Antragsbuch a o bpt komplett

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Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 1

Inhaltsverzeichnis Internationale Politik 100 Menschenwürdige Asylpolitik

S. 3

Bundesvorstand Bundesvereinigung Junge Liberale

101 Keine Geiselhaft für den Freihandel

S. 5

Landesverband Berlin

Finanzen und Steuern 200 Haushaltskonsolidierung

S. 7

Landesverband Hessen

201 Wer bestellt muss bezahlen, Konnexitätsprinzip in das Grundgesetz und die Verfassungen

S. 9

Kreisverband Nordhausen

202 Beibehaltung des Privatkundengeschäfts der Bundesschuldenverwaltung

S. 11

Landesverband Thüringen

Soziales 300 Bürokratie für Hartz IV Empfänger verringern

S. 13

Kreisverband Nordhausen

Innen und Recht 400 Geheimdienst-Affäre aufklären - Überwachung begrenzen

S. 15

Bundesvorstand Bundesvereinigung Junge Liberale

401 Liberale Forderungen als Konsequenz aus der NSAAbhöraffäre

S. 19

Landesverband Baden-Württemberg

402 Datenschutz an Hochschulen Bundesvorstand Bundesvereinigung Liberaler Hochschulgruppen

S. 21


Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 2 Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie 450 Bildung statt Mindestlohn

S. 23

Landesverband Thüringen, Thomas Vollmar

451 Inklusion darf die Qualität des Schulunterrichts nicht beeinträchtigen. Bildungsstandards müssen eingehalten werden.

S. 25

Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe

Umwelt und Raumordnung 500 Rahmenbedingungen für Frack-Verfahren - Ängste und Sorgen der Menschen ernst nehmen

S. 27

Landesverband Niedersachsen

501 Quotenmodell - Gesetzesinitiative für eine marktwirtschaftliche Reform der Energieförderung

S. 29

Landesverband Hessen

Stadtentwicklung und Wohnungswesen 550 Bezahlbarer Wohnraum für alle Studierenden

S. 31

Bundesvorstand Bundesvereinigung Liberaler Hochschulgruppen

Grundsätzliches 800 Wir wagen den Neubeginn - die FDP nach 2013

S. 35

Bundesvorstand Bundesvereinigung Junge Liberale

801 Noch eine Chance für die Liberalen

S. 41

Bezirksverband Ems-Jade

802 Optimierung der Antragsberatung im Verlauf der Bundesparteitage

S. 43

Florian Glock, Alexander Alt, Andy Becht, Andreas Becker, Ralf Berlingen, Achim Bertram, Albert Duin, Ernst Eggers, Sascha Fiek, Sandra Heckenberger, Joachim Heitmann, Dr. Karsten Jung, Dr. Marcel Klinge, Roland König, Marcella Giovanna Matthes, Moritz Mergen, Nicole Morsblech, Prof. Dr. Martin Neumann, Hans-Joachim Pagels, Wiebke Reich, Thomas Roth, Anke Roth-Simon, Michael Schenk, Siegfried Seidl, Dr. Günther Serfas, Oliver Stirböck, Nico Tippelt, Renate Will

803 Beschlüsse der FDP auch bürgerfreundlich zugänglich machen! Kreisverband Nordhausen

S. 45


Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 3

Antrag 100 Betr.:

Menschenwürdige Asylpolitik

Antragsteller: Bundesvorstand Bundesvereinigung Junge Liberale

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4 5 6 7

Die irreguläre Zuwanderung in die Europäische Union ist unverändert stark. Immer wieder kommt es auf dem Mittelmeer zum Tod vieler Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten. Die EU-Staaten mit entsprechenden Außengrenzen sind der Unterbringung und Versorgung der Menschen nicht mehr allein gewachsen. In den entsprechenden Auffanglagern herrschen katastrophale Zustände, die ebenso wie die Behandlung durch staatliche Organe mit dem europäischen Begriff der Menschenwürde und –rechte nur schwerlich vereinbar erscheinen.

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Die FDP fordert die Schaffung eines europäischen „Grundrechts“ auf Asyl. Damit muss eine deutliche Verbesserung der Asylverfahren und Zustände von Antragstellern in ganz Europa erreicht werden. Auch soll darauf hingewirkt werden, dass dieses Grundrecht auf Asyl und die EMRK in internationalen Gewässern, beispielweise dem Mittelmeer, Anwendung findet, wenn Asylbewerber mit europäischen Behörden in Kontakt kommen. Asyl/Flüchtlingspolitik muss in Zukunft als europäische Aufgabe verstanden und das Dublin-II-Abkommen durch ein neues Abkommen mit einem europaweiten Verteilungsschlüssel ersetzt werden, um eine solidarische und menschenrechtskonforme Verteilung von Asylbewerbern in der EU zu gewährleisten.

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Mit einer besseren Verwaltung des Flüchtlingsansturms ist es aber nicht getan. Die Tatsache, dass Jahr für Jahr zehntausende Menschen ihr Leben aufs Spiel setzen, um eine Möglichkeit zu haben, ihren Traum von einem Leben in Wohlstand und Gesundheit zu verwirklichen, können wir nicht einfach ignorieren. Zuwanderungs- und Asylpolitik müssen daher besser verzahnt werden. Asylsuchende sind weit überwiegend Wirtschaftsflüchtlinge. Diese werden nach geltendem Recht einfach wieder abgeschoben. Das ist unmenschlich, weil man sich ihrer Situation mit dem Zuwanderungsrecht durchaus annehmen könnte. Jedem Zuwanderer in der EU, der einen Arbeitsplatz findet und sich selbst und seine Familie unterhalten kann, sollte der Weg in den europäischen Arbeitsmarkt eröffnet sein.

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Die FDP steht für eine liberalere Flüchtlings-, Asyl-, und Ausländerpolitik in den Bundesländern. Ein verbesserter Zugang zum Arbeitsmarkt, die Aufhebung der Residenzpflicht und die dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern sind für die


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Liberalen wichtige Maßnahmen, um Integration und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Begründung: Erfolgt mündlich.


Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 5

Antrag 101 Betr.:

Keine Geiselhaft für den Freihandel

Antragsteller: Landesverband Berlin

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2

Deutsche Bürger und Unternehmen dürfen nicht noch mehr für das Verhalten der amerikanischen Nachrichtendienste in Mitleidenschaft gezogen werden.

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Die FDP setzt sich mit aller Entschiedenheit für den Abschluss eines weitreichenden und umfassenden transatlantischen Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP) ein.

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Freihandel und der Abbau von Marktzutrittschancen schaffen Wohlstand und Wachstum für die Handelsnation Deutschland.

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Die FDP widersetzt sich allen Versuchen, die Verhandlungen um ein transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen mit sachfremden Themen zu verquicken.

Begründung: Erfolgt mündlich.


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Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 7

Antrag 200 Betr.:

Haushaltskonsolidierung

Antragsteller: Landesverband Hessen

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Die FDP fordert: 1. Alle Bundesländer müssen eine Schuldenbremse nach dem Vorbild des Bundes einführen. 2. Die Kommunen sind verpflichtet, ab 2020 keine defizitären Haushalte mehr vorzulegen. Voraussetzung hierfür ist eine Reform der Kommunalfinanzen, die dies bei Erledigung aller gesetzlichen Aufgaben der Kommunen ermöglicht. 3. Investitionen in Forschung und Bildung müssen von allen Sparbemühungen auf allen staatlichen Ebenen ausgenommen werden. 4. Steuererhöhungen sind als Mittel der Haushaltskonsolidierung abzulehnen. 5. Für eine nachhaltige Haushaltspolitik ist eine Verringerung der Bundesländer auf 8-10 bis 2020 notwendig. Insbesondere das Saarland und die Stadtstaaten sollten Teil anderer Bundesländer werden. Dabei bleibt das Ziel, den Länderfinanzausgleich in der jetzigen Form abzuschaffen. 6. Ein drastischer Subventionsabbau in allen staatlichen Bereichen ist dringend notwendig. Insbesondere die alternativen Energien müssen zügig wettbewerbsfähiger werden.

Begründung: Deutschland sonnt sich noch im Lichte des Klassenprimus und sagt den europäischen Partnern, wie sie zu sparen haben, während wir trotz stetig wachsender Steuereinnahmen immer neue Schulden aufnehmen. Deutschland muss schon alleine deswegen selbst anfangen zu sparen, damit wir uns auch morgen noch den Sozialstaat, den Garant unserer politischen Stabilität, leisten können. Wie die Alternative aussieht, können wir in Griechenland und anderen Ländern beobachten. Es ist fünf vor zwölf. Es merkt nur Keiner: 1. Deutschland steht mit einer Gesamtverschuldung von aktuell 81,2 Prozent (Maastricht verlangt 60 Prozent) auf Rang 7 der 17 Euroländer, d.h. zehn Länderstehen besser da. Nicht berücksichtigt sind die impliziten Schulden aufgrund zukünftiger Verpflichtungen (z.B. Renten und Pensionen). Seit 2006


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haben sich mangels Rücklagen die Zahlungen hierfür nahezu verachtfacht. Die Tendenz ist weiter steigend. Deutschland ist mit einer absoluten Verschuldung von 2.150,48 Mrd. Euro Spitzenreiter in Europa. Trotz steigender Steuereinnahmen betrug die Neuverschuldung des Bundes in 2012 22,5 Mrd. Euro (Anstieg von 25 Prozent gegenüber 2011) und in 2013 17 Mrd. Euro. Die Aufwendungen für Zinsen liegen stabil bei 30 Mrd. Euro jährlich. Die demografische Entwicklung führt zu sinkenden Einnahmen in den sozialen Sicherungssystemen. Schon heute liegt der jährliche Zuschuss für die Rentenversicherung bei 60 Mrd. Euro. Schon heute kostet der demografische Wandel nach Schätzungen der OECD unser Land in Aufschwung Phasen jährlich ein halbes Prozent Wirtschaftswachstum.Und das ist erst der Anfang. Wenn hier nicht bald gezielt gegengesteuert wird, ist von einem mittelfristigen Rückgang der Wirtschaftsleistung unseres Landes auszugehen.Die Konsequenzen sind klar: Steuern und Abgaben sowie die Verschuldung werden weiter steigen. Im Ergebnis wird dies auch zu einer weiteren Abwanderung der Qualifiziertesten führen. Aufgrund unser Verpflichtungen gegenüber dem ESM ist mit zusätzlichen weiteren Belastungen zu rechnen. Die Schuldenbremse ist ein erster richtiger Schritt, aber begrenzt nur die Neuverschuldung und lässt Ausnahmen zu. Eine substantielle Erhöhung der Einnahmenseite durch höhere Steuern ist nur möglich, wenn ein hoher Anteil der Arbeitnehmer erfasst wird. Diese sind aber schon heute alleine aufgrund der kalten Steuerprogression und den steigenden Kosten aus der Energiewende über die Gebühr belastet.Konsequenz: Wie jedes Unternehmen muss sich der Staat endlich nach 50 Jahre verschlanken. Jedes Unternehmen, das sich so verhalten würde, wäre schon längst vom Markt verschwunden.


Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 9

Antrag 201 Betr.:

Wer bestellt muss bezahlen, Konnexitätsprinzip in das Grundgesetz und die Verfassungen

Antragsteller: Kreisverband Nordhausen

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2

Die FDP setzt sich für die Einführung eines echten Konnexitätsprinzips im Grundgesetz und den Verfassungen der Bundesländer ein.

Begründung: Es ist ein alter Grundsatz, dass derjenige, der etwas bestellt auch dieses zu bezahlen hat. In der Vergangenheit wurden aber auf Bundes- und Länderebene häufig Entscheidungen getroffen, die zu neuen Aufgaben und einem damit verbundenen Ausgabenzwang auf kommunaler Ebene geführt haben, ohne dass ausreichend finanzielle Mittel durch Bund oder Länder zur Verfügung gestellt wurden. Aufgrund der Sparzwänge auf Bundes- und Landesebene ist das Risiko groß, dass sich diese Situation immer mehr verschärfen wird. Gerade im Sozialbereich Ausgabensteigerungen.

kam

es

in

der

Vergangenheit

zu

extremen

Ausgaben im Sozialbereich sind eine gesamtstaatliche Aufgabe. Eine ausreichende finanzielle Ausstattung und dauerhafte Leistungsfähigkeit der Kommunen ist für eine gute Entwicklung in unsrem Land aber unerlässlich. Die kommunale Selbstverwaltung ist bedroht, wenn immer neuen Aufgaben keine ausreichende Finanzierung gegenübersteht.


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Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 11

Antrag 202 Betr.:

Beibehaltung des Privatkundengeschäfts der Bundesschuldenverwaltung

Antragsteller: Landesverband Thüringen

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4

Die FDP lehnt die seit dem Jahr 2013 erfolgte Einstellung des Privatkundengeschäfts der Bundesschuldenverwaltung ab und fordert, Maßnahmen für die Wiederherstellung des Privatkundengeschäfts der Bundesschuldenverwaltung zu ergreifen.

Begründung: Ein bislang noch bestehendes kleines Privileg, das der Staat den Privatkunden bislang eingeräumt hat – das Privatkundengeschäft der Bundesschuldenverwaltung - ist ab dem Jahr 2013 eingestellt worden. Von dieser Entscheidung des Finanzministeriums ist auch die Tagesanleihe des Bundes betroffen, eine sehr kurzfristige und sehr sichere Anlageform für Privatkunden, die nicht dem Risiko von Bankenpleiten ausgesetzt ist und damit die perfekte Alternative zu Tagesgeldkonten der Banken darstellt, denen sie unter dem Sicherheitsaspekt haushoch überlegen ist. Für die Privatkunden ergeben sich aus der Entscheidung des Finanzministeriums vier Nachteile: 1. Privatkunden müssen immer wieder neue Bundesanleihen mit sehr geringen Restlaufzeiten kaufen, wenn Sie weiterhin die Sicherheit des Bundes dem Risiko maroder Banken vorziehen. Damit verbunden ist ein erheblicher Mehraufwand. 2. Privatkunden sind mit kurzfristigen Bundesanleihen weniger flexibel als mit der Tagesanleihe, die täglich fällig ist und für weitere Dispositionen zur Verfügung steht. In Zukunft müssen Sie zuerst aktiv werden und kurzfristige Anleihen verkaufen, wenn Sie Umschichtungen vornehmen möchten. 3. Privatkunden entstehen sowohl zusätzliche Kosten für Kauf und Verkauf von Bundesanleihen als auch durch Depotgebühren. 4. Privatkunden werden von Bankberatern zunehmend damit konfrontiert statt niedrig verzinslicher kurzfristiger Bundesanleihen ein Bankprodukt zu kaufen, das mit möglichst hohen Margen ausgestattet ist. Insbesondere in Zeiten, in denen hunderte von Milliarden Euro Steuergelder in das gesamteuropäische Überschuldungsrisiko opulent agierender Staaten und Banken investiert werden, sollte der Bund den Privatkunden auch weiterhin eine kurzfristige und sehr sichere Anlageform zur Verfügung stellen.


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Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 13

Antrag 300 Betr.:

Bürokratie für Hartz IV Empfänger verringern

Antragsteller: Kreisverband Nordhausen

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4

Die FDP setzt sich für höhere anrechnungsfreie Zuverdienstmöglichkeiten von Leistungsempfängern nach dem SGB II (Hartz IV Empfänger), Pauschalen bei Wohnkosten und erleichterte Antragstellung auch durch Verwendung bereits vorhandener Daten ein.

Begründung: Die FDP strebt die Einführung des liberalen Bürgergeldes an. Für Leistungsempfänger von Transferleistungen gibt es dann nur wenige Ansprechpartner. Der Weg dahin ist noch weit. Hartz VI Empfänger stellen z.B. bei anderen Ämtern Wohngeldanträge für Wohngeldleistungen, die finanziell für sie selbst keinen Vorteil mit sich bringen, da sie auf die SGB II Leistungen angerechnet werden. Es gilt Hartz IV Empfänger zum Einstieg zu dem Ausstieg aus dem Bezug von Sozialleistungen zu motivieren. Es entspricht einem freien Menschen, wenn dieser in stärkerer Eigenverantwortung entscheidet wie er wohnen möchte und wie viel Energie er verbraucht. Es ist besser sich für eine neue Tätigkeit zu qualifizieren als mit Formularen herumzuschlagen.


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Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 15

Antrag 400 Betr.:

Geheimdienst-Affäre aufklären - Überwachung begrenzen

Antragsteller: Bundesvorstand Bundesvereinigung Junge Liberale

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4 5

Die aktuelle Affäre um die Programme PRISM und TEMPORA sowie die Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz zeigt dringenden nationalen wie internationalen Handlungsbedarf. Alle Sicherheits- und Geheimhaltungsinteressen müssen sich an den Grundsätzen des Datenschutzes und der Verhältnismäßigkeit messen lassen.

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Im Einzelnen fordert die FDP:

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Grundrechte gelten umfassend

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• •

Die Bundesrepublik Deutschland muss ein internationales Datenschutzabkommen mit den USA anstreben, welches auch die Tätigkeit der Geheimdienste umfasst und sicherstellt, dass Daten nur anlassbezogen weitergegeben werden können. Bis zum Inkrafttreten eines solchen Abkommens müssen alle Abkommen zur freiwilligen Datenweitergabe an die USA ausgesetzt werden. Die Bundesrepublik Deutschland muss sich im Rahmen der außen- und sicherheitspolitischen Kooperation von EU und USA für ein entsprechendes Vorgehen auf europäischer Ebene einsetzen. Die Bundesregierung muss im Zuge der Novellierung des EU-Datenschutzrechts auf einem hohen Grundrechts-Standard bestehen. Dies gilt insbesondere für die Weitergabe von Daten durch eine verantwortliche Stelle an Dritte. Die entsprechende deutsch-französische Initiative im Rat der Justizund Innenminister wird unterstützt. Mit Blick auf drohende Wirtschaftsspionage ist im Rahmen der laufenden Verhandlungen über eine nordatlantische Freihandelszone ein separates Kapitel zum Datenschutz erforderlich. Im Rahmen der Vereinten Nationen ist auf ein Datenschutzabkommen, etwa als Zusatzprotokoll zu Art. 17 IPBPR, hinzuarbeiten. Die dahingehende Initiative der FDP in der alten Bundesregierung begrüßen wir ausdrücklich und wollen sichergestellt wissen, dass Daten auch international nur anlassbezogen weitergegeben werden können.


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Bessere Aufsicht für die Geheimdienste

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Gegen Großbritannien und Frankreich soll ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH eingeleitet werden.

Alle bestehenden Verwaltungsvereinbarungen zwischen deutschen und ausländischen Geheimdienstbehörden gehören auf den Prüfstand und müssen bei Bedarf aufgehoben werden. Soweit Verwaltungsvereinbarungen zwischen deutschen und ausländischen Geheimdienstbehörden den grundrechtssensiblen Bereich betreffen, ist künftig schon beim Abschluss solcher Vereinbarungen eine angemessene parlamentarische Beteiligung sicherzustellen. Eine umfassende Strukturreform aller deutschen Geheimdienst-Behörden ist nötig. Dazu gehören auch Maßnahmen wie die Auflösung der Landesämter für den Verfassungsschutz und des MAD. Die Vernetzung europäischer Geheimdienste muss transparenter erfolgen. Die Aufgaben und Befugnisse des EU-Geheimdienstkoordinators müssen klar gefasst werden. Zur Erarbeitung und Implementierung Europäischer Geheimdienststandards soll eine Konferenz der Geheimdienstkoordinatoren ins Leben gerufen werden.

