W. Brameshuber/D. Saenger · Erläuterungen zur Haftscherfestigkeit
bauteilen nach DIN 1053-1, DIN 1053-100 bzw. DIN EN 1996-1-1/NA erfolgt unabhängig von der Mauersteinart mit dem als ungünstig anzusehenden Kalksand-Referenzstein gemäß DIN 18555-5. In den deutschen Mauerwerknormen DIN 1053-1 bzw. DIN 1053-100 sind die Haftscherfestigkeitswerte in Abhängigkeit der Mörtelart und der Stoßfugenvermörtelung des Mauerwerkbauteils angegeben. Für Mauerwerk mit unvermörtelten Stoßfugen werden nur halb so hohe Werte angesetzt im Vergleich zu Mauerwerk mit vermörtelten Stoßfugen. Diese Haftscherfestigkeitswerte gehen dann in die Berechnungsgleichungen der Schubfestigkeit und der Biegezugfestigkeit des Mauerwerks ein. Im Nationalen Anhang zu DIN EN 1996-1-1 ist abweichend zu den deutschen Normen die Haftscherfestigkeit als reine Baustoffkenngröße definiert. Die Haftscherfestigkeitswerte wurden analog zu DIN 1053-1 jedoch ohne Unterscheidung nach Stoßfugenvermörtelung festgelegt. Für eine strikte Trennung der Baustoffkennwerte und der Bemessungsgrößen sollte eine Unterscheidung nach Mauerwerk mit vermörtelten bzw. unvermörtelten Stoßfugen erst bei der Bestimmung der Biegezugfestigkeit des Mauerwerks parallel zur Lagerfuge für den Fall Fugenversagen sowie der Schubfestigkeit des Mauerwerks für den Fall Reibungsversagen vorgenommen werden. Die derzeit gültige Fassung des Nationalen Anhangs zu DIN EN 1996-1-1 unterscheidet bei der Bestimmung der Schubfestigkeit des Mauerwerks zwischen vermörtelten und unvermörtelten Stoßfugen. Bei der Biegezugfestigkeit parallel zur Lagerfuge ist jedoch lediglich die Berechnungsgleichung für Mauerwerk mit vermörtelten Stoßfugen angegeben. Hier besteht zweifelsfrei Änderungsbedarf.
9 Ausblick Es ist erstrebenswert, modellabhängige Faktoren bei der Bestimmung der Biegezugfestigkeit analog der Schubfestigkeit zu berücksichtigen, wobei der Kennwert Haftscherfestigkeit immer erkennbar sein muss. Durch die Unterteilung der Haftscherfestigkeitswerte in Abhängigkeit von der Mauersteinart sind teilweise höhere Werte zu erwarten als die mit dem ungünstig anzusehenden Kalksand-Referenzstein erreichten Werte. Tabellierte Rechenwerte für die Haftscherfestigkeit in Abhängigkeit von verschiedenen Mauerstein-Mauermörtel-Kombinationen sollten zukünftig aufgrund entsprechender Untersuchungen mit verschiedenen Mörteln und als ungünstig ausgewählten Mauersteinen hergeleitet werden. Daher ist die für einen Mauerstein maßgebende Haftscherfestigkeit
zu bestimmen und als Anforderungswert zu deklarieren, den man dann mit charakteristischen Haftscherfestigkeiten vergleichen kann. Literatur [1] DIN 18555-5:1986-03: Prüfung von Mörteln mit mineralischen Bindemitteln – Festmörtel – Bestimmung der Haftscherfestigkeit von Mauermörteln. NABau im DIN, Berlin 1986. [2] DIN EN 1052-3:2007-06: Prüfverfahren für Mauerwerk – Teil 3: Bestimmung der Anfangsscherfestigkeit (Haftscherfestigkeit); Deutsche Fassung EN 1052:2002 + A1:2007. NABau im DIN, Berlin 2007. [3] DIN 1053-1:1996-11: Mauerwerk – Teil 1: Berechnung und Ausführung. NABau im DIN, Berlin 1996. [4] DIN 1053-100:2007-09: Mauerwerk – Teil 100: Berechnung auf der Grundlage des semiprobabilistischen Sicherheitskonzepts. NABau im DIN, Berlin 2007. [5] DIN EN 1996-1-1/NA:2012-05: Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten – Teil 1-1: Allgemeine Regeln für bewehrtes und unbewehrtes Mauerwerk. NABau im DIN, Berlin 2012. [6] DIN EN 998-2:2010-12: Festlegungen für Mörtel im Mauerwerksbau – Teil 2: Mauermörtel; Deutsche Fassung EN 998-2: 2010. NABau im DIN, Berlin 2010. [7] DIN V 18580:2007-06: Mauermörtel mit besonderen Eigenschaften. NABau im DIN, Berlin 2007. [8] DIN V 20000-412:2004-03: Anwendung von Bauprodukten in Bauwerken. Teil 412: Regeln für die Verwendung von Mauermörtel nach DIN EN 998-2:2003-09. NABau im DIN, Berlin 2004. [9] Brameshuber, W., Graubohm, M., Schmidt, U.: Festigkeitseigenschaften von Mauerwerk. Teil 4: Scherfestigkeit. In: MauerwerkKalender 31 (2006), S. 193–225. Hrsg. W. Jäger, H.-J. Irmschler u. P. Schubert. Ernst & Sohn, Berlin. [10] DIN 1053-13:2009-03 Mauerwerk – Teil 13: Genaueres Nachweisverfahren für unbewehrtes Mauerwerk. Entwurf. NABau im DIN, Berlin 2009. [11] Mann, W., Müller, H.: Schubtragfähigkeit von gemauerten Wänden und Voraussetzungen für das Entfallen des Windnachweises. In: Mauerwerk-Kalender 10 (1985), S. 95–114. Hrsg. P. Funk. Ernst & Sohn, Berlin.
Autoren dieses Beitrages: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Brameshuber Dipl.-Ing. Dorothea Saenger RWTH Aachen Institut für Bauforschung Schinkelstr. 3 52062 Aachen
Mauerwerk 17 (2013), Heft 1
07_002-007_Brameshuber (556)_cs6.indd 7
7
11.02.13 14:25