Beton-Kalender 2015 (Schwerpunkte: Bauen im Bestand, Brücken) - Bergmeister, Fingerloos, Wörner

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Dies führte mit Einführung von DIN 1045:1972-01 [62] zu einer Staffelung der Biegerollendurchmesser in Abhängigkeit von Bewehrungsdurchmesser und Stahlgüte. Der Biegerollendurchmesser von Aufbiegungen und anderen gekrümmten Stäben wurde für die Stahlsorten BSt 420∕500 (III) und BSt 500∕550 (IV) im Vergleich mit der Vorgängernorm bzw. den Zulassungen für Betonrippenstähle vergrößert, ebenso für Bügel, Haken und Schlaufen mit einem Stabdurchmesser > 20 mm. Zusätzlich wurden die Regeln hinsichtlich der seitlichen Betonüberdeckung umformuliert und die Festlegung der Mindestbiegerollendurchmesser für Haken,

Zu Beginn des Stahlbetonbaus wurden glatte Stähle noch häufig mit geraden Stabenden verankert, wie u. a. Mörsch [83] 1902 zu entnehmen ist. Der statische Nachweis erfolgte durch den Vergleich von tatsächlichen mit zulässigen Adhäsionsspannungen, die später auch Haftspannungen genannt wurden. Dieser Nachweis war auch in den Leitsätzen von 1904 [53] und den Bestimmungen von 1907 [55] enthalten. Anfangs durfte eine zulässige Adhäsionsspannung von 7,5 kg∕cm2 angesetzt werden. Bereits 1907 erfolgte eine deutliche Reduktion auf 4,5 kg∕cm2. Unter Berücksichtigung der heutigen Forderung, dass Haft- bzw. Reibungsverbund bei glatten Stählen nur bei planmäßig vorhandenen Querpressungen angesetzt werden darf, ist der Tragwerksplaner im Falle von Lasterhöhungen zu einem entsprechenden Nachweis der Verankerung verpflichtet, was z. B. durch den Ansatz vorhandener Querpressungen bei direkter Lagerung und genügend großem Auflagerdruck erfolgen kann. Andernfalls sind entsprechende Ertüchtigungsmaßnahmen vorzusehen, wie z. B. das nachträgliche Aufbringen von Querpressungen mittels vorgespannter Gewindestangen. Ab den Bestimmungen von 1916 [56] wurde die Verankerung glatter Betonstähle im Wesentlichen auf Basis der Versuche von Bach und Graf [81] aus dem Jahr 1911 abgeleitet. Die Versuche zur „Bestimmung des Einflusses der Hakenform der Eiseneinlagen“ an balkenartigen Versuchskörpern mit Stahleinlagen ϕ 25 mm bestätigten damals, dass Eiseneinlagen mit Walzhaut und Endverankerungen mittels spitzwink-

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Da glatte Betonstähle ab Mitte der 1950er-Jahre in Deutschland zugunsten von Rippenstählen stetig an Bedeutung verloren und Bewehrungsregeln für glatte Betonstähle letztmals in DIN 1045:1978-12 [63] angegeben wurden, kann ihre Verankerung nicht ohne Ingenieursachverstand mit den ausschließlich für Rippenstahl geltenden heutigen Forderungen [39, 40] verglichen werden.

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Verankerung zugbeanspruchter ­glatter Betonstähle

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3.5.6.1

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Für abgebogene Stäbe wurde bereits mit DIN 1045:1943-03 [59] ein Mindestbiegerollendurchmesser in Abhängigkeit der Betondeckung rechtwinklig zur Biegeebene gefordert, da nach Kersten [86] Schäden im Bereich von Aufbiegungen der Biegezugbewehrung in Form von Betonabplatzungen bei zu geringer Betondeckung aufgetreten waren. Doch auch diese Maßnahmen waren nicht ausreichend, da es mit Einführung der Rippenstähle und höheren Stahlfestigkeiten weiterhin zu Schäden kam.

Aufgrund des in Abschnitt 3.5.2 geschilderten völlig unterschiedlichen Verbundverhaltens von Glattund Rippenstählen sowie den damit verbundenen unterschiedlichen Verankerungsprinzipien werden die historischen Verankerungsregeln nachfolgend getrennt mit den aktuellen Vorschriften verglichen.

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Bereits in den Bestimmungen von 1916 [56] wurde zwischen Aufbiegungen von Längsbewehrung und Zugeiseneinlagen mit runden oder spitzwinkligen Haken als Verankerungselement unterschieden. Bei Verankerungselementen mit kleinen Biegerollendurchmessern, wie Haken und Bügeln, ist die Begrenzung der beim Biegen des Stahls auftretenden Dehnung an der Krümmungsaußenseite des Stabes maßgebend. Die Mindestwerte sollen dabei Anrisse an der Krümmungsaußenseite während des Biegens vermeiden, da sich die beim Biegeprozess eingeprägten Stahlspannungen später mit Spannungen aus Last überlagern und so schon bei verhältnismäßig niedrigen Einwirkungen örtlich sehr hohe Beanspruchungen auftreten können. Insbesondere unter nicht vorwiegend ruhender Belastung kann dies zu Anrissen und Sprödbrüchen des Stahls führen. Für Schrägstäbe oder andere aufgebogene Stäbe stellen die Umlenkkräfte im Beton die bemessungsrelevante Größe dar, woraus deutlich größere Biegerollendurchmesser resultieren.

3.5.6 Verankerung zugbeanspruchter ­Längsbewehrung

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Die Biegerollendurchmesser von Betonstählen wurden erstmals in den Bestimmungen von 1916 [56] geregelt. Im Laufe der Zeit erfolgte vor dem Hintergrund steigender Streckgrenzen von 220 N∕mm2 bis zu 500 N∕mm2 eine normative Anpassung. Höhere Stahlspannungen bedingen größere Biegerollendurchmesser, da die Betonpressungen mit steigender Umlenkkraft zunehmen und die Gefahr seitlicher Betonabplatzungen somit steigt (vgl. Abschn. 3.5.3).

Winkelhaken und Schlaufen erfolgte anhand von Rückbiegeversuchen an Betonrippenstählen nach DIN 488:1972-04, Blatt 3 [107]. Diese Regeln sind bis heute für Betonrippenstähle B500 nach DIN EN 1992-1-1 [39, 40] unverändert gültig.

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1970er-Jahre Biegerollendurchmesser analog zu DIN EN 1992-1-1 [39, 40] erwartet werden dürfen (vgl. Tabellen 4 und 5).

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Besonderheiten bei der Bewertung bestehender Tragwerke


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