form 274. Identity

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Identity

Design Magazine No 274, Nov/Dec 2017 Established 1957 DE €16.90  AT € 17.90  CHF 25.00 BE €19.50  ES € 22.90  FIN € 25.50 LU €19.50  ITA €19.50  FRA €19.50 41 94205016907 06

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Creativity and Criminality

History of the Plastic Bag

The Death of the Designer

60 Years of form: Revisiting the Past 6/6


form.de Magazine

Filter 8

Gebündeltes Licht / Light Rolled-up Kirigami trifft Frank Lloyd Wright / Kirigami Meets Frank Lloyd Wright Papier Machine

/magazine/form274 Drei ausgewählte Beiträge aus dem Heft mit zusätzlichem Bildmaterial können Sie online lesen. You can read three selected articles from the magazine with additional visuals online. ↗ Gesteinsgeschichten/Rock Strata ↗ „Nicht nur neu, sondern besser“ / Kill Your Darlings ↗ Show Them What You’re Made Of / Material macht Marken

/dossiers Die im Heft mit dem unten aufgeführten Icon markierten Artikel werden auf unserer Webseite in der Rubrik Dossiers erweitert. On our website at Dossiers you find further content to the articles in the magazine marked with the icon below. ↗ Objects of Desire / Die Suche nach den Dingen

Unverschämt/False Shame Visual Tex Tabú Thinx

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Gesteinsgeschichten/Rock Strata Excavation: Evicted Petroskop Waste Based Collection Soil Fictions

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Verdunstung/Evaporate Drought Vaporscape Hue

Research Pathographics

/shop

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Out Now: form feature 2 2017 feiert form sein 60-jähriges Jubiläum und schließt den Jahrgang mit einer umfangreichen Sonderpublikation ab. Bestellen Sie jetzt das Jubiläumsheft form feature 2 „Revisiting the Past“ und erhalten Sie einen Einblick in 60 Jahre Design. form celebrates its 60th anniversary in 2017 and will close the year with a comprehensive special issue. Order the anniversary publication form feature 2 “Revisiting the Past” now and gain insights into 60 years of design. Shop Now: Im Haus der Dinge [In the House of Things] Unser Leben findet in Gesellschaft von Dingen auf der Bühne des Alltags in einem sichtbaren und unsichtbaren Geflecht von Beziehungen statt. Wer agiert hier mit wem oder gegen wen? Einer der bedeutendsten deutschen Designtheoretiker, Gert Selle, schreibt in diesem Buch über die Dinge und ihre postmodernen Derivate, wie sie uns gegenüberstehen und wie wir ihnen begegnen. We live our lives in the company of things, on the stage of everyday life, in a visible and invisible network of relationships. Who interacts with whom or against whom? In this book about things and their postmodern derivatives, Gert Selle, one of Germany’s most important design theorists, writes about the things that confront us and about how we face up to them.

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Shop

Paper Mechanics

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Fairs Integrated 2017 Between Creativity and Criminality

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Agenda Exhibitions, fairs, festivals, events, conferences, symposia, and competitions


Focus 38

Übergänge und Zustände Corporate Idemity

Files 70

Text: Stephan Ott

Jeder Organismus entwickelt im Verlauf seines Daseins mitunter parallel existierende Identitäten, was keine Identitätsstörung beschreibt, sondern ganz im Gegenteil bei der Bewältigung von Problemen, selbst der von Identitätskrisen, helfen kann. In the course of its existence, every organism develops various, sometimes parallel identities. Far from indicating a personality disorder, this can actually help in dealing with problems, even identity crises. 45

„Nicht nur neu, sondern besser“ Kill Your Darlings

Text: Thomas Hofmann

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Discourse The Death of the Designer 25 Jahre später Text: Adam Richardson

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Archive The Plastic Bag Auf immer und ewig Text: Gabriele Oropallo

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Material Show Them What You’re Made Of Material macht Marken Text: Karsten Kilian

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Media New books, DVDs, magazines, websites, and apps

Objects of Desire Die Suche nach den Dingen

Design Thinking und der neue Geist des Kapitalismus

Text: Ian Woodward

Text: Julia Sommerfeld

In einer komplexen und globalen Welt wird Identität etwas Konstruiertes und sozial Gemachtes, wobei Objekte eine große Rolle spielen. In a complex and global world identity becomes something constructed and socially performed, and this is where objects matter a great deal. 60

Modest Fashion Forging New Identities Text: Anja Neidhardt

Interview: Stephan Ott

„Ich glaube, dass wir gerade als kreativer Dienstleister und als Ideenmanufaktur noch mehr dem Wandel verpflichtet sind, als unsere Auftraggeber. Deswegen ist es für uns wichtig, dass wir vorangehen und Wandlungsfähigkeit demonstrieren.“ “I think that we, particularly as creative service providers and as an idea manufactory are even more obliged by change than our clients. That’s why it’s important for us to stride ahead and demonstrate the ability to change.”

One Size Fits All? Eine Frage der Ergonomie

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Editorial Imprint, credits Outtakes Index Preview

The Brand-new Manager Text: Ana Andjelic

60 Years of form

Um in Zeiten der Netzwerke, welche ihnen die traditionelle Rolle als Verbindung zwischen Produkt und Kunde streitig machen, relevant zu bleiben, müssen Marken auf die Identität derer aufspringen, mit denen sie sich verbinden möchten. To stay relevant in the age of networks, which diminishes their traditional role in connecting products and consumers, brands need to start piggybacking on the identity of those they want to connect with. 83

Revisiting the Past 6/6 Design Quo Vadis? Future Visions Text: Jonas Rehn

Sechs Ansätze zu zukünftigen Entwicklungen in der Designdisziplin. Six approaches to future developments in the discipline of design. revisit.form.de

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Marion Pinaffo, RaphaĂŤl Pluvinage, Papier Machine, Photoresistor, detail


Filter


Unverschämt Es gibt häufig eine Diskrepanz zwischen den Themen, über die wir reden und jenen, die uns wirklich beschäftigen. Situationen, in denen wir unsere Selbstständigkeit verlieren, die sexuell aufgeladen sind oder als unziemlich gelten, werden nicht selten tabuisiert. Wer sich in einer solchen Situation befindet, sieht sich mit Schamgefühlen konfrontiert. Viele dieser Erfahrungen könnten jedoch viel angenehmer gestaltet werden, wenn Designer ihnen mit Neugier, einem offenen Blick für die Bedürfnisse der Beteiligten und einer Prise Humor begegnen. Hier stellen wir einige Beispiele vor, in denen es auf sehr unterschiedliche Weise gelungen ist, mit dem Thema Scham umzugehen. JB

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False Shame There is often a mismatch between what we are talking about and what is really preoccupying us. Situations in which we lose our independence, that are sexually charged or that count as unseemly are frequently taboo and liable to spark unpleasant feelings of embarrassment and shame. Designers who tackle them with curiosity, attention to the needs of all those involved, and a healthy shot of humour can make them less excruciating. Here, we present a few examples of how designers dealt effectively with the problem of shame. JB


2 Tabú

talktabu.com

1 Visual Tex

antonviehl.com

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Krankheit, Verletzungen oder Alter – verschiedene Gründe führen dazu, dass Menschen bei der Körperpflege auf die (professionelle) Unterstützung anderer angewiesen sind. In diesen Situationen treten oft Gefühle des Entblößtseins auf, denn selbst wer zum Beispiel nur Hilfe beim Waschen des Rückens braucht, muss sich aus praktischen Gründen meist vollkommen entkleiden. Das Studienprojekt Visual Tex stellt die Intimität der Körperpflege wieder her und geht subtil auf die Bedürfnisse der Patienten und der Pfleger ein. Anton Viehl studiert derzeit an der HfG Offenbach und nutzt in seinem Projekt die unterschiedliche Eigenwahrnehmung des menschlichen Körpers in wechselnden Lichtsituationen. In einem leicht abgedunkelten Raum werden Beamer zur gezielten Beleuchtung des Körpers genutzt. Während ein Spot einen begrenzten Lichtfokus auf die Stellen wirft, die der Pfleger reinigt, wird auf alle anderen entblößten Intimzonen ein komplexes und filigranes Muster geworfen. Dieses lässt die Körperkonturen verschwimmen und verschluckt Details. • Visual Tex Illness, injury or old age – there are all sorts of reasons why people might become dependent on (professional) help with their body care. Baring oneself is often unavoidable in such cases; after all, even those who need help washing their back first have to strip off in order to receive it, if only for practical reasons. Visual Tex is a study project that aims to restore privacy to such situations and that responds subtly to the needs of both patients and carers alike. The designer of the project, Anton Viehl, a student at the HfG Offenbach, takes advantage of differences in how we perceive our own body depending on the lighting situation. Viehl envisages a semi-darkened room fitted with projectors and spotlights. So, while a spotlight illuminates only that part of the body that the carer is currently washing, an intricate pattern is projected onto all the other exposed parts, thanks to which their outlines are blurred and details obscured.

