Fachthemen Matthias Mix
DOI: 10.1002/stab.201710447
Sicherheitsaspekte beim Stabilitätsnachweis von Hochspannungsstahlgittermasten Hochspannungsstahlgittermaste sind Stahlbauwerke aus überwiegend schlanken Winkelprofilen. Die Schlankheitsgrade für Biegeknicken bewegen sich im Intervall von ≈ 40 für Eckstiele bis ≈ 160 für Diagonalstäbe. Der Nachweis erfolgt in Europa entsprechend VDE 0210-1 nach Theorie erster Ordnung. In Abhängigkeit des bezogenen Schlankheitsgrades erfolgt eine Abminderung der Streckgrenze. Zusätzlich wird ein Teilsicherheitsbeiwert angesetzt. In Deutschland wird entsprechend VDE 0210-2-4 die Knickspannungslinie c verwendet. Die europäischen Knickspannungslinien sind durch reale und numerische Experimente bestimmt worden. Der Abminderungsfaktor auf die Streckgrenze wird für alle Schlankheitsgrade durch eine empirische Gleichung beschrieben. Das Produkt aus Abminderungsfaktor, Streckgrenze und Brutto- bzw. Effektivquerschnittfläche ergibt die rechnerische, charakteristische Traglast. Diese ist aus Sicherheitsgründen für alle Schlankheitsgrade so niedrig gewählt, dass sie von mindestens 97,7 % der Versuche überschritten wird. Der Erwartungswert der Traglast liegt somit über der charakteristischen Traglast – sie streut jedoch. Die Versuche zeigen unterschied liche Variationskoeffizienten von 0,09 im Bereich kleiner Schlankheitsgrade, die für große Schlankheitsgrade auf Werte um 0,05 sinken. Der Erwartungswert der Traglast liegt im Bereich kleiner Schlankheitsgrade weiter oberhalb der empirischen Gleichung als im Bereich großer Schlankheitsgrade. Dies führt für Stäbe mit unterschiedlichem Schlankheitsgrad, die bei semiprobabilistischem Nachweis zu 100 % ausgenutzt sind, zu unterschiedlichen Zuverlässigkeitsindizes. Safety aspects in the proof of stability of high voltage steel lattice towers. High voltage steel lattice towers are steel con structions that mainly consist of slender steel angles. The slen derness ratios for buckling are within the interval of ≈ 40 for cor ner bars to ≈ 160 for diagonal brace bars. In Europe the proof uses the linear static analysis according to VDE 0210-1. Depen ding on the relative slenderness ratio the yield strength is redu ced. A partial safety factor is, moreover, set. In Germany the buckling stress curve c is used according to VDE 0210-2-4. The European buckling stress curves are determined by real and nu meric experiments. The reducing factor on the yield strength is described by an empiric formula for all slenderness ratios. The product calculated from reducing factor, yield strength and cross section or effective cross section is the characteristic load capa city. For safety reasons the characteristic load capacity is low determined. For all slenderness ratios at least 97.7 % of all experi ments should have higher load capacities than the characteristic load capacity. Therefore the mean value of the load capacity is higher than the characteristic value. But the load capacity is scattering. The experiments show different coefficients of vari
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ance from 0.09 for low slenderness ratios to 0.05 for high slender ness ratios. Therefore the mean value of the load capacity ex ceeds the characteristic value more for low slenderness ratios and less for high slenderness ratios. This leads to different safety indices for bars with different slenderness ratios if all of them have the same-semi probabilistic capacity utilisation of 100 %.
1 Stabilitätsnachweis nach VDE 0210-2-4 Hochspannungsstahlgittermaste sind Stahlbauwerke, die überwiegend aus schlanken Winkelprofilen hergestellt werden. Die Schlankheitsgrade für Biegeknicken bewegen sich meist im Intervall von 40 für Eckstiele bis 160 für Diagonalstäbe. Der Nachweis erfolgt in Europa entsprechend VDE 0210-1 [1] nach Theorie erster Ordnung, für Querschnitte der Klasse 3 mit NSd N(γ S ⋅ Sk ) = ≤ 1,0 NRd χ ⋅ fy /γ R ⋅ A Br
(1)
und für Querschnitte der Klasse 4 mit NSd N(γ S ⋅ Sk ) = ≤ 1,0 NRd χ ⋅ fy /γ R ⋅ A eff
(2)
– In Abhängigkeit des bezogenen Schlankheitsgrades λ erfolgt beim Nachweis eine Abminderung der charakteris tischen Streckgrenze fy. In VDE 0210-1 findet die europäische Knickspannungslinie a0 Anwendung, was jedoch eine Berücksichtigung der Anschlussexzentrizitäten durch effektive Schlankheitsgrade erfordert. In Deutschland wird entsprechend VDE 0210-2-4 [2] die Knickspannungslinie c verwendet. Die Ermittlung der Schlankheitsgrade ist gegenüber VDE 0210-1 vereinfacht. Zusätzlich wird ein Teilsicherheitsbeiwert in Höhe von gR = 1,1 angesetzt. DIN EN 1993-1-1 [3] ordnet Winkelprofile der Knickspannungslinie b zu. VDE 0210-2-4 erfordert die Berücksichtigung des größeren der beiden Schlankheitsgrade aus Biegeknicken und Biegedrillknicken. Der Schlankheitsgrad für Biegeknicken beträgt allgemein λ BK = k ⋅
L i
(3)
Je nach Lage des Stabes im statischen System sind allgemein mehrere Knickrichtungen mit unterschiedlichen
© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 86 (2017), Heft 1