Schneller Bauen 2025

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2025

März 2025

ISSN 2750-5030

Schneller Bauen

Neubau I Umbau I Sanierung

– Effektivere Bauprozesse

– Modulares Bauen

– BIM Building Information Modeling

– Serielles Bauen

Wir haben was gegen lange Bauzeiten: Die ECHTERHOFF Expressbrücken!

ECHTERHOFF. WIRKLICH WIR.

Unsere Leistungsbereiche:

Ingenieurbau (u.a. Expressbrücken)

Kanal- und Rohrleitungsbau

Spezialtiefbau

Industriebau und schlüsselfertiges Bauen

Projektentwicklung

Liebe Leser:innen,

„Geht das auch schneller?“ Eine Frage, die viele Ausführende und Planende zu Projektbeginn gestellt bekommen. Manchmal sanfter formuliert als „Wann können wir einziehen?“, teilweise bereits leicht vorwurfsvoll als „Wir bauen hier aber keine Kölner Oper!“ (Für alle Nicht-Kölner: Der Fertigstellungstermin für den Umbau der Kölner Oper wurde zuletzt von ursprünglich 2016 auf Ende 2025 verschoben.) Welche Stellschrauben bietet uns der komplexe Bauprozess in Bezug auf Geschwindigkeit und welche neuen Werkzeuge stehen uns dank Digitalisierung, KI und BIM zur Verfügung?

In Bezug auf die Hürden für das schnellere Bauen dreht sich in der allgemeinen Debatte viel um die komplexen und oft langwierigen Genehmigungsverfahren in Deutschland, einhergehend mit viel Bürokratie und Personalmangel in den Behörden, um die umfangreichen Prüfverfahren durchzuführen. Als Beschleuniger wird nach wie vor das Thema BIM gesehen, natürlich KI, vorfabrizierte und Robotik unterstütze Produktion bis hin zum 3D-Druck und die Digitalisierung allgemein. Dabei unterstützen KI und BIM zwar die schnellere Bewältigung der umfangreichen Planungsgrundlagen und der wachsender Anzahl von Normen, eine Auswirkung auf die Genehmigungszeiten konnte jedoch noch nicht festgestellt werden. Immerhin müssen dank digitalem Bauantrag nicht mehr ordnerweise Papier in die Ämter verfrachtet werden.

Im Bau selbst wurden dagegen durch Vorfertigung und Weiterentwicklung von Verfahren wie dem 3D-Druck größere Sprünge im Punkt Schnelligkeit erzielt. Die Kölner Schulen in Holzmodulbauweise zum Beispiel konnten nicht nur schnell produziert werden und innerhalb einer Woche vor Ort montiert werden, sondern hatten auch einen sehr kurzen Planungs- und Genehmigungsvorlauf. Möglich war dies durch ein erfahrenes Projektteam aus Bauherrin, Ausführung und Planung, die bereits in gleicher Konstellation zusammengearbeitet hatten. Aus dieser Erfahrung war klar, dass die Entscheidungswege kurz sein müssen. Schneller bauen heißt auch schneller entscheiden. Schnell entscheiden kann man nur mit bestmöglicher Faktengrundlage, Erfahrung, Vertrauen und einer gewissen Risikobereitschaft. Die bislang genannten Beschleuniger im Bauen können hierbei lediglich dazu beitragen, die Grundlagen aufzubereiten.

Um die Genehmigungszeit zu reduzieren, richtete die Verwaltung eine „Taskforce“ ein. Diese sorgte für eine Priorisierung der Projekte und vor allem für eine Weiterleitung an alle relevanten Ansprechpartner.

Neue Herstellungs- und Produktionsmethoden in der Vorfertigung von Bauteilen, Modulen oder gar ganzen Gebäuden verlangen ein tiefes Verständnis der Planenden für diese Prozesse. Daher ist es hilfreich, wenn Planende und Ausführende von Anfang an gemeinsam ein Projekt bearbeiten.

Bei echten Pionierprojekten wie dem „Weißen Turm von Mulgens“ bilden Entwurfs- und Produktionsprozess eine Einheit. Die Vorfertigung im 3D-Druck ermöglicht nicht nur einen materialoptimierten Einsatz, sondern erlaubt auch die Rückkehr des Ornaments, da dieses nicht mehr zeit- und personalaufwändig händisch hergestellt werden muss.

Ich hoffe, dass Ihnen das vorliegende Heft in seiner Vielfalt Impulse und Inspiration für das komplexe Thema Baubeschleunigung vermitteln kann.

(Foto: baut architektur)

Special 2025

Schneller Bauen

Ernst & Sohn Special 2025 Schneller Bauen

ISSN 2750-5030

Ernst & Sohn GmbH

Rotherstraße 21

D-10245 Berlin

Telefon: (030) 4 70 31-200

Fax: (030) 4 70 31-270 info@ernst-und-sohn.de www.ernst-und-sohn.de

Der nachwachsende Rohstoff Holz verhilft mit seiner guten CO2-Bilanz auch der Stadt Amsterdam, bis 2050 klimaneutral zu werden. Jährlich werden ca. 1.500 Häuser in Holzbauweise errichtet. Damit ist die Stadt Amsterdam offiziell eine der sieben Early Adopter Cities des Build-in-Wood-Projekts. Ein Quartier ist dabei „Switi – Gooise Kant“. Hier wird seit seit 2015 gebaut, ca. 235 Wohnungen und 24 Einfamilienhäuser sind bereits fertiggestellt. Auf der Zielgeraden befindet sich aktuell ein achtgeschossiges Mehrfamilienhaus mit 45 Wohnungen in Holz- und Systembauweise. Aufgrund der systemischen Herangehensweise und dem Fokus auf Nachhaltiges Bauen ist der Neubau ein Beispiel für einen effizienten und ökologisch wertvollen Wohnungsbau. (s. Beitrag S. 31–33; Foto: © Evelien Hopp, Ekowood Houses)

