dem Zeichnen landschaftlicher und architektonischer Motive, die sich in seinen Skizzenbüchern erhalten haben. Das einzige vollständige Skizzenbuch Oliviers mit insgesamt 39 Blättern befindet sich in der Albertina. Entsprechend der Paginierung enthält das Skizzenbuch folgende Zeichnungen: Blatt 1 recto und verso: Inhaltsangabe eines Ritterromans in 24 Kapiteln: vielleicht war an Illustrationen gedacht. Blatt I: Bildnis der Francesca Vangarese, bez. oben rechts: „Francesca Vangarese. Frau d. Chirurgen in Aricca“ (die kirchlichen und zivilen Akten sind im Krieg vernichtet worden, so daß sich über die Dargestellte nichts weiter ermitteln ließ). Blatt 2: Piazza del Popolo. Bez. oben rechts „Aussicht vom Monte Pincio auf die Piazza del Popolo in Rom“. Blatt 3: Sta. Maria del Popolo. Bez. oben rechts „S. Maria del Popolo in Rom“. Blatt 4: Blick auf ein Bergdorf (Tivoli?); verso: Tivoli. Bez oben rechts „Tivoli aus dem Caffeehause“.
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Blatt 5: Partie aus Tivoli. Bez. oben rechts „in Tivoli - vom Wirtshaus zur Sibylen“, darüber nicht ganz ausradiert „in Tivoli vom Tempel der Sybille“; verso: Tivoli: Die Brücke über dem Wasserfall. Bez. oben rechts „Die Brücke übr den Wasserfall in Tivoli“. Blatt 6: Die Kapelle in Vicovaro. Bez. oben rechts „Capelle am Eingang in Vicovaro“; verso: Der Rosengarten im Kloster S. Benedetto in Subiaco. Bez. oben links „Rosengartchen im Kloster S. Benedetto bey Subiaco“. Blatt 7: Die Unterkirche in S. Benedetto. Bez. oben links „untere Kirche in S. Benedetto.“; verso: Die Scala Santa in San Benedetto. Blatt 8: Blick auf Subiaco. Bez. oben rechts „Subiaco vom Kloster S. Francesco aus“. Blatt 9: Ansicht der Klosters Sta. Scolastica. Bez. oben rechts „Sta Scolastica“.
Blatt 10: Der Innenhof von S. Benedetto. Bez. oben links „Hof in S. Benedetto bey Subiaco“; verso: Knorrige Bäume. Blatt 11: Überdachter Hauseingang; verso: Hauseingang mit Ecksäule und Treppe. Blatt 12: Blick in das Tal des Aniene. Blatt 13: Blick auf Olevano mit der Burgruine. Blatt 14: Blick auf ein Bergdorf. Blatt 15: Blick durch ein Portal auf einen Platz mit einer Kirche; verso: Bergrücken. Blatt 16: Stadttor, davor ein schreitender Mönch. Blatt 17: Partie im Park der Villa d‘Este in Tivoli (?). Blatt 18: Ritterrüstung.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Samuel Amsler (1791 Schinznach-Dorf, Aargau – 1849 München)
6365 nach. Bildnis des Malers Carl Philipp Fohr. Lithographie auf festem Velin von Wilhelm Gail, nach einer Zeichnung von Carl Barth. 15 x 10,7 cm. (1819). Winkler (Gail) 244.1. 750 € „Wie kaum ein anderer Portraitstich aus dem Umkreis der in Rom lebenden Künstler ist dieser schon von den Zeitgenossen [...] gewürdigt worden und gilt bis heute, jedenfalls im Medium der Druckgraphik, als eines der eindringlichsten Bildnisse“ (Norbert Suhr, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 18, Nr. 1). Amsler schuf das einfühlsame Portrait Carl Philipp Fohrs während seines ersten römischen Aufent-
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haltes nach einer Zeichnung Carl Barths, die dieser nicht für eine Umsetzung in den Stich vorgesehen hatte. Dies lag laut Walther Vontin vor allem an der tiefen Bestürzung über den frühen Tod seines engen Freundes Fohr am 29. Juni 1818. Barth hatte verzweifelt versucht, Fohr vor dem Ertrinken aus dem Tiber zu retten. Amsler übernahm auf Geheiß Barths dann die Ausführung des Stiches ohne wesentliche Veränderungen, noch unter Einfluss des tragischen Ereignisses, und 1819 wurde der Bildnisstich hinreichend bekannt. Wilhelm Gail lithographierte das eindrucksvolle Bildnis im Gegensinn im gleichen Jahr. Ganz ausgezeichneter, differenzierter Druck mit Rand. Etwas angestaubt und minimal angeschmutzt, sonst sehr gut erhalten. Beigegeben von Bonaventura Weiss die zum Original seitenrichtige Wiederholung des Bildnisses (Nagler 3).
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Albert Emil Kirchner (1813 Leipzig – 1885 München)
6366 Weite italienische Landschaft mit Flusslauf, im Vordergrund eine Korbträgerin mit Kind. Feder in Grau und Braun, braun laviert. 25 x 36 cm. 750 € Beigegeben die nach diesem Blatt entstandene Lithographie „AbendLandschaft“, gedr. bei Piloty und Loehle, verlegt bei H. Kohler et Comp. in München.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
Edward Jakob von Steinle (1810 Wien – 1886 Frankfurt a. M.)
6367 Bildnis eines jungen Mannes im Profil mit geneigtem Kopf. Bleistift auf Transparentpapier, aufgezogen. 23,5 x 18 cm. Um 1828-1833. 800 € Provenienz: Karl & Faber, München, Auktion 150 am 28. November 1979, Los 140 mit Abb. Steinle, seit 1823 Student an der Wiener Akademie und seit 1826 Privatschüler bei Leopold Kupelwieser, reiste 1828 nach Rom, wo er sich dem engsten Kreis der katholischen Nazarener um Friedrich Overbeck, Philipp Veit und Joseph Führich anschloss. Insbesondere die Persönlichkeit und das künstlerische Werk des aus Lübeck stammenden Overbeck, an dessen Ausstattung der Portiuncula-Kapelle in Assisi er 1829 mitwirkte, wurde für Steinles Schaffen prägend. Es wurde vermutet, dass es sich bei dem Dargestellten um das Bildnis des Künstlerfreundes Overbeck handeln könnte. Das Bildnis mit der klaren Kontur des Antlitzes zeigt nur eine zarte Binnenflächenschraffur, die das Gesicht zurückhaltend modelliert. Kragen und Mantel sind mit einem energischen Strich skizziert, die Linie für Kopf und Kopfbedeckung zeigen mehrfache Ansätze. Der Umriss und die zarte Schraffur verweisen die Zeichnung klar in die Zeit des römischen Aufenthalts.
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Samuel Amsler (1791 Schinznach-Dorf, Aargau – 1849 München)
6368 Gewandstudie: Jüngling mit weitem Mantel, kniend. Bleistift auf Velin. 22,5 x 17,2 cm. Monogrammiert und datiert „1818. S.A.“ sowie unten links von fremder Hand in Bleistift bez. „amsler“. 600 € Literatur: August Laube Buch- und Kunstantiquariat: Schweizer Künstler zwischen Vedute und Romantik, Zürich 2007, Nr. 56 mit Abb. Provenienz: Erworben vom Kunsthandel August Laube, Zürich im Jahr 2007. Der aus Schinznach im Kanton Argau stammende Samuel Amsler war erstmals von Oktober 1816 bis Sommer 1820 in Rom, wo er sich mit Carl Barth und Johann Anton Ramboux im Palazzo Zuccari (der Casa Bartholdi) in der Via Sistina 72 eine Wohnung teilte. Die Mantelstudie dürfte während einer der abendlichen Sitzungen der Lukasbrüder im Kloster San Isidoro entstanden sein. Während dieser Zusammenkünfte zeichneten die Künstler nach dem Modell, wobei deren wichtigstes Requisit ein großer, schwerer, grüner Mantel aus dem Besitz von Franz Pforr war. Zahlreiche dieser Draperiestudien haben sich erhalten und geben Zeugnis von der nazarenischen Kunst, die sich hier in den ruhigen Formen und den edlen Falten formvollendet zeigt. 6368 78
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
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Edward Jakob von Steinle (1810 Wien – 1886 Frankfurt a. M.)
6369 nach. Bildnis Pater Aloys Landes S. J. Kupferstich auf gewalztem China von Carl Kappes. 16,1 x 13,2 cm. 1833. Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 24, Nr. 4. 300 € Am 6. Dezember schreibt Edward von Steinle an Overbeck, dass Pater von Landes den Nazarenern in „herrlicher Liebe“ verbunden sei; eine väterliche Figur also wie etwa Joseph Anton Koch oder Konrad Eberhard.
Der Pater war viele Jahre in Saratov bei den Wolgadeutschen missionarisch tätig, bevor er seit 1829 erster Rektor am Collegium Germanicum in Rom wurde. Carl Kappes übersetzt die atmophärische, geradezu miniaturhafte Zeichnung Steinles, die sich heute im Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt befindet, in die gestrenge Kupferstichtechnik - ganz genauso wie er es unter den Anweisungen von Eugen Eduard Schäffer am Städel gelernt hatte. Die klaren, präzisen Linien sind ganz der altdeutschen Druckgraphik eines Albrecht Dürers verpflichtet. Ganz ausgezeichneter, feinzeichnender Druck mit Rand um die Plattenkante. Vornehmlich der Rand außerhalb der Darstellung etwas stockfleckig, minimale Alters- und Gebrauchsspuren, unten links kleine Federnummerierung recto leicht durchschlagend, sonst vorzügliches Exemplar.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
Joseph von Führich (1800 Kratzau – 1876 Wien)
6370 Selbstbildnis mit Brille. Bleistift auf chamoisfarbenem Whatman-Velin. 23,4 x 18,2 cm. Verso in brauner Feder signiert und datiert „Joseph Führich Rom am 26 März 1829.“. Wz. J. Whatman. 35.000 € Literatur: Stephan Seeliger: „Ein besonderer Anlass. Hans-Joachim Neidhardt zum 80. Geburtstag“, in: Weltkunst, Heft 3, 2005, S. 79 mit Abb. Cornelia Reiter, in: Joseph von Führich. Die Kartons zum Wiener Kreuzweg, Ausst. Kat. Wien, Graphische Sammlung Albertina, August-Oktober 2005, S. 90. Cornelia Reiter, in : L‘Age d‘ôr du romantisme allemand. Aquarelles & dessins à l‘époque de Goethe. Ausst. Kat. Musée de la Vie Romantique, Paris 2008, S. 114, Nr. 33 mit Abb. Ausstellung: Ausst. L‘Age d‘ôr du romantisme allemand. Aquarelles & dessins à l‘époque de Goethe. Paris 2008. Ausst. Joseph von Führich. Die Kartons zum Wiener Kreuzweg. Wien 2005. Provenienz: Friedrich Louis Moritz Anton „Fritz“ Gurlitt , Berlin (1854 Wien - 1893 Thonberg bei Leipzig), verso in Bleistift von alter Hand bez. „Geschenk des Herrn Fritz Gurlitt in Berlin ...Wien 26/10 1887“. Galerie Hassfurther, Wien (1995). Dort vom Sammler am 10. Februar 1995 erworben. „Als einsame Spitze“ hat Stephan Seeliger dieses kostbare Selbstbildnis Führichs in der von ihm angelegten Dokumentation zu seiner Sammlung apostrophiert. Er hielt diese Zeichnung für das bedeutendste Kunstwerk in seiner Sammlung und daher erscheint es uns angemessen, dem Sammler das Wort zu überlassen und den von ihm zu dem Werk verfassten Text aus der Weltkunst an dieser Stelle wiederzugeben: „Am 25. März 1829 war Joseph Führich in Rom bei Ludwig I. von Bayern zum Essen geladen. Der König hielt sich zum wiederholten Male in der Ewigen Stadt auf, Führich lebte dort seit 1827 dank der Unterstützung
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Wiener Kunstfreunde und arbeitete an der Vollendung der von Friedrich Overbeck begonnenen Ausmalung des Tasso-Zimmers im Gartenhaus der Fürsten Massimi. Schon einen Tag nach dieser ehrenvollen Einladung schreibt der aus bescheidenen Verhältnissen stammende Künstler an seine Eltern im fernen böhmischen Kratzau: ‚Ich war, wie Ihr denken könnt, wie aus den Wolken gefallen [...] Der König empfing mich auf die huldvollste Weise, sagte mir sehr viel Schönes über meine Arbeiten in der Villa [...] (und) redete mir zu, bei meiner Rückreise meinen Weg doch über München zu machen, kurz, war so herzlich und freundlich, daß mir bald alle Befangenheit in der Nähe einer so hohen Person verging.‘ (zit. nach Joseph von Führich‘s Briefe aus Italien an seine Eltern (1827-1829), Freiburg i. Breisgau 1883, S. 140/141). Führich nimmt am selben Tag auch ein Blatt edlen Whatman-Papiers zur Hand und zeichnet sein eigenes Bildnis. Er signiert es rückseitig mit ‚Joseph Führich Rom am 26. März 1829‘. Der Kopf mit dem breit herabfallenden, gelockten, sorgfältig geordneten Haar und der programmatischen Künstlerkappe füllt die stattliche, 23,4 x 18,2 cm messende Bildfläche bis zum äußersten Rand aus, auf Beiwerk ist gänzlich verzichtet. Die Augen blicken hinter der randlosen Brille leicht zur Seite, als sänne der Künstler den Geschehnissen des Vortages nach. Mund und Kinn sind weich modelliert, Wangen und Stirn einfühlsam erfaßt, ein gewisses Wohlgefallen an der eigenen Erscheinung ist nicht zu übersehen. Wir kennen und schätzen das ‚Vater-unser‘ und die Bilder zu Tiecks ‚Genofeva‘ des jungen Führich. Wiederholungen seines in den 1840er Jahren entstandenen Kreuzweges sind in unzähligen alpenländischen Kirchen zu finden, sein späten Bilderfolgen - etwa zur Parabel vom Ver lorenen Sohn - überzeugen durch den schlichten Ton, mit dem die Geschichte legendenhaft erzählt wird. Dazwischen gibt es Doktrinäres und Befremdliches. Ganz nahe aber sind uns Heutigen Führichs um 1820/30 entstandene Bildniszeichnungen. Eine davon ist das bisher gänzlich unbekannte Selbstbildnis vom 26. März 1829, das mich mit seiner zeitllosen Gegenwart immer wieder glücklich, aber auch betroffen macht und dessen Veröffentlichung ich mir seit Jahren für einen besonderen Anlaß aufgespart habe.“.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Ferdinand Ruscheweyh (1785–1846, Neustrelitz)
6371 Das Kastell von Grottaferrata in den Albaner Bergen. Bleistift auf Velin. 23,8 x 17,7 cm. Rechts unter der Darstellung signiert und datiert „Ferdinand Ruscheweyh Rom den 2. September 1830“, mittig unter der Darstellung betitelt „Grotta ferrata“. 1.200 € Nach Studien in Berlin und Wien, war Ruscheweyh bis 1832 in Rom tätig, wo er zum engen Kreis von Cornelius und Overbeck gehörte und sich einen Namen als produktiver Reproduktionsstecher machte. Die bestechende Sorgfalt seiner Arbeitsweise zeigt sich auch in vorliegender Ansicht, die das Castell von Grotta Ferrata in der Umgebung der Albaner Berge vorstellt. Zeichnungen des Künstlers sind im Handel nur extrem selten anzutreffen.
