Fazit 132

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fazitmagazin.at

#132

FA ZITGESPR ÄCH

Nr. 132 3/2017 EURO 4,50 Erscheinungsort Graz Verlagspostamt A-8010 Graz P.b.b. 04Z035487 M

Fossile Innovation Unternehmer Jürgen Roth im Interview

FAZIT

FA ZIT THEMA

Der große Rückzug ins Private

Mai 2017

FA ZITESSAY

Marco Gallina über Katholizismus und Patriotismus Wirtschaft und mehr. Aus dem Süden.


Meinungs Seit 13 Illustration: marushabelle.ru

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Fazit



Editorial

Von Christian Klepej

D

ie Türkei hat sich also am Ostersonntag in Kleinasien – und weiten Teilen Westeuropas – bei einem Referendum für eine Verfassungsänderung hin zu einem präsidentiellen Regierungssystem entschieden. Recep Tayyip Erdogan wird in Zukunft über eine Machtfülle als Präsident verfügen, die in keiner westlichen Demokratie bekannt ist. Mir bleibt nur, dieses Abstimmungsergebnis zur Kenntnis zu nehmen. (Was Wahlmanipulationen betrifft, wird das die Zeit zeigen. Das knappe Ergebnis von 51 zu 49 Prozent spricht in einer Fernstbeurteilung eher dagegen.) Wie weit sich die Verfassungsänderung übrigens der Demarkationslinie zur Diktatur wirklich annähert – oder diese gar überschreitet – muss ich dahingestellt lassen; zu wenig Einblick habe ich in die rechtlichen Details, was die Auswirkungen des Referendums betreffen. Unumstritten scheint nur, dass Erdogan seit dem mysteriösen Putsch im Juli letzten Jahres despotennah regiert. Man denke nur an die vielen offenbar willkürlich verhafteten (vor allem) Beamten und Journalisten.

Wer meint, dass man »falsch« abstimmen kann, versteht Demokratie nicht

Interessant ist für mich das Wahlverhalten der Auslandstürken bei uns. Da haben 73 Prozent in Österreich bzw. 63 Prozent in Deutschland für »Ja« gestimmt. Und noch interessanter die Interpretation dieser Zahlen. Die Vizepräsidentin des deutschen Bundestages und grüne Politikerin Claudia Roth etwa bemängelt zwar stark, dass es Türken gibt, die bei einer – zumindest hier in Westeuropa frei abgehaltenen – Wahl anders abgestimmt haben, als sie das erlauben würde, »gegen die Demokratie« nämlich, rechnet sich aber gleichzeitig das Ergebnis in Deutschland so zurecht, wie es ihr gefällt. Es seien nämlich »nur« 13 Prozent, die für Erdogans Verfassungspläne gestimmt hätten. Sie hat da solange mit geringer Wahlbeteilung und – interessant für eine Grüne – Türken, die keinen türkischen Pass hätten (also Deutsche! Für Roth gilt, wenn es passt, das sonst eher unfeine »Einmal Türke, immer Türke.«) herumgetrickst, bis sie auf diese interessante Zahl gekommen ist. Die 13 Prozent sind ihr noch immer zu viel, sie hat aber auch da eine Lösung parat: Die Deutschen sind dran schuld! Also wir Gesellschaften in Deutschland und Österreich, die offenbar den türkischen Mitbürgern gegenüber alles falsch gemacht haben, was man nur hat falsch machen können. Natürlich ist das Humbug, nur wenn wir schon bei Zahlenspielen sind, sollte man auch jene des Publizisten Hamed Abdel-Samad bedenken. Der weist darauf hin, dass 25 Prozent der in Deutschland lebenden Türken eigentlich Kurden und Aleviten seien und noch christliche Assyrer und Aramäer zu berücksichtigen wären. Gruppen, die aus »existenziellen Gründen eine solche Systemänderung ablehnen« würden. Nach Abdel-Samads Rechnung würde die Zustimmung in Deutschland dann bereinigt sogar bei fast 90 Prozent liegen; ein für ihn eindeutiges Zeichen der gescheiterten Integration türkischer Muslime in Deutschland. Welche Rechnung ist jetzt Fakenews, welche kommt der Realität etwas näher? Roths Schönrechnerei – der Fairness halber muss ich anführen, dass auch Politiker anderer Parteien ihren Zahlenspielen

nachhängen – halte ich jedenfalls für aberwitzig und keiner Sache dienlich. Fakt ist offenbar, dass die hier lebenden Türken sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, ein Demokratiedefizit nach westeuropäischen Maßstäben zu haben. Fakt ist auch, dass es mit Migration aus muslimischen Ländern verstärkt Probleme gibt. Jedenfalls sind von uns, um mit Merkel zu sprechen, »Schon-Länger-Hier-Seienden« Fehler gemacht worden. Jedenfalls aber sind unsere neuen muslimischen Mitbürger in die Pflicht zu nehmen, auch ihren Anteil an einer gelungenen Integration zu leisten. Stärker als bisher! Eines aber geht mir – als der Massenimmigration seit 2015 sehr kritisch gegenüberstehend – gegen den Strich: Die in diesen Tagen oft gehörten Aufforderungen, wer in der Türkei »falsch« abgestimmt hat, der möge sich in die Türkei begeben. Um es höflich auszudrücken. Wer hier lebt, der ist Teil dieser Demokratie! Und wesentlicher Teil dieser Demokratie ist es, seine eigene Meinung haben zu dürfen. Die kann einem unsympathisch sein, die kann man ablehnen. Die wird mir aber nie eine grüne Politikerin vorschreiben. Und auch nicht meinen türkischen oder türkischstämmigen Nachbarn. n

Sie erreichen den Autor unter christian.klepej@wmedia.at FAZIT MAI 2017 /// 5


Inhalt Fazit Mai 2017

Der große Rückzug

Immer wenn die Zeiten unruhig sind, ist von einem Trend die Rede, der sich als »Rückzug ins Private« beschreiben lässt.

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Fossile Innovation

WKO-Vizepräsident und Treibstoffhändler Jürgen Roth über die fossile Zukunft, Sack- Katholizismus und Patriotismus gassen und die Reize der Politik. Historiker Marco Gallina über Gewalt. Nur weil Christen früher für die Freiheit kämpften, leben »Gut-Christen« heute in Frieden.

Zu Gast bei Fazit

Der Wiener Muamer Becirovic träumt über einen Migranten als Kanzler von Österreich. Seite 34

Ausgabe Mai 2017 XIV. Jahrgang Nr. 132 (3/2017) FAZIT © Klepej &Tandl OG, Graz Alle Rechte vorbehalten. Mit »Anzeige« und »l« gekennzeichnete Beiträge sind entgeltliche Einschaltungen.

6 /// WILLKOMMEN IM FAZIT

Fotos: Carl Spitzweg, Marija Kanizaj (2), Enlarge, Berit Watkin, Jeff Mangione

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Wirtschaft und mehr. 68

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Rubriken Editorial 5 Politicks 16 Investor 32 Zur Lage 38 Immobilien 64 Alles Kultur 80 Schluss 82

Liebe Leser!

Kinder erfolgreicher Unternehmer gelten als schwierig. Das Fazitgespräch mit Jürgen Roth verlief harmonisch und beinahe freundschaftlich. Der innovative Treibstoffhändler und Vizepräsident der Bundeswirtschaftskammer hat keine Scheu, die Zukunft fossiler Energieträger zu hinterfragen. Im Fazitthema geht es um den Inhalt der Begriffe »Neobiedermeier«, »Cocooning« oder »Homing«. Der Rückzug ins Private kann ökonomische Gründe haben, kann aber auch durch Technologien oder Ängste verursacht sein. Der Essay »Patriotismus und Katholizismus: Unvereinbar geeint?« stammt vom deutschen Historiker Marco Gallina und beschäftigt sich mit einem absurden Diskurs, in dem jede Gewaltanwendung als unchristlich darstellt wird. Für Gallina ist klar, dass wir unsere heutige Freiheit und den Frieden der christlichen Wehrhaftigkeit verdanken.

Brot und Spiele

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Medieninhaber & Verleger Klepej & Tandl OG

Lektorat AdLiteram

Druck Leykam-Letsprint

Zur Lage Seite 38

Herausgeber Horst Futterer, Christian Klepej und Mag. Johannes Tandl

Redaktion Peter K. Wagner (BA), Mag. Josef Schiffer, Mag. Maryam Laura Moazedi, Dr. Volker Schögler, Mag. Katharina Kocher-Lichem, Mag. Johannes Pratl, Helmut Wagner, Mag. Katharina Zimmermann, Peter Pichler (Satz), Vanessa Fuchs (Organisation)

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Anläßlich zahlreic bestellungen den her Kulturkt Klepej über KultuChristian r nach.

IMPRESSUM

Chefredaktion Christian Klepej Mag. Johannes Tandl

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»Geächtet« von Ayad Akhtar ist das derzeit am häufigsten inszenierte Stück auf englischsprachigen und deutschen Bühnen. Das Burgtheater stellt sich dem Vergleich und überzeugt mit Tina Laniks schnörkelloser Inszenierung. Gutes Lesen! -red-

Vertrieb & Anzeigenleitung Horst Futterer

Kundenberatung DI (FH) Gerald Gaksch, Sophie Serec, Simona Kokol

Titelfoto von Marija Kanizaj

Redaktionsanschrift Kalchberggasse 1/II, A-8010 Graz T. 0316/671929*0. F.*33 office@wmedia.at fazitmagazin.at facebook.com/fazitmagazin

FAZIT MAI 2017 /// 7



Fazitthema Von Johannes Tandl

Der große Rückzug! Immer wenn die Zeiten unruhig sind, ist von einem Trend die Rede, der sich als »Rückzug ins Private« beschreiben lässt. Das können Phasen sein, in denen die Eliten sich dem gesellschaftlichen

Mainstream unterwerfen und das Leben darauf

ausrichten, nur nirgends anzuecken. Der Rückzug kann aber auch ökonomische Gründe haben, weil den

Haushalten ganz einfach die Mittel fehlen, um ihr

gewohntes öffentliches Leben fortzusetzen, oder er kann durch rationale oder irrationale Ängste verursacht sein.

Fazit Mai 2017 /// 9



Fazitthema

Schau, dort spaziert Herr Biedermeier und seine Frau, den Sohn am Arm; sein Tritt ist sachte wie auf Eier, sein Wahlspruch: Weder kalt noch warm. Aus »Herr Biedermeier« von Ludwig Pfau, 1847

V

on der Trendforscherin Faith Popcorn wurde der »Rückzug ins Private« in den Neunzehnachtzigerjahren unter der Bezeichnung »Cocooning« thematisiert. Davor war in den USA bereits der Begriff »Cosy Home« bekannt. Damit ist ein Einigeln in den eigenen vier Wänden gemeint, das mit einem Rückzug aus der Zivilgesellschaft einhergeht. Und seit dem elften September (»Nine-Eleven«) ist in den USA von »Homing« die Rede. Ein Trend, bei dem die Menschen das eigene Zuhause zum Lebensmittelpunkt machen. Anders als beim »Cocooning« bleiben beim »Homing« die sozialen Kontakte jedoch aufrecht, werden aber von zu Hause aus gepflegt. Kuschelige Videoabende statt Kinobesuche, Essen mit Freunden in der eigenen Wohnung statt im Restaurant, die Freizeit am Pool im eigenen Garten anstatt an überfüllten Stränden in terrorgefährdeten Urlaubsländern. Und natürlich wurde der Trend längst von der Freizeitindustrie und vom Handel aufgenommen. Immer schon führten unsichere Zeiten bei einem Teil der Bevölkerung zu so großer persönlicher Orientierungslosigkeit und Verunsicherung, dass sie aufhörten, sich in der Öffentlichkeit zu positionieren. Daher dürfte durchaus etwas dran sein, wenn Publizisten den Trend, die Schotten dicht zu machen, immer öfter als »neue Spießigkeit« bezeichnen. Doch ganz egal ob »Cosy Home«,»Cocooning« oder »Homing« – all diese Begriffe stehen für eine Lebensweise, die in den deutschsprachigen Ländern schon seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als »Biedermeier« bekannt ist. Dabei handelte es sich um ein gesellschaftliches Phänomen, das sich weit weniger elegant auch als Mitläufertum beschreiben lässt.

Die Spießer und die Revolutionäre Vor 200 Jahren waren es die unbarmherzigen Polizeistaats- und Spitzelmethoden Metternichs und später Kolowrat-Liebsteinskys, mit denen die Bürger zum Rückzug ins Private gezwungen wurden. Ziel war es, die deutschen Fürstentümer und die Habsburgermonarchie nach den Napoleonischen Kriegen zu restaurieren. Das konnte jedoch nur gelingen, wenn das Bürgertum politisch kleingehalten wurde. Der aufkeimende Liberalismus und Nationalismus mussten brachial unterdrückt werden. Der Ausdruck Biedermeier bezieht sich auf die hausbackene Kultur jener Schichten, die sich mit der romantischen Glorifizierung des heimischen Idylls dem Staat fügten.

Doch die Biedermeierzeit ging auch als Vormärz in die deutsche Geschichte ein. Denn mit der Französischen Revolution von 1789 sprangen auch die Verheißungen der Demokratie – Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – auf das aufgeklärte Bürgertum innerhalb des Deutschen Bundes über. Doch schon damals war die Gesellschaft geteilt. Ängstliche Spießbürger, die im Staat den Garanten sahen, dass die jakobinischen Gräuel der Französischen Revolution nicht auch die deutschen Staaten erreichen konnten, auf der einen Seite und revolutionäre Studenten und Intellektuelle, die sich in Burschenschaften organisierten und eine Revolution gegen den Kaiser und die Fürsten vorbereiteten, auf der anderen. Der moderne Spießbürger empört sich! In einer Analogie auf die Biedermeierzeit bezeichnete der deutsche Autor Henning Sußebach den Lebensstil und das Konsumverhalten der tendenziell urbanen, gutverdienenden und gut gebildeten »bourgeoisen Bohemiens«, oder kurz Bobos, in einer Reportage für »Die Zeit« schon 2007 als »Bionade-Biedermeier«. Er sieht in ihnen moderne Mitläufer, die zwar einen nachhaltigen Lebensstil und die Teilnahme an der Zivilgesellschaft andeuten, echtes politisches oder gesellschaftliches Engagement aber dennoch vermissen lassen. Gesellschaftliche Partizipation wurde sozusagen durch einem dem Mainstream entsprechenden pseudoökologischen Lebensstil ersetzt und findet nur in sozialen Medien statt. Der moderne gut angepasste Spießbürger will den drohenden Klimawandel ernst nehmen und fährt daher mit dem Fahrrad oder E-Bike. Er zieht auf seinem Terrassenhochbeet eigenes Gemüse und gibt damit vor, seinen ökologischen Fußabdruck vermeintlich klein zu halten. Auf die jährliche Flugreise in den Urlaub oder die Nutzung der Klimaanlage verzichtet er jedoch kaum. Dafür empört er sich mit Gleichgesinnten etwa über US-Präsident Donald Trump und natürlich über sämtliche Verstöße gegen die Gebote der politischen Korrektheit.

Heimat als Wert Staatliche Repression fällt als Ursache für den modernen Rückzug aus der Zivilgesellschaft weg. Es gibt jedoch einen Megatrend, der sich am ehesten mit »Sehnsucht nach Heimat« definieren lässt und dem, glaubt man den Analysten, sogar der grüne Bundespräsidentschaftskandidat Alexander van der Bellen seinen Sieg verFAZIT MAI 2017 /// 11


Fazitthema dankt, weil er sich erst mit der während der Kampagne zur Schau gestellten Heimatliebe gegen den Kandidaten der selbsternannten »Heimatpartei« durchsetzen konnte. Der Dosen- und Medientycoon Dietrich Mateschitz hat seinen Verlag mit großem Erfolg auf diesen Trend ausgerichtet. Das Servus-Magazin ist aufgrund der stringenten inhaltlichen Heimatorientierung und regionalen Ausrichtung längst zum wirtschaftlichen Backbone des Verlags aufgestiegen. Die Sehnsucht nach »Heimat« wird auch von einer Studie der Grazer Marktforscherin Claudia Brandstätter vom Dezember 2013 bestätigt. So sehnen sich zwei Drittel aller Österreicher nach gesunden Produkten aus der Region. Die lokale Herkunft von Lebensmitteln ist für viele Menschen zum wesentlichen Kaufkriterium aufgestiegen. Und natürlich hat die Wirtschaft das neue Heimatbewusstsein als Trend mit einem enormen Potenzial für die regionale Wertschöpfung erkannt. Handel und Industrie überschlagen sich seither mit regionalen Attributen, die für einen Wettbewerbsvorteil ihrer Erzeugnisse herhalten sollen.

Zuhause, aber dennoch voll vernetzt Der Trend zum »Homing« hat mit eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten wenig zu tun, sondern wird eher durch die Digitalisierung verstärkt. Gerade Jugendliche zeigen durch Smartphone und Internet völlig veränderte Kommunikationsgewohnheiten. Und nicht nur »Digital Natives« können durch WhatsApp, Face-

Entgeltliche Einschaltung des Landes Steiermark. Foto: Erwin Scheriau. Mit Dank an True Fellas Tattoo.

Der Rückzug der Absteiger Neben dem selbstgewählten Rückzug aus dem öffentlichen Raum gibt es in besonders wohlhabenden Gesellschaften aber auch den erzwungenen Rückzug. Die meisten Menschen verbringen den Urlaub nicht deshalb auf Balkonien, weil es dort viel schöner ist als an der Adria oder in der Karibik. Und sie geben die Mitgliedschaft im Tennis-, Golf- oder Fitnessclub nicht deshalb auf, weil ihnen ihr physischer Zustand auf einmal egal ist, sondern weil sie wirtschaftlich nicht länger mithalten können. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von disruptiven Ereignissen wie einer

Scheidung bis zu einem plötzlichen Jobverlust. Oft reichen aber auch schon die stetig steigenden Wohnkosten oder die langfristig stagnierenden Löhne, um eine dauerhafte soziale Teilhabe wie regelmäßige Kino- oder Konzertbesuche einzuschränken. Die Antwort der individuellen Frage »Wie und wo kann ich jetzt sparen?« führt in aller Regel zu einem geänderten durchaus nachhaltigerem Konsumverhalten. Das führende deutsche Weblog zum Thema Werbung und Konsum »werbeblogger.de« hat bei Menschen, die in wirtschaftlichen Hochzeiten als bekennende Konsumjunkies galten, sogar eine Art »Cocooning-Sprech« festgestellt. Damit sind Floskeln gemeint, mit dem sie ihr einer veränderten wirtschaftlichen Situation geschuldetes Verhalten rechtfertigen: »… zu Hause schmeckt es eh am besten …«, »wofür brauche ich ein neues Auto, das alte tut es doch noch wunderbar…«, »Fahrradfahren ist sowieso viel gesünder…«, »… in Deutschland gibt es auch schöne Urlaubsorte …«, »… es muss nicht immer Kaviar sein …«, »…der Anzug sieht doch noch fabelhaft aus …«, »… ich stehe ja auch mehr auf natürliche Schönheit …«, »… wofür haben wir denn den Garten, wenn wir ihn nie benutzen würden …« oder »… überheizte Wohnungen sind ungesund…«.

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Fazitthema Biedermeier wird die Zeitspanne vom Ende des Wiener Kongresses 1815 bis zum Beginn der bürgerlichen Revolution 1848 in den Ländern des Deutschen Bundes bezeichnet. Mit dem Ausdruck Biedermeier ist in der politischen Geschichte der Begriff der Restauration verknüpft, der sich auf die staatspolitische Entwicklung nach dem Ende der napoleonischen Zeit und des Wiener Kongresses bezieht. Bedeutsam ist der Begriff als Epochenbezeichnung der Kulturgeschichte, als solcher jedoch kaum klar konturiert, da viele Assoziationen zum Biedermeier aus dem späteren 19. Jahrhundert stammen und oft als projizierte Zuschreibungen gelten müssen.

Der Rückzug der Verängstigten Immer öfter begründen Menschen ihren persönlichen Rückzug ins Private mit einem generellen Unwohlsein in der Öffentlichkeit. Die Gründe sind mannigfaltig. Wer sich in einer Straßenbahn unwohl fühlt, in der kaum ein deutsches Wort gesprochen wird, und lieber mit dem Auto oder Taxi fährt, mag zwar seine xenophoben Vorurteile pflegen, er ist deshalb aber noch lange kein Rassist. Frauen, die die Straßenseite wechseln, wenn ihnen eine Gruppe – womöglich arabisch aussehender – männlicher Jugend-

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Vormärz ist eine nachträglich aufgekommene Bezeichnung für eine Epoche in der deutschen Geschichte, die die Jahre vor der Märzrevolution von 1848/1849 beschreibt. Geographisch beschränkt sich der Begriff dabei auf die Bundesstaaten des 1815 gegründeten Deutschen Bundes. Die Epoche des Vormärz war in politischer Hinsicht durch das Aufkommen von Liberalismus und Nationalismus in einem Klima der Verfolgung und Unterdrückung gekennzeichnet. Stärkstes Bollwerk des Restaurationsgedankens waren die Mächte der sogenannten Heiligen Allianz: Preußen, Russland und nicht zuletzt Österreich, dessen Staatskanzler und Außenminister der europäischen Epoche den Namen Ära Metternich verlieh.

book und Skype den direkten persönlichen Kontakt zu Freunden, Bekannten, Mitarbeitern und Geschäftspartnern massiv reduzieren, denn die sozialen Medien ermöglichen es allen, die intensive persönlicher Beziehung aufrecht zu erhalten, auch ohne sich alle paar Tage persönlich treffen zu müssen. Es gibt aber auch Soziologen wie die Amerikanerin Sherry Turkle, die seit den Neunzehnneunzigerjahren vor einer digitalen Vereinsamung warnt. Turkle macht darauf aufmerksam, dass menschliche Fähigkeiten wie Denken, Zuhören und Sprechen durch intensiven Computergebrauch zurückgedrängt werden können. Doch die digitale Kommunikation hat sich in den letzten Jahren dramatisch in Richtung Interaktivität verändert. Das Internet ist inzwischen sogar dazu in der Lage, dem richtigen Leben bei der Anbahnung von Beziehungen Paroli zu bieten. Dating-Apps bringen, je nach Interesse, Paare zusammen, die auf dauerhafte oder kurzfristige Beziehungen aus sind. Das Angebot von Parship.at bis Tinder bietet für alle, die ihre Einsamkeit langfristig beenden oder auch nur kurzfristig unterbrechen wollen, etwas.

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Fazitthema licher entgegenkommt, ganz sicher auch nicht. Und Menschen, die sich beim Spaziergang durch die Herrengasse öfter umdrehen als noch vor einigen Jahren, haben dafür seit 2015 ebenfalls ihre Gründe. Selbst wenn die Gefahr, Opfer eines Terroranschlags, einer Vergewaltigung oder eines anderen gewalttätigen Übergriffs zu werden, viel geringer sein mag, als von einer umstürzenden Straßenlaterne getroffen zu werden, sind die Ängste real. Obwohl von den vielen Millionen Touristen, die in der Vergangenheit ihre Ferien in Ägypten, Tunesien oder der Türkei verbracht haben, keine 100 bei Terroranschlägen ums Leben kamen, sind diese Länder als Urlaubsdestinationen gestorben. Als guter Indikator für die Terrorangst eignen sich übrigens die Verkaufszahlen von Reiseführern. Der Verlag »Michael Müller« musste bei der Istanbul-Ausgabe im vergangenen Jahr ein Minus von 80 Prozent hinnehmen, bei Brüssel waren es 70 Prozent und bei Paris 50 Prozent. Und auch »Mair Dumont« erging es nicht besser. Die Verkaufszahlen der Istanbul-Reiseführer seien unter die Wahrnehmungsschwelle gefallen, so eine Verlagssprecherin. Megatrend »Homing« Die Ursachen für den Rückzug ins Private sind, wie dargestellt, völlig inhomogen. Der Trend ist jedoch so stark, dass inzwischen sogar die Immobilienwirtschaft darauf reagiert. So entstehen in Berlin oder München immer öfter Wohnbauten, die an eine neue »Dörflichkeit« erinnern – mit zahlreichen Gemeinschaftseinrichtungen, die mit selbst gewählten Gleichgesinnten geteilt werden. Anstatt in Doppel- oder Mehrfamilienhäusern nebeneinander zu leben, wird gemeinsam geplant, gebaut und gewohnt; familiäre

Geborgenheit in einer Patchworkkommune im anonymen städtischen Umfeld. Dadurch wird modernes Wohnen in den Kernlagen der Städte selbst für Käufer möglich, die, wenn sie es alleine versuchen würden, an den hohen finanziellen Einstiegsbarrieren scheitern würden. Die besondere Motivation ist jedoch nicht das Geld, sondern die inzwischen auch in vielen US-TV-Soaps vorgelebte Sehnsucht nach sozialer Wärme in einer selbst geschaffenen Großfamilie. Der Rückzug ins Private wird durch zahlreiche Annehmlichkeiten, mit denen Dienstleister, Handel und Industrie auf den Megatrend »Homing« reagieren, erleichtert. Statt ins Kino oder ins Stadion zu gehen, werden Filme und Fußballspiele immer öfter über »Sky« oder »Amazon« digital erworben. Kultur und Entertainment findet seltener als Massenereignis, dafür immer öfter im vertrauten Familien- oder Freundeskreis statt. Inzwischen nehmen Arbeitnehmer Home-Office-Tage in Anspruch. Der Onlinehandel boomt, während die Einkaufszentren stagnieren und die innerstädtischen Handelsflächen jährlich um etwa fünf Prozent zurückgehen. Dienstleiter denken sich serviceorientierte Logistikketten aus, bei denen vor allem die »Comfortability« im Mitttelpunkt steht.

»Green Cocooning« – Der Rückzug der Bürgerlichen Eine besonders beliebte Form des Rückzugs ins Private stellt das »Green Cocooning« dar. Im Mittelpunkt steht die Entspannung im eigenen Garten. Der Trend zum »Rückzug in den eigenen Garten« führt nicht nur zu immer mehr Gartensendungen im Fernsehen und zu Magazinen wie »Servus« oder »Lebenslust«, die einen neuen regional geprägten Lebensstil unterstreichen, sondern

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Fazitthema auch zum Boom von Fachzeitschriften wie »Mein schöner Garten« oder »Garten Flora« und »Kraut & Rüben«. In vielen Städten gibt es mittlerweile Dachimker, Gemeinschaftsgärten und sogar die völlig uncool gewordenen Kleingartenvereine erleben einen großen Zulauf. Die Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten im Grünen ist wesentlicher Bestandteil des Neobiedermeier und bietet für immer mehr Zeitgenossen den optimalen Ausgleich zum Alltagsstress und den täglichen »Bad News« über Kriege, Massenmigrationen oder die als frustrierend wahrgenommenen politischen Strukturen. Die Sehnsucht nach häuslichem Glück ist getrieben vom Wunsch nach Entschleunigung. Sie lässt Gartencenter entstehen und die Verkaufszahlen von immer teureren Grillaccessoires explodieren. Daneben boomen Seminare über den richtigen Baumschnitt oder den Bau von Hochbeeten. Die biedere Bürgerlichkeit erlebt eine unglaubliche Renaissance, von der noch niemand weiß, wohin sie uns gesellschaftspolitisch führen wird. Sie ist ein mächtiger Gegentrend zu einer immer stärker beschleunigten Umwelt und geht – noch – mit einer weitgehenden Entpolitisierung des gesellschaftlichen Lebens einher. Die Lust auf einen intensiven politischen Diskurs wurde den Bürgerlichen durch ein enges Korsett politisch korrekter Aussagen genommen, gegen welches es sich nicht aufzustehen lohnt. In einer Gesellschaft, die keine Toleranz mehr mit abweichenden Meinungen zulässt, stellt der Rückzug eine durchaus befriedigende Alternative zur Partizipation dar; zumindest eine Zeit lang. n

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Illustrationen: »Der Sonntagsspaziergang« (Seite 8/9), »Rosenduft Erinnerung« (Seite 10) und »Der verbotene Weg« (diese Seite). Alle von Carl Spitzweg (1808–1858).

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FAZIT


Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Recep Tayyip Erdoğan im Jahr 1998

Fotos: Ulrike Rauch, ÖVP

Türkenreferendum – Die heimische Politik sucht Antworten In Österreich ist man sich einig, dass bei der Integration einiges schiefgegangen sein muss, wenn Auslandstürken, die teilweise seit Jahrzehnten bei uns leben, für den Machtausbau von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğans stimmen. Doch, was zum Führerkult der Türken geführt hat, ist unklar. Auch auf die Idee, dass die Türken bloß einen Denkzettel für die von ihnen empfundene Benachteiligung austeilen wollten, der eher an die Österreicher adressiert ist als an die türkische Regierung, ist noch niemand gekommen. Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz sieht eine andere Mitschuld der Bundesregierung am klaren Ja des türkischen Verfassungsreferendums in Österreich. Der Staat habe stasiartige Institutionen des türkischen Geheimdienstes und türkischer Auslandsorganisationen in Österreich zugelassen, so Pilz. Er sieht einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Ergebnissen unter den Auslandstürken und der Stärke der türkischen Pro-Erdoğan-Netzwerke in den jeweiligen Ländern. Österreich, Belgien oder die Niederlande seien deswegen »Heimspielländer« für Präsident Erdoğan. Dort wo die Netzwerke am dichtesten sind, habe es die meisten Ja-Stimmen gegeben. Der Integrationsminister Außenminister Sebastian Kurz sieht sich hingegen bestätigt. Es gehe in Zukunft darum, die Zuwanderung aus kulturfernen Regionen stark einzuschränken. Die 73 Prozent an Türken, die in Österreich für den Machtausbau Erdoğans gestimmt haben, führt Kurz auf die falsche Zuwanderungspolitik der letzten Jahrzehnte zurück. Da habe eine absolut völlig falsche Laissez-faire-Stimmung geherrscht.

