FACHTHEMA
Reinhard Post, Steffen Schindler, Peter Mark, Franziska Hebach
Diskriminanzanalyse zur effektiven Nachweisführung typisierter Ankerplatten Ankerplatten mit Kopfbolzendübeln werden bei Großprojekten wie Kraftwerksbauten häufig typisiert und in großer Stückzahl verwendet. Für derartige Bemessungsaufgaben, die sich oft wiederholen, in sich aber sehr komplex sein können, bietet sich das stochastische Verfahren der Diskriminanzanalyse zur Vereinfachung und Beschleunigung an. Der Beitrag zeigt Grundlagen und Weiterentwicklungen beider Themenkomplexe, also die der Diskriminanzanalyse und der Ankerplattenbemessung mit normierten Interaktionsdiagrammen auf Schnittgrößenbasis. Zusammengeführt gelingt die Einteilung von Schnittgrößenkombinationen zu geeigneten Ankerplattentypen mithilfe von Samplingverfahren zur Datengenerierung, Diskriminanzfunktionen und numerischen Optimierungsmethoden in der Auswertung auf Basis von üblichen Tabellenkalkulationsprogrammen. Beispiele zeigen die praktische Anwendung.
Discriminant analysis for an effective design of standardised anchor plates Anchor plates with headed studs are often used in large-scale projects like power plant constructions in a standardised way and in immense quantities. Such often repeated and complex design tasks can be effectively accomplished with the stochastic procedure of the discriminant analysis. The contribution focuses on fundamentals, elaborations and finally the combination of anchor plate design with standardised design charts and the discriminant analysis. Doing so, combinations of sectional forces are assigned to suitable types of anchor plates using sampling procedures to generate the initial data, discriminant functions and numerical optimisation methods within a spreadsheet environment. Examples illustrate the practical applications.
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rer Ankerplatten eines Typs zur Reduzierung des Berechnungsaufwandes. Das ist gerade für Großprojekte interessant. In der Praxis bedeutet das bei üblicherweise sehr hohen Stückzahlen ähnlicher Ankerplatten eine erhebliche Effizienzsteigerung.
Einleitung
Mithilfe der Diskriminanzanalyse kann die Unterschiedlichkeit von Gruppen hinsichtlich einer Vielzahl von Merkmalen untersucht werden. Von praktischer Bedeutung ist hierbei die Frage, welcher Gruppe ein „neues“ Element zuzuordnen ist [1]. Hierzu wird eine Entscheidungsregel aufgestellt, die auf den Daten von bereits bekannten Elementen und deren Gruppenzugehörigkeit basiert. Anwendung findet diese Methode der multivariaten Statistik in verschiedenen Disziplinen (Medizin, Finanzwirtschaft, Marketing, etc.) vorwiegend dann, wenn Gruppenprognosen gesucht sind. Auch in der klassischen Bemessung des konstruktiven Ingenieurbaus kann eine Vorgruppierung hilfreich sein. Dies ist bei oft wiederholten Bauteilen wie Stützentypen, typisierten Bauteilen oder ähnlichen Fundamenten der Fall. Die im Anlagen- und Kraftwerksbau häufig verwendete Ankerplatte mit Kopfbolzen ist dafür ein typisches Beispiel eines in hoher Stückzahl ausgeführten, statisch relevanten Bauteils [2]. Ausgehend von Tragfähigkeitskennwerten ist für jede Ankerplatte mit Kopfbolzen ein statischer Nachweis entsprechend den jeweils vorliegenden Bauanschlusslasten (BAL) zu führen. Bei großen Bauvorhaben führt dies zu einer Vielzahl statischer Einzelnachweise und damit verbunden zu einem hohen Zeitund Kostenaufwand für eine stets in ähnlicher Weise wiederkehrende Planungsleistung. Ziel einer Gruppenprognose ist der Ersatz von Einzelnachweisen durch umhüllende Nachweise gleich mehre-
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Ankerplatten mit Kopfbolzenverankerungen Allgemeines
Zur definierten Lasteinleitung in Stahlbetonbauteile werden häufig Ankerplatten mit angeschweißten Kopfbolzenverankerungen verwendet. Sie sind vor dem Betonieren in die Schalung einzulegen. Die Dimensionierung der Anschlusspunkte ist vor Baubeginn durchzuführen, was in der Praxis auch einer terminlichen Detailplanung bedarf. Ein typisches Nachweisverfahren für Ankerplatten ist das CC-Verfahren [3]. Rechnerisch überprüft werden dabei mögliche Versagensarten, und zwar die des Ankers selbst auf Zug oder Schub, oder Versagensarten im umgebenden Beton. Bild 1 zeigt die angenommenen Versagensformen am Einzelkopfbolzen bzw. Kopfbolzenelement für Normal- bzw. Querkraftbeanspruchungen. Bei großen Projekten ist es sinnvoll, nicht mit den vielen Einzelüberprüfungen am Anker selbst zu arbeiten, sondern vorab typisierte Bemessungsdiagramme in Form von Interaktionsdiagrammen zu erstellen, also direkt mit den Anschlussschnittgrößen die Nachweise der Gesamtankerplatte zu führen [4]. In Bild 2 oben sind derartige Interaktionsdiagramme für die Schnittgrößen Biegung und Normalkraft
© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin. Beton- und Stahlbetonbau 107 (2012), Heft 10
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FACHTHEMA ARTICLE
DOI: 10.1002/best.201200042