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Verbrauchersicherheit durch Rückverfolgbarkeit
Transparenz in der Cannabis Lieferkette fördert Qualität und Sicherheit der Produkte
Egal ob Sie in der Cannabis- oder in einer anderen Industrie arbeiten und dort Ihr Geld verdienen, jeder von uns ist in irgendeiner Branche Konsument oder Verbraucher. Dabei möchten wir sichere Produkte kaufen und vor allem konsumieren. Verbrauchersicherheit bedeutet, dass Kunden darauf vertrauen, dass sie immer wieder ein Produkt in einer bestimmten Qualität erhalten und konsumieren können. Eine Möglichkeit, dies zu gewährleisten, ist die vollständige Rückverfolgbarkeit und Transparenz in der Lieferkette. Von Luc Richner
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Die Zeiten, in denen ein Kunde einfach alles kaufte, sind vorbei. Die Verbraucher sind heute viel anspruchsvoller als früher und erwarten von ihren Produkten mehr als die bloße Behauptung „das ist das Beste, was Sie je probiert haben“, die niemand mehr glaubt. Nachhaltigkeit ist in der heutigen Gesellschaft ein wichtiges und unverzichtbares Thema, dem sich Unternehmen stellen müssen. Dazu gehört auch, dass Verbraucher wissen wollen, woher ihre Produkte stammen. Und es ist nicht nur so, dass die Kunden immer höhere Ansprüche haben, auch die Spielregeln werden immer weiter verschärft.
Die regulierte Cannabis-Industrie
Die Cannabisindustrie, vor allem in Europa, entwickelt sich in rasantem Tempo und diejenigen, die sich an die Praktiken der Vergangenheit klammern, werden vergessen. Die Branche wird moderner, spezifiziert und sogar teilweise harmonisiert. In dem Maße, in dem sich die Länder in Richtung Legalisierung und Entkriminalisierung oder Pilotprogramme und Sozialclubs bewegen, gibt es laufend neue Vorschriften, an die sich die Unternehmen halten müssen. Dies erhöht die Komplexität der Branche und macht es wichtig, die Professionalität ständig zu erhöhen.
Um sich für die Lieferung von medizinischem Cannabis zu validieren, gelten in der EU sehr strenge Richtlinien, die denen f ür jedes andere verschriebene Medikament ähneln, das heißt die Ernte von Cannabis unterliegt unter Umständen denselben Regeln wie die für andere Arzneimittel. Diese Regeln legen fest, wie die Pflanzen in jeder Phase des Anbaus zu behandeln sind und unterliegen den von der EU-GMP (Good Manufacturing Practices) und der EU-GACP (Good Agriculture & Collection Practices) vorgeschriebenen Richtlinien. Grundsätzlich gelten die GACP-Regeln für den Anbau der Pflanzen u nd die GMP-Regeln für die Behandlung des Cannabis nach der Ernte, wobei es zu gewissen Überschneidungen kommt. Die Regeln stellen sicher, dass es ein System von Kontrollen und Gegenkontrollen für jeden Schritt des Prozesses gibt. Halten sich die Hersteller an diese Richtlinien, können sie Cannabis kultivieren beziehungsweise Produkte herstellen, die durchgehend eine gleich hohe Qualität aufweisen. Wenn Patienten Medikamente in irgendeiner Form verwenden, vertrauen sie ihnen instinktiv, weil sie sich der strengen Qualitätskontrollen der Pharmaindustrie bewusst sind. Cannabis, welches in die Lieferkette der Medikamente eingespeist wird, unterliegt denselben Regeln und sollte daher auch das gleiche Vertrauen geniessen.
Zusammenfassend geht es bei EU-GACP und EU-GMP um den Verbraucher- respektive den Patientenschutz. GACP- und GMPRichtlinien helfen Anbauern und Produzenten, ihre Arbeit zu strukturieren. Denn sie schützen diejenigen, denen das Cannabis hilft: die Patienten.

