Krisenprävention Sanierungsberatung Insolvenzmanagement (KSI)

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21. Jahrgang

Juli/August 2025

Seiten 145–192

KSI

Krisenprävention

Sanierungsberatung

www.KSIdigital.de

HERAUSGEBER:

Peter Depré, Mannheim

Prof. Dr. Markus W. Exler, Kufstein

Michael Hermanns, Wuppertal

Burkhard Jung, Berlin

Dr. Raoul Kreide, Heidelberg

Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Dresden

Eva Ringelspacher, München

Jutta Rüdlin, Melsungen

Prof. Dr. Jens Schmittmann, Essen

Prof. Dr. Florian Stapper, Leipzig

Dr. Thomas Stern, Triesen

Insolvenzmanagement

Wirtschaft · Recht · Steuern

Prof. Dr. Henning Werner, Heidelberg KRISENPRÄVENTION UND

Warum sind Methoden und Strukturen im Krisenmanagement so wichtig?

Siebrandt

RESTRUKTURIERUNG UND FINANZMANAGEMENT

Stakeholder-Kommunikation

Daniel Emmrich und Dr. Christoph Strobl

Finale Fassung der GoU

Prof. Dr. Markus W. Exler und Prof. Dr. Henning Werner

Interim Manager im Restrukturierungsprozess

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

SANIERUNG UND INSOLVENZ

Markenbewertung in der Insolvenz 171

Giuseppe Sorrentino, Prof. Dr. Dr. Mario Situm und Prof. Dr. Helmut Pernsteiner

Der Betriebsrat als Erfolgsfaktor in der Sanierung 176

Julian Reinert

Mitarbeiterbeteiligung in Unternehmenskrisen 181

Prof. Dr. Karl-Wilhelm Giersberg, Dr. Markus Sendel-Müller und Walter Vogt

Impressum

KSI KrisenpräventionSanierungsberatungInsolvenzmanagement Wirtschaft•Recht•Steuern

Jahrgang: 21.(2025)· Erscheinungsweise: 6-maljährlich·www.ksidigital.de Herausgeber:

PeterDepré,Mannheim

Prof.Dr.MarkusW.Exler,Kufstein

MichaelHermanns,Wuppertal BurkhardJung,Berlin

Dr.RaoulKreide,Heidelberg

Prof.Dr.AndreasPinkwart,Dresden

EvaRingelspacher,München

JuttaRüdlin,Melsungen

Prof.Dr.JensSchmittmann,Essen

Prof.Dr.FlorianStapper,Leipzig

Dr.ThomasStern,Vaduz

Prof.Dr.HenningWerner,Heidelberg Gründungsherausgeber(u.a.):

Dr.LutzMackebrandt,Berlin GeraldSchwamberger,Göttingen

Redaktion: Dr.Hans-JürgenHillmer(Chefredakteur),Dr.BiancaMatzek(V.i.S.d.P.) Zuschriftenbittean:ERICHSCHMIDTVERLAGGmbH&Co.KG,RedaktionKSI, z.Hd.HerrnDr.Hans-JürgenHillmer,GenthinerStraße30G,10785Berlin Telefon:(02541)926330,E-Mail:hj.hillmer@web.de

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Zitierweise: KSI,Heft/Jahr,Seite

ISSN: 2944-7135,eISSN: 2944-7143

Satz: mediaTEXTJenaGmbH,Jena· Druck: H.Heenemann,Berlin

EDITORIAL

Dr.Hans-JürgenHillmer

KRISENPRÄVENTIONUNDRESILIENZ

AktuellerTransformationsbedarf aufgrunddesEUDataAct 149 Vision,VerpflichtungundeinWeckrufanalle datengetriebenenOrganisationen

DanielEsser

WarumsindMethodenundStrukturen imKrisenmanagementsowichtig? 153

Dr.KlausBockslaff

HumanResourcesalsKrisenmanager 156 Krisekannjeder–Transformationnicht FrederikSiebrandt

RESTRUKTURIERUNGUND FINANZMANAGEMENT

ProfessionelleStakeholder-Kommunikationund„OpenStrategy“ 158 KonsensualeRestrukturierungerfolgreich gestalten!

DanielEmmrichundDr.ChristophStrobl

Inhalt 04.25

FinaleFassungderGrundlagen ordnungsgemäßerUnternehmensrestrukturierung(GoU) 166

VorgestelltanlässlichderBDU-SanierungskonferenzaufdemPetersberg/Bonnam7.3.2025

Prof.Dr.MarkusW.ExlerundProf.Dr.Henning Werner

InterimManagerimRestrukturierungsprozess 168

AktuelleTrendsundEntwicklungen

Dr.Hans-JürgenHillmer

SANIERUNGUNDINSOLVENZ

MarkenbewertunginderInsolvenz 171

TeilI:Prüfschema,Checklisteundstrategische PotenzialanalysefürInsolvenzverwalter GiuseppeSorrentino,Prof.Dr.Dr.MarioSitumund Prof.Dr.HelmutPernsteiner

DerBetriebsratalsErfolgsfaktorinder SanierungundInsolvenzabwicklung 176 WahrnehmungvonSchlüsselfunktionenund VoraussetzungenfürdenBeitragzum Sanierungserfolg

JulianReinert

EinsatzvonMitarbeiterbeteiligungssystemeninUnternehmenskrisen 181

TeilI:BegrifflicheGrundlagen

Prof.Dr.Karl-WilhelmGiersberg,Dr.MarkusSendelMüllerundWalterVogt

KSI-NACHRICHTEN

WechselinderVID-Geschäftsführung

AktuelleszumInsolvenzgeschehen 180 UnternehmensschließungenaufRekordniveau183

RECHTSPRECHUNGSREPORT

HerabsetzungderVorstandsvergütung 184 ErfüllungeinerAuskunftspflicht 184 AnforderungenandieForderungsanmeldung185 VoraussetzungeneinessteuerfreienSanierungsgewinnsnach§3aEStGaufgrundSchuldenerlass187

ProfessionelleStakeholder-Kommunikation und„OpenStrategy“

KonsensualeRestrukturierungerfolgreichgestalten!