Gesine Appel

3 Editorial

EFFEKTIVERE BAUPROZESSE

6 TÜV SÜD zeigt Wege für einfacheres und kosteneffizienteres Bauen auf

7 Eine neue Ära in der Deckenschalung

8 Expressbrücken für Münster: einfach schneller, einfach besser, einfach effizienter

Benjamin Dillenburger, Michael Hansmeyer

10 Der Weisse Turm – aus dem Drucker

14 Berlin: Schneller-Bauen-Gesetz

15 Ersatzneubau mit hohem Vorfertigungsgrad: Elisabethbrücke in Halle (Saale)

17 NABU kritisiert Schneller-Bauen-Gesetz

18 Betonstahl mit Ankerkopf für schnelleres Bauen

RKW Architektur +

20 SYSTEMBAU MACHT SCHULE

ZWEI SCHULEN MIT KURZER BAUZEIT

ZRS Architekten Ingenieure

24 „KOKONI ONE“ IN BERLIN-PANKOW

HOLZBAUQUARTIER AN DER STREUOBSTWIESE potgeter + wefelshütten architektur gmbh

28 EINFACH BAUEN IST GANZ EINFACH, ABER ALLES ANDERE ALS GEWÖHNLICH

MEHRFAMILIENHAUS IN NORDHORN

MODULARES BAUEN

Ripkens Wiesenkämper

31 SYSTEMISCHE NACHHALTIGKEIT GEGEN DEN WOHNUNGSMANGEL ACHTGESCHOSSER IN AMSTERDAM IN HOLZ- UND SYSTEMBAUWEISE

h4a Gessert + Randecker Architekten

34 SCHNELLER BAUEN – ZEHN BERLINER GRUNDSCHULEN IN MODULARER BAUWEISE

baut architektur PartmbB

38 SCHNELLER BAUEN MIT HOLZBAUMODULEN INNOVATIVE SCHULBAUPROJEKTE IN KÖLN

42 Gebäudemodule für den Wohnungsbau

Markus Plöcker

43 Weg vom Schneckentempo – serielles Bauen im Bestand als Prozessbeschleuniger

HHA Planung GmbH

48 MODULBAUWEISE MIT REPETITIVEN GRUNDRISSEN VERKÜRZT

DIE BAUZEIT

DREI 3-ZÜGIGE GRUNDSCHULEN IN KÖLN

BIM BUILDING INFORMATION MODELING

52 Berechnung der Ökobilanz eines Entwurfs – jetzt auch für zirkuläres Bauen verfügbar

SERIELLES BAUEN

55 110 Wohneinheiten in 10 Wochen

56 Interimswohnen – temporär und flexibel

58 Impressum

MODULBAUSYSTEME

Effizientes Bauen der Zukunft

Module oder Fertigteile in energieeffizienter Massivbauweise

 Schnell

 Bezahlbar

 Nachhaltig

 Förderfähig

Ihre Vorteile

 Kostensicherheit

 Terminsicherheit

 Ein Ansprechpartner

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Bauen in Deutschland ist kompliziert, langwierig und teuer. Mit dem viel diskutierten Gebäudetyp E soll das Bauen einfacher, schneller und effizienter werden. Nach Aussage von TÜV SÜD ist das auch heute schon möglich, ohne die vorhandenen Regeln und Verordnungen zu verletzen. Ein aktuelles Whitepaper von TÜV SÜD enthält „Denkanstöße zu einfacherem Bauen“.

Dass Bauen in Deutschland kompliziert, langwierig und teuer ist, liegt auch am geltenden Bauvertragsrecht. Beim Bauen gelten die anerkannten Regeln der Technik als stillschweigend vereinbart, wenn nichts anderes vertraglich geregelt wurde. Im Streitfall werden Abweichungen davon als mangelhafte Leistung gewertet. Das ist einer der Gründe, warum nach einer Art von „Goldstandard“ gebaut wird, bei dem alle baurechtlichen Standards und gegebenenfalls auch nicht notwendige Standards und alle öffentlich-rechtlichen Anforderungen eingehalten werden.

„Eigentlich sind Normen dafür gedacht, einen Mindeststandard zu definieren“, sagt Caroline Wolf, Expertin für Bautechnik der TÜV SÜD Industrie Service GmbH. „Davon haben wir uns in Deutschland inzwischen weit entfernt.“ Die wichtigsten Gründe dafür seien ein ausuferndes Regelwerk, mit dem alle Eventualitäten erfasst werden sollen, der steigende Komfortanspruch von Bauherren, Investoren und Kunden, der weit über die Regeln der Technik hinausgeht, und eine gewisse Unkenntnis in baurechtlichen Sachverhalten, die zu einer übertriebenen Vorsicht und einer „Übererfüllung“ der Anforderungen führen.

„Dass Bauen in Deutschland einfacher werden muss, ist unter allen Beteiligten unbestritten“, erklärt Caroline Wolf. „Allerdings müssen wir dafür nicht auf die formale Einführung eines neuen Gebäudetyps warten.“ Bereits heute können Bauherren im Rahmen der gesetzlichen und normativen Vorgaben näher am „Mindeststandard“ bauen oder sogar in einem gewissen Maß von den Regeln der Technik und den öffentlich-rechtlichen Anforderungen abweichen. „Voraussetzung dafür ist allerdings eine genaue Kenntnis des baurechtlichen Regelwerks“, so die Bautechnik-Expertin. Denn solche Lösungen seien teilweise genehmigungspflichtig und müssten vertraglich vereinbart und gegebenenfalls mit den zuständigen Behörden abgestimmt werden.