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Mehr parlamentarische Kontrolle und Rechtsschutz für den Bürger

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• • •

Die personelle und finanzielle Ausstattung der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist zu verbessern. Das PKGr soll eine eigene Geschäftsstelle mit Mitarbeitern erhalten. Die Geheimhaltungspflicht der Abgeordneten gegenüber ihren Mitarbeitern und den zuständigen Mitgliedern der G10-Kommission, des Gremiums nach Art. 13 Abs. 6 GG und des Haushaltsausschusses wird abgeschafft. Entsprechend der Regelung in Art. 45a GG für den Verteidigungsausschuss muss das Parlamentarische Kontrollgremium mit einigen Rechten eines Untersuchungsausschusses ausgestattet werden. Diese Rechte müssen durch ein Viertel der Mitglieder des Gremiums geltend gemacht werden können. In Ausnahmefällen kann das PGKr mit 2/3-Mehrheit der Mitglieder die Veröffentlichung vertraulicher Unterlagen beschließen. Das Parlamentarische Kontrollgremium erhält ein Klagerecht gegenüber den Geheimdiensten. Des Weiteren sollen Mitarbeiter der Geheimdienste sich direkt an die Mitglieder der zuständigen parlamentarischen Gremien wenden können, ohne ihre Vorgesetzten hierüber informieren zu müssen.


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Sobald das Ausmaß der Überwachung deutscher Staatsbürger aufgeklärt ist, muss die Aufgabenverteilung zwischen Parlamentarischem Kontrollgremium und G10-Kommission überdacht werden. Soweit es zu einer heimlichen Überwachung deutscher Staatsbürger gekommen ist, bedarf es einer Kooperation beider Gremien, um dem Datenschutzinteresse der Betroffenen gerecht zu werden. Auf europäischer Ebene muss die Geheimdienst-Kontrolle durch das Europäische Parlament intensiviert werden. Zudem muss ein fester Austausch-Rahmen für die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollgremien in den Mitgliedsstaaten geschaffen werden. Im Zuge der Verhandlungen des Europäischen Gerichtshofs über die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wird zu klären sein, inwiefern die EU selbst für einen umfassenden Grundrechtsschutz sorgen muss und inwiefern sie dabei auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verweist. Unabhängig von der im Urteil des Europäischen Gerichtshofs zugrunde gelegten Prüfungskompetenz muss die Bundesrepublik Deutschland in der EU auf einen hohen Grundrechts-Standard drängen.

Sensibilität für Datenschutz und Privatsphäre erhöhen •

Im neuen Personalausweis muss eine qualifizierte elektronische Signatur eingeführt werden, die jeder Bürger für den persönlichen Einsatz kostenfrei nutzen kann. Kryptographische und IT-sicherheitsorientierte Softwareprojekte, die einen sicheren Datenaustausch auch über unsichere Plattformen ermöglichen, sind zu fördern und weiter zu entwickeln. Europäische Gesetzgebungsvorhaben, die im Zusammenhang mit den Schutz der persönlichen Daten der Bürger zu unverhältnismäßigen Grundrechtseingriffen führen, wie etwa die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, müssen gestoppt werden. Die Sensibilität für Datenschutz und Privatsphäre in der Zivilgesellschaft muss weiter wachsen. Die neue Stiftung Datenschutz sollte in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle spielen und dafür mit den entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden. Die Bundesregierung und die Stiftung Datenschutz müssen darauf hinwirken, dass die öffentliche Debatte über Datenschutz und Privatsphäre auch auf europäischer Ebene breiter geführt wird.

Begründung: Erfolgt mündlich.


AuĂ&#x;erordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 18


Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 19

Antrag 401 Betr.:

Liberale Forderungen als Konsequenz aus der NSAAbhöraffäre

Antragsteller: Landesverband Baden-Württemberg

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3

Seit Jahren haben sich die Liberalen standhaft eingesetzt für den Schutz der Daten und von Kommunikation der Bürger, man denke nur an die Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung.

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Umso bedrückender sind die nun zutage getretenen Vorgänge. Die Liberalen verurteilen die flächendeckende Überwachung Deutschlands durch fremde Geheimdienste.

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Die Liberalen fordern:

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1. Die Aufklärung und Ahndung von damit zusammenhängenden Straftaten auf deutschem Boden. Der Generalbundesanwalt sollte Ermittlungen aufnehmen. 2. Eine Anhörung von Edward Snowden vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Abhöraffäre und freies Geleit. 3. Eine europäische Antwort der EU an den amerikanischen Verbündeten. 4. Entwicklung europäischer Email-Kapazitäten und Suchmaschinen dergestalt, dass keine technischen Einrichtungen außerhalb der EU verwendet werden. 5. Es muss eine Übereinkunft zwischen EU und den USA erarbeitet werden, dass a) Parlamentarier und Regierungsmitglieder des einen Partners vom anderen Partner nicht abgehört werden b) dass die Regierungen sich enthalten, auf dem Gebiet des Vertragspartners Industriespionage zu betreiben.

Begründung: Erfolgt mündlich.


AuĂ&#x;erordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 20


Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 21

Antrag 402 Betr.:

Datenschutz an Hochschulen

Antragsteller: Bundesvorstand Bundesvereinigung Liberaler Hochschulgruppen

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1

Gläserne Studierende verhindern

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Die FDP begrüßt eine Optimierung der Lehrbücher durch eine entsprechend anonymisierte Auswertung des Konsums digitaler Lehrbücher als konsequente Erweiterung des eLearnings. Dabei lehnen wir jedoch eine personenbezogene Lese- und Lernverhaltensanalyse derjenigen Studierenden, die digitale Lehrbücher verwenden, ab. Studierende dürfen nicht zu gläsernen Nutzern werden.

7

Matrikelnummern sind kein Mittel der Transparenz

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Matrikelnummern sind kein Mittel der Transparenz sondern des Datenschutzes. Sie dienen beispielsweise dazu Prüfungsleistungen zu anonymisieren. Noch viel zu oft wird diese Funktion von Matrikelnummern ignoriert oder missverstanden, indem beispielsweise in Lehrveranstaltungen Anwesenheitslisten ausgeteilt oder bei Klausuren Klarnamen abgefragt werden, in denen Studierende ihren Name und ihre Matrikelnummer eintragen müssen. Diese Vorgehensweise ist eine Verletzung des Datenschutzes und muss entsprechend geahndet werden.

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Die FDP fordert daher die Hochschulrektorenkonferenz auf, einen Maßnahmenkatalog für den richtigen Umgang mit Matrikelnummern und studentischen Daten zu erarbeiten, den jede Hochschule als Selbstverpflichtung umsetzt. Dabei soll geprüft werden, welche Möglichkeiten zur Ahndung eines solchen Fehlverhaltens von Lehrenden möglich sind. Zudem soll es an allen Hochschulen studentische Ansprechpartner geben, an die sich Studierende wenden können, wenn sie fahrlässigen Umgang mit studentischen Daten bemerken. Die Behebung der Datenschutzmängel soll stichprobenartig untersucht werden.

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Videoüberwachung zurückbauen

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Die FDP beobachtet die Ausweitung der Videoüberwachung an Hochschulen äußerst kritisch. Videoüberwachungen halten wir nur in durch die Hochschulen begründeten Einzelfällen für sinnvoll.


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Eine umfassende Überwachung wäre weder den Studierenden, noch den Professoren zuzumuten und führt in keiner Weise zu mehr Sicherheit. Wir lehnen aber nicht grundsätzlich die Ausrüstung von Hör- und Seminarräumen mit Kameras ab, solange diese ausschließlich der Aufzeichnung von Lehrveranstaltungen dienen und die Aufnahmen keine Rückschlüsse auf die Teilnehmer der Veranstaltung zulassen. Insbesondere bei Seminaren, die maßgeblich aus den Beiträgen der Studenten bestehen, müssen die Studierende ein Widerspruchsrecht haben.

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Wir fordern bei der Videoüberwachung an Hochschulen mehr Transparenz und die Veröffentlichung von Listen, an welchen Standorten entsprechende Videoanlagen installiert wurden.

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Vielmehr sollte seitens der Universitäten durch das Aufstellen von mehr abschließbaren Spinden das Diebstahlpotential minimiert werden. Das Problem wird so an der Wurzel gepackt und eine Videoüberwachung überflüssig.

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Eine flächendeckende Beleuchtung soll ebenfalls als vorbeugende Maßnahme angestrebt werden.

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Die Datenschutzbeauftragten an den Hochschulen fordern wir auf, nicht nur die formalen gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten, sondern sich einem weiteren Ausbau der Videoüberwachung entgegenzustellen und vielmehr einen Abbau der bisherigen Anlagen nach kritischer Prüfung der Wirksamkeit voranzutreiben. Hierzu gehört auch, neben der notwendigen Kennzeichnung der überwachten Stellen, auch eine hochschulöffentliche Begründung für die jeweilige Überwachung unter Einbezug der Studentenvertretung. Für den Fall, dass die Studierendenvertreter keine Notwendigkeit zur Überwachung sehen, sollen diese ein Vetorecht haben, um gegen die geplante Überwachung vorgehen zu können.

Begründung: Erfolgt mündlich.


Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 23

Antrag 450 Betr.:

Bildung statt Mindestlohn

Antragsteller: Landesverband Thüringen, Thomas Vollmar

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4 5 6

Die FDP ist aufgefordert, in den Ländern eine vertragliche Kooperation anzuregen. Hiernach soll eine Zusammenarbeit zwischen vier Parteien angestoßen werden. Dazu zählen Firmen, welche qualifizierte Mitarbeiter suchen, Arbeitslose und/oder Niedrigverdiener, die eine gut bezahlte Arbeit suchen, die Bundesagentur für Arbeit sowie die jeweils zuständigen Handwerks- bzw. Industrie- und Handelskammern.