DanielEmmrichundDr.ChristophStrobl1

KrisensindgeprägtvonUnsicherheit,MisstrauenundmangelnderTransparenz.DeshalbmussinKrisenzeiteneineklare,professionelleundtransparenteKommunikationetabliert werden.DaeineRestrukturierungbzw.Sanierungdurcheinen„neutralenDritten“Sanierungsberaterbegleitetwird,ist dieserinderPflicht,dieRolledesprofessionellenKommunikatorszuübernehmen.DiesistinsbesonderedannvonzentralerBedeutung,wenndieInteressenderverschiedenen StakeholderunterschiedlichgelagertsindodersogarimWiderspruchzueinanderstehen.EineprofessionelleStakeholder-Kommunikationzeichnetsichdadurchaus,dasssieproaktivundsynchronerfolgt.Parallelmusssichergestelltsein, dassderSanierungsmanagerdenverschiedenenStakeholdernzuhört,derenPositionnachvollziehenundbewerten kannundsoeinGesamtbildüberdieInteressenderverschiedenenParteienaufbauenkann.ImRahmeneinerkonsensualenSanierungisteinerderwichtigstenErfolgsfaktoren, BedingungenundVoraussetzungenkonsequent,aberwertschätzendzuverhandelnundsodenwirtschaftlichbesten WegzumErfolgzubringen.DieFähigkeitzurprofessionellen KommunikationsführungisteinederKernkompetenzendes Restrukturierungs-/Sanierungsberaters.

KrisenstadiumauchdieAnzahlderStakeholderstarkzu,parallelkönnensichdieEinflussmöglichkeitenunddieBetroffenheitderStakeholderdeutlichverändern.Dieverschiedenen KrisenartensindbeispielsweiseimIDWS6wiefolgtdefiniert:

(1)Stakeholderkrise: DieStakeholderkrisebezeichneteine Situation,inderdasVertrauenunddieBeziehungzwischen einemUnternehmenundseinenStakeholdernerheblichbeeinträchtigtsind(z.B.DiskrepanzenimVorstand,VertrauensverlustFinanziereroderKonfliktemitArbeitnehmerseite),waseineernsthafteGefahrfürdielangfristigeStabilitätunddenErfolgdesUnternehmensdarstellt.

(2)Strategiekrise: EineStrategiekrisebezeichneteineSituation,inderdiestrategischeAusrichtungeinesUnternehmens nichtmehrangemessenist,wasinsbesondereimKontexteinerkomplexenUnternehmensstrukturzueinemVerlustan Wettbewerbsfähigkeit,MarktanteilenoderlangfristigemErfolgführt(vgl.dazuauchAbb.1aufS.159).

(3)Produkt-undAbsatzkrise: UntereinerProdukt-und AbsatzkriseverstehtmaneineSituation,indereinUnternehmenmitHerausforderungenbeiderEntwicklung,VermarktungoderdemVerkaufseinerProduktekonfrontiertist.Dies führtzuUmsatzrückgängen,Marktanteilsverlustenodereiner VerschlechterungderMarktposition.

1.DasKrisenstadiumunddieKrisenartsteuern dieKomplexitätderStakeholderKommunikation

KommunikationistimAllgemeinenderSchlüsselzumErfolg. VerschiedeneUnternehmenskrisenentstehensogarerstdurch mangelhafteKommunikation.Deshalbistesauchnaheliegend,dassdieKomplexitätderKommunikationindirektem ZusammenhangsowohlmitdemKrisenstadiumalsauchder Krisenartsteht.InKrisensituationengiltzwarderGrundsatz, dass„mannichtzuwenigkommunizierenkann“,allerdingsist esentscheidend,dierichtigenBotschaftenzutransportieren undnichtim„Panik-Modus“VermutungenaufderBasisvon „Halbwissen“zukommunizieren.Dieskanninsbesonderefür OrganesogarhaftungsrelevanteKonsequenzenmitsichbringen.

IndenverschiedenenKrisenartensteigtdieNotwendigkeitder Kommunikationdeutlich.Zudemnimmtmitzunehmendem

(4)Ergebniskrise: EineErgebniskriseliegtvor,wennein UnternehmenSchwierigkeitenhat,seineErträgezuerwirtschaften,diesinsbesondereaufgrundineffizienterProzesse, MargendruckundeineshohenKostenniveaus.

(5)Liquiditätskrise: IndiesemFallhateinUnternehmen Schwierigkeiten,seinelaufendenfinanziellenVerpflichtungen zuerfüllen.DieseKrisekanndurchmehrereFaktorenwieunzureichendesDebitoren-undKreditorenmanagement,überfälligeDebitorensowieunerwarteteZahlungsmittelabflüsseverursachtwerden.

(6)Insolvenzreife: EinUnternehmenkannseinefälligen ZahlungsverpflichtungennichtmehrerfüllenoderseinVermögenreichtnichtaus,umseineVerbindlichkeitenzudecken. DieskannverschiedeneUrsachenhaben,darunteranhaltende

1 NähereInformationenzudenAutorenfindenSieaufS.192indiesemHeft.

Bedrohungsgrad, Handlungsdruck, Komplexität Komplexität der Stakeholder-Landschaft

Abb.1: Krisenstadien,BedrohungsgradundKomplexitätderStakeholder-Landschaft

Verluste,eineVerschlechterungderLiquiditätssituationoder eineunzureichendeKapitalausstattung.

