Stahlbau 01/2012 free sample copy

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H. Moldenhauer · Die Visualisierung des Kraftflusses in Stahlbaukonstruktionen

Bild 5. Die Analogie für rotationssymmetrische Koordinatensysteme (r, ϕ, z) zwischen der Kontinuitätsgleichung der Hydromechanik (links) und dem statischen Gleichgewicht in r- und z-Richtung (rechts) ist nur für die z-Richtung gegeben (rot hervorgehoben) Fig. 5. Analogy for axisymmetric systems between conservation of mass (left) and static equilibrium (right) is granted only for the z-direction (red highlighted)

fy = [τyx σyy τyz] Kraftvektor in y-Richtung

(5c)

fz = [τzx τzy σzz] Kraftvektor in z-Richtung

(5d)

Die Kraftvektoren (in 2- und 3D) wurden mit Hilfe des Gesetzes der zugeordneten Schubspannungen so formuliert, dass die jeweiligen Spannungskomponenten vektoriell in einer Fläche addiert werden dürfen. Der erste Index steht für die Flächennormale, der zweite für die Richtung (s. auch Bild 2). Es erhebt sich die Frage, ob der Kraftfluss auch bei Verwendung anderer Koordinatensysteme korrekte Ergebnisse liefert, d. h. Konstanz einer Kraftkomponente längs ihrer Kraftflusslinie vorliegt. Die Antwort ist wiederum über die Analogie zur Hydromechanik zu beantworten. Werden die entsprechenden Kontinuitätsgleichungen mit den statischen Gleichgewichtsbeziehungen in denselben Koordinatensystemen verglichen, so stimmen sie a)

allenfalls nur für bestimmte Koordinatenrichtungen überein. Zum Beispiel: Für ein rotationssymmetrisches System (r, ϕ, z) stimmt die statische Gleichgewichtsbedingung in Radialrichtung, s. Gl. (8), formal nicht mit der Kontinuitätsgleichung überein [6], eine einfache Formel für den radialen Kraftfluss existiert nicht, im Gegensatz zum axialen Kraftfluss fz , Gl. (9).

2.3 Grafische Darstellung der Kraftflussvektoren im Mohrschen Spannungskreis Der Mohrsche Spannungskreis ist für die Darstellung von Spannungstransformationen, insbesondere für die Visualisierung der Hauptspannungsrichtung, ein wertvolles grafisches Hilfsmittel. Bild 6 zeigt nun, dass die Kraftflussrichtung sich dort ebenso darstellen lässt. Der Kragbalken unter Querlast ist durch Horizontalspannungen σxx und τxy gekennzeichnet. In der elemen-

taren Biegetheorie wird σyy zu Null gesetzt. Obwohl die Querlast in globaler y-Richtung wirkt, ist der Kraftfluss wegen den σxx-Spannungen, besonders beim langen Balken, in x-Richtung dominant. Im Gegensatz dazu steht das Beispiel in Abschnitt 1. Dort stimmt die Belastungsrichtung mit dem dominanten Kraftfluss in x-Richtung überein. Über die Dominanz eines Kraftflusses ist allein die Größe des Betrags fx, fy bzw. fz, s. Gl. (5), entscheidend und hängt nicht zwingend zusammen mit der Belastungsrichtung. Beim Kragbalken resultiert der y-Kraftfluss nur aus dem Beitrag von τxy und ist im Bild 6a durch die blauen Horizontallinien der parabelförmigen q-Verteilung angedeutet. Diese erstrecken sich, horizontal konstant bleibend, bis zur Einspannung des Balkens am rechten Ende. Der in Bild 6a gezeigte Kraftfluss hat in x-Richtung keinen externen Lastbeitrag. Wird das System freigemacht, so erscheinen die Reaktionskräfte als externe Lasten. Die Kraftlinien starten deshalb an der Einspannstelle im Zugbereich (y > 0) und enden dort im Druckbereich (y < 0), die maximale Umlenkung beträgt 180°. Zwischen zwei Kraftlinien ist fx konstant, gekennzeichnet durch eine einheitliche Färbung. Das Farbband ist auf der Biegeachse (y = 0) maximal gespreizt, die fx-Intensität also minimal. Dort stammt der Beitrag zu fx ausschließlich aus τyx (= τxy). In Bild 6b demonstriert der Mohrsche Spannungskreis den Zusammenhang zwischen den Spannungskomponenten und der dazugehörigen x-Kraftflussrichtung α bzw. der ersten Hauptspannungsrichtung γ. Das in Bild 6c gezeigte orthogonale System der Hauptspannungsc)

b)

Bild 6. Kragbalken unter vertikaler Querlast q bzw. Q, a) x-Kraftflusslinien, b) Hauptspannungslinien entsprechend der größten und kleinsten Hauptspannung σ1 und σ2, c) Kragbalken (in Horizontalrichtung gestaucht) mit Mohrschem Spannungskreis Fig. 6. Cantilever beam under vertical load q, a) x-load path, b) mean stress lines corresponding to the maximum and minimum mean stress σ1 und σ2, c) cantilever beam (shortened in x-direction) with Mohr’s circle

Stahlbau 81 (2012), Heft 1

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