Ludwig Richter (1803–1884, Dresden)
6372 Das Oratorio del Crocifisso bei Albano. Bleistift auf Velin. 24,8 x 22 cm (die Ecken angeschrägt). Unten rechts signiert, datiert und bez. „Albano 7 Maggio 1824 L. Richter“. 2.400 € Literatur: Joseph Fach, Frankfurt, Katalog 31, 1984, Nr. 54 mit Abb. Provenienz: Kunsthandlung Joseph Fach, Frankfurt a. M. (1984).
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Den Mai des Jahres 1824 verbrachte Ludwig Richter in Albano, wo sich der Künstler gemeinsam mit seinen Malerfreunden Carl Wagner und Ernst Oehme ganz dem Zeichnen in der Natur widmete. Lebhaft beschreibt Richter diesen Aufenthalt in seinen Lebenserinnerungen: „Auf dem Wege nach Ariccia liegt ein Eremitenhäuschen am Walde, darunter ein Brunnen. Auch hier saß ich zeichnend mehrere Tage lang unter den schattigen Bäumen, und die vorüberziehenden Leute in ihren bunten Trachten amüsierten mich köstlich. Man hätte ganze Skizzenbücher anfüllen können mit den reizendsten Gruppen und Figuren.“. Bei dem von Richter als Eremitenhäuschen bezeichneten Gebäude handelt es sich um das Oratorio del Crocifisso, das kurz nach dem Ortsende von Albano an der Via Appia liegt. Das unscheinbare, verwinkelte Gebäude, das in den Beschreibungen als Romitorio, also als Einsiedelei bezeichnet wird, wurde 1744 auf antiker Bausubstanz errichtet. Ihm war eine große Treppe vorgelagert, die von zwei kleinen kapellenartigen Bauten flankiert wurde. Am Beginn der Treppe stand ein Kreuz, dem die Kapelle ihren Namen verdankte. Der malerische Reiz des Motivs, das viele Maler der Goethezeit (darunter Jakob Philipp Hackert, Jacob Philipp Mechau, Carl Wilhelm Götzloff) in seinen Bann zog, beruhte auf dem verfallenen und heterogenen Charakter des Bauwerks und seiner Umgebung wie auch seiner sakralen Funktion (siehe dazu: Steffi Roettgen: „Von der malerischen Idylle zur Freilichtmalerei: Ariccia, Albano und das Oratorio del Crocifisso in den Veduten der Deutschrömer“, in: Kunst-Geschichte-Wahrnehmung, Strukturen und Mechanismen von Wahrnehmungsstrategien. München und Berlin 2008, S. 95-115). Auch auf Ludwig Richter dürfte die Einsiedelei eine Faszination ausgeübt haben, wählte er doch diesen speziellen „Posto“ gleich für mehrere Tage, um dort Inspiration zu finden. Die Graphische Sammlung des Museums der Bildenden Künste in Leipzig bewahrt eine weitere Bleistiftzeichnung Richters, die das Oratorio aus einer anderen Perspektive zeigt. Beide Blätter dürften während desselben Aufenthaltes entstanden sein.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Daniel Freudweiler (1793 Felsberg GR – 1827 Zürich)
6373 Bildnis eines jungen Mannes mit Barett. Bleistift auf Velin. 25,2 x 20,3 cm. Wz. „T Edmonds 1810“. 600 € „Der heute weitgehend unbekannte Maler Daniel Albert Freudweiler wurde am 18. Dezember 1793 zu Felsberg bei Chur als Sohn eines Schusters geboren, kam mit fünfzehn Jahren in die Lehre des Zürcher Malers und Kupferstechers Johannes Pfenninger, bildete sich von Mai 1818 bis April 1821 in Rom an der Accademia di San Luca und in freiem Studium weiter und lebte danach bis zu seinem frühen Tode am 20. April 1827 als Portraitmaler, Kopist und akademischer Lehrer in Zürich.“ (Stephan Seeliger, „Daniel Albert Freudweilers ‚Römisches Portraitbuch‘“, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte, Bd. 62, Heft 2 (2005), S. 61-72). Der Nachwelt ist Freudweiler vor allem durch dessen „Römisches Portraitbuch“, einer Sammlung von sechzehn in Bleistift ausgeführten Künstlerbildnissen ein Begriff, die der Künstler in seiner Zeit in Rom um 1818/1820 ausgeführt hat. An diese Zeichnungen – Werke von reinster romantischer Prägung - schließt auch vorliegende Porträtstudie an.
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Heinrich Reinhold (1788 Gera – 1825 Rom)
6374 Blick auf die Palazzi Cesarei und Santi Giovanni e Paolo in Rom. Bleistift auf Transparentpapier, auf Japan aufgezogen. 36,6 x 48,6 cm. Unten rechts betitelt „Palazzi Cesarei und SS Giovanni e Paolo in Rom“. Um 1822. 3.000 € Provenienz: Privatbesitz Süddeutschland. Galerie Bassenge, Berlin, Auktion 76 am 24./25. November 2000, Los 5724 mit Abb. (als Deutsch, um 1830). Geschickt lenkt der Zeichner den Blick des Betrachters über eine von Mauern eingefasste, abschüssige Strasse auf die Ruinen der antiken Kaiserpaläste und die frühchristliche Kirche Santi Giovanni e Paolo in
Rom. Dieses eindrucksvolle Panorama diente Reinhold als Vorlage für seine 1822 datierte Federzeichnung (Kupferstichkabinett Dresden, Inv. C 1876-40), die der Künstler später im Atelier bildmäßig ausgearbeitet und im Vordergrund um drei vor einem Madonnenbild musizierenden Pifferari ergänzt hat (s. Petra Kuhlmann-Hodick in Kat. Dresden: „...ein Land der Verheissung“. Julius Schnorr von Carolsfeld zeichnet Italien“. Köln 2000, S. 291 mit Abb. 136). Mit großer Finesse sind besonders die architektonischen Details und die Staffelung der Baukörper erfasst. Hierin wird der künstlerische Austausch mit Carl Wilhelm Götzloff absehbar, der Ende 1821 nach Rom kam und mit Reinhold gemeinsam zeichnete. Diese künstlerische Nähe bemerkte bereits Schnorr von Carolsfeld, der in seinen Briefen festhielt: „Sein [Götzloffs] Talent scheint mir mit Reinhold seinem verwandt zu sein, doch ist Götzloff zarter, Reinhold tüchtiger und tiefer.“ (Schnorr, Briefe).
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Joseph von Führich (1800 Kratzau – 1876 Wien)
6375 Bildnis des Malers Adolf Zimmermann. Bleistift auf Velin. 20,3 x 26,6 cm. Am oberen Rand in Bleistift bez. „Der Tirann“ sowie an der oberen rechten Ecke die Nummer „85“. Um 1828/29. 7.500 € Literatur: Hans Geller: Die Bildnisse der deutschen Künstler in Rom 1800– 1830. Berlin 1952, S. 118, Nr. 1596 mit Abb. (die Abbildung in der Publikation ist beschnitten). Provenienz: Aus dem Besitz des Dargestellten Adolf Zimmermann (1799–1856). Durch Erbfolge an dessen Urenkel Hans Geller (1894-1962), Dresden. Im Sommer des Jahres 1829 besteigen Joseph Führich und Adolf Zimmermann eine zweirudrige Barke, um von Neapel auf die Insel Capri überzusetzen. Das ungünstige Wetter, vor dem die zwei italienischen Ruderer gewarnt hatten, hält die beiden Künstler jedoch nicht ab, die Reise zu wagen. Und so erreichen die beiden nach dramatischer Fahrt, während der sie sich an den Schiffsboden klammern und Stoßgebete aussenden, schließlich die „feenhafte“ Insel Capri. Diese Reise an den Golf von Neapel, die Führich noch später in seinen Lebenserinnerungen farbenfroh schildert, war sicherlich einer der Glanzpunkte des Italienaufenthaltes beider Künstler, die sich in Rom kennengelernt hatten. Führich, der im Januar 1827 in die Ewige Stadt gekommen war, befand sich im Sommer 1828 nach dem Weggang einiger enger Wegbegleiter aus Rom, wie etwa Adalbert Waagen und Johann Carl Schulz, in trauriger Verfassung. Er schreibt: „Ich bin jetzt im Ganzen sehr vereinsamt. Viele meiner näheren Bekannten gehen oder sind schon fort, viele sind auf dem Lande, so daß ich manchmal recht melancholisch werde; unsere
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gemeinschaftlichen Spaziergänge des Sonntags oder gegen Abend mache ich nun allein [...]“ (Hans Geller, Ernste Künstler fröhliche Menschen, München S. 44). In dieser Zeit nun scheinen die freundschaftlichen Bande zwischen Führich und Zimmermann, der bereits seit Ende 1825 als Stipendiat der Dresdener Akademie in Rom weilte, enger zu werden. Die abendlichen Spaziergänge, die oft über das Forum, das Kolosseum und das Kapitol in das Caffe Greco führten, unternehmen die beiden jetzt gemeinsam. Wenn die zwei Künstler miteinander allein sind, dann sprechen sie in ihrem „heimathlichen deutschen Dialect“, den Zimmermann, der gerade nur 80 km von Führichs Geburtsstadt Kratzau entfernt aus Lodenau bei Görlitz stammt, vorzüglich beherrscht. Und so spricht auch aus unserem Portrait, das Führich von seinem Freund Adolf Zimmermann gemacht, eine große Vertrautheit zwischen den beiden Künstlern. Führich wählt für sein Bildnis ein Querformat und platziert die Zeichnung des Portraitkopfs knapp links der Mitte auf das Papier. Mit wohl gesetzten Strichen skizziert Führich das Antlitz Zimmermanns, bei dem besonders der wache Blick des Dargestellten auffällt. Anstelle des Taufnamens notiert Führich in liebevoller Zuneigung den Spitznamen des Dargestellten „Der Tirann“, was man wohl als scherzhafte Anspielung auf ein etwas dominantes Wesen Zimmermanns verstehen darf. Entsprechend der romantischen Tradition des gegenseitigen Freundschaftsbildes hat auch Adolf Zimmermann ein Bildnis von Führich angefertigt, das sich ebenfalls in der Sammlung Hans Geller befand. Es zeigt den Maler ganz klassisch im Dreiviertelportrait mit seinen Markenzeichen Brille und Kappe elegant im gestreiften Habit mit weißer Halsbinde. Berührend ist auch hier die vom Zeichner hinzugefügte Annotation „Vera Efigies von Führich Wenzels Jungen aus Kratzau im Böhmerlande, eines jungen hoffnungsvollen Künstlers nach dem Leben von seinem Freunde Adolph Zimmermann dem Tirannen in Rom“.
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Julius Schnorr von Carolsfeld (1794 Leipzig – 1872 Dresden)
6376 Bildnis des Komponisten Sigismund Ritter von Neukomm. Bleistift auf Velin. 23,6 x 12,1 cm. Unten mittig eigenhändig bezeichnet „Sigism. Neukomm. Rom.“. Um 1826. 6.000 € Literatur: Ausst. Kat. Frankfurt a. M. 1894, Julius Schnorr von Carolsfeld. Ausstellung des Freien Deutschen Hochstiftes in Frankfurt a. M., Kat.Nr. 551. Alois Trost, „Nachträgliches zum ‚Römischen Porträtbuch‘ Julius Schnorrs von Carolsfeld“, in: Die Graphischen Künste, N.S. Bd. 7, 1942/43, S. 74 (als „verschollen“). Stephan Seeliger, in: Julius Schnorr von Carolsfeld. Zeichnungen aus Privatbesitz. Ausst. Kat. Mainz und München 1994/1995, S. 90 f., Kat. Nr. 27 (Abb.). Ausstellung: Ausst. Julius Schnorr von Carolsfeld. Zeichnungen aus Privatbesitz. Mainz und München 1994/1995. Provenienz: Nachlass des Künstlers. Familienbesitz Schnorr von Carolsfeld. Bis 1996 Ursula Schnorr von Carolsfeld (1911-2002), Dresden (Urenkelin des Künstlers). Sigismund Ritter von Neukomm (1778 Salzburg - 1858 Paris) war Komponist, Pianist und Diplomat. Der Frühbegabte soll bereits mit sechs Jahren an der Orgel des Salzburger Domes gespielt haben (mit Hilfe seines Lehrers, der die Pedale bediente). Weiteren Unterricht erhält er bei Michael Haydn. 1797 geht Neukomm nach Wien und wird zunächst Schüler, dann enger Mitarbeiter von Joseph Haydn, für den er u.a. Klavierauszüge seiner beiden Oratorien erstellt. Er erteilt Klavier- und Gesangsunterricht. Von 1804 bis 1808 ist Neukomm Kapellmeister in Sankt
Petersburg, 1809 in Paris Hauspianist des Fürsten Talleyrand, und von 1816 bis 1821 Kapellmeister am Kaiserhof von Johann VI. in Rio de Janeiro, Brasilien. Trotz mannigfaltiger Reisen in Frankreich, nach Italien, die Schweiz, die Niederlande und Großbritannien, verbringt er ab Anfang der 1820er Jahre die meiste Zeit in Paris. Sein musikalisches Gesamtwerk umfasst über 1300 Kompositionen, darunter zehn Opern und drei Oratorien. 1826 ist Neukomm in Rom. Dort entsteht, mit einer Widmung an Julius Schnorr, ein Magnificat, von dem Letzterer seinem Vater in einem Brief berichtet: „Er [Neukomm] hat hier für uns mehrere schöne Stücke componiert, [...] Psalmen, für mich ein Magnificat, alles Stücke für eine Stimme.“ (Brief vom 15. August 1826, Schriftlicher Nachlass, Dresden SLUB, scr.Dresd.n, Inv.8, Bd.1, fol. 277r). Aus dem Schreiben erfahren wir auch, dass Schnorr schon länger als Organist in seiner Gemeinde tätig war. Vor dem Hintergrund dieses musikalischen Austausches wird auch das vorliegende Bildnis entstanden sein. Die ganz unmittelbare Zeichnung im persönlichen Gegenüber konzentriert sich vor allem auf den intensiven Ausdruck der Augen und des Mundes. Solch intime Portraits behielt Schnorr gerne zur privaten Erinnerung bei sich. So befand sich dieses Blatt noch bis 1996 im Besitz der Urenkelin Schnorrs.