Nur jeder zweite Jugendliche in den USA ist sexuell aufgeklärt, wenn er in die Highschool kommt. Die Aufklärungs-App Tabú wurde von Mia Davis und Elise Racine ins Leben gerufen und bildet eine Plattform für Fragen und Themen, die manche aus religiösen oder gesellschaftlichen Gründen nicht in der Familie oder der Schule ansprechen können. Tabú gibt Antworten und die Möglichkeit, sich allgemeine Informationen anzueignen, die mit den Themen Sex, Geschlecht, Liebe und Selbstbestimmung zu tun haben. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Themen, die durch das Internet eine neue Brisanz gewonnen haben, wie etwa digitaler Missbrauch oder Pornografie. Die App wird im Herbst 2017 in überarbeiteter Form erscheinen und kommuniziert mit bunten Farben weit ab von gängigen Klischees. Gestaltet wird der Relaunch von der Designerin Amina Maya. • Tabú Only one in two adolescents in the US receives sex education before entering high school. The sex education app Tabú was created by Mia Davis and Elise Racine and provides a platform for questions and problems that many youngsters are not able to discuss either in their family or at school, whether for religious or social reasons. Tabú provides both answers and a chance to acquire information of a general nature on subjects such as sex, gender, love, and self-determination. The app also focuses on Internet-related issues such as digital abuse and pornography. A revised version of the app is to be relaunched in autumn of 2017 with colourful visuals that give the lie to all the usual clichés about such products. The design of the relaunch is the work of Amina Maya.

3 Thinx

shethinx.com

Obwohl sie die Hälfte der Menschheit einen Großteil ihres Lebens begleitet, ist die Menstruation immer noch ein Thema, über das nur ungern gesprochen wird. Dem US-amerikanischen Unternehmen Thinx gelingt es dennoch, Menstruationsprodukte ohne medizinische Aura oder Metaphern zu kommunizieren. Thinx gestaltet und produziert absorbierende Slips, die einen Umgang mit der Periode ohne weitere Einschränkungen ermöglichen. Die unauffällige und schlanke Erscheinungsform der Slips und die provokante und erfrischend direkte Art, mit der sie kommuniziert werden, geben dem Thema die Selbstverständlichkeit, die es eigentlich verdient. • Thinx Although it is an integral part of life for half of all humanity, menstruation is still a subject that few people like to talk about. The US company Thinx has nevertheless succeeded in advertising menstruation products without either making them sound medical or resorting to euphemism. Thinx designs and produces absorbent panties that allow women to function normally without any restrictions during their period. Both the inconspicuous, slim look of the panties and the provocatively and refreshingly direct language in which they are advertised turn the subject into the most normal thing in the world.

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Fairs Integrated 2017 Between Creativity and Criminality De Singel, Antwerp (BE) 14 – 15 Nov 2017 integratedconf.org

Wer Veränderungen anstößt, neue Wege beschreitet, seine Stimme erhebt und mit Konventionen bricht, der muss sich aus der gesellschaftlichen Komfortzone hinaus auf unsicheres Terrain wagen. Das kann bedeuten, sich – zumindest vorerst – zwischen Legalität und Illegalität zu bewegen. Die Integrated-Konferenz widmet sich 2017 unter dem Motto „Between Creativity and Criminality“ eben dieser Grauzone. Wie schon in den vergangenen fünf Ausgaben der zweijährlich stattfindenden Veranstaltung, ist der Anspruch, eine Plattform für den Austausch zwischen Design, Kunst und Gesellschaft zu bieten. Statt eines voreingenommenen Ausgangspunkts oder einer Abgrenzung zu anderen Professionen, wird der Glaube daran hochgehalten, dass Menschen gemeinsam Positives bewirken können. Die Themen verbinden stets Ethik

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Filter  form 274/2017

und Ästhetik und nehmen dabei nicht selten eine provokative Position ein. Der Besucher soll aufgerüttelt und zu neuen (vielleicht auch unbequemen) Denkweisen angeregt werden, was die Organisatoren als „merkwürdiges Gefühl einer wohligen Magenverstimmung“ beschreiben. Den Integrated-Ausgaben geht ein von den Veranstaltern verfasstes Manifest voraus, welches die Relevanz des jeweiligen Themas verdeutlicht und es in einen aktuellen Kontext setzt. Zusammen mit „Let’s Get Rid of All Dictates“ [Lasst uns alle Diktate abschaffen] (2011), „The Fluidity In-between“ [Die Fluidität dazwischen] (2013) oder „The Change from Within“ [Der Wandel von innen heraus] (2015) ergibt sich ein Gedankenzyklus, der alle zwei Jahre überholt und erweitert wird.


Angesiedelt sind die Projekte der diesjährigen Konferenz in der „dritten Zone“ zwischen Marktwirtschaft und Staat. Dabei handelt es sich um den zivilen Bereich, in dem Bürgerinitiativen, soziales Engagement sowie private Projekte und Aktionen entstehen. Kunst und Design spielen in diesem Zusammenhang häufig eine wichtige Rolle, entweder als Vehikel und Vermittler oder eben, weil es sich bei den Akteuren selbst um Kreative handelt. Vor allem der Vormarsch populistischer Bewegungen und die Verbreitung von undemokratischen Ideen oder Fake News, also schlichtweg Lügen, sind der Anlass, die Integrated 2017 den politischen und sozialen Alternativen zu widmen und jenen Menschen eine Bühne zu bieten, die Risiken eingehen, um Neues zu wagen und etwas zu verändern. Veranstaltungsort ist erneut das Kulturzentrum für Theater, Tanz, Musik und Architektur De Singel in Antwerpen. Auf einer einzigen Bühne erwarten die Besucher pro Tag acht Präsentationen à 40 Minuten, die von Vortrag bis Performance jedes Format annehmen können. Die sechzehn Sprecher setzen sich aus etablierten sowie aufstrebenden Kreativen und Wissenschaftlern zusammen, die bewusst ganz unterschiedliche Hintergründe haben, sodass ein abwechslungsreiches und interessantes Programm zustande kommt. Neben Künstlern und Gestaltern aus Grafikdesign, Illustration, Film oder (Informations-)Architektur sind etwa auch politische Aktivisten, Journalisten und Geisteswissenschaftler eingeladen. Sie alle eint die Eigenschaft, sich auf verschiedene Weise Konventionen und Regeln zu widersetzen, um Einfluss auf bestehende Strukturen zu nehmen oder neue kreative Ausdrucksformen zu finden. Zu den Gästen zählen unter anderen der italienische Fotograf Oliviero Toscani, der in den 1990er-Jahren mit seinen Werbemotiven für Benetton Aufsehen und Empörung erregte, Pascal Gielen, Professor für Kunst, Soziologie und Politik an der University of Antwerp, das französische Atelier Formes Vives, das sich durch visuelle Kommunikation politisch engagiert, die Betreiber von Textgain, die anhand von digitalem Text globale Meinungsbilder errechnen und Nadeschda Andrejewna Tolokonnikowa, Mitbegründerin des Künstlerkollektivs Pussy Riot. Während der Mittagspause erhalten zudem Absolventen aus Kunst und Design die Möglichkeit, ihre Arbeit in kurzen Präsentationen und Performances vorzustellen. Gegründet wurde die Integrated-Konferenz im Jahr 2007 durch den Künstler und Gestalter Hugo Puttaert. Bis heute ist er Organisator, gemeinsam mit der St Lucas School of Arts Antwerp und vier dort lehrenden Designern und Wissenschaftlern. Der Eintritt ist frei.

