Bautechnik Issue 1_2012 free sample copy

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F. Stauder, M. Wolbring, J. Schnell: Bewehrungs- und Konstruktionsregeln des Stahlbetonbaus im Wandel der Zeit

Dementsprechend müssen zumindest Außenbauteile, die vor 1988 errichtet wurden, hinsichtlich des Korrosionsschutzes kritisch beurteilt werden. Ausgehend von der Normausgabe 1925 [11] wurden zum Schutz gegen chemischen Angriff schon besondere Schutzmaßnahmen gefordert. Dazu gehörten neben der Verwendung eines besonders dichten und wasserundurchlässigen Betons auch besondere Verkleidungen, Zementputze, Schutzanstriche sowie eine Erhöhung der Betondeckung bis auf 4 cm ohne Putz oder Verkleidungen. Somit besteht in Abhängigkeit der damaligen Festlegung von Einwirkungen auf den Beton die Möglichkeit, dass historische Bauteile in Anlehnung an die aktuellen Dauerhaftigkeitskriterien erhöhte Betondeckungen aufweisen können. Dies ist im Einzelfall zu überprüfen. Bild 3

Freiliegende Biegezugbewehrung ohne ausreichenden Stababstand in einer Stahlbetonrippendecke aus den 50er Jahren (Untersicht) Exposed longitudinal reinforcement without enough spacing of the bars in a reinforced concrete ribbed slab of the fifties (view from below)

Bild 4

Bogenbildung im Bruchzustand bei glatter Bewehrung [39] Arcing in concrete structures with plain reinforcement in the state of failure [39]

3.3

zu EC 2, Abschn. 8.3, Biegen von Betonstählen

Aspekte des Brandschutzes bleiben in diesem Beitrag unberücksichtigt.

3.2

zu EC 2, Abschn. 8.2, Stababstände von Betonstählen

Gemäß EC 2 [3] muss der lichte Stababstand zwischen parallelen Einzelstäben mindestens 20 mm betragen. Dabei darf der Mindestabstand nicht unter dem Stabdurchmesser liegen und muss für Bewehrungsstäbe ∅ ≤ 16 mm größer als das Größtkorn und für Stäbe ∅ > 16 mm größer als das Größtkorn + 5 mm sein. Mindeststababstände zur Sicherstellung eines lunkerfreien Betons wurden schon 1916 in den Bestimmungen des DAfEb [6] verankert. Gefordert wurden dort Mindestabstände in Größe von mindestens 20 mm und zusätzlich mindestens eines Eisendurchmessers. Im Bestand zeigt sich jedoch vor allem an vor 1972 errichteten Tragwerken, dass diesen normativen Vorgaben in vielen Fällen offensichtlich nicht die notwendige Beachtung geschenkt wurde. Die Folge sind Fehlstellen im Betongefüge, die bei Außenbauteilen entsprechende Korrosionserscheinungen nach sich ziehen können. Die bis in die 50er Jahre weit verbreiteten Rippendecken sind ein typisches Beispiel für eine Konstruktionsform, bei der die geforderten Stababstände untereinander sowie die Betondeckung vielfach nicht eingehalten wurden und angesichts der verwendeten Schalform auch nicht eingehalten werden konnten (Bild 3). Jedoch weisen in Innenräumen, in denen während der Standzeit keine überdurchschnittliche Luftfeuchte vorgelegen hat, freiliegende Bewehrungseisen von Stahlbetonrippendecken oftmals auch nach über 50-jähriger Standzeit nur oberflächige Korrosionsspuren auf. Hinsichtlich der Tragfähigkeit von Stahlbetonrippendecken lehren neben theoretischen Überlegungen auch die bei Belastungsversuchen [38] gemachten Erfahrungen, dass die in der Regel zum Auflager hin aufgebogene Biegezugbewehrung grundsätzlich auch ohne kontinuierliche Verbundwirkung über Bogen-Zugbandwirkung eine beachtliche Tragfähigkeit entfaltet, weshalb sich eine nähere Untersuchung solcher Konstruktionen oftmals lohnt (Bild 4). 6

Bautechnik 89 (2012), Heft 1

Der Biegerollendurchmesser wurde erstmals 1916 in den Bestimmungen des DAfEb [6] geregelt. Im Lauf der Zeit erfolgte in den jeweiligen Normausgaben eine Anpassung der Biegerollendurchmesser an die Steigerung der Streckgrenze von 220 N/mm2 (BSt 220/340 (I)) auf 500 N/mm2 (BSt 500/550 (IV)). Höhere Stahlspannungen erfordern größere Biegerollendurchmesser, weil mit steigender umzulenkender Stahlkraft auch die Betonpressungen in der Umlenkstelle des Betonstahls zunehmen und damit auch die Gefahr einer seitlichen Betonabplatzung größer wird. Dabei wurde bereits 1916 unterschieden, ob es sich um Aufbiegungen von Längsbewehrung oder um Zugeiseneinlagen mit rundem oder spitzwinkligem Haken als Verankerungselement handelt. Bei Verankerungselementen ist die Begrenzung der beim Biegen auftretenden Dehnung an der Krümmungsaußenseite des Stabes maßgebend. Die Mindestwerte für Biegerollendurchmesser sollen dabei Anrisse an der Krümmungsaußenseite der Stäbe während des Biegens vermeiden. Die beim Biegeprozess eingeprägten Stahlspannungen überlagern sich mit Spannungen infolge Last, wodurch schon bei verhältnismäßig niedrigen Einwirkungen örtlich hohe Spannungen auftreten können. Unter nicht ruhender Belastung können diese zu Anrissen


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