2.KommunikationdurchdieRisikobrilledes BankersalsBeispielfüreinesich verändernde„Nutzenfunktion“

2.1EinBlickdurchdieRisikobrilledesBankerslohnt sichauchfürGeschäftsführerundGesellschafter DasVerhältniszwischenBankenundUnternehmenistmeist sehrambivalent.IngutenZeitenwirddasUnternehmendurch dieVertriebsabteilungbetreut–dasVerhältnisistdeshalb meistkollegialundpartnerschaftlich.VerschlechtertsichjedochdasRatingeinesUnternehmens,ändertderBankerseinenBlickwinkelaufdasUnternehmen.MeiständertsichdadurchauchderBetreuerinnerhalbderBank.Dassorgti.d.R. fürEmotionenbeiGeschäftsführernundGesellschaftern.Diesesindnichtgewohnt,dassderBanker–auchnachjahrelangerZusammenarbeit–plötzlichDingeinFragestellt,diedie eigenenKollegenüberJahrenichtinteressierthaben.Doch derBankermachtdiesnichtausbösemWillen:DerFinanziererbrauchtschlichtwegdieSicherheit,dassgeliehenesGeld auchzurückbezahltwerdenkann–selbst,wennes„hartauf hart“kommt.

UndsoliegtesquasiinderNaturdesBankers,durchdieRisikobrilleaufUnternehmensgeschickezublickenundProzessezu hinterfragen.ErwillEntscheidungsprozessedesManagements beurteilenkönnen:WiewerdenEntscheidungengetroffen?Wer istindieEntscheidungsfindungeingebunden?ZuwelchemZeitpunktundwieerfolgtdieUmsetzungeinerEntscheidung?

2.2RisikomanagementistkeinFeuerwehreinsatz! AndieserStellewirdhäufigmissverstanden,welcheBotschaften„richtig“fürdenBankersind.DervielfacheGlaube,nur guteNachrichtensind„bankable“,istnichtnurfalsch,sondern auchgefährlich.DenndieseBotschaftensindinallerRegel nichtstimmigundbeleuchtennurdiepositiveSeitederMedaille–wasmitderRisikosichtdesBankerskollidiertund sofürZweifelsorgt.StattRisikenauszublendenundnurvon positivenPerspektivenzuberichten,sindeinrealistischer Blicknachvorne,dieBeschreibungvonChancenundRisiken gleichermaßenundvorallemdieReaktiondaraufgefragt.

Zaudern,zögernundnurnegativeEntwicklungenhervorzustellen,istmeistnochschlechterals„Schönfärberei“.Denn: DerManageroutetsichdamitals„wenigsouverän“,alsüberfordertundentscheidungs-bzw.beurteilungsschwach.Dem FinanzierergehtesumehrlicheTransparenz,einenrealen BlickaufdieaktuelleSituationundeinenbelastbaren,konservativenAusblickaufdieZukunft.DennjederFinanziererwill –berechtigterweise–wissen,wofürdasvonihmverliehene GeldeingesetztwirdundwodurchesEBITDAgeneriert.Er willauchwissen,vorwelchenstrategischenHerausforderungenundOptionendasUnternehmenstehtundwassiejeweils fürEBITDAundFinanzierungbedeuten.DeshalbistdasManagementgefragt,frühzeitigbelastbareZukunftskonzeptezu erstellen,dieaufderBasisvondurchgespieltenZukunftsszenariendieFragenachderPerformanceentwicklungzuverlässig beantworten.

Hinweis: Kurzfristig,inFormvon„Feuerwehreinsätzen“aufaktuelleNachfragedesBankerserstellteUnternehmensplanungen sindmitBlickaufFaktorenwieKonsistenz,TransparenzundBe-

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Entscheidung,welcheStakeholdersinnvollerweiseaufwelche WeiseindieEntwicklungundUmsetzungeinesSanierungskonzeptseinzubeziehensind,treffsicherervornehmenzukönnen.EinederartigeBeziehungslandkartezeigtnichtnurdie einzelnenStakeholdergruppen,sondernaucheinzelnebesondersrelevantePersonen,dieeinenEinflussaufdasSystem inderKrisehaben.DementsprechendkönnenmitdergraphischenDarstellungmittelseinerLandkarte(„systemische Map“)sowohldasGewichtalsauchdieNäheoderDistanzvon Stakeholdernbishinzuneutralen,unterstützendenoderkonfliktbehaftetenBeziehungendargestelltwerden.Esempfiehlt sich,einederartigeStakeholder-Landkartemöglichstfrühim AnalyseprozesszuentwickelnunddieSpannungsfelderunter denStakeholdernherauszuarbeiten.

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EinebesondereBerücksichtigungentstehtbeider–u.U.erforderlichen–differenziertenKommunikationmitdenMitarbeitern,wenneshierInformationsasymmetriengibt.Hierist eshäufigentscheidend,die„Meinungsmacher“inderBelegschaftzukennenunddieseproaktivmitentsprechendenInformationenzuversorgenbzw.dieseindieEntwicklungdesSanierungskonzeptseinzubauen.EinebesondereHerausforderungbildenindiesemZusammenhanghäufigdieBetriebsräte, dieimmerwiedereingewisses„Eigenleben“habenundnicht seltenauchEigeninteressenverfolgen.

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WeiterekritischeBeziehungengibtesimHinblickaufdieLieferanten,dieimZugeeinesSanierungsverfahrenszuGläubigernwerden.AuchdieseBeziehungensindpotenziellbelastet undbedürfeninsbesondereimHinblickaufSchlüssellieferanteneinerbesonderenBearbeitungunterBerücksichtigungdes GrundsatzesderGläubigergleichbehandlung.Darüberhinaus spielenindieLieferantenbeziehungendiedahinterstehenden Kreditversichererhinein,zuwelchendasUnternehmenkeine eigeneGeschäftsbeziehunghatundmitdeneneineKommunikationmangelsInformationenüberderenEngagementerschwertist.