Anbauer nutzen Track & Trace Software, um Details zu allen Pflanzen zu dokumentieren, nachzuvollziehen und Arbeitsabläufe zu organisieren.
Der Markt für den Freizeitgebrauch
Doch wie sieht es mit den Richtlinien für Cannabis für den Freizeitgebrauch aus? Dieser Zweig der Cannabisindustrie genießt oft das Vertrauen der Bevölkerung noch nicht – dies vor allem auch, weil dieser Teil der Industrie noch nicht gleich reguliert ist wie der medizinische Bereich.
Wo bereits Regeln für den Anbau sowie den Verkauf von Cannabis für den Freizeitgebrauch bestehen, ist bei den derzeit in der Schweiz laufenden Pilotprojekten. Dazu gehören Vorschriften, wo der Anbau stattfinden muss, zur Verwendung von Düngemitteln und Zusatzstoffen sowie zur Quantifizierung des THC-Gehalts.
Im Mai 2021 wurde eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes vom Schweizer Parlament verabschiedet, welche die Pilotprojekte überhaupt ermöglichte. Der Start des ersten Versuchs Ende Januar 2023 in Basel markierte schliesslich das allererste Mal, dass Cannabis für den Freizeitgebrauch in der Schweiz legal erworben werden konnte und war auch der erste landesweite Legalisierungsversuch in Europa. Neben dem Projekt in Basel sind mittlerweile auch Projekte in Zürich und in Lausanne vom Schweizer Bundesamt für Gesundheit freigegeben. Diese und zukünftige Pilotprojekte haben das Ziel, in den nächsten zehn Jahren Erkenntnisse über die Auswirkungen eines kontrollierten Zugangs zu Cannabis zu generieren sowie das Verständnis für alternative Regulierungsformen, wie den regulierten Verkauf in Apotheken, zu verbessern. Die Studien bilden somit eine Grundlage für eine zukünftige, vertrauensvolle Gesetzgebung.
Da es sich beim verkauften Cannabis innerhalb der Pilotprojekte immer noch um ein Betäubungsmittel handelt sowie aufgrund der Verordnung der Pilotversuche, wie zum Beispiel das Einhalten der maximalen Abgabemenge an Teilnehmende, wird höchste Konformität und Transparenz auf allen Ebenen entlang der Wertschöpfungskette erwartet. Wichtig ist es, dass die Sicherheit der Teilnehmenden im Vordergrund steht und diese wissen, was sie konsumieren sowie auch das Bundesamt für Gesundheit respektive die Leiter der einzelnen Projekte wissen, wie viel Cannabis im Umlauf ist. Kurz gesagt, braucht es maximale Transparenz und Rückverfolgbarkeit innerhalb der Lieferkette.
Als Partner des Bundesamts für Gesundheit hat das Schweizer Unternehmen Vigia AG die Aufgabe für die Rückverfolgbarkeit der Pilotprojekte übernommen. Mit ihrer bestehenden Software Cannavigia und dem neu entwickelten Cannabis Dispensary System stellt das Unternehmen den verschiedenen beteiligten Akteuren die notwendigen Werkzeuge zur Verfügung, um jeden Schritt entlang der Lieferkette zu verfolgen und zu dokumentieren.
Rückverfolgbarkeit und Transparenz
Heutzutage ist es wichtig geworden, dass jedes Detail der Ernte bis hin zu den Samen zurückverfolgt werden kann. Wenn Sie zum Beispiel Käse im Supermarkt Ihres Vertrauens kaufen, kann jede Charge bis zu einem bestimmten Herkunfts- und Herstellungsort zurückverfolgt werden. Wenn mit dem Käse etwas n icht in Ordnung ist, können diese Informationen dazu verwendet werden, alle Käselaibe zurückzurufen, bei denen das gleiche Problem aufgetreten ist. Dasselbe soll und wird auch von C annabis erwartet.
Die einzige Möglichkeit, alle Vorschriften einzuhalten und die volle Sicherheit der Verbraucher zu gewährleisten besteht in vollständiger Transparenz und Rückverfolgbarkeit – so wie es bei den Pilotprojekten geschieht und die Regulierungen im medizinischen Bereich dafür die Grundlage bieten. Dies ermöglicht es den Regulierungsbehörden, die gesamte Lieferkette zu durchlaufen sowie die Qualitätssicherung und die Stabilität der Produkte zu überprüfen. Wenn eine bestimmte Charge Cannabis bei einer bestimmten Krankheit hilft, muss die nächste Charge genau dasselbe bewirken. Das gleiche gilt auch für den Freizeitmarkt. Damit Cannabis zu einem hausüblichen Produkt wird, muss Vertrauen bei den Konsumenten geschaffen und ihnen die Gewissheit gegeben werden, dass sie jedes Mal, wenn sie dieses Produkt kaufen, die gleichen Erfahrungen machen und dieselbe Qualität erhalten.

An der Schnittstelle zum Verbraucher, z. B. in Apotheken, kann Track & Trace Software verwendet werden, um Abgabevorgänge zu protokollieren.
Bei den Schweizer Pilotprojekten wird die Rückverfolgung und Transparenz wie erwähnt durch Technologie unterstützt. Die Anbauer des Cannabis nutzen die Cannavigia Software, um ihre Pflanzen und Prozesse zu dokumentieren sowie Qualitätstests zu erfassen, um den Abgabestellen konsistente und sichere Produkte zu liefern. Die Abgabestellen wiederum erfassen die Produkte im Cannabis Dispensary System und verfolgen ihren Bestand an Betäubungsmitteln sowie die Verkäufe und spezifischen Mengen, die an die Teilnehmenden abgegeben werden. So können sie sicherstellen, dass nur berechtigte Personen die Produkte kaufen können. Der gesamte Prozess gewährleistet einerseits die Sicherheit der Teilnehmenden, andererseits die vollständige Rückverfolgung der Produkte entlang der Lieferkette. Die Zeiten der Verbrauchersicherheit ändern sich und das gilt auch für die Cannabisbranche. Wenn Unternehmen ihre Produkte rückverfolgbar machen, wird dies schließlich auch ihnen zugutekommen. Denn der einfachste Weg, das Vertrauen der Verbraucher in ein Produkt zu stärken, ist, die Lieferkette transparent und rückverfolgbar zu machen. All dies mag im Moment gerade für den Cannabismarkt erst am Anfang sein, wird sich aber in naher Zukunft rasant weiterentwickeln, wenn die Legalisierung und Entkriminalisierung in Europa ihren vollen Lauf nimmt. ↙

Luc Richner
Luc Richner
CEO Cannavigia/Vigia, hat einen breiten Hintergrund in der Logistik- und Management-Branche, welche er sich bei seinem eigenen Beratungsunternehmen, seinem Farm-to-Table-Restaurant und weiteren Stationen in Asien und in der Schweiz aneignete. Unterstützend dazu absolvierte er erfolgreich das erste Executive MBA Digital Leadership Programm an der HWZ, Hochschule für Wirtschaft, in Zürich. Basierend auf seiner Erfahrung und seinem Wissen über effiziente und transparente Lieferketten und Logistik hat Luc Richner als CEO die Vigia AG mitgegründet. Das Unternehmen hat die Softwareplattform Cannavigia für mehr Transparenz und Compliance in den globalen und lokalen Lieferketten entwickelt. www. cannavigia.com.