Schutzziele müssen erfüllt sein

Die Sicherheit eines Bauwerks darf durch einfachere und kostengünstigere Lösungen nicht beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund sind die normativen Vorgaben für Standsicherheit, Brandschutz, gesunde Lebensverhältnisse und Umweltschutz unbedingt einzuhalten. Diese Grundanforderungen sollen nach bisherigem Kenntnisstand auch für den Gebäudetyp E weiter gelten.

Wenn die Schutzziele weiterhin erfüllt sind, lassen die Landesbauordnungen (LBO) einen gewissen Spielraum für Abweichungen zu. „Auf diese Weise können die generellen

Vorgaben der LBO an die spezifische Situation eines konkreten Bauvorhabens angepasst werden“, erklärt Caroline Wolf. Beispiele dafür sind die Reduzierung der Treppenlaufbreite in Abhängigkeit von der tatsächlichen Nutzerzahl einer Treppe, die gezielte und fachgerechte Planung des Brandschutzes zur Vermeidung unnötiger Installations- und Wartungskosten oder die in der LBO auch vorgesehene Anordnung von barrierefreien Wohnungen im Erdgeschoss, wodurch auf einen Aufzug für den barrierefreien Zugang zu den Obergeschossen verzichtet werden kann.

Einfachere und alternative Lösungen reduzieren Kosten

Weitere Möglichkeiten zu einfacherem und kostengünstigerem Bauen betreffen vor allem Einschränkungen im Komfort. „Wir haben uns in Deutschland an einen sehr hohen Standard gewöhnt, der angesichts der Kostensteigerungen kritisch hinterfragt werden sollte“, sagt die Bautechnik-Expertin. Kleinere Einschränkungen bei der Ausstattung oder alternative Lösungen für die Gebäudetechnik könnten nicht nur die Baukosten, sondern auch den Aufwand für Wartung und Instandhaltung reduzieren. Beispiele dafür sind der Verzicht auf Rollläden in Toiletten, Bädern und Küchen, die Auslegung von Tiefgaragen für die Nutzungsklasse B nach WU-Richtlinie oder die dezentrale Trinkwassererwärmung mit elektrischen Durchlauferhitzern in jeder Wohnung. Der Verzicht auf eine zentrale Warmwasserbereitung reduziert nicht nur die Installationskosten, sondern auch den Wasser- und Energieverbrauch sowie den Wartungsaufwand. „Solche Lösungen sind grundsätzlich bei allen Bauvorhaben möglich“, betont Wolf. „Allerdings muss das in der Baubeschreibung ausdrücklich festgehalten und ausreichend erklärt werden.“

Auch ohne die Einführung eines neuen Gebäudetyps gibt es viele Möglichkeiten für einfacheres und kostengünstigeres Bauen in Deutschland. Dafür ist eine genaue Kenntnis des geltenden Regelwerks erforderlich, damit Abweichungen von etablierten Standards nicht zu rechtlichen Auseinandersetzungen und kostenintensiven Nachbesserungen führen. Die Expertinnen und Experten von TÜV SÜD weisen ihre Kunden im Rahmen von Planprüfungen bei Prüfungen von Baubeschreibungen auf die bestehenden Möglichkeiten hin.

TÜV SÜD hat „Denkanstöße zum einfacheren Bauen“ in einem Whitepaper zusammengefasst, das als PDF-Datei kostenlos heruntergeladen werden kann: tuvsud.com/wpeinfaches-bauen.

Weitere Informationen: TÜV SÜD AG Westendstraße 199, 80686 München Tel. (089) 57 91-0 info@tuvsud.com, www.tuvsud.com/de-de

Eine neue Ära in der Deckenschalung

Das innovative Deckenschalungssystem klappMAX setzt neue Maßstäbe in der Baubranche und bietet eine zukunftsweisende Antwort auf die drängenden Herausforderungen des Nachwuchsproblems und dem damit verbundenen Fachkräftemangel.

Ob bei Ortbeton- oder Teil-Fertigteildecken, klappMAX vereinfacht die Logistik und das Handling in beiden Einsatzbereichen erheblich. Dank eines cleveren Klappmechanismus, unterstützt von leistungsstarken Gasdruckfedern, reduziert das System die körperliche Belastung der Arbeiter signifikant. Zudem ist klappMAX so konzipiert, dass es problemlos durch jede Türöffnung im Rohbau passt, wodurch maximale Flexibilität auf der Baustelle gewährleistet wird.

Maximale Effizienz mit minimalem Personalaufwand –die klappMAX-Schalbox

Ein wesentliches Merkmal dieses innovativen Systems ist, dass das oft aufwendige Suchen und Sortieren von Materialien entfällt. Alle benötigten Komponenten werden kompakt in einer intelligenten Schalbox geliefert, was den logistischen Aufwand auf der Baustelle erheblich reduziert. Die bahnbrechende Neuigkeit in der Schaltechnik, die in enger Zusammenarbeit mit dem renommierten Mayer Kundenbeirat entwickelt wurde, zeichnet sich durch maximale Anpassungsfähigkeit aus: Sie kann problemlos per Fahrgestell, Stapler oder Kran an ihren jeweiligen Einsatzort transportiert werden.