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GrundsätzlichlassensichdieverschiedenenStakeholderin vierTypeneinordnen.DieEinordnungorientiertsichdabei zumeinenamKooperationspotenzialundzumanderenam Bedrohungspotenzial.SomitergebensichfolgendevierTypen:

■ DerUnterstützende:Kooperationspotenzialhoch,Bedrohungspotenzialniedrig

■ DerUnbedeutende:Kooperationspotenzialniedrig,Bedrohungspotenzialniedrig

■ DerNicht-Unterstützende:Kooperationspotenzialniedrig, Bedrohungspotenzialhoch

■ Das„ZweischneidigeSchwert“:Kooperationspotenzial hoch,Bedrohungspotenzialhoch.

Empfehlung: DieKunstbestehtdarin,durcheineprofessionelle KommunikationdiePositionierungderStakeholderzuverändern undsomitdasBedrohungspotenzialfürdenSanierungsprozess zuminimieren.Wichtigdabeiist,dasssichdiePositionierung durchäußerewieinnereEinflüsseändernkann.Deshalbmüssen

dasOrdnungsschemafortlaufendimRahmenderSanierungim BlickbehaltenunddieBeteiligtenentsprechendlaufendeingeordnetwerden.

5.Open-Strategy-AnsatzalsErfolgsfaktor

inSanierungen

5.1EinsatzbedingungenundKernelemente ImRahmeneinerSanierungspieltderFaktorZeiteinewesentlicheBedeutung.DasSanierungskonzeptmussschnell–ohne qualitativeEinbußen–erstelltwerdenunddieSanierungsmaßnahmenmüssenparallelangestoßenundumgesetztwerden.SanierungskonzeptebringenoftsubstanzielleEingriffein dasUnternehmenmitsich–diesresultiertausdermöglichen NeuausrichtungdesGeschäftsmodellsundderStrategiedes Unternehmens(„DiegestaltendeSanierung“).

AufgrunddieserAusgangslagesinddieBeziehungenzuden SchlüsselpartnernundRessourcenauchunterZeitdruckim FokusderAnalyseundderMaßnahmenentwicklung.

DeshalbkommtindiesemZusammenhangnichtnurdieklassischeStrategieentwicklungzumEinsatz,sonderneswirdvermehrtaufden„Open-Strategy“-Ansatzgesetzt.Dabeiwirddie SanierungsstrategienichtnurzwischenC-LevelundBerater entwickelt,sonderneswerdennebendemC-LevelauchwichtigeSchlüsselpartnerindieEntwicklungmiteinbezogen.Der Open-Strategy-AnsatzumfassteindynamischesSetanMethoden,das

■ dieEinbindunginternerundexternerBeteiligterbzw.Betroffenerbeinhaltet,

■ einegrößerestrategischeTransparenz(interneundexterne SichtbarkeitstrategischerInformation)und

■ einestärkereInklusion(interneundexterneberatendeEinbindunginBezugaufInformation,SichtweisenundVorschlägen)mitsichbringtsowie

■ eineAusbalancierungvonsichinnerhalbundaußerhalb derGrenzenderOrganisationentwickelnden,strategischrelevantenRahmenbedingungenundInteressenbedeutet.

„StrategischeTransparenzbeinhaltetdieinterneoderexterne SichtbarkeitvonInformationenüberdieStrategieeinesUnternehmens.“2 BesondersinderTurnaround-Situation,inder sprichwörtlichinEchtzeittreffsichereStrategienundMaßnahmenentwickeltundineinemSanierungskonzeptschlüssig dargelegtwerdenmüssen,isteineentsprechenddifferenzierte KommunikationstrategischerInhalteaninterneundexterne StakeholderwährenddesStrategieentwicklungsprozessesvon entscheidenderBedeutung.

DieInklusionbetrifft„dieexterneundinterneBeratungzum AustauschvonInformation,SichtweisenundVorschlägen,die zurGestaltungderweiterenEntwicklungderStrategieeiner

2 Hautz/Seidl/Whittington,OpenStrategy,Dymensions,dilemmas,dynamics,LongRangePlanning3/2017S.299.

Organisationgeeignetsind“.3 Damitistnichteineumfassende undfüralleStakeholdergleicheEinbeziehungindieEntwicklungderstrategischenGrundlagengemeint,sondernvielmehr einedifferenzierte,aufdasInformationsbedürfnisderAnspruchsgruppeunddasUnternehmenabgestimmteEinbindungeinerStakeholdergruppeodereinzelnerPersonendazu. EntlangderbeidenDimensionenderOpenStrategyentwickelt sichinEchtzeiteindeutlichgrößererFundusanstrategischen Informationen,derauchunmittelbarindenKöpfenderbeteiligtenStakeholderzurWirkungkommt,wennsieihreBeiträge zueinererfolgreichenRestrukturierungausersterHanderfahren,ggf.imZugedesProzessesimHinblickaufihreInteressen abstimmenundbereitsmitderUmsetzungderMaßnahmen beginnenkönnen.

Empfehlung: Esmussalsogewährleistetsein,dasseineOffenheitgegebenist–auchwenndiesnichtbedeutet,dassdasUnternehmenzwingendgrenzenloseOffenheitumjedenPreissicherstellenmuss.EsmusseineBalancehinsichtlichKommunikationundInklusionfürdiejeweiligenStakeholdergruppen geschaffenwerden.

5.2KonkreteMaßnahmen

DiekonkretenMaßnahmenbündelzurEinbeziehungdereinzelnenStakeholdersinddabeimeistsehrunterschiedlich.So könnenKundenbeispielsweiseüberBefragungen,EinbeziehunginDesignteamsundgemeinsameRessourcennutzungzur engerenVernetzungderWerteketteneingebundenwerden. ÄhnlicheMaßnahmengibtesauchzurRestrukturierungund AbsicherungvonLieferketten,z.B.imSinneeinersimultanen Produktion,partnerschaftlichkoordiniertenQualitätskontrollen/-steigerungsmaßnahmenetc.

