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E. Perau/N. Meteling · Modellgröße und Randbedingungen bei der geohydraulischen Berechnung einer Restwasserhaltung mit der FEM

Die Anwendung derartiger Ansätze bleibt naturgemäß stets auf spezielle Systeme und Fragestellungen beschränkt. So lassen sich z. B. die Diagramme und Gleichungen von Ziegler und Aulbach [11], [12] trotz einer relativ flexiblen Baugrubengeometrie nur zur Ermittlung der erforderlichen Einbindetiefe von Verbauwänden in homogenem Baugrund verwenden. Die Diagramme von Schmitz [10] sind nur bei bestimmten Kombinationen von Teilsicherheitsbeiwerten anwendbar. Es ist also evident, dass individuelle FEM-Berechnungen nach wie vor erforderlich sein werden. Bei der Erstellung eines FEM-Modells stellt sich zunächst die Frage, wie groß das geohydraulische Modell, das immer nur einen Ausschnitt aus dem tatsächlichen Strömungsgebiet darstellt, gewählt werden muss. Das reale Strömungsgebiet muss also für das FEM-Modell wie in Bild 1 angedeutet künstlich beschnitten werden, wobei falsche Annahmen später zu fehlerhaften Ergebnissen oder bestenfalls zu erhöhtem Berechnungsaufwand führen können. Interessant ist also auch die Frage, wie groß die Abweichungen der Ergebnisse bei einem fälschlich zu klein gewählten FEM-Modell sind und welche Tendenz sie einnehmen. Grundsätzlich gilt der Ansatz, dass das FEM-Modell so groß gewählt werden muss, dass eine Beeinflussung der Endergebnisse ausgeschlossen werden kann [13], [9]. Ohne ausreichende Erfahrungen lässt sich diese Empfehlung jedoch nicht leicht umsetzen, da hier verschiedene Faktoren eingehen. Deren Einfluss lässt sich zwar durch Parameterstudien ermitteln [13], diese sind jedoch aufwendig und sollten wenn möglich durch Erfahrungswerte eingegrenzt werden, wie dies z. B. für einen homogenen Baugrundaufbau und die damit verbundene Grundwasserabsenkung in [9] beschrieben steht. Auf den hier diskutierten geschichteten Baugrundaufbau können diese Empfehlungen jedoch nicht übertragen werden. Bild 2 zeigt ein parametrisiertes FEM-Modell im ebenen Strömungszustand (x2-x3-Ebene), welches auf die für die geohydraulischen Berechnung erforderlichen Merkmale reduziert ist. So beschränkt sich das Strömungsgebiet auf den orange dargestellten Bereich des Baugrunds mit der deutlich geringeren Durchlässigkeit, weil nur dort ein nennenswerter Potenzialabbau stattfindet. Die Modelltiefe tm darin ergibt sich automatisch bei Existenz einer unterlagernden Schicht noch weit geringerer Durchlässigkeit, ansonsten muss sie gezielt angesetzt werden, und ihre Wahl unterliegt somit der gleichen Schwierigkeit wie bei der Modellbreite bm, die ebenfalls für das FEM-Modell festgesetzt werden muss. Eine erste Abschätzung für eine Beziehung zwischen diesen beiden Geometrieparametern des Modells geben Franke u. a. [14] mit bm ≥ 3tm. Abgesehen davon, dass diese Empfehlung bei einem sehr tiefen Strömungsgebiet keinen Hinweis auf die zu wählende Tiefe tm erlaubt, spielt auch die Geometrie der Baugrube merkwürdigerweise keine Rolle! Der vorliegende Beitrag untersucht für ebene und rotationssymmetrische Systeme den Einfluss der Baugrubengeometrie, der Anisotropie des Baugrunds sowie der angesetzten seitlichen Randbedingungen auf die erforderlichen Abmessungen des FEM-Modells. Dies geschieht auf Basis einer systematischen Parametervariation, bei der die Auswirkung unterschiedlicher Modellabmessungen und

Bild 1. Unendlich ausgedehntes, reales Strömungsgebiet mit Baugrubengeometrie Fig. 1. Infinitely expanded, real flow region with excavation geometry

Bild 2. FEM-Modell Fig. 2. FEM-model

Randbedingungen auf typische Berechnungsergebnisse durch FEM-Berechnungen untersucht werden. Im Umkehrschluss werden daraus erforderliche Modellabmessungen und Tendenzen abgeleitet. Methodisch geht der vorliegende Beitrag einen anderen Weg als z. B. [10], [11], [12] und lehnt sich eher an die Arbeitsweise McNamees [7] an, die auch heute noch als vorbildlich bezeichnet werden kann. So werden neben der Festlegung eines Koordinatensystems einheitliche und konsistente Bezeichnungen für die Geometrieparameter verwendet (Großbuchstaben für Punkte, Kleinbuchstaben für Strecken, griechische Buchstaben für Potenziale). Auf die Eindeutigkeit und Erweiterbarkeit dieser Bezeichnungen wurde ebenso Wert gelegt wie auf die mathematischphysikalische Schreibweise – insbesondere auch was die Formulierung des Randwertproblems angeht. Eine systematische Definition der Parameter und die Formulierung der Aufgabenstellung als Randwertproblem erlauben die konsequente Ausnutzung spezieller mathematischer Eigenschaften dieses Randwertproblems sowie die Anwendung der Dimensionsanalyse [15]. Der Aufwand für die Parameterstudie kann auf diese Weise minimiert werden und zukünftige Erweiterungen der Überlegungen bergen nicht die Gefahr verdeckt enthaltener Annahmen. Die dokumentierten Herleitungen erfolgen an ebenen Strömungsmodellen, lassen sich jedoch leicht entsprechend auf rotationssymmetrische Modelle übertragen.

geotechnik 38 (2015), Heft 1

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