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Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, Arbeitnehmer dahingehend zu qualifizieren, dass sie die Stellen besetzen können, für welche viele Firmen keine Bewerber finden können. Dabei sollen nicht unbedingt vollständige Berufsbilder vermittelt werden, sondern zunächst ausgewählte Fähigkeiten, welche seitens der Firmen dringend nachgefragt werden. Dazu muss die suchende Firma Ausbildungsinhalte definieren und mit der zuständigen Kammer soweit abstimmen, dass diese ein entsprechendes Zertifikat dafür entwickelt, welches sie am Ende der Bildungsmaßnahme auch abprüft. Das dient dem Ziel, dass der so weitergebildete Arbeitnehmer mit Abschluss der Maßnahme einen für seinen beruflichen Werdegang nutzbaren Beleg über diese Bildungsmaßnahme erhält. Die Ausbildung selber ist -unter Mitwirkung der suchenden Firma/Firmen- seitens der Bundesagentur zu finanzieren. Die BA hat die beteiligte Firma, bzw. beteiligte Firmen zu verpflichten, den teilnehmenden Arbeitnehmern bei erfolgreicher Ausbildung ein verbindliches Arbeitsangebot zu einer attraktiven Vergütung zu unterbreiten.

Begründung: Erfolgt mündlich.


AuĂ&#x;erordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 24


Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 25

Antrag 451 Betr.:

Inklusion darf die Qualität des Schulunterrichts nicht beeinträchtigen. Bildungsstandards müssen eingehalten werden.

Antragsteller: Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4 5 6

Wir fordern ein differenziertes Schulsystem, das sich auch an den Leistungsstärkeren orientiert, Leistungsbereitschaft und -willen honoriert und hohe Bildungsstandards gewährleistet. Leistungsschwächeren muss die Hilfe gewährt werden, die sie benötigen. Inklusion ist als soziales Projekt zu begreifen, das jede Unterstützung verdient, sie darf aber nicht zu einer Qualitätsminderung des Unterrichts und damit zur Herabsetzung von Bildungsstandards führen.

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Inklusion bedingt kleinere Klassen und deutlich mehr qualifiziertes Personal, damit wir allen Schülern und Schülerinnen - je nach individuellem Potential - gerecht werden können. Ohne die politische Bereitschaft zu mehr Investitionen in eine qualitativ hochwertige Inklusion, die allen Schülerinnen und Schüler einen qualifizierten Unterricht ermöglicht, wäre es zielführender, die bestehenden Sonderschulformen beizubehalten. Werden diese aber zunächst zerschlagen und keine qualitativ hochwertige Umsetzung von Inklusion folget, wären alle Schüler und Schülerinnen im Endeffekt Bildungsverlierer. Das wollen wir Liberalen vermeiden.

Begründung: Deutschlands wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hängt in hohem Maße von qualifizierten Akademikern und Facharbeitern ab. Jahrzehntelang ermöglichte ein differenziertes Schulsystem unterschiedliche Bildungswege mit qualifizierten Abschlüssen. Diese waren die Grundlage und der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Berufsausbildung, die den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands garantierten. Ebenfalls seit Jahrzehnten wird aber auch über das „beste“ Bildungssystem gestritten, viel Geld wurde investiert und eine Reform jagte die nächste. Mit welchen Folgen? Es werden geradezu inflationär Einser-Abschlüsse produziert, gleichzeitig klagen aber die DIHK und die deutschen Fakultäten über eine zunehmende Zahl von Schulabgängern, die nicht in der Lage sind, eine Berufsausbildung oder ein Studium ohne zusätzliche


Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 26 Unterstützung aufzunehmen. Eine Vielzahl von Reformen hat eine Reihe von verschiedenen Schulformen hervorgebracht, die nun um die immer weniger werdenden Schülerinnen und Schüler konkurrieren. In der Diskussion, warum sich Schülerinnen und Schüler für einen Schultyp entscheiden sollen, spielen Faktoren wie NichtSitzenbleiben oder selbstbestimmter Unterricht entscheidende Rollen. Über die Leistungsfähigkeit der Schulen, einen qualifizierten Unterricht mit hohem Leistungsanspruch anzubieten, wird dagegen in der Regel nicht diskutiert. Verschiedene ältere OECD-Studien (PISA) bei Schulkindern und aktuell bei Erwachsenen haben teilweise in erschreckendem Maße Defizite dargelegt, ebenso bei einer gerade abgeschlossenen Studie zur Leistungsfähigkeit von Neuntklässlern im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Offensichtlich haben die Reformen der vergangenen Jahre eher zu einer Leistungsminderung denn zu einer –steigerung geführt. Es fehlt in der gesellschaftlichen Diskussion zur schulischen Ausbildung seit Jahren der Wille, Leistungsbereitschaft öffentlich zu fordern, zu fördern und zu honorieren. Nach Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention von 2006, die vom Bundestag 2009 ratifiziert wurde, sollen nun "Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grund- und weiterführenden Schulen haben". Kinder mit den unterschiedlichsten Behinderungen mit unterschiedlichster Ausprägung sollen nun in den Regelklassen ganz einfach am Unterricht teilnehmen. Bislang gibt es weder ein konkretes Konzept oder gar bundesweite Standards die vorgeben, wie und in welchem Umfang behinderte Kinder in Regelklassen aufgenommen werden sollen. Auf Grund der unterschiedlichen Behinderungen mit unterschiedlicher Ausprägung muss jeweils Klassenweise geklärt werden, welche Förderung sie brauchen und wie man sie bereitstellt. Ebenso ist ungeklärt, welche Fortbildung Lehrer für den Unterricht in Inklusionsklassen erhalten müssen. Das aktuelle Fazit lautet somit: Zum jetzigen Zeitpunkt sind weder die personellen noch die finanziellen Ressourcen für einen flächendeckend funktionierenden Inklusionsunterricht geschaffen worden. Es ist schwer abzuschätzen, welchen Einfluss Inklusion auf den praktischen Ablauf des Schulunterrichtes haben wird. Vor dem Hintergrund der unzureichenden personellen und finanziellen Ausstattung wird dieser eher negativ sein und somit zu einer Verschlechterung der Unterrichtsqualität und damit zur Herabsetzung von Bildungsstandards führen.


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Antrag 500 Betr.:

Rahmenbedingungen für Frack-Verfahren - Ängste und Sorgen der Menschen ernst nehmen

Antragsteller: Landesverband Niedersachsen

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

In den letzten Jahren haben technologische Entwicklungen im Bereich der Erdgasförderung und Tiefengeothermie (Fracking) zu Ängsten und Sorgen bei den Menschen geführt. Diese Ängste und Sorgen nimmt die FDP ernst, ohne sie zu instrumentalisieren. Neue technologische Entwicklungen dürfen nicht grundsätzlich abgelehnt werden, sondern müssen neu bewertet werden. Daher fordert die FDP: • • •

• •

• •

kein Fracking in Trink- und Mineralwassergewinnungsgebieten sowie in Solefördergebieten; die Information und Beteiligung der Öffentlichkeit bereits vor der ersten Aufsuchungsbohrung; eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bei der Gasförderung in Schiefergestein und Kohleflözen sowie Kriterien für eine Umweltverträglichkeitsvorprüfung für Tiefengeothermie und Bohrlochstimulierung; eine zwingende Beteiligung der zuständigen kommunalen Körperschaft bei allen Verfahren; die Offenlegung aller Bestandteile der Frack-Flüssigkeiten: Es muss sichergestellt werden, dass durch die Verwendung der Frack-Flüssigkeiten keine Gesundheits- und Umweltgefährdung entsteht; die Industrie auf, die Frack-Flüssigkeiten und Frackverfahren fortlaufend zu optimieren und in diesem Bereich weiter zu forschen; eine generelle Beweislastumkehr im Bergrecht, so dass beispielsweise im Falle einer Kontamination das Fracking-Unternehmen nachweisen muss, dass die Verunreinigung nicht in Zusammenhang mit dem Fracking steht; im Übrigen gelten die allgemeinen Regelungen zur Schadensersatzpflicht im Bergrecht; fortlaufend und unmittelbar die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Forschung in die Genehmigungsverfahren aufzunehmen.

Begründung: Erfolgt mündlich.


