C. v. d. Haar, S. Marx: Ein additives Dehnungsmodell fĂŒr ermĂŒdungsbeanspruchten Beton
ckeln, die die verschiedenen Dehnungsanteile separat betrachtet. Erst auf dieser Basis können fundierte Aus sagen zu den ErmĂŒdungsbruchdehnungen und möglichen Versagenskriterien getroffen werden.
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Das additive Dehnungsmodell
Es wird von der Hypothese ausgegangen, dass aus der ErmĂŒdungsbeanspruchung vier Dehnungsanteile resultieren. Es handelt sich um einen elastischen Dehnungsanteil Δel, einen lastwechselabhĂ€ngigen, schĂ€digungsinduzierten Dehnungsanteil Δd, einen zeitabhĂ€ngigen, viskosen Dehnungsanteil Δcr und einen Temperaturdehnungsanteil Δt. Die einzelnen Dehnungsanteile entwickeln sich individuell in AbhĂ€ngigkeit von den Betoneigenschaften, den Lastwechseln, der Versuchsdauer und den Beanspruchungsparametern der ErmĂŒdungsbeanspruchung. Sie Âergeben zusammen die Gesamtdehnung der Betonprobe im ErmĂŒdungsversuch entsprechend Gl.â (1). Die additive VerknĂŒpfung bietet den Vorteil, dass die Dehnungskomponenten einzeln abgebildet und analysiert werden können. Das Bildâ 1 veranschaulicht dieses additive Dehnungsmodell anhand einer rheologischen Modellvorstellung.
Δ = Δ el + Δ d + Δ cr + Δ t
(1)
Ï(t) Ïo
So = Ïo / fc Oberspannungsniveau
Ïu
Su = Ïu / fc Unterspannungsniveau t
Ï(t)
Elastischer Dehnungsanteil Δel
Es
ηd
SchÀdigungsinduzierter Dehnungsanteil Δd
ηf Viskoser Dehnungsanteil Δcr Ev
ηv
αT; ÎT
Thermischer Dehnungsanteil Δt
Ï(t) Bildâ 1
Visualisierung des additiven Dehnungsmodells Visualization of the additive strain model
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Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 1
Der elastische Anteil beschreibt die Dehnungsdifferenz zwischen dem Oberspannungsniveau So und dem Entlastungsniveau (S = 0) der ErmĂŒdungsbeanspruchung. In der rheologischen Modellvorstellung werden die elastischen Verformungen ĂŒber ein Federelement abgebildet. Die Steifigkeit des Federelements degradiert in AbhĂ€ngigkeit von der Lastwechselzahl. Es bildet die Entwicklung der Sekantensteifigkeit Es des Probekörpers im ErmĂŒdungsversuch ab [19, 20]. Die gekrĂŒmmte Form der Be- und Entlastungspfade im Spannungsdehnungsdiagramm wird bei dieser Modellierungsvariante vernachlĂ€ssigt. Die zyklische Beanspruchung erzeugt im Probekörper Reibung, die zu einer ErwĂ€rmung fĂŒhrt [21, 22]. Die mittlere TemperaturĂ€nderung des Probekörpers DT multipliziert mit dem WĂ€rmeausdehnungskoeffizienten aT des Betons ergibt die Temperaturdehnung des Probekörpers. Bei den Temperaturdehnungen handelt es sich um eine Ausdehnung des Probekörpers, wĂ€hrend es sich bei den Dehnungen aus der Druckschwellbeanspruchung um Probekörperstauchungen handelt. Die schĂ€digungsinduzierten Verformungen resultieren aus der Zyklik des Beanspruchungsverlaufs als Folge der BeanspruchungsĂ€nderung je Lastwechsel. Sie sind das Ergebnis einer zunehmenden MaterialzerrĂŒttung und Rissbildung. Der schĂ€digungsinduzierte Verformungs anteil wird in der hier verfolgten rheologischen Modelldarstellung ĂŒber ein Element des Typs Black Box symbolisiert, bei dem die Verformungen mit zunehmender Lastwechselzahl anwachsen. Die viskosen Verformungen setzen sich aus visko-plastischen und visko-elastischen Verformungen zusammen und resultieren aus der âandauerndenâ Wirkung der zy klischen Beanspruchung. Sie werden durch die verzögert elastischen Eigenschaften des Zementsteins und Partikel umlagerungen und StrukturverĂ€nderungen im Zementstein hervorgerufen. Die viskosen Verformungen werden in Anlehnung an ein Burgers-Modell ĂŒber einen KelvinKörper und einen DĂ€mpfer abgebildet. Der Kelvin-Körper dient der Abbildung der visko-elastischen Verformungen und der DĂ€mpfer der Abbildung der visko-plastischen Verformungen. Die schĂ€digungsinduzierten und die viskosen Dehnungsanteile Δcr und Δd stellen sich im ErmĂŒdungsversuch als plastische Verformungszunahme dar. Eine Differenzierung zwischen diesen Anteilen ist mess- bzw. versuchstechnisch nicht möglich. Die Trennung dieser Anteile ist nur modellmĂ€Ăig zu bewerkstelligen. Sollte es gelingen, einen dieser Dehnungsanteile zu beschreiben, können damit, neben dem elastischen und thermischen Dehnungsanteil, drei der vier Dehnungsanteile des additiven ÂDehnungsmodells abgebildet werden. Auf Grundlage von Versuchsdaten kann dann auch der verbleibende Dehnungsanteil bestimmt werden. Das Bildâ 2 stellt hierzu die Dehnungsanteile eines ermĂŒdungsbeanspruchten Probekörpers ĂŒber die Lastwechselzahl qualitativ dar.