Bankenwerdenüblicherweiseüber„Bankenrunden“imSinne formalisierterGesprächeüberdieNeugestaltungderFinanzierungeingebunden.AllerdingsgibtesauchhierMöglichkeiten, „outofthebox“beispielsweiseunterEinbindungandererStakeholder(wiez.B.KundenoderLieferanten)neueWegeder FinanzierungimZugederRestrukturierungzufinden.

BesonderswichtigistdieEinbeziehungvonMitarbeitern,die meistsehrvieloperativesbzw.operationalesWissenfürdie Restrukturierunghaben.HäufigwirddiesesWissenhierarchiebedingtnichtgenutzt.InderSanierungspraxiszeigtsich jedochoft,dassdiegrundlegendenGründefürdenRestrukturierungsbedarfaufderEbenedes„Shopfloors“deutlichintensiverwahrgenommenwerdenundauchbekanntsind.Dementsprechendistesvielversprechend,dieMitarbeiterdirektindie Strategieentwicklungeinzubeziehen.

Empfehlung: DiesebeispielhaftdargestelltenMöglichkeitenbzw. MethodenzurEinbindungundzurTransparenzmüssenimkonkretenTurnaround-Projektspezifischkonfiguriertwerden.Sie

stellenaucheinehoheAnforderungandieprojektspezifische KommunikationüberdieverschiedenstenKommunikationskanäle.

5.3AbleitungeinerabgestimmtenKommunikation DieAnwendungvonOpen-Strategy-Ansätzenbedeutetnicht, sämtlicheStakeholdergruppenundifferenziertmitTransparenzundInklusionzubeglücken.ImZugeeinesRestrukturierungsprozessesundentlangderErstellungeinesstrategischen Sanierungskonzeptsgiltes,füralleMaßnahmeneineroffenen Strategie-undMaßnahmenentwicklungeineaufdiejeweilige StakeholdergruppeabgestimmteKommunikationzuentwickeln.

EntsprechendderdetailliertenStakeholder-Analysekommtes daraufan,diefürdiejeweiligeAnspruchsgruppeerforderlichenInformationenbzw.dievondieserzugewinnendenInformationen(Informationsziele)zudefinieren.Dementsprechend könneninweitererFolgeauchdieMethodenundInstrumente zurSchaffungdererforderlichenundgewünschtenTransparenzundzurzielführendenInklusiondereinzelnenStakeholdergruppenfestgelegtwerden.

Empfehlung: Zielistesdemnachnicht,maximaleTransparenz füralleStakeholderzuschaffen,sondernderenInformationsbedürfnissevordemHintergrunddereigenenstrategischenBedürfnissezuerfüllen.

6.Fazit

InderKriseistdierascheEntwicklungeinesSanierungskonzeptsunterBerücksichtigungderInteressenderverschiedenen StakeholdervonentscheidenderBedeutung.Dazuisteinerseits einmöglichstdetailliertesVerständnisderInteressenderStakeholdererforderlich.

Dazuempfiehltessich,diekonkretenInformationsbedürfnisse vordemHintergrundderBetroffenheitunddesEinflussesder jeweiligenStakeholdergruppezuanalysierenundabzuleiten. NebendiesenfaktenbezogenenTransparenzbedürfnissensind aberauchdieinformellenAspektederStakeholderbeziehungenzubetrachten.

DieStrategieentwicklunginEchtzeitunterVerwendungeines Open-Strategy-AnsatzesimSinnederTransparenzundderEinbindungderjeweiligenAnspruchsgruppeneignetsichalsAnsatz geradeinderzeitkritischenSanierungsphase,wennmandavon ausgeht,dassdieEntwicklungeinesstrategischenKonzeptsund dieRückgewinnungderWettbewerbs-undRenditefähigkeitdas obersteZielderSanierungist.

3 Ebenda,S.397.

MarkenbewertunginderInsolvenz

TeilI:Prüfschema,ChecklisteundstrategischePotenzialanalyse fürInsolvenzverwalter

GiuseppeSorrentino,Prof.Dr.Dr.MarioSitumundProf.Dr.HelmutPernsteiner1

MarkenwertespieleninderInsolvenzeinezentraleRolle, werdenjedochimAllgemeinenunterschätztodernichtsystematischbewertet.StarkeMarkenkönnentrotzwirtschaftlicherKrisenlangfristigeWettbewerbsvorteilebietenundden Unternehmenswertstabilisieren.DerBeitragzeigt,wieInsolvenzverwalterdenMarkenwertstrategischnutzenkönnen–sowohlzurMaximierungderInsolvenzmassealsauchfüreineerfolgreicheSanierung.NebeneinerAnalysederrechtlichenundfinanziellenRahmenbedingungenstelltderArtikel einenpraxisorientiertenLeitfadeninklusiveChecklistevor, derInsolvenzverwalternhilft,Markenpotenzialeeffizientzu ermittelnundgezieltinVerhandlungenoderRestrukturierungskonzepteeinzubinden.AnhandrealerFallbeispielewird verdeutlicht,dasseinefundierteMarkenbewertungnichtnur Gläubigerinteressenschützt,sondernauchneueInvestitionsundFortführungsoptioneneröffnet.