↖ Integrated 2017, corporate design: Mirror Mirror ↑ Atelier Formes Vives, poster for Festival Obliques ↗ Atelier Formes Vives, visual comment for Vacarme magazine

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If you want to trigger change, blaze a trail, raise your voice, and defy convention, you have to venture out of society’s comfort zone and enter uncertain terrain. That can sometimes – at least initially – mean walking the line between the legal and the illegal. It’s precisely this grey area that is the subject of the Integrated 2017, a subject summed up by its motto “Between Creativity and Criminality”. As with the previous five Integrated conferences, the aim is to provide a platform for dialogue across design, art, and society. Instead of starting from a biased position or championing disciplinary distinctness, this biennial series celebrates the idea that people who work together can achieve something positive. With themes that combine ethics and aesthetics plus an often provocative attitude, it aims to stir things up and encourage new (and perhaps uncomfortable) ways of thinking – to create what the organisers call “a strange sense of ‘pleasant indigestion’”. Each Integrated event takes its cue from a manifesto in which the organisers outline the relevance of the chosen theme and place it in a topical context. The various themes, which already included “Let’s Get Rid of All Dictates” (2011), “The Fluidity Inbetween” (2013), and “The Change from Within” (2015), add up to a cycle of ideas that is refreshed and expanded every two years.

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Thisisnon, Black Merino 2, design: Michał Lenczewski, photos: Kasia Bielska


Focus


Text: Stephan Ott

Übergänge und Zustände Der nachfolgende Text stellt zunächst eine mögliche Definition von Identität vor und unternimmt im Anschluss, darauf basierend, aus Anlass des 60-jährigen Bestehens der form den Versuch, deren Identitätsgeschichte zu skizzieren. Dies ist möglich, da sich Identitäten strukturell ausbilden. Sie sind keine einmal und auf ewig festgelegten Ich-Elemente innerhalb sich selbst erhaltender Systeme, sondern setzen sich in verschiedenen Daseinssituationen aus einer Vielzahl von Ich- und WirMomenten zusammen. Jeder Organismus entwickelt so im Verlauf seines Daseins mitunter parallel existierende Identitäten, was keine Identitätsstörung beschreibt, sondern ganz im Gegenteil bei der Bewältigung von Problemen, selbst der von Identitätskrisen, helfen kann. In diesem Verständnis besitzen Systeme, die gerade nicht durch Momente, sondern durch das starre, unveränderbare Verhältnis ihrer Teile zum Ganzen charakterisiert sind, keine Identität. Nicht zufällig sprechen wir dann, wenn Systeme versagt haben – und meist erst dann – von notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen.

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Focus  form 274/2017

Corporate Idemity

form 1 1957 U3 Nos grandes lignes / Self Advertisment

In this text, I present a possible definition of identity as a basis before attempting, on the occasion of form’s 60th anniversary, to outline a history of the magazine’s identity. This is possible, because identities take shape in a structured manner. Rather than being elements defined once and for all within self-perpetuating systems, they are made up in different life situations out of numerous moments of individual and collective identity. In this way, in the course of its existence, every organism develops various, sometimes parallel identities. Far from indicating a personality disorder, this can actually help in dealing with problems, even identity crises. Based on this definition, systems characterised not by moments but by the rigid, unchangeable relationships of their parts to the whole are systems that have no identity. It is no coincidence that only when systems fail we speak of necessary restructuring measures.


Translation: Nicholas Grindell

Egoitäten Jeder Organismus ist in der Lage, ein oder mehrere Ichs zu entwickeln. Organismen haben, wie der Philosoph Heinrich Rombach es nennt, Egoität(en) (Ichheiten). Uns Menschen zeichnet aus, dass wir in verschiedenen Lebenssituationen unterschiedliche Ichheiten ausbilden, aus denen sich dann jene Identität konstituiert, die uns als Individuum auszeichnet: ich, aktueller Chefredakteur der form, ich, Besitzer eines VW T3, ich, Käufer eines Fairphone 2 und so weiter. Dazu kommt, dass ich mich jeweils mit einer mir zugeschriebenen Rolle zu identifizieren habe, der ich dazuhin in unterschiedlichen Situationen auch noch unterschiedlich gerecht werden muss. Beispielsweise werden an mich als Fairphone-Käufer von außen bestimmte, wohl- wie wehwollende Identitäts-, Verhaltens- oder Ansichtsmerkmale herangetragen, ob mir das passt oder nicht. „Für uns entsteht Identität – der exaktere Begriff wäre hier Ich-Identität – immer in einem Balance-Akt zwischen dem Anspruch auf individuelle Unverwechselbarkeit und dem Anspruch auf soziale Eingebundenheit und Anerkennung. Wenn wir Ich-Identität produzieren und darstellen, versuchen wir, ganz eigen-artig zu sein, zugleich gucken wir uns dauernd um, ob die anderen unsere Eigen-Artigkeit wohl auch akzeptieren“1, so Gert Selle. Neben diesen Ich-Identitäten bilden sich parallel immer auch noch viel stärkere Wir-Identitäten aus (wir T3-Besitzer oder, spezieller, wir T3 SyncroBesitzer etc.). Alle Formen von Vergesellschaftung, seien es Vereine, Verbände, Gemeinschaften oder Clubs, gründen auf solchen Momenten der Wir-Identität. Eine Tatsache, die, wie unten zu zeigen sein wird, auch in der Identitätsgeschichte der form eine nicht unerhebliche Rolle spielt.2 Der erste Schritt hin zu einer Identitätsstruktur besteht also zunächst einmal darin, uns aufgrund unserer unterschiedlichen Egoitäten nicht als gestörte Persönlichkeiten zu betrachten. Das Gegenteil ist der Fall: je ich- und wir-differenzierter wir unsere Identitäten auszubilden in der Lage sind, desto lebendiger und produktiver sind wir. Alexander Kluge hat dies hinsichtlich seiner Zusammenarbeit mit Oskar Negt einmal so ausgedrückt: „Beide verhalten wir uns in diesen Arbeitssitzungen anders als in eigenen Dingen (wir folgen nur begrenzt unseren eingefleischten Gewohnheiten).“3

Egoïties Every organism is capable of developing one or more selves. Organisms have what the philosopher Heinrich Rombach calls egoïties (a word made up of “ego” and “identity”). As human beings we are characterised by the way we form different egoïties in different life situations, out of which the single identity that marks us as an individual is then constructed: in my case, these egoïties include current editor-in-chief of form, owner of a VW T3, buyer of a Fairphone 2 and so on. In addition, I have to identify with a role that is assigned to me, a role that makes various demands depending on the specific situation. As a Fairphone buyer, for example, externally defined features concerning my identity, behaviour, and opinions, that may or may not be in my own best interests, are imposed on me, whether I like it or not. “For us,” writes Gert Selle, “identity – or, more precisely, self-identity – always takes shape in a balancing act between the claim to individual unmistakability and the claim to social inclusion and recognition. When we produce and display self-identity, we are trying to be quite unique, but at the same time we are constantly looking around to see if other people accept our uniqueness.”1 Alongside such individual “I” identities, far stronger collective identities also take shape (we T3 owners, or more specifically, we T3 Syncro owners, etc.). All kinds of social units, be they clubs, communities, societies or associations, are based on such moments of collective “we” identity. As we will see below, this fact also plays a part in the history of form’s identity.2 The first step towards an identity structure thus consists in not considering ourselves as disordered personalities on account of our different egoïties. The opposite is in fact the case: the more differentiated the individual and collective identities we are capable of forming, the more lively and productive we are. Speaking about his work with Oskar Negt, Alexander Kluge once put it like this: “In these work sessions, we both behave differently to when we work on our own projects (following our ingrained habits only to a limited degree).”3