Buchmann tritt nach massiver Medienkampagne doch zurück Natürlich hat die Aberkennung des Doktorgrades von Christian Buchmann dessen Glaubwürdigkeit als Politiker erschüttert. Ob der Rücktritt wegen der Verfehlungen bei seiner vor 17 Jahren 16 /// FAZIT MAI 2017

Mit Christian Buchmann verliert die Steiermark einen erfolgreichen Wirtschaftspolitiker, dessen Kompetenz auch nach dem durch die Plagiatsaffäre erzwungenen Rücktritt unumstritten bleibt. eingereichten Dissertation tatsächlich angebracht war, soll dennoch jeder für sich selbst beurteilen. In der Frage, ob Buchmann bleiben soll oder nicht, hat sich besonders die Kleine Zeitung hervorgetan. Das Blatt ließ die Rufe nach einem Rücktritt immer lauter werden. Die mit Abstand größte steirische Tageszeitung erreicht zwischendurch eine Qualität, die in Österreich keinen Vergleich scheuen muss. Das hält die Redaktion jedoch offenbar nicht davon ab, manchmal in einen Kampagnenjournalismus abzugleiten, den man sonst nur aus Großbritannien kennt. Nachdem Buchmann sich für seine Verfehlungen entschuldigt hatte, stellte sich die ÖVP geschlossen hinter ihn. Die Affäre schien bereits überwunden, doch Buchmann spürte den wachsenden Widerstand auch in seiner Partei und kündigte daraufhin den Rücktritt an.

Bürgermeister Siegfried Nagl spricht von »bezahlten Kopfgeldjägern« Buchmanns Dissertation war ins Gerede gekommen, nachdem »anonyme Zahler« bei einem selbst ernannten Plagiatsjäger ein Gutachten bestellten, in dem dieser – wohl ganz im Sinne seiner Auftraggeber – festgestellt hatte, das Buchmanns in weiten Teilen seiner Dissertation gar nicht zitiert, also abgeschrieben bzw. in anderen Bereichen nur sehr »unsauber« zitiert hat. Besonders der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl hat sich massiv über das Vorgehen der im Hintergrund agierenden Buchmann-Jäger aufgeregt. Er forderte wörtlich: »Bezahlte Kopfgeldjäger dürfen nicht die Politik bestimmen!« Bei der Jagd nach Buchmann gehe es eindeutig nicht um lautere Interessen. Man müsse sich zur Wehr setzen, bevor Bespitzelung und Vernaderung zum politischen Alltag werden. Sonst werde sich bald kaum noch jemand finden, der vor diesem Hintergrund bereit sei, politische Verantwortung zu tragen. Tatsächlich hätten die Fehler der Dissertation eigentlich der Universität Graz schon bei der Einreichung der Arbeit auffallen müssen. Solchermaßen angepatzt, entschloss sich die Uni dazu, in einem langwierigen Prozess nach mehreren Gutachten Buchmanns Doktor einzukassieren. Buchmanns Rücktritt löst ein Personalkarussell aus Durch den Rücktritt ihres Wirtschaftslandesrates und Wirtschaftsbundobmannes wurde innerhalb der steirischen ÖVP ein Personalkarussell ausgelöst. Buchmanns Nachfolgerin in der Landesregierung wird Barbara Eibinger-Miedl. Dieser folgt der obersteirische Landtagsabgeordnete Karl Lackner als ÖVP-Klubobmann nach. Lackner hatte die Klubführung schon während Eibinger-Miedls Babypause inne. Mit dem Wechsel ändern sich auch die Zuständigkeiten in der Landesregierung. Christopher Drexler übernimmt neben der Gesundheit und dem Personal nun auch die Kultur. Dafür erhält Eibin-


Politicks

MIT JOHANNES TANDL

ger-Miedl die gesamte Wissenschaft. Buchmanns Nachfolger als WB-Chef wird WK-Präsident Josef Herk. Außerdem ist damit zu rechnen, dass Buchmann auch sein Landtagsmandat zurücklegen wird, auf dem ihm wohl der steirische VP-Geschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg nachfolgen wird.

Eibinger-Miedl hat sich bereits im VP-Klub bewährt Mit Barbara Eibinger-Miedl folgt eine Politikerin in das Wirtschafts- und nun auch Wissenschaftsressort, die schon zuvor bewiesen hat, dass sie mit den extrem großen Schuhen ihrer Amtsvorgänger umzugehen weiß. Die 37-jährige Doppelakademikerin aus Seiersberg ist 2014 auf Christopher Drexler als Klubobfrau der ÖVP-Landtagsfraktion gefolgt. Drexler hatte den VP-Club im Auftrag des damaligen Landeshauptmanns Franz Voves und dessen Vize Hermann Schützenhöfer zum Regieplatz der Reformpartnerschaft ausgebaut. Natürlich war bei Eibingers Antritt als Klubchefin klar, dass sie diese Rolle für die neue Koalition nicht übernehmen kann. Dafür fehlten ihr ganz einfach Drexlers jahrzehntelange Erfahrung und dessen Reputation auf Seiten des Koalitionspartners SPÖ. Dennoch ist es Eibinger-Miedl gelungen, die wichtige Stellung des ÖVP-Klubs innerhalb des schwarzen Machtgefüges zu erhalten. Eibinger-Miedl war im Familienunternehmen beschäftigt und kommt politisch aus dem Wirtschaftsbund. Zuvor hat sie sich in der JVP sozialisiert. Sie ist eine gewissenhafte Arbeiterin und galt schon vor 2010, als sie in den Landtag einzog, als hervorragend vernetzt. Vor dem Landtag gehörte sie dem Bundesrat an, war Vorsitzende des »Europazentrum Europahaus Graz« und im Landespräsidium der Jungen Wirtschaft. Obwohl Eibinger-Miedl nie ein Unternehmen führte, gilt sie im Wirtschaftsbund als Unternehmerin. Das Unternehmerattribut hängt dort nämlich auch vom Alter des Familienunternehmens ab, dem man entstammt. Damit hat sie es im ÖVP-Wirtschaftsflügel sicher

Barbara EibingerMiedl hat bereits im Jahr 2014, als sie von Christopher Drexler den VPLandtagsklub übernahm, gezeigt, dass sie mit den großen Schuhen ihrer Vorgänger umzugehen weiß.

leichter als Buchmann, der sich ohne unternehmerischen Hintergrund vom Wirtschaftskammersekretär bis an die Spitze diente. In die Wirtschaftskammer kann Buchmann übrigens auch wieder zurückkehren. Zuletzt war von einer Tätigkeit in Wien die Rede.

WK-Präsident Josef Herk wird einstimmig geschäftsführender WB-Obmann Obwohl Buchmann als WB-Chef also nie völlig unumstritten war, hielt ihm die Organisation auch in der aktuellen Krise weitgehend geschlossen die Treue. In einer Aussendung gab der WB bekannt, dass Buchmann auf eigenen Wunsch als Obmann zurückgetreten sei. Zu seinem Nachfolger wurde einstimmig der steirische WK-Präsident Josef Herk als geschäftsführender Landesgruppenobmann bestimmt. Herk bedankte sich in seinem ersten Statement bei Buchmann; und zwar nicht nur dafür, dass er als Landesrat maßgeblich zum Erfolg des Wirtschaftsstandort Steiermark beigetragen hat, son-

dern auch dafür, dass er den WB als hervorragend aufgestellte und professionell geführte Organisation übergibt. Am 29. Juni 2017 wurde eine außerordentliche Landesgruppenhauptversammlung des Wirtschaftsbundes angesetzt. Dort wird sich Herk der Wahl durch die Delegierten stellen.

Steirische FPÖ schnürt Sicherheitspaket Mit acht Anträgen im Landtag will die FPÖ die Steiermark sicherer machen. So fordert der steirische FP-Chef Mario Kunasek kostenlose Selbstverteidigungskurse an Schulen sowie eine Landesförderung beim Kauf von privaten Alarmanlagen. In der Steiermark sollen 300 zusätzliche Exekutivbeamte eingestellt und in den Städten Notrufsäulen installiert werden. Die sind angeblich notwendig, weil ältere Menschen Schwierigkeiten haben, mit dem Handy zu telefonieren. Außerdem treten die Freiheitlichen für ein umfassendes Verbot islamistisch gefärbter Veranstaltungen ein. FAZIT MAI 2017 /// 17


Recht haben

Wirtschaft

Damit der Traum vom eigenen Haus nicht zum Albtraum wird, sind beim Hausbau einige Punkte zu beachten. Zu den größten Risiken beim Hausbau zählen neben Baumängeln und Konkurs, eine Explosion der Kosten. Um eine Überschreitung finanzieller Mittel zu verhindern, setzen viele Bauherren auf einen Pauschalpreis. Dieser birgt für den Bauunternehmer auch Risiken. Zum einen trägt der Bauunternehmer das Risiko einer Kostenüberschreitung und zum anderen folgen Pauschalpreise einem eigenen verjährungsrechtlichen Regime. Ist kein pauschales Entgelt vereinbart, so verjährt der Werklohnanspruch grundsätzlich in drei Jahren ab Rechnungslegung. Sobald die Rechnungslegung objektiv möglich ist, sollte sie innerhalb verkehrsüblicher Frist erfolgen. Ansonsten beginnt die Verjährung ab dem Zeitpunkt, zu dem die Rechnungslegung objektiv möglich war. Die Idee dahinter ist, dass der Unternehmer die Fälligkeit und damit den Beginn der Verjährung nicht willkürlich durch Verzögerung der Rechnungslegung hinausschieben kann. Ist für die Rechnungslegung vertraglich ein Zeitpunkt festgelegt, so ist dieser Zeitpunkt für den Verjährungsbeginn maßgeblich. Anders verhält es sich mit der Vereinbarung eines Pauschalpreises: Eine gesonderte Rechnungslegung ist dabei nicht erforderlich, weil dem Bauherren von vorn herein bekannt ist, welchen Betrag er dem Bauunternehmer nach Vollendung des Werks schuldet. Die Verjährungsfrist bei der Vereinbarung eines Fixpreises beginnt demnach ab der Fertigstellung des Hauses. Besonderes gilt bei der Verrechnung einzelner Teilleistungen. Nach § 1170 Satz 2 ABGB ist der Unternehmer, wenn das Werk in gewissen Abteilungen verrichtet wird, berechtigt einen verhältnismäßigen Teil des Entgelts schon vorher zu fordern. Eine solche Errichtung in Abteilungen kann etwa dann vorliegen, wenn der einzelne Teil als selbständiges Werk angesehen werden kann. Teilleistungen unterliegen keiner gesonderten Verjährungsfrist. Die Verjährung von Teilleistungen beginnt nicht mit der Fälligkeit der Abschlagsrechnung. Vielmehr verjähren diese mit der Schlussrechnung. Conclusio: Die Kenntnis der genannten Verjährungsregeln ist für jedes Bauunternehmen unverzichtbar. Zwar führt die Verjährung einer Forderung nicht zu deren Erlöschen, jedoch wird diese zu einer sogenannten Naturalobligation und kann nicht mehr klagsweise geltend gemacht werden.

Foto: dklra.at

Dr. Andreas Kaufmann ist Rechtsanwalt und Universitätslektor in Graz. Kanzlei Daghofer, Kaufmann & Lausegger, Mariahilferstraße 20, Tel. 0316/7222950, dklra.at

18 /// FAZIT MAI 2017

Foto: Wirtschaftsbund

Verjährung von Werklohnforderungen: Was gilt?

Wirtschaftsbund fordert flexiblere Arbeitszeiten Flexible Gestaltungsmöglichkeiten sind entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und ermöglichen auch den Arbeitnehmern eine bessere Zeiteinteilung, betont der Wirtschaftsbund. Die Organisation der Arbeitszeit solle individuell erfolgen, um besser auf die Bedürfnisse von Beschäftigten wie Unternehmen eingehen zu können.

S

tarre Arbeitszeitregelungen stellen österreichische Unternehmen vor große Herausforderungen. Globaler Wettbewerb, Konjunkturschwankungen und längere Öffnungszeiten erfordern flexiblere Arbeitszeitmodelle. Beim Ausbau und bei der Sicherung von Arbeitsplätzen muss dort angesetzt werden, wo Jobs entstehen: in den Unternehmen, die nachhaltige Beschäftigung schaffen, tausenden jungen Menschen eine Zukunftsperspektive geben und für unseren Wohlstand sorgen.

Wirtschaften erleichtern − Wachstum ermöglichen Konkret soll die Möglichkeit betriebsspezifischer Lösungen gestärkt und vereinfacht werden. Die Grenze für die Normalarbeitszeit auf zehn und die tägliche Höchstar-

beitszeit auf zwölf Stunden angehoben werden. Laut Umfragen befürworten rund 84 Prozent der Arbeitnehmer eine flexible Gestaltung ihrer Arbeitszeit und über 90 Prozent der befragten Unternehmer sagen, dass sich durch flexiblere Arbeitszeiten die Mitarbeiterzufriedenheit und die Produktivität steigern lassen. „Unsere Betriebe brauchen flexiblere Arbeitszeiten. Nur so können wir die zukünftigen Herausforderungen meistern. Vor allem im produzierenden Gewerbe gibt es erheblichen Bedarf. Die starren Regeln hemmen unser Wachstum und sind schlichtweg nicht mehr zeitgemäß. Wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf individuelle Modelle einigen wollen, muss das möglich sein“, fordert Josef Herk, WKO-Steiermark-Präsident.


Kurz & News

RLB Steiermark – Starkes operatives Geschäft „Auch zum 90. Gründungs-Jubiläum bleiben die wichtigsten Erfolgsfaktoren von Raiffeisen die Nähe zu unseren Kunden und das Vertrauen, das unsere Bankengruppe bei den Steirern genießt“, fasste Raiffeisen-Landesbank-Generaldirektor Martin Schaller das Geschäftsjahr 2016 anlässlich der Bilanzpressekonferenz zusammen. Die RLB baute im Jahr 2016 ihre Eigenmittelquote auf 18,8 Prozent aus. Das Geschäftsvolumen des Konzerns, der neben der RLB auch die Hypo Steiermark umfasst, wuchs um mehr als 6,5 Prozent auf knapp 15 Milliarden und das Gesamtergebnis beträgt 49,1 Millionen. Auch die Raiffeisen-Bankengruppe Steiermark (die RLB mitsamt den 66 Primärbanken) bilanzierte erfolgreich und steigert ihr EGT auf einen Rekordwert von 161,3 Millionen Euro.

Genussgut Krispel lud zur „Vermessung der Sau“ „Ran an den Speck“ hieß es Ende März am südsteirischen Genussgut Krispel. Der Familienbetrieb lud zur ersten „Vermessung der Sau“, einem Event ganz im Zeichen der Wollschweine. In gemütlicher Atmosphäre wurden den zahlreich teilnehmenden Gästen schweinische Spezialitäten von Gutsherrn Toni Krispel persönlich kredenzt: Das saugute Menü aus der zerlegten Schweinerei ließ das Feinschmeckerherz höherschlagen: Bluttommerl mit saurer Suppe, geröstete Leber, Beuschelsuppe mit Schwarzbrot, Breinwurst mit Sauerkraut, Krenfleisch von Kopf und Schulter, frische Grammeln mit Trüffel und viele andere Spezialitäten. Ein genussreicher Saisonauftakt, an dem Gäste und Veranstalter gleichermaßen Geschmack fanden.

Lyoness präsentiert MotoGP-Cashback-Programm

Fotos: Raiffeisen, JR / Manuela Schwarzl, Madison, Foto Fischer, Knapp AG, Dorna Sports S.L.

Hessen trifft die Steiermark

Im Rahmen einer mehrtägigen Reise machte eine Delegation aus Hessen bei der Joanneum Research (JR) in Graz Station. Konkret wurde Health-Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften besucht. LR Christopher Drexler und Institutsleiter Thomas Pieber konnten neben Staatsminister Stefan Grüttner auch Abgesandte aus Gesundheitswesen und Wirtschaftsförderung begrüßen. Die steirische Forschungseinrichtung stellte u. a. Methoden des Clinical Decision Support wie mobile Pflege und digitale Assistenz in der Versorgung des älteren Menschen vor. Außerdem stand eine Präsentation des erfolgreichen JR-Produkts GlucoTab, ein tabletbasiertes System für Diabetesmanagement, auf dem Programm.

Herz begrüßt Ärztekammer-Forderung

Die WKO Steiermark befürwortet die Forderung der Ärztekammer Steiermark, die Teilung von Kassenverträgen für niedergelassene Ärzte zu ermöglichen. „Wir unterstützen diesen Vorschlag unter der Prämisse, dass es zu attraktiveren Ordinationszeiten führt, wenn sich zwei Ärzte einen Kassenvertrag teilen. Insbesondere eine Ausweitung am Abend wäre dringend notwendig“, erklärt WKO Vizepräsident Andreas Herz. So könnten Arbeitnehmer auch die Notdienste entlasten. Als Vorbild sieht Herz Tirol, wo eine ähnliche Regelung umgesetzt wurde: „Hier hat sich das Job-Sharing bei Kassenverträgen auch als Übergabemodell von Landpraxen etabliert, die sonst nur schwer einen Nachfolger finden würden.“

Lyoness und Dorna Sports S.L. vertiefen ihre Partnerschaft: Das neue MotoGPTM Cashback Programm wurde am 24. März zum Saisonauftakt der MotoGPTM in Katar der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Im Mittelpunkt steht die MotoGPTM Cashback Card, mit der sich Motorsportbegeisterte zahlreiche Shopping-Vorteile sichern können. Bei jedem Einkauf erhalten sie bei 75.000 Partnerunternehmen weltweit bis zu 5% Cashback und sammeln Shopping Points. Zusätzlich können sie beim Kauf von MotoGPTM-Tickets sowie Merchandising-Produkten Geld sparen. „Mit dem Launch unserer Cashback Card haben wir einen Meilenstein in unserer Unternehmensgeschichte gesetzt“, betont Hubert Freidl, CEO der Lyoness International AG.

Knapp zeigte smarte Innovationen

Das Lager der Zukunft ist dynamisch, flexibel, wirtschaftlich und punktet durch fehlerfreie Logistikabläufe. Das steirische Logistikunternehmen Knapp entwickelt seit mehr als 60 Jahren innovative Lösungen im Bereich der Intralogistik und setzt dabei immer wieder neue Maßstäbe. Von 6. bis 7. April präsentierte Knapp auf der Fachausstellung am 33. BVL Logistik Dialog in Vösendorf die seine neueste Innovation: Das Open Shuttle Fork für den autonomen und flexiblen Palettentransport. Dieses revolutioniert den Palettentransport innerhalb eines Lagers. Die Aufnahme von Gewichten bis zu 1000 kg erfolgt direkt vom Boden und die freifahrenden Open Shuttles Fork navigieren selbstständig zu ihrem Ziel. FAZIT MAI 2017 /// 19


Kurz & News

Sehr gute Zahlen für das Geschäftsjahr 2016 erfreuen Gerhard Fabisch, Vorstandsvorsitzender Steiermärkische Sparkasse: „Der Konzernjahresüberschuss 2016 lag bei 172 Mio. Euro. Das Betriebsergebnis des Konzerns stieg im Vergleich zu 2015 aufgrund der erfreulichen Entwicklung um 70 Prozent auf 201 Mio. Euro. Die Kernkapitalquote im Konzern konnte 2016 weiter auf 16,6 Prozent und die Eigenmittelquote auf 19,0 Prozent verbessert werden. Unser Erfolg baut auf den drei starken Säulen, dem Privatkundengeschäft, dem Firmenkundengeschäft und dem Bankennetz am Westbalkan auf. Unser Ziel ist es daher, mit 2,4 Mio. Kunden im In- und Ausland, auch zukünftig kontinuierlich und risikobewusst zu wachsen.“

Günter Bresnik und Wolfgang Thiem trainierten mit STTV Im Herbst 2016 startete der STTV mit der erfolgreichen Kids-Sichtung die Kooperation mit Günter Bresnik. Diese Zusammenarbeit wurde mit einem Trainingsnachmittag mit den Kaderspielern des STTV im Landesleistungszentrum in Leibnitz fortgesetzt. Bresnik hat den Lehrgang gemeinsam mit Wolfgang Thiem geleitet. Den Schwerpunkt bildete die Arbeit an verschiedenen technischen Details aller Schläge. „Wir sind immer bedacht, dass wir unserem Nachwuchs die bestmögliche Ausbildung anbieten können. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass wir im ständigen Austausch mit Weltklassetrainern sind“, zeigte sich STTV Präsidentin Barbara Muhr begeistert vom Einsatz und der Intensität des Trainings.

Gründermesse 2017 als Spielplatz für Start-ups

Am 1. April ging bereits zum 4. Mal die Gründermesse im Messecongress Graz über die Bühne – und die war wahrlich kein Aprilscherz. Vielmehr wurde sie zum Spielplatz von mehr als 700 Gründern und Start-Up-Unternehmern, die sich von 50 Ausstellern das Know-how einholten, um ihren Traum vom eigenen Business zu verwirklichen. Neben coolen Keynotes von Karrierecoach Doria Pfob und Speaker Daniel Hoch gab’s auch Erfolgsstories von steirischen Start-up-Unternehmern. Susanne Huber und Florian Orthaber sprachen über Erfolge und Stolpersteine. Messe-CEO Armin Egger: „Es freut mich sehr zu beobachten, dass die Gründermesse mit jedem Jahr wächst und immer mehr an Dynamik gewinnt.“

Landeswappen an Perl GmbH verliehen

20 /// FAZIT MAI 2017

Dem Gleisdorfer Unternehmen Perl GmbH, Spezialist auf dem Gebiet der Sanitär- und Heizungsanlagen, wurde am 20. April von LH Hermann Schützenhöfer das steirische Landeswappen verliehen. Unter den zahlreich anwesenden Ehrengästen und Gratulanten befanden sich auch WKO-Vizepräsident Andreas Herz sowie der Bgm. Christoph Stark, die die zahlreichen Leistungen des 110 Jahre bestehenden Familienunternehmens würdigten. Dabei betonte Schützenhöfer: „Das Traditionsunternehmen Perl leistet nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Wirtschaftsstandort, sondern zeichnet sich vor allem auch durch seinen Innovationsgeist sowie das große soziale Engagement im Rahmen verschiedener Sponsor-Tätigkeiten aus.“

Bank Austria Sozialpreis Steiermark 2017 Der Bank Austria Sozialpreis geht 2017 bereits zum achten Mal an den Start. Auch in diesem Jahr sollen herausragende österreichische Sozialprojekte ausgezeichnet werden. Auf regionaler Ebene – somit in allen neun Bundesländern – wird der Preis bereits zum fünften Mal vergeben. Bernd Meister, Landesdirektor Firmenkunden, betont: „Der Bank Austria Sozialpreis hat sich mittlerweile österreichweit als wichtige Initiative im Sozialbereich etabliert. Mit unserem sozialen Engagement wollen wir außergewöhnliche Sozialprojekte vor den Vorhang holen und ihnen die Möglichkeit geben, sich zu präsentieren. Insgesamt stellen wir 9.000 Euro für die besten drei Projekte in der Steiermark zur Verfügung.“

Fotos: Steiermärkische Sparkasse, MCG / Kanizaj, STTV, INBILD / Anna Pailer

Erfolgreiches Geschäftsjahr 2016 für Steiermärkische


Foto: Hofer Leitinger Steuerberatung

Kurz im Gespräch mit

Foto: Artige Bilder, Hannes Loske

Alexander Hofer, Geschäftsführender Gesellschafter der Hofer Leitinger Steuerberatung GmbH

(v.l.n.r.) Bernhard Türk, Roland Roitner, Valentin Hofstätter und Stefan Bardel gaben Auskunft zu den Turbulenzen auf den Finanzmärkten

Die Rückkehr der Inflation

Welche Konsequenzen hat schleichender Vermögensverlust durch negative Realzinsen? Klare Antworten auf diese und andere brisante Fragen zu den internationalen Finanzmärkten gab es am 5. April im Rahmen eines Informationsabends der Hypo Steiermark.

D

er neue US-Präsident meint ‚America first‘, Großbritannien ist bald nicht mehr in der EU. In Italien schwelt die nächste Bankenkrise und die Japaner versuchen sich mithilfe der eigenen Notenbank elegant ihrer Schulden zu entledigen.“ Mit diesen klaren Worten brachte Vorstandsdirektor Bernhard Türk in seinem Eröffnungsstatement die dramatische welt- und finanzpolitische Situation auf den Punkt und stellte die These auf: „Instabilität und Unsicherheit sind die Eckpfeiler der neuen Normalität.“ „Vor diesem Hintergrund ist es unsere Aufgabe als Bank, den Kunden aktuelle und zuverlässige Informationen und Lösungen zu bieten“, betonte Türk. „Mit Valentin Hofstätter haben wir dafür einen exzellenten Kenner der Materie als Referenten gewinnen können.“ Der re-

nommierte Kapitalmarktexperte Mag. Dr. Valentin Hofstätter, Head of Market Strategy der Raiffeisenbank International, nahm gemeinsam mit dem Leiter des Investmentoffices der Hypo Steiermark, Mag. Roland Roitner, in seinen kompakten Ausführungen u. a. die Entwicklung der europäischen Wirtschaft, die Rückkehr der Inflation, Auswirkungen des aktuellen Tiefzinsumfeldes sowie die europäischen Anleihen- und Aktienmärkte unter die Lupe. Keine Frage blieb unbeantwortet – in der anschließenden Diskussion und im Rahmen des kulinarischen Ausklangs gab es vielerlei Möglichkeiten zum vertiefenden Gespräch. Moderiert wurde der spannende und informative Abend vom Bereichsleiter für Privat- und Geschäftskunden der HYPO Steiermark, Stefan Bardel, MBA.

Warum ist heute professionelle Steuerberatung auch für KMU wichtiger denn je? Viele verschiedene, ineinander greifende Rechtsmaterien, gepaart mit der Tendenz, einzelfallbezogene Regelungen auf Kosten von Systematik durchzusetzen, erschweren den Durchblick. Verstöße werden zunehmend kriminalisiert und sanktioniert. Die optimierte Abwicklung des Rechnungswesens und der Personalabrechnung bedingt Einsatz von IT. Für all das ist der professionelle Steuerberater mit seinen spezialisierten Mitarbeitern da. Was unterscheidet Ihre Steuerberatungskanzlei von den zahlreichen Mitbewerbern in diesem Sektor? Ein Unterschied liegt schon in Ihrer Frage: Wir bezeichnen uns selbst nie als Kanzlei. Das hat etwas mit Behörde oder Gerichtshof zu tun und so sehen wir uns nicht. Diesen differenzierten Zugang zu Begrifflichkeiten pflegen wir auch in unserer Arbeit. Wir hinterfragen immer wieder eingefahrene Prozesse und vermeintliche Standards und finden neue, bessere, nützlichere. Schlüsselfaktoren sind viele gute Mitarbeiter, deshalb auch unser Bekenntnis zu Größe. Derzeit halten wir bei circa 70 Mitarbeitern.

Was kann die Politik dazu beitragen, das Steuersystem wieder zu vereinfachen? Die Frage geht am Puls der Zeit vorbei: Die Neukodifizierung des Einkommensteuergesetzes oder massive Senkung von Lohnnebenkosten und Sozialabgaben sind mindestens zehn Jahre überfällig. Damit ist es nicht mehr getan. FAZIT MAI 2017 /// 21


Fazitgespräch Von Johannes Tandl und Peter K. Wagner mit Fotos von Marija Kanizaj

Fossile Innovation


Der Vizepr채sident der Bundeswirtschaftskammer J체rgen Roth 체ber die Zukunft der fossilen Energietr채ger, Sackgassentechnologien und die Reize der Politik.

Fazit Mai 2017 /// 23


Fazitgespräch

An der Wand die Rückennummer Elf. In einem Kunstwerk aus dem Jahr 2004 ist das Trikot des ehemaligen GAKFlügelflitzers Didi Ramusch zu sehen. Mit dem Sponsoring der Firma. Vater Rudi hatte den GAK einst zum ersten und einzigen Meistertitel der Vereinsgeschichte verholfen. Und könnte bald eine Gerichtsverhandlung ins Haus stehen. Aber das soll heute nicht Thema sein. Sohn Jürgen geht ja auch gar nicht mehr zum neuen GAK.

Er hat ganz andere Dinge zu tun. Der Mann, der sogar einmal ATP-Punkte sammelte und so mit einer anderen Lebensplanung vielleicht Tennisprofi werden hätte können, hat sich für die Wirtschaftskarriere entschieden. Vor bald 20 Jahren trat er in das Familienunternehmen der Roth-Dynastie ein. Seit 2015 ist er CEO der wieder in Privatbesitz befindlichen »Tank Roth GmbH«. Aber Jürgen Roth ist nicht einer dieser Söhne, die sich in Positionen hieven lassen und in der Chefposition sonnen. Er lebt, was er tut. Er zeichnet auf, wenn er uns etwas erklären möchte. Und nach fast eineinhalb Stunden wird man das Gefühl nicht los, er hätte uns noch viel mehr aufzeichnen und erklären wollen. 24 /// FAZIT MAI 2017



Fazitgespräch

Früher hat es geheißen, die Kinder sollen es einmal besser haben als wir. Heute heißt es, die Kinder sollen es nicht schlechter haben. Jürgen Roth

Herr Roth, was halten Sie von Fortschritt? Ich bin ein hundertprozentiger Befürworter von Fortschritt. Mir geht es nur oft zu langsam bei uns.