1.Einführung

InwirtschaftlichenKrisenzeitenspieltdieStärkeeinerMarke eineentscheidendeRollefürdasÜberlebenunddenlangfristigenErfolgvonUnternehmen.EinestarkeMarkekannnicht nurdenWerteinesUnternehmensstabilisieren,sondernauch dieAttraktivitätundLoyalitätderMarkebeidenKonsumentenaufrechterhalten.2 Claudiu-Cătălin (2011)und Dornelles/ Crispim (2020)zeigten,dassUnternehmenmitstarkenMarkenwährendeinerKriseihrenWertbesserhaltenodersogar steigernkönnen,dasieeinestärkereBindungzuKonsumentenaufweisenundalsvertrauenswürdigerwahrgenommen werden.3 Diesliegtdaran,dassProdukteundDienstleistungen vonstarkenMarkentendenzielleinehöhereKundenloyalität erzielen,4 einegrößereWiderstandsfähigkeitgegenüberWettbewerbernzeigen(womitsieauchinwirtschaftlichenAbschwungphasenvergleichsweisehöhereGewinnmargenerzielen)undeinegesteigerteReaktionsfähigkeitaufVeränderungenaufweisen.5

Drewniak/Karaszewski (2016)ergänzen,dasseffektivesMarkenmanagementinKrisenzeitenessenziellist,umdasVertrauenderKonsumentenzubewahrenundsodenMarkenwert langfristigzuwahren.6 Zudembetonen Hegneretal. (2014), dassUnternehmen,dieinKrisenzeitendurchadäquateReaktionenunddenAufbauvertrauensvollerBeziehungenagieren,

ihreMarkenintegritätunddamitauchdenMarkenwertschützenkönnen.7

DieStudievon Farhangetal. (2022)untersuchtdenEinfluss vonMarkenwertaufdieAktienperformancewährendderCOVID-19-Pandemie.Eszeigtsich,dasseinhoherMarkenwert positivmitAktienrenditenundnegativmitRisiken(Volatilität undBeta)korreliert,sowohlinPhasendesMarktrückgangs alsauchdesMarktaufschwungs.EinPortfolioausAktienvon UnternehmenmithohemMarkenwertübertrafdenS&P500Index.DieseErgebnisseverdeutlichen,dassstarkeMarkenin KrisenzeitenWettbewerbsvorteileundSchutzgegenMarktunsicherheitenbieten.8 Bereitszuvoruntersuchten Johansson etal. (2012),wiestarkeMarkenwährendderFinanzkrise2008 indenUSAabschnitten.DieErgebnissezeigen,dassMarken miteinemhohenkonsumorientiertenMarkenwertbesserabschnittenundgeringereVolatilitätaufwiesen.Diesbedeutet, dassMarken,diestarkimBewusstseinderVerbraucherverankertsind,inKrisenzeitenstabilerwarenalssolche,derenWert vorallemauffinanziellenBewertungenbasiert.9 DerökonomischeEffektstarkerMarkenführtauchzuhöhererFehlertoleranzderKunden10 undAufbauvonMarkteintrittsbarrieren.11

1 NähereInformationenzudenAutorenfindenSieaufS.192indiesemHeft.

2 Vgl.Hoeffler/Keller,Themarketingadvantagesofstrongbrands,Journalof BrandManagement10/2003S.434;Zulfikar,Buildingastrongbrand:Marketingstrategytoincreasebrandawarenessandconsumerloyalty,Neo JournalofEconomyandSocialHumanities1/2023S.280–284.

3 Vgl.Claudiu-Cătălin,Theeffectoftheeconomiccrisisonthevalueofglobalbrands,OvidiusUniversityAnnals:EconomicSciencesSeries11/2011 S.882f.;Dornelles/Crispim,Brandvalueintimesofcrisis,International JournalforInnovationEducationandResearch8/2020S.293,296.

4 Vgl.Homburg/Klarmann/Schmitt,Brandawarenessinbusinessmarkets. InternationalJournalofResearchinMarketing27/2010S.202ff.;Situm/ Pernsteiner/Sorrentino,DerMarkenwertvorundnacheinerM&A-Transaktion,M&AReview30/2019S.181ff.

5 Vgl.Saienkoetal.,Formationandimplementationofeconomicmechanism ofbrandtechnologiesoftradingenterprises,StudiesofAppliedEconomics 39/2021S.7f.;Paswanetal.,Franchisebrandmanagementfromaknowledgeperspective,in:Riley/Singh/Blankson(Hrsg.),TheRoutledgecompaniontocontemporarybrandmanagement,2016,S.553.

6 Vgl.Drewniak/Karaszewski,Brandmanagementinasituationofaneconomiccrisis,AsiaPacificJournalofMarketingandLogistics28/2016S.752ff.

7 Vgl.Hegner/Beldad/KamphuisopHeghuis,Howcompanyresponsesand trustingrelationshipsprotectbrandequityintimesofcrises,Journalof BrandManagement21/2014S.439ff.

8 Vgl.Farhang/Kamran-Disfani/Zadeh,Brandequityandstockperformance intimeofcrisis,JournalofProduct&BrandManagement32/2022S.420, 426ff.

9 Vgl.Johansson/Dimofte/Mazvancheryl,Theperformanceofglobalbrands inthe2008financialcrisis,InternationalJournalofResearchinMarketing 29/2012S.235,241ff.

10 Vgl.Perrey/Freundt/Spillecke,Powerbrands:Measuring,making,managing,brandsuccess,2015,S.59.

11 Vgl.Sattler,FinanzielleBewertungvonMarken,2014,S.3.

ChecklistezurVorprüfungderMarkenbewertungimInsolvenzprozessJa/Nein

Bemerkungen

Bevor eine Markenbewertung und Markenanalyse erfolgt, sollte die rechtliche Absicherung der Marke überprüft werden, einschließlich ihrer nationalen und internationalen Reichweite (Registrierungen und Markenschutz; § 4 MarkenG) sowie der Gültigkeit des Markenschutzes in umsatzstarken Ländern (Schutzdauer; §47 MarkenG). Laufende Rechtsstreitigkeiten können den Markenwert und die Vermarktbarkeit beeinträchtigen, weshalb auch die Prüfung aller erforderlichen Rechte, aber auch Lizenzvereinbarungen notwendig ist

Vorabprüfung: BevoreineMarkenbewertungundMarkenanalyseerfolgt,solltedierechtlicheAbsicherungderMarkeüberprüftwerden, einschließlichihrernationalenundinternationalenReichweite(RegistrierungenundMarkenschutz;§4MarkenG)sowiederGültigkeitdes MarkenschutzesinumsatzstarkenLändern(Schutzdauer;§47MarkenG).LaufendeRechtsstreitigkeitenkönnendenMarkenwertunddie Vermarktbarkeitbeeinträchtigen,weshalbauchdiePrüfungallererforderlichenRechte,aberauchLizenzvereinbarungennotwendigist. 1.InsolvenzgrundmitBezugaufMarke1

BeeinflusstderInsolvenzgrunddasMarkenimagene- HandeltessichumeinenmarkenfernenInsolvenzgrund?… gativ?