Übergänge und Zustände Identitäten sind temporär, sie entwickeln sich im Verlauf des Lebens mannigfaltig und durchlaufen vielfältige Entwicklungsstadien. In seinem erhellenden Aufsatz „Übergangsschwierigkeiten – Zur Konstitution und Prätention moralischer Identität“ zeigt Manfred Sommer anhand des geschriebenen Lebenslaufes – ein Format, das Menschen, je nach Alter und Anlass, meist mehrfach und in Varianten verfassen –, dass Identitätsfindung vor allem durch das „prozessuale Moment am Übergang“4 charakterisiert ist. Solche Übergänge können dabei linear oder auch sprunghaft verlaufen, eher einem inneren Moment folgen oder durch äußere Umstände hervorgerufen werden. Immer jedoch wechseln sich bei der Identitätsfindung Übergänge und Zustände ab, bedingen sich gegenseitig, denn, so Sommer, „[…] ein Übergang muß

Transitions and States Identities are temporary, developing variously over the course of a life and passing through many different stages of development. In his essay “Übergangsschwierigkeiten – Zur Konstitution und Prätention moralischer Identität” [Difficult Transitions – On the Constitution and Pretention of Moral Identity], Manfred Sommer uses the example of the written CV (a document most people produce in multiple versions for different purposes and at different ages) to show that the search for identity is characterised above all by the “processual moment of transition”4. The path taken by such transitions may be linear or erratic, prompted by inner factors or by external circumstances, but in the search for identity transitions always alternate with states. And the two influence each other, because, as Sommer writes, “a transition

1 Gert Selle, Vortrag anlässlich des Kolloquiums 6 „Wohnen und Identität“ an der HfG Offenbach vom 25. Mai bis zum 9. Juni 1982. 2 Zur „Ich-Wir-Konstitution“ siehe auch Heinrich Rombach, Strukturanthropologie, Freiburg/München: Verlag Karl Alber, 1987, S. 257. 3 Alexander Kluge, Momentaufnahmen aus unserer Zusammenarbeit, in Oskar Negt, Alexander Kluge, Der unterschätzte Mensch – Gemeinsame Philosophie in zwei Bänden, Frankfurt am Main: Zweitausendeins, 2001, Band 1, S. 7. 4 Manfred Sommer, Übergangsschwierigkeiten – Zur Konstitution und Prätention moralischer Identität, in Odo Marquard, Karlheinz Stierle (Hrsg.), Identität, München: Wilhelm Fink Verlag, 1996, S. 435.

1 Gert Selle, lecture for colloquium 6 “Wohnen und Identität” at the HfG Offenbach, 25 May–9 June 1982. 2 On “I-we-constitution”, see Heinrich Rombach, Strukturanthropologie, Freiburg, Munich: Verlag Karl Alber, 1987, p. 257. 3 Alexander Kluge, Momentaufnahmen aus unserer Zusammenarbeit, in Oskar Negt, Alexander Kluge, Der unterschätzte Mensch – Gemeinsame Philosophie in zwei Bänden, Frankfurt/ Main: Zweitausendeins, 2001, Volume 1, p. 7. 4 Manfred Sommer, Übergangsschwierigkeiten – Zur Konstitution und Prätention moralischer Identität, in Odo Marquard, Karlheinz Stierle (eds.), Identität, Munich: Wilhelm Fink Verlag, 1996, p. 435.

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Objects of Desire

↑ Science and Technology Co. Limited of Hell, Certificate Number 666888: Desktop computer, HK$ 155.00 Extracts of “Supermarket of the Dead – Burnt Offerings in China and the Cult of Globalized Consumption, Vol. 3, Zhĭzhā Paper Products”, edited by Wolfgang Scheppe for Dresden State Art Collections, Verlag der Buchhandlung Walther König

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Die Suche nach den Dingen

↓ New Fashion: Set of woman’s handbag and shoes, HK$ 90.00

Text: Ian Woodward Photos: Sara Codutti

Wir Menschen sind Geschichtenerzähler und leben von Geschichten. Erzählungen, Dramen und Geschichten lassen uns soziale Ereignisse und kulturelle Strukturen verinnerlichen, binden uns an sie und verpflichten uns gegenüber den diversen Dingen, die uns selbst ausmachen oder andere, die uns entweder heilig sind oder die wir gänzlich ablehnen.1

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Humans are storytellers and we also live by stories. Narratives, dramas, and stories allow social events and cultural structures to find an internal life, compelling and committing us to the diverse things about ourselves and others we hold sacred, or reject outright.1

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The Brand-new Manager Text: Ana Andjelic

↑ Everlane, fashion brand, The Day Heel, shoe collection → Free People, fashion brand, Instagram: @freepeople

Als Lotta Volkova, Stylistin bei der Modemarke Vetements, gefragt wurde, wer heute in der Modeindustrie an der Macht ist, antwortete sie: „Der Konsument“. Weder der Geschäftsführer, noch der Redakteur, der Journalist oder der Modekritiker. Der Konsument.

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When Lotta Volkova, stylist at the fashion brand Vetements, was asked who in the fashion industry is in power today, she simply replied: the consumer. Not the CEO, not the editor, not the journalist nor the fashion critic. The consumer.


Away, lifestyle brand, Away on tour in India

Übersetzung: Susanne Heinlein

Volkova hat Recht. Cool ist heute nicht, was die Marke vorgibt, sondern das, was auf der Straße zu sehen ist. „Ich habe kein einziges Paar Schuhe entworfen, um in Magazinen aufzutauchen. Nie. Ich hatte einen Typ im Club vor Augen, auf der Straße oder einen Freund von mir“, so der Gründer von Vetements, Demna Gvasalia.1 Das Ergebnis ist Kleidung, nicht Mode. Marken sind Produkte ihrer Medien. Jingles und Slogans waren in der Blütezeit des Radios das A und O. Printmedien stellten Fotografie und Logos in den Vordergrund. Das Fernsehen führte den 30-Sekunden-Spot ein. Die Massenmedien haben die Markenidentität von ihrer Anwendung getrennt. In Zeiten vorgefertigter Kanäle und Botschaften war das nicht wichtig. Ein Unternehmen konnte sein CI-Manual an eine Werbeagentur weitergeben und davon ausgehen, dass Hausschrift, Logo, Format und Bild angewendet werden. Im Internet geht es immer um Netzwerke, um Netzwerke zwischen Menschen, Ideen, Produkten, Tätigkeiten, Inhalten, Memen, Interaktionen und Dienstleistungen. In ihnen werden soziale, individuelle und kulturelle Identitäten geformt und bestätigt. Ein Netzwerk hat für die Markenkommunikation des 21. Jahrhunderts die Bedeutung, die das Fernsehen im 20. Jahrhundert und Printmedien im 19. Jahrhundert hatten: es macht die Marke greifbar. Es zeigt uns die Organisationsstruktur der Kommunikation auf. Im 19. Jahrhundert stand die Identität von Familienbetrieben im Mittelpunkt, im 20. Jahrhundert die Corporate Identity. Heute ist es die Identität des Konsumenten. Im Internet dreht sich alles viel weniger um Marken als um Menschen, die über sich 1 Alexander Fury, These Two Guys Are Changing How We Think about Fashion, in The New York Times Style Magazine, 2016, verfügbar unter nytimes.com/2016/04/11/t-magazine/gucci-alessandromichele-balenciaga-vetements-demna-gvasalia.html?_r=0 (zuletzt geprüft am 29. August 2017).

