Berichte Der Faktor ϕ(ü,ü/d) wurde auf Grundlage der numerischen Berechnungsergebnisse zu
3 Biegezugfestigkeit senkrecht zu den Lagerfugen 3.1 Einflussgrößen und bisheriger Erkenntnisstand
ü d 1 ü ⋅ 0,9 + 0,2 ⋅ min ; ;0,5 ϕ(ü,ü/d) = 1 − ⋅ 3 500 d ü
Bei einer Biegebeanspruchung senkrecht zu den Lagerfugen tritt das Versagen in der Regel in der Lagerfuge auf. Dabei ist in Abhängigkeit der Stein-Mörtelkombination ein Mörtelversagen oder ein Verbundversagen in der Kontaktebene Stein–Mörtel zu beobachten. Lediglich bei im Verhältnis zur Steinzugfestigkeit hohen Verbundfestigkeiten, im speziellen Porenbeton-Dünnbettmauerwerk, ist ein Überschreiten der Steinzugfestigkeit maßgebend, wobei auch hier die Rissbildung i. Allg. im Steinrandbereich zur Lagerfuge auftritt. Die baustofftechnologischen Untersuchungen zur Biegezugfestigkeit senkrecht zu den Lagerfugen beschränkten sich bislang i. W. auf das „Abprüfen“ von Wänden oder die Bestimmung der Biegehaftzugfestigkeit mit Ersatzprüfverfahren (z. B. mit dem Bond-Wrench-Verfahren), deren Ergebnisse jedoch keine zufriedenstellende Korrelation zur Mauerwerk-Biegezugfestigkeit zeigen. Auf Grundlage einer Auswertung der vorliegenden deutschen Versuchsergebnisse wurde in [4] gefolgert, dass trotz starker Streuung für alle Mauerstein-Mauermörtelkombinationen charakteristische Biegezugfestigkeitswerte für Mauerwerk mit Normalund Leichtmörtel von fx1,k = 0,05 N/mm² und Mauerwerk mit Dünnbettmörtel von fx1,k = 0,15 N/mm² vertretbar erscheinen. Nach den aktuell bauaufsichtlich in Deutschland eingeführten Bemessungsregeln DIN 1053-1 und DIN 1053100 darf eine Biegezugfestigkeit senkrecht zu den Lagerfugen derzeit nicht in Ansatz gebracht werden. Erst DIN EN 1996-1-1 (EC 6) zusammen mit dem nationalen Anhang ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen den Ansatz einer Biegezugfestigkeit senkrecht zu den Lagerfugen für Mauerwerk aus Planelementen und Dünnbettmörtel. Die Biegezugfestigkeit senkrecht zu den Lagerfugen wird maßgeblich durch die Streuung der maßgebenden Materialkenngröße - der Haftzugfestigkeit - und die Anzahl der in einem Prüfkörper gleichzeitig beanspruchten Fugen beeinflusst. Verschiedene Autoren haben versucht, diese Einflussgrößen über statistische Ansätze zu beschreiben. Neben den reinen Baustoffeigenschaften und deren Streuung wird die Biegezugfestigkeit weiterhin maßgeblich durch Fehlstellen bzw. Störungen des Verbundes im Bereich der Lagerfugen, z. B. durch Randschwindeffekte oder die handwerkliche Ausführung, zum einen gewollt bei zurückliegenden Fugen bei Verblendmauerwerk, zum anderen ungewollt bei Fehlstellen, die durch die Kerbwirkung zu einer Reduktion der Tragfähigkeit führen, beeinflusst.
ermittelt. Mauerwerk mit vermörtelten Stoßfugen ü 1 d ≥ fx2,uv fx2,vm = fx2,uv ⋅ max 2,1 − 0,7 ; 1 ⋅ 1 − ⋅ d 3 500 ≥ ffl,m mit: fx2,vm Biegezugfestigkeit parallel zur Lagerfuge von Mauerwerk mit vermörtelten Stoßfugen fx2,uv Biegezugfestigkeit parallel zur Lagerfuge von Mauerwerk mit unvermörtelten Stoßfugen ffl,m Biegehaftzugfestigkeit ü Überbindemaß d Wanddicke Der Vergleich der Berechnungsansätze mit den eigenen Versuchsergebnissen, bei denen sämtliche wesentlichen Einflussgrößen und Stoffgesetze bekannt waren, lieferte eine sehr gute Übereinstimmung. Jedoch auch die Nachrechnung früherer Untersuchungsergebnisse lieferte unter Berücksichtigung der getroffenen Annahmen für die fehlenden Baustoffkenngrößen ein zufriedenstellendes Ergebnis. Für eine zusammenfassende Bewertung wurde die Unterschreitung des Verhältniswertes von berechneter und experimentell bestimmter Biegezugfestigkeit als Summenkurve ausgewertet (Bild 5). Es wird deutlich, dass mit den Berechnungsgleichungen sämtliche Versuche mit ausreichendem Sicherheitsabstand entsprechend der heutigen Sicherheitsphilosophie beschrieben werden können. Ein Vergleich der charakteristischen Mauerwerk-Biegezugfestigkeit, die unter Ansatz des Faktors 0,7 mit den hergeleiteten Berechnungsansätzen ermittelt wurde, mit der entsprechend DIN EN 1996-1-1/NA (EC6/NA) ansetzbaren charakteristischen Biegezugfestigkeit zeigt fast ausnahmslos und teilweise deutlich höhere rechnerische Tragfähigkeiten, die sich aus den neuen Berechnungsgleichungen ergeben und die vorhandenen Tragreserven zutreffend beschreiben.
3.2 Durchgeführte Untersuchungen und Ergebnisse
Bild 5. Häufigkeitsverteilung für die Versuche kleiner fx2,berechnet/fx2,Versuch
Zielsetzung der eigenen durchgeführten Untersuchungen war zunächst die Ermittlung der vollständigen Stoffgesetze für Verbundfugen bei (Biege)Zugbeanspruchung. Aufbauend hierauf wurde in numerischen Berechnungen u. a. der Einfluss der Wanddicke auf die Biegezugfestigkeit untersucht. Mit den durchgeführten Wandversuchen sollte insbesondere ein Zusammenhang zu den Kleinprüfkörperversuchen überprüft werden. Die Bestimmung der vollständigen Stoffgesetze für Verbundfugen erfolgte in zentrischen Haftzugversuchen sowie invers durch die numerische Simulation von durch-
Mauerwerk 17 (2013), Heft 1
11_038-048_Schmidt (560+2103)_cs6_Bericht.indd 41
41
11.02.13 14:30