Wennja,Pkt.2und3:Markenstärkeund-relevanz IstdieMarkeeinwesentlicherVermögenswertdesUnternehmens?ja genauerbetrachten.

DieFälleMärklinundKnirpszeigen,dassMarkenstärkeinderInsolvenzVertrauenschafft.Solange„Fans“weiterhinkaufenundder„Produktnutzen“erhaltenbleibt,spielteinefrühereInsolvenzkeineRolleunddieUnternehmenskrisegerätinVergessenheit.2 Esistwichtigzuklären,obderInsolvenzgrundmit derMarkeselbstodermitanderenFaktorenverbundenist(gibtesnegativeAssoziationeninderÖffentlichkeit).EinmarkenfernerInsolvenzgrundkönnte dasImagederMarkewenigernegativbeeinflussen.

2.Markenstärke

GibtesDaten-undMarktforschungsberichte?Solleineerstekosten- WiebekanntistdieMarke?AuchüberLandesgrenzenhinweg? günstigeKurzerhebung/Indikationdurchgeführtwerden?

HatdieMarkeeineFan-Basis?SinddieKundenloyal(Wiederkäufer)?

CRM-Datenauswertbar?

DieMarkeistengverbundenmitdemKundenstock.DieMarkeschafftdamitauchdirektenZugangzuKundengruppen. Leoneetal. (2006):Markendienen als„Köder“,denEinzelhändlerundandereVertriebspartnernutzen,umKundenanzuziehen,vondenensieWertschöpfen.3 DamitistdieMarkeansich engmitdemKundenverbunden.EinestarkeMarkenbindungfördertdieWeiterempfehlungundWiederholungskäufe.

3.MarkenrelevanteBranche

WirddieKaufentscheidungmaßgeblichdurchdieMar- ja IstdieBranchestarkmarkengetrieben? kedeterminiert?

ja KanndieMarkezurSanierungoderFortführungbeitragen?

GesprächemitInvestoren,Gläubigern,etc.?

WiehochistdieallgemeineBedeutungvonMarkenindieserBranche?Istdiesehoch,sokanndieMarkeeinenhohenAnteilamUnternehmenswerteinnehmen.DamitkönntenWettbewerberandenMarkenrechteninteressiertsein,wasdieVerhandlungspositionstärkt.DieVersandhausgruppeOttoerwarb Ende2012dieMarkenrechtedesinsolventenNeckermann-Konzerns,umihrOnline-Geschäftauszubauen,ähnlichwiezuvorbeiderInsolvenzvonQuelle.4 Deichmannerwarb„lediglich“dieimmateriellenVermögenswerte,insbesondereMarkenvonEspritundhatPläne,dieMarkeweiterzunutzen.5 4.Markenentwicklungspotenzial&Kapitalisierung

KanndieMarkeauchfürandereProdukteundDienstleistungenverwendetwer-

Markendehnungmöglich? den?

Investoren,Interessentenansprechen IsteineLizenzierungmöglich?

GibtespotenzielleKäufer(Wettbewerber)/Lizenznehmer(z.B.Märklin,Polaroid etc.)fürdieMarke?

FallendieFragen1bis3positivaus,sokannderInsolvenzverwaltereineersteindikativeMarkenbewertungdurchführen.DieseMöglichkeitwirdimzweitenTeildieserBeitragsreihenäherbeschrieben.DieErgebnissehelfendemInsolvenzverwaltersowohlbeiderEinschätzungalsauchfürdenEinsatz im weiterenInsolvenzverfahrenohneunverhältnismäßigvielInvestitionentätigenzumüssen.

Abb.2: LeitfadenmitChecklistezurVorprüfungdermöglichenPotenzialeeinerMarkeimInsolvenzprozess davonauszugehenist,dassdieMarkeeinenerheblichenWert hat(GrundsatzderVerhältnismäßigkeit).27 Diesistnichtunbegründet,daMarkenofteinenerheblichenAnteilamUnternehmenswertausmachenkönnen.28 §151Abs.2Satz3InsO ermöglichtdemInsolvenzverwalter,besonderskomplexeBewertungen–wiedievonMarken–anExpertenzudelegieren.

DurcheineMarkenbewertungkannderInsolvenzverwalter bislangunerkannteWerteheben.

27 Vgl.Jörg,DieMarkenbewertunginderInsolvenz,DZWIR4/2013S.156.

28 Vgl.PwC,Markenstudie2024:DieMarkealsAnkerunternehmerischer Nachhaltigkeit,2024,s.u.https://www.pwc.de/de/pressemitteilungen/ 2024/pwc-markenstudie-2024-marken-sind-ein-zentraler-anker-fuer-unter nehmerische-nachhaltigkeit.html;Situm/Pernsteiner/Sorrentino,DerMarkenwertvorundnacheinerM&ATransaktion,M&AReview30/2019 S.179–185.

Empfehlung: DerInsolvenzverwaltersolltenunabwägen,obder AufwandeinerBewertungverhältnismäßigist.Insbesondere wenndieKostenderBewertung(Einzelverwertung)denerwartetenVerwertungswertübersteigen,kanneswirtschaftlichsinnvollersein,aufeinekostspieligeBewertungzuverzichten. FaktorenwiedieBranche,derGrundderInsolvenzsowiedie Markenstärkeund-relevanzbestimmen,obeinedetaillierteBetrachtungderMarkeundihresWertsgerechtfertigtist.GarunbekannteoderungenutzteMarkengeltenhäufigalswertlos,da ihrpotenziellerErtraggeringist.