Ich frage deshalb, weil der Fortschritt gewissermaßen ein großer Feind Ihres Geschäftsfeldes ist. Immerhin hört man aus Wirtschaftund Politikkreisen nur noch vom bevorstehenden Durchbruch der Elektroautos und dem Trend zu immer nachhaltigerer Mobilität. Den Verbrennungsmotoren und der Erdölindustrie wird keine große Zukunft vorausgesagt. Ich habe dennoch keine Angst. Ich sehe den Fortschritt als Chance und nicht als Gefahr. Das Thema ist gerade in Österreich von Bedeutung, weil wir die hellsten Köpfe haben. Allein wir Steirer mit einer der höchsten F&E-Quoten. Bei der Patent-pro-Kopf-Quote sind wir auch europaweit am Stockerl. Der Fortschritt müsste für uns gut sein. Wir müssen nur die richtigen Signale erkennen und danach handeln. Weil wir das aber zu wenig tun, sind wir von der Spitze ins Mittelmaß abgerutscht. Wir müssen jetzt Entscheidungen treffen, um hoffentlich in ein paar Jahren wieder aufzusteigen. So wie das in Deutschland noch vor der Regierung Merkel passiert ist, was heute dazu führt, dass man so gut dasteht. Ich bin übrigens gerade aus Asien zurückgekommen. Und auch da kann ich nur sagen: Die laufen uns alle davon. Davor war ich in den USA – und auch dort ist man uns weit voraus. Hoffentlich werden wir in Europa nicht zum Disneyworld, wo man herkommt, um sich anzuschauen, wie es früher war. Warum tut sich Österreich so schwer, die F&E-Potentiale in Startups und Unternehmungen umzumünzen? Wir haben etwa einen übertriebenen Bürokratieaufwand. Und dabei geht es nicht darum, dass ich meinen Feuerlöscher überprüfen muss. Sondern zum Beispiel darum, dass ich hier hinter unserem Bürogebäude gerne eine Halle wegreißen möchte, die jeder weghaben will seit Saubermacher ausgezogen ist, ich dafür aber ein Jahr benötige, um alle Genehmigungen zusammen zu haben. So etwas wurmt den Unternehmer. Das ist die eine Seite, die andere Seite ist, dass das Unternehmertum bei uns einen Stellenwert hat, der dem Unternehmertum nicht würdig ist. Wenn man nicht erfolgreich ist, ist man ein Gauner. Wenn man zu erfolgreich ist, ist man auch ein Gauner. Fragt man einen Amerikaner, wie viel Umsatz er gemacht hat, wird er von 200.000 Dollar sprechen, 26 /// FAZIT MAI 2017

obwohl es nur 100.000 waren. Der Österreicher spricht sicherheitshalber von 50.000 Euro Umsatz, auch wenn es eigentlich 100.000 waren. Immerhin könnte der Nachbar neidisch sein. Wir verkaufen uns also auch schlecht. Während ich auf meinen Abbruchbescheid der Halle warte, haben sie in Hongkong in einem vergleichbaren Fall schon einen Wolkenkratzer errichtet. Die Asiaten haben es geschafft, die Zeichen der Zeit zu erkennen und innerhalb weniger Jahre, einen 180-Grad-Schwenk zu vollziehen. Von einem Billigproduktionsland hin zu einer kapitalistischen Marktwirtschaft, wo sie für ihren eigenen Mittelstand selbst produzieren und eine Vorherrschaft als Technologiestandort anstreben. Wir haben auch noch ein Schulsystem von Maria Theresia. Wir hinken schlicht und ergreifend in alten Jahrhunderten nach. Die Welt dreht sich aber weiter. Früher hat es geheißen, die Kinder sollen es einmal besser haben als wir. Heute heißt es, die Kinder sollen es nicht schlechter haben. Und deshalb lassen wir alles so, wie es ist. Das ist aber zu wenig.

Noch einmal zurück zum Ursprung meiner Frage: Gerade China setzt auch extrem auf eine nachhaltige Zukunft und nicht unbedingt auf fossile Energieträger. Jede Generation und jede neue Zeit hat neue Chancen. Ich bin Händler und Handel wird immer notwendig sein. Wenn es nicht mehr klassische fossile Treibstoffe sind, habe ich eben Wasserstofftankstellen. Wenn Elektroautos den Durchbruch schaffen, werden es eher nicht Tankstellen sein, weil die Aufladung meiner Meinung nach eher zuhause oder an anderen Orten stattfinden wird. Ich sehe keine Gefahr in der Zukunft.

Schaffen Elektroautos den Durchbruch? Es gibt 6,6 Millionen KfZ in Österreich und wir haben 9.000 Elektrofahrzeuge. Jetzt steigern sich diese um 200 bis 300 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Aber alleine die Steigerung bei den Dieselneufahrzeugen ist in absoluten Zahlen viel größer. Bis das Elektroauto wirklich kommt, werden Jahrzehnte vergehen. Es heißt außerdem nicht, dass fossile Energieträger nicht mehr notwendig sind. Ich sehe sie zumindest auf Jahrzehnte am Markt. Aber fühlen Sie sich gerade als Obmann des Fachverbandes des Energiehandels nicht manchmal als Fossil und Befürworter einer Sackgassentechnologie?



Fazitgespräch Nein, ich sage durchaus, dass wir in einer Sackgasse enden könnten. Wir waren gerade in Stanford bei Professor Prinz, dem führenden Forscher in Sachen Batterien. Er sagt, die erste Generation der Batterien wird sich nicht durchsetzen, weil sie zwei Riesenprobleme hat: Sie lässt mit fortlaufender Lebensdauer nach und ist hitze- und kälteempfindlich. Im Winter bei Minus 20 Grad, die es in Kalifornien nicht gibt, sind die Teslas nur mehr 100 km/h gegangen bei uns auf der Autobahn. Die Verbrennungsmotoren haben also eine Zukunft? Es wäre ein Fehler, ihnen keine Zukunft zu prophezeien. Dann würden die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich stehen bleiben und der Bereich würde der aktuellen Evolutionsstufe überlassen. In Wirklichkeit müsste man gerade bei Benzinern oder Hybriden eine Übergangstechnologie finden, die etwa nur mehr zwei oder drei Liter verbraucht. Und dann kann schon sein, dass nur noch Elektroautos unterwegs sind. Sollten Reichweite von 600 Kilometer möglich werden und Batterien ihre Leistungsfähigkeit nicht verlieren. Eine neue Batterie für einen 100.000-Euro-Tesla kostet bis zu 30.000 Euro, das ist kein gutes Verkaufsargument. Wobei es mittlerweile üblich ist, dass man Batterien least für einen monatlichen Betrag. Ja, es könnte wohl darauf hinauslaufen, dass es Lösungen gibt, die mit einem Handyvertrag vergleichbar sind. 500 Euro »all in« für Auto, Batterie und Strom. Als Zweit- oder Drittauto hat das Elektroauto sich jetzt schon einer Potential von bis zu zehn Prozent.

Was ich mich viel mehr frage: Warum gibt es noch einen 50-Kubik-Zweitakter? In China gibt es nur noch Elektroroller. Wobei in China der Hauptgrund für den Elektrotrend der Smog in den Städten ist. Vorangetrieben werden sie über die Zulassungen: Das Kennzeichen kostet für das fossile Auto gleich viel wie für das Auto selbst. Ich wäre aber einen ganz anderen Weg gegangen bei der Klimastrategie. Ich hätte einen Energiemix angestrebt, bevor ich Verbote ausspreche. Ziel müsste es außerdem sein, viel weniger Energie zu verbrauchen. Etwa durch thermische Sanierung. Das würde die Bauwirtschaft ankurbeln und jedes alte Gebäude verbraucht bis zu 40 Prozent weniger Primärenergie. Die thermische Sanierung war unter anderem ein Alternativvorschlag der Murkraftwerksgegner in Graz. Sie sind Aufsichtsratsmitglied des Verbund, der erst kürzlich mit 12,5 Prozent in das Projekt eingestiegen ist. Sind Sie also eher für thermische Sanierung als für Murkraftwerke? Nein. Denn bei aller Liebe, aber alle wollen zurück zur Natur, allerdings möchten sie mit dem Auto hinfahren. Das geht nicht. Wo kommt denn der Strom her? Aus der Steckdose? Wir wollen keine Atomkraftwerke in Österreich. Am liebsten hätten wir gerne keine fossilen Energieträger. Am umweltfreundlichsten sind Wasser, Wind und Sonne. Den Windpark in der Steiermark will ich dort oben, wo der meiste Wind geht, aber nicht haben, weil er beim Wandern stört. Und ein Wasserkraftwerk lehnt niemand grundsätzlich ab, allerdings vor der Haustür in Graz will man es auch nicht. Der Stromverbrauch ist der einzige Verbrauch, der wächst. Wir benötigen solche Projekte.

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Die Konferenz „Sicherheit im digitalen Zeitalter“ ist eine hochkarätige Experten- und Diskussionsplattform, die sich mit den Herausforderungen in den Bereichen der kritischen Infrastruktur, CyberSecurity sowie den Auswirkungen der EU-Datenschutzverordnung 2018 auf UnternehmerInnen und Einzelpersonen befasst.

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eine Initiative des KSÖ, der WKO Steiermark und Partnern


Fazitgespräch Sie haben das Energieeffizienzgesetz in der ursprünglichen Form massiv bekämpft und einen Sieg auf allen Linien erreicht, weil die Reinigungsadditive für Dieselkraftstoffe als Energiesparmaßnahme zugelassen wurde. War das ein Ritterschlag? Die Chancen waren wohl bei fünf Prozent, aber am Ende habe ich tatsächlich viel gekämpft und bis hin zu Reinhold Mitterlehner haben sich viele Menschen bei mir bedankt. Sehen Sie Ihr politisches Betätigungsfeld eher auf Wiener Ebene oder möchten Sie regionaler aktiv sein? Ich bin nicht politisch aktiv, ich setze mich für die Wirtschaft ein. Wenn es politische Teilbereiche umfasst, muss ich mich damit beschäftigen, aber ich bin Wirtschaftsinteressensvertreter. Aber Sie wissen schon, wer Ihr Vorgänger als Vize-Präsident der Wirtschaftskammer Österreich war. Ja, das war Hans-Jörg Schelling.

Wollen Sie Politiker werden? Auf Landesebene, wo es durchaus zuletzt Anfragen gab, gibt es kein Interesse. Auf Bundesebene hat es einmal leichte Andeutungen gegeben, ob ich in einer neuen Konstellation Interesse hätte, aber auch da habe ich eher dankend abgelehnt. Da müssten alle Rahmenbedingungen passen. Immerhin kann man dann nicht mehr arbeiten und man verliert 100 Prozent seines Privatlebens. Man bekommt wenig Ruhm und Glorie in Form von Dankbarkeit und Wertschätzung, aber der Arbeitsaufwand ist enorm und wird von obendrein von außen nicht gesehen. Ich denke da nur an

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FAZIT


Jürgen Roth wurde am 22. April 1973 ge-

boren und ging in Graz sowie Knittelfeld zur Schule. Er studierte Internationale Wirtschaft in den USA sowie Österreich und trat 1998 in

die Roth Heizöle GmbH ein. Seit 2015 ist er CEO und Eigentümer der Tank Roth GmbH,

Vizepräsident der Bundeswirtschaftskammer sowie Aufsichtsrat der Verbund AG. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.


Fazitgespräch

Ich glaube, dass das Unternehmertum einmal einen besseren Stellenwert hatte. Jürgen Roth

Christian Kern, der früher einer meiner wichtigsten Geschäftspartner war. Immerhin ist die ÖBB unser größter Kunde, hat sie doch die größte Dieselausschreibung Österreichs. Nach einem Treffen kürzlich hab ich erkannt, dass er fast geläutert ist. Nach nur ein paar Monaten. Man geht idealistisch hinein in die Politik und erkennt rasch, wie schwer es ist, etwas zu bewirken.

Werden Sie Wirtschaftskammer-Präsident? Ich bin der Meinung, dass Christoph Leitl einen hervorragenden Job macht. Aber es ist offensichtlich, dass er bei der nächsten Wahl 2020 nicht mehr antreten kann und rechtzeitig übergeben will. Bis dahin ist alles Makulatur. Es gibt ein paar, die sich proaktiv bewerben, ich gehöre nicht dazu. Ich bin der Außenminister der westlichen Hemisphäre in der Wirtschaftskammer, bin in der Eurocommerce in Brüssel im Vorstand und kann mich nicht über Mangel an Arbeit beklagen. Außerdem sind die Fußstapfen, die Christoph Leitl hinterlässt, für jeden Nachfolger sehr groß. Wirklich? Ja. 30 Prozent der Beiträge und Fachgruppen wurden eingespart und 30 neue Vorschläge für Verbesserungen eingebracht. Jetzt frage ich: Was haben die anderen gemacht? Bundesregierung? Arbeiterkammer? Gewerkschaft? Oder alle anderen, irgendwie gearteten Interessensvertretungen? Gab es irgendeine große Reform? Man muss immer relativieren.

Sie sind in dritter Generation Mitglied der Roth-Dynastie. Die Familie hat sich immer verantwortlich gefühlt – für Mitarbeiter und seine Umgebung. Spüren Sie auch diese Verantwortung über den Profit hinaus? Da sind wir wieder dort, wo wir am Anfang des Gesprächs waren. Ich glaube, dass das Unternehmertum einmal einen besseren Stellenwert hatte. Früher waren die Menschen meinem Großvater in Gnas dankbar, dass sie eine Anstellung hatten und Jahrzehnte treu geblieben. Wenn so ein Mitarbeiter mit seinem Sohn auf meinen Großvater zuging und sagte: „Das ist mein Bub. er war beim Militär, ist 18 Jahre alt und würde gerne Fahrer werden“. Dann hat mein Großvater gesagt: „Ich brauche gerade keinen Fahrer, aber ich weiß, dass du für deinen Sohn die Hand ins Feuer legst und ich nehme ihn trotzdem auf. Weil die Zeiten gut sind. Aber bitte steht in schlechten Zeiten auch zu mir.“ Und so ein Bub ist auch heute noch im Unternehmen. Solche Karrieren sind in der heutigen, schnelllebigen Zeit selten geworden. Wir sind eine der we-

nigen Firmen, die versuchen, das noch aufrecht zu erhalten. Ich persönlich habe für mich allerdings einen anderen Zugang. Das, was ich in den Interessensvertretungen leiste, ist auch eine Form des Zurückgebens an die Gesellschaft. Das mögen manche Menschen anders sehen, aber ich arbeite 40 Stunden die Woche für meine Funktionen und 40 Stunden die Woche für meine Firma. Und für die 40 Stunden Funktionen bekomme ich maximal eine Aufwandsentschädigung, die ich in zehn Stunden Firmenarbeit dreifach bewegen würde. Auch monetär.

Immer weniger Familienunternehmen sind in der Lage, an die nächste Generation zu übergeben. Weil Ihre Kinder sagen, dass Sie sich das für diesen Aufwand nicht mehr antun. Ja, das ist ein Riesenproblem. In Kalifornien will jeder Unternehmer werden, weil sie glauben, sie können der nächste Mark Zuckerberg oder Elon Musk werden. Bei uns werden selbst die fünf außer Streit stehenden Vorbilder immer wieder gerne angepatzt. Siehe Dietrich Mateschitz vor kurzem. Wo sind unsere Leuchttürme? Wir hätten eigentlich 200 Weltmarktführer in Österreich in ihren Nischen. Das ist Weltspitze. Es muss eine Ehre sein, Unternehmer zu sein. Dazu muss man ihnen entweder das Geld, das sie sich erarbeiten, mit weniger Steuern überlassen oder man lässt sie 50 Prozent Steuern zahlen, aber der Weg dorthin soll halbwegs unbürokratisch möglich sein. Muss man sich um das Unternehmertum also gar Sorgen machen? Nein, ganz und gar nicht. Ich bin ein grenzenloser Optimist. Wir müssen positiv nach vorne schauen. Ich bin auf der ganzen Welt unterwegs und weiß, dass wir uns nicht verstecken müssen. Unsere Lebensqualität ist so hoch wie in kaum einem anderen Land dieser Erde. Wir haben das beste Gesundheitssystem, den längsten Zeitraum ohne Krieg, den Europa je erlebt hat. Wir machen uns Sorgen, wo wir auf Urlaub hinfahren und welchen Fernsehen wir uns kaufen. Und jammern trotzdem den ganzen Tag. Früher hat man sich Sorgen gemacht, was man am Tag noch essen kann oder ob es noch warm ist. Wir brauchen mehr positiven Geist. Ich bin guter Dinge. Und es gibt viele, die meine Einschätzung teilen, aber das sind hauptsächlich die Jüngeren. Es soll von mir aus noch Monate oder Jahre dauern, aber die werden mehr und mehr das Zepter übernehmen. Und dann geht überall ein frischer Schwung durch. Herr Roth, vielen Dank für das Gespräch!

FAZIT MAI 2017 /// 31


Steuerboard

Drachen statt Windräder

Mag. Jessica Ghahramani-Hofer

Werkvertrag oder Arbeitskräfteüberlassung? Achtung bei Beauftragung ausländischer Unternehmen

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Wenn ein ausländischer Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zur Erfüllung eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags nach Österreich entsendet, ist für den österreichischen Auftraggeber in der Regel alles gut. Sobald der ausländische Arbeitgeber aber dem österreichischen Auftraggeber (lediglich) Arbeitskräfte zur Verfügung stellt, muss der Auftraggeber eine Abzugsteuer in der Höhe von 20 Prozent des Gestellungsentgelts einbehalten und an das Finanzamt abführen. Wesentlich ist also die Unterscheidung zwischen Werkvertrag und Arbeitskräfteüberlassung. Charakteristisches Merkmal eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags ist, dass sich der Leistungserbringer zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs verpflichtet und dafür die Haftung übernimmt. Die Arbeiten werden unter Leitung und Verantwortung des Leistungserbringers ausgeführt. Demgegenüber trägt ein Arbeitskräftegesteller die Verantwortung für die grundsätzliche Qualifizierung der von ihm gestellten Arbeitnehmer. Bei der Arbeitskräfteüberlassung bestehen auch weitreichende Haftungsbestimmungen. Häufig wird übersehen, dass der Beschäftigte im Inland auch Kommunalsteuer abzuführen hat, wenn die Arbeitskräfte nicht von einer inländischen Betriebsstätte zur Arbeitsausführung im Inland überlassen werden. Die Bemessungsgrundlage dafür beträgt 70 Prozent des Gestellungsentgelts. Da kommt bei falscher Beurteilung und Durchführung des Vertragsverhältnisses einiges an Nachzahlungspotenzial zusammen. Und so ist es kein Zufall, dass bei den Lohnabgabenprüfungen entsprechende Sachverhalte zunehmend genauer geprüft werden.

Geidorfgürtel 20 8010 Graz +43 316 386001 0 graz@hoferleitinger.at www.hoferleitinger.at

er deutsche Energiekonzern E-On setzt verstärkt auf innovative Konzepte zur Herstellung erneuerbarer Energie. In Irland werden schon bald Flugzeuge und Drachen in etwa 450 Meter Höhe, die an Seilen hängen, Windstrom erzeugen. Die Seile enden an einem Generator am Boden, der die Windkraft in Strom umwandelt. Bereits im Vorjahr hat sich E-On gemeinsam mit Shell am schottischen Start-up „Kite Power Systems“ (KPS) beteiligt, das Offshore-Winde nützen will. In Irland arbeitet E-On nun mit „Ampyx Power“ zusammen. Dabei lässt Ampyx Segelflugzeuge aufsteigen, die wiederum an einem Generator hängen. Für die Energie-Ernte muss nur noch ein Minimum an Material in der Luft gehalten werden. Die Kite-Power-Systems-Drachen sind besonders leicht. Segelflieger zur Stromerzeugung sind hingegen schwerer und mit zahlreichen Sensoren bestückt. Sie sollen dafür aber in der Lage sein, stabiler Strom zu produzieren als die Drachen. Beide Konzepte haben gegenüber herkömmlichen Windrädern den entscheidenden Vorteil, dass der teure schwere

Foto: Ben Pearce

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Drachen sollen in Zukunft nicht nur als Sportgeräte, sondern auch zur Nutzung von Windenergie verwendet werden und teure Windkrafttürme ersetzen. Turm wegfällt. Ampyx wirbt damit, dieselbe Strommenge bei 90 Prozent weniger Materialeinsatz herstellen zu können, und glaubt, schon bald auch ohne Subventionen auf dem Energiemarkt konkurrenzfähig zu sein. Enerkite, ein Start-up aus dem deutschen Bundesland Brandenburg, setzt ebenfalls auf Flugdrachen und rechnet etwa mit Selbstkosten von etwa vier Cent je Kilowattstunde. Derzeit produzieren die Windräder etwa acht Cent je Kilowattstunde, während der Strompreis etwa drei Cent beträgt.

Biogaserzeuger wollen Bestandsgarantie

Aufgrund niedriger Subventionen stehen zahlreiche heimische Biogasanlagen vor dem Aus. Die steirischen Betreiber haben nun die Initiative „Pro Ökostrom und Biowärme“ ins Leben gerufen. Aus ihrer Sicht müssten nämlich zahlreiche Energieerzeuger zusperren, wenn es zu den geplanten Kürzungen käme

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ie großen Verlierer sind die Ökostromund Ökowärmebezieher in ganz Österreich, weil ihre Heizungen kalt bleiben und noch mehr riskante und klimaschädliche Energie importiert werden muss“, fordert Kammerpräsident Franz Titschenbacher eine Bestandsgarantie für die Förderung. „Weiters bleiben hunderte Gemeinden auf Bergen von Grünschnitt sitzen. Zu den Verlierern gehören auch viele Gewerbetreibende im ländlichen Raum“, so Titschenbacher. Bereits Ende März hätte ja über die Ökostromnovelle im Nationalrat abgestimmt werden sollen. Die Regierungspar32 /// FAZIT MAI 2017

teien konnten sich jedoch mit den Grünen, deren Zustimmung wegen der erforderlichen Verfassungsmehrheit benötigt wird, nicht einigen. Die regionalen Biogasanlagen würden rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr verlässlich sicheren und klimafreundlichen Ökostrom und regionale Ökowärme produzieren, so die Landwirtschaftskammer. Sie seien unverzichtbare Lieferanten von erneuerbarem Strom und von Ökowärme, wenn andere Erneuerbare jahreszeitenbedingt die Stromerzeugung zurückfahren müssten. So sei es möglich, jährlich allein in der Steiermark


sechs Millionen Liter Heizöl (Österreich: 40 Millionen) und 86.000 Tonnen Kohlendioxid (Österreich: 620.000 Tonnen) einzusparen. „Es ist völlig unsinnig, effiziente und klimaschonende Bioenergieanlagen mit Doppelnutzung für Ökostrom und Ökowärme zusperren zu müssen, um dann wieder klimaschädliche fossile Anlagen zur Wärmeversorgung zu installieren“, wehrt sich auch Johannes Hauptmann, Sprecher der steirischen Biogasanlagenbetreiber gegen ein Aus. Die steirischen und österreichischen Bioenergieanlagenbetreiber haben dreistellige Millionenbeträge im Vertrauen auf die von der Politik zugesagte Fortführung in ihre Anlagen investiert.

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S-Präsident Donald Trump hat in zahlreichen Wirtschaftsfragen eine fundamentale Wende zu seiner im Wahlkampf angekündigten Politik vollzogen. So lobt er auf einmal die Niedrigzinspolitik der FED, und selbst China gilt auf einmal nicht mehr als Währungsmanipulator, der es US-Erzeugnissen schwer macht, national und international zu bestehen. Offenbar hat Trump realisiert, dass die US-Wirtschaft auf einen billigen Dollar und niedrige Zinsen angewiesen ist. Trump hatte ja im Wahlkampf kein gutes Haar an Notenbankchefin Janet Yellen gelassen. Auf einem bekundet er ihr gegenüber großen Respekt. Mit den Worten „Ich mag sie, ich respektiere sie“, ließ Trump gegenüber dem „Wallstreet Journal“ sogar die Möglichkeit offen, Yellens Amtszeit als Notenbankchefin zu verlängern. Konkret hatte Trump der FED vorgeworfen, die Zinsen künstlich niedrig zu halten, um die Wirtschaftsbilanz von Präsident Barack Obama besser aussehen zu lassen. Die steigenden Zinsen belasten den Staatshaushalt wegen der steigenden Zinszahlungen für neu begebene Anleihen. Inzwischen ist Trump der Dollar sogar zu stark. Der selbstbewusste Trump sieht das gestiegene Vertrauen in seine Person als

Foto: Gage Skidmore/Wikimedia

Foto: LK-Alexander Danner

Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher (reczts) und Biogassprecher Johannes Hauptmann kämpfen für den Fortbestand der Bioenergieanlagen.

Die wirtschaftspolitische Wende des Donald Trump

Ursache. Weil das jedoch die US-Exporte erschwert, würde ein starker Dollar seiner „America First“-Politik entgegenwirken. Auch in der Bewertung der chinesischen Geldpolitik hat Trump eine Wende vollzogen. Die Chinesen seien gar keine Währungsmanipulatoren, gab sich Trump im WSJ überzeugt. So verzichte Peking seit Monaten darauf, sich über eine Yuan-Abwertung Vorteile zu verschaffen. Im Wahlkampf hatte Trump China noch als „Großmeister der Währungsmanipulation“ bezeichnet. Trump begründet seinen Wandel zudem auch damit, dass er die Verhandlungen mit China über Nordkorea nicht gefährden wolle. Das Treffen des US-Präsidenten mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Trumps Refugium in Südflorida ist entsprechend harmonisch verlaufen.

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Zu Gast bei Fazit

Ein Gastkommentar von Muamer Becirovic

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ie Türkei hat sich mehrheitlich und demokratisch für ein autoritäres Präsidialsystem entschieden, bei dem die Machtkonzentration an der Staatsspitze höher ist, als beim mächtigen US-Präsidenten. In Österreich leben 115.000 türkische Staatsbürger. Davon haben 56.000 am Referendum teilgenommen und rund drei Viertel dieser Stimmen ging an das »Ja«-Lager. Die Frage, die sich im hitzigen Diskurs keiner stellt: Warum stimmen gerade Austrotürken aus einer tollen Demokratie für mehr Autorität in der Türkei? Die selbsternannte intellektuelle Twitterelite Österreichs ortet beim Stimmungsverhalten der Austrotürken ein massives Integrationsproblem. Die dominierende Meinung ist – wenig überraschend – jene, dass die »Ja«-Befürworter doch Österreich verlassen mögen, wenn es ihnen hier nicht passt. Zweifelsfrei kann man die Schuld

Ein Traum über einen Migranten als Kanzler von Österreich

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nicht bei Österreich suchen, wenn sich Austrotürken darüber beschweren, dass sie nicht als Österreicher wahrgenommen werden, wenn sie doch bei einem Referendum für ein autokratisches System, für die Todesstrafe und für die Inhaftierung von kritischen Journalisten und politischer Konkurrenten stimmen. Zugleich regen sich dann diese Austrotürken über Rechtsextreme in Österreich zurecht auf, aber unterstützen einen Autokraten. Die Hauptgründe für das »Ja« sind: mangelnde Bildung, die Anfälligkeit für Propaganda und mangelnde Wertschätzung. Faktum ist, dass es zwischen einem Schafshirten aus Anatolien und einem Stadtmenschen in der Türkei gravierende Unterschiede gibt. Faktum ist, dass die hierlebenden Türken von allen Migrantengruppen die schlechtesten Bildungsergebnisse haben und regierungsnahen Journalismus aus der Türkei konsumieren. Faktum ist, dass wir Österreicher zur Kenntnis nehmen müssen, dass die fehlende Willkommenskultur dazu beigetragen hat, dass sich junge Austrotürken in Österreich nicht heimisch fühlen. Sie haben den Eindruck, dass sie Österreicher zweiter Klasse sind. Nur jeder zweite Migrant fühlt sich in Österreich »völlig heimisch« oder »zuhause«. Das Gefühl, sich nicht heimisch zu fühlen, haben nicht nur die Austrotürken. Auch mich überkommt dieses Gefühl, wenn Politiker für politisches Kleingeld darüber diskutieren, dass meine Schwester dazu gezwungen werden muss, ihr Kopftuch abzunehmen, wenn sie als Austrobosniakin Kindergärtnerin werden will. Wir laufen mit unserem kollektivem »Haut doch ab, wenn euch hier was nicht passt«-Geschreie Gefahr, die jungen Austrotürken für Österreich gänzlich zu verlieren. Erdogan hat das getan, was die österreichische Politik versäumt hat: Er schloss die Lücke der mangelnden Wertschätzung und hat die Austrotürken für sich gewonnen, indem er ihnen zu Füßen lag. Bei seinem Wien-Besuch sagte Erdogan »Ich bin stolz auf Euch«. Hat das ein österreichischer Politiker jemals gesagt? Haben die Gastarbeiter und Gastarbeiter-

kinder nach 60 Jahren hart verrichteter Arbeit – für den Mitaufbau der Republik – diese Worte von österreichischen Repräsentanten denn nicht verdient? Haben sie definitiv! Dennoch: Migranten müssen aus der gemütlichen Opferrolle heraus und für Anerkennung und Wertschätzung kämpfen. Ich kenne kein historisches Beispiel, wo dies nicht erkämpft werden musste. Jeder hat in Österreich die Möglichkeit etwas zu werden, wenn er nur möchte. Faktum ist, dass man als (südländischer) Migrant mehr als 150 Prozent leisten muss, um annähernd die gleiche Chance zu bekommen. Wer das bezweifelt, kennt die Realität nicht. Sozialen Frieden gibt es wohl nur dann, wenn bei uns diese Jungen alles werden können. Das bedeutet zugleich, dass der junge Austrotürke aus Wien – der nicht daran glaubt, dass er Polizist werden kann – auch österreichischer Bundeskanzler werden kann. Nichts hoffe ich mehr, als dass ich zu meinen Lebzeiten einen »Kanaken« erlebe, der es zum österreichischen Bundeskanzler geschafft hat. Die Kanaken werden ja auch einen österreichischen Traum haben dürfen. n

Muamer Becirovic ist Herausgeber der Interviewplattform »Kopf um Krone« und studiert Jus an der Linzer Johannes-Kepler-Universität. Er besuchte das islamische Realgymnasium in Wien, war dort Schulsprecher und engagiert sich politisch als Bezirksobmann der JVP Rudolfsheim-Fünfhaus. Sie erreichen den Autor unter muamer.becirovic@outlook.com


Wirtschaft

v.l.n.r: Spar-GF Christoph Holzer, Nachhaltigkeitskoordinator Wilhelm Himmel und Landesrat Johann Seitinger schaffen Bewusstsein für das Thema Recycling.

