Ernst & Sohn Sonderheft Brandschutz 2016

Page 7

Brandschutzplanung / Brandschutzkonzepte

dadurch erwächst, dass die Funken in den Hof eines anderen fliegen.“ Die Vorsichtsregel nach allgemeiner Achtsamkeit kann als Generalklausel der Gefahrenabwehr im spätmittelalterlichen Wohnhaus gelten und ist dem heutigen § 14 MBO [8] ähnlich. Bild 2.  Bildlicher und textlicher Brandschutz in der Heidelberger Bilderhandschrift von 1301 (Bild: Archiv)

renminimierung und ist eine Maßnahme, die sich in den folgenden Jahren stetig erneuern und in den Brandschutzgesetzen des 21. Jh. als Grundsatzregel fortleben wird. Artikel 53, § 1: „Backofen [...] sollen drei Fuß von dem [nachbarlichen] Zaun entfernt sein.“ Diese spätmittelalterliche Abstandsfläche ist einerseits ein Instrument zur Gewährleistung von Licht, Luft sowie Sonne und dient andererseits der Verhinderung eines Brandüberschlages auf nachbarliche Gebäude. Diese „Abstandsregel“ wurde in den folgenden Jahrhunderten fort­ geschrieben und findet sich noch heute im § 6 MBO als gesundheitliche bzw. im § 30 MBO [8] als brandschutztechnische Abstandsfläche in den Bauordnungen der Bundesländer des 21. Jh. wieder. Artikel 53, § 2: „Jeder soll ferner auf seinen Backofen und auf seine Feuermauer achten, damit ihm nicht Schaden

Der Sachsenspiegel definiert also drei brandschutztechnische Grundsätze, die unverändert auch noch heute – und damit seit mehr als acht Jahrhunderten – gelten und als die „Drei-A-Regel“ bezeichnet werden könnte: Abtrennung – Abstand – Achtsamkeit.

Zweiter Zeitabschnitt: Frühe Neuzeit 16.–18. Jh. Brandschutz ist Satzungsrecht und wird geprägt von der Präzisierung und Erweiterung der Brandschutzvorschriften, welche zunehmend den vorbeugenden Bandschutz zum Inhalt hatten. Diese Entwicklung des Brandschutzes im Zeitalter der Aufklärung ab Mitte des 17. bis zum Ende des 18. Jh. stellt einen Paradigmenwechsel dar. Das selbstbewusste Bürgertum verlangte im Zeitalter der Vernunft nach einer vernünftigen Lebensgestaltung, die sich zunehmend vom „Gottesgnadentum“ löste, was auch einen ratio­ nalen Umgang mit dem Brandrisiko förderte. Eine kluge und vorausschauende Gefahrenabwehr und eine konstruktive Schadensvorbeugung gewinnen die Oberhand. Forciert wurde diese Entwicklung von den technischen Errungenschaften im 18. Jh., die auch auf den Brandschutz Ein-

Bild 3.  Darstellung der baulichen Brandschutzmaßnahmen in der Frühen Neuzeit

Ernst & Sohn Special 2016 · Brandschutz

006-082_cc15.indd 7

7

01.12.16 11:25


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
Ernst & Sohn Sonderheft Brandschutz 2016 by Ernst & Sohn - Issuu