3.5
Kriechen unter Druckspannung
Die Ermittlung des Kriechens des AAS-Betons erfolgte an Zylindern ∅150 mm × 300 mm, die unmittelbar nach dem Ausschalen vor Wasserverlust geschützt und weiter bei 20 °C gelagert wurden. Im Alter von 28 Tagen wurden die Prüfzylinder belastet. Die einwirkende Druckspannung betrug 35 % und 50 % der 28-Tage-Zylinderfestigkeit, welche an Begleitzylindern ermittelt wurde. Um den Einfluss der Trocknung auf das Kriechverhalten verifizieren zu können, wurden die Kriechversuche für jedes Belastungsniveau an versiegelten und unversiegelten Zylindern durchgeführt. Die relative Feuchte und die Temperatur der Umgebung wurden konstant auf 65 ± 5 % und 20 ± 1 °C gehalten. Für jedes Belastungsniveau und jede Expositionsbedingung wurde ein Zylinder untersucht. Das dargestellte Ergebnis ist der Mittelwert von zwei Messwerten an entsprechenden Zylindern. Die Gesamtverformung der versiegelten Kriechzylinder setzt sich aus dem Grundkriechen und dem autogenen Schwinden zusammen, welches ab dem Belastungsbeginn stattfindet. Das Grundkriechen lässt sich durch die Subtraktion des autogenen Schwindens von der Gesamtverformung berechnen. Die Gesamtverformung der unversiegelten Kriechzylinder besteht aus dem Grundkriechen, dem Trocknungskriechen und der Schwindverformung, die sich wiederum aus autogenen Schwinden, Trocknungsschwinden und Karbonatisierungsschwinden zusammensetzt.
4 Versuchsergebnisse 4.1 Autogenes Schwinden von AAS-Beton Der Verlauf des autogenen Schwindens des AAS-Betons ab dessen Herstellung ist in Bild 3 dargestellt. Dieser kann in drei Perioden (I bis III) eingeteilt werden. In Periode I wird nur wenig Hüttensand alkalisch-reaktiv umgesetzt. Die erfasste Längenverkürzung ist hauptsächlich die Folge der Abkühlung des Frischbetons auf die Raum-
Bild 3
Autogenes Schwinden von AAS-Beton in den ersten 72 Stunden Autogenous shrinkage of AAS concrete in the first 72 hours
temperatur. Nach der Abkühlung wird nur eine gering fügige Schwindverformung erfasst, was auf die langsame Reaktion des Hüttensands in dieser Periode zurückzuführen ist. Die Dauer der ersten Periode hängt von der Art und dem Gehalt der Aktivatoren sowie der Wirksamkeit des verwendeten Verzögerers ab. Periode II ist gekennzeichnet durch eine beschleunigte Reaktion des Hüttensands, welche an einer schnellen Temperaturerhöhung festgemacht werden kann. In dieser Periode zeichnet sich der AAS-Beton durch eine schnell zunehmende Verformung aus, die sich als Summe aus der thermischen Dehnung und dem autogenen Schwinden ergibt. Infolge des kleinen Probekörperquerschnitts hat sich die Betontemperatur nur um ca. 1,7 °C erhöht. Die thermische Dehnung wird daher im Folgenden bei der Berechnung des spannungserzeugenden autogenen Schwindens nicht berücksichtigt. Ab ca. 36 Stunden nach der Herstellung des AAS-Betons setzt die Periode III ein. Das autogene Schwinden nimmt viel langsamer zu als in Periode II. Wenn sich der AAS-Beton noch in plastischem Zustand befindet, ist das autogene Schwinden zu vernachlässigen, da eine externe Behinderung des autogenen Schwindens nicht zu einem Spannungsaufbau führt. Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist die Betonsteifigkeit jedoch so groß, dass die Behinderung des autogenen Schwindens eine Zugspannung in der Größenordnung der Zugfestigkeit des AAS-Betons erzeugen kann. Ab diesem Zeitpunkt muss das autogene Schwinden bei der Abschätzung der Rissneigung berücksichtigt werden. Dieser Zeitpunkt wird als Nullzeit (time-zero) für das spannungserzeugende autogene Schwinden bezeichnet. Die Nullzeit ist somit jenem Zeitpunkt gleichzusetzen, bei dem der Übergang vom plastischen in den festen Zustand des Betons erfolgt. Leider gibt es keine vereinheitlichte Methode zur Bestimmung der Nullzeit. In [16] wird der Erstarrungsbeginn als Nullzeit vorgeschlagen, während in ASTM C1698-09 [17] das Erstarrungsende als Nullzeit definiert wird. Nach [18, 19] wird der Zeitpunkt, an dem die maximale Verformungsrate erreicht wird, als die Nullzeit angesehen. Nach den Ergebnissen in [20, 21] stimmt dieser Zeitpunkt mit dem Erstarrungsende gut überein, während die Ergebnisse in [19] zeigen, dass der Zeitpunkt der maximalen Verformungsrate etwas später als das Erstarrungsende eintritt. Im Rahmen der hier vorgestellten Betrachtung wurde der Zeitpunkt der maximalen Verformungsrate als die Nullzeit festgelegt. Sie entspricht dem Betonalter von 26 Stunden (Bild 4). Wird die gemessene Verformung zum Zeitpunkt der maximalen Verformungsrate auf null gesetzt (Bild 4), weist das spannungserzeugende autogene Schwinden einen in Bild 5 gezeigten Verlauf auf. In Bild 5 werden das autogene Schwinden eines hochfesten Betons (HPC) sowie die Modelle der JSCE und des fib Model Code 2010 im Vergleich zum AAS-Beton dargestellt. Es ist zu erkennen, dass: Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 1 25
FACHTHEMA ARTICLE
J. Ma, F. Dehn: Shrinkage and creep behavior of alkali-activated slag concrete