Handelsriese SPAR fördert Recycling und Mülltrennung

ie landesweite Aktion „Frühjahrsputz“, seit zehn Jahren das „grüne“ Markenzeichen der Steiermark, ist für Landesrat Hans Seitinger der schlagende Beweis, „wie erfolgreiche ökologische und soziale Herausforderungen angenommen und Nachhaltigkeit als volkswirtschaftlicher Nutzen regeneriert werden können.“

Recycling-Spitzenreiter Steiermark Achtlos weggeworfener Müll ist Rohstoffverschwendung, „die wir uns nicht leisten können und wollen“, so Seitinger. Die Steiermark liegt dank ihrer Hightech-Unternehmen bei der Verwertung von Abfällen im Spitzenfeld. Die 120 privaten steirischen Entsorgungsunternehmen schaffen aus Abfällen Rohstoffe und gewährleisten damit einen sinnvollen Wertstoffkreislauf. Die Kartonnagen und Folien, die bei SPAR zum Einsatz kommen, landen keineswegs im Müll: Karton geht an die Firma Hamburger GmbH in Pitten, wo neuer Pappkarton für die Industrie entsteht. Plastik wird von der Firma Ecoplast recycelt – und zum Beispiel in

Autospiegeln verarbeitet. So wurden bei SPAR allein in der Steiermark im Jahr 2016 mehr als 3.900 Tonnen Kartonnagen, 345 Tonnen Kaufhausfolie und 97 Tonnen Stretch-Folie recycelt. Weniger Abfall durch Mehrweggebinde Abfall vermeiden und einen sorgsamen Umgang mit Waren fördern: Das garantiert SPAR unter anderem durch den Einsatz von Mehrwegflaschen und -gebinden. So können die Kunden etwa die „Steiermarkflasche“ bei SPAR zurückgeben – die dann wieder mit steirischem Wein befüllt wird. Zurzeit sind das über 13.000 Flaschen pro Jahr. Konsumenten und Winzer haben es erkannt: „Die Allweg-Steiermarkflasche (www.steiermarkflasche.at) – ohne Pfand, aber mit Wert“, meint Nachhaltigkeitskoordinator Wilhelm Himmel. Insgesamt kamen 2016 bei der SPAR-Zentrale Graz mehr als eine Million Kisten und fast 11 Millionen Mehrweg- und Glasflaschen retour. Wenig verwunderlich also, dass SPAR beim Greenpeace-Marktcheck 2016, bei dem das Angebot von Mehrweg-Flaschen un-

tersucht wurde, als Testsieger hervorging. „Wo es möglich ist, versuchen wir Überverpackungen einzusparen, und setzen für die Versorgung der Märkte auf wiederverwendbare Klappkisten“, so SPAR-Steiermark-GF Christoph Holzer. Lebensmittel wertschätzen und verwerten Lebensmittel sind kostbar und ihre Verschwendung ethisch und wirtschaftlich nicht vertretbar. Der größte Anteil der Lebensmittelabfälle stammt dabei laut Greenpeace mit 42 Prozent aus Haushalten. Zum Vergleich: Nur 5 Prozent macht der Handel aus. Daher hat SPAR in den letzten Jahren verstärkt daran gearbeitet, seine Kundinnen und Kunden zu sensibilisieren – zum Beispiel durch die Aufkleber „Lebensmittel sind kostbar“ auf Waren, die das Haltbarkeitsdatum in Kürze überschreiten. Außerdem arbeitet SPAR zusammen mit Herstellern daran, Mindesthaltbarkeitsdaten anzupassen, da Produkte oft auch nach Ablauf der angegebenen Frist noch in Ordnung sind. Sind Produkte trotz aller Maßnahmen nicht mehr verkäuflich, aber noch genießbar,

Anzeige Fotos: Spar

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Christoph Holzer und Wilhelm Himmel weisen darauf hin, dass in der Steiermark bei SPAR mehr als 11 Millionen Glas- und Mehrwegflaschen recycelt werden. werden sie von SPAR an Sozialmärkte weitergegeben. Um den Kunden das Mülltrennen zu Hause zu er leichtern, verlosen SPAR und das Land Steiermark nun 400 Pakete mit Mülltrenntaschen. Jedes Package besteht aus einer Altpapier-, Glas-, Kunststoffund Metallmüllsammeltasche und enthält einen 10-Euro-SPAR-Warengutschein. Mitmachen ist ganz einfach: Bei SPAR im Kassenbereich eine Gewinnkarte ausfüllen und in die Gewinnbox einwerfen. FAZIT MAI 2017 /// 35


Graz hat’s

Aktuelles Top-Thema ist die

Datenschutz – Grundverordnung

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it der vom Europäischen Parlament beschlossenen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) werden die Regeln für die Verarbeitung personenbezogener Daten, die Rechte der Betroffenen und die Pflichten der Verantwortlichen EU-weit ab 25.5.2018 vereinheitlicht. Jedes Unternehmen, das in irgendeiner Weise personenbezogene Daten verarbeitet (z.B. eine Kundendatei führt, Rechnungen ausstellt, Lieferantendaten speichert), ist betroffen und muss seine Systeme rechtzeitig an die neue Rechtslage anpassen. Wir laden Sie daher zur Informationsveranstaltung Datenschutz-Grundverordnung am Montag, 22. 5. 2017, von 14:00 – 17:00 Uhr, in der WKO Steiermark in Graz ein. Weitere Informationen und Hilfeleistungen rund um alle unternehmerischen Fragen gibt es für Mitglieder unter der WKO Servicenummer 0316/ 601-601.

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Schullin Graz siegt bei „Wirtschaftsfilm 2017“ Am 30. März wurde der Staatspreis „Wirtschaftsfilm 2017“ in Wien verliehen. Juwelier Schullin Graz gewann die Trophäe mit dem Kurzfilm „Bring Your Time“. Der mit Mindconsole umgesetzte Film wurde im Herbst 2015 gedreht, um für die Kostbarkeit der Zeit und die subtile Aussagekraft von Schmuck zu sensibilisieren. Wegen seiner kompromisslosen Aussage wurde der Film online gehypt und über 380.000 Mal angesehen. Hans Schullin nahm den Preis mit seiner Anne Marie vor 100 Gästen, Nominierten und Preisträgern erfreut entgegen: „Selten hat man die Chance, als Schmuckdesigner einen Filmpreis zu erhalten und so freue ich mich umso mehr, ihn für diesen besonderen Kurzfilm entgegennehmen zu dürfen.“

Frischer Grazer Krauthäuptel kam mit der Bim

Großer Hof wurde am 20. April den Grazer Krauthäuptel-Produzenten zum diesjährigen Saisonstart gemacht. LR Johann Seitinger, LK-Vizepräsidentin Maria Pein und GR Peter Piffl-Percevic empfingen die dynamischen Salatbauern, die mit einer Bim voll morgenfrisch geerntetem vitaminreichen Salat ins Stadtzentrum fuhren. Seitinger zeigte sich begeistert über eine Bim voller erntefrischer Vitamine und Vizepräsidentin Maria Pein erklärte: „Kurze Transportwege, Qualität und Frische überzeugen die Konsumenten, die immer stärker auf Regionalität setzen. Wir sind stolz auf unsere Top-Produkte, die von Familienbetrieben nachhaltig für die Steirer und weit darüber hinaus kultiviert werden.“

Frühkindliche Adipositasforschung

Wie hängt die frühkindliche Ernährung – konkret Stillen beziehungsweise Flaschenernährung – mit Adipositas zusammen? Mit dieser Kernfrage beschäftigt sich das am 21. April eröffnete Josef-Ressel-Zentrum für die Erforschung von Prädispositionen von Adipositas. Unterstützung erhält das Forschungszentrum der FH Joanneum in Graz seitens der Christian Doppler Forschungsgesellschaft, dem BMWFW sowie dem Unternehmenspartner Milupa Österreich. Landesrat Christopher Drexler betont: „Die Prävention von Adipositas ist ein wichtiges Thema. Dieses Projekt und dessen Ergebnisse bereichern nicht nur unsere Forschungslandschaft, sondern fördern in Zukunft auch die Gesundheit der Steirerinnen und Steirer.“

Fotos: Österreichisches Filmservice / APA-Fotoservice / Rastegar, LK / Alexander Danner, MCG / Wiesner, MP Group, Foto Fischer

Die WKO Steiermark beantwortet jährlich rund 80.000 Anfragen von steirischen Unternehmerinnen und Unternehmern.


Foto: Technologiepark Raaba

Messe Graz schwelgt in Frühlingsgefühlen Frühlingsgefühle, wohin man blickt, auch auf der Frühjahrsmesse 2017. Denn die deckt all jene Bereiche ab, die für die schönste Zeit des Jahres wichtig sind. Heimische Gärtner und Floristen, eine umfangreiche Gartenmöbelausstellung und der Themenschwerpunkt Grillen bieten alles, was man für das Leben draußen braucht. Weil sich das Leben auch im Frühling aber nicht nur outdoor abspielen kann, bedient die Frühjahrsmesse auch alle Bedürfnisse fürs Wohnen und Bauen sowie Haushalt und Küche. Ebenso wird wieder das Thema „Baby und Kind“ großgeschrieben. Entdecken Sie auf der Frühjahrsmesse alle neuen Trends und Must-haves bei Babyausstattung, Kinderzimmermöbeln und vieles mehr.

Grazer MP Group bringt DSDS-Accessoires Dieses Jahr gibt es um „DSDS“ einen österreichischen Beitrag der besonderen Art: Die Grazer Michael Pachleitner Group (MP Group) bringt als exklusiver Lizenznehmer eine DSDS-Kollektion „Music & Style“ auf dem Markt. Dazu zählen 15 Sonnenbrillen-Modelle und Kopfhörer in zwei Farbvarianten. „Die MP Group ist für Design, Produktentwicklung, Produktion und Vertrieb der exklusiven Kollektion verantwortlich. Es war uns wichtig, das Konzept von ‚Deutschland sucht den Superstar‘ in eine Kollektion zu übertragen: Super Musik und super-coole Styles“, erklärt Dietmar Hermus, CSO der MP Group. Sichtbarkeit ist bei diesem TV-Format garantiert: Schon jetzt gibt es über 1,4 Millionen Likes auf Facebook. Infos: www.mymusic-my-style.com

WKO-FamilienUnternehmer-Osterfest Die JW Graz und die Regionalstelle Graz der WKO Steiermark luden am 12. April zum vierten Mal in die FH Campus02 zum Grazer „Familien-Unternehmer-Osterfest“ ein. „Familienunternehmen sind ein äußerst wichtiger Faktor unserer Wirtschaft wobei Familienleben und die unternehmerische Tätigkeit dabei meist untrennbar miteinander verbunden sind“, erklärt Obfrau Sabine Wendlinger-Slanina den Hintergrund dieser ungewöhnlichen Veranstaltung. Das Programm mit Schnitzeljagd, Luftballonkünstler, Ostereierlauf und der Zaubershow mit „Freddy Cool“ fand großen Anklang. Die über 80 Erwachsenen nutzten die Gelegenheit zum Osternetzwerken, während ihre über 70 Kinder an den Stationen beschäftigt waren.

Kurz im Gespräch mit Peter Schreiner Marketing & Akquisition Technopark Raaba GmbH

Was bieten Sie gewerblichen Kunden als Immobilienentwickler des Technopark Raaba? Wir bieten unseren Kunden nicht nur Büroflächen an, bei uns erhalten sie eine stetig wachsende Infrastruktur, angefangen von der direkten Anbindung an die Autobahn, ausreichende Parkmöglichkeiten, ein neu eröffnetes Restaurant sowie Cafés, Fitnessstudio, Nahversorger bis hin zu pauschalierten Betriebs- und Heizkosten. Alle Büroflächen sind mit zugfreien Heizund Kühldecken ausgestattet. Was macht den Standort auch für Wohnimmobilien interessant? Wir wollen das Wohnen mit dem Arbeiten verbinden, um keine unnötige Zeit im morgendlichen Stau zu vergeuden. Aus diesem Grund entsteht heuer der Wohnpark Raaba mit 51 Wohneinheiten im ersten von drei Bauabschnitten. Wir wollen damit einen kurzen Arbeitsweg, Erholungsflächen und sämtliche Erledigungen fußläufig erreichbar machen.

Wie sieht der Branchenmix beim Technopark Raaba in etwa aus? Bis vor ca. fünf Jahren waren wir noch „Autocluster-lastig“, heutzutage nutzen aber immer mehr Branchen (Kinderärztezentrum, IT-Unternehmen, SV der Bauern, Fitnesseinrichtungen und Gastronomen) unseren Standort aufgrund der perfekten Erreichbarkeit. Auch mit der Anmietung eines Reisebüros können nun sämtliche Business-Reisen sowie Urlaube vor Ort gebucht werden. FAZIT MAI 2017 /// 37


Zur Lage #80 Ausschließlich über Kunst, insbesondere über den Steirischen Herbst und dessen neue Indendanz ab dem Jahr 2018, über meine Provinzialität in kulturellen Angelegenheiten und über eine Vision eines zeitgemäßen Avantgardefestivals.

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ie in Köln weltbekannte Ekaterina Degot wird neue Indendantin des in Graz weltbekannten internationalen Festivals für zeitgenössische Kunst, dem Steirischen Herbst. Ich musste die Dame nicht einmal googeln nicht, habe ich doch im »Standard« von einer der dort schreibenden Gesamtdenkerinnen schon im ersten Satz eines Kurzportraits der russischen Kunsthistorikerin erfahren, dass es sich um eine »unerschrockene, politische und kritische Kuratorin« handelt. Na bitte, das ist super. Degot soll in ihrer Bewerbung darauf Wert gelegt haben, dass beim Herbst auch in Hinkunft ein »frecher Denkansatz« erlaubt sein müsse. Sie will »noch mehr Avantgarde« nach Graz bringen und fühle hier enormes Potential. Graz habe Charme. Na bitte, das ist ja noch mehr super. Praktisch erscheint auch, dass »die Kuratorin und Kennerin der Neoavantgarde und Gegenwartskunst« als »international sehr gut vernetzt« gilt, vor allem weil das für alle Kunsttreibenden als Bereicherung und Pluspunkt angesehen wird, bei Politikern hingegen gälte das ja eher als Bereicherung und Minuspunkt. Unter der neuen Indendantin wird es also dann noch tollere und noch sensationellere Spitzenproduktionen weltweit aktiver Superstars in Graz geben, als es bisher schon der Fall war. Mir fällt jetzt leider auf

Wir kennen das im Grunde seit den Achtundsechzigern, es gibt seitdem halt nichts mehr Neues nicht zum Ausziehen.

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Von Christian Klepej die Schnelle, da an der Schreibmaschine ohne Internetzugang, zwar gar nichts ein, was der Steirische Herbst die letzten Jahre und Jahrzehnte über so »produziert hat«, es war aber sicher total super. Man muss zudem wissen, ich habe irgendwann in den Nullerjahren aufgehört, dem von mir sehr geschätzten Festival auch als physische Person beizuwohnen; bei irgendeiner Eröffnung damals hatte nämlich ein genialer Großkünstler Dreck von der Decke der Helmut-List-Halle purzeln lassen. Und, Sie kennen mich, ich bin ja ein so ein kleinprovinzialistisches, ausnehmend einfaches Gemüt und habe mir fortan gedacht, na, da lass ich mich lieber eine Liga weiter oben in Kassel alle fünf Jahre auf so richtigem Weltniveau verarschen, da bin ich einfach nicht groß genug, für diese Weltsensationen in der ja dann doch überschaubaren Steiermark. Super waren sie sicher alle, die künstlerischen Ergüsse, es wurde wohl ordentlich kontextualisiert und dekonstruiert, Bezüge wurden sicher neu gestaltet wie vernetzt und wohlwahrscheinlich wurden auch viele »Räume« hergestellt. Zudem war – ich trau mich das jetzt zu wetten – auch sicher viel an kapitalismuskritischen Aspekten miteingebaut und, genau, das gilt es nie zu vergessen, wird wohl (hoffentlich!) der »Kampf gegen Rechts« eine vorder-, mittel- und hintergründige Rolle gespielt haben. Wir kennen das im Grunde seit den Achtundsechzigern, es gibt seitdem halt nichts mehr Neues nicht zum Ausziehen. Trotz allem erlebe ich diese neue Ära des Steirischen Herbst nicht nur mit einem lachenden – was schreibe ich: frohlockendem! – Auge, nein, auch ein weinendes habe ich dabei. Es verhält sich nämlich a so, dass ich die Bewerbungsfrist für die Stelle der Herbstindendanz schlicht – wieder einmal, ich bin da viel zu schlampig – übersehen hatte und wir alle somit leider nicht in den Genuss meiner Indendanz gelangen werden. Dabei hatte ich mich recht ordentlich vorbereitet für diese kunstvolle Aufgabe. Und da ich Ihnen die Gelegenheit geben möchte, sich selbst ein Bild von meinen Vorstellungen für die Neu- und Weiterentwicklung des heimischen Avantgardefestivals machen zu können, darf ich hier kurz mein leider dann doch nicht über

das Stadium eines Rohkonzeptes hinausgekomme Papier »Kunst aus. Graz!« paraphrasieren: Der Herbst 2018 (Arbeitstitel »Lö Grand Finnal«) hätte aus lediglich einer Aufführung eines Requiems (ich dachte an die »Grande Messe des Morts« von Hector Berlioz; das hatte ich aber noch nicht fixiert) bestanden. Dieses Konzert wäre ohne Publikum von einem Orchester im Walddom auf der Hebalm aufgeführt und über ein in Asien produziertes Smartphone zum Uhrturm übermittelt worden, von wo aus mittels Lautsprecheranlagen die ganze Stadt beschallt worden wäre. Der Herbst 2019 (Arbeitstitel »After Lö Finnal«) hätte aus drei mal drei Workshops – ausschließlich – im Internet bestanden, in denen über den aktuellen Zustand der Kunst diskutiert und debattiert worden wäre. Die Ergebnisse dieser Workshops wären von einer Stadtschreiberin abgetippt und in einer Zeitkapsel im Uhrturm am Grazer Schlossberg eingemauert worden. Eine Öffnung dieser Zeitkapsel war für das Jahr 3019 geplant, wo dann die Weltpremiere der Veröffentlichung dieser Ergebnisse stattgefunden hätte. Die Herbste 2020 bis 2022 wären dann – durch die Einsparungen in den Jahren 2018 und 2019 hätten etwas mehr an finanziellen, aber auch kreativen Mittel bereit gestanden – den drei Kulturgattungen Musik (2020), Malerei (2021) und Literatur (2022) gewidmet worden und hätten ausschließlich Werke präsentiert, die vor dem 31. Dezember 1949 entstanden sind, mindestens zwei Drittel davon aber vor dem 31. Dezember 1899. (Eine Verbreitung dieses Konzepts an anderer Stelle – auch nur auszugsweise – ist übrigens streng untersagt und ich werde Zuwiderhandelnde mit einem Fluch belegen; als Mindestmaßnahme.) Gut. Jetzt, wo ich das von mir selbst abgeschrieben habe, muss ich Ihnen leider eröffnen, bin ich traurig. Nicht meinetwegen, ich habe meine Freude an meinen fünf Herbstproduktionen ja ausreichend in meinem Kopf genossen – und wenn Freuden nicht im Kopf sind, dann sind sie ja nirgendwo. Nein, für Sie tut es mir leid. Ich denke, das hätte Ihnen gefallen. Mir jedenfalls. Bleiben Sie mir gewogen. n


Essay von Marco Gallina

Patriotismus und Katholizismus: Unvereinbar geeint? D

er Diskurs in Deutschland und Europa reicht heutzutage ins Absurde. Das beginnt mit der Liebe für Terroristen und Gruppierungen, die sich die Aufgabe machen, für einen besonders zu beten; und es reicht bis tief hinein in gewisse Kreise, die jede Gewaltanwendung als unchristlich empfinden. Ich halte solche Urteile immer für anmaßend; denn das bedeutet, dass die Malteser, welche die gesamte Frühe Neuzeit hindurch die Korsaren im Mittelmeer bekämpften und deren christliche Galeerensklaven befreiten, schlechtere Christen gewesen sein müssen als eben unsere feinen Gut-Christen, die eben nur, weil es solche Männer mal gab, heute in Frieden leben können.

Marco Gallina ist Historiker. Er lebt in Bonn und betreibt das »Löwenblog«. Zu finden unter marcogallina.de

Im Angesicht der Bedrohung durch »braune Rattenfänger« (Bonner Stadtdechant dixit) erscheint mittlerweile nicht nur jede Gewaltanwendung, sondern auch patriotische Gefühlswendung als unchristlich. Im Prozess der Universalismen scheint nunmehr auch das Evangelium offene Grenzen zu predigen. Jede Abgrenzung oder Abschottung gilt als unbarmherzig, der Ruf nach dem Nationalstaat erscheint als neufaschistische Bedrohung. Es wäre in dieser Hinsicht nicht nur wieder einmal wichtig, auf Echthros und Polemios hinzuweisen (das Thema verfolgt mich mittlerweile alltäglich), sondern auch auf den simplen Fakt, dass die frühen Christen erst einmal untereinander zusammenhielten, und gerade das Johannesevangelium vor Abgrenzungen strotzt: insbesondere zwischen der frühen Christengemeinde und den Juden, zwischen dem auserwählten Volk und allen außerhalb davon. Im Griechischen Original wird das oftmals mit Parallelismen wie »die Jünger« und »die Juden aber« offensichtlich. Nur so als kleiner Anfangsgedanke, zusammen mit der Anmerkung, dass Jesus auch nicht immer der stoisch-lächelnde Typ war. Mir wäre jedenfalls neu, dass die, welche den Vater beleidigen, eine diplomatische Behandlung verdienen. Tempel, Händler und so. Wieder stelle ich diesem Beitrag voran: ich bin kein Theologe. Aber ich bin Historiker genug, um diese These weiterzuführen. Insbesondere, da ich persönlich davon überzeugt bin, dass das Christentum Ausgangspunkt eines Proto-Nationalismus ist, an dem sich später die Aufklärung und das 19. Jahrhundert für ihre eigenen Ideologien weitreichend bedient haben. Um es ganz deutlich auszudrücken: die Identifikationsstiftung als Volk hing in Europa so inhärent mit dem Christentum zusammen, dass sich beides nur wenig trennen lässt. Volksidentität auch in dem Sinne, dass es außerhalb der Eliten um sich griff. Ich mache mich damit ziemlich angreifbar, da in weiten Teilen meines Fachs jegliche Identität als »Volk« außerhalb der Eliten nahezu kategorisch vor den napoleonischen Umwälzungen ausgeschlossen wird. Das habe ich auch größtenteils geglaubt. Meine persönlichen Forschungen und die Quellen, die ich kenne, haben aber das, was mir an der Universität und an der Schule jahrelang eingehämmert wurde, erheblich ins Wanken gebracht. Insbesondere meine Beschäftigung mit der Republik Venedig und den italienischen Kommunen. Ich werfe dem interessierten Publikum eine Frage in die Runde: wie viele Republiken gab es außerhalb Europas im Mittelalter und der Frühen Neuzeit vor dem Zeitalter des globalen, europäischen Kolonialismus? Mit Republiken meine ich von einer wie auch immer gearteten Versammlung gewählte Minister, Vorsitzende oder Amtsträger (auf Zeit oder lebenslänglich), die möglichst nicht aus ein und derselben Familie stammen. Das trifft, nach allem, was ich bisher erschlossen habe, nur auf die europäischen Republiken zu; mögen es die italienischen Kommunen, die deutschen Reichsstädte, die Eidgenossenschaft, die Vereinigten Provinzen (Niederlande), oder selbstbestimmte Mittelmeerhäfen sein (bspw. Ragusa/Dubrovnik).* Man könnte die aztekischen Städtebünde ansprechen, doch handelte es sich dabei im engeren Sinne eher um Konföderationen mit einem gewählten Monarchen, der in seiner Funktion jedoch absolut regierte. Üblicherweise besitzen klassische Republiken Mechanismen, um die Herrschaft des jeweiligen Vorsitzenden

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Patriotismus und Katholizismus: Unvereinbar geeint?

eben in keine Diktatur abdriften zu lassen. Republiken sind deswegen interessant, weil ihnen ein Monarch fehlt, und damit einhergehend alle Identifikationsfaktoren, die ein Monarchie mit sich bringt. »Für Gott und König« lohnt es sich zu sterben, aufgrund der Verquickung monarchischer Herrschaft mit der Religion. Auf dem Territorium des Heiligen Römischen Reiches ist der Fall klar: der römisch-deutsche König wird zwar gewählt, aber die Kaiserkrönung durch den Papst macht das besondere Band zwischen Gott und Kaiser deutlich. Die alten Teilreiche der Franken bezogen sich daher auch immer auf den König, nicht das Gebiet: Lothringen leitet sich vom Reich Lothars ab, ebenso existierte ein Reich Ludwigs und ein Reich Karls. Daneben spielte die Elite eines jeden Volkes eine Rolle. Karl der Große nannte sich »rex Langobardorum«, König der Langobarden, nachdem er Italien eroberte; dabei waren die Langobarden doch nur eine relativ kleine, germanische Herrscherelite, die über die erdrückende romanische Ursprungsbevölkerung herrschte. Aber wir sehen: es kam zumindest zuerst nicht so sehr auf das Land oder Bevölkerung an, sondern auf die Machtelite, die etwas zu sagen hatte. Kurz: als Subjekt des Herrschers identifiziere ich mich mit meinem Monarchen und dessen Reichsidee. Die Vorstellung von Loyalität verläuft personal.

In dieser Hinsicht kommen die Republiken ins Spiel, insbesondere die italienischen, die um das Jahr 1000 fassbar werden. Die klammern sich mitnichten an irgendeiner bestimmten Person fest, da die Ämter rotieren. In den meisten Städten Italiens heißen die Funktionsträger Konsuln, in Anlehnung an die römische Republik. Im Unterschied zu den antiken Republiken verläuft die Identifikation jedoch nicht über einen bestimmten Ursprungsmythos oder einen göttlichen Ahnherrn. Da nunmehr breitere Volksschichten am politischen Leben teilnehmen, braucht es einen gemeinsamen Kitt, der über die Vorstellung einer Adelselite hinausgeht, die sich durch göttliches Fatum oder Abstammung auserkoren sieht. Diesen neuen sozialen Kitt, der nicht nur die adlige Oberschicht, sondern auch Kaufleute, Handwerker und einfache Leute anspricht, findet sich in der Verehrung des lokalen Patrons. Das ist im Übrigen auch der Grund, weshalb oben vor allem »Katholizismus« steht. Die jeweilige Gemeinschaft teilt nämlich eine Angelegenheit: den gemeinsamen Gottesdienst in der Hauptkirche eines ganz bestimmten Heiligen. Im besten Falle besitzt die Stadt auch noch Reliquien, und je prestigeträchtiger der Heilige oder die Quantität der Reliquien, desto auserwählter erscheint die Stadt. Überdies ergibt sich dadurch ein Motiv der »Abgrenzung« von den Nachbarn, die einen anderen Schutzpatron verehren.

Die Venezianer müssen keine Ungeheuer bekämpfen, erleben keine »Âventiure« und keine klassischen Ritterabenteuer; auch ihre Herausforderung gegen die Muslime bewältigen sie nicht mit dem Schwert, sondern mit List und Verstand.

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Exemplarisch mag dafür die Legende von der Überführung des Heiligen Markus nach Venedig erscheinen. Die Gebeine des Evangelisten sind wohl im 9. Jahrhundert nach Venedig gelangt. Die reichlich ausgeschmückte Legende stammt aber aus späterer Zeit, als sich die Kommune Venedig bereits gebildet hatte, und ein gewähltes Stadtregiment Venedig beherrschte. Die beiden Helden der Geschichte sind keine Adligen in dem Sinne: zwar ist Buono ein Tribun und der Oberschicht zugehörig, wird jedoch als Kaufmann beschrieben. Sein Freund Rustico ist Tischler und vertritt symbolisch die Handwerker. Die Mannschaft wird genau geschildert; jeder Matrose kommt von einer anderen Lagu-


Essay von Marco Gallina

neninsel und übt einen spezifischen Beruf aus. Dazu gesellt sich ein fränkischer Ritter. Selbst zwei griechische Segler sind dabei – und ein jüdischer Arzt mit seiner Frau. Ein Spiegelbild der venezianischen Gesellschaft samt ihrer Zugezogenen und Verbündeten. Das Abenteuer des »Venise en miniature«, das San Marco, den großen Schutzpatron, mit vereinten Kräften nach Venedig holt, ist somit das Heldenepos des venezianischen Volkes. Die Venezianer müssen keine Ungeheuer bekämpfen, erleben keine »Âventiure« und keine klassischen Ritterabenteuer; auch ihre Herausforderung gegen die Muslime bewältigen sie nicht mit dem Schwert, sondern mit List und Verstand. Das alles unter dem Schutz des Evangelisten, der ihre Überfahrt über das Meer gewährleistet und sie einen Sturm überwinden lässt.

