Beton- und Stahlbetonbau 5/2012

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F. Altmeyer/J. Weigl/H. Scharf · Sicherheitsanalyse und statisch konstruktive Ertüchtigung des Naturzugkühlturms Block E im Kraftwerk Niederaußem der RWE-Power AG

lagertisch erstellt, sodass die Schale nicht durch die Lasten der GFK Rohre beansprucht wird. Bild 3 zeigt die Situation aus dem Inneren des Kühlturms. Um die Schale vor der Beanspruchung aus dem leicht sauren Schwaden zu schützen, wurde eine Beschichtung der Schale mit einem Beschichtungssystem [5] ausgeführt. Dieses soll einen Angriff auf den Beton verhindern. In den ersten Jahren des REA Betriebes waren die Auslassöffnungen der Rohre im Inneren direkt gegen die Schale gerichtet. Hierdurch kam es zu einer extremen Beanspruchung des Oberflächenschutzsystems, mit deutlichem Angriff der Betonrandzone. Die Tiefe dieser Schädigung beträgt örtlich begrenzt mehre Zentimeter. Am stärksten beansprucht sind durch die unmittelbare Nähe zu den Rauchgasöffnungen die in Bild 4 rot angelegten Flächen. Deutlich weniger stark beansprucht sind die gelben Flächen. Hier konnte durch eine im Jahr 1996 applizierte Beschichtung der Beton wirkungsvoll geschützt werden, sodass hier von einer Konservierung des Zustands ausgegangen werden kann. Für die stärker beanspruchten Flächen wurde dies im Jahr 1998 ebenfalls versucht, die starke Zerklüftung der Oberfläche verhinderte allerdings ein wunschgemäßes

Bild 3. Nachträglich hergestellte Öffnung für den REA Betrieb, Ansicht von innen Fig. 3. Flue Gas Discharge Opening, Inside View

Bild 4. Durch das Abgas beanspruchte Flächen, Innenansicht Fig. 4. Areas with high Impact by Flue Gas, Inside View

Wirken dieser Beschichtung. Bei einer Befahrung der Innenseite durch einen bautenschutztechnischen Gutachter im September des Jahres 2004 [5] wurde dieses Schadensbild aufgedeckt. Neben Schädigungen der Betonrandzone konnten auch korrosive Schädigungen an der Bewehrung in Ring- und Meridianrichtung festgestellt werden.

5 Prinzipielle Schädigungsmechanismen Anhand eines zweiten Kühlturms des Standortes Niederaußem lassen sich zwei prinzipielle Schädigungsmechanismen infolge Schwadeneinwirkung unterscheiden. Zum einen ist dies die bereits beschriebene direkte massive Beaufschlagung der beschichteten Betonoberfläche durch den Schwaden. Hierdurch kann es dazu kommen, begünstigt und unterstützt durch die UV-Strahlung, dass die Schutzwirkung der Beschichtung aufgehoben und die Betonrandzone flächig angegriffen wird. Dieser Schädigungsmechanismus stellt sich am Kühlturm E dar. Zum anderen konnten an einem zweiten Kühlturm des Standortes (Block F) in Segmenten der Schale lokale Risse mit muldenartigem Charakter beobachtet werden. Ihre Entstehung liegt in der Kombination aus Rauchgasbeaufschlagung und Temperaturbeanspruchung aus Sonneneinstrahlung begründet. Diese ist, im Gegensatz zu den betrieblichen Temperaturbeanspruchungen, nicht über den Umfang konstant. Vielmehr ändert sich die Beanspruchung aus Sonneneinstrahlung im Lauf eines Tages von Süd-Osten nach Süd-Westen, vgl. Bild 5 von rechts nach links. Die maximalen Dehnungen infolge dieser Temperaturbeanspruchung fallen jeweils mit dem Maximum der Sonneneinstrahlung (blau in Bild 5) zusammen und wandern somit im Verlauf des Tages ebenfalls von Süd-Osten nach Süd-Westen. Im späten Verlauf des Tages hat sich auch die Umgebung aufgeheizt, sodass nun mit den größten Beanspruchungen zu rechnen ist. Es entstehen im Wesentlichen Druckspannungen auf der Außenseite und Zugspannungen auf der Innenseite der Schale. In vertikaler Richtung steht dieser Zugspannung die Druckspannung aus Eigengewicht entgegen, sie wirkt wie eine Vorspannung des Querschnitts. In Umfangsrichtung entstehen durch das Eigengewicht nur Spannungen geringfügiger Größenordnung. Dieses sind unterhalb der Taille Druckspannungen und oberhalb der Taille Zugspannun-

Bild 5. Wechsel der Beanspruchungen aus dem Lastfall Sonne im Lauf des Tages (nachmittags – mittags – morgens) – blau = warm Fig. 5. Change of Insolation during the Day (afternoon – midday – morning) – blue = warm

Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 5

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