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Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 29

Antrag 501 Betr.:

Quotenmodell - Gesetzesinitiative für eine marktwirtschaftliche Reform der Energieförderung

Antragsteller: Landesverband Hessen

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

1. Die FDP fordert mehr Effizienz und Marktwirtschaft beim Ausbau der erneuerbaren Energien. 2. Die FDP stellt fest, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz innovationsund wettbewerbshemmend ist und daher abgeschafft gehört. 3. Die FDP stellt fest,dass die Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 ihr Ziel bis heute nicht erreicht hat. Da die Bundesnetzagentur nach dem Abschalten von acht Kernkraftwerken und dem teilweise hohen Aufkommen an fluktuierenden Strommengen starke Eingriffe in die Fahrweise von Kohle- und Gaskraftwerken vornehmen muss, um die Netzstabilität zu gewährleisten, kann im Stromerzeugungsbereich mittlerweile kaum noch von Wettbewerb gesprochen werden. Wettbewerblich organisiert ist allein der Vertrieb. 4. Die FDP stellt fest, dass die Energiewende nur gelingen wird, wenn Energie für die Wirtschaft und die Haushalte bezahlbar bleibt und jederzeit verfügbar ist. Dies erfordert einen Preis- und Innovationsdruck, wie er nur im Wettbewerb entsteht. Daher setzt sich die FDP für ein Quotenmodell ein, weil der notwendige Ausbau der erneuerbaren Energien nur in einem solchen System organisiert werden kann, das die Effizienz und die Kosten ins Zentrum rückt. 5. Die FDP unterstützt die Ablehnung des EEG und tritt für ein europaweit angelegtes Quotenmodell ein. In diesem Modell würden die Versorgungsunternehmen verpflichtet, einen bestimmten Anteil Strom aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Da sie ihn dort einkaufen würden, wo er am günstigsten ist, würde ein Wettbewerb um die kosteneffizienteste Technologie, Energieform und Anlagengröße ausgelöst. Gerade für die deutschen Hersteller würde das zusätzliche Nachfrage auf Zukunftsmärkten schaffen und sie damit aus der Rolle des Subventionsempfängers befreien. 6. Die FDP sieht es als Bestätigung ihrer Position, dass sich die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Ver-


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kehr sowie das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie deutlich für ein Quotenmodell aus- sprechen und das EEG in seiner derzeitigen Form ablehnen. 7. Die FDP begrüßt, dass der Wirtschaftsminister des Freistaats Sachsen ein wissenschaftliches Gutachten von Prof. Justus Haucap (Universität Düsseldorf) und Prof. Jürgen Kühling (Universität Regensburg) vorgestellt hat, das ein Quotenmodell empfiehlt und konkrete Vorschläge macht, wie dieses Quotenmodell ausgestaltet werden kann. 8. Die FDP begrüßt, dass der Wirtschaftsminister des Freistaats Sachsen außerdem eine Gesetzesinitiative für eine marktwirtschaftliche Reform der Energieförderung vorlegt hat. Die FDP hat ebenso ein Interesse daran, sich klar zur Energiewende zu bekennen und sie voranzubringen, aber endlich Schluss zu machen mit der preistreibenden Planwirtschaft, die eine Bedrohung für unsere Unternehmen darstellt. Ziel der Politik müssen bezahlbare Strompreise für Unternehmen und Verbraucher sein. Der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien muss schnellstmöglich auf eine kosteneffiziente Basis umgestellt werden, um den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie Hessen nicht zu gefährden und die Haushalte vor massiv steigenden Strompreisen zu schützen. 9. Die FDP begrüßt, dass die FDP-geführten Ministerien aus Hessen und Sachsen bezüglich des vom sächsischen Wirtschaftsministerium vorgelegten Gutachtens und der weiteren Schritte des Freistaats Sachsen hinsichtlich einer Gesetzesinitiative zur Einführung eines Quotenmodells in Kontakt stehen. Zudem wird begrüßt, dass auch auf der Ebene der Stellvertretenden Ministerpräsidenten der Länder Sachsen und Hessen diesbezüglich Gespräche stattfinden sollen. 10. Die FDP stellt fest, dass die Unzulänglichkeiten des bestehenden EEG die Politik zum Handeln auffordern. Daher wird sich die FDP für die Einführung eines Quotenmodells einsetzen.

Begründung: Erfolgt mündlich.


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Antrag 550 Betr.:

Bezahlbarer Wohnraum für alle Studierenden

Antragsteller: Bundesvorstand Bundesvereinigung Liberaler Hochschulgruppen

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4

Die Freie Demokratische Partei (FDP) sieht mit großer Besorgnis eine zunehmend angespannte Lage im Bereich des studentischen Wohnens und fordert in Städten mit Hochschulstandort mehr Wohnheimplätze, um eine ausreichende Versorgung sicherzustellen.

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Aus folgender Analyse ergeben sich unsere Kernforderungen:

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• •

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Zur Bearbeitung dieses Problems sieht die FDP mehrere Ebenen und Akteure:

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In den letzten Jahren hat sich nicht nur die Zahl der Menschen erhöht, die eine Hochschulzugangsberechtigung (HZB) erhalten haben, sondern auch die Zahl der Studienanfänger. Derzeit hat Deutschland eine Studienanfängerquote von 55% - 2006 waren es lediglich 35,7%. Diese Lage wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Daher ist es absolut notwendig bereits jetzt alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um den zukünftigen Studierenden ausreichenden und gleichzeitig bezahlbaren studentischen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

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Akteure:

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Studentenwerke:

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Der Bau neuer Wohnheime, der Ausbau und die Sanierung bestehender Wohnheime muss für die Studentenwerke oberste Priorität haben.

Die Studentenwerke müssen ihre Investitionen in studentischen Wohnraum erhöhen. Dafür müssen sie von den zuständigen Landesregierungen mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet werden. Das Engagement privater Träger soll gefördert werden. Die Weiternutzung leerstehender Kasernenflächen als studentischen Wohnraum erachten wir als geeignet. Die Zweckbindung der Kompensationszahlungen, die bis 2019 vom Bund an die Länder gezahlt werden für den sozialen Wohnungsbau.


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Es ist zu beobachten, dass viele Bundesländer in den letzten Jahren ihre Zuweisungen an Studentenwerke gekürzt haben, z.B. Schleswig-Holstein und Sachsen. Diese Entwicklung kritisieren wir sehr.

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Private Trägerschaft:

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In den vergangenen Jahren ist zunehmend ein Einstieg privater Investoren und Interessengruppen auf dem studentischen Wohnungsmarkt zu beobachten. Hinsichtlich der Ausweitung des Angebots, Übernahme hauptsächlich staatlicher Aufgaben durch Private und mehr Wettbewerb muss geprüft werden, wie die Aktivität Privater auf dem studentischen Wohnungsmarkt angeregt werden kann.

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Ebenen:

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Bund:

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Die FDP heißt es für gut, dass der Bund die Kompetenzen bezüglich sozialem Wohnungs- und Hochschulbau an die Länder abgegeben hat, da Länder und Kommunen über den größeren Erfahrungsschatz zur praktischen Anwendung verfügen. Im Sinne der Subsidiarität halten wir es für richtig, dass die Problemlösungskompetenz ausschließlich auf die Ebenen übertragen wird, die sich nicht nur am besten mit den Problemen auskennen, sondern die auch maßgeblich von ihnen betroffen sind. Dafür müssen diesen aber auch die entsprechenden finanziellen Spielräume gelassen bzw. zur Verfügung gestellt werden.

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Auch den Einfluss der KfW Förderbank auf den Neubau und die Sanierung von studentischen Wohnbauten halten wir für sinnvoll. Trotz allem fordern wir, dass die Gelder, die bis 2019 noch vom Bund an die Länder gezahlt werden, endlich zweckgebunden in allen Bundesländern verwendet werden. Wir fordern darüber hinaus, dass 25 Prozent der Ausgleichszahlungen für den studentischen Wohnungsbau verwendet werden müssen.

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Die FDP begrüßt es, dass die Förderprogramme „Energieeffizient Bauen“ und „Energieeffizient Sanieren“ erfolgreich von den Studentenwerken genutzt werden können. Auch die Förderung des Baus von Studentenwohnheimen durch den „IKS-KfW Investitionskredit Soziale Organisation“ halten wir für sehr sinnvoll. Wir fordern, dass diese Programme weiterhin verfügbar für die Studentenwerke bis 2020 bleiben.

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Kommunen:

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Die FDP betrachtet die Hochschulstädte als die eigentliche EntscheidungsVerantwortungsebene, da den Kommunen die Faktoren der ortsspezifischen ge am besten bekannt ist. Von daher ist es Aufgabe der Kommunen, neue chen, wenn möglich in Universitätsnähe, zu erschließen und leerstehende

und LaFläGe-


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bäude effektiv zu nutzen. Es ist wichtig, dass die Nutzung von Gebäuden, die ursprünglich nicht als Wohnraum gedacht waren, flexibel von statten geht. Der Bundesverband fordert somit, dass beispielsweise ehemalige Büro- und Industrieverwaltungsgebäude unbürokratisch und flexibel zu Wohnraum umgewidmet werden können, und gegebenenfalls auch wieder zurück. Die Nutzung soll ganz im Interesse des Eigentümers gestaltet werden, wenn dieser auf eigenes Risiko sich einen größeren Nutzen von seinen Räumlichkeiten als Wohnfläche anstelle von Bürofläche verspricht, soweit nicht gesundheitliche Risiken oder andere Gefährdungen potentieller Mieter dagegen sprechen.

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Wir appellieren außerdem an die Städte und Gemeinderäte, dass diese private Wohnungsbauprojekte nicht durch erschwerende Auflagen behindern, sondern viel mehr innovative Wohnprogramme hinsichtlich der Nachhaltigkeit unterstützen und gegebenenfalls Sondergenehmigungen vergeben. Dies soll auch für die Kriterien für den Bau studentischer Wohnheime gelten. Bei diesen ist beispielsweise nicht im geringsten vom gleichen Bedarf von Stellplätzen, gegebenenfalls sogar unterirdischen, im Vergleich zu für die Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Neubauten auszugehen. Solche Auflagen treiben die Kosten für (studentischen) Wohnungsbau in die Höhe, machen sie gegebenenfalls sogar unrentabel, womit sie zum Leidwesen der Studenten verhindert werden können. Falls aufgrund von topographischen Begebenheiten in Universitätsnähe keine Flächen und Gebäude mehr für (studentischen) Wohnraum zu erschließen sind, soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass für den Übergang auch Privatbesitzer ihren nicht genutzten Wohnraum an wohnungssuchende Studierende untervermieten sollten. Auch etwas abseits gelegene Stadtgebiete müssen beworben werden, damit die Studierende auch dort nach passendem Wohnraum suchen wollen. Hierfür ist besonders die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs in den Städten von größter Wichtigkeit.

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Bestandsnutzung:

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Die FDP fordert die Bundesregierung und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die diese verwaltet und verwertet auf Konversionsflächen schneller zu entwickeln, damit diese effektiv von den Städten, an die sie zurückgehen, genutzt werden, oder zielgerichteter an Investoren verkauft werden können. Somit kann auf diesen Flächen neuer und günstiger, sowie für Studenten geeigneter Wohnraum entstehen. Als Beispiel bleibt hier das heutige „Französische Viertel“ in Tübingen zu nennen, welches aus dem Gelände der ehemaligen Hindenburg-Kaserne – nach Abzug der französischen Truppen hervorgegangen ist. Heute ist das „Französische Viertel“ Standort eines Studentenwohnheims.