Dank eines intelligenten Mechanismus kann eine einzige Arbeitskraft per Kurbel die Träger ausfahren und für die anstehende Deckenschalung modifizieren. Die notwendige Abstützung erfolgt durch die mitgelieferten Deckenstützen, die direkt aus dem klappMAX-Magazin entnommen werden.

klappMAX – ein echter Gamechanger für die Baubranche

„klappMAX ist das Ergebnis von Jahren intensiver Arbeit, innovativer Denkansätze und einer engen Zusammenarbeit mit Experten aus der Praxis. Egal, ob es um Effizienzsteigerung, ergonomische Arbeitserleichterung oder die

Optimierung der Baustellenlogistik geht – klappMAX ist keine schrittweise Verbesserung bestehender Systeme, sondern eine echte, wegweisende Innovation in der Schaltechnik“, erklärt Marion Mayer-Sorgo, Leitung Marketing & Vertrieb der Mayer Schaltechnik.

Das immense Potenzial der Schalbox wurde bereits auf mehreren Testbaustellen renommierter Bauunternehmen erfolgreich unter Beweis gestellt. Bauleiter und Poliere waren sich einig: Die innovative Schalungstechnologie optimiert nicht nur den Arbeitsablauf, sondern könnte mittelfristig die gesamte Bauweise im Bereich der Ortbeton- und Teil-Fertigteildecken revolutionieren.

Die Resonanz aus der Branche ist durchweg positiv, und die steigende Nachfrage nach der klappMAX-Schalbox unterstreicht die Notwendigkeit praxisnaher Lösungen in der modernen Bauwirtschaft. Mit klappMAX beginnt eine neue Ära in der Schaltechnik – und die Baubranche ist bereit für diesen Wandel.

Weitere Informationen:

Mayer Schaltechnik GmbH

Richtbergstraße 8, 97493 Bergrheinfeld Tel. (09721) 78 96-0, Fax (09721) 78 96-66 info@mayerschaltechnik.de, www.mayerschaltechnik.de

HochleistungsBewehrungsprodukte

Betonstahl mit Ankerkopf

Betonstahlverbindungen

Stahl-Beton Verankerungen

Einfachste Bedienung mit nur einer Arbeitskraft – klappMAX Schalbox (Foto: Mayer Schaltechnik)

Expressbrücken für Münster: einfach schneller, einfach

Das Brückenbauprojekt an der B51 in Münster zeigt eindrucksvoll, wie moderne Bauweisen und optimierte Planung die Bauzeit erheblich verkürzen können. Auf einer Strecke, die täglich von 57.000 Fahrzeugen genutzt wird, müssen zwei Brücken ersetzt werden. Eine davon wurde bereits in rekordverdächtiger Zeit neu gebaut: Statt der ursprünglich geplanten 4,5 Jahre kann die Bauzeit jetzt auf nur 2,5 Jahre reduziert werden. Dabei setzt das Projekt nicht nur neue Maßstäbe in Effizienz, Nachhaltigkeit und Kommunikation, sondern bietet auch eine Blaupause für zukünftige Infrastrukturmaßnahmen.

Die beiden Brücken an der B51 – in Verbindung von Autobahn und der Umgehungsstraße Münster – sind für die Verkehrsflüsse der Region unverzichtbar. Aber sie waren, genau wie mehr als 30.000 Brücken deutschlandweit, nicht mehr ausreichend belastbar. Ein Neubau war unvermeidbar, der aber erhebliche Auswirkungen auf den Verkehr nach sich zieht. Doch hier kommen die Experten von Echterhoff ins Spiel. Dank optimierter Planung und dem Bau der ersten Brücke als ECHTERHOFF Expressbrücke konnten die Brücken nicht nur deutlich schneller, sondern auch mit deutlich weniger Beeinträchtigungen für Pendler und Anwohner umgesetzt werden.

ECHTERHOFF Expressbrücke: schneller geht’s nicht

Ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs ist der Einsatz der Echterhoff Expressbrücke, deren innovative Bauweise speziell auf Geschwindigkeit und Qualität ausgelegt ist. Die erste Brücke wurde in der Rekordzeit von nur 24 Tagen vom Abriss bis zum Auflegen der Brückenlängsträger (VFT-Träger) mit Hybridkappe und vormontiertem Geländer realisiert – und in lediglich sieben Wochen fertiggestellt. Möglich wird diese Zeitersparnis durch den Einsatz vorgefertigter Bauteile. Diese werden vor Ort mit Beton ergänzt, aufwändige Schalungsarbeiten entfallen weitestgehend.

Nachhaltigkeit und Schnelligkeit: passt perfekt zusammen

Das Brückenbauprojekt der B51 hat sich zu einem bundesweit beachteten Beispiel für innovative Bauverfahren und signifikante Bauzeitverkürzungen entwickelt. Neben der Effizienz lag ein starker Fokus auf Nachhaltigkeit. Erstmals wurden umfassende Analysen zur Verkehrsbelastung und CO2-Bilanzierung während der Bauphase durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen bereits jetzt, wie Bauzeitverkürzungen künftig ökologisch und ökonomisch vorteilhaft in Bauverträgen berücksichtigt werden können.

Dieses Projekt kann sich sehen lassen: sogar im TV

Ein weiteres Highlight des Projekts war die offene Kommunikation. In der Videotagebuch-Reihe „Die Weg frei Macher“ (Link: https://www1.wdr.de/mediathek/videotagebuch-die-weg-frei-macher-folge-iii-100.html) wurde der Baufortschritt dokumentiert. In der vom WDR produzierten Serie geben Ingenieur*innen und Bauüberwacher nicht nur Einblicke in den Projektalltag, sondern zeigen

Bild 1. Offizielle Eröffnungsfeier der Brücke an der B51 in Münster am 28.08.2024 mit Oliver Krischer, NRW Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr, Markus Lewe, Oberbürgermeister der Stadt Münster, sowie Vertretern der Bauherrin und der Arbeitsgemeinschaft.
Bild 2. Nach nur 24 Arbeitstagen konnten bereits die VFT Träger aufgelegt werden –eine Glanzleistung in nur 20 Stunden.

