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Berichte Bauteilen, welche einer periodischen Beaufschlagung mit Wasser ausgesetzt waren. Die Betondecken spannen als Durchlaufträger mit einer Deckendicke von 10 cm bis 13 cm. Auflager bilden Stahlunterzüge mit einem Profil I 340. Im Bereich der Auflager waren die Stahlbetondecken an der Oberseite fast ausnahmslos gerissen. Die Begutachtung des Stahlbetons ergab, dass die Betondecken in den Ebenen +28,60 m bis +41,20 m ansteigende und bis +51,34 m wieder abfallende, zum Teil sehr hohe Chloridwerte aufweisen. Vermutlich wurde bei der Erstellung des Schachtes II bei starker Kälte Salz in das Anmachwasser des Betons gegeben. Infolgedessen wiesen die Bewehrungsstähle in den Decken hohe Abrostungsgrade von bis zu 3 mm auf. Mit diesen Randbedingungen waren die Bestandsdecken für die geplante neue Nutzung statisch nicht nachzuweisen. Ein weiterer Feuchtigkeitseintritt ist in jedem Fall zu vermeiden. Aus diesem Grund wurden alle Betondecken mit einer Folie oberseitig vor Feuchtigkeitseintritt geschützt und alle Deckenfelder der betroffenen Ebenen mittels neuer unterspannter Träger in Feldmitte unterstützt. Der unterspannte Träger besteht aus zwei U 180-Profilen mit zwei dazwischen angebrachten, über ein Gewinde in der Länge verstellbaren Pendelstäben. Dadurch wurde eine einfache Vorspannmöglichkeit vorgesehen, welche
Bild 2. Umbau 2008 Ebene 9
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Stahlbau 81 (2012), Heft 1
einen Kontakt zur Decke herstellt. Das Unterspannseil, ein offenes Spiralseil ∅ 8 mm, greift exzentrisch an, wodurch sich das Seil gegen Ausweichen aus der Tragachse selbst stabilisiert. Die Ertüchtigung der Ebenen 5, 8 und 9 wurde bereits im Jahre 2008 ausgeführt, Anlass hierfür war eine im Förderturm anberaumte Bundesbauministerkonferenz im Zuge der Vorbereitungen zur Ruhr 2010; Bild 2 zeigt die umgebaute Ebene 9.
2 Tragwerkskonzept Neubau Der Kernpunkt des Tragwerkskonzeptes für das neue Gebäude ist die Begrenzung der Belastung der Eckstützen des Bestandsturmes. Die Belastung dieser vier Stahlstützen infolge vertikaler und horizontaler Beanspruchung aus der Gebäudeaufstockung darf nicht größer sein als die ursprünglich angesetzten Bemessungslasten im Rahmen der Nutzung als Förderschacht. Die ursprüngliche Bemessungslast der Stütze bzw. des Fundamentes gibt die maximale Belastung der Bestandseckstützen für das neue Hochhaus vor. Im Wesentlichen besteht die Tragwerksentwicklung für dieses Projekt aus zwei Aufgaben: zum einen aus der Steuerung des Kraftflusses innerhalb des Gebäudes, so dass die Neubelastung aus der Aufstockung und den größeren Horizontalbeanspruchungen nicht zu einer Mehrbelastung der Bestandseckstützen führt,
und zum anderen aus der lokalen Lasteinleitung der Aufstockungslasten in die Bestandsstruktur. In einem ersten Schritt der Tragwerksanalyse wurden die vorhandenen Lastreserven in den Tragelementen der Bestandsstruktur bestimmt. Bei den vier Eckstützen ergaben sich Lastreserven aus dem zu hoch angesetzten Windlastansatz in der Bestandsstatik, aus der Betriebslast des Seiles sowie aus den ehemals hohen Nutzlasten der Bühnen. Für die Lasteinleitung der neuen Aufstockungslasten auf Ebene +46,25 m, der Maschinenebene des Förderschachtes, war die hauptsächliche Tragreserve die Seilbruchlast, welche an allen Vertikalen des Fachwerkes auf der Süd- und Nordseite für die Bemessung angesetzt wurde. Generell bestand eine Systemreserve in der Symmetrie des Tragwerks, da die Profile in der Ost- und West- sowie der Süd- und Nordseite für die ungünstigere Last gleich ausgeführt wurden. Die Kopplung der Aufstockung an den Bestand erfolgte an zwölf Anbindungspunkten, wodurch die Kräfte gezielt entsprechend den Lastreserven der Bestandsstruktur eingeleitet werden konnten. Zwei geschosshohe Fachwerkträger im Norden und Süden in der Ebene 13 der Aufstockung vermitteln zwischen der Stützenstellung der neuen Gebäudeaufstockung und dem bestehenden Fachwerkturm. Die unteren Knoten der Fachwerkträger auf +61,61 m liegen genau in den Tragachsen des Bestandsturmes, in welchen sich die beiden Eckstützen und die dazwischen liegenden drei vertikalen Fachwerkstäbe der Maschinenebene befinden. Die Ermittlung der Kräfte in den Tragwerkselementen der Aufstockung, des Bestandsturmes und des Erschließungsturmes infolge der horizontalen Beanspruchungen erfolgte anhand eines FE-Modelles, das die Gebäudestruktur räumlich abbildet. Die Fachwerkstruktur des Bestandsturmes und der Aufstockung wurde als räumliches Stabwerk, die Betonröhre des Erschließungsturms als Schale abgebildet. Die Knoten der Fachwerkstruktur wurden als gelenkige Anschlüsse eingegeben. Die Verbindung der Stahlbetonriegel und Stahlbetonstützen wurde monolithisch modelliert und in der Ausführung entsprechend geplant. Die Kopp-