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Glauben

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Kinderseite

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Beim Gehen öffnet sich das Herz

...zwei Menschen sind auf dem Weg, irgendwohin. Mit vielen Fragen, enttäuscht und bedrückt. Weg, nichts wie weg. Weit fort, wo alles vergessen werden kann. Zwei Menschen auf der Flucht, resigniert, traurig. Und dann die unerwartete Begegnung, ein überraschender Wegbegleiter.

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Von dieser Begleitung fühlen sich die beiden auf sonderbare Weise angezogen, angesprochen. Es beginnt ein langes, intensives Gespräch. Das Reden und Erzählen, das Zuhören und Schweigen tut ihnen gut. Das ist noch nicht alles, sie wünschen sich, dass ER den Abend mit ihnen verbringt: „Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend“ bitten sie ihn zu bleiben. Dann die nächste Überraschung: ER bleibt und bricht mit ihnen das Brot. Den beiden gehen die Augen auf und sie erkennen ihn:

„Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als ER unterwegs

mit uns redete“ sagen sie. Noch in derselben Stunde brechen sie auf und kehren nach Jerusalem zurück. Schön, berührend und voller Hoffnung, die biblische Emmaus-Erzählung! Diese Hoffnungserzählung hat an Aktualität nichts verloren. Ich sehe Parallelen zu den letzten Monaten und Wochen:

• auch bei uns ist die Situation dramatisch, es gibt nur noch ein Gesprächsthema, • der Gang, die Wanderung durch ungewisse Zeiten voller Ängste, Verunsicherung und Zukunftszweifel • der Drang, der Situation zu entfliehen, abzuhauen (aber wohin?) • die Aufgabe ist nicht die Überwindung allen Leids, sondern die Solidarität, die tatkräftige Hilfe aber auch das Mitleiden dort, wo das Leid nicht vermeidbar ist; dafür gibt es ganz viele Beispiele • der besondere Begleiter hört zu, lässt ausreden, gibt keine vorschnellen Ratschläge, relativiert nicht nach dem Motto: "So schlimm war es doch gar nicht!" und er zeigt ihnen eine Zukunftsperspektive auf.

Osterspaziergang: Wenn die Augen aufgehen und das Leben sich verwandelt…

In dieser Ostergeschichte eröffnet der Auferstandene den beiden Jüngern ein neues Verständnis oder Zugang zu dem, was passiert ist. Das bewirkt ein Umdenken und sie orientieren sich neu. Durch die Corona-Zeit hat sich bei uns auch vieles verändert, ein Umdenken ist zu spüren. Vieles ist nicht mehr „normal“, im Sinne von „selbstverständlich“: die Umarmung eines lieben Menschen, ein spontanes Gespräch mit den Nachbarn, ein Handschlag zur Begrüßung, abends ausgehen so lange man will, ein Routine-Besuch beim Arzt, ein frisches Bier mit einem Kollegen, morgens in die Schule gehen, das Erwachen des Frühlings, frisches Brot auf dem Tisch, der Weg zur Arbeit, das Leben selbst. Es ist nicht selbstverständlich, dass ich gesund bin, mich frei bewegen, mich mit meinen Lieben, meinen Freunden treffen kann, wann immer ich will. Dafür bin ich dankbar.

Toni Fiung (1955), Theologe, Familienseelsorger der Diözese Bozen-Brixen. Vorher langjähriger diöz. Kinder- und Jugendseelsorger. Seit vielen Jahren Referententätigkeit in der Erwachsenen- und Elternbildung mit Schwerpunkt Ehevorbereitung und -begleitung. Diplomierter Ehe- Familien- und Lebensberater und Kommunikationstrainer (EPL). Seit 2000 geistlicher Assistent des KFS und seit 2005 geistlicher Leiter im Bildungszentrum „Haus der Familie“ Autor des Buches und der App „Weil i di mog. Anregungen für eine gelingende Partnerschaft“.

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