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EXIT

Krawalle am Opernplatz – Gewalt gegen die Polizei

Was passiert mit uns! Die Corona-bedingten Ausgangsbeschränkungen bringt eine Generation in Nöte. Die derjenigen, die aktuell studieren oder gerade die Schule beendet haben. Die Suche nach einem Ausbildungsplatz ist schwieriger denn je, Praktika werden in stark begrenzter Zahl angeboten, studieren ist nur digital möglich. Und der Traum, vor dem Ernst des Lebens Lebenserfahrung zum Beispiel mit einem sozialen Jahr in Südafrika zu gewinnen, ist gescheitert. Von Auslandsstipendien gar nicht erst zu reden. Freilich sind dies alles „Luxusprobleme“, schaut man sich im Rest der Welt um. Hier muss keine*r verhungern, unsere Infektions- und Sterberate ist dank der CoronaVorsichtsmaßnahmen niedrig. An dieser Stelle sei der umsichtigen Politik einmal Danke gesagt, auch wenn nicht alles geklappt hat – wie auch, bei einem völlig unbekannten und (noch) unberechenbaren Virus –, so haben Merkel und Co. doch einiges richtig gemacht. Nur die Jungen sind ein wenig ins Abseits geraten. Einige von ihnen treffen sich unter freiem Himmel, chillen, feiern und raven. Abstandsregeln sind dabei kaum Thema, und das ist gefährlich. Doch nicht nur das Virus ist es, das Sorgen bereitet, auch die Einstellung so mancher, die ihrem Frust so wie Mitte Juli auf dem Opernplatz freien Lauf ließen und das nicht nur gegeneinander, sondern auch der Polizei und Rettungskräften gegenüber. Nach einer Massenschlägerei schritt die Polizei ein, worauf sie mit Flaschen beworfen wurde, unter johlendem Applaus der Umstehenden. Auf einem Handy-Video ist eine junge blonde Frau zu sehen, die eine Glasflasche auf die Menschen in Uniform wirft, begleitet von Beifallklatschen. Sie wird nun gesucht und sicherlich auch gefunden. Es muss Hass sein, der diese junge Frau antreibt, gezielt und mit Verletzungsabsicht auf die Beamten Flaschen zu werfen. Woher aber kommt dieser Hass? Warum solidarisieren sich unbeteiligte Passant*innen mit den Täter*innen bei polizeilichen Maßnahmen, rempeln, beleidigen, bedrohen …?

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Nicht die Falschen treffen

Gleich nach den Krawallen am Opernplatz galt es zu überlegen, wie man damit umgeht. Bislang konnten Tausende Menschen auf den großen Plätzen in unserer Stadt den Sommerabend genießen, der derzeit gebotene Abstand wurde mit Mülltonnen visualisiert, weitere Maßnahmen zur Einhaltung des Abstands gab es kaum. Würde man die Jungen hier vertreiben, würden diese an anderen nicht so gut einsehbaren Ecken Treffen veranstalten, denn nach drei Monaten (oder sind es nicht schon gefühlt Jahre mit Maske auf dem Gesicht?) möchte jede*r raus. Es ist Sommer, es ist heiß, das Wohnzimmer keine Option. Die Stadt hat sich nun einiges überlegt, um zum einen die Störer*innen fernzuhalten, zum anderen dem Bedürfnis der jungen Generation – und auch aller anderen – Rechnung zu tragen. Mit den Sicherheitsmaßnahmen zum Party-Hotspot Alte Oper sollen auf keinen Fall diejenigen getroffen werden, die zu Tausenden friedlich am Opernplatz zusammenkamen, um zu chillen. „Den Opernplatz zu sperren, ist aktuell keine Option“, sagte Sicherheitsdezernent Markus Frank (CDU). „Allerdings kann es auch nicht sein, dass wir zugucken, wie eine Bande halbstarker Krawalltouristen unsere Stadt zerlegt und auf Polizeibeamte losgeht.“ Auch Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich bestürzt über die Ausschreitungen: „Die da randaliert haben, waren nicht die, die sich auf dem Opernplatz getroffen haben, um friedlich zu feiern.“ Gemeinsam mit Clubbesitzer*innen (Anm. der Red.: siehe S. 20) und Musiker*innen werde man jetzt überlegen, wie öffentliche Veranstaltungen unter CoronaBedingungen umgesetzt werden können. „Ich kann mir auch vorstellen, dafür Grünflächen in der Stadt freizugeben. Welche, darüber werden wir uns ver

Am 18. Juli eskalierte ein Zusammentreffen auf dem derzeitigen City-Hotspot, dem Frankfurter Opernplatz, der in Vandalismus und gewalttätige Übergriffe auf die Polizei mündete.

›› Text: Heidi Zehentner

ständigen.“

Woher dieser Hass? Diese Wut?

39 Menschen, 38 Männer und eine Frau, wurden festgenommen. Laut Polizeipräsident Gerhard Bereswill fast allesamt mit einem Migrationshintergrund. Den haben aber in Frankfurt annähernd 50 Prozent der Einwohner*innen. Ist es nicht vielmehr ein soziales Problem? Und nicht eines der Herkunft? Schüren derlei Aussagen doch nur wieder Vorurteile gegenüber Ausländer*innen pauschal? Bei den Krawallen wurden Polizist*innen verletzt. Vorsätzlich. Woher dieser Hass? Von Respekt ganz zu schweigen. Bundesinnenminister Horst Seehofers (CSU) Weigerung, die Polizei einem Racial Profiling zu unterziehen, tut nichts für das angekratzte Ansehen der Polizei, das durch den NSU 2.0-Skandall sehr gelitten hat. Das Bild von einer sich am rechten Rand einrichtenden Polizei muss berichtigt werden und die Rechtsradikalen, die es auch in Polizeikreisen gibt, müssen öffentlich angeklagt werden. „Wir haben in der Polizei kein strukturelles Problem mit Rassismus ...“, so der Bundesinnenminister, der eine Studie zum Thema Rassismus bei der Polizei entschieden ablehnt, aber eine Studie zu „Gewalt gegen die Polizei“ verlangt. Nur beides zu untersuchen macht Sinn und fördert das Vertrauen in Polizistinnen und Polizisten. Diese nämlich leisten viel – nicht nur in diesen Zeiten – und haben den Hass nicht verdient.

KONKRETE MASSNAHMEN

1. Prüfung der Aufenthaltsverbotsverfügung für drei Monate für 30 Personen (Störer*innen aus dem Umland) 2. Prüfung des Aufenthaltsstatus und etwaige Einleitung von Maßnahmen 3. Verstärkte Alkoholkontrollen 4. Betretungsverbot ab 24 Uhr für den Opernplatz in Abstimmung mit der angrenzenden Gastronomie 5. Schließung des Opernplatzes ab 1 Uhr 6. Überwachung des Platzes und Kontrolle der Zuwege durch Landespolizei 7. Zusätzliche Reinigung des Opernplatzes ab 24 Uhr 8. Am frühen Abend schon verstärkte Kontrollen der Stadtpolizei 9. Angebot zusätzlicher mobiler Toiletten 10. Treffen mit Clubbesitzer*innen und -betreiber*innen zu Alternativangeboten im Freien