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Volkova is right. Cool today is not what brands tell you; it’s what the street demonstrates. “I didn’t create a pair of shoes because I wanted some editorials. Never. I think of a guy in the club, outside in the street or a friend of mine,” said Demna Gvasalia, Vetements’ founder.1 The result is clothes, not fashion. Brands are products of their media. Jingles and slogans were all the rage at the time of radio. Print prioritised photography and logos. TV launched the 30-second spot. Mass media separated brand identity from its execution. At the time of templated channels and messages, it didn’t matter so much. A company could give its brand identity guideline to someone in advertising and expect that its typeface, logo, format or image was going to be applied. The Internet is about networks. It is about networks between people, ideas, products, actions, content, memes, interactions, and services. These networks are where social, individual, and cultural identities are formed and confirmed. A network does for 21st-century brand communication what – TV did for the 20th, and print for the 19th: it conveys brand identity in a tangible form. It shows us the organising mode of communication. In the 19th century it was the identity of a family business. In the 20th it was the corporate identity. Now it is the identity of the consumer. Online networks are much 1 Alexander Fury, These Two Guys Are Changing How We Think about Fashion, in The New York Times Style Magazine, 2016, available at nytimes.com/2016/04/11/t-magazine/gucci-alessandromichele-balenciaga-vetements-demna-gvasalia.html?_r=0 (last checked on 29 August 2017).

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Freitag, The Holey Three, limited edition, photo: Linda Suter


Files


One Size Fits All? Text: Thomas Hofmann

Luke Westra, Nathan Ritter, Dan Kraemer (IA Collaborative), Reissue of Humanscale 2017, compendium of human factors data, ursprünglich verlegt / originally published 1974–1981 humanscalemanual.com

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Eine Frage der Ergonomie


Translation: Nicholas Grindell

Welche Bedeutung haben statistische, ergonomische Maße in einer adaptiven und in allen Bereichen individualisierbaren Produkt- und Erlebniswelt? Die klassische industrielle Produktentwicklung basiert auf der Nutzung standardisierter Parameter, um eine serielle Fertigung überhaupt zu ermöglichen. Ob es sich um Rohstoffe, Normteile, Halbzeuge oder komplexe Systeme handelt, das Produkt findet nur dann in der industriellen Fertigung Platz, wenn es genormt oder zumindest nach reproduzierbaren Parametern hergestellt worden ist.

• Seit den Anfängen der Industrialisierung stellen diese Anforderungen die Basis jeglicher Herstellungsprozesse dar – entsprechend musste sich der Mensch (als Arbeitskraft oder späterer Nutzer) diesem System fügen, beziehungsweise dort hineinpassen. Typischerweise beschäftigte sich die Arbeitswissenschaft mit einer nutzer- und nutzungsgerechten Ausgestaltung von Arbeitssystemen, Maschinen und Produkten. Später etablierte sich die explizite Disziplin Produktgestaltung mit dem Fokus auf eine nutzergerechte Gestaltung. Auch hier war man darauf angewiesen, sich auf standardisierte Maße beziehen zu können. Seit den Anfängen ergonomischer Gestaltung stellt sich aber die grundlegende Frage, inwieweit Nutzer in die Nähe eines industriellen, reproduzierbaren und damit standardisierten Artefakts gebracht werden können, um damit effizient entwickeln zu können. Einerseits ist es so, dass jegliches individuelle Artefakt in einem seriellen Prozess stört und industriell nicht berücksichtigt werden kann, andererseits verlangt es die gestalterische Ethik, Diversität bis hin zum Individuum zu berücksichtigen – leider ist dies in der industriellen Produktentwicklung kaum möglich. Was sich totalitär liest, war eine bis dato unausweichliche Konsequenz industrieller Produktentwicklung und serieller Produktion. Aufgrund der hohen Varianz möglicher Nutzer (auch das ein Ziel der Produktentwicklung) wurde versucht, Individualität zu kategorisieren und zu katalogisieren. Es entstanden industriell verbindliche Schablonen und Raster, welche die Nutzer gruppierten und ihre individuelle Bandbreite reduzierten – ein Spagat zwischen angepasster Gestaltung und industrieller Einschränkung. Diese gemittelten Maße wurden zur Basis zahlreicher Normen, Reglements und gesetzlicher Vorgaben. Es entstanden Standardwerke wie etwa Ulrich Burandts „Ergonomie für Design und Entwicklung“, welches zahllose Designstudierende in ihrer Ausbildung begleitet hat. Ebenfalls zu der Standardausstattung von Ergonomen und Gestaltern gehörten die Kieler Puppen und Schablonen der menschlichen Gestalt des fünfzigsten Perzentils, eine – diese Anmerkung sei erlaubt – inhumane Reduzierung der menschlichen Varianzbreite.

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Später folgten detaillierte CAD-Menschmodelle bis hin zu Virtual Reality-Avataren, die neben korrekten anthropometrischen Daten auch eine genaue Auskunft über ihre Muskelbelastung geben, hoch präzise anpassbar sind und sich anatomisch korrekt verhalten. Seit Längerem können die zukünftigen Nutzer Arbeitsmittel und -umgebungen virtuell erleben, noch bevor sie physikalisch umgesetzt sind. Virtuelle Realität oder Augmented Reality-Anwendungen ermöglichen die Simulation zukünftiger Erlebniswelten mit einer bisher ungekannten Immersion. Eine Fehlplanung scheint kaum noch möglich, glaubt man den Werbeversprechen. In der Lehre Für die akademische Ausbildung von Arbeitswissenschaftlern, Ergonomen und Designern stellen sich folgende Fragen: Wie vermittelt man Ergonomie am besten? Welche Werkzeuge sind sinnvoll und – bezugnehmend auf den Anfang des Aufsatzes – wofür braucht man noch die intensive Auseinandersetzung mit standardisierten Maßen, wenn in Zukunft doch alles auch postproduktionell individuell anpassbar, individualisierbar oder variabel ist? Erübrigt sich die Lehre der Ergonomie in ihrer klassischen Form? Ergonomie als Lehrfach steht zudem traditionell nicht in dem Ruf, die beliebteste Veranstaltung des Studiums zu sein. Man gestaltet keine primär ästhetischen Produkte, es ist nicht das Ziel, designmethodisch zu arbeiten oder besonders visionär zu sein. Vielmehr steht die Auseinandersetzung mit menschlichen Grundmaßen, Fähigkeiten und Einschränkungen auf dem Plan. Es geht um Normen, Maße und Standardisierungen – kein favorisiertes Fach von Kreativen. Trotzdem repräsentiert das Wissen um den Menschen als Nutzer, seine Fähigkeiten und sein Verhalten im Kontext eine der wesentlichen Kompetenzen von Designern, denn es ist essenziell für die Gestaltung bedienbarer Produkte. Dabei ist es vielfach irrelevant, ob es sich um Hardwareprodukte oder Software Interfaces handelt. Die Relevanz der Ergonomie im Bereich der Produktentwicklung ist groß. Vielfach sind ergonomische Erkenntnisse ausschlaggebend für die finale Gestaltung – für den Menschen. Während das Wort Ergonomie oder ergonomisch selten im Marketing genutzt wird, steigt der Bedarf an Designern, die sich mit der Thematik schon im Studium intensiv auseinandergesetzt haben, immer weiter, vor allem im Bereich professionell genutzter Produkte. Hier steht die rein ästhetisch begründete Formgebung inzwischen hinter jener, die sich aus der Benutzung ergibt. Vielfach stellen ergonomische Aspekte das objektive Korrektiv in Entscheidungsprozessen dar. Die Herausforderung in der Designlehre besteht nun darin, eine interdisziplinäre, komplexe, sachlich begründende Disziplin in ein kreatives, impulsives und von Emotionalität getriebenes Studium zu integrieren. Wie kann es

What part do statistical, ergonomic measurements play in a world of adaptive, customisable products and experiences? Classic industrial product development is based on using standardised parameters to allow serial manufacture. Be it raw materials, normed parts, pre-products or complex systems, any product only has a place in industrial production if it is standardised or at least manufactured according to reproducible parameters.