Friedrich Olivier (1791–1859, Dessau)
6377 Kleines Konvent umgeben von Zypressen in der Campagna. Bleistift auf Velin. 10,4 x 16,5 cm. 750 € Provenienz: Wohl ehemals in der Sammlung Johann Georg von Sachsen. Beigegeben von demselben eine weitere Bleistiftzeichnung eines italienischen Dorfs mit steinerner Brücke.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Johann Adam Klein (1792 Nürnberg – 1875 München)
6378 zugeschrieben. Grasendes Maultier. Bleistift auf Transparentpapier. 14,4 x 19 cm. 600 € Die Zuschreibung an Johann Adam Klein stammt von Hinrich Sieveking, München.
Ludwig Richter (1803–1884, Dresden)
6379 Das Mühlental bei Amalfi. Bleistift auf Velin. 29 x 23 cm. Unten links bez. „Amalfi“. (1825). 1.800 € Ausstellung: Ausst. Ludwig Richter. Sonderkatalog der Sächsischen Kunstausstellung. Dresden 1903. Provenienz: Dr. Theodor Engelmann, Basel (Lugt 789c).
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C. G. Boerner, Leipzig, Auktion „Sammlung Dr. Theodor Engelmann - Basel. Das Werk Adrian Ludwig Richters“ am 17. November 1928, Los 14. Sammlung Freiesleben. Die Amalfiküste zählt zu den Sehnsuchtsorten der deutschen Künstler in Italien im 19. Jahrhundert. Und so gehören auch die Ansichten von Amalfi mit dem berühmten Mühlental zu dem festen Repertoire der reisenden Künstler. Ludwig Richter berichtete in seinem Jahrzehnte später verfassten Lebenserinnerungen von einem gemeinsamen Aufenthalt mit den Künstlerfreunden Johann Heinrich Schilbach, Johann Nikolaus Hoff und Hans Georg Harder in Amalfi im Mai 1825: „Nach Amalfi wurde [von Neapel aus] eine Fahrt in der Barke gemacht. Das schöne Felsengestade, die alten malerischen Warttürme und mittelalterlichen Bauten auf Klippen und Vorsprüngen im Meere reizten mich, einige genaue Zeichnungen auszuführen.“ (Ludwig Richter: Lebenserinnerungen, Berlin 1946, S. 104). Mit lockerem Strich skizziert Richter eine besonders schöne Situation aus dem Mühltal. Vor dem steil aufragenden Gebirgsmassiv liegt der Gebäudekomplex einer Wassermühle, vor der sich eine Mutter mit ihrem Kind aufhält und ein Wanderer vorüberzieht. Die Verbindung von Mensch und Natur, die Richter so am Herzen liegt, will ihm hier besonders gut gelingen: „Fürs erste will ich mich in das romantische Gebiet wagen, wo Natur und Mensch zu gleichen Teilen herrschen, eines dem andren Bedeutung und Interesse gibt“ (Ludwig Richter 1825).
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Heinrich Karl Mücke (1806 Breslau – 1891 Düsseldorf)
6380 Zwei Mönche blicken auf die Bucht von Bajae, das Capo Miseno und Ischia. Radierung auf gewalztem China. 10,1 x 16 cm. 1840. Boetticher 3. 300 € Ausgezeichneter, klarer Druck mit Rand. Minimal altersspurig und rechts schwach stockfleckig, sonst sehr gut erhalten.
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Josef Rebell (1787 Wien – 1828 Dresden)
6381 Ischia: Blick auf das Castello Aragonese. Bleistift, grau laviert, auf Velin. 33,8 x 48,8 cm. Unten rechts in brauner Feder bez. „Ischia“. Um 1813. 1.800 € Provenienz: Galerie Bassenge, Berlin, Auktion 5 am 4.-8. Mai 1965, Los 835. Sammlung Heinz Böhm-Hennes, Aschau. Nachdem Josef Rebell 1809 sein Studium an der Wiener Akademie abgeschlossen hatte, reiste er über die Schweiz (1809/10) nach Italien. Anfangs hielt sich Rebell bis 1812 in Mailand auf, wo er im Auftrag des Kunst verlegers Domenico Artaria Aquarelle mit Ansichten der oberitalienischen Seen anfertigte, die in Wien als Vorlagen für Kupferstiche und
Radierungen dienten. Auf Empfehlung von Eugène de Beauharnais, Vizekönig von Italien, reiste Rebell schließlich über Florenz und Rom nach Neapel, wo er von 1813 bis 1815 lebte. Dort fand Rebell am Hof in Joachim und Caroline Murat, König und Königin von Neapel, besonders prominente Förderer, die ihn mit Aufträgen bedachten. Der Golf von Neapel mit den Inseln Capri und Ischia galt den Künstlern aus dem Norden als irdisches Paradies. Rebell gab dieser Sehnsucht nach einem neuen Arkadien in seinen von einem südlichen Licht durchdrungenen Gemälden einen Ausdruck. Vorliegende Landschaft mit einem von Bäumen gerahmten Blick auf das Castello Aragonese dürfte als vorbereitende Studie für ein Gemälde zu sehen sein, wie etwa das 2003 in Mailand angebotene Werk Rebells „Ischia mit dem Castello Aragonese“ aus dem Jahr 1813 (Porro & C., Mailand, Auktion am 3. April 2003, Los 45).
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Julius Schnorr von Carolsfeld (1794 Leipzig – 1872 Dresden)
6382 Bildnis der Maria Heller. Feder in Schwarzbraun auf Bütten. 15,9 x 12,3 cm. Unten rechts signiert „Schnorr“, auf dem Untersatzkarton in schwarzer Feder und Bleistift bez. „Julius Schnorr: Maria Heller als Braut; aus dem Gedächtnis gezeichnet, auf seiner Reise von (Leipzig.) Wien nach Leipzig. 1827“. 12.000 € Literatur: Norbert Suhr, in: Julius Schnorr von Carolsfeld. Zeichnungen aus Privatbesitz. Ausst. Kat. Mainz und München 1994/1995, S. 74, Kat. Nr. 19 (Abb.). Ausstellung: Ausst. Julius Schnorr von Carolsfeld. Zeichnungen aus Privatbesitz. Mainz und München 1994/1995. Provenienz: Nachlass des Künstlers. Familienbesitz Schnorr von Carolsfeld. Zuletzt Ursula Schnorr von Carolsfeld (1911-2002), Dresden (Urenkelin des Künstlers). Von 1813 bis zu seiner Abreise nach Rom im November 1817 lebte Julius Schnorr im Hause der Brüder Ferdinand und Friedrich Olivier in Wien. Der ältere Ferdinand hatte 1812 Margarete Valpied, eine verwitwete Heller geheiratet, die drei Kinder mit in die Ehe brachte. Während dieses innigen Zusammenlebens fühlte sich der junge Schnorr in besonderem Maße zu der Stieftochter Ferdinands, der anmutigen Maria Heller (1807 Wien -
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1882 Dresden) hingezogen, die er kennenlernte, als das Mädchen sieben Jahre alt war. Diese Zuneigung war so heftig, dass sie selbst Schnorrs zehnjährigen Italienaufenthalt überdauerte. Am 20. Juni 1827 kehrte Schnorr schließlich aus Italien nach Wien zurück, verlobte sich mit Maria Heller am dritten Tag und heiratete seine Jugendliebe am 30. Oktober in Wien. Zwei Tage nach seiner Verlobung, am 25. Juni 1827, schreibt Schnorr an seinen Vater in Leipzig: „Vor dreizehn Jahren lernte ich ein Kind von sieben Jahren kennen, unsers Ferdinand Stieftochter Maria Heller, als ich selber noch kindisch war, und faßte eine Neigung zu diesem Kind, wie ein Kind sie zum andern fassen kann. Drei Jahre waren wir täglich zusammen und wir waren wie Bruder und Schwester. Als ich nach Italien zog, begleitete mich das Bild des Mädchens und während der zehn Jahre, die ich dort blieb, schwebte es mir, nahe oder fern, aber doch immer, vor meinen Augen“. Vor der Hochzeit im Oktober unternahm Schnorr eine Reise über Dresden nach Leipzig zu seiner Familie, während der er das Bildnis seiner Braut aus dem Gedächtnis zeichnete. Möglicherweise wollte Schnorr seinem Vater ein Bild seiner zukünftigen Frau zeigen. Mit sicher geführter Feder entwickelt der Künstler das Bildnis der jungen Frau, deren Haar in Locken gelegt ist und deren Blick zum Betrachter geht. Eine andere Kopfstellung hat Schnorr auf demselben Blatt versucht, sie aber dann verworfen. Maria Heller, die ihren Mann um zehn Jahre überlebte, wurde allgemein geschätzt und verehrt. So schreibt Blanca Amsler aus Anlass des 100. Geburtstages an die Tochter Marie Schnorr von Carolsfeld: „Deine Mutter steht vor mir als eine der edelsten und holdesten deutschen Frauen, von der ein Zauber ausging auf Jung und Alt, auf Männer und Frauen, wie gewiß von wenigen. Es war etwas Klassisches an ihrer Schönheit und einfache Anmuth und der seelenvolle Klang ihrer Stimme in Gesang und Rede sprach ihr ganzes Wesen aus.“
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Julius Schnorr von Carolsfeld 6383 Bildnis des Sohnes Eduard. Bleistift auf Velin. 27,1 x 16,9 cm. Monogrammiert und datiert „18 JSC (ligiert) 43.“. 4.000 € Provenienz: Nachlass des Künstlers. Familienbesitz Schnorr von Carolsfeld. Bis 2000 Nele Popper-Schnorr von Carolsfeld (1922-2017), Berlin. 1827 wird Julius Schnorr von Carolsfeld von König Ludwig I. von Bayern als Professor für Historienmalerei an die Münchner Akademie berufen. Am 30. Oktober heiratet er in Wien Marie Heller, die Stieftochter von Ferdinand Olivier, am 4. November erreicht das Paar München. Das Ehepaar hat zusammen fünf Söhne und drei Töchter. Als sechstes Kind wird 1838 Eduard Schnorr von Carolsfeld geboren. Aus dem hier mit wachem und konzentriertem Blick dargestellten Fünfjährigen wird ein angesehener Chemiker, Unternehmer und Fabrikbesitzer, der zum sächsischen Hofrat ernannt werden wird. 1882 regt er die Gründung eines Ortsvereines „zur Wahrung und Förderung Loschwitzer Interessen“ an, der Verbesserungen des Verkehrs mit der Stadt Dresden entwickelt. Eduard Schnorr von Carolsfeld wird zum ersten Vorsitzenden gewählt. Die wohl bedeutendste Anregung des Ortsvereins ist die zum Bau einer heute „Blaues Wunder“ genannten Brücke, die seit 1893 die beiden Dörfer Loschwitz und Blasewitz verbindet.
6384 Die Austreibung Ismaels und seiner Mutter (Abraham verstößt Hagar). Feder in Grau über Spuren von Rötel auf chamoisfarbenem Velin. 21,8 x 26 cm. Unten rechts monogrammiert und datiert „18 JS (ligiert) 51“, auf einem separaten Etikett von fremder Hand in Feder bezeichnet „Austreibung Ismaels und seiner Mutter / Das stand Abraham des Morgens Frühe auf, und nahm Brod uns seine Flasche mit Wasser und legte es Hagar auf ihre Schulter, und den Knaben mit, und lies sie aus. / 1. Mose cap. 21 v. 14“. 6.000 € Provenienz: C. G. Boerner, Düsseldorf, Neue Lagerliste 77, 1983, Nr. 61. Die für den Holzschnitt der Bilderbibel, Tafel 27 maßgebende Zeichnung in ungewöhnlich feiner Ausführung. Ein früherer Entwurf dieser Szene aus der Münchner Zeit, vom 14. Januar 1827 zeigt die Haltung Ismaels und der Gruppe von Isaak und seiner Mutter abweichend, die enge Bindung wie hier an die Mutter fehlt (Adolf Schahl: Geschichte der Bilderbibel Julius Schnorr von Carolsfelds, Leipzig 1936, S. 61 und 137). Darüber hinaus überarbeitete Schnorr von Carolsfeld die Zeichnung im Jahre 1845 noch einmal, hier sind Figuren- und Architekturkomposition bereits dieselben wie in vorliegender Zeichnung, lediglich die Landschaft, die Weinranken des Hauses sowie Hagars Frisur unterscheiden sich (Kunsthalle Bremen, Inv. 51/137).
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
Julius Schnorr von Carolsfeld 6385 David spielt vor Saul die Harfe. Feder in Braun, über Bleistift, aufgezogen. 21 x 25,5 cm. Unten links bezeichnet „Julius Schnorr erf. u. gez.“, „I. Samuel Cap. 16 V. 23“ und auf dem Harfensockel monogrammiert sowie datiert „18 JS (ligiert) 24“. 12.000 € Literatur: Stephan Seeliger, in: Julius Schnorr von Carolsfeld. Zeichnungen aus Privatbesitz. Ausst. Kat. Mainz und München 1994/1995, S. 146147, Kat. Nr. 58 (Abb.). Ausstellung: Ausst. Julius Schnorr von Carolsfeld. Zeichnungen aus Privatbesitz. Mainz und München 1994/1995. Provenienz: Aus der Sammlung Paul Arndt (Lugt 2067b). Im September des Jahres 1824 hatte Ludwig von Maydell das Thema „wie David vor Saul die Harfen spielt“ aus dem ersten Buch Samuel, 16. Kapitel, Vers 23 für ein Treffen des „römischen Komponiervereins“ zur
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Illustration für die geplante Bilderbibel vorgeschlagen (op.cit. S. 146). Schnorr legt hier die akkurate Konturenzeichnung mit relativ lockeren Schraffuren über einer Bleistiftkomposition an, in der Saul konzentriert auf sein Harfenspiel dem thronenden David gegenübersteht, der die Augen geschlossen, versunken den Tönen lauscht. In der Tür gibt sich auch die Frau - wohl Davids spätere Frau Michal - gestützt auf den stehenden Ritter der Musik hin. Im Jahr 1825 wiederholt Schnorr die Zeichnung unter Veränderung kleiner aber nicht unwesentlicher Details (Hamburger Kunsthalle, Inv. Nr. 1956/115). Vorliegende Komposition hat letztlich keinen Einzug in die Bilderbibel gefunden, ausgewählt wurde die dramatische Szene aus Kapitel 19, Vers 9-10, in der David seinen Speer energisch in Richtung Saul wirft. Die Zeichnung steht dennoch für die vielfältige und ehrgeizige Ideensuche der Gruppe um Schnorr, die es sich im Rahmen des Komponiervereins zur Aufgabe gemacht hat, Szenen aus der Bibel auszuwählen, zu illustrieren und zu debattieren.
