geotechnik 01/2016 free sample copy

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P. Gußmann/D. König/T. Schanz · Die Methode der kinematischen Elemente in der Geotechnik – aktuelle Entwicklungen und Anwendungen

mit uw = γw zw und S α γw zw

Sättigungsgrad, bodenartabhängiger Parameter, Wichte des Wassers, Abstand vom freien Wasserspiegel bis zum betrachteten Punkt (unterhalb des Grundwasserspiegels positiv, oberhalb negativ).

Da S nach experimentellen Untersuchungen vom Grundwasserspiegel nach oben stets stark nichtlinear abnimmt, kann eine analytische Integration zur Bestimmung der zusätzlichen Kraft infolge der Saugspannungen nur durch vereinfachende Ansätze, wie z. B. gemäß einer bilinearen Form, erreicht werden. Eine Erweiterung der Programmierung der KEM um diesen Zusammenhang erlaubt bspw. das Berechnen von Grundbruchlasten auf teilgesättigten Böden, wie nachfolgend gezeigt wird. Das Prinzip der Berücksichtigung einer Teilsättigung in der KEM ist in Bild 14 zusammengefasst. Oberhalb des Grundwasserspiegels nimmt der Sättigungsgrad S des Bodens mit der Entfernung vom Grundwasserspiegel (Koordinate zw, oberhalb des Grundwasserspiegels negativ) ab (Bild 14a). Der Zusammenhang ist nichtlinear und wird entsprechend Bild 14a durch eine dreiteilige Beziehung angenähert. Bis zu einer Höhe hA oberhalb des Grundwasserspiegels, welche der Druckhöhe beim Lufteintrittspunkt AEV entspricht, bleibt der Boden vollständig gesättigt (Ss). Oberhalb der Höhe hK, welche das obere Ende des Kapillarsaums beschreibt, entspricht die Sättigung des Bodens dem Wert Sr. Der Verlauf der Sättigung zwischen den Höhen hA und hK wird linear angenommen. Durch Einführen des bodenabhängigen Exponenten α ergibt sich der in Bild 14b dargestellte Verlauf für Sα, wobei für α = 1 der Verlauf zwischen hA und hK linear und oberhalb von hK der Wert Sα = Sr ist. Die infolge der Teilsättigung zwischen den Körnern zusätzlich wirkenden Druckspannungen us werden dann durch Multiplikation von Sα und uw berechnet. Dabei ist uw oberhalb des Grundwasserspiegels negativ (Bild 14c) und entsprechend auch us

(Bild 14d). Der Term Sα · uw · tanϕ′ ist somit positiv und entspricht physikalisch einer Kohäsion. Die zusätzlich zwischen zwei Elementrändern wirkende Druckkraft wird aus dem Integral von us über die Länge des Rands bestimmt. Ohne Wechselwirkung mit den hydraulischen Verhältnissen oberhalb der Geländeoberfläche könnte man den Verlauf der Saugspannungen uw oberhalb des Kapillarsaums weiterhin als linear veränderlich abschätzen. In der Realität beeinflussen aber Niederschläge und Austrocknung den Wassergehalt und damit die Saugspannung an der Geländeoberkante. Um dies je nach Anwendungsfall berücksichtigen zu können, sind oberhalb des Kapillarsaums die in Bild 14c und d dargestellten Verläufe von uw (Varianten I bis IV) und damit von us wählbar. Mit diesem Ansatz wurde die Grundbruchlast eines Fundaments ohne Einbindung auf einem nichtbindigen Boden (Bild 15a, B = 2 m, γ f = 17,3 kN/m3, γ r = 20,5 kN/m3, γ s = 26,5 kN/m3, ϕ′ = 27°, c′ = 0, hK = 3 m, hA/hK = 0,333, α = 1) in Abhängigkeit der Lage des Grundwasserspiegels berechnet. Die Ergebnisse sind in Bild 15b zusammengefasst. Die eindeutige Kinematik wird durch die Bedingungen in der Symmetrieachse (keine Horizontalverschiebungen) und unter der Lastfläche (gleiche Vertikalverschiebungen) sichergestellt. Liegt der Grundwasserspiegel in Höhe der Geländeoberfläche (z = 0) ergibt sich die Tragfähigkeit des Fundaments auf einem wassergesättigten Boden. Sinkt der Grundwasserspiegel ab, steigt die Tragfähigkeit des Fundaments infolge der zusätzlichen Druckspannungen im Korngerüst an, bis mit z = 3 m ein Maximum erreicht wird. Der Kapillarsaum reicht gerade bis zur Geländeoberfläche. Mit weiter sinkendem Grundwasserspiegel ist nun eine Annahme über den Verlauf der Saugspannungen oberhalb des Kapillarsaums zu treffen. In dem Beispiel werden zwei Varianten betrachtet, die Vernachlässigung der Teilsättigung oberhalb des Kapillarsaums (uw = 0) und eine lineare Abnahme von dem an der Oberkante des Kapillarsaums erreichten Wert uw = γw · z = 10 · 3 = 30 kN/m2 auf uw = 0 an der Geländeoberfläche. Der erste Ansatz führt zu einer rapiden Abnahme der Tragfähigkeit, welche sich schnell der eines Fundaments auf erdfeuchtem Boden ohne Berücksichtigung der Teilsättigung annähert. Der zweite Ansatz führt zu einer weniger

Bild 14. Grundlagen der Berücksichtigung von teilgesättigten Bodenverhältnissen in der KEM Fig. 14. Basic assumptions for introducing partly saturated soil conditions to KEM

geotechnik 39 (2016), Heft 1

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