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Zukunftsperspektiven:


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Ein interessanter Aspekt ist für uns der Bau von Mehrgenerationenhäusern.Studenten und Senioren sollen gemeinsam unter einem Dach leben. Der Vorteil: Mit eventuell zurückgehenden Studierendenzahlen können freiwerdende Kapazitäten nach und nach in Seniorenwohnungen umgewandelt werden. Das Modell der Mehrgenerationenhäuser ermöglicht eine langfristige, demographiefeste Nutzung der entstandenen Wohnanlagen. Nebenbei fördert es den gesellschaftlichen Zusammenhalt zwischen Jung und Alt.

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Temporäres Wohnen:

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Es müssen auch eher unkonventionelle Ideen weiter gedacht werden und formen temporären Wohnens angegangen werden. Hierzu kann eine Kommune Freifläche vorübergehend als Bauland ausweisen, um es einer temporären Wohnnutzung zur Verfügung zu stellen. Eine im europäischen Ausland sehr erfolgreiche Variante des temporären Wohnens stellen Wohncontainer dar. Denkbar wäre diesbezüglich auch die Werbung bzw. finanzielle Unterstützung für Privathaushalte, die kurzfristig studentischen Wohnraum bereitstellen können.

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Wir Liberale lehnen übermäßige staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt, welche über den ordnungspolitischen Rahmen hinausgehen ab. Einer „Mietpreisdeckelung, erteilen wir Liberalen eine klare Absage. Stattdessen packen wir die Probleme an der Wurzel und behandeln nicht deren Symptome.

Begründung: Erfolgt mündlich.


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Antrag 800 Betr.:

Wir wagen den Neubeginn - die FDP nach 2013

Antragsteller: Bundesvorstand Bundesvereinigung Junge Liberale

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4 5 6 7 8

Im Wahlkampf 2013 hat sich der politisch organisierte Liberalismus von seiner schlechtesten Seite gezeigt. Die FDP hat sich hilflos und verloren dargestellt. Es fehlte ihr an Überzeugungskraft, Charisma, Authentizität und Glaubwürdigkeit. Je näher der Wahltermin kam, umso mehr rückte die Vermittlung eigener politischer Inhalte in den Hintergrund. Identität und Handeln der Partei wurden vollkommen an die Schwarz-gelbe Regierung gekoppelt. Dadurch ist die FDP von einer liberalen Partei zunehmend zu einer schwarz-gelben Partei geworden, der Selbstverständnis und Souveränität in erheblichem Maße abhandengekommen ist.

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Die Niederlage am 22. September hat jedoch vor allem auch mit der schwachen Leistung in der Regierungszeit zu tun. Wesentliche Forderungen aus dem Bundestagswahlprogramm 2009 waren entweder schon im Wahlkampf unrealistische Luftschlösser, wurden in den Koalitionsverhandlungen zu bloßen Prüfaufträgen degradiert oder schlichtweg nicht umgesetzt.

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Die FDP muss sich ihren eigenen Platz im politischen Spektrum zurück erarbeiten. Wir wollen wieder eine selbstbewusste Partei sein, die nicht bloß Teil eines politischen Lagers ist. Massiv falsche Maßnahmen wie das Betreuungsgeld wurden im Austausch für Trostpflaster und unter dem Vorwand der “Vertragstreue” mitgetragen. Einen weiteren Kanzlerwahlverein braucht Deutschland nicht!

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Selbstverständnis leben

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Liberale stehen in der Öffentlichkeit unter besonderer Beobachtung. Die FDP tappt schneller als jede andere Partei in die Vorurteilsfalle, eine herzlose Besserverdiener-Lobby zu sein. Dies hängt auch mit dem mangelnden Respekt zusammen, den sich Liberale untereinander in der Debatte über den richtigen politischen Weg entgegen bringen.

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Die Meinungsvielfalt ist ein positives Alleinstellungsmerkmal der FDP. Damit unterscheidet sie sich von allen anderen Parteien. Statt durch seriöse Politik gemeinsam gegen unsinnige Vorurteile und ungerechte Unterstellungen zu kämpfen, ist die FDP oft genug mit gegenseitigen Beleidigungen und Diffamierungen beschäftigt. Viele Liberale meinen, den Bedeutungsgehalt des Liberalismus voll-


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umfänglich und absolut erkannt und für sich gepachtet zu haben. Entscheidet ein Parteitag entgegen der persönlichen Überzeugung, so wird das Ergebnis nicht akzeptiert, sondern in der Öffentlichkeit auf persönlicher Ebene sabotiert. Nur wenn alle Kräfte innerhalb des organisierten Liberalismus respektvoll miteinander umgehen, werden wir aber gemeinsam wieder erfolgreich sein können.

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Zum Selbstverständnis einer liberalen Partei muss auch ein fairer Umgang untereinander gehören. In der Regel werden FDP-Politiker von der eigenen Partei wahlweise als Messias oder als Totengräber des Liberalismus empfunden. Die Idee des Liberalismus umfasst jedoch Respekt vor den Fähigkeiten und Eigenschaften des Einzelnen. Diesen Respekt muss die FDP wieder erlernen und im politischen Miteinander leben.

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Durch Inhalte überzeugen

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Die FDP hat sich in einem langen Prozess ein neues Grundsatzprogramm gegeben. Die Karlsruher Freiheitsthesen bringen einen modernen, humanistischen Liberalismus zum Ausdruck. Die unterschiedlichen Facetten dieses Programms sind für die Menschen attraktiver, als es Kommunikation und Regierungshandeln der FDP erscheinen lassen. In der Regierungszeit und im Wahlkampf 2013 ist die FDP ihren eigenen politischen Ansprüchen nicht ausreichend gerecht geworden.

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Entscheidend für die Liberalen ist die Verbindung aus wirtschaftlicher und persönlicher Freiheit. Ein starker Markenkern und eine thematische Verbreiterung sind daher kein Widerspruch. Wer sich sowohl mit gesellschaftlichen, sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Fragen beschäftigt, der macht Politik auf Basis der Lebenswirklichkeit der Menschen. Gesellschaftspolitische Fragen und Bürgerrechte sind keine Randthemen, sondern gehören ebenso wie Wirtschaftsthemen untrennbar zur FDP.

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Zu einem klaren wirtschaftspolitischen Kurs gehört nicht nur ein Pochen auf volkswirtschaftlichen Modellannahmen, sondern auch das Anbieten von pragmatischen Lösungen für vorhandene Probleme. Haushaltskonsolidierung und der Abbau der Schuldenberge gehören zu unserem Verständnis von Generationengerechtigkeit. Einzig die Liberalen können glaubhaft für eine echte Steuerreform, Entbürokratisierung, Forschungsfreiheit und eine drastische Reduzierung von Subventionen eintreten. Die FDP muss vorhandenes Eigentum ebenso schützen wie die Möglichkeit überhaupt Eigentum erwerben zu können. Als liberale Partei dürfen wir nicht länger zulassen, dass im Parteiprogramm protektionistische Maßnahmen im Interesse einzelner Lobbygruppen festgeschrieben werden. Eine liberale Partei ist Verfechterin der sozialen Marktwirtschaft und eines Ordnungsrahmens, der für alle gleichermaßen gilt, nicht der verlängerte parlamentarische Arm von Partikularinteressen.


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Größere wirtschaftliche Unabhängigkeit bedeutet mehr individuelle Freiheit. Dies hat die FDP in der Vergangenheit nicht ausreichend aufgenommen. Liberale müssen alle Menschen in Deutschland von den Vorzügen der Freiheit überzeugen und eine freiheitliche Gesellschaft aufbauen. Freiheit kennt keine Klientel.

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Liberale stehen für Chancengerechtigkeit und Aufstiegschancen. Jeder Mensch muss unabhängig von seiner Herkunft alles erreichen können. Dafür setzen wir vor allem auf Autonomie für Bildungseinrichtungen und Wettbewerb zwischen verschiedenen Strukturen. Allen Schülern, Auszubildenden und Studenten sowie alle Eltern, denen an einer sachorientierten Bildungspolitik gelegen ist, wollen wir bei den Liberalen eine politische Stimme geben.

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Die FDP ist die Partei der Bürgerrechte. Sie hat in der Bundesregierung beispielsweise die Vorratsdatenspeicherung blockiert und Netzsperren wieder abgeschafft. Angesichts der aktuellen Ereignisse um die weltweite Geheimdienst-Überwachung erwarten die Menschen auch hier Antworten der Liberalen. Wir wollen alle Verfechter der Bürgerrechte einladen, gemeinsam mit uns Liberalen für mehr Bürgerrechte zu kämpfen. Dazu gehört auch ein Eintreten für mehr Beteiligung und Transparenz bei politischen Entscheidungen.

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Als Liberale bekennen wir uns zum Freiheitsprojekt Europa. Wir sehen aber auch, dass sich die Europäische Union derzeit in einer ernsten Krise befindet. Nur wenn es gelingt, die richtigen Weichen für die weitere Entwicklung der EU zu stellen, kann sie ein Erfolgsmodell bleiben. Ihre Politik muss sich künftig strikt an den Grundsätzen der demokratischen Legitimation, des Wettbewerbsföderalismus und der Subsidiarität orientieren. Dazu müssen die Institutionen umgebaut, finanzielle Unabhängigkeit und wirtschaftlicher Wettbewerb sichergestellt und die Kompetenzverteilung entwirrt werden. Unser langfristiges Ziel ist ein europäischer Bundesstaat, der diese Prinzipien verbindlich festschreibt. Hinsichtlich des ESM gilt, dass dieser keine Dauerlösung sein darf. Diese Kommunikationslösung erwarten wir auch von der FDP.

