M. Kraus/S. Mämpel · Kennwerte neuer und abgenutzter Kranschienen für die Bemessung von Kranbahnträgern
Schienenkopfhöhe um 12,5 % festgelegt, was im Hinblick auf vorhergehende Normengenerationen eine gewisse Neuerung darstellt. Vor diesem Hintergrund sind Querschnittskennwerte neuer Kranschienen, wie sie beispielsweise für die Formen A und F auch in DIN 536 Teil 1 [13] und Teil 2 [14] spezifiziert sind, für die Nachweisführung von untergeordneter Bedeutung. Lediglich für die Lage des Lastangriffspunktes der Radlasten kommt den Abmessungen der neuwertigen Schienen eine gewisse Bedeutung zu. Die Querschnittswerte, die für die statischen Nachweise und die damit verbundene Bemessung des Kranbahnträgers auf Grundlage der Stabtheorie zu ermitteln sind, werden durch die Art und die konstruktive Ausbildung der Schienenbefestigung maßgeblich beeinflusst. Sofern Schienen schubstarr mit dem Trägerprofil verbunden sind, d. h. beispielsweise angeschweißt oder mit Hilfe von Passschrauben bzw. vorgespannten Schrauben der Kategorie C gleitfest angeschlossen sind, kann für die o. g. globalen Nachweise ein Gesamtquerschnitt bestehend aus Kranbahnträgerprofil und Schiene in Ansatz gebracht werden. Hinsichtlich der zweiachsigen Biegebeanspruchung sind für den Gesamtquerschnitt die Hauptträgheitsmomente von Interesse, zu deren Ermittlung die Kenntnis einiger Querschnittswerte der abgenutzten Kranschienen hilfreich sein kann. Hierzu zählen beispielsweise die Fläche A, die Flächenträgheitsmomente Iy und Iz sowie die Lage des Schienenschwerpunktes. Bzgl. der Torsionsbeanspruchung der Kranbahnträger kann das St. Venantsche Torsionsträgheitsmoment IT der Kranschiene darüber hinaus für eine Abschätzung der Torsionssteifigkeit des Gesamtquerschnitts genutzt werden, wobei hierzu in Abschnitt 4 ergänzende Betrachtungen vorgenommen werden. Ergänzend sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass die Schienen der Form A und F üblicherweise bei schwerem Kranbetrieb eingesetzt werden, bei dem von einer schubfesten Verbindung zwischen Kranbahnträger und Kranschiene abgesehen werden sollte. Zu empfehlen ist eine klemmende Befestigung, wie sie beispielsweise in Bild 2 dargestellt ist. In diesem Fall hat die Schiene keinen Einfluss auf die Querschnittswerte, die bei globalen Nachweisen für den Kranbahnträger zu berücksichtigen sind. Für lokale Nachweise werden die statischen Werte der abgenutzten Kranschienen jedoch nicht nur bei schubfester Verbindung zwischen Profil und Schiene benötigt, sondern beispielsweise auch bei schwimmender Schienenlagerung (vgl. EC3-6 Abs. 5.7.1 (2)) [11]. So ist hinsichtlich der Radlasteinleitung für den Spannungsnachweis im Steg sowie für den Beulnachweis des Stegblechs die Kenntnis der Lastausbreitung im Trägerprofil erforderlich, die nach DIN EN 1993-6 von Steifigkeitsverhältnissen (des Obergurts und der Schiene) und damit auch vom Flächenträgheitsmoment zweiten Grades Iy der abgenutzten Kranschiene (mit 25 % Schienenkopfabnutzung) abhängt. Im Zusammenhang mit der Ermüdungsfestigkeit ist die beschriebene lokale Radlasteinleitung und die damit zusammenhängende Lastausbreitung ebenfalls von Bedeutung, so dass auch hier das Iy der abgenutzten Kranschiene (jetzt mit 12,5 % Schienenkopfabnutzung) benötigt wird. Beim Ermüdungsnachweis sind ab der Beanspruchungsklasse S3 (vgl. NDP zu DIN EN 1993-6 Abs. 9.3.3(1) Anmerkung) [11] darüber hinaus im Stegansatz zusätzli-
Bild 2. Geklemmte Kranschiene mit elastischer Unterlage Fig. 2. Clamped crane rail with elastic underlayment
che Biegespannungen sT,Ed aus einer exzentrischen adlaststellung zu berücksichtigen. Bei schubstarrer R Befestigung kann hier die Torsionssteifigkeit IT der ab genutzten Schiene mit in Ansatz gebracht werden (vgl. DIN EN 1993-6 Abs. 5.7.3 (1)) [11].
2 Grundlagen der Querschnittswerteberechnung Zur Berechnung der Kennwerte der neuen und abgenutzten Kranschienen wird das Finite-Elemente-Programm QSW-FE [3] herangezogen. Da die theoretischen Grundlagen zur Berechnung der Querschnittswerte mit der FEM sowie praktische Anwendungen in [4] und [5] ausführlich erläutert sind, werden hier lediglich die prinzipiellen und grundlegenden Zusammenhänge vorgestellt. Für die Berechnung normierter Kennwerte eines Querschnitts werden normierte Bezugssysteme benötigt. Aufgrund der Symmetrie zur z-Achse kann die Lage des Schwerpunktes S und die des Schubmittelpunktes M für die Kranschienen in horizontaler Richtung unmittelbar angegeben werden. Gleiches gilt für die Richtungen der Hauptachsen, so dass auch die y-Hauptachsenkoordinaten bekannt sind (vgl. Bild 3). Bei der Bestimmung der Querschnittswerte bleiben für die Kranschienen somit folgende Aufgaben, die rechnerisch untersucht und entsprechend des Vorschlags in [6] aus Gründen der Übersichtlichkeit in zwei Teile gegliedert werden: Teil I: Bestimmung des y-z-Hauptachsensystems –– Lage des Schwerpunktes S in z-Richtung –– Ordinaten im y-z-Hauptachsensystem –– Querschnittskennwerte A, Iy, Iz Teil II: Bestimmung des w-Hauptsystems –– Lage des Schubmittelpunktes M in z-Richtung –– normierte Wölbordinate w –– Querschnittskennwerte Iw und IT Wie in Bild 4 dargestellt, werden die Querschnitte zur Lösung der genannten Aufgaben mit finiten Elementen diskretisiert. Insbesondere für den Teil II ist eine derartige numerische Behandlung erforderlich, da für Querschnittsgeometrien, wie sie mit den Kranschienen vorliegen, keine analytischen Lösungen zur Verfügung stehen. Für den ersten Teil ist eine Berechnung mit der Finite-Elemente-Methode dagegen nicht zwingend erforderlich, es bietet sich
Stahlbau 86 (2017), Heft 1
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