Gebr. Echterhoff GmbH & Co. KG, führt immer wieder fachkundige Besuchergruppen persönlich über die Baustelle. (Fotos: Gebr. Echterhoff GmbH & Co. KG)

auch die spannenden Facetten ihres Berufs. Die Serie lief in der Lokalzeit NRW und weckte Begeisterung für den Beruf des Bauingenieurs.

Das Brückenbauprojekt B51: zukunftsweisender Brückenbau

Das Brückenbauprojekt an der B51 ist mehr als ein Bauvorhaben – es ist ein Modell für die Zukunft. Mit innovativen Technologien, konsequenter Planung, nachhaltigem Handeln, verkürzten Bauzeiten und weniger Verkehrsbeeinträchtigungen zeigt ECHTERHOFF, wie die Zukunft des Bauens aussehen kann.

Weitere Informationen und Einblicke finden Sie im YouTube-Video: B51: Ersatzneubau von zwei Brückenbauwerken in Münster (Link: https://www.youtube.com/ watch?v=ylnivhg2Mm4 )

Das Brückenbauprojekt B51 Münster im Überblick

Bauzeitverkürzung

– von 4,5 Jahre auf 2,5 Jahre

– Zeitersparnis: 2 Jahre

Schlüsselmaßnahmen zur Bauzeitverkürzung

– innovative Bauweise: Einsatz der ECHTERHOFF Expressbrücke

– Vertragsmodelle: Funktionaler Nachtrag für geänderten Bauablauf

– Kombination aus technischer Innovation und optimierter Planung

ECHTERHOFF Expressbrücke

– Betonfertigteile werden in kürzester Zeit aufgebaut und mit Ortbeton ergänzt

– effiziente Lösung für die Verbindung von der A43 zur Umgehungsstraße Münster

Vorteile des Projekts

– Effizienz und Nachhaltigkeit: verkürzte Bauzeit, keine Einbußen bei Qualität

– Entlastung: Weniger Beeinträchtigung für Anwohner und Pendler

– transparente Kommunikation: Vorausschauend und zielgerichtet

– Vorbildcharakter: Maßstäbe für zukünftige Brückenbauprojekte in Deutschland

Weitere Informationen: Gebr. Echterhoff GmbH & Co. KG Industriestraße 9, 49492 Westerkappeln Tel. (05456) 81-0 mobil 0176 56330854 info@echterhoff.de, www.echterhoff.de

Bild 4. Die Brücke vor der Verkehrsfreigabe am 25.08.2024 – nach nur 7 Wochen Bauzeit.
Bild 3. Widerlager Achse 10 mit Fertigteilen aus Eigenproduktion mit strukturierten Oberflächen: komplett aufgestellt in nur 20 Stunden.
Bild 5. Theo Reddemann, Geschäftsführer

Der Weisse Turm – aus dem Drucker

Tor Alva („Der Weisse Turm“) ist ein 30 m hohes, 3D-gedrucktes Gebäude, das derzeit im Schweizer Alpendorf Mulegns gebaut wird. Nach seiner Fertigstellung im Frühjahr 2025 wird es das höchste von Robotern gefertigte Bauwerk der Welt sein. Zu den technischen Innovationen gehören die Integration von Verstärkungen in den 3D-Druckprozess, die Verwendung materialsparender 3D-gedruckter Strukturelemente und der modulare Konstruktionsansatz, der die Wiederverwendung von Komponenten ermöglicht. Diese Merkmale ermöglichen es, das komplexe Design des Turms in einer neuartigen und unverwechselbaren Formensprache zu gestalten.

Das Design des Turms besteht aus 32 einzigartigen 3Dgedruckten Säulen. Jede Säule folgt einer organischen Formensprache und ist mit einer kühnen Sequenz von Mustern und komplexen Verzierungen in mehreren Maßstäben versehen, was dem Bauwerk eine rätselhafte, mystische Präsenz verleiht. Es erinnert an die Handwerkskunst der barocken Baumeister Graubündens und schlägt eine Brücke zwischen den Traditionen der Vergangenheit und den Innovationen der Zukunft.

Das Projekt wurde als immersive Installation und Konzertsaal für die Origen Foundation konzipiert und

dient einem doppelten Zweck: Es soll einen einzigartigen Aufführungsraum schaffen, der Architektur, Kultur und Wissenschaft vereint, und gleichzeitig ein Dorf revitalisieren, das vor strukturellen Herausforderungen steht. Darüber hinaus wird die interdisziplinäre Forschung der ETH Zürich präsentiert, die solche digitale Baupraktiken vorantreibt, die innovative, reichhaltige und nachhaltige Umgebungen fördern.

Architektur, Kunst und Kultur

Mit seiner markanten Architektur und dem bahnbrechenden Einsatz von Technologie veranschaulicht der Weisse Turm das transformative Potenzial von computergestütztem Design und digitaler Fertigung in der Architektur. Der Turm verkörpert einen neuen Ansatz für architektonische Formen, der mehrere Maßstäbe umfasst: von der großen organischen Form der Struktur selbst bis hin zu maßgeschneiderten, verzweigten Säulen und ihren aufwendig verzierten Mikrostrukturen. Der Einsatz von 3D-Druck ermöglicht eine Architektur, die eine außergewöhnliche Vielfalt an Formen und Gestalten präsentiert und gleichzeitig wirtschaftliche und ökologische Vorteile bietet. Anstatt lediglich konventionelle Gebäudeentwürfe zu kopieren, verwendet der Weisse Turm eine neuartige Designsprache, die die besonderen Eigenschaften von 3D-gedrucktem Beton hervorhebt.

