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C Bemessung
exponentiell abgebaut. Der Reibungsbeiwert reduziert sich dabei vom Haftreibungsbeiwert µH auf den Gleit reibungsbeiwert µG. Die Horizontallast-Verformungs- Kurve ist durch ein stabiles Widerstandsniveau unter großen plastischen Verformungen gekennzeichnet. Das Energiedissipationsvermögen ist sehr groß.
2.5 Schubversagen
Bild 4. Biegedruckversagen im Eckbereich bei geringen vertikalen Auflasten
zontallast-Verformungs-Kurve für Biegedruckversagen im Eckbereich weist auf eine große Duktilität in Verbindung mit geringem Energiedissipationsvermögen hin. Die maximale horizontale Grenzlast, bei der es zu einem Biegedruckversagen der Aussteifungsscheibe kommt, wird nachfolgend als Biegedrucktragfähigkeit VB bezeichnet.
2.4
Horizontales Gleiten entlang der Lagerfugen
Bei gedrungenen Aussteifungsscheiben mit geringen vertikalen Auflasten ist ein horizontales Gleiten entlang einer der unteren Lagerfugen über die überdrückte Restquerschnittsfläche hinweg möglich (vgl. Bild 5). Die entsprechende Tragfähigkeit für horizontales Gleiten VGl hängt wesentlich von der Scherfestigkeit in der Lagerfuge ab, welche sich aus einem auflastunabhängigen Haftscherfestigkeitsanteil und einem auflastabhängigen Reibungsanteil zusammensetzt. Der Reibungsanteil ist dabei unabhängig von der Querschnittsfläche, wohingegen der Haftscherfestigkeitsanteil nur in der überdrückten Restquerschnittsfläche wirkt und somit wie auch das Biegedruckversagen maßgeblich von einem eventuellen Aufreißen der maßgebenden Lagerfuge beeinflusst wird. Nach Erreichen eines Maximalwertes der Scherfestigkeit wird die Haftscherfestigkeit
Bild 5. Horizontales Gleiten entlang der Lagerfugen
Schubversagen zeichnet sich im Allgemeinen durch diagonale Risse aus, die durch eine kritische Kombination von Hauptdruck- und Hauptzugspannungen im Inneren von Aussteifungsscheiben verursacht werden. Das Versagen beginnt dabei meistens im Zentrum der Wandscheibe und tritt entweder in Form von abgetreppten Rissen entlang der Stoß- und Lagerfugen, schrägen Rissen durch die einzelnen Steine über mehrere Lagen oder einer Kombination von beidem auf. Gemäß Bild 6 unterscheidet man beim Schubversagen zwischen den Schubversagensarten Fugenversagen und Steinzugversagen. Fugenversagen tritt bei geringer Auflast in Verbindung mit ausreichender Steinfestigkeit auf und ist durch treppenförmige Risse entlang der Stoß- und Lager fugen gekennzeichnet. Das Versagen erfolgt entweder durch Überschreitung der Haftzugfestigkeit oder der Scherfestigkeit in der Lagerfuge. Insbesondere bei geringen Auflasten in Verbindung mit quadratischen Steinen (hst/lst = 1,0) kann es nach Überschreitung der Haftzugfestigkeit zur Rotation der Einzelsteine kommen, welches nach dem Verlust des Gleichgewichtes zum lokalen Kippen der Einzelsteine2) führt. Dieses Versagen ist zwar sehr duktil, weist jedoch nur ein geringes Energiedissipationsvermögen auf. Führt die Überschreitung der Scherfestigkeit zu einem treppenförmigen Versagen, so spricht man von Reibungs versagen. Die zugehörige Horizontallast-Verformungs-Kurve entspricht der des horizontalen Gleitens (vgl. Bild 5) und weist auf das hohe Energiedissipationsvermögen sowie das duktile, elastoplastische Materialverhalten hin. Liegen höhere Auflasten in Verbindung mit niederfesten Steinen vor, kommt es infolge der Überschreitung der Steinzugfestigkeit fbt zu einem Steinzugversagen. Dieses oftmals schlagartig eintretende Versagen kann im Gegensatz zum Reibungsversagen äußerst spröde sein. In der Praxis tritt in den meisten Fällen eine Kombination aus Fugen- und Steinzugversagen auf. Überschreiten – bei hohen vertikalen Auflasten – die schiefen Hauptdruckspannungen die Druckfestigkeit des Materials, so spricht man von einem Schubdruckversagen. Dabei handelt es sich um eine rein theoretische Versagensart, die optisch kaum vom Biegedruck-
2) Anstelle der im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendeten Bezeichnung Kippen der Einzelsteine wird diese Schubversagensart in der Literatur meistens als Klaffen der Lagerfugen bezeichnet