Der höchste Repräsentant des Staates ist nicht der real-regierende König, sondern der im Himmel auf Gott einwirkende Evangelist.

Insofern kennt die venezianische Legende keinen König Arthus, keinen Siegfried oder Parzifal. Der Hauptakteur der venezianischen Geschichte ist nicht eine wichtige Person oder eine bedeutende Schicht; es ist das Volk von San Marco. Die Venezianer brauchen keinen legendären König, da ihr Schutzpatron präsent ist. Daher spricht man von der Republik von San Marco. Der höchste Repräsentant des Staates ist nicht der real-regierende König, sondern der im Himmel auf Gott einwirkende Evangelist. Wer Venedig besucht, dem wird das deutlich: überall sieht man Markuslöwen, aber Denkmäler von Senatoren oder Dogen sucht man vergeblich; die sind nur als Grabmäler in Kirchen anzutreffen. Die Öffentlichkeit prägt San Marco; und es ist bezeichnend, dass auf den venezianischen Münzen, also der geprägten Identität Venedigs – und ich übertreibe weiß Gott nicht, wenn man sich vor Augen führt, welche Bedeutung Geld für eine Handelsrepublik hat! – genau dieses Thema vorherrscht.

Der Doge ist der oberste Repräsentant der Republik und nimmt kniend das vexillum, bzw. den venezianischen Gonfalon in Empfang, die Stadtflagge Venedigs, die damit religiösen wie politischen Wert hat. Man nenne mir mal ein Oberhaupt Europas, das sich auf einer Münze so demütig hat abbilden lassen! Der mächtigste Mann der Republik ist ein bloßer Bittsteller, der seine Gewalt aus den Händen von San Marco erhält. Wenn der Doge stirbt, kniet eben ein neuer. Der höchste Amtsträger bekam nicht einmal ein Staatsbegräbnis, das musste die Familie privat abhalten und selbst bezahlen. Kühl ließen sich dann die Venezianer vernehmen: Der Doge ist tot, aber nicht die Signoria. Die Darstellung des knienden Dogen vor San Marco prägte die venezianischen Golddukaten von deren Einführung bis zum Untergang der Republik – und verdeutlichte damit die immerwährende Botschaft, dass die Republik eine ewige, vom Evangelisten beschützte war, an der austauschbare Personalien beteiligt wurden. Auf der anderen Seite prangte Jesus Christus höchstpersönlich, zusammen mit dem Motto: SIT T[ibi] XPE (Christe) DAT[us] Q[uem] T[u] REGIS ISTE DVCAT[us] – Dir, Christus, sei dieses Herzogtum, welches du regierst, gegeben. Die oftmals kolportierte Ansicht, die Venezianer seien in ihrem republikanischem Stolz so von sich selbst überzeugt, dass sie Gott geringschätzten, ist daher eine contradictio in adiecto: das Selbstbewusstsein Venedigs führte eben aus der Überzeugung heraus, eine enge Verbindung zu Christus über den Evangelisten Marcus zu besitzen. Der beliebte Spruch »Prima veneziani, dopo cristiani« (Zuerst Venezianer, dann Christen) war vor allem ein Kampfspruch gegen das Papsttum, mit dem die Republik immer wieder aneinandergeriet. Die Markusbasilika war Staatsbesitz, und ebenso hielt die Republik die Einmischung in Bischofsfragen für illegitim. Die Venezianer waren fromm und gottesfürchtig wie die übrigen Landsleute der italienischen Halbinsel; ihre besondere Be-

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Patriotismus und Katholizismus: Unvereinbar geeint?

ziehung zum Patron und der Grundgedanke, einer auserwählten, christlichen Republik anzugehören, fundamentierten eigentlich erst den Gedanken, sich mit Rom anlegen zu können. San Marco besaß sogar eine eigene Liturgie (rito marcolino), die wohl zwischen der römischen und orthodoxen angesiedelt war, aber heute leider nicht mehr völlig rekonstruiert werden kann.

In der Tat war es gerade die Oberschicht in den großen Städten der hinzugewonnenen Territorien – Padua, Verona, Vicenza – die immer noch auf die eigene Unabhängigkeit hinarbeitete.

Das Besondere an diesem Markuskult zeigte sich aber speziell nach der Expansion Venedigs auf dem Festland im 15. Jahrhundert. Denn im Gegensatz zu dem, was oft in der Fachliteratur behauptet wird, verblieb diese Identifikation als »Markusschützling« nicht bei der städtischen Elite Venedigs und auch nicht nur in der Hauptstadt selbst. In der Tat war es gerade die Oberschicht in den großen Städten der hinzugewonnenen Territorien – Padua, Verona, Vicenza – die immer noch auf die eigene Unabhängigkeit hinarbeitete. Das gemeine Volk, ja, selbst Bauern im Umland, identifizierten sich dagegen aufällig schnell mit der Markus-Ideologie und damit des »venezianischen Gesamtgedankens« den ich hier ketzerischerweise als Proto-Nationalismus bezeichne. Nur ein halbes Jahrhundert, nachdem Venedig den Nordosten Italiens für sich gewonnen hatte, bezeichneten sich die Einwohner bereits vielerorts als »Marciani«. »Venezianer« konnten sie sich damals auch schlecht nennen, denn sie blieben in ihrem Bewusstsein natürlich weiterhin Angehörige des venetischen Umlandes; aber »Marciano« wurde von der Adda bis nach Dalmatien hinein und sogar auf Korfu alsbald eine Parole, um seine Loyalität für Venedig auszudrücken. Hier kommt ein Knackpunkt. Viele Historiker definieren den Patriotismus vor dem 19. Jahrhundert insbesondere als »Staatsloyalität«. Das gilt natürlich für die Oberschicht, die als Teil der politischen Elite auf die Zukunft ihres Gemeinwesens einwirken konnte. Schwierig wird aber diese Erklärung, wenn plötzlich Bauern und gemeines Landvolk anfangen, sich zu einem Gemeinschaftsgefühl zu bekennen, das nicht aus reiner Staatsloyalität besteht, sondern aus einer beinahe irrationalen Liebe zu einer Idee.

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Ein paar Beispiele. Im Krieg der Liga von Cambrai (1509), nur 50 Jahre nach der Eroberung der Terraferma durch Venedig, rebellierten große Teile der einfachen Bevölkerung gegen die ausländischen Besatzer. Viele der lokalen Eliten kooperierten mit den Habsburgern oder den Franzosen, in der Hoffnung, ihre Privilegien zu wahren und eine Autonomie für ihre Städte zu gewinnen. Die kleinen Leute dagegen bildeten Partisanentruppen und pinselten sogar Bilder des Evangelisten Markus auf die Hauswände. Als man in Vicenza den Markuslöwen von seiner Säule stieß und abtransportierte, überfielen Bauern den Trupp, überwältigte die Soldaten und brachten das Evangelistentier in Sicherheit. Ähnliches musste Niccolò Machiavelli erleben, als er Botschafter in Verona am kaiserlichen Hof war, und einige gefangene Bauern dort des Hochverrats wegen anklagt werden sollten. Der Bischof von Trient, der von Kaiser Maximilian als Richter eingesetzt wurde, wollte den Gefangenen die Todesstrafe erlassen, wenn sie Venedig abschworen. Der bekam aber nur zur Antwort: »Und er [der Gefangene] sagte, dass er für San Marco sei, und für San Marco wolle er sterben, und anders wolle er nicht leben; und nichts anderes könne ihn von dieser Meinung abbringen.« Als es dann zur Belagerung Paduas durch kaiserliche Truppen kam, formten sich Bataillone aus Freiwilligen, die den Bedrängten zur Hilfe eilten, und mit »Marco! Marco! Marco!« in den Krieg zogen. Der Widerstandswille überraschte Maximilians Heer. Bis dahin hatten die Kommandanten gedacht, dass Venedigs Fall nur noch eine Frage der Zeit sei. In Wirklichkeit brachte die Belagerung von Padua die Wende. Nahezu dreihundert Jahre später sollte dieses tief in


Essay von Marco Gallina

der Bevölkerung sitzende »Wir-Gefühl« die Veroneser zum Aufstand gegen Napoleon veranlassen; aber davon habe ich ja woanders ausführlich genug geschrieben. Noch in der Seeschlacht von Lissa (1866), bei der die österreichische Marine gegen die italienische kämpfte, konnte Admiral Tegetthoff die an Bord dienenden venetischen Matrosen (Venetien gehörte noch zu Habsburg) mit dem Schlachtruf »Viva San Marco!« gewinnen – 70 Jahre nach dem Untergang der Serenissima!

Ich habe hier ausführlich das venezianische Beispiel gewählt, weil es das berühmteste ist. Die meisten italienischen Kommunen verloren ihren Status als Republik oftmals im Zuge des Aufstiegs der Signori. Dennoch galt dieses Konzept des Patrons als Identifikationszentrum für nahezu alle italienischen Städte. In Mailand war dies der Heilige Ambrosius, in Brescia der Heilige Faustinus – und so weiter. Das dalmatinische Ragusa hatte den Heiligen Blasius als Schutzpatron, und aufgrund des langanhaltenden Streits mit Venedig kam es oftmals zu Sticheleien, welche die Überlegenheit des einen oder anderen Heiligen zum Thema hatten – missglückte venezianische Expeditionen führten die Ragusaner auf das Wirken des Heiligen Blasius zurück, der für schlechte Winde gesorgt hätte. Pisa, neben Venedig und Genua die dritte große Seerepublik, unterhielt ein inniges Verhältnis zu ihrem Stadtpatron Sixtus. Dessen Gedenktag, der 6. August, galt als positiver Tag für große Unternehmungen – vor allem militärische! Eine kleine Auswahl:

6. August 1003: Die Pisaner besiegen eine muslimische Flotte bei Civitavecchia. 6. August 1005: Die Pisaner verwüsten das sarazenisch besetzte Reggio (Calabria). 6. August 1063: Die Pisaner überfallen, plündern und verwüsten das sarazenische Palermo. 6. August 1087: Die Pisaner wiederholen dasselbe im sarazenischen Mahdia. 6. August 1119: Die Pisaner schlagen ihre Erzfeinde, die Genuesen, bei Porto Venere. 6. August 1135: Die Pisaner überfallen Amalfi. Der Schlag ist so schwer, dass Amalfi, eine der vier großen Seerepubliken neben Venedig, Genua und Pisa selbst, von diesem Zeitpunkt an sich nie mehr erholen wird. 6. August 1282: Die Pisaner schlagen ihre Erzfeinde, die Genuesen, bei Porto Venere. Mal wieder. Vielsagend ist aber auch die letzte pisanische Seschlacht. Am 6. August 1284 kommt es zur größten Galeerenschlacht, die das Mittelmeer bis dahin gesehen hat. Pisaner und Genuesen treffen sich bei Meloria. Man ist hoffnungsfroh, neuerlich zu gewinnen, denn es ist wieder San Sisto – allerdings endet das Massaker in einer desaströsen Niederlage, die für Pisa so katastrophal ausfällt, wie für Amalfi die Plünderung von 1135. Pisa erholt sich nie wieder davon. Man glaubt an ein Omen und sich von San Sisto verlassen. Der Bruch ist so enorm, dass man von da an den Heiligen Sixtus als Stadtpatron austauscht – gegen San Ranieri (Rainer von Pisa).

Es ist im Übrigen auffällig, dass die innere Stabilität der Kommunen eben dann schrumpfte, wenn der gemeinsame Stadtgedanke zugunsten der familiären Klientelstrukturen litt.

Berühmt ist dieser Zusammenhang von städtischer bzw. regionaler Identität und Christentum im Zuge der Kriege des Lombardenbundes gegen die kaiserliche Gewalt geworden. Die lombardischen Städte zogen mit einem Carroccio in den Krieg – einem Triumphwagen, auf welchem ein Altar und ein Banner des Schutzpatrons stand. Es handelte sich um das Ehrenzeichen der Stadt, das besonders bewacht wurde und dessen Verlust als Schmach galt. Trompeter und Posaunisten spornten von hier die Bürger der jeweiligen Kommune an. Bis heute kann man so einen Carroccio beim Palio di Siena sehen. Es ist im Übrigen auffällig, dass die innere Stabilität der Kommunen eben dann schrumpfte, wenn der gemeinsame Stadtgedanke (=Patronsgedanke) zugunsten der familiären Klientelstrukturen litt. Heißt: plötzlich war nicht mehr die Ehre des Stadtheiligen wichtig,

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Patriotismus und Katholizismus: Unvereinbar geeint?

sondern die Loyalität zu einem Personenkreis. Eben die Krankheit, die den Beginn von Oligarchien und letztendlich Monarchien auszeichnet. Oder anders gesagt: die Liebe zum Vaterland wird aus Karrieregründen geopfert. Kennen wir ja alles. Kaum hatten die Visconti die Herrschaft in Mailand erworben und sich zu Grafen, dann Herzögen ernannt, war die Herrscherfamilie so wichtig wie die Dynastie in monarchischen Systemen. Das Andenken an den Heiligen Ambrosius schwand; den ursprünglichen Stadtsymbolen wichen neue. So geschehen beim berühmten Biscione, der Schlange auf dem Mailänder Wappen, das ursprünglich das Symbol der Visconti war. Oder, wenn Sie einen Alfa Romeo sehen: schauen Sie mal ganz genau auf das Markenzeichen. Da lebt die Visconti-Herrschaft bis heute fort. Ebenso wenig überraschend mutet es an, dass, kaum, dass die Visconti ausstarben, eine Republik des Heiligen Ambrosius ausgerufen wurde, die eher an das venezianische Modell anknüpfte. Was aber für Italien galt (und teilweise immer noch gilt) lässt sich ebenso im deutschen Teil des Reiches nachweisen. Bekanntestes Beispiel ist Köln, wo die Heiligen drei Könige nach deren … Ausleihe aus Mailand zu Stadtpatronen wurden und Aufnahmen ins Wappen fanden. Weniger bekannt: sie fungierten sogar als Richter bei Streitigkeiten. Kölner Bürger mussten vor Gericht auf die Bibel oder Reliquienknochen schwören, die dafür extra herbeigeführt wurden. Wie man Köln so kennt, hatte man natürlich auch andere »Knöchelchen« zum Ersatz, wenn die Gebeine der Weisen gerade nicht zur Hand waren …

Man hob sich nicht nur wegen Reichtum und Macht ab. Im Gegenteil: man war reich und einflussreich, weil man die Heiligen auf seiner Seite hatte.

Dennoch: auch eine Freie Reichsstadt wie Köln sah sich besonders aufgrund des Schutzes ihrer Heiligen – neben den Magi auch die Heilige Ursula samt Gefährtinnen – von Gott auserwählt. Man hob sich nicht nur wegen Reichtum und Macht ab. Im Gegenteil: man war reich und einflussreich, weil man die Heiligen auf seiner Seite hatte. Und die Weisen aus dem Morgenland waren mächtige Patrone. Wieder funktionierte die Religion inklusiv für verschiedene Kölner Gesellschaftsschichten, um ein städtisches »Wir«-Gefühl zu erzeugen, und um sich wiederum nach außen hin exklusiv abzugrenzen. In den christlichen Monarchien zeichnete sich eine ähnliche Entwicklung ab, wenn sich christliche Heere gegenüberstanden. Bestes Beispiel ist der Hundertjährige Krieg. Für König und Gott kämpften beide Seiten. Es verblüfft daher wenig, dass auch gerade dieser historische Konflikt als Ursprung eines englischen und französischen Nationsverständnisses angesehen wird – mit Saint George! und Montjoie! Saint Denis! auf der jeweiligen Seite. Die Aragonesen riefen nach Sant Jordi!, die Portugiesen nach San Jorge! und in der Reconquista alle zusammen unter Führung der Kastilier: Santiago! Santiago! Dennoch blieb die Identifikation mit dem Patron hinter der republikanischen Entwicklung zurück, da der Monarch noch bis weit in die Neuzeit hinein identifikationsstiftend blieb. In den royalistischen Fraktionen des 19. Jahrhunderts noch darüber hinaus.

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Gerade diese Konfrontationen unter Christen waren und sind immer noch für viele Skeptiker ein Argument, gegen eine irgendwie geartete »res publica christiana« oder eine Europa-Konzeption zu wettern. Das Gegenteil ist der Fall. Die Heiligen bilden eine Familie, eine Gruppe, wie sie die Apostel der christlichen Frühzeit bilden. In jeder Familie gibt es jedoch Streit. Auch die frühen Christen waren – im Gegensatz zu vielen romantisierten Bildern heute – nicht immer einer Meinung. Sonst hätten Paulus und Co. nicht immer Briefe schreiben müssen, um die verschiedenen Gemeinden zu ermahnen. Gerade hier


Essay von Marco Gallina

rufe ich mal meinen Schutz- und Namenspatron auf: Marcus war nämlich, nach allem, was man so in der Apostelgeschichte liest, ein ziemlicher Dickkopf, der sich überdies auch mal mit Paulus angelegt hatte. Ähnlich, wie Venedig eben auch den anderen gerne mal auf die Füße trat. Dass nach außen hin aber die christlichen Völker, Städte, Republiken und Monarchien zusammenhielten, wenn sie alle ihre Schutzpatrone zitierten, und es diese europäische Gemeinschaft sehr wohl gab, verdeutlicht das Gemälde von Paolo Veronese zur Schlacht von Lepanto; alle Heiligen zusammen, vor Maria, darum bittend, den Sieg über die Türken zu gewähren. Dem voraus ging ein europaweiter Aufruf des Papstes, den Rosenkranz zu beten, weswegen die gesamte katholische Welt sich am 7. Oktober im Gebet vereint sah. Universalismus? Hm. Auserwähltsein des christlichen Volkes? Oh ja.

Das heißt nicht, dass Christen nicht auch anderen Menschen helfen sollen. Es heißt aber: über Jahrhunderte war es keinerlei Problem, dass man zuerst mal den eigenen Leuten beistand, bevor man in die Ferne schweifte. Und von denen in der Ferne waren auch da erst einmal die Brüder und Schwestern in Christo gemeint. Schon zeitgeistig, dass man solche Selbstverständlichkeiten heute ausbreiten muss. In einer Gesellschaft, die Wehrhaftigkeit als unchristlich abweist, ist es ironisch zu erwähnen, dass ausgerechnet der Erzengel Michael der Patron der Deutschen ist. n

* Aus thematischen Gründen gehe ich hier nur auf die katholischen Gebiete ein.

Der vorliegende Text ist auf der Webseite des Autors, dem »Löwenblog«, erschienen. Wir danken für die freundliche Genehmigung, ihn abdrucken zu dürfen. Das Löwenblog finden Sie unter marcogallina.de FAZIT MAI 2017 /// 45


Managementserie

Effektives Streiten statt Kuscheln EINE SERIE VON CAROLA PAyER [3]

Weg von der Pseudoharmonie hin zur produktiven Kooperation

Fotos: Enlarge, Marija Kanizaj

Dr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

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H

aben Sie in Ihrer Buchhaltung eine eigene Kontenklasse für Konfliktkosten? Zeigt Ihre Gewinn- und Verlustrechnung, wie viel Sie in nicht effektiv ausgetragene oder verdrängte Konflikte bzw. Harmoniesucht investiert haben? Berechnet Ihre Controlling-Abteilung die Opportunitätskosten für Kommunikation über Dritte, statt direkter Klärung von Spannungen? Nein? Dann sollten Sie Ihre Unternehmenskultur zumindest auf die »Kompetenzen der positiven Reibung« oder die Tendenz zur Harmoniesucht überprüfen.

Fehlen von Kritik Führungskräfte, die auf Harmonie achten, sind charmant, freundlich, loyal und beliebt. Sie sorgen für ein gutes Betriebs- oder Teamklima, loben ihre Mitarbeiter und haben immer ein offenes Ohr und eine offene Tür. Mitarbeiter werden nicht nur als Ressource betrachtet, sondern der Mensch dahinter wird wahrgenommen. Lauter gute Qualitäten, die dazu beitragen, dass Mitarbeiter sich gut aufgehoben fühlen. Dominiert jedoch die Harmonie, artet diese zur Harmoniesucht aus. Harmoniesüchtige Führungskräfte vermeiden es, unangenehme Dinge anzusprechen. Sie wollen um keinen Preis jemanden verletzten und beliebt bleiben. Die Konsequenzen daraus sind fehlendes kritisches Feedback oder »schwammig« formulierte Rückmeldungen mit vielen Weichmachern: »Wären Sie so lieb, … vielleicht könnten Sie mal, ich bin total zufrieden mit ihnen, aber da wäre vielleicht noch ein klein wenig …« Menschen mit zu hoher Toleranz akzeptieren von den Erwartungen abweichende Verhaltensweisen zu lange und fördern damit die Weiterentwicklung von Eigenheiten und destruktiven Kooperationsmustern. Schwierige Mitarbeiter in einem Team werden oft von Führungskräften durch fehlende klare Führungshandlungen »mitkonstruiert«. Harmoniesucht macht sich ebenso bemerkbar in nicht getroffenen oder hinausgeschobenen


Erfolg braucht Führung

Entscheidungen. Klare Positionierung zu einem Standpunkt bietet eine Angriffsfläche. Konfrontationen werden vermieden, Graubereiche werden aufrechterhalten. Mitarbeiter leiden dann unter fehlender Klarheit in ihrem Wirkungsbereich. In Besprechungen herrscht die Suche nach Konsens oder das Zurückhalten der eigenen Meinung vor. Unterschiedliche Sichtweisen werden als unangenehm empfunden oder als Konflikt interpretiert. Die offene Tür führt dazu, dass Mitarbeiter diese zu oft nutzen, was bei der Führungskraft zu Überlastung und bei Mitarbeitern zu geringerer Selbstständigkeit führt. Helfen wollen führt zu Abhängigkeitsverhältnissen. Mitarbeiter nutzen diesen Wunsch nach positiven Beziehungen, um für sich Vorteile durchzusetzen. Fehlende positive Dominanz der Führungskraft wird oft mit negativer Aggression im Team ausgeglichen. Fehlende Entscheidungsfähigkeit wird als Führungsschwäche gesehen. Harmonisches Verhalten von Führungskräften ist keine bewusste Führungshandlung, sondern wird unbewusst von den eigenen inneren Antreibern nach Sicherheit, Harmonie, fehlendem Selbstbewusstsein, Angst vor Ablehnung, Wunsch nach Zugehörigkeit, Anlagen zum Helfersyndrom und Anerkennung verursacht. Erkennen der eigenen Muster hilft zu einem klareren Führungsstil. Gute Beziehungen zu den Mitarbeitern brauchen Augenhöhe und Reibung und dürfen nicht von der Angst vor offener Kritik dominiert werden. Kritik ist nicht negativ, sondern eine Chance. Der eigene Selbstwert muss stabilisiert werden und darf nicht von der Sympathie der Mitarbeiter abhängen. Die Kuschelgruppe. Harmoniesucht in Teams Teamfähigkeit und Kollegialität sind wesentliche Spielregeln in Teams. Jedoch sollte das nicht zu Dauer-Konformismus und Konfliktscheue führen. Wie viel Harmonie ist gut und wann wird sie zum Hemmschuh? Produktive Teams zeichnen sich dadurch aus,

Managementserie

verschiedene Sichtweisen aufs Tablett zu bringen und konträre Aussagen lustvoll zu diskutieren. Die Zuspitzung von Standpunkten wird zugelassen. Harmoniesüchtige Teammitglieder erleben eine andere Sichtweise oft als Angriff auf die eigene Idee und nehmen das persönlich. Produktive Teams achten bei konfliktträchtigen Ansätzen, ob diese der Sache, dem Projekt oder dem Kunden dienen. Falsche Entscheidungen werden als Experiment betrachtet und es wird schnell ein neuer Weg gesucht. Harmoniesüchtige Teams achten darauf, was richtig oder falsch ist. Die Angst vor Fehlern ist groß, da sie dem eigenen Image und der Beliebtheit schaden können. Produktive Teams sind offen für Feedback und sehen es als Entwicklungschance. Harmoniesüchtige Teams vermeiden offen Kritik, lieben die Meinungsmonokultur und wurschteln lieber weiter, statt direkt nachzufragen. Mauscheln, jammern, mobben, verdrängen, subtile verdeckte Machtkämpfe ersetzen klare Auseinandersetzung bei persönlichen Problemen. Kleine Konflikte können über die Zeit zu Konfliktbomben werden. Oberflächliches »Wir schätzen uns alle« verhindert wahre Wertschätzung der Stärken und Schwächen jedes Einzelnen. Schönreden von Situationen ist eine beliebte Strategie.

In Summe führt Harmoniesucht zu fehlender Klarheit, Missverständnissen und dem Auftrechterhalten von Konflikten. Der reduzierte Meinungsaustausch geht auf Kosten der Kreativität. Kulturelle Gärprozesse und Umgehungstaktiken statt Konfliktlösung werden initiiert. Effektive und effiziente Kooperation ist dadurch gefährdet und kostet Energie, Nerven und Geld. »Wo alle gleich denken, denkt keiner mehr viel.« Bedenken Sie das bei Ihrer nächsten Bilanz. n

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Kurz & News

Die Debatte um eine mögliche Anhebung des Mindestlohns geht in die heiße Phase. Bis Ende Juni sollen die Sozialpartner beim Thema Mindestlohn von 1.500 Euro eine Einigung erzielen. Ein klares „Nein“ zum Mindestlohn in der geplanten Form kommt aus der WKO: „Der Staat darf nicht der Hauptprofiteur einer Mindestlohnerhöhung werden, darum fordern wir ein Einfrieren der Lohnnebenkosten bis zur Erreichung der 1.500 Euro Bruttogrenze“, so Hermann Talowski, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk. Weiters lehnt man einen Generalkollektivlohn entschieden ab. „Es gibt das funktionierende Modell der Kollektivverträge, die die Branchen individuell aushandeln. Das hat für uns ganz klar Vorrang.“

„Free Jazz“ − Völlige Freiheit mit Struktur?

Auch in einer komplizierten, scheinbar unstrukturierten Welt suchen sich Harmonie und Humor ihren Platz. Das Leben ist (manchmal) eben auch ein Kabarett. Befreie dich von deinem Soul, löse deine Probleme, improvisiere und liebe, so das aktuelle Programm des Theologen und Kabarettisten Stefan Haider. Die Volksbank Steiermark lud ihre Kunden aus der Region Graz zu einem Kabarettabend im besonderen Ambiente in den Dom im Berg. Dies als Dank für die Verbundenheit zum Institut – eben auch zu einer „komplizierteren“ Zeit. Es wurde viel gelacht – und so mancher Besucher identifizierte sich nur zu gut mit Haiders Programm. Fortsetzung folgt in den übrigen drei Regionen der Volksbank Steiermark!

Bessere Veranstaltungen organisieren

Sicherheit für Schulen: Brandschutz neu Der Landesschulrat für Steiermark und die bit media e-solutions GmbH (Member of eee group) haben gemeinsam an einer Projektentwicklung rund um das Thema Gebäudesicherheit für Schulen gearbeitet, das für alle 81 Bundesschulen in der Steiermark umgesetzt wird. Wieder einmal nimmt die Grüne Mark eine Vorreiterrolle ein und sorgt für die sichere Zukunft nicht nur der steirischen Schulen, sondern weiterer interessierter Bundesländer. Das Safety Management digitalisiert und standardisiert Wartungs-, Reparatur-und Prüfprozesse der Gebäudesicherheit. Phoenix ist als App nutzbar, was den Vorteil hat, mit einem Tablet oder Smartphone mobiler zu sein und Mängel per Foto dokumentieren zu können. 48 /// FAZIT MAI 2017

Neues Fundament für die verbandliche Jugendarbeit Im vergangenen Jahr wurde vom Land Steiermark, gemeinsam mit den Verbänden ein neues Fördermodell für die verbandliche Jugendarbeit erarbeitet, das in diesem Jahr erstmals zur Umsetzung kommt, erklärte die steirische Jugendlandesrätin Ursula Lackner bei einer PK. Dieses Modell ist österreichweit einzigartig, ermöglicht eine weitere Professionalisierung der verbandlichen Organisationen und sichert diese in ihrer Arbeit ab. Insgesamt fließen im Jahr 2017 Fördermittel in der Höhe von 800.000 Euro – um 20 Prozent mehr als zuvor – an die zwanzig Mitgliedsorganisationen des steirischen Landesjugendbeirates. In diesen sind 15.300 ehrenamtliche Mitarbeiter tätig, die sich um 140.000 Mitglieder kümmern.

Die Website „konferenzkathi.net“ gibt Überblick über Konferenzen sowie Business-Events im gesamten deutschsprachigen Raum und behandelt dabei Themen wie Wirtschaft, Gesellschaft, Technologie, Medien, Kunst, Nachhaltigkeit und Zukunft. Das Team hat die Publikation „Erlebnisse entwickeln und gestalten“ verfasst und auf der Webseite zum kostenlosen Download veröffentlicht. Die einzelnen Kapitel reichen von der Organisation von Teams über die bessere Betreuung und Einbindung von Referenten, die Rücksichtnahme auf kulturelle Besonderheiten bis hin zur Onlinekommunikation. Die Website wird durch den Fachverband der Freizeit- und Sportbetriebe in der Wirtschaftskammer Österreich unterstützt.