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Julius Schnorr von Carolsfeld 6386 Aus dem Leben Hiob: Die Boten vor dem trauernden Hiob und dessen Langmut; Der trauernde Hiob und seine drei Freunde; Hiobs neues Glück. 3 Zeichnungen, je Feder in Grau und Braun über Spuren von Bleistift, auf blassgrünem Bütten, montiert. Je 12,5 x 14,3 cm; 11,2 x 14,3 cm; 12,7 x 14,3 cm. Unten rechts bzw. links in der Darstellung monogrammiert und datiert „18 JS (ligiert) 46“ sowie je unterhalb der Darstellung rechts eigenh. bezeichnet „d. 1. Nov [18]46“, „d. 2. Nov [18]46“ und „d. 4. Nov [18]46“. 4.500 € Literatur: Thomas B. Brumbaugh, „Three drawings by Julius Schnorr von Carolsfeld“, in: Southeastern College Art Conference Review / SECAC, 1983, S. 135-137.
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Stephan Seeliger, in: Julius Schnorr von Carolsfeld. Zeichnungen aus Privatbesitz. Ausst. Kat. Mainz und München 1994/1995, S. 158-159, Kat. Nr. 64 (Abb.). Ausstellung: Ausst. Julius Schnorr von Carolsfeld. Zeichnungen aus Privatbesitz. Mainz und München 1994/1995. Provenienz: Sammlung Joseph Frankl, Wien. Privatsammlung, USA. Dörling, Hamburg, Auktion am 5. Juni 1991, Lose 2438-2440. Drei der wenigen überlieferten Vorzeichnungen für die Cotta-Bibel, die in dichter Folge an drei Novembertagen des Jahres 1846 entstanden. Wie Stephan Seeliger bemerkt, zeigen sie die endgültigen Fassungen, der Strich der Feder ist entsprechend beherrscht und gefestigt, Bleistift ist kaum zu erkennen (Op. cit. S. 159).
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Julius Schnorr von Carolsfeld 6387 Ahabs Untergang. Feder in Schwarz über Bleistift auf Velin. 21,9 x 26 cm. Unten links monogrammiert und datiert „IS“ (ligiert) und „d. 10 October 1858“. Wz. „J. Whatman 1858“. 4.500 € Provenienz: Sammlung Carl Heumann, Chemnitz (Lugt 555b). Arnold Otto Meyer, Hamburg (Lugt 1994). Vorzeichnung zu Taf. 118 der Bilderbibel, das die Verse 34-38 des 22. Kapitels aus dem 1. Buch der Könige mit dem Untergang Ahabs zeigt.
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Julius Schnorr von Carolsfeld 6388 Szene aus dem Nibelungenlied: Die Trauerboten König Etzels berichten von dem Untergang der Burgunder. Öl auf Leinwand, auf Karton kaschiert. 18 x 48 cm. Um 1865. 3.500 € Zu den bedeutendsten Werken nibelungischer Repräsentationskunst gehören zweifelsohne die fünf von Julius Schnorr von Carolsfeld entworfenen Nibelungensäle in der Münchner Residenz. Dieses wahrhafte Mammutprojekt nahm Schnorr nach seiner Rückkehr aus Rom ab 1828 in Angriff. Ganze vier Jahrzehnte sollte die Ausarbeitung andauern. In ihrer darstellerischen Gliederung entsprechen die Fresken der Dramaturgie des Liedes. Im letzten, „Saal der Klage“ genannten Raum findet das Geschehen seinen tragischen Epilog. Unsere Ölstudie bereitet das große Fresko an der Ostwand des Saals vor. In der friesartig angelegten Szene betritt von links ein Zug von Überlebenden und Trauernden das Bildfeld. Mit gesenktem Haupt tritt der Bote Swemelin vor die Frau und Tochter von Rüdiger von Bechelaren und überbringt die Kunde von dessen Tod. Der Markgraf war in Kriemhilds Rachefeldzug zwischen die Fronten geraten. Während er einerseits den Burgundern auf ihrem Weg zur Hunnenburg Etzels Geleitschutz gewährt hatte, band ihn andererseits das Lehensverhältnis an König Etzel. Dieser Treueschwur besiegelt letztlich seinen Niedergang und als der Kampf ausbricht, erliegt Rüdiger einem Schwertstreich Gernots.
Erste Skizzen zur Szene fertigte Schnorr bereits 1848 an, doch nachdem die Unternehmung ins Stocken geriet, wandte er sich erst nach 1860 wieder dem Stoff zu. Bisher bekannt waren neben dem maßstabsgetreuen Karton im Landesmuseum Oldenburg zwei etwa gleich große Zeichnungen: eine 1861 datierte Federzeichnung und ein um 1865 entstandenes Aquarell, die beide bereits alle wesentlichen Details des Freskos vorwegnehmen (vgl. S. Seeliger in: Deutsche Romantik. Aquarelle und Zeichnungen, Ausst.Kat. Museum Georg Schäfer, Schweinfurt 2000, Nr. 75 und 76). Unser Modello - beinahe maßstabsgleich mit den beiden Blättern - ergänzt nun diese kleine Gruppe. Während die Federzeichnung die Komposition erstmals en detail erfasst, dient vorliegende Studie offensichtlich der Vorbereitung der Farbverteilung, was erklären würde, weshalb einzelne Figuren- und Umgebungselemente lediglich summarisch erfasst sind. Das Aquarell schließlich führt Bilddetails und Kolorit zusammen. Nachweislich sandte Schnorr, der mittlerweile in Dresden residierte, Anweisungen bezüglich der farblichen Gestaltung an seinen Schüler Franz Xaver Barth, den er mit Wilhelm Hauschild mit der Ausführung der Fresken betraut hatte (vgl. Seeliger, op.cit., Nr. 76). Es ist denkbar, dass unser Werk dem Zwecke der Illustration diente. Im ausgeführten Fresko dämpfte Barth dem tragischen Bildthema gemäß die kräftigen Lokalfarben von heiterer Buntheit, hielt sich jedoch im Wesentlichen an die von Schnorr vorgegebenen Tonwerte.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6389
Carl Russ (1779–1843, Wien)
6389 Rudolf von Habsburg überlässt dem Priester sein Pferd. Radierung und Aquatinta auf Velin. 15,7 x 23,1 cm. 1809. Nagler 9. 750 € Provenienz: C. G. Boerner, Düsseldorf, dort erworben im Juni 1987. Wohl aus der Folge „Eigene in Kupfer gebrachte Ideen von C. Russ“, publiziert bei Artaria in Wien zwischen 1810-11. Später, im Jahr 1816, wurden die Blätter nochmals bei Frauenholz gedruckt. Aus den unterschiedlichen Auflagen resultiert auch die voneinander abweichende Nummerierung für vorliegende Darstellung, erst 14, dann 9. Unser Exemplar ohne Nummer. Ganz ausgezeichneter Druck mit schmalem Rändchen. Etwas angestaubt, schwach stockfleckig, unbedeutende Gebrauchsspuren, sonst jedoch sehr gut.
6390 Jesus bei Martha. Radierung auf Velin. 25,4 x 17 cm. 1809. Nagler 7. 750 € Prachtvoller, nuancierter Druck mit Rand. Lediglich geringe Altersspuren, kurze diagonale Knickspur mit winziger Läsur in der oberen linken Ecke, unten schwaches Stockfleckchen, kleine Bleistiftannotation, sonst tadellos schön erhaltenes Exemplar. 6390 104
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6391
Carl Russ 6391 Der verwundete Graf Niklas Salm mit seiner Gemahlin Elisabeth und Freiherr Wilhelm von Roggendorf auf der Kärntnertor-Bastei während der ersten Türkenbelagerung Wiens im Jahr 1529. Feder in Braun, braun und grau laviert. 37 x 47 cm. Rechts signiert und datiert „C. Ruß- 1816.“ sowie unterhalb der Darstellung eigenh. betitelt „Graf Salm und sein Freund Roggendorf bei der ersten Belagerung Wiens durch die Türken“. 2.400 € Literatur: Christian M. Nebehay: Aquarelle, Zeichnungen, Graphik. Katalog 112, Wien 1994, Nr. 13 mit Abb. Provenienz: Antiquariat Christian M. Nebehay, Wien (1995). Die Zeichnung ist der Entwurf für ein großes Gemälde, das Carl Russ für Altgraf Hugo Franz Salm ausgeführt hat; ein Kupferstich nach diesem Ölbild erschien als Illustration in Hormayrs „Taschenbuch für die vaterländische Geschichte“ von 1820 (Wurzbach, Biographisches Lexikon, 27, S. 284).
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6392
Ferdinand Fellner (1799 Frankfurt a. M. – 1859 Stuttgart)
6392 Ein von einem Pfeil getroffener Krieger wird von zwei Nixen aufgefangen. Feder in Grau, grau, braun und blau laviert, auf festem Velin, verso eine Bleistiftskizze: Drei Knaben auf einem Weinfass. 25,2 x 31,9 cm. 800 € Provenienz: Aus dem Nachlass der Familie Fellner, Frankfurt a.M. Der vor allem als Zeichner bekannte Ferdinand Fellner studiert zunächst Jura, gibt den ungeliebten Beruf aber schnell auf und geht mit einem Stipendium des Städelschen Kunstinstitutes für drei Jahre nach München zu Peter Cornelius. Ab 1831 in Stuttgart ansässig, erhält er zahlreiche Illustrationsaufträge für Klassikerausgaben, Almanache, Taschenbücher und Volkskalender. Literarischen Themen bleibt er zeit seines Lebens verbunden, in frühen Arbeiten noch auf die Umrisslinie konzentriert, werden die Zeichnungen ab Mitte der 1830er Jahre großzügiger und temperamentvoller. Das Städel erwirbt 1925 aus dem Nachlass der Familie 255 Zeichnungen.
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6393
Marquard Wocher (1760 Mimmenhausen b. Salem – 1830 Basel)
6393 Ruine einer gotischen Kirche im Mondschein. Aquarell über Feder in Grau, montiert. 18,7 x 25,2 cm. Auf dem Untersatzkarton bezeichnet „Wocher“. 800 € Effektvoll beleuchtet das durch die Wolken brechende Mondlicht die Klosterruine und verleiht dieser wildromantischen Landschaft eine geheimnisvolle Atmosphäre. Die Mauern der Ruine mit filigranem, gotischem Fensterwerk erinnert dem romantischen Topos entsprechend an Bauwerke wie die Klosterruine am Oybin im Zittauer Gebirge, die wir eindringlich aus den Gemälden Caspar David Friedrichs oder Carl Gustav Carus‘ kennen. Doch an einer genauen Topographie ist dem Maler dieses Bildes wohl nicht gelegen, sein Anliegen ist vielmehr die Verklärung der nächtlichen Landschaft durch das Licht des Mondes.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6394
Carl Sandhaas (1801 Stuttgart – 1859 Haslach/Kinzigtal)
6394 Der Leichenzug. Radierung und Kaltnadel auf zwei zusammengefügten Bögen Velin. 24,2 x 112,3 cm. Nagler, Die Monogrammisten I, 2258 (dort als Fohr), Norbert Suhr, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 154, Nr. 63. 2.400 € Die extrem querformatig erzählte Darstellung ist nur bei Nagler nachgewiesen und wurde dort noch Carl Philipp Fohr zugeschrieben. Vermutlich bereits um 1825 entstanden, war das Blatt als erstes zu einer geplanten, aber nicht ausgeführten Folge „Des Menschen Erdenwallen“ oder auch „Von der Wiege bis zum Grabe“ entstanden. 1844 wurde die
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Darstellung schließlich in Frankfurt bei E. Uhlmann unter dem Titel „Träume und Schäume des Lebens“ veröffentlicht, begleitet von einer von O.L.B. Wolff verfassten Dichtung. Der Untertitel trägt den Namen Carl Sandhaas, womit die Autorschaft geklärt scheint. Der Künstler erzählt in dem Fries sein eigenes Leichenbegräbnis als imaginierten Traum. In der unteren rechten Ecke liegt der auf den Armen eingeschlafene Künstler und von dort aus spannen sich entlang des Rahmens Arabesken, ein widerkehrendes Motiv in der Romantik, die mit Motiven aus dem Totentanz und Engeln auf die Todsünden und die Vergänglichkeit verweisen. Carl Sandhaas war um 1825 in München Schüler von Peter Cornelius. Ausgezeichneter Druck mit teils sehr feinem Rändchen um die Plattenkanten, teils an oder auf diese geschnitten. Etwas angestaubt und schwach fleckig, drei vertikale Falzspuren sowie weitere leichte vertikale Knickspuren, die Ränder umlaufend teils etwas bestoßen, sonst gut erhalten. Sehr selten.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Ferdinand Berthold (1799 Meissen – 1838 Dresden)
6395 Der Sonntag. Gedicht in sechs Gesängen von Ludwig Bechstein, erfunden und radiert von Ferdinand Berthold. 6 Radierungen. Je ca. 23 x 32,7 cm. Leipzig, Verlag C. G. Boerner, (1829-1832). Meyers Allgem. Künstlerlex. 2-7, Andresen 2-7, je IV. 1.800 € Provenienz: Sammlung Fürst zu Fürstenberg. C. G. Boerner, Düsseldorf, Neue Lagerliste Nr. 85, 1986, Nr. 88. Ferdinand Berthold war Schüler an der Dresdener Akademie, wo er unter Kügelgen studierte. Eine frühzeitige Krankheit fesselte den Künstler
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beständig an sein Zimmer, sodass er in erster Linie Autodidakt war und es deshalb nur sehr wenige Arbeiten von ihm gibt. Sein Hauptwerk ist zweifelsohne „Der Sonntag“, das in Anlehnung an die Faustillustrationen von Peter Cornelius entstanden ist. In dieser Folge, zu denen Bechstein später noch die Liedzeilen dichtete, beschreibt der Künstler in „sechs poetischen, tief eindringenden und warm und wahr empfundenen Compositionen im Stil des 16. Jahrhunderts das Sein und Thun einer wohlhabenden Bürgerfamilie vom frühen Kirchgange bis zum Abendsegen, in religiöser Feier wie in heiterer Erholung vor Augen führt“ (Andresen). Prachtvolle, herrlich klare und kräftige Drucke mit Rand, wohl auf dem vollen Bogen. Ganz vereinzelt schwach stockfleckig, sonst in vollkommener und unberührter Erhaltung. Jeweils auf einen Untersatzkarton montiert, dort alt bez. „Ferdinand Berthold“.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Joseph von Führich (1800 Kratzau – 1876 Wien)
