Beton- und Stahlbetonbau 3/2012

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H. Steiger/T. Zeißler/M. Bernhard/H. Meyer · Integrale Großbrücken mit flexiblen Widerlagern

Bild 9. Bewehrung Rahmenknoten Fig. 9. Steel reinforcement at the frame corner

Bild 10. Einheben der Fertigteilträger Fig. 10. Lifting of the prefabricated girders

Trägervorspannung geführt. Die Rahmenwirkung wurde durch Anordnung einer kräftigen Anschlussbewehrung in den Fertigteilträgern und durch vorgezogenes Betonieren der Knotenbereiche erzielt. Unter Ansatz des Bemessungsflugzeugs ergeben sich im Überbau ca. vierfach größere Biegemomente gegenüber Lastmodell 1 nach DIN-Fachbericht 101. Zur Aufnahme dieser Belastung dienen zusätzliche Kontinuitätsspannglieder, welche über die gesamte Brückenlänge durchlaufen und erst nach dem Erhärten der Ortbetonplatte angespannt wurden. Maßgebend für die Festlegung der Vorspannung war der Nachweis der Dekompression, welcher mit 0,2fachen Flugzeuglasten als quasi-ständige Verkehrslast geführt wurde. Zur Erfüllung der Tragfähigkeits- und Ermüdungsnachweise mussten jedoch insbesondere in den Stütz- und Rahmeneckbereichen erhebliche Mengen an schlaffer Bewehrung zugelegt werden. Für die komplexe Bewehrungsführung in den Rahmenknoten (Bild 9) wurde vom Tragwerksplaner ein 3D-Modell erstellt und damit die Ausführbarkeit dieser Bereiche nachgewiesen.

Einbau der Wandkopfbewehrung musste mit größter Sorgfalt erfolgen, um Kollisionen mit der Fertigteilbewehrung zu vermeiden. Die Lage der Bewehrungsschlaufen wurde daher vermessungstechnisch festgelegt und die einzelnen Eisen mittels Schalungslehre fixiert. Ab Dezember 2009 wurden die Fertigteilträger per Bahn zum Flughafen Frankfurt transportiert und auf dem Gelände der ehemaligen Air-Base zwischengelagert. Nachdem die Pfeiler- und Widerlagerwände fertiggestellt waren, konnten im Mai und Juni 2010 die bis zu 90 t schweren Träger in mehreren nächtlichen Sperrpausen eingehoben werden (Bild 10). Die Träger wurden über filigrane Betonkonsolen und Elastomerkissen direkt auf den Wänden aufgelagert, zusätzliche Unterstützungsjoche waren somit nicht erforderlich. Das Einfädeln der Fertigteilbewehrung zwischen die Wandbewehrung erfolgte reibungslos, sodass bis zu 40 Fertigteilträger in einer Sperrpause aufgelegt werden konnten. Im Anschluss an die Fertigteilmontage wurden die Wandköpfe betoniert und eine Rahmentragwirkung erzeugt. Nach Verlegen von mehr als 2.000 t Bewehrung konnte die Betonage der Ortbetonplatte beginnen. Der Einbau des Ortbetons sollte nach Vorgabe des Tragwerksplaners in einem Guss erfolgen, ohne Arbeitsfugen. Bei der Festlegung des Betonierkonzepts waren außerdem noch statische Gesichtspunkte zu berücksichtigen, weil das Rahmensystem nicht einseitig belastet werden durfte. Für die Betonage wurden vier Kolonnen eingesetzt, welche insgesamt 10.200 m3 Beton C50/60 im Schichtbetrieb einbauten (Bild 11). Nach Erhärtung des Betons mussten noch die durchlaufenden Kontinuitätsspannglieder eingeschossen und angespannt werden, um die Tragfähigkeit des Überbaus für die Flugzeuglasten zu gewährleisten. Zur Minimierung der Verkehrsbeeinträchtigungen auf der A3 und der ICE-Strecke wurden auch die dreiecksförmigen Versatzflächen in Halbfertigteilbauweise mit Ortbetonergänzung hergestellt. Die bis zu 14 m langen Fertigteile wurden dabei vor Ort auf dem Überbau betoniert und mittels Mobilkran eingehoben. Auf eine Vorspannung konnte wegen der relativ kleinen Stützweite verzichtet werden. Die Anforderungen an die Passgenauigkeit der Bewehrung lag hier sogar im Millimeterbereich, damit

5 Bauausführung Der Bau der Rollbrücke Ost 1 begann im September 2009 mit der Herstellung der ersten Bohrpfähle. Aufgrund des engen Terminplans musste parallel zu den Vor-Ort-Arbeiten auch die Produktion der insgesamt 275 Fertigteilträger im Werk anlaufen. Das Herstellen der Bewehrungskörbe für die Träger gestaltete sich äußerst aufwendig, da wegen der variablen Ortbetondicke alle Stegbügel eines Trägers unterschiedliche Abmessungen hatten. Außerdem war die mehrlagige Anschlussbewehrung an den Trägerenden mit einer Toleranz von maximal 2 cm einzubauen, da diese Schlaufen später auf der Baustelle in entsprechende Gassen der Wandkopfbewehrung einzufädeln waren. Nach Fertigstellung der Bohrpfähle wurden die Pfahlkopfbalken abschnittsweise mit Längen von ca. 50 m betoniert. Bei den Pfeiler- und Widerlagerwänden entschloss man sich zu einer Herstellung im Pilgerschrittverfahren mit Abschnittslängen von 13,5 m bis 18,0 m, um die Zwangbeanspruchung und Rissbildung zu reduzieren. Der

Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 3

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