Struktur aus 3D-gedruckten Säulen

Der Weisse Turm wurde direkt auf dem historischen Kutschendepot errichtet. Das zentrale Designelement des Turms besteht aus einer Reihe von 32 einzigartigen 3D-gedruckten Säulen, die die verschiedenen Ebenen des Gebäudes tragen und gleichzeitig seine Fassade definieren. Die Formen reichen von breiten und voluminösen Säulen mit einer Höhe von 3,4 m in den unteren Stockwerken bis hin zu schlanken, ineinander verschlungenen Säulen im obersten Stockwerk, die eine Höhe von 6 m erreichen. Die ver-

Bild 1. Planungsphase: Visualisierung Turm im Dorf Mulegns
Bild 2. Planungsphase: Visualisierung Turm in der Landschaft

zweigte Struktur der Säulen fungiert als Fachwerk, das seitlichen Kräften standhält. Obwohl die Formen dieser Säulen individuell differenziert sind, werden sie durch die Konsistenz des Materials vereint, das die gesamte Struktur optisch und konzeptionell zusammenhält. Der helle, weiße Beton und die gewellten Formen der Säulen verstärken das architektonische Spiel von Licht und Schatten.

Gestaltung in verschieden Maßstäben

Dank computergestütztem Design und digitaler Fertigung ist jede Säule einzigartig und weist verschiedene geometrische Gliederungen in drei verschiedenen Maßstäben auf. Auf der ersten Ebene haben die Säulen eine organische, knochenähnliche Form, die dabei hilft, seitliche Kräfte ohne zusätzliche Verstrebungen aufzunehmen. Um den Materialeinsatz zu optimieren, wird eine zweite Gliederungsebene eingeführt, die die dünnen Schalen der Säulen verstärkt. Diese Struktur besteht aus breiten, spiralförmigen Wellen, die die Oberfläche der

Säulen hinaufsteigen und die Höhe des Turms betonen. Die dritte Gliederungsebene fügt jeder Säule eine einzigartige Ornamentierung hinzu, die durch Manipulation des Extrusionspfads entsteht, der beim 3D-Druck des Betons verwendet wird. Diese materialbasierte Ornamentierung spiegelt direkt die Herstellungstechnik wider und erhöht die visuelle Komplexität der Struktur.

Den Turm erleben

Der Weisse Turm ist als vertikale Enfilade konzipiert, die aus fünf Stockwerken besteht, die jeweils ein einzigartiges Raumerlebnis bieten. Wenn Besucher die Wendeltreppe hinaufsteigen, bewegen sie sich durch atmosphärische Räume, die von dunklen, intimen Kammern an der Basis bis zu lichtdurchfluteten, luftigen Räumen weiter oben reichen. Oben angekommen, gelangen die Besucher in einen intimen Aufführungsraum mit 45 Sitzplätzen und einer zentralen Bühne. Dieser Raum wird von einer filigranen Kuppel gekrönt, die von acht gra-

Die REVOLUTIONÄRE Deckenschalung

Bild 3. Verladen eines Bauelementes beim Hersteller im September 2024
Bild 4. 3D-Druck mit automatischer Integration der Bewehrungsstäbe (Fotos 3 und 4: © Girts Apskalns)

zilen, verzweigten Säulen getragen wird. Der Aufführungsraum kann eine Vielzahl kleinerer Veranstaltungen beherbergen: Konzerte mit lokalen Liedern, elektronischen Kompositionen, Autorenlesungen und zeitgenössischen Choreographien. Die Besucher genießen einen Panoramablick über die majestätische Alpenlandschaft des Juliertals. Bei Einbruch der Dunkelheit verwandelt sich der Weisse Turm und seine markanten Öffnungen leuchten wie eine Laterne und stehen wie ein Leuchtturm entlang des historischen Julierpasses. Im Winter wird der Turm durch eine transparente, abnehmbare Membran vor den Elementen geschützt und bietet so Schutz vor Wind und Schnee.

Wiederbelebung des Dorfes Mulegns

Das hoch in den Schweizer Alpen am Julierpass gelegene Dorf Mulegns hat seit langem eine historische Bedeutung. Einst war es eine Postkutschenstation auf der Strecke, die die Zentralschweiz mit dem Engadin und Zürich mit St. Moritz verband. Ursprünglich ein bescheidenes Dorf, wanderten viele Einwohner von Mulegns in größere Städte aus und arbeiteten als Stuckateure und Konditoren. Erfolgreiche Rückkehrer bauten prächtige Villen, und als der Tourismus zu florieren begann, erlebte das Dorf eine Zeit des Wohlstands. Heute steht Mulegns vor erheblichen strukturellen Herausforderungen. Viele Gebäude sind verlassen,

und die Bevölkerung ist auf 16 Einwohner geschrumpft. Die Origen Foundation arbeitet daran, das reiche kulturelle Erbe des Dorfes zu bewahren und diesem historischen Ort neues Leben einzuhauchen. Insbesondere die Weisse Villa – jetzt unter Bundesschutz – wurde kürzlich durch eine bemerkenswerte Verlegung gerettet. Das historische Post Hotel Löwe wurde restauriert und heißt wieder Gäste willkommen. Der Weisse Turm, der wie ein Leuchtturm an der alten Passstraße steht, wird die Geschichte des Dorfes weiterschreiben und neu interpretieren und ein neues Kapitel seiner geschichtsträchtigen Vergangenheit aufschlagen.