6396 Das Vater-unser in 9 Blättern gezeichnet und radiert. 9 Radierungen inkl. Titelblatt zzgl. 11 Blatt teils doppelseitigem Text (Textumschläge) von Anton Müller, lose im wohl originalen Papierumschlag (leicht lädiert und angeschmutzt). Je ca. 23,3 x 20,8 cm. Prag, Peter Bohmanns Erben, 1826. Nagler, Bd. 4, S. 522; Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 114, Nr. 45. 240 € 112
Provenienz: Aus einer unbekannten Sammlung „R[oder K] W im Kreis“ (nicht bei Lugt). Aus der Bibliothek des Vereins Haus Wettin (Stempel auf dem Titel). Erste Ausgabe der anmutigen Folge, die Führichs Studium von Dürers Graphik einprägsam vorführt, in ganz ausgezeichneten Drucken überwiegend mit dem vollen Rand an drei Seiten. Etwas fleckig und altersspurig, vereinzelt kleine, teils ausgebesserte Randläsuren, sonst in guter Erhaltung. –
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6397
Carl Gottlieb Peschel (1798–1879, Dresden)
6397 Das Buch Tobiä in elf bildlichen Darstellungen. 11 Steinradierungen inkl. Titelblatt, zzgl. 30 S. Text und typographischem Titel, geheftet in grüner OBroschur (etwas angschmutzt und gebrauchsspurig, Rücken stärker lädiert, Bindung locker). Groß-8vo. Leipzig, C. G. Boerner, 1830. Nagler, Bd. 11, S. 145. 240 € Die komplette Folge mit dem dazwischen eingefügten Text, darunter das Vorwort des Theologen D. August Hahn, in ganz ausgezeichneten Drucken mit Rand. Überwiegend zu den Außenrändern hin leicht stockfleckig bzw. fleckig, die Ecken leicht bestoßen, weitere Handhabungsspuren, sonst in guter Erhaltung.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Johann Evangelist Scheffer von Leonhardshoff (gen. Il Raffaelino, 1795–1822, Wien)
6398 nach. Selbstbildnis mit Pinseln in der Hand, vor einer Draperie. Kreidelithographie mit leicht grau-grünlicher Tonplatte, von Miller. 41 x 33,3 cm. 1.800 € Empfindsam und voller Sehnsucht, zart und blass, lyrisch veranlagt und von schwacher körperlicher Konstitution verkörpert Scheffer von Leonhardshoff wie kaum ein anderer Künstler das Bild des romantischen Künstlers – ein Leben geprägt einerseits von Krankheit, als er sich in Rom die unheilbare Lungenschwindsucht zuzog, und andererseits von unerfüllter Liebe. Vorliegende Lithographie geht auf ein Ölgemälde
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des jungen Künstlers zurück, dass um 1820 nur zwei Jahre vor seinem frühen Tod entstand. Bei seinem zweiten Aufenthalt in Italien zwischen 1814 und 1816 schloss sich der junge Scheffer dem Kreis um die Naza rener und Friedrich Overbeck an. Von Papst Pius VII., den Scheffer auch portraitierte, bekam er den Christusorden verliehen. 1820 hatte er auf der Ausstellung der Wiener Akademie aufsehenerregenden Erfolg, was ihn zu einer neuerlichen Romreise bewog. Kurz nach seiner Rückkehr nach Wien, 1822, verstarb Scheffer erst 26-jährig an Tuberkulose. Ganz ausgezeichneter Druck mit schmalem Rand um die Darstellung und unten mit dem Schriftrand. Minimal angeschmutzt, oben rechts in der Ecke sowie unten mittig geschlossener Randeinriss, weitere unmerklich ausgebesserte oder hinterlegte Randläsuren, Alters- und Gebrauchsspuren, sonst jedoch gut erhalten. Sehr selten.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6399
Peter von Cornelius (1783 Düsseldorf – 1867 Berlin)
6399 nach. Romeo und Julia. Kupferstich auf Velin von Eugen Eduard Schäffer. 56,8 x 60,1 cm. 1837. Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 140, Nr. 57; Frances Carey, Antony Griffiths: German Printmaking in the Age of Goethe. London 1994, Nr. 119. 450 € In seiner produktiven Schaffensperiode in Rom arbeitete Peter Cornelius teilweise zeitgleich an den Illustrationen zum Faust, den Nibelungen und Shakespeares Romeo und Julia. Cornelius hatte laut Seeliger immer eine Publikation als Kupferstich-Folge bei einem renommierten Verlag im Sinn.
Der Faust konnte 1816 tatsächlich bei Friedrich Wenner verlegt werden und dominierte eine gewisse Zeit den Büchermarkt. Von den Nibelungen konnten einzelne Blätter gedruckt werden, von den Shakespeare-Zeichnungen wurde schließlich gar nichts veröffentlicht. Dies mag auch mit dem großen Format zusammenhängen, in dem die Verleger, etwa Wenner oder Georg Reimer ein Risiko sahen. So ist es nicht überraschend, dass die Darstellung von „Romeo und Julia“, nach einer Zeichnung von 1819, knapp zwanzig Jahre später als großformatige Jahresgabe für den Münchener Kunstverein 1837 „unter Glas und Rahmen“ kommt. Das großformatige Blatt in einem ganz ausgezeichneten Druck mit teils breitem Rand, oben und unten mit schmalem Rändchen um die Plattenkante. Insgesamt etwas angestaubt und leicht angeschmutzt, stockfleckig, leichte Alters- und Handhabungsspuren, sonst gut. Unten mittig mit dem Trockenstempel des „Kunst-Verein in München“ (nicht bei Lugt).
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Johann Evangelist Scheffer von Leonhardshoff (gen. Il Raffaelino, 1795–1822, Wien)
6400 Selbstbildnis, auf einer Stiege sitzend. Radierung mit Kaltnadel auf gewalztem China. 8,8 x 5 cm. Um 1810-11. Nagler 1, Andresen 1, Geller 1214a: „verschollen“, Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 20, Nr. 2 (mit Abb., unser Exemplar). 3.500 € Ausstellung: Ausst. Unter Glas und Rahmen. Mainz, Nürnberg und Lübeck 1993-1994. Provenienz: Antiquariat Christian M. Nebehay, Wien. Dort 1987 erworben.
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Zweifellos erinnert Scheffers reizvolles Selbstbildnis in Format, Bildaufbau und der kleinteiligen Technik an den Kupferstich Marcantonio Raimondis mit dem Bildnis des in seinem Atelier sitzenden Raffael (B. 496). Vorliegendes Blatt ist selten wie viele, ganz dem Privaten zuzurechnenden Selbstbildnissen, wie etwa auch Overbecks Bildnis in Lübeck. Wohl um 1810/11 entstanden, stellt es ein Frühwerk in Scheffers Œuvre dar und zeigt den Künstler im Alter von gerade einmal 16 Jahren. Prachtvoller Druck mit breitem Rand. Schwache Alters- und Gebrauchsspuren, sonst herrliches Exemplar. Hans Geller, der Autor der Bildnisse der deutschen Künstler in Rom 1800-1830, bezeichnet die Arbeit als „verschollen“, was die große Seltenheit des enigmatischen Blattes unterstreicht.
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Johann Evangelist Scheffer von Leonhardshoff 6401 „Mein schönes Fräulein, darf ichs wagen...“ - Faust bietet Gretchen seinen Arm zum Geleit. Feder in Braun über Bleistift auf hellbraunem Velin, verso in Bleistift: Zwei sich umarmende Kinder. 26,1 x 22,9 cm. Am Unterrand eigenh. betitelt, monogrammiert und datiert „Faust IS [ligiert] Dec. 1818“. 1.200 € Literatur: Archiv Neue Galerie Wien, Nr. 616/41: Maschinenschriftliches Verzeichnis der Werke von Scheffer von Leonhardshoff, Nr. 111 („Faust und Gretchen. Sign. u. dat. 1818“).
Provenienz: Sammlung August Heymann (1857-1937), Wien. Kunsthandlung Neue Galerie, Wien (gegr. 1923 von Otto Kallir-Nirenstein). Erworben 1988 bei dem Antiquariat Christian M. Nebehay, Wien. Das Jahr 1818 verbrachte Scheffer von Leonhardshoff bei seinem Förderer und Mäzen Kardinal Franz Xaver von Salm-Reifferscheidt in Klagenfurt. Anfang 1819 übersiedelte er dann nach Wien. Kompositorisch orientiert sich die Zeichnung an Peter von Cornelius‘ „Erste Begegnung Fausts mit Gretchen“ aus dessen Faust-Illustrationen, die 1816 erschienen sind und die Scheffer von Leonhardshoff mit Gewissheit kannte (siehe Los 6402). Michael Krapf, Österreichische Galerie Belvedere, bestätigte die Autorschaft Scheffer von Leonhardhoffs nach Begutachtung des Originals (1990).
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Peter von Cornelius (1783 Düsseldorf – 1867 Berlin)
6402 nach. Bilder zu Goethe‘s Faust. 12 Kupferstiche von Ferdinand Ruscheweyh und Julius Thaeter inkl. Titel- und Zueignungsblatt, lose Blatt in moderner HLMappe mit montiertem Deckelschild. GroßFolio. Berlin, Reimer, 1845. Nagler (Ruscheweyh) aus 72-83 und (Thaeter) 13; Stephan Seeliger: Zur Editions geschichte der Faust-Bilder von Peter Cornelius, in: Aus dem Antiquariat, Heft 7, 1988, A 277 - A 283; Frances Carey, Antony Griffiths: German Printmaking in the Age of Goethe. London 1994, S. 175 ff, Kat.-Nr. 117. 3.000 € Die komplette Folge der Illustrationen zu Goethes Faust mit dem Titel und dem Widmungsblatt für Johann Wolfgang von Goethe in der zweiten von G. Reimer besorgten Auflage von 1845 („even rarer than the first“, Antony Griffiths). Die Kupferstiche entstanden nach den Zeichnungen von Peter Cornelius, die von Beginn an als Kupferstichfolge im Stile
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Albrecht Dürers konzipiert waren und die dieser seit 1810 in Frankfurt und Rom entworfen hatte - zwei Jahre nachdem der Tragödie erster Teil publiziert wurde. Für das Projekt konnte der Verleger Wenner gewonnen werden, gegen dessen anfängliche Widerstände Cornelius schließlich doch den führenden Stecher des Nazarenerkreises in Rom, Ferdinand Ruscheweyh, durchsetzen konnte. Lediglich durch einen Zufall wurde ein Blatt von dem Dresdner Julius Thaeter ausgeführt: Dieser sah 1825 die bisher unverwendete Zeichnung des „Osterspaziergangs“ von Cornelius in einer Sammlung und erwarb die Erlaubnis diese in Kupfer zu stechen. Hiernach wurde es an Wenner verkauft und der Folge beigefügt. Die Arbeiten gelten in ihrer klaren Umsetzung der strengen Linien und der altmeisterlichen Formensprache als Cornelius‘ Meisterwerke in der Zeichenkunst, Ruscheweyhs Drucke stehen dem in nichts nach und stellen einen Höhepunkt der Renaissance der Kupferstichtechnik im frühen 19. Jahrhundert dar. - Ganz ausgezeichnete, klare Drucke mit breitem Rand. Vereinzelt leicht stockfleckig, das Dedikationsblatt sowie Taf. 6 und 10 etwas stärker, Wasserflecken rechts und links in den Rändern, das Titelblatt mit teils unauffällig hinterlegten Einrisschen, weitere unerhebliche Alters- und Gebrauchsspuren, im Gesamteindruck gleichwohl noch sehr gut. Beigegeben ein zweiter Abzug von Taf. 5 „Faust bietet Gretchen den Arm“.
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6403
Julius Caesar Thaeter (1804 Dresden – 1870 München)
6403 Selbstbildnis. Radierung auf Velin. 13,6 x 10,8 cm. Unterhalb der Darstellung alt bez. „Thaeter‘s eigenes Bildniß“. 1824. Nicht bei Nagler, nicht bei Jacoby, Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 36, Nr. 12 (mit Abb., unser Exemplar). Wz. Schriftzug „HoF“ (Fragment). 1.800 € Ausstellung: Ausst. Unter Glas und Rahmen. Mainz, Nürnberg und Lübeck 1993. Der Biograph Thaeters, Karl Josef Friedrich, würdigte den Künstler in seinen Abhandlungen zu Leben und Werk der großen nazarenischen
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Reproduktionsstichen als den „Meister von Linie und Umriß“. Das frühe Selbstbildnis Thaeters war ihm bekannt, aber kaum bemerkenswert, bezeichnete Friedrich es doch als „klein und wenig gelungen“. Nicht nur Stephan Seeliger sah dies im Mainzer Ausstellungskatalog anders, sondern auch wir. Vielleicht gibt es leichte technische Unzulänglichkeiten in der Schattenwirkung, doch überzeugt die fokussierte Konzentration auf das Wesentliche des Antlitzes vor dem weiß belassenen Grund. Und auch die durchdringende Ernsthaftigkeit der eigenen Betrachtung und des „Sich-Selbst-Ansehens“ des jungen, gerade einmal 20-jährigen Künstlers beeindrucken den Betrachter. Ausgezeichneter, klarer Abzug mit zarten Wischspuren und mit Rand um die markant zeichnende Facette. Vereinzelt leicht stockfleckig, minimale Gebrauchsspuren, sonst in sehr schöner und originaler Erhaltung. Von großer Seltenheit, bereits damals das einzige nachweisbare Exemplar.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6404
Julius Caesar Thaeter 6404 Beim Goldschmied (Der Becher). Bleistift auf feinem Velin. 21,6 x 24,3 cm. Unterhalb der Darstellung signiert und datiert „Julius Thaeter del. / Dresden 25/10 - 11/12 (18)30“, verso nochmals von fremder Hand bez. „Julius Thaeter/ beim Goldschmied Kat. Nr. 827“. 1.800 € Provenienz: Arnold Otto Meyer, Hamburg. C. G. Boerner, Leipzig; Auktion am 16.-18. März 1914, Nr. 827. Deutsche Privatsammlung. Kunsthandel Thomas Le Claire, Hamburg. Versierte und herrlich feinteilig ausgeführte Vorarbeit für den Kupferstich, den Thaeter nach einer Vorlage von Moritz Retzsch für den Sächsischen Kunstverein 1830 schuf. Beigegeben der ausgeführte und vollendete Kupferstich „Der Becher“, mit aller Schrift (Nagler 15).