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Liberale Politik darf nicht beliebig und opportunistisch sein. Unsere Ideale sind kein Selbstzweck, sondern verbessern in der praktischen Umsetzung die Situation aller Menschen. Dazu ist es aber auch notwendig, gesellschaftliche oder soziale Probleme nicht einfach zu leugnen, sondern über liberale Lösungen zu diskutieren und sie zu finden.

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Liberalen liegt die Vielfalt der Gesellschaft am Herzen. Sowohl für die Nachkommen von Menschen, die nach Deutschland eingewandert sind, als auch für solche Menschen, die heute zu uns kommen, muss die FDP an einer echten Willkommenskultur mitarbeiten. Jeder, der den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel durch Zuwanderung bekämpfen will und jeder, der angesichts


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der unhaltbaren Situation vor den Toren Europas ein Umdenken in der Asylpolitik für erforderlich hält, muss bei den Liberalen willkommen sein.

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Die breit angelegte Hetze gegen die Grünen auf Kulturkampf-Niveau hat potenziellen Wähler der Grünen verschreckt, sie aber nicht davon überzeugt, statt dessen die FDP zu wählen. Der Populismus gegen Veggie-Day und Birkenstock-Sandalen hat dem politischen Gegner geschadet, der FDP aber nicht genutzt. Liberale lehnen Verbote als vorschnellen Reflex der Politik auch weiterhin ab. Die FDP muss aber künftig mehr auf inhaltlicher Ebene mit einem eigenen Freiheitsbegriff überzeugen, dass Technologie- und Fortschrittsfeindlichkeit sowohl Wachstums- und Jobkiller als auch Hemmnisse einer ökologischeren Politik sind.

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Stärke durch Unabhängigkeit und Offenheit

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Die FDP muss prinzipiell mit allen demokratischen Parteien verhandlungs- und bei einem hinreichenden Maß an inhaltlicher Übereinstimmung auch koalitionsfähig sein. Eine eigenständige Partei darf sich keine Selbstbeschränkungen in Form von bettelnden Zweitstimmenkampagnen und Koalitionsaussagen auferlegen. Aufgrund des geänderten Bundestagswahlgesetzes sind Zweitstimmenkampagnen auf Bundesebene generell als überholt zu betrachten. Die Entscheidung ob und mit wem eine Koalition gebildet wird, sollte allein davon abhängen, in welchem Umfang sich liberale Konzepte und Überzeugungen in einem Koalitionsvertrag wiederfinden. Die Wahlkampfprogramme sollten in Zukunft konsequent einer liberalen Linie treu bleiben, so dass die Parteibasis auch ohne Studium sämtlicher Beschlüsse klare Antworten auf Bürgerfragen geben kann.

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In den vergangenen Jahren hat die FDP den Kontakt zu vielen Schlüsselmultiplikatoren in Gesellschaft und Medien verloren, über die sie alle Bürger erreichen könnte. Diese Beziehung gilt es, wieder aufzubauen. Die FDP muss ein liberales Angebot für alle Bürger machen. Ohne Verankerung bei den Multiplikatoren kann ein Wiederaufbau nicht gelingen. Liberale dürfen sich daher nicht in Hinterzimmern und auf Fachkongressen verstecken. Die FDP muss jetzt den Kontakt zu Organisationen und Personen suchen, denen eine liberale Partei im Bundestag fehlt – auch und gerade, wenn diese in der Vergangenheit ihre Probleme mit der FDP gehabt haben.

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Moderne Strukturen für eine moderne Partei

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Die verkrusteten Parteistrukturen stammen noch aus Zeiten der Bonner Republik und müssen den Begebenheiten moderner Partizipationsmöglichkeiten angepasst werden. Wir fordern eine Basisbeteiligung bei der Aufstellung der Spitzenkandidaten zu öffentlichen Wahlen. So sollen diese künftig im Sinne einer Vorwahl durch eine Befragung aller Parteimitglieder in der jeweiligen Gebietskörperschaft verbindlich bestimmt werden.


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Die traditionellen regionalen Proporze müssen aufgebrochen werden. Nicht die Herkunft, sondern die Leistung sollte für eine Wahl ausschlaggebend sein. Die Kurfürstenliste und die Säulenheiligen-Regelung sind daher abzuschaffen. Eine Ersetzung der bisherigen Auswahlkriterien durch das Leistungsprinzip als einziges Kriterium für die Wahl von Funktionsträgern, unabhängig von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, Herkunft oder sonstigen sachfremden Erwägungen ist für eine liberale Partei angemessen. Trotzdem sollen in einer föderal organisierten Partei alle Landesverbände weiterhin Mitspracherecht haben, um der Basis vor Ort eine Stimme zu geben. Jeder Landesverband soll deshalb im Bundesvorstand, entweder durch Wahl oder spätere Kooption mindestens mit einer Person vertreten sein.

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Mit der Reform der Wahlregularien muss auch eine Verkleinerung des Bundesvorstandes um mindestens die Hälfte einhergehen. Der Bundesvorstand ist kein kleiner Parteitag, sondern das operative Arbeitsgremium der Partei. Jeder Beisitzer soll zudem ein konkretes Aufgabenfeld erhalten. Zudem soll die Trennung von Amt und Mandat im Bundesvorstand verstärkt werden. Hierzu soll die Anzahl von Bundesvorstandsmitgliedern, die in keinem Parlament vertreten sind, erhöht werden.

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Auf Bundesparteitagen soll künftig jedes Mitglied Rederecht und bereits ein einzelner Delegierter Antragsrecht haben. Organisatorisch muss der Parteitag zurückgefahren werden, um ihn für einen Bruchteil der Kosten durchführen zu können. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob zwei zweitägige ordentliche Bundesparteitage im Jahr möglich sind. Um die Basisbeteiligung zu stärken, ist einmal jährlich in einer Ausgabe des Mitgliedermagazins der FDP ein fester Platz für Mitgliederentscheide einzurichten. Auch müssen die Hürden für die Durchführung von Mitgliederentscheiden grundsätzlich gesenkt werden. Außerdem sollte die Durchführung von Bundeshauptausschüssen, als ergänzendem Organ, satzungsrechtlich ermöglicht werden.

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Das Unternehmens- und Finanzgeflecht der Partei ist mittlerweile fast undurchschaubar geworden. Dieses gilt es radikal zu entflechten und transparent zu gestalten. Für uns ist der Staat nicht der bessere Unternehmer; genauso darf eine Partei nicht zu einem Konzern werden. Von ihren Unternehmensbeteiligungen hat sich die FDP deshalb konsequent zu trennen und Dienstleistungen auf dem freien Markt einzukaufen. Die Unternehmensbeteiligungen sind aufzulösen. Das Thomas-Dehler-Haus muss im Rahmen der Neustrukturierung zu einem neutralen Dienstleistungszentrum innerhalb der Partei ausgebaut werden und darf nicht weiterhin ein eigenes Macht- und Politikzentrum darstellen.

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Politik lebt von Ehrenamtlern – dies gilt erst Recht für eine Zeit ohne Bundestagsfraktion. Deshalb müssen die Onlineplattformen wie meine-freiheit.de zu wirklichen Arbeitsplattformen weiterentwickelt werden. Die FDP muss die Mög-


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lichkeiten im Bereich social media offensiv nutzen statt weiter durch Passivität den Anschluss an das Web 2.0 zu verpassen. Sitzungszeiten müssen familienund arbeitnehmerfreundlich terminiert und gestaltet werden. Das FDP-Präsidium sollte kein Organ aus Berufspolitikern bleiben, sondern sich offen für Ehrenamtler aufstellen, um viele Aspekte und Meinungen abzubilden. Hier kann die Partei viel von uns JuLis lernen. So sollte etwa darüber nachgedacht werden, dass Präsidiums- und Bundesvorstandssitzungen zukünftig an Wochenenden, dafür aber in längeren Intervallen stattfinden und um Möglichkeiten modernen Telekommunikation ergänzt werden. Auch die Integration von Neumitgliedern muss verbessert werden, beispielsweise durch die Schaffung eines Patenschaftprogramms.

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Die AG Parteientwicklung muss zu einem regelmäßig tagenden ThinkTank werden, der neue Instrumente entwickelt und anschließend ausprobiert. Die Sitzungen der Bundesfachausschüsse müssen künftig mitgliederöffentlich angekündigt werden und mitgliederöffentlich abgehalten werden, damit es jedem Mitglied möglich ist sich fachpolitisch auch auf Bundesebene auszutauschen und an der programmatischen Aufstellung der FDP mitzuwirken.

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Zentrale Instanzen der Partei sind die Kreisverbände und die Mitglieder vor Ort. Diese müssen viel mehr als bisher Unterstützung erfahren – sei es durch umfangreiche Workshopangebote oder Konzeptvorlagen und Best-Practice-Lösungen. Neue Veranstaltungskonzepte, sowohl online, wie in Präsenzform müssen ausprobiert werden.

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Das äußerliche Image der Partei muss komplett überarbeitet werden. Logo, Kommunikationsmedien und öffentliche Auftritte müssen im Rahmen des Neuaufbaus radikal überarbeitet und zugänglicher gestaltet werden. Hierzu muss die FDP ihre Beratungsresistenz ablegen und aktiv den Kontakt und Rat zu Mitgliedern und der FDP wohlgesonnenen potentiellen Multiplikatoren mit Marketing-Fachwissen und -Erfahrung aufsuchen.

Begründung: Erfolgt mündlich.


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Antrag 801 Betr.:

Noch eine Chance für die Liberalen

Antragsteller: Bezirksverband Ems-Jade

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3

Die Freie Demokratische Partei muss sich neu aufstellen. Wesentlich ist nicht, wie die FDP sich selbst wahrnimmt, sondern wie sie von den Menschen wahrgenommen wird.

