M. Mensinger/H. Möller · Einfluss von Querkraftanschlüssen auf das Biegedrillknicken von Einfeldträgern –Teil 1: Wissenschaftlicher Hintergrund
Bild 4. Versuch V1: Ermittlung der Torsionsfedersteifigkeit kD anhand der Momenten-Verdrehungsbeziehung Fig. 4. Test V1: Determination of the torsional spring stiffness kD on the basis of the Moment-rotation-curve
ges, ausgeklinktes Fahnenblech mit Anschluss an den Hauptträgerobergurt) gegenübergestellt. Dargestellt ist das Verhältnis des idealen Biegedrillknickmoments mit Fahnenblechlagerung zu dem eines gabelgelagerten Einfeldträgers (Mcr,FB/Mcr,Gabel), aufgetragen über der Schlankheit LStütz/ hNT. Zunächst wird deutlich, dass der Einfluss der vorhandenen Auflagersituation mit zunehmender Schlankheit des Trägers abnimmt. Mit den vorliegenden Anschlussgeometrien wird für eine Schlankheit LStütz/hNT = 20 bereits ca. 90 % des Mcr eines vergleichbaren gabelgelagerten Einfeldträgers erreicht, d. h. dass die Wahl des Anschlusstyps vor allem bei kurzen Trägern von großer Bedeutung ist. Des Weiteren lässt sich anhand der Kurven erkennen, dass der Gewinn durch Hinzufügen der Ausklinkung am Fahnenblech mit Anschluss an den Hauptträgerobergurt bezogen auf Mcr verhältnismäßig gering ist. Trotz einer Abweichung von ca. 25 % bei der Torsionsfedersteifigkeit kD (vgl. Tabelle 1) zwischen den beiden Anschlusstypen liegt die Abweichung beim idealen Biegedrillknickmoment Mcr bei Schlankheiten LStütz/hNT ≥ 10 unter 10 %.
3 Numerische Untersuchungen Bild 5. Verhältnis Mcr,FB zu Mcr,Gabel – Vergleich Versuch V1 mit Versuch V4 Fig. 5. Ratio Mcr,FB to Mcr,Gabel – comparison of test V1 with test V4 Tabelle 1. Torsionsfedersteifigkeiten kD der Versuche V1 bis V6 Table 1. Torsional spring stiffness kD of the tests V1to V6 Versuch
V1
V2
V3
V4
V5
V6
kD in kNm/rad
110
45
70
150
17
355
wählt, in der die lokalen Profilverformungen des direkten Anschlussbereichs bereits abgeklungen waren, die jedoch so nah am Anschluss liegt, dass die zusätzlich auftretende Verdrehung des Trägers an sich aufgrund der Torsionsbelastung einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Gesamtverformung hatte. Aufgrund der Steigung der Momenten-Verdrehungsbeziehung im elastischen Bereich ergibt sich für Versuch V1 eine Torsionsfedersteifigkeit von ca. kD = 110 kNm/rad (vgl. Bild 4). Analoges Vorgehen bei der Auswertung der weiteren Versuche (V2 bis V6) liefern die in Tabelle 1 zusammengefassten Torsionsfedern kD.
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Auswirkungen der Torsionsfeder auf Mcr Unter Verwendung eines geeigneten Programms (z. B. DRILL oder BTII von Frilo) kann die Torsionsfeder kD bei der Berechnung von Mcr berücksichtigt werden. Auf das zu verwendende Ersatzmodell und die Besonderheiten, die für die verschiedenen Anschlusstypen zu beachten sind, wird im zweiten Teil der Veröffentlichung [7] näher eingegangen. Zur Verdeutlichung der Auswirkung eines Fahnenblechanschlusses auf Mcr werden in Bild 5 die Ergebnisse für die Versuche V1 (langes Fahnenblech) und V4 (lan-
Die numerischen Untersuchungen wurden mit einem FE-Modell aus Schalenelementen durchgeführt, das in Bild 6 beispielhaft für den Anschlusstyp A – langes Fahnenblech – dargestellt ist. Um Rechen- und Modellierungszeit zu sparen, wurde das halbe System ohne zusätzliche Modellierung des Hauptträgers betrachtet, da dieser in den Versuchen keine nennenswerten Verformungen erfuhr. Die Schraubverbindung ebenso wie der Kontakt zwischen Fahnenblech und Steg wurde über Federn modelliert (Details s. [3]). Dafür wurden die Knoten entlang des Schraubenlochrandes sowohl am Steg als auch am Fahnenblech bzw. Winkel jeweils an einen Knoten im Lochmittelpunkt in der Scherfuge gekoppelt. Diese Knoten wurden je Schraube über Scher-Lochleibungsfedern in vertikaler und horizontaler Richtung, die das Verformungsverhalten der einzelnen Schrauben bei der Beanspruchung senkrecht zur Schraubenachse erfassen (vgl. [3], [4] und [5]), sowie eine
Stahlbau 83 (2014), Heft 1
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