• Since the dawn of industrialisation, these demands have been the basis of every manufacturing process, requiring humans (both workers and subsequent users) to adjust to this system and fit into it. Typically, ergonomics dealt with the usability of work systems, machines, and products. Later, product design emerged as a distinct discipline with a focus on userfriendly design. Here, too, being able to refer to standardised dimensions was essential. From the outset, however, ergonomic design has faced the fundamental question of how close users can be brought to an industrial, reproducible, and thus standardised artefact to enable efficient development. On the one hand, personalisation disrupts serial processes and cannot be taken into account in an industrial context; on the other hand, design ethics calls for attention to diversity down to the individual level. Unfortunately, this is hardly possible in industrial product development. It may sound totalitarian, but it has been an inevitable consequence of industrial product development and mass production to date. Due to the high variability of potential users (another goal of product development) attempts were made to categorise and catalogue individuality. This created industry-wide templates and grids that grouped users and reduced their individual spread – a balancing act between customised design and industrial restriction. These average measurements became the basis for many norms, regulations, and legal requirements. Standard works were written, such as Ulrich Burandt’s “Ergonomie für Design und Entwicklung” [Ergonomics for Design and Development], a book that accompanied countless German design students through their studies. The standard equipment of ergonomists and designers also included jointed dummies and 50th percentile templates – which are, it must be said, inhumane reductions of the breadth of human variability. These were later succeeded by detailed CAD models and then virtual reality avatars, which offer not only correct anthropometrical data, but also exact figures for muscle tension, as well as being precisely adjustable and displaying anatomically correct responses. For a long time now, it has been possible for future users to experience work equipment and settings virtually before they have been actually realised. Virtual or augmented reality applications allow

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Forging New Identities Text: Anja Neidhardt

↑ Nike Pro Hijab, erhältlich ab / available from 2018 → Ami Coco, blogger lookbook: balloon skirt and Ghana update – a trip to Cape Coast, blog post 18 August 2017

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Modest Fashion


Translation: Iain Reynolds

Hidschab und weiße Nike Air Force-Sneaker sind kein Widerspruch – das zeigen die Bloggerinnen des Instagram-Accounts Modest Route, die 21-jährige Frankfurterin Amira Haruna in ihren Blogbeiträgen auf Ami Coco und viele weitere junge Frauen. Sie suchen ihre Identität(en) in der heutigen globalisierten Welt – und das auf ihre eigene Weise, so unabhängig wie möglich von Lifestyle-Magazinen, Modeketten, Traditionswächtern, Predigern oder anderen, die ihnen Vorschriften machen wollen. Unterstützt werden sie von jungen Modedesignerinnen, die daran arbeiten, ihnen mehr Ausdrucksmöglichkeiten zu geben. Wie gelingt es diesen Gestalterinnen, mit ihrer Mode die Entwicklung neuer Identitäten zu ermöglichen? Und wie entwickeln sie ihr eigenes Profil als Designerinnen?

• Neue, muslimische Mode Der Burkini, von Modedesignerin Aheda Zanetti entworfen, ist längst zu einem Sinnbild für muslimische Frauen geworden, die ihren Weg zwischen Tradition und Moderne suchen. Das Kleidungsstück verhüllt alles, was manche Badende aufgrund ihres Glaubens nicht zeigen möchten. In Zanettis Heimatland Australien fallen Burkinis kaum auf, denn auch viele andere Strandbesucher (Männer wie Frauen) tragen langärmlige Bade-T-Shirts und Badehosen – wenn auch, um sich vor der intensiven Sonne zu schützen. Große Sportmarken haben mittlerweile ebenfalls das Potenzial muslimischer Kleidung erkannt: Im März 2017 gab Nike bekannt, einen Hidschab für muslimische Athletinnen in sein Angebot aufzunehmen. Das bereits von Sportlerinnen wie der Eiskunstläuferin Zahra Lari getestete Kleidungsstück wird voraussichtlich ab dem kommenden Jahr in den Geschäften erhältlich sein. Auch unabhängig von großen Marken gibt es in Europa immer mehr Modedesignerinnen, die nach neuen Wegen suchen. Viele von ihnen sind die Töchter von Migranten, die in westlichen Ländern aufgewachsen sind und sich in mehreren Kulturen zu Hause fühlen. Kleidung für alle Menschen Interpretationen von Modest Fashion und des Hidschabs gibt es so viele, wie es Frauen gibt. Manche, die ihren Kleidungsstil mit diesen Begriffen identifizieren, sehen sich als gläubig, religiös, spirituell oder mit der islamischen Kultur verbunden. Andere suchen lediglich alternative Ausdrucksformen fernab westlicher Schönheitsideale. Das schließt keinesfalls aus, dass sie sich selbst als modern oder feministisch beschreiben würden. Die deutsche Designerin Neslihan Kapucu macht, wie sie es formuliert, „Kleidung für alle Menschen“. Sie verdeckt zwar selbst als Ausdruck ihres muslimischen Glaubens ihre Haare, betont allerdings, dass die Mode, die sie entwirft, unabhängig von Religion oder Herkunft getragen werden kann. Aus diesem Grund nennt

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Hijab and white Nike Air Force sneakers are not mutually exclusive, that’s the message being sent out by the contributors of the Modest Route Instagram account, by Frankfurt-based 21-year-old Amira Haruna and her Ami Coco blog, and by numerous other young women. These women are looking at today’s globalised world and are developing their own identities, without being slaves to lifestyle magazines, fashion chains, custodians of tradition, preachers or anyone else who might try and tell them what they can or cannot wear. Within fashion itself, a number of young designers have broken through with work that aims to give these women yet more scope for self-expression. How is that work helping women to develop their own identities and how are its creators positioning themselves as designers?

the potential of Islamic clothing: in March 2017, Nike thus announced that it is launching a performance hijab, an item that has already been tested by Muslim athletes such as figure skater Zahra Lari and is due to hit the shops next year. Beyond the world of big brands, increasing numbers of European fashion designers are also exploring new avenues, many of them women whose parents were immigrants, but who grew up in Western countries and are thus at home in different cultures.

Fashion for All There are as many interpretations of the socalled modest fashion and hijab style as there are women. Some of those who identify with such a look see themselves as devout, religious or spiritual or associate themselves with Islamic culture. Others are simply looking for alternative forms of self-expression outNew, Islamic Fashion side of Western beauty norms, though that by Developed by fashion designer Aheda Zanetti, no means implies that they don’t see themthe burkini, which hides whatever a bather selves as modern or feminist. might for faith reasons wish to keep concealed, Neslihan Kapucu creates what she calls has already come to symbolise Muslim women’s “fashion for all”. Although she covers her own attempts to balance traditional and modern hair as an expression of her Islamic faith, cultural mores. On the beaches of Zanetti’s the German designer stresses that the clothAustralian homeland, though, burkinis do not ing she makes is for anyone, regardless of particularly stand out, with many other beachreligion or origin, and thus doesn’t like to label goers (male and female) also choosing to cover it Islamic fashion. Kapucu, who has been up, wearing long-sleeve T-shirts and bathing teaching at Düsseldorf’s Fashion Design Instishorts to protect them from the sun’s rays. Major tute since 2013, uses high necks, but for sportswear brands have also now recognised style considerations rather than reasons of

Modest Route, ehemals/formerly @hijabfashion, Instagram: @modestroute

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Archive

The Plastic Bag

Text: Gabriele Oropallo Photos: Carolin Blöink

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Celloplast, Patentschrift/ patent specification, 1965


Auf immer und ewig Übersetzung: Susanne Heinlein

Eine der am weitesten verbreiteten Spezies auf unserem Planeten derzeit ist die Plastiktüte, ein Schlauch aus einer dünnen Polyethylenschicht. Sie ist an einem Ende verschweißt und besitzt zwei integrierte Tragegriffe, die nur darauf warten, sich ineinander oder an etwas anderem zu verheddern. Ihre Hauptfunktion ist es, Dinge zu verstauen, und diese Aufgabe führt sie mit unerreichter Beharrlichkeit aus. Nach ihrer Ausgabe an der Kasse eines Lebensmittelladens, wird sie schon bald sich selbst überlassen. Sie nimmt die Kräfte des Windes und des Wassers auf und ihr membranartiger Körper fährt fort, seine Funktion zu erfüllen, auch wenn sich kein Mensch ihrer bedient. Sowohl der Anstieg des Erfolgs als auch des Stigmas seit ihrem ersten Erscheinen in den 1960er-Jahren, ist das Ergebnis der Widerstandsfähigkeit der Plastiktüte.