Fotos: Foto Fischer, Tom Roschanek, Volksbank Steiermark AG, bit media,

WKO fordert Einfrieren der Lohnnebenkosten


Foto: Steiermärkische

Kurz im Gespräch mit

Foto: Fischer

Dagmar Eigner-Stengg, Leiterin des GründerCenter, Steiermärkische Sparkasse

Scheckübergabe an die Steirische Krebshilfe (v.l.n.r.) LGF Michaela Hartner, GF Krebshilfe Christian Scherer, Birgit Jungwirth und Landesleiterin Manuela Khom.

Zeichen für Solidarität und Krebsfrüherkennung

Den Weltfrauentag am 8. März nutzen die steirischen VP-Frauen, um ein aktives Zeichen im Kampf gegen Krebserkrankungen zu setzen, denn in Österreich ist Brustkrebs nach wie vor die häufigste Krebserkrankung bei Frauen.

Ü

ber 600 begeisterte Frauen kamen zur Veranstaltung in Rosarot, um ihre Unterstützung zu bekunden. Im Rahmen der Charity-Spendenaktion unterstützten die VP-Frauen bei ihrer traditionellen Abendveranstaltung am 6. März in Hitzendorf die Krebshilfe Steiermark mit einem Betrag von 1.582,– Euro im Kampf gegen den Brustkrebs. Der Scheck wurde Krebshilfe-GF Christian Scherer übergeben. Das Jahr 2017 haben die steirischen VP-Frauen unter den Arbeitsschwerpunkt „Frauengesundheit“ gestellt. Somit lag es für Landesleiterin LT-Präs. Manuela Khom auf der Hand, den Internationalen Tag der Frauen am 8. März dem Partner „Krebshilfe Steiermark“ und dem Kampf gegen Brustkrebs zu widmen. Die Partnerschaft mit der Krebshilfe Steiermark freut Manuela Khom besonders. „Als

Frauenvertreterin ist es meine Aufgabe, Bewusstsein für die Erkrankung ‚Krebs‘, aber vor allem für Früherkennungsmaßnahmen zu schaffen. Je früher der Krebs erkannt und behandelt wird, umso höher sind die Heilungschancen.“ Bei Frauen in Österreich ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung. Obwohl die Zahl der Krebsneuerkrankungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten stieg, ist die Zahl der Krebssterbefälle rückläufig. Das Tumorstadium bei Diagnose ist ein wichtiger Parameter für die Einschätzung der Überlebenschancen. Je später ein Tumor entdeckt wird, desto schlechter ist seine Prognose. Frühere Diagnosestellungen und neue Therapiemethoden führten zu einer Verlängerung der Überlebensdauer der Krebspatientinnen.

Welche Services bieten Sie für Start-ups und Gründer an? Wir beraten die Gründer zu den Themen Business- und Finanzplan sowie rund um etwaige Förderungen und die Finanzierung des Gründungsprojektes. Begleitend bieten wir immer wieder auch viele interessante Veranstaltungen für Gründer an. Was könnte die Politik dazu beitragen, Firmengründungen zu erleichtern? Steuererleichterungen für Personen, die in Start-ups investieren wollen, wären ein wertvoller Beitrag. Für Start-ups wäre es dadurch leichter, einen Investor zu finden, der Eigenkapital zur Verfügung stellt und damit die Gründung erleichtert. Was tragen Informationsveranstaltungen wie die jährliche Gründermesse dazu bei? Es ist sehr wichtig, sich in der Anfangsphase umfassend zu informieren und sich auf das Unternehmertum vorzubereiten. Dafür sind Veranstaltungen wie z. B. die jährliche Gründermesse von Vorteil, weil man an einem Tag und an einem Ort alle relevanten Beratungsstellen aufsuchen und viele wertvolle Informationen einholen kann. Was raten Sie persönlich angehenden Jungunternehmern? Mit Herzblut hinter der Idee stehen, gute Vorbereitungszeit einplanen und den Banktermin zeitgerecht fixieren. Und ganz wichtig: Erst wenn die Finanzierung steht, sollte man Verträge unterzeichnen. FAZIT MAI 2017 /// 49


Pflege / Vorsorge

Die Zukunft der Pflege in der Steiermark A

usgehend von einer insgesamt gut funktionierenden Versorgung der Steirerinnen und Steirer erkennt der Landesrat den Bedarf, die Pflegelandschaft zukünftigen Erfordernissen rechtzeitig anzupassen, wie es der jüngst erstellte „Bedarfs- und Entwicklungsplans für pflegebedürftige Personen“ vorsieht. Bis zum Jahr 2025 wird für die Steiermark ein Anstieg der Personen mit Pflegegeldbezug von derzeit rund 79.000 auf über 93.500 prognostiziert. Um den verstärkten Pflege- und Betreuungsbedarf abdecken zu können, ist eine koordinierte Erbringung der mobilen, teilstationären und stationären Dienstleistungen notwendig. Bestmögliche Versorgung für alle Menschen Landesrat Drexler betont dazu: „Das Ziel ist es, die bestmögliche Betreuung der Menschen dort zu gewährleisten, wo sie es möchten. Daher war es besonders wichtig, dem Wunsch der steirischen Bevölkerung, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben zu können, gerecht zu werden. Das war als klare Zielvorgabe für die Planungen formuliert und die Ergebnisse sind die Hand50 /// FAZIT MAI 2017

lungsgrundlage für den weiteren Auf- und Ausbau der Pflegeangebote in der Steiermark.“ Auch die durch den Bund organisierte 24-Stunden-Betreuung hat eine bedeutende Versorgungswirksamkeit und wird – auch wenn sie seitens des Landes nicht geplant werden kann – doch im Rahmen der Festlegung der restlichen Strukturen berücksichtigt. Man kann davon ausgehen, dass die Zahl der Betreuten von derzeit rund 5.300 auf 9.200 Klientinnen und Klienten im Jahr 2025 ansteigen wird. Unterstützung für pflegende Angehörige Ein zentrales Ziel der Pflegepolitik des Landes ist daher die Schaffung von unterstützenden und entlastenden Angeboten für informell Pflegende. Demnach sollen durch den Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen und der teilstationären Tagesbetreuung der prognostizierte Rückgang der informellen Pflege auf der einen und der Anstieg der stationären Langzeitpflege auf der anderen Seite gedämpft werden. Die mobile Pflege soll im Gegenzug deutlich ausgebaut werden. Als wichtige Ergänzung dazu, so Drexler, wird ein im

Foto: Rothwangl

Die Gesundheits- und Pflegesysteme stehen vor enormen Herausforderungen. Der steirische Gesundheitslandesrat Christopher Drexler nahm für FAZIT Stellung zur Strategie in der Pflegeversorgung in den kommenden Jahren.

Landesrat Drexler: „Nicht das Altern ist das Problem unserer Zeit, sondern unsere Einstellung dazu und unsere Fähigkeit, kreative Lösungen zu finden.“ Bereich der alternativen Wohnformen ein massiver Ausbau angestrebt: „Hier ist Kreativität gefragt, zumal es gilt, neue Modelle zu entwickeln und Pilotprojekte zu starten, um es Menschen zu ermöglichen, mit geänderten Bedarfslagen nicht den Wohnort, sondern nur das Betreuungsmodell ändern zu müssen.“ Gesetzliche Grundlagen schaffen Weitere wichtige Entwicklungen werden bei der Standardisierung des Case- und

Care-Managements für Pflege, bei notwendigen strukturellen Adaptionen für Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen in der altersbedingten Langzeitpflege und bei den Festlegungen zur Palliativversorgung in Pflegeheimen anstoßen, erklärt Drexler. „Während wir das Care-Management zentral beim Land Steiermark ansiedeln, werden wir für den Aufbau eines steiermarkweiten, trägerunabhängigen Case-Managements in enger Abstimmung zwischen dem Land Steiermark, den Bezirkshauptmannschaften bzw. den Sozialhilfeverbänden und Projektträgern gemeinsam an einer bedarfsgerechten Umsetzung arbeiten.“ Dafür soll eine solide gesetzliche Basis geschaffen werde, so Drexler abschließend: „Auf Grundlage der vorliegenden Planungen wird derzeit ein neues Pflege- und Betreuungsgesetz für die Steiermark formuliert, das die gesamte Pflegelandschaft mit allen Angeboten und Serviceleistungen auch in rechtlicher Hinsicht absichern soll.“


Nachhaltige Pflege aus der Region für die Region Die Pflegeheime der steirischen Gepflegt-WohnenGruppe engagieren sich nach einem Pilotprojekt in ökologischer Müllentsorgung nun noch stärker auf dem Gebiet der Corporate Social Responsibility − zugunsten von Mensch, Umwelt und regionaler Wirtschaft.

G

etreu ihrem Motto „aus Liebe zu Mensch und Umwelt“ setzt die steirische Unternehmensgruppe beim Betreiben ihrer Pflegeheime auf höchste Qualität. Neben hoher Lebensqualität und heimeliger Atmosphäre für die Senioren steht vor allem Hygiene an oberster Stelle der Prioritäten. Umweltgerechte Entsorgungssysteme Vor rund zwei Jahren hat man in den Häusern der Pflegeheim-Gruppe beschlossen, ökologischere Wege zu beschreiten: Die Lösung für die Entsorgung der Abfälle in den Gepflegt-Wohnen-Häusern bietet das Umweltunternehmen öko&more mit dem Vacuro pro System, das die Müllsäcke durch Vakuumierung geruchsneutral versiegelt und das Volumen um rund 50 Prozent verkleinert. Dadurch wird auch die Zahl der notwendigen Lkw-Fahrten halbiert, während die zusätzlichen Kosten

mit rund 350 Euro pro Einrichtung überschaubar sind, wie GF Aribert Wendzel von Gepflegt-Wohnen betont.

Fair-Trade-Kaffee und Gutes aus der Region Auch bei der Versorgung der Heimbewohner steht neben dem Qualitätsgedanken vor allem auch verantwortungsvolles ethisches Handeln ganz oben, so Wendzel: „Unsere Kunden und ihre Angehörigen wissen das ebenso zu schätzen wie unsere Mitarbeiter.“ Deshalb werden zahlreiche Lebensmittel aus der Region bezogen, wie Brot und Backwaren von der lokalen Bäckerei Putz in Sinabelkirchen oder Eier von einem regionalen Bauernhof. Auch der von „GoFair“ im Pflegeheim zur Verfügung gestellte Automat bietet Bio-Kaffee aus fairem Handel: Der klimaneutrale Kaffeegenuss kommt ganz natürlich ohne künstliche Aufheller und Geschmacksverstärker aus.

Anzeige Foto: Lucas Pripfl

Anzeige Foto: gepflegt wohnen

Ein Schritt zu mehr sozialer Verantwortung: voller Genuss mit Bio-Kaffee mit Fairtrade-Siegel

Das Herk Mobilitätsteam mit dem innovativen Fahrzeug: (v.l.n.r.) Josef Herk jun., Ing. Josef Herk und Mitarbeiter Andreas Brugger.

Herk macht mobil Fahrzeugumbauten für Menschen mit Handicap: Der Knittelfelder Karosserieexperte Herk präsentierte zum 60-Jahr-Jubiläum des Familienbetriebs sein innovatives Produktsegment unter dem Motto „Mobilität für alle“.

M

it seinen Mitarbeitern und Gästen aus Politik, Wirtschaft und von den Sozialversicherungen feierte am 6. April das Traditionsunternehmen die Geburtsstunde eines neuen Produkts, das Menschen mit Handicap mobiler machen soll. Mit individuellen Fahrzeugumbauten wird für behinderte Menschen das Lenken eines eigenen Fahrzeuges einfacher und auch das Mitfahren deutlich erleichtert. „Als Präsident der WKO Steiermark fordere und fördere ich Innovationen, das gilt natürlich auch für mein eigenes Unternehmen“, so Josef Herk. „Jeder hat das Recht auf Mobilität“, stellte er die Philosophie hinter dieser Innovation klar, die gemeinsam mit dem Innolab Graz entwickelt wurde und in enger Zusammenarbeit mit erfahrenen Experten aus dem Behinderten- und Mobilitätsbereich umgesetzt wird. Mit Edith Grünseis-Pacher, Gründerin des Club Mobil, informierte eine involvierte Part-

nerin und Betroffene über die Angebote für Behinderte.

Individuelle Beratung Für das Unternehmen Herk ist die Produkterweiterung im 60. Jahr seines Bestehens ein wichtiger Schritt in die Zukunft. „Dass wir nun auch für Menschen mit Behinderung einen Beitrag zu mehr Lebensqualität leisten können, freut uns sehr“, unterstrich Herk die Mission, die er mit seinem Team verfolgt. Zuständig für diesen Bereich sind sein Sohn Josef jun. und Andreas Brugger, die über ihre Erfahrungen mit der neuen Kundengruppe berichteten. Den wichtigsten Erfolgsfaktor sehen sie dabei in einer besonders individuellen Beratung und Unterstützung. Genauestens informieren konnte man sich am nächsten Tag bei der öffentlichen Fachausstellung „Mobil mit Handicap“, die neben Fahrzeugumbauten auch Mobilitätshilfen wie Rollstühle und Scooter präsentierte. FAZIT MAI 2017 /// 51


Kulinarik

Mit Genuss durchs Leben. Genussgut Krispel begeistert mit neuen Produkten I

Anzeige Fotos: Krispel

nmitten des Steirischen Vulkanlandes liegt das Genussgut Krispel, das seit zwei Generationen außergewöhnliche Weine und erstklassige Produkte aus Wollschweinen erzeugt. Das Ziel des Familienbetriebs ist es seit jeher, das Beste aus der umliegenden Landschaft in ihre hauseigenen Erzeugnisse zu integrieren. Das Weinbaugebiet begünstigt durch seine variantenreichen Bodenverhältnisse und das illyrische Klima mineralisch-würzige Aromen, wodurch einzigartige Erzeugnisse höchster Qualität entstehen.

01. Mai: Spe(c)ktakel – Schwein & Wein Großes Genussfest rund um Wollschwein, Neusetzer und Wein Ab 14.00 Uhr am Genussgut Krispel

52 /// FAZIT MAI 2017

Lebe, liebe, lache Unter diesem Motto haben die Krispels eine komplett neue Künstleredition auf den Markt gebracht. Eine emotionale Lösung, denn die unnatürlich frostigen Temperaturen im April 2016 sorgten für Schäden an den bereits sprießenden Trieben der Weinreben und damit für einen deutlichen Ernteausfall. Um ihre Kunden trotz geringer Traubenernte zufriedenstellen zu können,

wurden Trauben von befreundeten Winzern aus den Nachbarländern zugekauft und dann von den Krispels selbst vinifiziert. Das Ergebnis ist eine neue, aufregende Edition, die die Leichtigkeit des Daseins zelebriert.

Mit Schwung durchs Leben Neben den klassischen Weinen, für die das Genussgut bekannt ist, wie der äußerst beliebte Basaltwein B1, bringen zwei neue Perlwein-Sorten Schwung ins Leben von Krispel-Kunden: der schöne Himbert und die wilde Frizzi. Die beiden Geschmacksrichtungen Himbeere und Sauerkirsche werden komplett frei von Sirups und künstlichen Aromastoffen hergestellt und bilden eine saftige Trinkfreude, die Lust auf mehr macht. Die beiden sind schon jetzt Aperitif-Klassiker, die Spaß machen.

Wertvolles vom Wollschwein Gefragt sind bei den Krispels aber nicht nur die erstklassigen Weine, auch ihre geschmackvollen Wollschwein-Produkte, die aus der hauseigenen Wollschwein-Zucht hergestellt werden, sind ein Erlebnis für jeden Gaumen. Speziell der N1 Jahrgangs-Neusetzer ist Genuss pur: 12 Monate im Ba-

saltstein gereift, umgeben von einer Salzkruste und veredelt mit erlesenen Gewürzen, wird ausschließlich der obere Teil des Rückenspecks der Wollschweine für den Neusetzer verwendet. Eine Schweinerarität in ihrer edelsten Form für wahre Genießer.

Der B1 ist wieder da Der Basaltwein B1 erhielt neben unzähligen positiven Beurteilungen, von Kunden und Connaisseurs gleichermaßen, im Februar 2016 den Innovationspreis des Steirischen Vulkanlandes und wurde mit dem ersten Platz ausgezeichnet. Der Wein aus dem Stein ist ein Unikat und das besonders spannende Genuss-Erlebnis kann ab dem 01. Mai 2017 beim „Spe(c)ktakel mit Schwein und Wein“ wieder konsumiert werden. Schauen Sie vorbei und überzeugen sich selbst von den neuen und auch altbekannten Produkten vom Genussgut Krispel.

Genussgut Krispel Neusetz 29 8345 Hof bei Straden T: +43 3473 7862 F: +43 3473 7863-4 E: wein@krispel.at www.krispel.at


Spar-GF Christoph Holzer, Siegfried Weinkogl und Günther Weitzer beim Spatenstich für die TANN-Erweiterung in Graz Puntigam

Spar investiert massiv in den TANN-Standort Graz D

abei kann man stolz auf eine lange Tradition zurückblicken: Seit über fünf Jahrzehnten stellt Spar unter der Marke TANN Fleisch- und Wurstprodukte her. Mit über 800 Mitarbeitern österreichweit, davon rund 120 am Standort Graz, zählt Tann zu den größten Betrieben dieser Art in Österreich. Gegründet wurde Tann übrigens ebenfalls in Graz, wie Spar-GF Christoph Holzer erzählt, „als der Spar-Gründer Fritz Poppmeier in seinen Märkten Frischfleisch und Wurstwaren anbieten wollte, aber keine Fleischereien fand, die ihn in ausreichendem Maße beliefern konnten oder wollten“. Also gründete er in vorerst bescheidenem Rahmen auf nur zehn Quadratmetern seine eigene Fleischverarbeitung. Schwerpunkt Rindersteaks Am 11. April erfolgte der Spatenstich auf dem Gelände der Spar-Zentrale in Graz-Puntigam. Damit ist der Startschuss für ein ambitioniertes Projekt für den Grazer Wirtschaftsstandort gefallen: In den kommenden zwei Jahren wird die Gesamtfläche von 4.320

Quadratmeter auf 8.470 Quadratmeter verdoppelt. Dabei wird vor allem in eine ganze Reihe modernerer Technologien investiert. Mit dem Ausbau werden die Kühl- und Lagerflächen erweitert, eine Faschierfleischlinie installiert und die Produktion von Selbstbedienungsfleisch mit neuen Technologien weiterentwickelt. Der Ausbau von TANN Graz macht den Fleischund Wurstwarenproduzenten zu etwas Einzigartigem in Österreich: Dem Konsumententrend Folge leistend, steht beim Ausbau ein Kompetenzcenter für die Rindersteakproduktion im Mittelpunkt. Die TANN Graz hat in den letzten Jahren sehr große Anstrengungen unternommen, um mit ihren Partnern (der Erzeugergemeinschaft Steirisches Rind und den Weizer Bergland Spezialitäten) den dafür notwendigen Rohstoff in Form von ausgesuchten Qualitätsrindern sicherzustellen. Österreichs bester Lehrbetrieb TANN Graz bietet nicht nur 120 Mitarbeitern Arbeitsplätze, der Betrieb beweist

Anzeige Fotos: Spar

Der zur Spar-Kette gehörende Fleisch- und Wurstproduzent TANN baut in Graz massiv aus. Insgesamt werden 30 Millionen Euro in den Ausbau des Standortes in Puntigam investiert. Das Unternehmen steht auch für qualitätsvolle Lehrausbildung.

Die Tann-Lehrlinge haben sich bei Bewerben hervorragend geschlagen, unter ihnen die Sieger Thomas Lengheimer und Barbara Ofenluger. auch Kompetenz in der Lehrlingsausbildung: TANN Graz wurde von der WKÖ-Bundessparte Gewerbe und Handwerk als „Österreichs bester Lehrbetrieb 2016“ prämiert. 17 verschiedene Lehrberufe können bei SPAR, einem zu 100 Prozent österreichischem Familienunternehmen, erlernt werden – darunter auch der Beruf des Fleischverarbeiters. Damit zählt der SPAR-eigene Produktionsbetrieb nicht nur zu den größten Fleisch- und Wurstwarenproduzenten Österreichs, sondern bietet Lehrlingen auch die Basis für eine aussichtsreiche Karriere.

Vielseitige, abwechslungsreiche und verantwortungsvolle Aufgaben wie die Auswahl des Rohmaterials, die Herstellung von Fleisch- und Wurstspezialitäten bis hin zur Weiterentwicklung des Sortiments erwarten die Fleischer-Lehrlinge bei TANN. Zahlreiche Auszeichnungen bei Bundeslehrlingswettbewerben spiegeln die hochwertige Ausbildung wider: etwa der Doppelsieg von Thomas Lengheimer und Barbara Ofenluger, die letztes Jahr als beste Fleischerlehrlinge Österreichs ihr Können unter Beweis gestellt haben. FAZIT MAI 2017 /// 53


Kurz & News

Steirische Frische, bequemes Einkaufen, modernste Technik: In der Feldkirchner Straße Ecke Mitterstraße eröffnete am 12. April ein neuer Spar-Supermarkt. Der Nahversorger punktet mit dem großzügig gestalteten Feinkostbereich sowie einem breiten Angebot regionaler Produkte in gewohnter Spar-Qualität. „Regionalität, Frische und Qualität sind unsere großen Stärken“, betont Christoph Holzer, GF Spar Steiermark und Südburgenland. „Das können unsere Kundinnen und Kunden bei jedem Einkauf spüren.“ Freuen darf sich auch das Klima: Der Markt wartet mit einer ganzen Reihe an klimaschonenden Maßnahmen auf, wie LED-Beleuchtung und einer Heizung, die auf das Prinzip der Wärmerückgewinnung setzt.

Saubermacher gewinnt Energy Globe Styria

Das Unternehmen Saubermacher wurde bei der Verleihung in der Aula der Alten Universität Graz mit seinen Forschungspartnern AVL, KTM, Montanuni Leoben und Smart Power für seine Projektergebnisse im Bereich Re-Use und Recycling von Batteriesystemen aus der E-Mobilität mit dem Energy Globe Styria Award in der Rubrik Forschung ausgezeichnet. Gleichzeitig gewann das Projekt das goldene Ticket für den nationalen Energy Globe Bewerb. „Die Projektpartner haben einen neuen technischen Standard für das Recycling von Batterien aus der Elektromobilität geschaffen, der bereits von deutschen Autoherstellern als Maßstab für ihre Konzepte verwendet wird“, freute sich Saubermacher-Eigentümer Hans Roth.

230 Millionen für steirische Autobahnen und Schnellstraßen In Summe investiert die Asfinag heuer in der Steiermark 230 Millionen Euro, jeweils knapp die Hälfte davon entfällt auf Sanierungen und Generalerneuerungen bzw. Neubau. Das genaue Infrastrukturinvestitions-Programm präsentierten BM Jörg Leichtfried, Asfinag-Vorstand Alois Schedl und Verkehrslandesrat Anton Lang am 7. April in einem Pressegespräch. Den Großteil beim Streckenneubau machen vor allem die S 36 Murtal-Schnellstraße und der Neubau der zweiten Röhre des Gleinalmtunnels auf der A 9 Pyhrn-Autobahn aus, die bereits am 21. Juli für den Verkehr freigegeben werden kann. „Damit machen wir die Tunnel sicherer und entlasten Gemeinden vom Durchzugsverkehr“, erklärte Minister Leichtfried.

BKS Bank weiter auf Wachstumskurs

2016 brachte für die BKS Bank einen Rekordstand bei den Primäreinlagen, eine erfolgreiche Kapitalerhöhung und viele Auszeichnungen für die hohe Beratungsqualität. Grund genug, im 95. Bestandsjahr den erfolgreichen Kurs fortzusetzen. Ziel der BKS Bank ist es, künftig aus eigener Kraft zu wachsen und den Marktanteil zu vergrößern. Der Fokus liegt dabei auf den strategisch definierten Wachstumsmärkten Ostösterreich und Slowenien. „Im vergangenen Jahr konnten wir rund 2.000 Neukunden von unserem Angebot überzeugen. In Zeiten wie diesen ein mehr als respektabler Wert“, so die Vorstandsvorsitzende Herta Stockbauer. Mit Jahresende 2016 vertrauten der BKS Bank über 152.000 Privat- und Firmenkunden.

Energie Steiermark legt Jahresbilanz 2016 vor

Die Energie Steiermark hat 2016 rund 146,5 Mio. Euro in grüne Erzeugung und sichere Netze investiert. Damit ist der weiß-grüne Konzern einer der wichtigsten Impuls-Geber für die steirische Wirtschaft. „Die vorliegenden Zahlen zeigen: Mit dem Vertrauen unserer 600.000 Kunden können wir nachhaltigen, regionalen Nutzen stiften“, kommentiert Vorstandssprecher Christian Purrer die erfolgreiche Jahresbilanz. Die Preise für Erdgas-Kunden wurden 2016 um 7 Prozent gesenkt, über 110.000 Haushalte haben über die „Treue-Aktion“ bis zu sechs Monate Gratis-Strom bekommen und gleichzeitig konnte der Gewinn (EBIT) von 88 auf 117,4 Mio. Euro (+ 33,4 Prozent gegenüber 2015) gesteigert werden.

GKB unterstützt Verkehrssicherheitsunterricht

Die Graz-Köflacher Bahn und Busbetrieb GmbH (GKB) initiierte in Abstimmung mit dem LSR Steiermark ein Verkehrssicherheitsprojekt. An 290 Schulen im Umfeld der GKB-Linien wurden Unterlagen zum Thema Sicherheit im Bahn- und Busbereich verschickt. Die Präsentationen, Lehrfilme, Plakate und Informationsbroschüren verdeutlichen Gefahren. „Als verantwortungsvolles Unternehmen bemüht sich die GKB seit jeher um die Förderung der Verkehrssicherheit in der Region. Wir hoffen, gemeinsam mit den teilnehmenden Schulen, mit diesem Projekt einen Beitrag zur Sicherheit im Bahn- und Busbereich leisten zu können", zeigt sich GKB-Generaldirektor Franz Weintögl vom Erfolg des Projektes überzeugt. 54 /// FAZIT MAI 2017

Fotos: Foto Fischer, Tom Roschanek, Volksbank Steiermark AG, bit media, GKB / Ferk, Spar / Foto Melbinger, Land Steiermark, Werner Krug, Energie Steiermark, Gernot Gleiss,

Neuer Spar-Supermarkt in Seiersberg


Wirtschaft

Neuer VP-Klubchef: Ein Mann für alle Regionen B

ereits während der dreimonatigen Babypause von Eibinger-Miedl von November bis Jänner übernahm der Abgeordnete aus dem Bezirk Liezen die Klubführung interimistisch. Nun wurde er einstimmig von „seinen“ Abgeordneten zu deren Chef gewählt.

Ausgleichend und durchsetzungsstark Zur Politik hat Lackner eine langjährige Beziehung. Schon sein Vater war Bürgermeister der Gemeinde Donnersbach. Mit 26 Jahren zog Karl Lackner in den Gemeinderat seiner Heimatgemeinde ein. Von da an nahm die Zahl seiner Aufgaben zu. Erst Vizebürgermeister und schließlich Bürgermeister, parallel dazu Funktionen in der kommunalpolitischen Interessenvertretung, schließlich der Sprung auf die Bezirksebene als ÖVP-Bezirksparteiobmann und 2005 der Einzug in den Landtag. Dort ist Lackner über die Parteigrenzen hinweg geschätzt. Er gilt in den Verhandlungen als ruhig, ausgleichend, aber auch durchsetzungsstark. Seit 2010 hat er als Klubobmann-Stellvertreter eine der Schlüsselpositionen unter den ÖVP-Mandataren inne. Für die ÖVP war die Entscheidung, ihm nun die Klubführung anzuvertrauen, ein logischer Schritt. „Als Karl Lackner zugesagt hat, mich während meiner Babypause zu vertreten, ist mir schon ein Stein vom Herzen gefallen“, erzählt seine Vorgängerin Bar-

bara Eibinger-Miedl. Dass sich die Obfrau eines Landtagsklubs eine familienbedingte Auszeit nimmt – für Politikerinnen gibt es in Österreich keinen Mutterschutz – hat es in der Steiermark vor Eibinger-Miedls Babypause noch nicht gegeben. „Wir haben anfangs alle nicht gewusst, was da auf uns zukommt und wie gut das in der Praxis funktionieren wird. Mit seiner Entscheidung, den Klub für drei Monate interimistisch zu führen war klar, dass es gut laufen wird. Und so war es auch. Ich konnte mich voll und ganz um meine Tochter kümmern“, so Eibinger-Miedl. Lackner hat sich interimistischer Klubchef bewährt Immerhin musste Lackner in dieser herausfordernden Zeit ein neues Landesbudget verteidigen, sich um sensible Gesetzesnovellen kümmern und hat nebenbei auch die programmatische Arbeit im Landtagsklub vorangetrieben. Als ersten offiziellen Termin konnte er die ÖVP-Klubobleute der anderen Bundesländer und des Nationalratsklubs zu einer Klausur begrüßen. Dort galt es, die Arbeit der Klubs unter Lackners Leitung abzustimmen und ein gemeinsames Vorgehen in heiklen Themen wie der Mindestsicherung oder der Arbeitszeitverkürzung zu finden. Thematisch ist dem Vater von vier Töchtern, der seit mehr als 30 Jahren glücklich verhei-

Anzeige Fotos: ÖVP-Landtagsklub

Dass aus der Vertretung schließlich ein fixes Engagement wird, hätte sich auch der erfahrene Politprofi Karl Lackner nicht gedacht. Nach dem überraschenden Wechsel der bisherigen ÖVP-Klubobfrau Barbara Eibinger-Miedl vom Landtag in die Landesregierung führt er den Landtagsklub der Steirischen Volkspartei als neuer Klubobmann.

