FONDS exklusiv / Deutschland / 04 2017

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Titelstory

Investmentfonds

Das Ende der historisch schon sehr langen Hausse seit 2008 dürfte in einem zu disruptiven Wechsel der Notenbank-Politik, insbesondere der Fed, zu finden sein. Winfried Walter,

Schneider, Walter & Kollegen Vermögensverwaltung AG

gen können, wenn die überschuldeten Nationalstaaten in der Zeit, die ihnen Herr Draghi durch die billigen Zinsen erkauft hat, genutzt hätten, Haushaltsüberschüsse zu erwirtschaften. Dann wäre man bei steigenden Zinsen wieder bei ausgeglichenen Haushalten. Tatsächlich ist in vielen Problemländern aber die Verschuldung weitergelaufen. Bei einer Zinserhöhung würde es dort politisch ‚knallen‘. Daher wird es zu keinem spürbaren Ausstieg aus der Nullzinspolitik kommen“, glaubt Leber. Positiv zumindest für Europa wäre jedoch, wenn wegen der steigenden Zinsdifferenz zu den USA der Dollar wieder steigt. Tiefe Zinsen trotz Inflation? Flossbach-Stratege Philipp Vorndran sieht dies ähnlich. „Wir gehen davon aus, dass die EZB gar nicht anders kann, als an ihrer lockeren Geldpolitik festzuhalten, was kleinere Anpassungen, das geplante Tapering etwa, nicht ausschließt. Für die hochverschuldeten Eurostaaten ist das tiefe Zinsniveau schlicht überlebensnotwendig. Das schränkt auch den Handlungsspielraum der US-Fed ein. Die US-Notenbank wird sich am Ende des Tages wohl daran orien­tieren müssen, was in den anderen großen Währungsräumen – in der Eurozone und Japan – passiert, will sie nicht riskieren, dass der US-Dollar deutlich aufwertet und die US-Wirtschaft an Wettbewerbs| www.fondsexklusiv.de | Ausgabe 04/2017 |

fähigkeit einbüßt. In Japan und Europa wird das Zinsniveau unseres Erachtens noch lange niedrig bleiben. Anders ausgedrückt: Eine globale Zinswende, die diesen Namen auch verdient, wird es nicht geben.“ Damit allerdings erscheint ein drastischer Anstieg der Inflation für Vorndran für die nächsten beiden Jahre ausgeschlossen. Thomas Grüner merkt dazu kritisch an: „Es ist wohl der größte Irrglaube der vergangenen Jahre, dass die ultralockere Geldpolitik der Zentralbanken maßgeblich für den Aufschwung an den Aktienmärkten verantwortlich ist. Die Story von der ‚liquiditätsgetriebenen

Hausse‘ ist ein Märchen. In Amerika hat die Fed durch ihre Anleihekäufe die Zinsen am langen Ende der Zinsstrukturkurve nach unten gedrückt und dadurch abgeflacht. Aufgrund der eingeengten Margen haben sich Banken bei der Kreditvergabe restriktiv gezeigt. Erst seit die Fed ihr QE-Programm beendet hat, läuft die Kreditvergabe wieder runder und die Wirtschaft brummt. Und solange die Fed bei den Zinserhöhungen so pragmatisch vorgeht wie bisher, ist die Zinswende keine Gefahr für die Märkte. Diese Prozedur steht der EZB noch bevor.“ Als Inflationstreiber dürften hier vor allem die Rohstoffpreise zu sehen sein. Ob eine derzeit anziehende Konjunktur hier in Europa oder in den USA über den alten Transmissionsriemen steigender Löhne zeitnah inflationäre Tendenzen entwickelt? „Ich habe in der Zwischenzeit leichte Zweifel“, meint Winfried Walter. Er sieht den Wechsel weg von der globalen Niedrigzinspolitik hin zu sich „normalisierenden Leitzinssätzen“ als die Achillesferse der Finanzmärkte an. „Denn es gibt keine Blaupause für dieses in der Geschichte der Geldpolitik einmalige Ereignis. Niemand kann ernsthaft behaupten, den Verlauf dieser Trendumkehr nur ansatzweise richtig vorhersagen zu

INFLATIONSPROGNOSEN Kaum starkes Aufwärtspotenzial

3,50 %

USA

Europa

Japan

Großbritannien

2,50 % 1,50 % 0,50 % -0,50 % -1,50 % Oct 2015

Jul 2016

Apr 2017

Jan 2018

Oct 2018 Quelle: Fidelity


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