Forschung und Innovation: 3D-Betondruck

Tor Alva demonstriert das zukunftsweisende Potenzial der Forschung in den Bereichen computergestütztes Design, digitale Fertigung, Baustatik und Materialwissenschaft. Die Innovationen in diesen Forschungsfeldern werden das Bauwesen grundlegend verändern und den Weg für nachhaltigere Baupraktiken ebnen. Zum ersten Mal wurde ein mehrstöckiges Gebäude mit vollständig strukturellen 3Dgedruckten Säulen mit integrierter Stahlbewehrung errichtet.

Schalungsfrei und Materialeffizient

Beim 3D-Betondruck trägt ein Roboterarm nacheinander dünne Schichten weichen Betons durch eine Düse auf. Das Material ist weich genug, um sich zu verbinden und kontinuierliche, homogene Komponenten zu bilden, härtet jedoch schnell genug aus, um die aufeinanderfolgenden Schichten zu stützen. Das gedruckte Material basiert auf einer Mehrkomponententechnologie, die weißen Beton mit einem Beschleuniger für eine schnelle Aushärtung kombiniert. Dies ermöglicht die Erstellung von Freiformelementen mit großen Überhängen. Das im Verfahren verwendete 3D-Betonfilament wird in 25 mm breiten und 8 mm hohen Schichten aufgetragen und bildet einen kontinuierlichen Druckpfad von ungefähr 5000 m pro Säule. Jeder Säulenquerschnitt besteht aus drei Filamenten: Das äußere Filament weist die bereits erwähnte ornamentale Textur auf, die mittlere Schicht enthält die umhüllende Bewehrung und das innere Filament bildet Hohlkanäle für

Bild 6. Montage 4. Ebene im September 2024
Bild 7. Montage 4. Ebene (Renderings 1 und 2 und Fotos 6 und 7: © Hansmeyer/ Dillenburger)
Bild 5. Prüfung einer fertiggestellten Säule (Foto: © CSBD Group, ETH Giraldo Soto Alejandro)

die vertikale Hauptbewehrung. Durch den Einsatz robotergestützter Betonextrusion und den Verzicht auf Formen wird Beton präzise nur dort abgelagert, wo er benötigt wird, was zu einer 40-prozentigen Reduzierung des Materialverbrauchs im Vergleich zu herkömmlichen Gießverfahren führt.

Automatisch integrierte Bewehrungsstäbe – zwei Roboter arbeiten im Tandem

Die wichtigste Innovation dieses Verfahrens liegt in der automatischen Integration der Bewehrung während des 3D-Druckvorgangs. Zwei Roboter arbeiten im Tandem: Einer bringt kontinuierlich Frischbeton auf, während der andere die Bewehrung zwischen den Betonschichten platziert. Nach dem Drucken der dünnwandigen Hohlelemente wird die Längsbewehrung in vertikale Kanäle gelegt, die dann verfugt werden. Dieses robotergestützte Herstellungsverfahren ermöglicht die Verwendung von 3D-gedrucktem Beton auf vollständig strukturelle und tragende Weise –eine Weltneuheit.

Demontage und Wiederverwendung

Jede tragende Säule besteht aus drei Komponenten – der Mittelsäule, der Basis und dem Kapitell. Die Mittelsäule wird im 3D-Druckverfahren hergestellt, während Kapitell und Basis konventionell mit 3D-gedruckter Schalung gegossen werden. Die Teile werden in einer Vorfertigungsanlage nahe der Baustelle zusammengebaut, per LKW transportiert und dann vor Ort mit einem Kran zusammen-

Bild 8. Innenansicht vor Einbau der Treppen im Oktober 2024
Bild 9. „Durchblick“ ohne Treppen im Oktober 2024 (Fotos 8 und 9: © Andrei Jipa)
Bild 10. Schnitt durch den Turm (Grafik: © Ana Anton)

gebaut. Mit dem Fokus auf Zirkularität und Wiederverwendung von Ressourcen ist Tor Alva als reversible Struktur konzipiert, bei der nur trockene Verbindungen zwischen den Säulen verwendet werden. Dadurch wird sichergestellt, dass der Turm nach seiner fünfjährigen Lebensdauer in Mulegns demontiert, verlegt und wieder aufgebaut werden kann. Somit ist seine Anpassungsfähigkeit und weitere Nutzung in einem neuen Kontext gewährleistet.

Projektmitarbeiter

Der Weisse Turm ist das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit zwischen der ETH Zürich, Conzett Bronzini Partner, Zindel United und der Nova Fundaziun Origen. Die Architekten des Weissen Turms sind Michael Hansmeyer und Prof. Dr. Benjamin Dillenburger von der Forschungsgruppe Digital Building Technologies (DBT) des Instituts für Technologie in der Architektur am Departement Architektur der ETH Zürich. An der Entwicklung sind auch weitere ETH-Professoren des Nationalen Forschungsschwerpunkts Digitale Fabrikation beteiligt: Prof. Dr. Walter Kaufmann vom Institut für Statik und Konstruktion (CSBD) und Prof. Dr. Robert Flatt vom Institut für Baumaterialien (PCBM) des Departements Bau, Umwelt und Geomatik. Das Bündner Ingenieurbüro Conzett Bronzini Partner, Gewinner des Schweizer Grand Prix Art/Prix Meret Oppenheim, ist insbesondere für die Tragwerksplanung des Gebäudes verantwortlich. Für die Gesamtproduktion sind das Bündner Bauunternehmen Zindel United und die Bauherrschaft Nova Fundaziun Origen verantwortlich.

