S. Stratbücker/S. Park/S. R. Bolineni · Effiziente Strahlungssimulation für ein thermisches Behaglichkeitsmodell
Fanger definiert zunächst die Bestrahlungsstärke und die bestrahlte Fläche der Person von der Strahlungsquelle sowie den Absorptionsgrad der Person. Mit dieser Information sowie der Strahlungstemperatur ohne Einfluss von direkter Bestrahlung (Tumrt) kann die Strahlungsbilanzierung zwischen Mensch und Umgebung durch folgende Gleichung beschrieben werden:
(
)
(
)
4 4 ε p σA eff Tcl4 − Tmrt = ε p σA eff Tcl4 − Tumrt − A pa sIdir
(1)
mit: Bekleidungsoberflächentemperatur [K] Tcl Tmrt mittlere Strahlungstemperatur [K] Tumrt mittlere Strahlungstemperatur ohne direkte Einstrahlung [K] Aeff effektive Strahlungsfläche der Person [m²] direkt bestrahlte Fläche der Person [m²] Ap Absorptionsgrad der Person [–] as Emissionsgrad der Person [–] εp Direktstrahlungsintensität [W/m²] Idir σ Stephan-Boltzmann-Konstante 5,67037 · 10–8 [W m–2 K–4]. Die „effektive Strahlungsfläche der Person“ bedeutet hier die für den Strahlungsaustausch mit der Umgebungsfläche zur Verfügung stehende Fläche einer Person, die je nach Position und Größe variiert. Ein direkt bestrahlter Anteil dieser effektiven Strahlungsfläche ist unabhängig von der Größe einer Person als Projektionsfaktor (Ap/Aeff) formuliert. Die Beeinflussung der mittleren Strahlungstemperatur durch die kurzwellige Sonneneinstrahlung kann aus Gl. (1) umgeschrieben und wie folgt ermittelt werden. 4 Tmrt = 4 Tumrt +
a s fpIdir
(2)
εpσ
wobei fp Projektionsfaktor der Person (Ap/Aeff) [–]. Die mittlere Strahlungstemperatur (MRT) anhand von DIN EN ISO 7726 Anhang B4.4 [3], nach der Definition von Fanger, ist die mittlere nicht bestrahlte Strahlungstemperatur, UMRT (Unirradiated Mean Radiant Temperatur), wenn eine Person direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist. Eine aktuelle Studie [5], [6] folgte weiter diesem Ansatz, thermische Behaglichkeit unter dem Einfluss von solarer Strahlung zu bewerten, und erweiterte die Gl. (2) mit diffuser Strahlung der Sonne, s. Gl. (3). 4 Tmrt = 4 Tumrt +
(
as f I +f I ε p σ p dir w diff
)
den Ergebnissen einer Gebäudesimulation entnommen werden. Die Berechnungsmethode für die Sichtfaktoren des langwelligen Strahlungsaustausches mit 6 Wänden sind in DIN EN ISO 77261 [3] nach Fanger [4] für sitzende und stehende Person definiert. Mit dieser Methode können jedoch lediglich einfache Raum- und Gebäudegeometrien ohne zusätzliche Strahlungshindernisse, wie z. B. Möbel, gerechnet werden. Der Projektionsfaktor der Person durch die Sonne in Gl. (2) wird je nach dem Sonnenstand und der Position der Person ermittelt. Fanger hat aus früheren experimentellen Untersuchungen den Zusammenhang zwischen Sonnenstand und Projektionsfaktor für stehende und sitzende Personen in Grafiken zusammengestellt. Dabei stellt sich die Frage, ob Ingenieure statt für die Betrachtung solarer Einstrahlung in Gebäuden (Tmrt-Berechnung) auf über 40 Jahre alte Grafiken zurückzugreifen, mit aktuellen Rechenverfahren diese Analysen bereits effizienter durchführen können.
2 Simulationsumgebung Geometrie Für die Berechnung von Strahlungsasymmetrien sind detaillierte 3D-Innenraummodelle eine Voraussetzung. Die Raumgeometrie für den ersten Anwendungsfall entspricht dem Testraum aus [7] wie in Bild 1 gezeigt. Hierbei wurde die schwere Konstruktion gewählt. Diese relativ einfache Geometrie ermöglicht es, auch vereinfachte Berechnungsmethoden (z. B. für die mittlere Strahlungstemperatur) als Referenz zu verwenden. Außerdem enthält die Norm Simulationsbeispiele welche zur Validierung der hier präsentierten Ergebnisse herangezogen werden. Die Geometrie der verwendeten Menschmodelle basiert auf einem etablierten Ergonomiemodell [8]. Dieses Modell ist parametrisierbar, d. h. es kann unter anderem in eine sitzende Haltung gebracht werden und mit der CADSoftware CATIA V5 als Oberflächenmodell aufbereitet werden. In diesem Fall wurde das Modell zusätzlich in Körpersektoren aufgeteilt, um eine spätere Kopplung mit einem Thermoregulationsmodell vorzubereiten [9]. Das vorgestellte Werkzeug ermöglicht es, „Proben“ unterschiedlicher Gestalt in einer Szene gleichzeitig an verschiedenen Positionen im Raum zu platzieren. In Bild 2
(3)
mit: Idiff diffuse Strahlungsintensität [W/m²] fw Sichtfaktor der Person zum Fenster [–]. Der Strahlungsaustausch zwischen diffuser solarer Strahlung und einer Person wird hier wie bei langwelliger Strahlung (Tumrt) mittels Sichtfaktorbestimmung abgeschätzt. Alle erforderlichen Informationen für Gl. (3) können (bis auf die Sichtfaktoren und den Projektionsfaktor) aus
Bild 1. Maße der Raumgeometrie (entnommen aus VDI 6020 [7]) Fig. 1. Dimensions of the room geometry (taken from VDI 6020 [7])
Bauphysik 35 (2013), Heft 1
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