J. Fillibeck · Möglichkeiten der Prognose von Oberflächensetzungen beim Tunnelvortrieb im Lockergestein − Teil 1: Empirisches Prognoseverfahren
Bild 4. Kalottenvortrieb im quartären Kies Fig. 4. Top heading in the quarternary gravel
Bild 6. Einfluss des Pfeilerverhältnisses und der Überdeckung auf die Setzungsmulde Fig. 6. Influence of the pillar ratio and the tunnel depth on the settlement trough
Bild 5. Abgestufter Vollausbruch im Tertiär Fig. 5. Heading in the tertiary
schlagen von Pfändblechen im Firstbereich. Falls erforderlich, werden vorhandene Rollkieslagen im Kalottenfußbereich vorab injiziert. Der Tertiärvortrieb ist durch den anstehenden Wasserdruck in den tertiären Sandzwischenlagen innerhalb der tertiären Tone und Schluffe geprägt. Können die tertiären Sande entwässert werden, so ist ein atmosphärischer Vortrieb möglich. Überwiegend wurden in München Vortriebe mit kurz vorauseilender Kalotte (abgestufter Vollausbruch) aufgefahren (Bild 5). Können die Sande nicht entwässert werden, besteht die Möglichkeit eines Vortriebs mit Druckluftstützung, wobei der Luftüberdruck im Vortrieb an jeder Stelle des Querschnitts größer sein muss als der maximale Wasserdruck. Damit der erforderliche Luftüberdruck nicht zu groß wird, kann es zweckmäßig sein, den Wasserdruck in den relevanten Sandschichten durch Bepumpen zu vermindern. Die ausgewerteten Spritzbetonvortriebe umfassten in der Regel zwei parallel liegende Tunnelröhren, wobei zwischen synchronem und versetzt synchronem Vortrieb zu unterscheiden ist. Beim versetzt synchronen Vortrieb besitzt der vorlaufende Tunnel einen Mindestabstand von 25 m zum nachfolgenden Tunnel. Hinsichtlich der Setzungen ist bei Parallelvortrieben weiterhin der Abstand zwischen beiden Tunnelröhren (Bodenpfeiler) von Bedeutung. Das Verhältnis zwischen Breite des Bodenpfeilers A und Tunneldurchmesser D wird als Pfeilerverhältnis (A/D) bezeichnet. Bei der Auswertung der Spritzbetonvortriebe hat sich gezeigt (s. Bild 6), dass sich beim – versetzt synchronen und synchronen Vortrieb bei A/D < 0,3 sowie beim – Synchronvortrieb bei 1 < A/D < 0,3 und einer Tunneltiefe z0 > 12 m die Tunnelröhren gegenseitig beeinflussen und die Setzungsmulden größer werden. Derartige Vortriebe wurden daher bei der nachfolgenden Auswertung nicht berücksichtigt.
Außerdem wurden bei der Auswertung der Münchner Spritzbetonvortriebe die Setzungen aus der Wasserhaltung nicht berücksichtigt, da die Wasserhaltung dort sehr große Setzungsmulden mit Breiten größer 200 m verursacht. Damit ergibt sich aus der Wasserhaltung im Hinblick auf Setzungsdifferenzen kein Schadenspotenzial [8]. Neben den Münchner Vortrieben konnten ergänzend Messungen aus insgesamt 50 Spritzbetonvortrieben aus Europa und China berücksichtigt werden. Hierbei wurde zwischen Vortrieben in bindigem und nichtbindigem Baugrund unterschieden und unter Berücksichtigung der mittleren Baugrundsteifigkeit die Ergebnisse mit denen der Münchner Vortriebe verglichen. Für die Untersuchungen beim Schildvortrieb konnten über 100 Messquerschnitte von aktuellen Baumaßnahmen europaweit ausgewertet werden. Vortriebe vor 1995 wurden nicht berücksichtigt, da sich in den letzten Jahren die Maschinentechnik wesentlich verbessert hat und sich damit auch deutlich geringere Setzungen einstellten. Weiterhin wurden lediglich Messungen aus Schildvortrieben mit druckhafter Ortsbruststützung (Hydro-, Erddruckund Druckluftschildvortriebe) berücksichtigt, da diese in setzungsrelevanten Bereichen im Lockergestein maßgeblich sind.
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Formeln zur Ermittlung des volume loss Volume loss beim Spritzbetonvortrieb
Bei den nachfolgenden Auswertungen wurde unterschieden zwischen: – atmosphärischen Spritzbetonvortrieben in bindigem Baugrund, – atmosphärischen Spritzbetonvortrieben in nichtbindigem Baugrund und – Spritzbetonvortrieben mit Druckluftstützung. Zunächst wurden die vielfältigen Messergebnisse für UBahn-Querschnitte in München ausgewertet. Demnach lässt sich der volume loss in Abhängigkeit von den geologischen Verhältnissen bzw. der Vortriebsart (s. o.) und der Tunneltiefe z0 ermitteln. Bild 7 zeigt beispielhaft für atmosphärische Spritzbetonvortriebe im nichtbindigen Baugrund, dass der volume loss mit z0 zunimmt.
geotechnik 36 (2013), Heft 1
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