Karl Lackner, der neue Klubobmann der ÖVPLandtagsfraktion, ist ein erfahrener Mandatar und gilt als ausgleichend und durchsetzungsstark. ratet ist, die Entwicklung des ländlichen Raums und steirischen Regionen ein Anliegen. Bereits 2014 leitete er eine klubinterne Arbeitsgruppe, die mit der Erstellung eines eigenen Programmes zu diesem Thema beauftragt war. „Land.Raum.Zukunft“ wurde Anfang 2015 präsentiert und heute findet sich vieles davon im gemeinsamen Regierungsübereinkommen mit der SPÖ wieder. „Von den konkret 28 Themenschwerpunkten, die wir definiert haben, sind bisher 22 umgesetzt oder befinden sich schrittweise in Umsetzung“, erklärt Lackner stolz. Im letzten Herbst hat der ÖVP-Landtagsklub daher begonnen, an einer Neuauflage des Programmes zu arbeiten. Maßgeblich verantwortlich dafür war Karl Lackner. Kernthema: Arbeitsplätze im ländlichen Raum In den nächsten Wochen wird er das Programm als Klubob-

mann finalisieren. Eine Präsentation ist noch für das erste Halbjahr geplant. Kernthema der Neuauflage wird die Frage sein, wie man Betriebsansiedelungen erleichtern, bestehende Unternehmen stärken und Arbeitsplätze im ländlichen Raum sichern und schaffen kann. „Wir planen einige konkrete neue Initiativen, die wir vorschlagen und schnellstmöglich umsetzen wollen“, kündigt der neue Klubobmann an. „Denn die Stärkung des ländlichen Raums ist ein Thema, das niemals abgeschlossen ist. Unser Land verändert sich und die Politik muss darauf reagieren. Deshalb dürfen wir nicht aufhören an der Weiterentwicklung unserer Regionen zu arbeiten, was sowohl urbane als auch ländliche Räume miteinschließt. Wir müssen immer daran arbeiten, besser zu werden. Dafür sind wir gewählt und die Menschen haben das Recht, genau das von uns Politikern zu erwarten.“ FAZIT MAI 2017 /// 55


Fazit feiert dreizehn Jahre …

56 /// FAZIT MAI 2017


fazitmagazin.at

fazitmagazin.at

#115

#109

FAZIT

Eine Bilanz nach 20 Jahren in der Europäischen Union

Wahlen in der Steiermark

Schilder für die Welt Ungericht Essay von Bernhard us Graz Neuer im Literaturha Wirtschaft und

Wie die heimische Wirtscha ft vom All profitiert

mehr. Aus dem Süden.

r Was die Reformpartne alles richtig machen

Überflieger

Fazitgespräch mit Hubert Neuper

Speed Mum

Wirtschaft und mehr. Aus

Graz P.b.b. 04Z035487 M

Fazitgespräch mit Renate Götschl

Verlagspostamt A-8010

04Z035487 M A-8010 Graz P.b.b.

dem Süden.

Sind Sie ein Star, Herr Kommissar?

Fazitgespräch mit Gregor Seberg

Nr. 115 6/2015 EURO 4,50 Erscheinungsort Graz

Jänner 2015

ngsort EURO 4,50 Erscheinu Nr. 113 4/2015

FAZIT

Der »Zöscher« trotzt dem Trend Essay von Werner Kuich Alaska. Das letzte Abenteuer

stamt Graz Verlagspo

P.b.b. 04Z035487 M A-8010 Graz Erscheinungsor t Graz Verlagspostamt Nr. 109 10/2014 EURO 4,50

Juni 2015

fazitmagazin.at

Raumschiff Steiermark

#113

Österreich und Europa

FAZIT

August 2015

Besuch auf der Vogelfa rm Essay von Manfred Prischi ng Unbekannte Amalfiküste Wirtschaft und mehr.

Aus dem Süden.

Im Unternehmenssitz der Steuerberateung »Hofer & Leitinger« feierte Fazit kürzlich seinen dreizehnten Geburtstag.

Z

ahlreiche Kunden und Freunde von Fazit aus Wirtschaft, Politik und Kultur nutzten die Gelegenheit, um den Herausgebern Christian Klepej, Johannes Tandl und Horst Futterer zu gratulieren. Unter den Gästen waren auch Landesrat Christopher Drexler und Finanzstadtrat Günter Riegler. Die Hausherren Alexander Hofer, Helmut Leitinger und Nadja Hubmann gaben einen Einblick in den Tätigkeitsbereich einer modernen Steuerberatung. Unter den Gratulanten wurden neben vielen weiteren Ehrengästen auch der Nationalratsabgeordnete Bernd Schönegger, WKO-Direktor Karl Heinz Dernoscheg oder Landwirtschaftskammerdirektor Werner Brugner gesichtet. Mit Fazit und Hofer & Leitinger feierten auch Sabine Wendlinger-Slanina, Jakob Taibinger und Klaus Hasl von der WKO und Berndt Heidorn von der AK. Nik Lallitsch und und Stefan Tschikof von der RLB, Urs Harnik von der Energie Steiermark AG, Christian Scherer von der Steirischen Krebshilfe nutzten das Fazitfest mit vielen anderen Gästen und Freunden zum Netzwerken. FAZIT MAI 2017 /// 57


.at

#122 Das Jobwu

nder Lehr Das duale e schafft hohAusbildungssys tem e Beschä ftigung.

#121 ht frei! Stadtluft mac n die Menschen

Sparen im Spannungsfeld zwischen Tugend und Unheil

Weltweit ziehe die Städte. vom Land in

fazitmaga

Edel und Wild Faz

Stimme der Nation P.b.b. 04Z03 5487

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Fazitgespräch mit Chris Lohner

Medieninhaber, Eigentümer & Verleger Klepej & Tandl OG in 8010 Graz, Kalchberggasse 1/II www.ktundp.com, office@ktundp.com Geschäftsführung: Christian Klepej & Mag. Johannes Tandl Unternehmensgegenstand Der Betrieb einer Werbeagentur sowie die Herausgabe von periodisch erscheinenden Druckwerken, insbesondere des Magazins »Fazit« sowie des angeschlossenen Internetportals unter »www.fazitmagazin.at«. Grundlegende Richtung »Fazit« ist ein von politischen Parteien und Interessenvertretungen sowie anderen öffentlichen Einrichtungen unabhängiges Magazin. Wir berichten über hauptsächlich wirtschaftliche, aber auch politische, gesellschaftspolitische und kulturelle Themen mit starkem Österreich- und Europabezug. Einen Schwerpunkt unserer Berichterstattung legen wir dabei auf die Bundesländer Burgenland, Kärnten und die Steiermark sowie das südliche Niederösterreich. Wir fühlen uns dem Gedanken eines europäischen Einigungsprozesses auf Basis gleichberechtigter Völker, den Menschenrechten, der Aufklärung sowie insbesondere der christlich-jüdischen Tradition Europas verpflichtet. »Fazit« tritt für Religionsfreiheit und für die Freiheit jedes einzelnen Menschen, keiner Religion anzugehören, ein. Die Würde des Menschen ist unantastbar. »Fazit« erscheint monatlich – zehnmal im Jahr – in einer Auflage von mindestens 25000 Stück. Ein Großteil der Auflage wird direkt an Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik und Kultur verschickt. Darüber hinaus wird Fazit über den ausgesuchten Fachhandel im Burgenland, in Kärnten und in der Steiermark vertrieben. »Fazit« wird in der Europäischen Union gedruckt. © 2004–2017 by Klepej & Tandl OG, Graz, A.R.v. 58 /// FAZIT MAI 2017

FAZIT

April 2016

er im Portrait Zweirad Jang ter Ederer Essay von Gün gliche Marokko Reise ins köni

3/2016 EURO 4,50 Erscheinun

gsort Graz

t A-8010 Graz

Wirtschaft und mehr. Aus dem Süden.

n. Aus dem Süde und mehr. Wirtschaf t Nr. 122

Akadische Spurensuche in Kanada

postam rt Graz Verlags

November 2015

Rudi Lackners Café Kaiserfeld Essay von Bettina Röhl

Verlagspos

mit Fazitgespräch tzenhöfer Hermann Schü

FAZIT

itgespräch mit Eveline Wil d

tamt A-801 0 Graz

487 P.b.b. 04Z035

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Am Gipfelmen der Refor

Erscheinungso

Erscheinungsort & Redaktionssitz Graz, Steiermark

fazitmagazin

EURO 4,50

Herausgeber Horst Futterer, Christian Klepej und Mag. Johannes Tandl

Spare in der Zeit, dann ...

Nr. 121 2/2016

des Magazins »Fazit« vom 21. April 2017 gemäß § 25 Mediengesetz.

fazitmagazin.at

#117

A-8010 Graz P.b.b. 04Z035487 M Nr. 117 8/2015 EURO 4,50 Erscheinungsort Graz Verlagspostamt

Offenlegung

FAZIT

Mai 201 6

Por trait einer Hu tmacheri Essay von n Manfred Prisching Weltenbum mler im Museum Wirtsch

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dem Süd en.

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‌ Meinungsvielfalt

Nestelberger – Most & Mehr Tel. +43 (0)03153 7107 bezw. 0664/524538 www.nestelberger.net Email: most@nestelberger.net

FAZIT MAI 2017 /// 59


Foto: Jaguar Anzeige Foto: Rene Strasser

Willkommen im JAGUAR LAND ROVER FLEET- & BUSINESS-CENTER GRAZ

M

ein Name ist Christian Walcher, ich zeichne bei GB PREMIUM CARS, dem einzigen Jaguar- und Land Rover-Händlerbetrieb in der Steiermark, für den Bereich Fleet & Business verantwortlich, in welchen alle Geschäftsfälle bis auf das klassische Privatkundengeschäft fallen, und das sind 60 /// FAZIT MAI 2017

mittlerweile mehr als 70 Prozent aller Neuwagenverkäufe. Die Fahrzeugflotte eines Unternehmens ist dessen automobile Visitenkarte. Sie spiegelt Dynamik, Stil und Auftritt des Unternehmens wider; einen Auftritt, der übrigens auch sehr motiviert. Wenn Sie oder Ihre Mitarbeiter künftig

noch lieber zum Geschäftstermin unterwegs sind, liegt das wahrscheinlich am neuen Firmenwagen von Jaguar oder Land Rover. Dass sich Faszination und Wirtschaftlichkeit perfekt ergänzen können, dafür stehen die aktuellen Modellpaletten von Jaguar und Land Rover – wie beispielsweise der neue Jaguar XE, der mit seinen Ingenium Motoren CO2-Emissionen ab 99 g/km und einen kombinierten Kraftstoffverbrauch ab 3,8 l/100 km ermöglicht – oder der Range Rover EVOQUE, der ab 114 g/ km und ab 4,3 l/100 km auskommt. Mit Blick auf Wachstum haben wir unseren Handel in den letzten Jahren weiter professionalisiert und entsprechende Unterstützung in Form des neuen Fleet- & Business-Leasing

sowie eines umfassenden Verkaufsprogramms bereitgestellt. Vereinbaren Sie mit mir bzw. unserem Verkaufsteam einen Termin bei uns im Schauraum oder bei Ihnen vor Ort, wir stehen Ihnen sehr gerne für ein individuelles Beratungsgespräch zur Verfügung. Mit lieben Grüßen und den besten Wünschen,

Christian Walcher

JAGUAR FLEET- & BUSINESS-CENTER GRAZ GB PREMIUM CARS GmbH & Co KG Fabriksgasse 27, A-8020 Graz T. +43 (0)316/724343 0 info@gbpremiumcars.com www.gbpremiumcars.com


Nach dem 2008 ist der 3008 erst das zweite SUV im Portfolio der Franzosen. Im Vergleich zur ersten Generation hat der 3008 nach seiner Karosseriemodifikation merklich an Profil gewonnen.

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ie Linien sind scharf gezeichnet, das Dach fällt nach hinten ab, die Scheinwerfer ziehen sich bis über die Kotflügel. Trotzdem gibt es auf allen fünf Plätzen mehr als genug Platz. Zum kernigeren Design mit stolzer Front und über 20 Zentimetern mehr Bodenfreiheit gibt es vor allem eines: mehr Platz. Weil Radstand und Länge um jeweils acht Zentimeter wachsen, kann man in dem jetzt 4,45 Meter langen Peugeot 3008 nun auf allen Plätzen besser sitzen und vor allem hinten mehr einladen.

Fotos: Peugeot

Der neue SUV aus dem Hause Peugeot

Der Kofferraum wächst um rund 20 Prozent und fasst jetzt bei voller Bestuhlung bereits 520 Liter. Legt man die „Magic Seats“ um, entsteht eine völlig ebene Ladefläche, auf der man bis zu 1.580 Liter stapeln kann. Der Innenraum ist klar strukturiert, die Materialien sind gut verarbeitet. Das Tacho-Element ist jetzt digital und konfigurierbar. Ein Novum ist auch das i-Cockpit, für das die klassischen Analog-Instrumente einem volldigitalen und vielfach variierbaren 12,3-Zoll-Bildschirm Platz

machen mussten. Gezeigt wird darauf, was der Fahrer sehen will, und zwar an der gewünschten Stelle und in der bevorzugten Größe, ein Tastendruck genügt. Die klassischen Schalter wurden durch ein Acht-Zoll-Display in der Armaturenbrettmitte ersetzt, unter dem sechs Tasten den direkten Zugriff etwa auf die Audioanlage, die TomTom-Navigation, die Belüftung oder das Telefon ermöglichen. Der Einstiegspreis für den neuen SUV aus dem Hause Peugeot liegt bei 25.333,– Euro.

Peugeot 3008 BlueHDi FAP

Hubraum: 1.597 cm3 Leistung: 88 kW / 120 PS max. Drehm.: 300 Nm bei 1.750 U/min Verbrauch komb.: 4,0-4,3 l/100 km CO2-Emission: 104 – 111 g/km Höchstgeschw.: 189 km/h Beschl. (0 – 100 km/h): 11,2 s Abgasnorm: Euro 6

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Kurz & News

Kurz im Gespräch mit

Foto: Fischer

Burghard Kaltenbeck, GF der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG

WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk, TU-Vizerektor Horst Bischof und Landespolizeidirektor Josef Klamminger präsentierten die innovative Zusammenarbeit. (v.ln.r.)

Partnerschaft für Sicherheit der Wirtschaft

Aufgrund signifikanter Steigerungen bei wirtschaftsbezogener Kriminalität wurde Ende März mit „gemeinsam.sicher“ eine neue Kooperation zwischen Polizei, WKO Steiermark und TU Graz vereinbart. Das Ziel der Partnerschaft ist die Stärkung von Prävention und Information sowie die Umsetzung neuer Sicherheitsangebote für Unternehmer.

W

ährend die Gesamtzahl der in der Steiermark angezeigten Straftaten im Vorjahr leicht gesunken ist, sind einige für die Wirtschaft relevante Kriminalitätsformen zuletzt gestiegen. Allen voran der Bereich Cyberkriminalität, hier gab es im vergangenen Jahr 1.425 angezeigte Fälle – das entspricht einem Plus von 31,1 Prozent gegenüber 2015. Diese Statistik setzt sich natürlich nicht in allen Bereichen der Wirtschaft fort. Trotzdem bestehe Handlungsbedarf, „vor allem um das subjektive Sicherheitsempfinden zu steigern“, sind sich Landespolizeidirektor Josef Klamminger und WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk einig. Konkret werden im Rahmen der Gemeinsam.sicher-Strategie eigene Sicherheitskoordinatoren für Unter-

nehmer benannt, die als Kontaktpersonen zur Wirtschaft fungieren. Begleitend wird in den sozialen Medien ein neuer Informationsdienst aufgebaut, der allen Unternehmern sicherheitsrelevante Top-Infos als eigene RSS-Dienste oder über WhatsApp in Echtzeit liefern soll. Die TU Graz leistet wissenschaftlichen Support gegen die zunehmende Cyberkriminalität. Die TU Graz wird – in enger Abstimmung mit der Polizei – Schulungen und Seminare speziell für Unternehmerinnen und Unternehmer anbieten, die auf den Bereich Cybersicherheit abzielen. Das Angebot richtet sich vor allem an Klein- und Mittelunternehmen und soll in den Basisversionen mit Unterstützung der WKO gratis angeboten werden, erklärt dazu Herk.

Wie beurteilen Sie die Aussichten für die steirische Konjunktur? Seit Jahren gibt es erstmals wieder positive Anzeichen für ein steigendes Wachstum der Wirtschaft. Wir bemerken auch in der SFG eine erhöhte Aktivität der steirischen Unternehmen. Diese spiegelt sich in den vielen Anfragen und Projekten wider, die an uns herangetragen werden. Jetzt gilt es, diesen ersten Schwung zu nutzen und die Investitionen rasch um zu setzten.

Welches Stimmungsbild hat sich auf der Gründermesse gezeigt? Die Gründermesse ist ein Barometer für das Interesse am Thema „Selbstständig werden“. Auch heuer war das Interesse wieder sehr, sehr groß. Interessant ist zu beobachten, dass immer mehr Menschen sich auch in späteren Lebensjahren für das Thema interessieren, obwohl sie gute Jobs haben. Offensichtlich sehen auch ältere Menschen eine gute Option darin, ihre Lebensinteressen nachhaltig zu verwirklichen. Sehen Sie Möglichkeiten, Start-ups noch intensiver zu fördern? Man kann immer mehr machen, aber es ist auch eine Frage der Ressourcen. Wenn man unsere Rahmenbedingungen mit anderen Regionen (z. B. in Deutschland und der Schweiz) vergleicht, stehen wir natürlich nicht gut da. Dennoch haben wir mit unsere Impulszentren, Inkubatoren, Finanzierungs- und Förderungsmöglichkeiten ein sehr gutes Angebot. Das spiegelt sich auch in den statistischen Daten wider. FAZIT MAI 2017 /// 63


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Wirtschaft

Gut gelaufen

Vom lokalen Start-up zum globalen Star Als wahrer Shooting Star am steirischen Start-up-Himmel entpuppte sich mit Gründung des Start-up-Unternehmens Anfang vorigen Jahres die Smartphone-Anwendung „FitApp“. In ihrer umfassenden Funktionalität ist sie weit mehr als nur ein weiterer Klon der zahlreichen Vorläufer, wie der junge Gründer Daniel Wohlmuth berichtet. Mit dem nötigen Know-how stand ihm beim Start ins Unternehmerleben die Steirische Wirtschaftsförderung SFG zur Seite. Von Josef Schiffer

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abei richtet man sich mit dem Angebot weniger an die Profiathleten, sondern an die breiten Massen der begeisterten Freizeitsportler. Seit Oktober 2014 ist die FitApp als Freemium-Modell mit optionaler Anmeldung im Google Play Store und seit September 2015 auch im iOS App Store verfügbar. Zu den Grundfunktionen der FitApp zählen GPS-Fitnesstracking für die Sportarten Laufen, Nordic Walking, Wandern, Radfahren, Mountainbiken, Skaten und Langlaufen sowie Kalorienzählerfunktion und Diättagebuch. Das ausgeklügelte Konzept mit derzeit noch im Ausbau befindlicher Einbettung in verschiedenste Social Media spricht für sich und knackt demnächst die Zwei-Millionen-Marke bei den Downloads. Aber wie kam es dazu? Vom Studien-Projekt zum Unternehmen Während seines Studiums der Fachrichtung Internettechnik an der FH Kapfenberg hat Daniel Wohlmuth die Grundlagen des Smartphone-Programms zu entwickeln begonnen, zunächst nur als Fingerübung für eine Projektarbeit im Studium. „Zum damaligen Zeitpunkt gab es keine App, mit der man Training und Körpergewicht verfolgen konnte. Deshalb habe ich kurzerhand meine eigene App entwickelt“, erklärt der 25-jährige Kapfenberger: „Als begeisterter Sportler wollte 66 /// FAZIT MAI 2017

ich meine Trainingsfortschritte messen, und das Programm erfüllte nach einigem Basteln meine Bedürfnisse sehr gut. Also dachte ich mir, warum es nicht auch anderen Sportlern zur Verfügung stellen? Nach dem Studium habe ich dann zu arbeiten begonnen und die App in meiner Freizeit weiterentwickelt und im Oktober 2014 in den Google Play Store gestellt. Die FitApp ist organisch so schnell gewachsen, dass ich mich zu 100 Prozent um ihre weitere Entwicklung kümmern wollte. Nach dem Launch der iOS-Version im September 2015 erfolgte schließlich im Jänner 2016 der Startschuss für die GmbH. Für diesen Schritt habe ich den Online-Marketing-Experten Thomas Mühlbacher an Bord geholt.“ Angebot für Freizeitsportler Was unterscheidet aber die schlanke und auch im Umgang mit Userdaten diskrete Anwendung von den vielen anderen konkurrierenden am Smartphone? Mit der FitApp soll es den Usern, so Wohlmuth, besonders leicht gemacht werden, die persönliche Fitness im Blick zu behalten. Per Tagebuch hat der Sportler die Möglichkeit, seine Fortschritte zu messen und seine Kalorien zu zählen. Das soll auch jenen Menschen helfen, die neben den

Das besondere Element an FitApp ist die starke Einbindung der Social Media. sportlichen Aktivitäten Diät halten wollen. Es ist außerdem möglich, Erfolge oder Aktivitäten auf Facebook mit dem Freundeskreis zu teilen. Dabei muss man sich nicht einmal anmelden, sondern kann direkt „losstarten“. Die App fokussiert sich im Gegensatz zu zahlreichen anderen SportApps nicht nur auf eine einzige sportliche Aktivität wie beispielsweise das Laufen. Der Nutzer kann in der App zwischen Radfahren, Inlineskaten, Langlaufen, Gehen, Mountain Biking, Nordic Walking oder Langlaufen wählen. Für sportlich we-


Fotos: Stefan Wahrmuth

Wirtschaft

Auch beim „Gassigehen“ ist die FitApp gern dabei.

Sportliche Aktivitäten sind vor allem in Gruppen anspornend.

niger Ambitionierte gibt es sogar die Option „Gassi gehen“, um so den physischen Effekt der täglichen Runde mit dem Hund zu messen.

Einfach, vernetzt und vielsprachig Für Wohlmuth sind vor allem der geringe Ressourcenbedarf, die einfache Handhabung und die simple Navigation ein Indikator für den Erfolg. Die App ist nicht zu überladen und bietet trotzdem den vollen Umfang, so lautet der allgemeine Konsens in den zahlreichen positiven Bewertungen der verschiedenen App-Stores. „Mit Hilfe des Snap-Features können die Nutzer ihre sportlichen Erlebnisse bzw. die markanten Orte ihrer Aktivitäten visuell festhalten, Eckdaten zur Aktivität kommunizieren, ein Emoji dazugeben und den Snap mit Freunden via Facebook, Instagram und WhatsApp teilen“, erklärt Daniel Wohlmuth. Besonderen Anklang findet die App neben Mitteleuropa auch in anderen Weltregionen. Ein guter Teil der inzwischen fast zwei Millionen Downloads stammt aus dem portugiesisch- und spanischsprachigen Bereich, wobei vor allem Brasilien und andere südamerikanische Länder hervorstechen. Das Geheimnis hinter dem Erfolg ist, dass die App von Beginn an in mehrere Sprachen übersetzt worden ist, sagt Wohlmuth. So hätte nahezu ohne Marketing-Budget der südamerikanische Markt erobert werden können. Inzwischen ist die App in über 30 Sprachen verfügbar und findet weltweit täglich neue Freunde.

FitApp-Gründer Daniel Wohlmuth: „In Kürze werden wir den Zweimillionsten Download feiern können und das Wachstum geht weiter.“ Unternehmerische Herausforderung Und wie steht es um den kommerziellen Erfolg des jungen Unternehmens? „Am Anfang war die FitApp für mich nur ein Nebenprojekt ohne große Fixkosten. Damals finanzierte sich die App durch Werbeumsätze und In-App-Käufe von selbst“, berichtet Wohlmuth. So gesehen waren die Entscheidung und der Schritt, aus dem Projekt ein gewinnorientiertes Geschäftsmodell zu entwickeln, ein Team aufzubauen und dafür Eigenkapital einzusetzen, die bis dahin größte Herausforderung. Inzwischen hat Wohlmuth vier Mitarbeiter und Büroräumlichkeiten im von der Stadt Graz

geförderten N4-Gebäude am Grazer Nikolaiplatz in unmittelbarer Nachbarschaft zur SFG Das geht natürlich auch mit monatlichen finanziellen Aufwendungen einher, die sich rasch mal im niederen fünfstelligen Bereich bewegen. Darum steht weiteres Wachstum für das junge Unternehmen als Priorität an erster Stelle. Die Herausforderung dabei ist, den Anteil der „daily active users“ konstant hoch zu halten. Das geschieht in erster Linie über den weiteren Ausbau der Social- Media-Funktionen, die zum täglichen Blick in die Aktivitäten, Fotos und Beiträge der befreundeten Nutzer animieren soll. Das Jahr 2017 verspricht für FitApp-Gründer und Geschäftsführer Daniel Wohlmuth ebenfalls ein erfolgreiches Jahr zu werden. „Wir haben bereits im Jänner einen Meilenstein erreicht und dank primeCrowd ein Investment von 200.000 Euro erhalten“, erzählt er. Die Auswahl der Investoren war für Wohlmuth ein wichtiges Anliegen, da man mit dem Geld auch strategische Ansprechpartner für das Unternehmen mit an Bord holen wollte. Markus Kainz, Geschäftsführer und Founder von „primeCrowd“, konnte die goldrichtigen Investoren, unter anderem Business-Angel Johannes Siller, aus seinem Netzwerk herausfiltern. „Wir freuen uns, dass FitApp eine so hohe Resonanz bei unseren Investoren gefunden hat. Wir konnten innerhalb von zwei Monaten die Investitionsrunde abschließen und FitApp frisches Kapital für das weitere Wachstum zur Verfügung stellen“, erzählt Kainz. FAZIT MAI 2017 /// 67


Fazitportrait Von Volker Schรถgler mit Fotos von Marija Kanizaj

Brot und Spiele


Fazit Mai 2017 /// 69


Fazitportrait

In den letzten sieben Jahren hat sich der weststeirische Bäcker Christian Ofner als

»Backprofi« über das Internet ein kleines

Backimperium aufgebaut. Abertausende ver-

folgen seine Brotbackvideos im Netz, besuchen

C

hristian Ofner ist ein Hund*. In erster Linie ein bunter – nicht nur wegen seines grünen Outfits. Das trägt er aus marketingtechnischen Gründen, denn er weiß um den Wert der Wiedererkennung. Also ein berechnender auch noch. Aber in allererster Linie ist Christian Ofner »Der Backprofi«. Und als solcher in der Tat so bekannt wie ein bunter. Wie zum Beweis oder besser wie in einem unglaubwürdig inszenierten Film spielt sich folgende Szene zu Beginn unseres Treffens vor seinem Backshop in Gleisdorf ab: Als backtechnisch gänzlich unbedarfter, klischee- und berufsbedingt kritisch distanzierter Journalist findet man zunächst die beste aller Fotografinnen in einer fraternisierenden Rauchsituation mit dem Backprofi vor – man kennt sich offenbar schon länger – als plötzlich ein Auto vorfährt. Diesem entsteigt eine Dame, die freitags nach Geschäftsschluss noch eine Ofner-Backmischung einkaufen möchte. Sie erkennt den prominenten Backprofi auch sofort, der zögert nicht lange und holt die gewünschte Ware aus dem Shop, derweil die Dame erzählt, dass ihr Mann ihr am Laptop während des Essens eines der unzähligen Backvideos von derbackprofi.at vorgespielt und damit zum Brotbacken animiert habe. Unwirklich und gestellt wird die Szene aber erst, als die Dame nach der Geschäftsabwicklung etwas zögerlich ihr Handy zückt und um ein Selfie mit Christian Ofner ersucht. Worauf die beste aller Fotografinnen ihre Profiausrüstung zur Seite legt und die winzige fremde Handykamera übernimmt, um den, an derartige Situationen offensichtlich gewohnten Backprofi mit einer Dame in den besten Jahren abzulichten, die ihr eine Faust mit nach oben zeigendem Daumen entgegenstreckt.

1 Million Klicks, 14.000 Likes Spätestens in diesem Moment wich der sprühende Charme der Abgeklärtheit des Journalisten einer distanzbefreiten Erleuchtung. So also verändert sich die analoge Realität, wenn es heißt: Der Backprofi hat eine Million Internetklicks. Und er hat mehr als 13.000, bald 14.000 »Likes«. Das ist viel, damit bewegt er Massen – und damit sind nicht nur Tonnen von Mehl gemeint. Ofner: »Man kann sagen, der Umsatz hat sich jedes Jahr verdoppelt. * Im Sinne des Millionenshowmasters Armin Assinger und nicht zu verwechseln mit »Hundianer«.

70 /// FAZIT MAI 2017

seine Backkurse, kaufen in seinem Webshop

ein und seine Bücher auf. Zur ersten Sommer-

backshow mit mehr als 500 Zuschauern lädt er

am 14. Juni nach Gleisdorf.

