A. Meier · Der späte Zwang als unterschätzter – aber maßgebender – Lastfall für die Bemessung
Bild 8. Ebene Gründungsplattenuntersicht mit herabgesetzten Zwangsspannungen (aus [7], nach [8]) Fig. 8. Bottom view on a plane foundation slab with low restraint stress (from [7], according to [8])
Bild 9. Unebene Gründungsplattenuntersicht mit erhöhten Zwangsspannungen durch Verzahnung (aus [7], nach [8]) Fig. 9. Bottom view on a non-plane foundation slab with high restraint stress (from [7], according to [8])
untersicht eine unebene Gründungsplattenuntersicht analog zu Bild 9 geplant und ausgeführt. Das Schwinden von Beton ist ein kontinuierlicher und länger andauernder Prozess, der sich durchaus über einen Zeitraum von mehreren Jahren erstrecken kann. Dadurch entsteht in bewegungsbehinderten, also Zwang unterliegenden Stahlbetonplatten alleine schon aus dem zum Baustoff Beton gehörenden Materialverhalten (neben lagerungs- bzw. lastbedingten Biegebeanspruchungen) eine im Laufe der Jahre immer größer werdende Zugbeanspruchung. Sofern die betroffene Stahlbetonplatte (vgl. auch Bild 7) zusätzlich auch Temperaturunterschieden ausgesetzt ist, werden die auftretenden Zwangskräfte u. U. zeitweise nochmals erhöht. Ist eine Stahlbetongründungsplatte idealerweise auf ihrer Unterseite horizontal eben ausgebildet (vgl. Bild 8) und auf einer möglichst gleitfähigen Unterlage hergestellt worden, so kann sie auf die auf sie einwirkenden, oben beschriebenen, baustoff- und/oder temperaturbedingten Kräfte durch Verkürzung bzw. Ausdehnung reagieren. Diese „Entspannung durch Bewegung“ ist bei einer Konstruktion nach Bild 9 oder 10 durch die Verzahnung des Gebäudes mit dem Baugrund nicht rissfrei möglich. Hier entstehen im Vergleich zur durchgeführten statischen Berechnung deutlich erhöhte Zwangskräfte aus Bewegungsbehinderung, die die Gründungsplatte beanspruchen. Neben den in Bild 8 dargestellten, biegesteif und monolithisch an die Gründungsplatte angeschlossenen Einzel- bzw. Streifenfundamentverdickungen kann die Bewegungsabsicht einer Gründungsplatte auch noch durch andere Einflüsse behindert werden. Dies können z. B. Reibungskräfte zwischen zwei an sich ebenen Untergründen wie Sauberkeitsschicht und Konstruktionsbeton ebenso sein wie Fixpunkte, z. B. in Form von Pumpensümpfen oder Aufzugsunterfahrten. In der Folge zeigt sich dann bei Gründungsplatten z. B. die in Bild 10 dargestellte, hier stark schematisierte Rissbildung. Zusammengefasst entstehen für Gründungsplatten zum einen Zwangssituationen aus Bewegungsbehinderun-
gen in frühem (Lastfall früher Zwang), aber vor allem auch spätem Bauteilalter (Lastfall später Zwang). Die bei spätem Zwang auftretenden Kräfte sind bedingt durch die mittlerweile erreichte Endfestigkeit des Betons betragsmäßig größer als die im frühen Stadium. Der Baustoff Stahlbeton kann dann dieser Beanspruchung meistens nur noch seinem grundsätzlichen Funktionsprinzip folgend die eingelegte Bewehrung entgegensetzen, weil die Beanspruchbarkeit des reinen Baustoffes Beton durch Zugkräfte schnell überschritten wird. Eine nur auf den Lastfall abfließende Hydratationswärme bemessene Stahlbetongründungsplatte kann aber in spätem Bauteilalter diese Belastungen oft nicht mehr folgenlos aufnehmen. Die eingelegte Bewehrung kann zwar die Beanspruchungen aus abfließender Hydratationswärme im Lastfall früher Zwang aufnehmen und durch Rissbildungen in der geplanten Größenordnung kompensieren, für den Lastfall später Zwang hingegen ist sie aber unterdimensioniert. Eine betroffene Gründungs-
Bild 10. Schematisierte Rissbildung zwischen Fixpunkten einer Stahlbetongründungsplatte (aus [7]) Fig. 10. Schematic crack formation between fixpoints of a reinforced foundation slab (from [7])
Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 4
221