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6405
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_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6405
Ludwig Gottlieb Carl Nauwerk (1772 Domhof Ratzeburg – 1855 Neustrelitz)
6405 Darstellungen zu Goethe‘s Faust. 12 Lithographien mit gelber Tonplatte, je vier lose Blatt in 3 Original-Umschlägen d. Z. (mit Schöpfrändern, nur leicht bestoßen und stockfleckig) mit montiertem, blauem Titelschild. Gr.Folio. Hamburg, J. M. Commeter, (18261831). Zwei Umschläge mit je handschriftl. Bewidmung „Ihre Königl. Hoh. d. Fr. Herzogin v. Cumberland“ und „Sr. Königl. Hoh. d. Hrn. Herzog v. Cumberland“. ThiemeBecker XXV, S. 363. Wz. „H. OSER“ (H. 1) und „M. de. I. A. HUBER“ (H. 2), „I. C. de R. IMHOF“ (H. 3). 1.800 €
Das Erscheinen des ersten Teils von Goethes Faust löste in der bildkünstlerischen Welt große Resonanz aus. Zu den frühen und gleichsam seltensten Illustrationsfolgen gehören die Lithographien des Ratzeburger Juristen, Dichters und Grafikers Ludwig Nauwerk, der die gerade im Entstehen begriffene Technik des Steindrucks bereits meisterhaft umzusetzen wusste. Erste Proben hatte er bereits 1810 an Goethe gesandt, bei dem er in Jugendjahren persönlich eingeführt worden war. Durchaus davon angetan, vermittelte der Literat die Werke an Karoline Luise von Sachsen-Weimar-Eisenach und regte deren Veröffentlichung an. Diese erfolgte zwischen 1826 und 1831 in drei Heften. - Die vollständige Folge in prachtvollen, kräftigen Drucken auf den vollen Bögen. Insbesondere die ersten beiden Hefte leicht stockfleckig, die Ränder mit marginalen, vereinzelten Einrisschen und Bestoßungen, das Titelblatt mit Fehlstelle im Unterrand, sonst in sehr guter und originaler Erhaltung. Rarissimum, es konnte nur ein weiteres Exemplar im Frankfurter GoetheMuseum nachgewiesen werden (Inv. III-13273).
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6406
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_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6407
Friedrich August Moritz Retzsch (1779 Dresden – 1857 Hoflößnitz b. Dresden)
6406 Umrisse zu Goethe‘s Faust. Erster und zweiter Theil; Umrisse zu Schillers Lied von der Glocke nebst Andeutungen. Faust: 40 Umrissradierungen (29 Tafeln und 11 Tafeln), zzgl. typographischem Titel und 10 Seiten Text. Quer4to. Stuttgart und Augsburg 1836; Lied von der Glocke: 43 Umrissradierungen, zzgl. typographischem Titel und 24 Seiten Text. Quer-4to. Stuttgart, Tübingen und London 1834. Sämtlich gebunden in einem Lederband d. Z. (leicht fleckig, Ecken bestoßen, schwache Kratzer) mit ornamentaler RVergoldung und goldgeprägtem Rückentitel „Retzsch‘s Outlines. Faust. Song of the Bell“, Deckelund Stehkantenfilete, Innenbordüre sowie Goldschnitt. 400 € Bekannt wurde der aus Dresden stammende Zeichner, Maler und Radierer Moritz Retzsch durch seine in klassizistischer Manier ausgeführten Umrissradierungen zu den Dichtungen von Goethe, Shakespeare und den Balladen Schillers, deren visuelle Rezeption er nachhaltig prägte. Gleich nach dem Bekanntwerden des 1. Teiles von Goethes Faust (1808), also noch vor Cornelius, hatte Retzsch eine Reihe von Entwürfen geliefert, die Goethe um 1810 in Dresden begutachtete und die seiner Anregung folgend 1816 gedruckt wurden. Nach dem Erscheinen des 2. Teils erweiterte Retzsch die Folge und publizierte 1836 eine Gesamtausgabe, die nicht unerheblich zur Verbreitung des Faust in England beitrug. Auch unser Album entstand wohl für einen britischen Sammler, zumal
der Rücken einen englischen Titel trägt und Schillers Lied von der Glocke in der Londoner Edition von 1834 beigebunden ist. - Die vollständigen Folgen in prachtvollen und klaren Drucken mit Rand. Durchgängig leicht stockfleckig, die ersten und letzten Tafeln der beiden Serien je etwas stärker, sonst in tadelloser und originaler Erhaltung.
Joseph von Führich (1800 Kratzau – 1876 Wien)
6407 nach. Umrisse zu Göthe‘s Hermann und Dorothea. 10 Umrissradierungen in Schwarzbraun von Ludwig Gruner, lose in der originalen HLeinenmappe, typographischer Titel (minimal fleckig, Ränder beschabt und leicht bestoßen). Je ca. 16,5 x 20,5 cm. Braunschweig, Friedrich Vieweg, 1827. Wz. Schriftzug „IC R ImHOF“. Nagler, Bd. 4, S. 523. 250 € Erste Ausgabe der von Führich entworfenen und vom Direktor des Dresdner Königlichen Kupferstich-Kabinetts, Wilhelm Heinrich Ludwig Gruner, radierten Illustrationen zu Goethes 1797 erschienenem Idyll. - Ganz ausgezeichnete, kräftige und klare Drucke mit breitem, rechts teils dem vollen Rand. Überwiegend im weißen Rand etwas stockfleckig bzw. fleckig, Außenkanten leicht gebräunt, links mit Spuren alter Fadenheftung, Tafel 1 mit winzigem Papierverlust links oben, sonst einheitlich sehr gut erhalten. Beigegeben von August Lucas nach Moritz Oppenheim 10 Lithographien zur selben literarischen Vorlage, in der originalen Broschur (1828, Nagler, Bd. 9, S. 366).
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6408
Franz Riepenhausen (1786 Göttingen – 1831 Rom)
6408 und Johannes Riepenhausen (1788-1860). Leben und Tod der heiligen Genoveva. 14 Radierungen zzgl. Frontispiz und 11 Blatt doppelseitigem, typographischem Text, sämtlich gebunden in einem Pappband d. Z. (bestoßen, Rücken fehlend, Bindung lose). Folio. Frankfurt a. M., Varrentrapp und Wenner, 1806. Andresen 3-14; Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 124, Nr. 49; Frances Carey, Antony Griffiths: German Printmaking in the Age of Goethe. London 1994, vgl. Nr. 116; 126
B. Kuhn-Forte, in: Zwischen Antike, Klassizismus und Romantik, Die Künstlerfamilie Riepenhausen, Mainz 2001, S. 107109, Nr. III.1. 300 € Provenienz: Aus der Sammlung Heinrich Röttinger (Spiegel mit dem Exlibris). Die erste Ausgabe in prachtvollen Drucken, sämtlich mit Rand, unten und oben mit dem Schöpfrand. Vereinzelt schwach stockfleckig, Tafel 9 mit Einrisschen im weißen Oberrand, weitere unerhebliche Hand habungsspuren, sonst in schöner und originaler Erhaltung.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6409
Joseph von Führich (1800 Kratzau – 1876 Wien)
6409 Bilder zu Tiecks Genovefa. 15 Radierungen inkl. Titelblatt zzgl. sechs Seiten auf drei Blatt ‚Erläuternde Bemerkungen‘, gebunden in einem Leinenband d. Z. (angestaubt, fleckig, Kapitale leicht bestoßen und lädiert). Quer-Folio. Prag, P. Bohmanns Erben, (1831). Nagler, Bd. 4, S. 522, Stephan Seeliger, in: Unter Glas und Rahmen. Druckgraphik der Romantik aus den Beständen des Landesmuseums Mainz und aus Privatbesitz. Mainz 1993, S. 126, Nr. 50. Wz. „H. OSER“. 600 € Provenienz: Aus der Bibliothek Hageveld, Heemstede (Bibliotheksstempel auf dem Vorsatz). Keine andere Geschichte schien dem jungen Führich geeigneter, seine eigene romantische Weltauffassung besser zum Ausdruck zu bringen, als Ludwig Tiecks Drama zur hl. Genovefa. In Prag hatte sich Führich
begeistert der Lektüre hingegeben und 1826 voller Tatendrang sogleich fünfzehn Zeichnungen geschaffen, die in Wien so großen Anklang fanden, dass ihm durch Metternich ein Reisestipendium nach Italien gewährt wurde, wo er 1827-1829 verweilte. Ganz im Banne der Nazarener schuf er nach seiner Rückkehr nach Prag zwischen 1829 und 1831 einen neuen Bildzyklus zur Legende. Im selben Jahr der Vollendung wurde die Folge erstmalig veröffentlicht. Führichs Szenen setzten gewiss die Kenntnis der 1806 erschienen Serie der Brüder Riepenhausen voraus (siehe Los 6408), doch begeht er unter anderem durch eine detailliertere und reichere Ausgestaltung der Landschaften und einem freieren Strich eigene Wege. Der hier vorliegenden Erstausgabe folgen bereits ab 1834 und bis 1909 zahlreiche Neuauflagen. - Die vollständige Folge in ganz ausgezeichneten, gleichmäßigen Drucken mit breitem Rand. Vornehmlich in den weißen Rändern minimal stockfleckig, Tafel 5 mit winziger Bestoßung im Unterrand, Tafel 6 mit kurzem Randeinrisschen, weitere geringfügige altersbedingte Gebrauchsspuren, sonst in sehr guter und einheitlicher Erhaltung.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Joseph von Führich 6410 Ein Jüngling von Dämonen entführt (Manfred von den Teufeln auf den Vesuv entführt?). Feder und Pinsel in Braun, braun laviert. 13,5 x 9,5 cm. Unten links bez. und signiert „Ios. Führich inv: & del: Roma“. Um 1828. 1.200 € Beigegeben die gleichseitige, wohl nach der Zeichnung ausgeführte Radierung (verso alt bez. „Führich gez. Rauch gest.“).
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_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
6411
Joseph von Führich 6411 nach. Der wilde Jäger von Bürger in 5 bildlichen Darstellungen. 5 Radierungen von Anton Gareis zzgl. Titel und 7 Blatt typographischem Text, sämtlich gebunden im originalen Pappband (leicht beschabt, Gelenke etwas brüchig bzw. lädiert) mit lithographierter Deckelvignette. 19,9 x 23,3 cm. Prag, Scholl‘sche Buchdruckerey, 1827. Nagler, Bd. 4, S. 523. 300 € Erste Ausgabe der außergewöhnlichen und kraftvollen Kompositionen Führichs, die seine Kenntnis der Werke Dürers und seiner Zeitgenossen veranschaulichen, in prachtvollen, kontrastreichen Drucken mit Rand. Durchgängig etwas stock- bzw. braunfleckig, bis auf Tafeln 1 und 2 nur schwach in den Darstellungen, sonst in sehr guter und originaler Erhaltung. Selten.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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C. F. Schultze (auch Schulze, tätig um 1815–20)
6412 Undine von de la Motte Fouqué. Componirt von C. F. Schultze. 14 Radierungen inkl. Titelblatt, kordelgeheftet. Quer-4to. Nürnberg, Friedrich Campe, (1818). Rümann 2339, Nagler 2. Wz. „M. de I. A. HUBER“. 450 € Die 1811 erschienene Märchenerzählung Undine gilt als das bekannteste Werk des romantischen Dichters Friedrich de la Motte Fouqué (17771843). Undine, eine Wassernymphe, strebt danach, eine menschliche Seele zu erhalten, nachdem sie in Liebe zu Huldbrand, einem Ritter entbrannt ist. Als Huldbrand nach der Eheschließung erfährt, dass seine Frau eine seelenlose Wassernixe sein soll, entfremdet er sich von ihr und wendet sich seiner früheren Liebe Bertalda zu. Huldbrands Untreue endet tödlich, und er stirbt durch Undines Küsse und Tränen. De la Motte Fouqué vermengt Naturmystik, unheimliches Geistertum und mittel alterliche Folklore, womit er dem romantischen Zeitgeist entsprechend
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auch bildenden Künstlern eine faszinierende Stoffwahl bot. Zu den ersten Interpreten zählte Ludwig Schnorr von Carolsfeld, der 1816 in Wien das Gemälde „Undines Trauung“ ausstellte und eine Folge von einundzwanzig Umrissradierungen nach dem Märchen herausgab (Andresen 3-23). Merkwürdigerweise ist über C. F. Schultze, den Autor unserer nur zwei Jahre später erschienenen Radierfolge, nahezu nichts überliefert - nicht einmal der Vorname. Diese Kenntnislücke überrascht, da die Blätter die Handschrift eines versierten Radierers verraten. Die einzelnen Episoden zeigen eine packende Bildregie und sind kompositorisch klar und einprägsam strukturiert. In der puristisch strengen sowie kraftvollen Linienführung und der Vorliebe für schlichte, horizontale Parallelschraffuren zeigen sich unübersehbare Parallelen mit dem Schaffen der Brüder Franz und Johannes Riepenhausen. - Überwiegend prachtvolle, satte Drucke mit Rand, unten teils mit Spuren des Schöpfrandes. Vereinzelt nur leicht stock- bzw. fingerfleckig, weitere schwache Altersspuren, sonst in schöner wie frischer Erhaltung. Beiliegend gestochene Vignette „Geschenk für Freunde der de la Motte Fouqué‘schen Muse“, montiert auf rötlichem Papier.
_______________________________________________________________________________________________________________________________ aus der Sammlung Stephan Seeliger
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
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Nicolaus Vogt (Verleger, 1756 Mainz –1836 Frankfurt a. M.)
