Ernst & Sohn Sonderheft Brandschutz 2016

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Farben / Beschichtungen

Diana Fischer

Brandschutzbeschichtungen – idealer Schutz für Stahlbauteile Das Gestalten mit Stahl ist ein wesentliches Element der modernen Architektur. Der Baustoff ermöglicht durch seine hohe Tragfähigkeit weit spannende Konstruktionen, die sich optimal in Gebäudekonzepte integrieren und diese gezielt akzentuieren. Dennoch scheuen sich noch immer viele Planer, diesen vielseitigen Werkstoff auch in Gebäuden mit hohen Brandschutzanforderungen einzusetzen – zu Unrecht, denn dank moderner Beschichtungssysteme ist es heute problemlos möglich, höchste sicherheitstechnische Aspekte, filigrane Konstruktionen und gestalterische Akzente in Einklang zu bringen. Stahl ist ein nicht brennbarer Werkstoff, der im Brandfall weder schädliche Gase emittiert noch zur Brandlast eines Gebäudes beiträgt. Allerdings verringert sich die Tragfähigkeit von Stahlbauteilen bei hohen Temperaturen. Je nach Belastung liegt die kritische Bauteiltemperatur (Tkrit) bei ca. 500–750 °C. Verschiedene aktive und passive Brandschutzmaßnahmen helfen, den Zeitraum bis zum Erreichen dieser kritischen Bauteiltemperatur zu verlängern. Viele von ihnen weisen jedoch erhebliche Nachteile auf: Sprinklersysteme und andere aktive Brandschutzmaßnahmen müssen regelmäßig gewartet werden, Bekleidungen und Ummantelungen verdecken das zu schützende Bauteil und heben seinen spezifischen Charakter hierdurch vollständig auf. Brandschutzbeschichtungen sind daher die ideale Lösung, wenn es um die Vereinigung technischer und ästhetischer Anforderungen geht (Bild 1).

Bild 1.  Brandschutzbeschichtungen unterstreichen den filigranen Charakter von Stahlkonstruktionen perfekt

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Bild 2.  Brandschutzbeschichtungen bilden im Brandfall einen isolierenden Kohlenstoffschaum, der die Erwärmung des Stahlbauteils verzögert (Fotos 1 und 2: Hempel (Germany) GmbH)

Wirkungsvolle Anstriche Dämmschichtbildner bzw. dämmschichtbildende Brandschutzanstriche zählen zu den passiven Brandschutzmaßnahmen. Die nur wenige Millimeter dicken, schnell trocknenden und stoßfesten Anstriche bilden im Brandfall eine mehrere Zentimeter dicke Schutzschicht aus feinporigem Kohlenstoffschaum (Bild 2). Durch seine sehr geringe Wärme­leitfähigkeit isoliert dieser stabile Schaum das Bauteil, so dass es sich langsamer erwärmt und der Zeitraum bis zum Erreichen der kritischen Temperatur auf bis zu drei Stunden (R180) verlängert wird. Die Beschichtungen werden profilfolgend aufgetragen, wobei die jeweils erforderliche Schichtdicke vorab individuell bestimmt wird. Hierbei werden u. a. die Art des Beschichtungssystems, die Bauteilart und seine Auslastung, die erforderliche Feuerwiderstandsdauer und Korrosionsschutzanforderungen berücksichtigt. Ein Beschichtungssystem besteht üblicherweise aus drei perfekt aufeinander abgestimmten Produkten: der Grundierung, dem Dämmschichtbildner und einem Überzugslack (Bild 3). Dabei dient die Grundierung als Korrosionsschutz und Haftgrund für die dämmschichtbildende Schicht. Der Dämmschichtbildner stellt den Kern des Beschichtungssystems dar. Er schäumt im Brandfall auf und schützt das Bauteil vor zu starker Erwärmung. Der zuletzt applizierte Überzugslack dient der Farbgebung, schützt den Dämmschichtbildner und erhöht die Reinigungs-

Bild 3.  Die meisten Brandschutzsysteme bestehen aus einer Grundierung, dem Dämmschichtbildner sowie einem Überzugslack

Ernst & Sohn Special 2016 · Brandschutz

01.12.16 11:26


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