• Neben der Einwegplastiktüte gehört auch der henkellose, transparente Beutel sowie die stabile Tüte mit verschweißten Tragehenkeln zur Familie. Letztere kann mehrfach verwendet werden und viele Geschäfte versprechen beim Einkauf, sie nach Verschleiß kostenfrei zu ersetzen. Dies hat ihr den Spitznamen „Tasche fürs Leben“ eingebracht. Tatsächlich könnte man alle drei Modelle eher als „Taschen für die Ewigkeit“ bezeichnen, vergleicht man die Haltbarkeit der Polymere, aus denen sie bestehen, mit der Lebensdauer eines Menschen. Laut dem norwegischen Autoren Karl Ove Knausgård hat die Plastiktüte die unheimliche Fähigkeit, dem Tod zu entgehen. Sie habe „etwas Unverwüstliches an sich, scheint irgendwo abseits von allem anderen zu existieren, auch im Bezug auf Zeit und ihre unendlichen Erscheinungsformen“1. Aktuell ist 1 Karl Ove Knausgård, What Makes Life Worth Living?, The Guardian, 19. August 2017, verfügbar unter theguardian.com/books/2017/aug/19/karl-oveknausgaard-what-makes-life-worth-living-babyautumn (zuletzt geprüft am 12. September 2017).

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One of the species most pervasively populating our planet in this time and age is the T-shirt plastic bag. It presents itself as a tube of thin polyethylene film. It is heat-sealed at one end, and it sports two built-in handles ready to snag on anything or at the other one. Its primary function is to contain, and contain it will with an unmatched resilience. After it has taken its first breath by the cashier of a grocery store, when left at its own devices, the plastic bag will contain the currents of the wind or those of the water, its membrane-like body continuing to behave according to its original design programme, even when no human user is employing it. Both the success and stigma the T-shirt plastic bag accrued since it was first designed in the early 1960s are a result of its very resilience.

• Its name is derived from the shape of its handles at rest, when they flap down in an arrangement that resembles a T-shirt. The other species composing its family include the handle-less transparent baggy and the thicker plastic bag with heat-welded handles. The latter type can be used multiple times; it is sometimes nicknamed “bag for life” because at the moment of sale, grocery stores often promise to replace it for free once the old one wears out. As a matter of fact, they can all be considered to be “for eternity” rather than “for life” if you compare the duration over time of the polymers of which they are made to the lifespan of a human being. According to the Norwegian writer Karl Ove Knausgård, the plastic bag has the uncannily ability to eschew death. It “has something inviolable about it, it seems to exist in a place beyond everything else, including time and its inexorable modality”1. At the moment, no organism on the planet is known to be able to break the long polymer chains from which they are made and digest their elementary molecules. Plastic bags are only

subject to photodegradation. They are decomposed by the combined action of sunlight and air. Its exposed surfaces discolour and harden, over time starting to crack into progressively smaller pieces. Plastic bags display quite different behaviours. The thicker “for-life” ones designed to be reusable usually sink to the bottom of the sea or, when they remain on the ground, they let themselves be covered up by other debris. The thinner disposable T-shirt bags instead are more ambitious and movable and tend to take flight at the first gust of wind once released into the open. When they are in a body of water, they float on the surface empty or fill and sink a bit to hover in mid-waters like jellyfish, with which they are often confused by the fish and cetaceans who occasionally consume them. It is a single meal that the animals subsequently carry in their bellies for the rest of their existence. A bag for life indeed. The problem of carrying purchased goods so successfully solved by the plastic bags is integral to the establishment of the market. A visit to the Testaccio neighbourhood in Rome provides a telling example of this story. The area is named after the Monte Testaccio, which in effect is less a real mountain than a monument to consumer culture. At first glance it looks like a leafy hill featuring walking paths and views on the city, but once you dig up a thin layer, you will find its entire mass is not made up of soil and stone, but fragments of ancient pottery. The hill stands on what was the Romans’ dumping ground. In classical times, the city of Rome reached the record number of a million inhabitants, who had to be served by an accordingly-sized consumption infrastructure. Romans had their own kind of disposable vessel: a cheap, globular 70-litre 1 Karl Ove Knausgård, What Makes Life Worth Living?, The Guardian, 19 August 2017, available at theguardian.com/books/2017/aug/19/karl-oveknausgaard-what-makes-life-worth-livingbaby-autumn (last checked on 12 September 2017).

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Design Magazine Established 1957 Verlag form GmbH & Co. KG Wildunger Straße 8 60487 Frankfurt am Main T +49 69 153 269 430 F +49 69 153 269 431 redaktion@form.de form@form.de form.de Herausgeber/Publisher Peter Wesner Chefredakteur/Editor-in-Chief Stephan Ott (SO) Redaktion/Editorial Team Judith Block (JB) (Praktikum/Internship) Carolin Blöink (CB) (Bildredaktion/Picture Desk) Susanne Heinlein (SH) Jessica Krejci, née Sicking (JK) Franziska Porsch (FP) Malene Saalmann (MSA) (Praktikum/Internship) Sarah Schmitt (SJS) Mitarbeiter dieser Ausgabe / Contributors of this Issue Ana Andjelic, Lars Uwe Bleher, Sara Codutti, Thomas Hofmann, Karsten Kilian, Anja Neidhardt, Gabriele Oropallo, Giovanna Reder, Jonas Rehn, Adam Richardson, Wolfgang Scheppe, Marc Schütz, Ole Schulte, Julia Sommerfeld, Yesenia ThibaultPicazo, Stefan Weil, Ian Woodward Art Direction Carolin Blöink Susanne Heinlein Sarah Schmitt Cover Visual Anonymity, Normcore series © Christian Heikoop christianheikoop.com Übersetzung/Translation Lisa Davey, First Edition Translation Ltd. Nicholas Grindell, Berlin (DE) Jessica Krejci Emily J. McGuffin, Leipzig (DE) Susanne Heinlein Franziska Porsch Iain Reynolds, Lancaster (UK) Bronwen Saunders, Basle (CH) Textra Fachübersetzungen GmbH Korrektorat/Proofreading Jessica Krejci Marketing, Vertrieb/Sales Leonie Ambrosius Melanie Aufderhaar Alina Betge (Praktikum/Internship) Janette Wrzyciel Creative Director, form Editions Barbara Glasner Anzeigenleitung/Head of Advertising Peter Wesner T +49 69 153 269 436 anzeigen@form.de Leserservice/Subscription Service Martin Schulte T +49 69 153 269 438 abo@form.de IT, Web Innomind GmbH, innomind.de