2010 waren es noch 33.000 Euro, im zweiten Jahr schon 70.000 und im Jahr 2016 waren es 600.000.« Innerhalb von sieben Jahren hat sich der quirlige, offenbar stets gut aufgelegte gelernte Bäcker sein kleines Imperium aufgebaut. Was er macht, klingt einfach: »Ich stelle mein Wissen als Bäckermeister zur Verfügung.« Auf seiner Website, beworben über facebook, erfährt, liest und vor allem sieht man in kurzen erstklassig gemachten Videos Schritt für Schritt, wie man sein eigenes Brot backt – in vielen Varianten und Geschmacksrichtungen – oder ein Vollkornweckerl, eine Semmel, ein Honigreingerl, einen Striezel, eine Osterpinze und Unzähliges mehr. Kurz, bündig, exakt und leicht verständlich, auf freundliche und sympathische Art »serviert«. Und alles, wirklich alles, was man hier sieht, kann man in seinem Onlinebackshop auch kaufen – das ist die grundlegende Geschäftsidee. Von der fertigen Brotbackmischung, den Gewürzen, dem Mehl, über die Brotkörbchen und die Rundhölzchen, bis zur Digitalwaage und den Wassertemperaturmesser. »Natürlich muss man das schlau machen und die Kundenbindung möglichst eng halten«, sagt er in entwaffnender Offenheit und mit überzeugender wirtschaftlicher Fachkompetenz. Seine Dinkelflocken heißen Ofner, wie so ziemlich alles andere auch. Auch getrockneten Sauerteig bietet er auf diese Weise an: »Und das kaufen die Kunden dann natürlich bei mir.« Das wird auch so transportiert – aber nicht irgendwie, sondern auf einem eigenen Youtube-Kanal. Den man natürlich nicht umständlich suchen muss: Die Website des Backprofis ist so aufgebaut, dass man gar nicht dran vorbeikommt; hier stimmt alles bis zum flockig-lockeren Wording, das genau den Zeitgeist trifft, so wie dies auch für die Graphik, den grundsätzlichen Aufbau und den ganzen technischen Ablauf gilt. Mit kundiger flinker Hand auf der Maus überzeugt er sich in Sekundenschnelle, wo und in welchen Bereichen wieviele Surfer im Moment gerade seine Seite besuchen. Täglich 30 bis 50 Onlinebestellungen Technisch kennt sich Christian Ofner ganz offensichtlich genau so gut aus wie wirtschaftlich. Die Komplexität des ganzen Unternehmens zu erfassen und es durch ständiges Drehen an den richti-


Fazitportrait

gen Stellschrauben in die richtige Richtung zu leiten, ist für eine Einzelperson keine ganz einfache Aufgabe. Der Umzug von einem kleinen Büro auf der Laßnitzhöhe vor einem Jahr in ein 270-Quadratmeter-Objekt direkt neben der Autobahn in Gleisdorf, mit der Möglichkeit jederzeit zu vergrößern und auszubauen, die eigene Herstellung der Backmischungen, die Beschaffung und Vermarktung der biologischen Produkte, das Wissen um die Wichtigkeit des Vertrauens der Kunden und die perfekte Bedienung und Behandlung dieser Parameter würde so manchem Betriebswirt die eine oder andere Schweißperle auf die Stirn treiben. Der 37-jährige sieht das entspannt: »Wir haben schon früh ein automatisiertes Warenwirtschaftssystem installiert und gut war sicher das langsame Wachstum. Um 7 Uhr 30 kommt meine Frau Michaela in den Betrieb, um 8 Uhr die nächste Mitarbeiterin und um 8 Uhr 30 eine weitere.« Damit hat er drei Arbeitsplätze geschaffen, und es gibt auch genug zu tun: Jeden Tag kommen 30 bis 50 Onlinebestellungen herein, im Vorjahr verschickte der Backprofi rund 7.000 Pakete, heuer werden es voraussichtlich 9.000 sein. Und die gehen in die ganze Welt bis nach Australien. Maschinist oder Bäcker? Gold wert war aber zunächst die Idee. Gemäß einem seiner Werbemottos hat Ofner sein Brot selbst in die Hand genommen. »Ich habe aber nicht geahnt, welche Ausmaße das annehmen wird.«

FAZIT MAI 2017 /// 71



Fazitportrait

Ich habe nicht geahnt, welche Ausmaße das annehmen wird. Christian Ofner, Backprofi

Christian Ofner ist in Sankt Martin im Sulmtal aufgewachsen. Das dortige Gasthaus seiner Großmutter lockte ihn in die Gastronomie, wo er aber nur zwei Monate blieb. Im AMS sah er eine Stelle als Bäcker in Eibiswald ausgeschrieben und dachte sich: »Warum nicht?« Nach drei Jahren kam er nach Graz zum Bundesheer und schließlich zur Bäckerei Sorger in Eggenberg, wo er sechs Jahre als Produktentwickler und Filialbackmeister arbeitete. Im Jahr 2002 war er der jüngste Bäckermeister in der Steiermark. Nächste Station als Qualitäts- und Produktmanager war die Bäckerei Hubert Auer, damals noch unter der Familie Süker. Schließlich heuerte er in der Bäckerei Teschl in Heiligen Kreuz am Waasen an: »Damit war ich als Betriebsleiter für ein Jahr in der Industrie, wo Tonnen von Brot und Gebäck maschinell hergestellt werden. Und da stand ich eines Tages am Band und habe mir gedacht: Bist du jetzt Maschinist oder Bäcker?« Nach der Kündigung fiel ihm beim Fernsehen auf, dass bei den Kochshows, die gerade in Mode kamen, »nichts mit Brot dabei war. Aber Brot ist Emotion, es weckt zum Beispiel Kindheitserinnerungen – so bin ich auf die Idee gekommen, habe ein Konzept gemacht und bin 2010 mit einem Investment von 5.000 Euro gestartet.« Und das sehr geschickt: Von Anfang an war Kenwood dabei und stellte die Küchenmaschine zur Verfügung, mit der man etwa den Teig knetet. Dann kam Miele hinzu mit Dampfgarer und Backofen, hochpreisigen Hightechgeräten. »Das ist zur Win-Win-Situation geworden«, erläutert Ofner. Denn wer ihm beim Backen zuschaut, kauft nicht nur seine Ofner-Produkte, sondern natürlich auch gern die Geräte, mit denen alles offenbar so gut funktioniert. Männer sind bei gutem Werk-

zeug besonders anfällig. An die 20 Prozent seiner Kunden sind tatsächlich männlich. »Und bei den Frauen sind auch viele junge dabei«, stellt Ofner fest.

50.000 Bücher verkauft Mit dieser transportablen Showküche begann der Backprofi dann seine Backkurse, die zwar lahm starteten, spätestens nach einer weiteren Königsidee aber ordentlich durchstarteten: Er begann Bücher zu schreiben und schon das erste wurde ein Bestseller – »Kleingebäck vom Ofner«. Dazu »Backe backe Ofner« auf Youtube und die Leute waren nicht mehr zu halten. Und dann trat er auch noch im Fernsehen auf. Bei »Frisch gekocht« mit Andi und Alex im ORF und bei »Kochen mit Oliver« auf Puls 4. Die Backkurse, die er in ganz Österreich, vorwiegend in den großen Landeshauptstädten in Miele-Zentren, abhält, sind mittlerweile meist bis zum Jahresende ausgebucht. Zwölf bis fünfzehn Teilnehmern sind das jeweils 114 (Vierstundenkurs) und 150 (Halbtagesseminar) Euro wert. Waren es früher vier bis fünf Kurse pro Woche, sind es heute zwei bis drei. »Da kommen immer noch 100 bis 150 Kurse im Jahr zusammen.« In Kürze kommt Ofners viertes Buch auf den Markt – »Pikantes vom Ofner« – angesichts der bisherigen Anzahl der verkauften Bücher wohl wieder eine Bank. Schriftsteller könnten neidisch werden: Bislang gingen 50.000 Stück über den (Online-) Ladentisch. So gesehen ist auch sein nächstes Ziel vielleicht gar nicht zu hoch gegriffen: Eine eigene Koch- beziehungsweise Backshow im Fernsehhauptabendprogramm. Sag leise Servus TV. n

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FAZIT MAI 2017 /// 73


Fazitreise

Das Blaue Fenster auf der Insel Gozo ist auf diesem Foto von Anfang März noch intakt. Nur wenige Tage später brach das Felsentor in sich zusammen

74 /// Fazit Mai 2017


Vielseitiges Bollwerk Zu Besuch in Malta



Fazitreise

»Die Eingeborenen erwiesen sich uns gegenüber außerordentlich

menschenfreundlich.« So heißt es in der Apostelgeschichte in Kapitel 28. Und davor steht geschrieben: »Als wir gerettet waren, erfuhren wir,

dass die Insel Malta hieß.« Die Rede ist vom Apostel Paulus, der hier

gestrandet war, und damit definitiv nicht zu den ersten Besiedlern zählte. Text von Thomas Goiser

A

Fotos diese und vorherige Seite: Thomas Goiser

us der Jungsteinzeit sind die Reste geheimnisvoller Tempelanlagen sowie eine Reihe von ungeklärten Spuren erhalten. Auf das ebenfalls ungeklärte Verschwinden dieser Kultur folgten unter anderem eine phönizische, eine römische, eine arabische und eine normannische Periode. Der zwischendurch nach Eigenangaben hier für drei Monate gestrandete Apostel Paulus prägt noch heute das Land, unter anderem durch zahlreiche ihm geweihte Kirchen. Im Jahr 1530 erhielten die »Ritter vom Heiligen Johannes zu Jerusalem«, die davor in Jerusalem und Rhodos ansässig waren, die Inseln, die sie schon kurz darauf gegen eine türkische Invasion erfolgreich verteidigten. In der Folge errichteten sie die Hauptstadt La Valletta (benannt nach Großmeister Jean Parisot de Valette) und befestigten sie und die Nebenstädte so, dass sie sich dauerhaft erfolgreich halten konnten. Erst Napoleon gelang es mit dem französischen Heer die Inseln einzunehmen, kurz darauf abgelöst von den Briten, denen sich die Einwohner Maltas dann im Jahr 1800 freiwillig unterstellten. Das wiederum half im 2. Weltkrieg, die Deutsche Wehrmacht trotz zahlreicher Luftangriffe erfolgreich von der Insel fernzuhalten. Entsprechend hoch ist die Dichte an Geschichte im Land.

Und Malta heute? Malta wurde 1964 unabhängig, 1974 Republik und 2004 Mitgliedstaat der Europäischen Union. Die drei Inseln sind so groß

wie Wien südlich der Donau, mit etwa so vielen Einwohnern wie Graz, Klagenfurt und Villach gemeinsam und einer Hauptstadt, die so viele Einwohner zählt wie Eisenstadt. Die 68 Gemeinden, die oftmals zusammengewachsen sind, werden durch Straßen mit gefühlt mehr Kreisverkehren als in ganz Niederösterreich verbunden. Autofahren lernt man hier weiterhin mit Links(verkehr). Bei den anderen Verkehrsteilnehmern kann man auf mediterrane Gelassenheit hoffen. Das Straßennetz verlangt einem geübte Fahrweise, hohe Aufmerksamkeit, Geduld und gute Orientierung ab. An den Kirchenkuppeln jedenfalls sollte man sich nicht orientieren, es gibt einfach zu viele. Ebenfalls wenig zielführend ist es, wenn man nur auf eine Uhr der meist zwei Glockentürme an den Kirchen blickt, um die Uhrzeit abzulesen. Um den Teufel zu täuschen, wurden nämlich die Zeiger auf einem der zwei Türme meist aufgemalt. Die Inseln selbst wiederum sind außerdem voller Schilder in unverständlicher Schrift, Katzen, Kakteen, Steine und Bars. Soweit die weitgehend wahren Klischees. Mehrschichtig interessant Die Inselgruppe aus Malta, Comino und Gozo sind auch abgesehen davon sehr vielseitig. Abseits der Vorzüge eines normalen Badeurlaubs – große Vorteile: Zahlungsmittel Euro, englische Sprache, Nachtleben, Roaming – gibt es viel zu entdecken. Festes Schuhwerk und Sonnencreme sind empfohlen.

FAZIT MAI 2017 /// 77



Fazitreise

Ein besonderer Dank des Autors gilt dem österreichischen Unternehmer Carl F. Pfaffinger, der seit einigen Jahren in Malta lebt und es ihm ermöglicht hat, in zwei Tagen im Land mehr zu sehen als viele Touristen in zwei Wochen.

Eine Vielzahl an malerischen Buchten mit Postkartenblicken – wenn einem nicht gerade ein Kraftwerk oder eine moderne Güterhafenanlage den Blick einschränken – laden die Besucher ein. Meist unmittelbar daneben gibt es dann Steilküsten mit atemberaubenden Ausblicken. Sandstrände gibt es allerdings kaum. Außerdem findet man einige Ruinen von jungsteinzeitlichen Tempelanlagen wie die sehenswerte »Hagar Qim« (Foto Seite 78 unten), deren Bautechnik ebenso ungeklärt ist, wie deren Zweck und die Kultur der Menschen, die diese nutzten. Vor allem entlang der Küsten existieren zahlreiche Festungsanlagen aus der Zeit der Herrschaft der Ritter, weiters eine Reihe von Palästen die sich über das Land verteilen. Besonders sehenswert sind Im Landesinneren die alte Hauptstadt Mdina, die 1565 der Belagerung von Malta durch das Osmanische Reich standhielt; wo auch Überreste eines römischen Landguts zu besichtigen sind, und ihre Nachbarstadt Rabat. Besonders sehenswert sind in Valletta (Foto Seite 78 oben) selbst das neue Parlamentsgebäude und der Eingang zur Stadt, die erst vor wenigen Jahren von Stararchitekt Renzo Piano verwirklicht wurde und die imposante Johanniskathedrale. Daneben empfiehlt sich ein Besuch in öffentlich zugänglichen privaten Villen von Adeligen in Stadt und Land, wie etwa die »Casa Rocca Piccola« in Valletta. Noch ein Spezifikum sei erwähnt: Zahlreiche Kulturvereinigungen, Musikkapellen und auch die politischen

Parteien betreiben an vielen Orten öffentlich zugängliche Kaffees oder Gastbetriebe, die jedenfalls einen Besuch wert sind. Das berühmte »Blaue Fenster« (Azure Window) als besonderes Naturschauspiel fällt mittlerweile übrigens aus. Das Bild auf Seite 74 zeigt es noch intakt, allerdings stürzte es heuer im März ins Meer; was lange erwartet worden war. Die Insel Gozo verlierte damit eine besondere Naturschönheit.

International im Fokus Einige Aufmerksamkeit ist dem Land gewiss: In diesem Halbjahr hat Malta erstmals den EU-Ratsvorsitz inne. Und schon 2018 wird Valletta europäische Kulturhauptstadt – gemeinsam mit Leeuwarden in den Niederlanden. Wer sich für die Besichtigung der Insel nur ein verlängertes Wochenende Zeit nimmt, wird etwas Stress bekommen. Wie bereits erwähnt, findet man hier sehr viel Geschichte auf engstem Raum. Die drei Monate, die auch der Apostel Paulus hier verbracht haben soll, würden sich eher anbieten – oder wenigstens eine gute Woche. Im Frühling und Herbst sind die Temperaturen sehr moderat. Und auch unsere moderne Alltagskultur ist durchaus von Erzeugnissen aus Malta geprägt. Mehr als zweieinhalb Milliarden Figuren hat Playmobil seit 1971 in seiner Fabrik in Malta erzeugt. Passenderweise waren unter ihnen neben Cowboys, Polizisten und Bauarbeitern auch einige Malteserritter. n

Weitere Informationen

Fotos: Emma Pidduck, Shadowgate

Die Republik Malta ist ein südeuropäischer Inselstaat im Mittelmeer. Er besteht aus den drei bewohnten Inseln Malta (etwa 246 Quadratkilometer), Gozo (etwa 67 Quadratkilometer) und Comino (etwa drei Quadratkilometer) sowie aus einigen unbewohnten Kleinstinseln. Politisch gliedert sich die Hauptinsel Malta in zwei Regionen mit fünf Bezirken. Gozo und Comino bilden zusammen die dritte Region und den sechsten Bezirk. Mit gut 430.000 Einwohnern (2014) auf nur 316 Quadratkilometern Fläche gilt Malta als der Staat mit der fünfthöchsten Bevölkerungsdichte weltweit. Der Großteil der Bevölkerung konzentriert sich auf die Hauptstadtregion um Valletta, in dessen Ballungsraum rund 394.000 Einwohner leben. [Quelle: Wikipedia] gov.mt (Webseite der Regierung) visitmalta.com/de wikitravel.org/de/Malta

FAZIT MAI 2017 /// 79


Allgemeine Begriffe und großer Dünkel sind immer auf dem Wege, entsetzliches Unheil anzurichten.

Johann Wolfgang von Goethe, 1749–1832

»Geächtet« im Wiener Burgtheater

Reine Assimilierung nützt nichts

Wer »Geächtet« von Ayad Akhtar auf eine deutschsprachige Theaterbühne bringt, kann sich auf einen großen Erfolg verlassen. Das Stück wird derzeit auf allen wichtigen Bühnen landauf, landab gespielt. Das Burgtheater machte sich damit vergleichbar und schaffte es, mit der schnörkellosen Inszenierung von Tina Lanik zu überzeugen.

Von Andreas Pankarter

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er New Yorker Autor Ayad Akhtar, selbst Sohn pakistanischer Einwanderer, hat mit »Geächtet« 2012 den Pulitzerpreis gewonnen. Er stellt den aufgeklärten, aber nur oberflächlich toleranten und liberalen New Yorker Bildungsbürgern den voll assimilierten Moslem gegenüber, der sie vor der Indoktrination durch den Koran warnt. Die zahlreichen herablassenden Kränkungen gegenüber seiner Kultur und Religion will dieser aber dennoch nicht auf sich sitzen lassen. In diesem Zusammenhang erscheint die Übersetzung des Originaltitels »Disgraced« mit »Geächtet« nicht vollständig, denn auch »Geschändet« oder »Entwürdigt« wären durchaus passend gewesen. Dass sich der Islam in Zeiten wie diesen nur bedingt als Smalltalkthema eig-

Geächtet von Ayad Akhtar Burgtheater, Wien Nächste Vorstellungen am 22. und 23. 5. burgtheater.at

Die Inszenierung wird vom Voestalpine-Konzern gesponsert, der seine diesbezüglichen Aktivitäten nun vom Spitzensport in Richtung Hochkultur verlagert. Konzernchef Wolfgang Eder sieht die Unterstützung des Burgtheaters als Teil der gesellschaftlichen Verantwortung des Unternehmens und als Beitrag zum aktuellen gesellschaftspolitischen Dialog. Fazit wurde zur Vorstellung eingeladen. 80 /// FAZIT MAI 2017

net, liegt auf der Hand. Der erfolgreiche Wirtschaftsanwalt Amir Kapoor ist selbst Muslim mit pakistanischen Wurzeln. Er hat sich jedoch weitgehend kulturell assimiliert und sich vollständig vom Islam losgesagt, den er für eine rückständige und gewalttätige Religion hält. Amir soll Partner in einer jüdischen Anwaltsgesellschaft werden. Als ihn seine Frau, die von

Fabian Krüger besticht als Anwalt Amir Kapoor mit moslemischen Wurzeln.

islamischer Kunst inspirierte Künstlerin Emily, und sein Neffe Abe ersuchen, an der Verteidigung eines Imams, der aufgrund des »Patriot Acts« der Terrorfinanzierung angeklagt ist, mitzuwirken, lässt sich Amir breitschlagen. Und als die Times über den Prozess berichtet, muss sich Amir seinen muslimischen Wurzeln stellen. Als Amir und Emily eine Dinner Party geben, an


Alles Kultur Rezension

Ein wenig anders Von Peter K. Wagner

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s mag wenig kreativ sein, Texte mit Zitaten berühmter Persönlichkeiten zu beginnen, aber immerhin steht hier eine Ein wenig Leben von Hanya Yanagihara, Warnung. Also Augen auf und durch: »Die Hanser Berlin, 960 Seiten, ca. 28 Euro Freundschaft ist viel tragischer als die Liebe – sie dauert länger.« So in etwa, entsprungen einer freien Übersetzung ohne genauder auch Isaac und Amirs Kollegin Jory eres Studium eines Oxfordschen Wörterteilnehmen, stellt sich schon bald die buchs, lautet ein Satz, der von Oscar Wilde Frage: Wie hältst du’s mit der Religion? überliefert ist. Ursprung der Eskalation bilden die IslaAußerdem wird es jetzt auch noch automophobie, aber auch die Naivität, mit der biographisch. Denn ich weiß es, als wäre westliche Intellektuelle den Gefahren des es gestern gewesen, was passierte, als ich Islam begegnen. Das Stück bedient also dem Zitat auf einer Sprachreise in Irland die Vorurteile beider Seiten – die der Islaerstmals begegnete. Ich hatte es als mein mophoben und die der Fans der WillkomLieblingszitat aus einer Vielzahl von mehr menskultur. oder weniger nachvollziehbaren LebensAls Amir von Isaac als ein sich selbst weisheiten als Favoriten auserkoren und hassender Karrierist, der seine Wurzeln in einer offenen Diskussionsrunde beverleugnet, in die Enge getrieben wird, gründen müssen, warum es mir gefällt. reagiert er verhängnisvoll. Der Moslem, »Ich glaube, es stimmt«, hatte ich gesagt. der immer noch in seinen Knochen steckt, Eine meiner Schulkolleginnen kicherte, habe einen Hauch von Stolz verspürt, als als sie mich die schmale Argumentation die Zwillingstürme einstürzten. Das sei aufsagen hörte. Gar nicht aus böser Abein Gefühl, vor dem es ihn zwar ekle, das sicht, es war wohl vielmehr ehrliche Skeper aber nicht unter Kontrolle habe. sis. Sie wollte wahrscheinlich sagen: »Was Fabian Krüger schaffte es, als Amir voll zu wissen wir, mit unseren gerade einmal überzeugen. Er brilliert mit der Darstel17 Jahren, denn schon über Freundschaft lung der Vielschichtigkeit dieses Charakund Liebe?« Ich halte das im Nachhinein ters. Nicholas Ofczarek gibt den weltoffebetrachtet für einen der intellektuellsten nen, jüdischen Museumskurator Isaac, der Momente meiner Schulzeit, weil ich jetzt, Emily groß herausbringen will. Ofczarek da ich fast doppelt so alt bin, glaube, ein spielt den Isaac ziemlich extrovertiert. Die bisschen mehr darüber zu wissen, was herablassende Arroganz, die er dem Chadiese beiden großen Worte bedeuten. rakter verleiht, macht ihn glaubwürdig. Oje, jetzt wurde es auch noch sentimental. Katharina Lorenz gibt Amirs Ehefrau, die Ganz ohne Warnung. Aber gut, hier wird Künstlerin Emily. Sie bedient dabei ebenso eben über das Leben sinniert. Über »Ein die gängigen Klischees wie auch Isabelle wenig Leben«, um genau zu sein. Das ist Redfern, die als karrieregeile Anwaltskolder Titel des Werkes von Hanya Yanagihlegin von Amir genau das darstellt, was ara; geborene Hawaiianerin und Redaksich der Zuseher unter einer New Yorker teurin beim Stilmagazin »T« der »New Junganwältin vorstellt. n

York Times«. Nun sei noch erwähnt, dass der Urheber dieser Zeilen üblicherweise keine Romane kauft, in Vorbereitung auf einen Urlaub aber über ebendieses Buch stolperte und ihn gerade die erschlagende Aussicht von 960 Seiten Fiktion einen Kauf tätigen ließ. Eine Abneigung Romanen gegenüber hegt genannter Urheber übrigens deshalb, weil gemeine Teilzeitgeschichtenerzähler für Arme, also Redakteure zum Beispiel, Romane, obendrein übersetzte, nur schwer verdauen können, weil sie eine Mischung aus Neid und Wut aufsteigen lassen. Neid, weil Teilzeitengeschichtenerzähler für Arme gerne auch so gute, erfundene Geschichten erzählen würden. Und Wut, weil Teilzeitengeschichtenerzähler für Arme sich insgeheim eigentlich vielmehr als unentdeckte Romanpoeten wahrnehmen und sich sicher sind, mindestens ebenso stumpfsinnige Belanglosigkeiten erdenken zu können. Aber, nun ja, hier verhält sich alles ein wenig anders. »Ein wenig Leben« ist voller Klugheiten und führt abwechselnd zu Lebensfreude und Lebensmüdigkeit. Und das, obwohl eigentlich nur die Geschichte von vier Freunden erzählt wird, die sich von Jugendtagen an bis ins Erwachsenwerden hinein – und vielleicht sogar darüber hinaus – begleiten. Vielleicht tun sie das. Wir besprechen hier immerhin gerade ein 960 Seiten starkes Opus magnum. Und der Wortakrobat an der Tastatur ist nur ein potentieller Romanverweigerer ante diem, dem noch ein paar Hundert Seiten fehlen. So viel steht für ihn fest: Er mag mittlerweile mehr über Freundschaft und Liebe wissen, aber selbst die weiseste ehemalige Schulkollegin wird dieser Tage noch nicht mit Hanya Yanagihara mithalten können. n FAZIT MAI 2017 /// 81

Fotos: Neue Pinakothek München, Georg Soulek/Burgtheater, Hanser-Verlag

Unser Redakteur hat ausnahmsweise einen Bestsellerroman gelesen. Eine persönliche Rezension mit allerhand Warnungen.


Tandl macht Schluss! Allmonatliche Finalbetrachtungen von Johannes Tandl

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achdem zuerst nur die Industriekonjunktur angezogen hat, macht sich nun auch unter Österreichs KMU endlich wieder Optimismus breit; erstmals wird wieder expansiv investiert. Das von unseren Wirtschaftsforschern in Aussicht gestellte Wachstum von knapp zwei Prozent könnte erstmals nicht nur für einen neuen Beschäftigungsrekord sorgen, sondern tatsächlich auch zu einem Rückgang der Arbeitslosigkeit führen. Seit die Grenzen durch die Personenfreizügigkeit geöffnet wurden, ist festzustellen, dass bei uns Beschäftigungsstand und Arbeitslosigkeit kaum noch zusammenhängen. Jene, die – egal, ob zugewandert oder nicht – in der Lage sind, die Voraussetzungen für unsere anspruchsvolle Arbeitswelt zu erfüllen, sind in Beschäftigung. Und jenen Bedauernswerten, die aufgrund ihrer schlechten Qualifikation keine Chance auf einen Job haben, würde selbst ein Wirtschaftswachstum von zehn Prozent nicht helfen. Das Arbeitmarktservice versucht daher, die Qualifikationsdefizite auszugleichen,

Intelligenter Kombilohn statt einer Mindestsicherung

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indem es Betroffene entsprechend weiterbildet. Das gelingt in vielen Fällen mit großem Erfolg. Es gibt aber auch Menschen, die ihre Jobchancen trotz Qualifizierungsmöglichkeiten nicht verbessern können, weil sie gesundheitlich, geistig oder wegen ihrer mangelnden Deutschkenntnisse und Schulbildung nicht dazu in der Lage sind. Zu dieser Gruppe gehören viele arabische Zuwanderer, die seit der großen Flüchtlingswelle zu uns gekommen sind. Ein Staat, der es sich zur Aufgabe macht, seiner gesamten Bevölkerung ein würdevolles Leben in Arbeit zu ermöglichen, muss für alle da sein und darf sich nicht damit zufrieden geben, einen Teil der arbeitsfähigen Bevölkerung mit der Mindestsicherung zu alimentieren oder gar darauf zu hoffen, dass Armutsmigranten freiwillig wieder nach Hause fahren. Doch nicht nur Migranten belasten unsere Sozialkassen. Heute sind beinahe 30 Prozent der österreichischen Arbeitnehmer, die nur über einen Pflichtschulabschluss verfügen, arbeitslos. Wenn nun tatsächlich ein Mindestlohn von 1.500 Euro brutto kommt, der zur Gänze von den Unternehmen zu bezahlen ist, wird es ohne zusätzliche Maßnahmen so gut wie unmöglich, diese Leute jemals wieder in Beschäftigung zu bringen. Jeder, der sich ernsthaft mit Massenmigration beschäftigt, wird bestätigen, dass Integration nur in der Schule bzw. im Arbeitsleben gelingen kann. Daher müssten die Zuwanderer sehr rasch zum Arbeiten gebracht werden. Die ÖVP-Idee, die Mindestsicherung an eine Arbeitspflicht zu koppeln, hat daher nichts mit sozialer Kälte zu tun. Die Umsetzung dieses Konzeptes wäre eine wichtige Voraussetzung gewesen, um das Entstehen von Parallelgesellschaften einzudämmen. Leider ist dieser ÖVP-Plan von der SPÖ weitgehend ausgehebelt worden. Die SPÖ hat Angst davor, den bereits bestehenden Niedriglohnsektor noch weiter unter Druck zu setzen, und wird dabei von der Gewerkschaft getrieben. Doch anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, sollten sich Sozialministerium, Gewerkschaft und Arbeitgeber den Problemen stellen. Und zwar indem sie gemeinsam

festlegen, wie hoch ein branchenüblicher Mindestlohn maximal sein darf, damit die Unternehmen es wirtschaftlich rechtfertigen können, schlecht qualifizierte Arbeitnehmer anstelle von Maschinen anzustellen. Dieser so festgelegte Mindestlohn mag im Baugewerbe deutlich höher sein als etwa im Dienstleistungsbereich. Der ausverhandelte Lohn müsste jedenfalls über Transferleistungen so weit erhöht werden, dass er jedem Vollzeitbeschäftigten ein menschenwürdiges Auslangen ermöglicht. Dieser Kombilohn – bestehend aus Arbeitslohn und Transferzahlung – würde auf dem Arbeitsmarkt nicht nur die Nachfrage nach Zuwanderern, sondern auch nach heimischen Arbeitslosen verstärken. 1.500 Euro brutto für eine Vollzeitbeschäftigung wären unter solchen Voraussetzungen angemessen. Das ist nicht nur deutlich mehr als die derzeitige Mindestsicherung, sondern auch sozial verträglicher, weil eine als gerecht empfundene Differenz zwischen Arbeitseinkommen und Sozialhilfe hergestellt wird. Die Mindestsicherung würde dann nur mehr für jene unterhalb des Regelpensionsalters Anwendung finden, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, einer Beschäftigung nachzugehen. n

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