6413 nach. Rheinische Bilder. 24 Lithographien von Johannes Nikolaus Peroux, zzgl. typographischem Titelblatt und 22 Blatt Text, gebunden im OPappband (fleckig, leicht angeschmutzt, Ränder beschabt, Kapitale mit Fehlstellen) mit montiertem Inhaltsverz. im Spiegel. Gr.Folio. Frankfurt a. M., Hermannsche Buchhandlung, 1821. Winkler 611. 1.200 € Inkunabel der Lithographie mit Darstellungen von Faust, Siegfried der Rebenpflanzer, Rheinfels, Drachenfels, den Elftausend Jungfrauen, Schwanenturm etc. Den einzelnen Motiven sind jeweils entsprechende Steindrucke beigefügt, die von Vogt entworfen, aber großenteils von
seinem Freund Johannes Nikolaus Peroux gezeichnet und in der Susenbethschen Steindruckerei ausgeführt wurden. Vogts romantischer Sinn gab Bettina von Arnim Veranlassung zu dem Urteil, Vogts Leben sei „Musik und Malerei“. Dieser romantische Sinn war der eigentliche Wurzelboden für Vogts schwärmerische Rheinbegeisterung und motiviert schließlich auch die Tatsache, dass Vogt in Hinsicht auf sein testamentarisch verfügtes Begräbnis (Herz und Gehirn wurden 1836 bei Rüdesheim in den Rhein versenkt) als der konsequenteste Rheinromantiker zu gelten hat (vgl. Hermann J. Peters: Niklas Vogt und das rheinische Geistesleben, Mainz 1962, S. 124). - Ganz ausgezeichnete, gleichmäßige Drucke mit breitem, teils dem vollen Rand. Insgesamt nur leicht stockfleckig und fleckig, meist nur im weißen Rand, die unteren rechten Ecken stellenweise minimal fingerfleckig, weitere schwache Gebrauchsspuren, sonst in tadelloser und originaler Erhaltung.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6414
Johann Evangelist Scheffer von Leonhardshoff (gen. Il Raffaelino, 1795–1822, Wien)
6414 Die tote heilige Caecilia. Schwarze Kreide, teils weiß gehöht (partiell oxidiert), oben halbrund abgeschlossen. 29,2 x 40,5 cm. Um 1820-21. 4.000 € Zwischen 1820 und 1821 schuf Johann Evangelist Scheffer von Leonhardshoff sein monumentales Gemälde „Die tote heilige Caecilia (Römische Fassung, Belvedere Museum Wien, Inv.Nr. 2244). Eine zweite, etwas kleinere Version entstand kurz darauf (Klosterneuburg, Stifts museum, Inv.Nr. G 397). Vorliegende Zeichnung diente vermutlich der Lithographie von 1821 als Vorlage, die Scheffer selbst auch in Stein zeichnete (siehe Los 6415). Sein Gönner Fürstbischof Xaver Salm-Reifferscheidt ermöglichte Scheffer 1814-16 einen Studienaufenthalt in Italien, wo er in engem Anschluss an Friedrich Overbeck im Kreis der Nazarener lebte und arbeitete. Im Oktober 1815 wurde er in den Lukasbund aufgenommen. Den Klassizismus ablehnend, hatten sie die Malerei Raffaels zu ihrem Ideal erhoben. Von Raffael übernahm Scheffer etwa das Prinzip der Dreieckskompo
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sition seiner Figuren. Nicht nur deshalb gaben die Lukasbrüder, die in Scheffer aufgrund seiner hohen Begabung eine Wiedergeburt Raffaels sahen, den Beinamen „Il Raffaelino“. Die Darstellung der Heiligen Cäcilia entstand in Anlehnung an Stefano Madernos Mamorskulptur in der Kirche Santa Cecilia in Trastevere, welche die Heilige und Märtyrerin im Moment ihres Todes zeigt. Cäcilia liegt mit leicht angewinkelten Beinen dem Betrachter zugewandt auf dem Erdboden, ihr Kopf ist sanft nach vorne gesunken, die Arme hat sie überkreuzt von sich gestreckt. Die Haltung der Hände und Finger bezeugt die Einheit und Dreifaltigkeit zu Gott und erinnert daran, dass Cäcilia für ihren Glauben gestorben ist und referiert zugleich auch auf ihr Orgelspiel und ihre Aufgabe als Patronin der Musik. Sind Haltung und Gesten im Prinzip dieselben wie bei Maderno, zeigt uns Scheffer jedoch das Gesicht der Heiligen, mit geschlossenen Augen ruht sie sanft auf dem Boden, im Nacken, kaum sichtbar, die Spuren ihrer Marter. Zwei Engel wachen über ihr, einer hält einen Palmwedel als Zeichen des Sieges über den Tod. Die fortschreitende Krankheit führte den jungen Künstler zu einer fast visionären Frömmigkeit, die vielfach die Grenze zwischen Realität und Imagination auflöste. Aus Tagebucheinträgen ist bekannt, dass der schwerkranke Scheffer sich mit Todesgedanken und -motiven beschäftigte und auch seine Liebessehnsucht ausdrückte. Das Gemälde der Heiligen
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Cäcilia ist dabei auch eine Projektion seiner unerfüllten Zuneigung zu der verheirateten Cäcilia Bontzak. In schweren Krankheitsphasen kümmerte sie sich um Scheffer als er in Klagenfurt war, bevor er 1820-21 zurück nach Rom geht und dort sein Hauptwerk, „Die tote heilige Caelilia“ malte. Dieser Interpretation entspricht auch die Widmung auf der Erstfassung seiner Lithographie: „Meiner verehrten Pflegemutter Cäcilia Bontzak gebne Bündsdorf aus kindlicher Erfurcht und Dankbarkeit gewidmet von J. von Ritter Scheffer Leonhartsdorf, den 22ten November 1821“. Die erhoffte Inbesitznahme der unerreichbaren Geliebten blieb bei Scheffer jedoch auf das Bild beschränkt. Im Sommer 1821 kehrte der Künstler nach verschiedenen Reisen nach Wien zurück und erlag am 12. Januar 1822 seinen Krankheitsleiden.
Johann Evangelist Scheffer von Leonhardshoff 6415 Die sterbende heil: Caecilia. Lithographie mit grauer Tonplatte. 37 x 43,3 cm. 1821. Andresen 5, Winkler unter 757. Wz. Schriftzug. 1.200 € Nach dem bedeutenden Gemälde von Scheffer von Leonhardshoff, das sich im Belvedere Museum in Wien befindet (Inv. Nr. 2244). Ganz ausgezeichneter Druck mit Rand. Insgesamt etwas angestaubt und leicht stockfleckig, Handhabungs- und minimale Knitterspuren, sonst sehr gut erhaltenes Exemplar. Sehr selten.
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Zeichnungen und Druckgraphik der deutschen Romantik_______________________________________________________________________________________________________
6416
Moritz von Schwind (1804 Wien – 1871 München)
6416 nach. Der Holzbauer und der Tod. Radierung von Hermann Schütz. 32,1 x 26,8 cm. Um 1829. Unterhalb der Darstellung alt bez. „v. M. v. Schwind / gest. v. H. Schütz (unvollendet) Probedruck // Der Holzhacker und der Tod. ca. 1829“. 1.200 € Ausgezeichneter, feinzeichnender Druck vor der Schrift und den Adressen, mit dem wohl vollen Rand. Minimale Gebrauchsspuren, unten kurzer Einschnitt im weißen Rand, im unteren weißen Rand alt bez. und betitelt, sonst sehr gut erhalten. Sehr selten.
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6417
Julius Hübner (1806 Oels in Schlesien – 1882 Loschwitz)
6417 „Germania“: Die gefallenen Germania. Radierung in Schwarz und Gold gedruckt, über einem olivfarbenem lithographiertem Grund. 21,4 x 31 cm. 1850. Nagler, erwähnt auf S. 411, Andresen 1, Warren Breckman „Central Europe between 1770 and 1850: The Rise and Fall of German Romantic Art and Culture“, in: The Enchanted World of German Romantic Prints 17701850. Philadelphia 2017, S. 50, Kat.-Nr. 108 mit Abb. 2.400 € Provenienz: Aus der Sammlung des Germanischen Nationalmuseums (Lugt 2809). Im Gegensatz zu der stolzen Germania, die Philipp Veit 1848 als heroi sche Brunhilde mit Schwert und Flagge malte, findet die Verkörperung der deutschen Nation bei Julius Hübner eine melancholische Interpretation. Niedergeschlagen liegt Germania auf dem Boden, vor ihr ein Totenschädel und zur Linken Krone und Zepter. Die ikonographische Pose der Germania rekurriert dabei unmissverständlich auf die gemarterte Heilige Cäcilia, die der österreichische Nazarener Johann Evangelist Scheffer von Leonhardshoff um 1820 schuf (vgl. Lose 6414 und 6515),
die ihrerseits auf die Renaissance-Skulptur der Heiligen von Stefano Maderno in Santa Cecilia in Trastevere zurückgeht. Hübner zeichnete seine Germania 1850 für ein Album des Königs Ludwig I., der 1848 zugunsten seines Sohnes Maximilian II. abgedankt hatte. Angesichts des beabsichtigten Empfängers ist es schwer zu glauben, dass diese Klage über den zerstörten Traum einer deutschen nationalen Einheit, der gefallenen Germania, auch einen gefallenen König betrauert, der, obwohl er ein getrenntes Königreich regiert hatte, sich so bereitwillig mit der Vision der deutschen Kultur identifizierte. Der kulturelle Nationalismus, den Ludwig mit mehreren Generationen deutscher Intellektueller und Künstler teilte, verblasste in den Folgejahren vor der viel eindringlicheren Vision einer vereinten deutschen Großmacht. Und im Gefolge der gebrochenen Hoffnungen von 1848 wich die romantische Sensibi lität, die einen großen Aufbruch in der deutschen Kunst und Literatur ausgelöst hatte, einem neuen Realismus und Naturalismus (vgl. Breckman op.cit.). In diesem Zusammenhang markiert Hübners Germania auch das Ende einer künstlerischen Ära. Prachtvoller Druck mit Rand. Unbedeutende Alters- und Gebrauchsspuren, rechts zwei schwache Stockflecken, verso wie recto kleine Bleistiftannotationen, sonst in hervorragender und unberührter Erhaltung. Von großer Seltenheit.
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Künstlerregister A Amsler, Samuel 6311-6312, 6365, 6368 B Barth, Carl 6326 Berthold, Ferdinand 6395 C Cornelius, Peter von 6399, 6402 E Erhard, Johann Christoph 6351 F Fellner, Ferdinand 6392 Flaxman, John 6306, 63086309 Freudweiler, Daniel 6373 Führich, Joseph von 6318, 6344, 6363, 6370, 6375, 6396, 6407, 6409-6411 G Genelli, Giovanni B. 6307 H Hübner, Julius 6417
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K Kaulbach, Wilhelm von 6310 Kirchner, Albert Emil 6366 Klein, Johann Adam 6350, 6352, 6378 Koch, Joseph Anton 6300 Küchler, Carl Gotthelf 6335 Kupelwieser, Leopold 6321
P Peroux, Joseph Nicolaus 63326333 Peschel, Carl Gottlieb 6328, 6397
N Nadorp, Franz Johann Heinrich 6349, 6356-6359, 6361-6362 Naeke, Gustav Heinrich 63296330 Nauwerk, Ludwig Gottlieb Carl 6405
R Ramboux, Johann Anton 6314 Rebell, Josef 6381 Reinhold, Heinrich 6374 Retzsch, Friedrich August Moritz 6406 Rhomberg, Joseph Anton 6323 Richter, Ludwig 6372, 6379 Riepenhausen, Franz 6408 Riepenhausen, Johannes 6320 Rohden, Franz von 6353 Rohden, Johann Martin von 6354-6355 Ruscheweyh, Ferdinand 6315, 6317, 6324-6325, 6371 Russ, Carl 6301-6302, 63896391
O Olivier, Friedrich 6346-6348, 6364, 6377 Overbeck, Friedrich 6331, 6334, 6336-6339
S Sandhaas, Carl 6394 Schadow, Ridolfo 6316 Schäffer, Eugen Eduard 63406341
L Lips, Johann Heinrich 6322 M Mücke, Heinrich Karl 6380
Scheffer von Leonhardshoff, Johann Evangelist 6398, 64006401, 6414-6415 Schnorr von Carolsfeld, Julius 6305, 6343, 6360, 6376, 63826388 Schnorr von Carolsfeld, Veit Hanns 6303-6304 Schultze, C. F. 6412 Schwind, Moritz von 6416 Steinle, Edward Jakob von 6345, 6367, 6369 Strixner, Johann Nepomuk 6342 T Thaeter, Julius Caesar 64036404 Thorvaldsen, Bertel 6313 Tieck, Christian Friedrich 6319 V Vogel von Vogelstein, Carl Christian 6327 Vogt, Nicolaus 6413 W Wocher, Marquard 6393
BASSENGE
Johannes Niessen. Portrait des Giacomo Orlandi di Subiaco. Schwarze Kreide auf Papier. 1847
Zeichnungen des 16. bis 19. Jahrhunderts 3. Dezember 2021 GA L E R I E BA S S E N G E · E R DE N E R S T R A S S E 5A · 14193 BE R L I N Telefon: (030) 893 80 29-0 · Fax: (030) 891 80 25 · E-Mail: art@bassenge.com · Kataloge online: www.bassenge.com
V ER ST EIGERU NG S - BEDI NGU NGEN 1. Die Galerie Gerda Bassenge KG, nachfolgend Versteigerer genannt, versteigert als Kommissionärin im eigenen Namen und für Rechnung ihrer Auftraggeber (Kommittenten), die unbenannt bleiben. Die Versteigerung ist freiwillig und öffentlich im Sinne des § 383 III BGB. 2. Der Versteigerer behält sich das Recht vor, Nummern des Kataloges zu vereinen, zu trennen, außerhalb der Reihenfolge anzubieten oder zurückzuziehen. 3. Sämtliche zur Versteigerung kommenden Gegenstände können vor der Versteigerung besichtigt und geprüft werden. Die Sachen sind gebraucht. Erhaltungszustände der einzelnen angebotenen Arbeiten bleiben im Katalog in der Regel unerwähnt. Die Katalogbeschreibungen sind keine Garantien im Rechtssinne und keine vertraglich vereinbarten Beschaffenheitsangaben. Gleiches gilt für individuell angeforderte Zustandsberichte. Sie bringen nur die subjektive Einschätzung des Versteigerers zum Ausdruck und dienen lediglich der unverbindlichen Orientierung. Alle Gegenstände werden in dem Erhaltungszustand veräußert, in dem sie sich bei Erteilung des Zuschlages befinden. Soweit nicht in der Katalogbeschreibung explizit erwähnt, sind Rahmungen nicht bindender Bestandteil des Angebots. Der Käufer kann den Versteigerer nicht wegen Sachmängeln in Anspruch nehmen, wenn dieser seine Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Der Versteigerer verpflichtet sich jedoch, wegen rechtzeitig vorgetragener, begründeter Mängelrügen innerhalb der Verjährungsfrist von 12 Monaten ab dem Zeitpunkt des Zuschlags seine Ansprüche gegenüber dem Einlieferer (Auftraggeber) geltend zu machen. Im Falle erfolgreicher Inanspruchnahme des Einlieferers erstattet der Versteigerer dem Erwerber den Kaufpreis samt Aufgeld. Die Haftung des Versteigerers auf Schadensersatz für Vermögensschäden – gleich aus welchem Grund – ist ausgeschlossen, es sei denn, dem Versteigerer fiele Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last. Die Haftung bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit bleibt unberührt. 4. Der Zuschlag erfolgt nach dreimaligem Aufruf an den Höchst bietenden. Der Versteigerer kann den Zuschlag verweigern oder unter Vorbehalt erteilen. Wenn mehrere Personen dasselbe Gebot abgeben und nach dreimaligem Aufruf kein höheres Gebot erfolgt, entscheidet das Los. Der Versteigerer kann den Zuschlag zurücknehmen und die Sachen erneut ausbieten, wenn irrtümlich ein rechtzeitig abgegebenes höheres Gebot übersehen worden ist oder wenn der Höchstbietende sein Gebot nicht gelten lassen will oder sonst Zweifel über den Zuschlag bestehen. 5. Im Falle eines schriftlichen Gebotes beauftragt der Interessent den Versteigerer für ihn während der Versteigerung Gebote abzugeben. In schriftlichen Aufträgen ist bei Differenzen zwischen Nummer und Kennwort das Kennwort maßgebend. 6. Telefonische Gebote und Online-Direkt-Gebote über das Internet bedürfen der vorherigen Anmeldung beim Versteigerer und dessen Zustimmung. Für die Bearbeitung übernimmt der Versteigerer jedoch
keine Gewähr. Telefonische und Online-Gebote werden nur akzep-
tiert, wenn der Bieter bereit ist, den ihm zuvor mitgeteilten Mindestpreis des jeweiligen Loses zu bieten. Auch bei Nichtzustandekommen einer Verbindung gilt, dass für den Auktionator dieses Gebot in Höhe des Mindestpreises verbindlich ist. Für das Zustandekommen einer entsprechenden Telefon- oder Onlineverbindung übernimmt der Versteigerer keine Gewähr. Das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen findet auf solche Gebote keine Anwendung (§ 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB).