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S./p. 14 Excavation: Evicted: © Paul Cocksedge Studio, photo: Mark Cocksedge; Petroskop: © Pia Matthes S./p. 15 Waste Based Collection: © Stone Cycling, Daan van Tulder (Ultra Studio) S./p. 16 Soil Fiction: The Soil Feast © Anaïs Tondeur and Yesenia Thibault-Picazo; UrbariumsSketches of soil futures; Biomining or the Earth Harvesters © Yesenia Thibault-Picazo, Germain Meulemans, Alan Vergnes; Petrichor © Anaïs Tondeur, Germain Meulemans S./p. 18 Drought: © we+, photo: Masayuki Hayashi; Vaporscape: © Chris Cheung (h0nh1m) for Nike Inc. S./p. 19 Hue: © Tim Zarki S./p. 21 © Stefanie Lenk S./p. 22 Things to Do in a Retirement: Home Trailer Park: Activity 5 Resection © Aneurin Wright; Work to Do © Christoph Geiger; extract of “Graphic Medicine Manifesto” © MK Czerwiec, Ian Williams, Susan Merrill Sqier, Michael J. Green, Kimberly R. Myers, Scott T. Smith S./p. 24 © Integrated 2017, corporate design: © Mirror Mirror S./ p. 25 © Atelier Formes Vives S./p. 26 Nadya Tolokonnikova, Pussy Riot – Make America Great Again © photo: Jonas Åkerlund; © Eliza Pepermans S./p. 28 Our Scissors: © Fiskars Corporation; Expedition: © photo: John Cowan S./p. 29 Alvar Aalto: © photo: Gustaf Welin / Alvar Aalto Museum; Finders Keepers: Drawing of the bus tour circuit indicating participating architecture schools and their potential connections, 1973 © Peter Murray/AD/AA/ Polyark, Cedric Price fonds, CCA; Frau Architekt: Mitarbeiterinnen im Mannheimer Büro von Ingeborg Kuhler © photo: Büro Ingeborg Kuhler; Beazley Designs of the Year: Finding Her © IC4DESIGN with DDB Dubai S./p. 30 100 Beste Plakate 16: Ralph Schraivogel im Sitterwerk, Grafik: Philip Kerschbaum für Alumni HF KGD, St. Gallen, Druck: Serigraphie Uldry AG, Hinterkappelen/Bern, Drucktechnik: Siebdruck © Philip Kerschbaum / 100 beste Plakate e.V.; Jil Sander: Jil Sander Kampagne, HerbstWinter 2013/2014, Model: Edie Campbell © photo: David Sims ; Stories: Table linen “Playing Cards”, design: Glithero, 2013, production: Textiel Lab, collection Textiel Museum, photo: Joep Vogels / Textiel Museum; Ferrari: Under the Skin: La Ferrari, 2013 © Ferrari S.p.A. S./p. 31 From Belgium with Light: Aluci.One © Frederik Delbart, photo: Oriana Gomez-Zerpa S./p. 32 Ästhetik der Veränderung: Kinetische Skulptur, 1924/2012 © design: Herbert Ploberger, Modellrekonstruktion: Franz Hnizdo / Universität für angewandte Kunst Wien, Kunstsammlung und Archiv, Inv.nr. 16.414/O, Wien, 2016; Graphic Design Festival Scotland: © Graphic Design Festival Scotland S./p. 33 Lima Design Week: © Lima Design Week; Neue Räume 17: © Atelier Oï SA; Raumwelten: © Film- und Medienfestival gGmbH; Us by Night: © Hugo and Marie S./p. 34 Salone del Mobile. Milano Shanghai: © FLA China Co. Ltd, VNU Exhibitions Asia Ltd; Design Miami: Pair of S10D armchairs © design: Pierre Chapo, 1960 / Magen H Gallery; DLD Berlin: © DLD Media GmbH; Design Thinkers Toronto: © The Association of Registered Graphic Designers (RGD) S./p. 35 Product Lifetimes and the Environment © PLATE, Nottingham Trent University; Silent Book Contest 18: © R/Evolution © Arianna Papini; Student Design Competition: © International Interior Design Association Focus: S./p. 36–37 Black Merino 2 © Thisisnon, design: Michał Lenczewski, photos: Kasia Bielska S./p. 38 Inserat in eigener Sache: form 1, 1957 © Verlag form GmbH & Co. KG S./p. 40 Design und Grafik das Salz im Marketing: form 49, 1970 © Verlag form GmbH & Co. KG; Identität oder Identifikation: form 53, 1971 © Verlag form GmbH & Co. KG S./p. 41 Freiräume für

visuelle Lösungen: form 70, 1975 © Verlag form GmbH & Co. KG; Schnörkellos, praktikabel, preiswert: form 144, 1993 © Verlag form GmbH & Co. KG; Gesunde Marken – Fruitful Branding: form 193, 2004 © Verlag form GmbH & Co. KG S./p 43 reform: form 150 Dossier, 1995 © Verlag form GmbH & Co. KG S./p. 45 © Atelier Markgraph GmbH S./p. 46 Markgraph letterhead © Schultzschultz GmbH for Atelier Markgraph GmbH S./p. 48 De Harmonie, comic 2014 © Joost Swarte S./p. 48–50 Markgraph letterhead © Schultzschultz GmbH for Atelier Markgraph GmbH S./p. 52–57 Extracts of “Supermarket of the Dead – Burnt Offerings in China and the Cult of Globalized Consumption, Vol. 3, Zhĭzhā Paper Products” © edited by Wolfgang Scheppe for Dresden State Art Collection, Verlag der Buchhandlung Walther König, photos: Sara Codutti S./p. 60 The Day Heel © Everlane; Instagram feed of @freepeople © Free People S./p. 61 Away on tour in India © Away S./p. 62 Brand communication via community blog intothegloss.com © Glossier S./p. 64–65 Away on tour in India © Away S./p. 66 The Modern Point © Everlane S./p. 67 © Ministry of Supply Files: S./p. 68–69 Freitag, The Holey Three, limited edition, photo: Linda Suter S./p. 70 Reissue of Humanscale 2017, compendium of human factors data, originally published 1974–1981 © Luke Westra, Nathan Ritter, Dan Kraemer (IA Collaborative) S./p. 72 Übung von Thomas Hofmanns Studierenden im Rahmen der Ergonomievorlesung © Thomas Hofmanns S./p. 73–73 Reissue of Humanscale 2017, compendium of human factors data, originally published 1974–1981 © Luke Westra, Nathan Ritter, Dan Kraemer (IA Collaborative) S./p. 78 Nike Pro Hijab © Nike Inc; © Amira Haruna S./p. 79 Instagram feed @modestroute © Modest Route S./p. 80 Eco Luxury © Iman Aldebe, photo: Anton Renborg S./p. 81 © Iman Aldebe S./p. 82 © Sarah Schmitt für Verlag form GmbH & Co. KG S./p. 83 © Carolin Blöink, Susanne Heinlein, Sarah Schmitt für Verlag form GmbH & Co. KG S./p. 89–92 Extracts from “A Designer’s Research Manual” © Jenn und Ken Visocky O’Grady / Rockport Publishers S./p. 106 © Photo: Carolin Blöink für Verlag form GmbH & Co. KG; Celloplast, patent specification, 1965 S./p. 108–110 © Photos: Carolin Blöink für Verlag form GmbH & Co. KG S./p. 112 © graphic: Judith Block für Verlag form GmbH & Co. KG S./p. 113 Topas collection, Aluminium © Rimowa GmbH S./p. 114 Love Affair Collection, Beo Remote One © Bang & Olufsen, photo: Rasmus Dengsø S./p. 115 Barbour, Wachsjacke © photo: Studio Yo-miya; Barbour catalogue, 1961 © J Barbour and Sons Ltd S./p. 116 The Holey Three, Holey Julien, limited edition © Freitag, photo: Linda Suter; Zippelin © Freitag, photo: Oliver Nanzig S./p. 116 Orangina © Schweppes International Ltd, photo: Kathryn Curnew S./p. 118 © Transcript Verlag – Roswitha Gost & Dr. Karin Werner GbR, Bielefeld S./p. 121 Räume der Kunst: © GfZK Leipzig; A Designer’s Research Manual © Rockport Publishers; Ausgesiebt: © The MIT Press; Brut 6 © Andreas Ingerl, Thomas Weyres S./p. 120 Still: © Marc Holzenbecher; Kampf um Gaia: © Suhrkamp Verlag AG; Human Centered Design © Verlag Wilhelm Fink, Brill Deutschland GmbH; Still Life: © Spectormag GbR/ Spector Books S./p. 126 ↗ Focus opener: Thisisnon logo © NON ↗ 14 © Paul Cocksedge Studio, photo: Mark Cocksedge ↗ 106 American Beauty, plastic bag scene, film still, 1999 © Sam Mendes; © Carolin Blöink ↗ 52 © Wolfgang Scheppe für Staatlich Kunstsammlung Dresden, photo: Sara Codutti ↗ 6 © Marion Pinaffo, Raphael Raphaël ↗Cover Anonymity, Normcore series © Christian Heikoop ↗ form 273, S./p. 15 © 2016 Felice C. Frankel S./p. 132 Tory Burch, Tory Sport, fall 2017 © River Light V, L.P.

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