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Alle, die in der FDP Verantwortung tragen, sollten ihre Parteifreunde als Partner sehen. Parteifreunde sind Partner in der Erreichung der Ziele, die sich die FDP gesetzt hat und durch Erweiterung und Erneuerung des Programms setzt.

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Ziel des politischen Handelns ist niemals die breitestmögliche Zustimmung. Die Freie Demokratische Partei richtet ihr Handeln vielmehr nach liberalen Grundwerten aus.

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Die Freie Demokratische Partei wird in gleicher Ernsthaftigkeit die Werte der Freiheit und der Verantwortungsbereitschaft der Menschen vertreten.

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Die Freie Demokratische Partei wird ihre große gesellschaftspolitische Tradition wieder aufnehmen. Sie wird sich um die Lebenslagen der Menschen sorgen, die durch Handeln des Staates oder der Wirtschaft ausgegrenzt werden.

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Dabei wird sie Politik unter dem Gesichtspunkt der Entscheidungsfreiheit der Menschen gestalten, nicht zunächst unter dem Gesichtspunkt der Umverteilung. Sie übersieht dabei nicht, dass Umverteilung und Chancengerechtigkeit dazu beitragen, vielen Menschen Entscheidungsfreiheit erst zu ermöglichen.

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Die Freie Demokratische Partei beauftragt ihre Vorstände aller Ebenen, sich des Reichtums der inhaltlichen Beschlüsse anzunehmen und alle Gelegenheiten zu nutzen, diesen Reichtum öffentlich darzustellen und zu vertreten. Sie erinnert ihre Vertreter daran, dass auch in der Freien Demokratischen Partei alle Gewalt vom Volke ausgeht.

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Parteitage der Freien Demokratischen Partei sollten Gelegenheit zu breiter politischer Debatte bieten. Die Freie Demokratische Partei erwartet daher von ihren Vorständen, dass Parteitage künftig möglichst breiten Raum zur politischen Willensbildung anhand der von den Mitgliedern erarbeiteten Anträge einräumen. Leitanträge stellen ihrer Natur nach das demokratische Prinzip auf den Kopf und


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sollten, wenn nötig, in Kürze beraten werden. Der zeitliche Umfang von Deklarationen gewählter Funktionsträger auf Parteitagen sollte sparsam bemessen sein.

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Die Freie Demokratische Partei erwartet von ihren Rats- und Kreistagsmitgliedern, von Abgeordneten aller Parlamente und von Amtsträgern:

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dass sie bei ihrer Teilnahme an Abstimmungen stets die Grundwerte des Liberalismus berücksichtigen. dass sie politische Äußerungen und Handlungen wohlüberlegt vornehmen und dabei die Geschlossenheit der Freien Demokratischen Partei und deren Glaubwürdigkeit hochhalten. dass sie sich im Stil ihrer politischen Äußerungen und Handlungen vorbildlich verhalten. dass sie politische Kompromisse zu Lasten der Freiheit und der Verantwortung ablehnen.

Begründung: Erfolgt mündlich.


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Antrag 802 Betr.:

Optimierung der Antragsberatung im Verlauf der Bundesparteitage

Antragsteller: Florian Glock, Alexander Alt, Andy Becht, Andreas Becker, Ralf Berlingen, Achim Bertram, Albert Duin, Ernst Eggers, Sascha Fiek, Sandra Heckenberger, Joachim Heitmann, Dr. Karsten Jung, Dr. Marcel Klinge, Roland König, Marcella Giovanna Matthes, Moritz Mergen, Nicole Morsblech, Prof. Dr. Martin Neumann, Hans-Joachim Pagels, Wiebke Reich, Thomas Roth, Anke Roth-Simon, Michael Schenk, Siegfried Seidl, Dr. Günther Serfas, Oliver Stirböck, Nico Tippelt, Renate Will

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4 5 6 7 8 9

In Zukunft erfolgt die Antragsberatung der Bundesparteitage nicht nur im Plenum, sondern auch in thematisch verschiedenen Arbeitsgruppen. Dafür wird der Parteitag für einen bestimmten Zeitraum unterbrochen, z.B. für 3 Stunden, um die regelmäßige Vielzahl an (Änderungs-)Anträgen in einem angemessenen zeitlichen Rahmen zu behandeln. Im Anschluss daran erfolgen eine Berichterstattung der Arbeitsgruppen (inkl. möglicher Diskussionen) und eine abschließende Beschlussfassung im Plenum. Strittige Themen, Grundsatzentscheidungen sowie Satzungs-, Leit- und Dringlichkeitsanträge werden nach wie vor im Plenum diskutiert und entschieden.

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Der Bundesvorstand wird aufgefordert, eventuell notwendige Satzungs- und Geschäftsordnungsänderungen auf den Weg zu bringen und das Verfahren zu regeln.

Begründung: A. Mediale Einflüsse und Parteitagsfunktionen Die „Mediendemokratie“ beeinflusst die Parteitagsabläufe, sodass die Inszenierungsund Werbefunktion immer stärker in den Mittelpunkt rücken. Darunter leiden die innerparteiliche Willensbildung – insbesondere die inhaltliche Vielfalt in der Antragsdebatte – und die innerparteiliche Integrationswirkung! B. Behandelte und verwiesene Anträge in den Jahren 2008 – 2012


Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 44 In den Jahren 2008 bis 2012 sind 329 Sachanträge gestellt worden. Weil die Beratung der Leitanträge stets die meiste Zeit der Antragsdebatte beansprucht und die Vielzahl der Anträge die Beratungszeit im Plenum überstiegen hat, verwiesen die Bundesparteitage innerhalb der fünf Jahre insgesamt 271 Anträge an interne Gremien. Dass rund 80 % der Anträge an andere Gremien verwiesen worden sind, stellt einen Mangel für die innerparteiliche Willensbildung dar, weil den Delegierten die Chance der Diskussion und die Möglichkeit der Einflussnahme auf die politische Ausrichtung genommen worden ist. Unter den 271 verwiesenen Anträgen befanden sich fast ausschließlich Anträge der Kreis-, Bezirks- und Landesverbände sowie der liberalen Vorfeldorganisationen! C. Schlussfolgerung Wenn wir eine Mitmach-Partei sein wollen, sollten wir dringend unsere Antragsberatung verbessern. Eine zeitlich begrenzte Unterbrechung des Parteitages, um in thematisch getrennten Arbeitsgruppen die Vielzahl der Sachanträge zu behandeln, fördert die innerparteiliche Durchlässigkeit und die Vielfalt der inhaltlichen Debatte! Eine weitergehende Begründung erfolgt mündlich.


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Antrag 803 Betr.:

Beschlüsse der FDP auch bürgerfreundlich zugänglich machen!

Antragsteller: Kreisverband Nordhausen

Der Bundesparteitag möge beschließen: 1 2 3 4 5 6 7 8

Eine bürgerfreundliche Politik setzt nicht nur darauf, dass sie den Bürgern nützt, sondern auch darauf, dass ihre Entscheidungen für die Bürger verständlich und zugänglich sind. Für die Liberalen ist dies nicht nur ein Gebot für Parlamente und Regierungen, sondern auch ein Anspruch an die FDP selbst. Bei Beschlüssen der Bundesparteitage – vor allem bei solchen, deren Thematik für die breitere Bevölkerung von Interesse ist – soll zukünftig stärker darauf geachtet werden, dass diese in Form und Sprache verständlich und auch praktisch zugänglich sind.

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Dazu verpflichten sich die Gremien der Bundespartei:

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- Bei Beschlüssen auf eine klare, verständliche Sprache zu achten - Bei umfangreichen Beschlüssen die wichtigsten Elemente, insbesondere solche die die Programmatik der FDP von anderen Parteien unterscheidet, deutlich zu machen und gegebenenfalls stichpunktartig zusammenzufassen

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Die Bundesgeschäftsstelle wird darüber hinaus aufgefordert, nach Lösungen zu suchen, mit denen Beschlüsse auf der Website der FDP leichter zu finden sind. Grundlegende Beschlüsse, auch wenn sie etwas älter sind, sollten prominenter platziert werden.

Begründung: Die Niederlage der FDP bei der Bundestagswahl ist nach Auffassung der Antragsteller nicht als eine Absage der Bürger an liberale Positionen zu verstehen. Vielmehr ist die Ursache teilweise eklatanten Mängeln bei der Umsetzung und bei der Erklärung dieser Politik geschuldet. Liberalen ist klar, dass auch aktuell richtige politische Entscheidungen nicht für alle Ewigkeit richtig sein müssen. Nach einer verlorenen Wahl gilt dieses umso mehr. Allerdings wurden in den letzten Jahren von den Gremien der FDP Beschlüsse gefasst, die auch jetzt noch ihren Wert haben.


Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP, Berlin, 7. bis 8. Dezember 2013 Seite 46 Beispielhaft sei hier der Beschluss des Bundesvorstands "Thesen liberaler Bildungspolitik" genannt. Trotz Differenzen in der Partei wie viel Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit in der Schulpolitik nötig sind, zeigt dieser etwa, dass die Sorgen der Familien im Falle eines Umzugs über die Landesgrenzen von den Liberalen verstanden werden. Obwohl dazu zuvor auf dem Bundesparteitag heftige Diskussionen geführt worden sind, ist der Beschluss mittlerweile aus dem Bewusstsein der Parteibasis weitgehend verschwunden, ob er das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit jemals erreicht hat, ist mehr als fraglich. Mit einer klaren verständlichen Sprache wären deutlich mehr Bürger zu erreichen gewesen. Wer diesen Beschluss auf der Homepage heute finden will, muss schon wissen, wonach zu suchen ist. Hier ist dringend Abhilfe zu schaffen.


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