DieCheckliste(Abb.2aufS.174)wurdeausTheorieundPraxisentwickelt,umInsolvenzverwalterbeiBeantwortungder skizziertenFragestellungenzuunterstützen. „Investorsknow thatwhileacompanymaybebankruptinthesenseofits hardassets,significantvalueremainsinthebranditself.“29 DiedeutscheTraditionsmarkeMärklin,bekanntfürihreModelleisenbahnen,geriet2009indieInsolvenz.Während(aber auchnach)derRestrukturierungsetzteMärklinaufdieMarke selbstalswichtigenWerttreiberundkonntedurchdieLizenzvergabeanverschiedeneProduktlinieneinensolidenTeilder Erlösesichern(bspw.Bekleidung&Film).30 GordonBrothers erwarbdieMarkenrechtevonPolaroidundmachteausder insolventenMarkeeinLizenzmodellbasierendaufderstarken Marke.GordonBrothersschriebzumFallPolaroid:„[We]investedinastrongbranddespitechallengesandtransformed thefilmandcameracompanyintoathrivinglicensingbusiness.“ZumZeitpunktdesVerkaufs2017wardieMarkePolaroidaufeinerVielzahlvonElektronikproduktenvonActionkameras,Tablets,FlachbildfernsehernbishinzuSonnenbrillen vertreten.Polaroid-Produktewurdeninüber100.000Einzelhandelsgeschäfteninmehrals100Ländernweltweitvertrieben.31

3.FazitundZusammenfassung

StarkeMarkensindwertvolleVermögenswertevonUnternehmen.DasDeutschePatent-undMarkenamtakzentuiert: Mar-

kensindnichtnurKostenfaktoren,sondernwichtigeEinflussfaktoren,diedenGesamtwerteinesUnternehmenssteigern können32.DurchdieInsolvenzwirdeineSondersituation ausgelöst.DiesbedeutetjedochnichtzwangsläufigeinenvollständigenodersignifikantenWertverlustderMarke,sondern eröffnetunterstrategischerBetrachtungauchChancenzur Verwertung,SanierungoderNeupositionierung.FürInsolvenzverwalterstelltsichimerstenSchrittdieHerausforderung,denmöglichenMarkenwertzuerkennenunddiedaraus resultierendewirtschaftlichsinnvollsteVerwertungzubestimmen–seiesdurchVerkauf,LizenzierungoderIntegrationin eineFortführungslösung.DabeikanneinefundierteBewertungmitentscheidendsein,umdieInsolvenzmassezumaximierenundGläubigerinteressenbestmöglichzuwahren.

DievorgestellteChecklistebieteteinepraxisnaheEntscheidungshilfe,umsystematischzuprüfen,obeineMarkenbewertungim Einzelfallzielführendist.AnschließendzeigtdieserBeitrag,dass eindurchdachterUmgangmitMarkenwerteninderInsolvenz nichtnurfinanzielleVerlusteminimieren,sondernauchneue wirtschaftlichePerspektiveneröffnenkann–fürGläubiger,InvestorenundmöglicheKäufergleichermaßen.

InTeilIIdesBeitragswirddurcheineMarkenbewertungunter Insolvenzbedingungengeleitet,umderChecklistefolgendein digitalesMarkenbewertungs-ToolfürInsolvenzverwalterbereitzustellen.

29 Steele,Actualorhypothetical:Determiningthepropertestfortrademarklicenseerightsinbankruptcy,MarquetteIntellectualPropertyLawReview 14/2010S.414.

30 Vgl.nordbayern.de,MärklinfreutsichüberStabilität,2018,s.u.https:// www.nordbayern.de/wirtschaft/marklin-freut-sich-uber-stabilitat-1. 7156440;solutionsbyHandelsblattMediaGroupGmbH,Märklin–Mit VolldampfzurückindieErfolgsspur,2019,s.u.https://www.absatzwirt schaft.de/maerklin-mit-volldampf-zurueck-auf-die-erfolgsspur-223850/.

31 Vgl.GordonBrother,Polaroid,s.u.https://www.gordonbrothers.com/casestudy/polaroid/,ohneDatum.

32 DeutschesPatent-undMarkenamt,Marken:EineInformationsbroschüre zumMarkenschutz,2021,s.u.https://www.dpma.de/docs/dpma/veroef fentlichungen/broschueren/bro_marken_dt.pdf.

KSI-Nachrichten

WechselinderVID-Geschäftsführung

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DerBerufsverbandderInsolvenzverwalterundSachwalter Deutschlands(VID)hatdieErnennungvon Dr.AndreasKästner zumneuenGeschäftsführerbekanntgegeben.Erhatseine PositionabMaiangetretenundbringteineVielzahlanErfahrungenundgroßesEngagementindieOrganisationein.WährendseinerZeit(2012–2014)alswissenschaftlicherMitarbeiterbeimVIDpromovierte mitsummacumlaudezum BerufundBerufsrechtdesInsolvenzverwalters. „Einwichtiges

Thema,nichtnurfürunserenBerufsverband,sondernauch fürdieBundesregierung,dienachdemKoalitionsvertragdie SelbstverwaltungderFreienBerufestärkenwill“,so Dr. ChristophNiering,InsolvenzverwalterundVorsitzenderdes VID.NachdemReferendariatwar Kästner sechsJahrelang alsRechtsanwaltinBerlintätig,zuletztalsStandortleitereiner überörtlichenRechtsanwaltsgesellschaft.

DerbisherigeGeschäftsführer, Dr.DanielBergner,bleibtdem VerbandweiterhinerhaltenundwirddenÜbergangsprozess begleiten.ErwirdsichzukünftigundbiszuseinemaltersbedingtenAusscheidenaufdenBereichFortbildungkonzentrieren,dernunmehrunterseinerVerantwortungdeutlichausgebautwerdensoll.

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