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R. Welter: Verstärken mit CFK-Lamellen

werden. Eine Kostenschätzung ohne eine Vorbemessung durchzuführen, kann zu extremen Fehleinschätzungen führen.

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Die Vorbemessung

Die Vorbemessung beginnt in der Regel mit der herkömmlichen Nachrechnung des Bauteils. Das Ergebnis einer solchen Berechnung ist dann häufig, dass die vorhandene Zugbewehrung nicht ausreicht. Wurde diese herkömmliche Berechnung durchgeführt, sind die meisten Daten, die für eine Bemessung von CFK-Lamellen benötigt werden vorhanden: – Querschnittswerte/Abmessungen – statisches System – neue Belastung und neue Schnittgrößen im Endzustand – vorhandene Betongüte – vorhandene Stahlsorte und Bewehrungsquerschnitt Für die Bemessung der Lamellen fehlen nun nur wenige weitere Angaben: – die Schnittgrößen im Vordehnungszustand (der Lastzustand beim Kleben der Lamellen – z. B. nur Eigenlast) – die Haftzugfestigkeit des Betons Bevor man mit der Bemessung beginnt, sollte man das Prinzip von aufgeklebten CFK-Lamellen verstanden haben. Aufgeklebte Lamellen unterscheiden sich in zwei Punkten grundlegend von der inneren Stahlbewehrung: – CFK-Lamellen verhalten sich linear elastisch bis zum Bruch. Die Bruchdehnung beträgt ca. 1,5 % [1]. Im Idealfall dürfen die Lamellen nach Zulassung [1] mit der Hälfte der Bruchdehnung ausgenutzt werden. Bewehrungsstahl verhält sich elastisch-plastisch, bei BSt500 wird die Fließdehnung bei ca 0,25 % erreicht. CFK-Lamellen eignen sich daher insbesondere für den Nachweis der Tragfähigkeit, da hier die Fließdehnung des Stahls überschritten wird und somit die Lamellen optimal ausgenutzt werden können. – Das Verbundverhalten unterscheidet sich grundlegend zu dem des einbetonierten Bewehrungsstahls. Während ein Bewehrungseisen bei genügender Verankerungslänge voll verankert werden kann, ist dies bei aufgeklebten CFK-Lamellen nicht möglich. Eine ca. 10 cm breite Lamelle darf bei dem Nachweis der Tragfähigkeit mit bis zu ca. 150 kN Zugkraft belastet werden, davon können jedoch nur ca. 20 bis 30 kN verankert werden. Es kommt zu einem Verbundversagen, die Lamelle reißt mit dem oberflächennahen Beton ab. Eine wirtschaftliche Verstärkung ist daher in erster Linie bei Biegebauteilen möglich. Hier ist die Belastung in Feldmitte am größten, und die Lamellen werden im Idealfall voll ausgenutzt. Die Zugkraft der Lamelle kann sich dann von einem Biegeriss 52

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Bild 8

Belastungszustände

zum nächsten entsprechend der Momentenlinie reduzieren. In der Nähe des Auflagers ist die Lammellenzugkraft im Idealfall so klein, dass eine Verankerung der verbliebenen Kraft möglich ist. Aus diesem Grund werden die Lamellen nicht nur unmittelbar in den Bereich geklebt, in dem die vorhandene Bewehrung nicht ausreicht, sondern von Auflager zu Auflager. Die Schritte für eine Bemessung im Feld nach der aktuellen Zulassung [1] lauten wie folgt: – – – – –

Biegenachweis am maximalen Moment in Feldmitte Gebrauchsnachweis in Feldmitte Endverankerungsnachweis der CFK-Lamellen Endverankerung der Innenbewehrung Schubnachweis nach CFK-Zulassung

Der Rechenaufwand ist sehr hoch, da an mehreren Stellen nur eine iterative Lösung möglich ist. Mit dem Bemessungsprogramm S&P FRP Lamella [8] ist eine prüffähige Bemessung schnell durchgeführt. Die Bemessung wird anhand der Reihenfolge erklärt, die in dem Bemessungsprogramm gewählt ist. Zunächst werden die Querschnittswerte, die Betongüte, die Stahlgüte sowie der vorhandene Stahlquerschnitt eingegeben. Mit diesen Angaben können das aufnehmbare Moment des unverstärkten Querschnitts und die Dehnungszustände berechnet werden. Danach werden die Momente am maßgebenden Schnitt eingegeben. Benötigt werden die Momente des Vordehnungszustands und des Endzustands (Bild 8). Der Begriff Vordehnungszustand steht für den Zeitpunkt des Verklebens der Lamelle. Im Endzustand steht das Bauteil unter voller Belastung. Hieraus werden die Momente für den Gebrauchszustand und den Nachweis der Tragfähigkeit ermittelt.


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