7. Mit der Erteilung des Zuschlages geht die Gefahr für nicht zu vertretende Verluste und Beschädigung auf den Ersteigerer über. Das Eigentum an den ersteigerten Sachen geht erst mit vollstän digem Zahlungseingang an den Erwerber über. 8. Auf den Zuschlagspreis ist ein Aufgeld von 28% zu entrichten, in dem die Umsatzsteuer ohne separaten Ausweis enthalten ist (Differenzbesteuerung) oder ein Aufgeld von 23% auf den Zuschlag zzgl. der USt von z.Zt. 19% (Regelbesteuerung), bei Büchern beträgt die Umsatzsteuer 7% (Regelbesteuerung). Die im Katalog mit einem * gekennzeichneten Objekte unterliegen in jedem Fall der Regelbesteuerung (Aufgeld von 23% auf den Zuschlag zzgl. der USt von z.Zt. 19%). Bei den im Katalog mit einem ^ gekennzeichneten Objekten ist Einfuhrumsatzsteuer angefallen. In diesen Fällen wird zusätzlich zu einem Aufgeld von 25% (Differenzbesteuerung) die verauslagte Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von z.Zt. 7% auf den Zuschlag erhoben. Für bundesdeutsche Kunsthändler und Antiquare, die zum Vors teuerabzug berechtigt sind, kann die Gesamtrechnung auf Wunsch, wie bisher nach der Regelbesteuerung ausgestellt werden. Von der Umsatzsteuer befreit sind Ausfuhrlieferungen in Dritt länder (außerhalb der EU) und – bei Angabe ihrer USt.-Identi fikations-Nr. bei Auftragserteilung als Nachweis der Berechtigung zum Bezug steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen – auch an Unternehmen in anderen EU-Mitgliedsstaaten, unter der Voraussetzung, dass sie für gewerblichen Gebrauch einkaufen. Eine Korrektur nach Rechnungsstellung ist nicht möglich. Alle anderen Käufe aus EU-Ländern unterliegen der Umsatzsteuer. Ausländischen Käufern außerhalb der Europäischen Union wird die Umsatzsteuer erstattet, wenn binnen 4 Wochen nach der Auktion der deutsche zollamtliche Ausfuhrnachweis und der zollamt liche Einfuhrnachweis des entsprechenden Importlandes erbracht werden. Bei Versand durch uns gilt der Ausfuhrnachweis als gegeben. Bei Online-Live-Geboten über externe Internetplattformen erhöht sich das Aufgeld um die dort anfallende Transaktionsgebühr. Während oder unmittelbar nach der Auktion ausgestellte Rech nungen bedürfen einer besonderen Nachprüfung und eventueller Berichtigung; Irrtum vorbehalten. Katalog- und Zusatzabbildungen dürfen nicht ohne Genehmigung verwendet werden. Reproduktionsrechte und digitale Dateien der Abbildungen können gegen Gebühr erworben werden. Gegebenenfalls noch bestehende Urheberrechte Dritter bleiben davon unberührt und müssen u.U. gesondert eingeholt werden. 9. Die Auslieferung der ersteigerten Stücke erfolgt in unseren
Ge schäftsräumen gegen Bezahlung. Kreditkarten (Mastercard, VISA, American Express), Schecks sowie andere unbare Zahlungen werden nur erfüllungshalber angenommen. Bankspesen/ Transaktionsgebühren bzw. Kursverluste können zu Lasten des Käufers gehen. Die Auf bewahrung erfolgt auf Rechnung und Gefahr des Käufers. Der Versand wird gegen Vorabrechnung des Rechnungsbetrages ausgeführt. Die Versandspesen sowie die Kosten für Versicherung gegen Verlust und Beschädigung gehen zu Lasten des Käufers. Übersteigen die tatsächlichen Versandkosten die vorab berechnete Pauschale, so wird die Differenz dem Käufer nachträglich in Rechnung gestellt. 10. Bei der Ausfuhr von Kulturgütern aus dem Gemeinschaftsgebiet der EG ist gem. der EG-Verordnung Nr. 116/2009 abhängig von Kategorie und Wert des Objekts ggf. eine Ausfuhrgenehmigung erforderlich. Aus Gründen des Artenschutzes können Objekte aus bestimmten, geschützten Materialien (u.a. Elfenbein, Schildpatt, Perlmutt und einige Korallenarten) besonderen Im- und Exportbeschränkungen unterliegen. Zum Zwecke des Exports (insbesondere außerhalb der Europäischen Union) kann hierfür eine spezielle Ausfuhrgenehmigung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 338/97 erforderlich sein. Entsprechende Ausfuhrgenehmigungen können nur unter strengen Bedingungen erteilt und ggf. auch gar nicht erlangt werden, auch kann der Import dieser Gegenstände in manche Staaten eingeschränkt oder untersagt sein. Der Käufer ist selbst dafür verantwortlich, sich über etwaige Im- und Exportbeschränkungen zu informieren. Export und Import entsprechender Objekte erfolgen allein auf Rechnung und Gefahr des Käufers. 11. Der Zuschlag verpflichtet zur Abnahme. Der Kaufpreis ist mit dem Zuschlag fällig. Der Versteigerer ist berechtigt, falls nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Versteigerung Zahlung geleistet ist, den durch den Zuschlag zustande gekommenen Kaufvertrag ohne weitere Fristsetzung zu annullieren, Verzugszinsen in banküblicher Höhe – mindestens jedoch 1 % auf den Bruttopreis je
angebrochenen Monat – zu berechnen und von dem Ersteigerer wegen Nichterfüllung Schadenersatz zu verlangen. Der Schadenersatz kann in diesem Falle auch so berechnet werden, dass die Sache in einer neuen Auktion nochmals versteigert wird und der säumige Käufer für einen Mindererlös gegenüber der vorangegangenen Versteigerung einschließlich der Gebühren des Auktionshauses aufzukommen hat. Zu einem Gebot wird er nicht zugelassen, auf einen etwaigen Mehrerlös hat er keinen Anspruch. 12. Erfüllungsort und Gerichtsstand im vollkaufmännischen Verkehr ist Berlin. Es gilt ausschließlich deutsches Recht. Das UNAbkommen über Verträge des internationalen Warenkaufs (CISG) findet keine Anwendung. 13. Die im Katalog aufgeführten Preise sind Schätzpreise, keine Limite. 14. Der Nachverkauf ist Teil der Versteigerung, bei der der Interessent entweder telefonisch oder schriftlich (im Sinne der Ziffern 5 und 6) den Auftrag zur Gebotsabgabe mit einem bestimmten Betrag erteilt. 15. Die Abgabe eines Gebotes in jeglicher Form bedeutet die Anerkennung dieser Versteigerungsbedingungen. Der Versteigerer nimmt Gebote nur aufgrund der vorstehenden Versteigerungs bedingungen entgegen und erteilt dementsprechend Zuschläge. Kommissionäre haften für die Käufe ihrer Auftraggeber. 16. Sollte eine der vorstehenden Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sein, so bleibt die Gültigkeit der übrigen davon unberührt. David Bassenge Geschäftsführer Stand: November 2021
CON DI T IONS OF SA L E 1. The Galerie Gerda Bassenge KG, subsequently called “the auctioneer” carries on business as commission-agent in its own name on behalf of its voluntary consignors. This auction sale is a public one in the sense of § 383 III BGB. 2. The auctioneer reserves the right to combine, to split, to change or to withdraw lots before the actual final sale. 3. All objects put up for auction can be viewed and examined prior to the sale at the times made known in the catalogue. The items are used and sold as is. As long as not explicitly mentioned in the catalogue description, framing is not an inherent part of the offer. As a rule, the condition of the individual work is not given in the catalogue. Catalogue descriptions are made with as much care as possible, but the descriptions do not fall under the statutory paragraph for guaranteed legal characteristics. The same applies for individually requested condition reports. These also offer no legal guarantee and only represent the subjective assessment of the auctioneer while serving as a non-binding orientation. The liability for damage to life, body or health shall remain unaffected. In case of a justified claim, however, he will accept the responsibility to make a claim for restitution on behalf of the buyer against the consignor within a period of 12 months, running from the fall of the hammer. In the event of a successful claim the auctioneer will refund the hammerprice plus premium. 4. The highest bidder acknowledged by the auctioneer shall be deemed the buyer. In case of identical bids the buyer will be deter mined by drawing lots. In the event of a dispute the auctioneer has the absolute discretion to reoffer and resell the lot in dispute. He may also knock down lots conditionally. 5. In the case of a written bid the bidder commissions the auctioneer to place bids on his behalf during the auction. In cases where there is a discrepancy between number and title in a written bid the title shall prevail. 6. Telephone and direct online bidding via the internet must be approved in advance by the auctioneer. The auctioneer cannot be held liable for faulty connections or transmission failure. In such a case the bidder agrees to bid the reserve price of the corresponding lot. For such bidding the regulations of long distance contracts do not apply (Fernabsatzverträge) [cf § 312d IV,5 BGB]. 7. On the fall of the auctioneer’s hammer title to the offered lot will pass to the acknowledged bidder. The successful buyer is obliged to accept and pay for the lot. Ownership only passes to the buyer when full payment has been received. The buyer, however, immediately assumes all risks when the goods are knocked down to him.
8. A premium of 28% of the hammer price will be levied in which the VAT is included (marginal tax scheme) or a premium of 23% of the hammer price plus the VAT of 19% of the invoice sum will be levied [books: 7%] (regular tax scheme). Buyers from countries of the European Union are subject to German VAT. Items marked with an * are subject to the regular tax scheme (premium of 23% of the hammer price plus the current VAT of 19%). Items marked with an ^ are subject to import duty. In these cases in addition to a premium of 25% (marginal tax scheme), the charged import tax of currently 7% will be added to the hammer price. Exempted from these rules are only dealers from EU-countries, who are entitled, under their notification of their VAT ID-Number, to buy on the basis of VAT-free delivery within the European Union. Notification of VAT ID-Numbers must be given to the auctioneer before the sale. For buyers from non EU-countries a premium of 23% will be levied. VAT will be exempted or refunded on production of evidence of exportation within 4 weeks of the auction, or, if appropriate, importation to another country. This is taken as given when the dispatch is effected by us. Live bidding through external online platforms entails a transaction fee stipulated by the platform and will be added to the premium. Due to the work overload of the accounting department during auctions, invoices generated during or directly after an auction require careful revision and possible correction; errors excepted. Catalogue images may not be used without permission. Repro duction rights and digital files can be acquired for a fee. Any copyrights of third parties that may still exist remain unaffected by this and may have to be obtained separately. 9. Auction lots will, without exception, only be handed over after payment has been made. Credit cards (VISA, Mastercard, American Express), checks and any other form of non-cash payment are accepted only on account of performance. Exchange rate risk and bank charges may be applicable. Storage and dispatch are at the expense and risk of the buyer. If the shipping costs exceed the lump sum on the invoice the outstanding amount will be billed separately. 10. According to regulation (EC) No. 116/2009, an export license is necessary when exporting cultural goods out of European Community territory, depending on the type or value of the object in question. For the purposes of wildlife conservation, it is necessary to obtain an export license according to regulation (EC) No. 338/97 when exporting objects made from certain protected materials (incl. ivory, tortoiseshell, mother-of-pearl and certain corals) out of the territory of the European Community. Export licenses for objects made of protected materials are only granted under strict conditions or may not be granted at all. The import of such objects
may be restricted or prohibited by certain countries. It is the buyer’s responsibility to inform himself, whether an object is subject to such restrictions. Export and import of such objects are at the expense and risk of the buyer. 11. The buyer is liable for acceptance of the goods and for payment. The purchase price shall be due for payment upon the lot being knocked down to the buyer. In case of a delayed payment (two weeks after the sale) the purchaser will be held responsible for all resultant damages, in particular interest and exchange losses. In case of payment default the auctioneer will charge interest on the outstanding amount at a rate of 1% to the gross price per month or part of month. In such an event the auctioneer reserves the right to annul the purchase contract without further notice, and to claim damages from the buyer for non-fulfilment, accordingly he can reauction the goods at the buyer’s expense. In this case the buyer is liable for any loss incurred, the buyer shall have no claim if a higher price has been achieved. He will not be permitted to bid. 12. The place of fulfillment and jurisdiction is Berlin. German law applies exclusively; the UN-Treaty (CISG) is explicitly excluded.
13. The prices quoted after each lot are estimates, not reserves. 14. The after-sales is part of the auction in which the bidder places either by telephone or in written form (as stated in number 5 and 6) the order to bid a set amount. 15. By making a bid, either verbally in the auction, by telephone, written by letter, by fax, or through the internet the bidder confirms that he has taken notice of these terms of sale by auction and accepts them. Agents who act on behalf of a third party are jointly and separately liable for the fulfillment of contract on behalf of their principals. 16. Should one or the other of the above terms of sale become wholly or partly ineffective, the validity of the remainder is not affected. In the event of a dispute the German version of the above conditions of sale is valid. David Bassenge As of November 2021
Katalogbearbeitung Dr. Ruth Baljöhr David Bassenge Eva Dalvai Lea Kellhuber Nadine Keul Harald Weinhold
Gestaltung & Satz Stefanie Löhr Reproduktionen Maria Benkendorf Philipp Dörrie Christina Wunderlich