Berlin: Schneller-Bauen-Gesetz

Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat am 5. Dezember 2024 das Schneller-Bauen-Gesetz beschlossen. Das Gesetz ist am 22.12.2024 in Kraft getreten.

Die Berliner Bau- und Wohnungswirtschaft steht angesichts schwieriger Rahmenbedingungen vor großen Herausforderungen. Hohe Bau- und Finanzierungskosten machen Projekte zunehmend unrentabel, gleichzeitig führen gesetzliche Anforderungen und langwierige Planungsund Genehmigungsprozesse zu Verzögerungen. Die Folge ist ein allgemeiner Rückgang der Bautätigkeit.

Vor allem für Berlin ist diese Entwicklung problematisch, da sie auf einen angespannten Wohnungsmarkt und ein anhaltendes Bevölkerungswachstum trifft und die Situation zu verschärfen droht. Der großen Nachfrage in der Stadt steht schon jetzt ein unzureichendes Wohnungsangebot gegenüber, insbesondere in den mittleren, unteren und mietpreisgebundenen Segmenten.

Als Antwort auf die großen Herausforderungen hat das Land Berlin mit dem Gesetz zur Beschleunigung von

Bautafel

■ Bauherrenvertretung/Bauleitung Origen: Dr. Giovanni Netzer, Intendant der Nova Fundaziun Origen; Team: Anja Diener, Rebecca Suenderhauf, Philipp Bühler, Torry Trautmann; Sandro Pirovino

■ Bauleitung und Koordination: Invias

■ Tragwerksingenieur: Conzett Bronzini Partner

■ Architektur: Prof. Dr. Benjamin Dillenburger -–Digital Building Technologies (DBT), Michael Hansmeyer; Team: Dr. Ana Anton (Research Lead), Eleni Skevaki, Che Wei Lin, MingYang Wang, Lena Kitani, Su Huang, Dr. Konrad Graser (Project Coordination)

■ Tragwerk: Prof. Dr. Walter Kaufmann – Institute for Structural Engineering (CSBD); Team: Dr. Alejandro Giraldo Soto, Dr. Lukas Gebhard

■ Baustoffe: Prof. Dr. Robert Flatt, Institute for Building Materials (PCBM); Team: Dr. Timothy Wangler, Dr. Lex Reiter

■ Geodäsie: Prof. Dr. Andreas Wieser– Geosensors and Engineering Geodesy (GSEG), ETH Robotic Fabrication Lab: Mike Lyrenmann, Philippe Fleischmann, Tobias Hartmann, Luca Petrus, Jonathan Leu

Weitere Informationen:

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich Architektur & Digitale Fabrikation Stefano-Franscini-Platz 1, CH-8093 Zürich/Schweiz Benjamin Dillenburger dillenburger@arch.ethz.ch Michael Hansmeyer hansmeyer@arch.ethz.ch https://arch.ethz.ch

Planungs- und Genehmigungsverfahren für Bauvorhaben (kurz: Schneller-Bauen-Gesetz – SBG) ein umfassendes Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, das weit über hundert gesetzliche Änderungen und untergesetzliche Maßnahmen umfasst. Ziel des Paketes ist es, Planungs-, Genehmigungs- und Bauprozesse zu beschleunigen und insbesondere den Wohnungsbau zu intensivieren. „Mit Inkrafttreten des Gesetzes – unterstützt durch die untergesetzlichen Maßnahmen – werden sich die Rahmenbedingungen für das Bauen in Berlin wesentlich verbessern“, so die Senatsverwaltung.

Weitere Informationen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen Württembergische Straße 6, 10707 Berlin Tel. (030) 901 39-30 00 post@senstadt.berlin.de, www.berlin.de/sen/sbw/

Ersatzneubau mit hohem Vorfertigungsgrad:

Für den Ersatzneubau der Elisabethbrücke standen finanzierungsbedingt nur ca. 15 Monate Bauzeit zur Verfügung. Um in diesem kurzen Zeitfenster und unter laufendem Straßenbahnverkehr einen Neubau umsetzen zu können, kam eine besondere Bauart zum Einsatz: die SSF Verbund-Träger-Rost-Bauweise (VTR®). Die Modulbauweise zeichnet sich durch einen sehr hohen Vorfertigungsgrad aus – eine derart kurze Bauzeit wäre anders nicht möglich gewesen. Die Elisabethbrücke ist die erste in Deutschland errichtete Brücke in dieser Bauart und ein Exempel für den Brückenbau der Zukunft.

Als Teil des „Stadtbahnprogramms Halle 25“ wurde die Straßenbahnanlage Mansfelder Straße modernisiert und barrierefrei umgebaut. In diesen Maßnahmenbereich fällt auch die Elisabethbrücke. Sie ist die zentrale Verbindung für den Straßenbahn-, Fußgänger- und Radverkehr zwischen der Alt- und Neustadt. Das Bauwerk wurde während des Saalehochwassers im Jahr 2013 stark beschädigt und musste deshalb durch einen Neubau ersetzt werden. Da der Neubau durch die Fluthilfemittel des Bundes finanziert werden sollte, die bis zum Ende des Jahres 2024 abgerechnet werden mussten, stand bereits zu Projektbeginn fest, dass für den Neubau nur ca. 15 Monate Bauzeit zur Verfügung stehen.

Planungsanforderungen

Der bedeutendste Faktor in der Planung war die Zeit: Einen Neubau in einem derart kurzen Zeitfenster zu planen und umzusetzen, stellte alle Projektbeteiligten vor eine besondere Herausforderung. Neben dem sehr kurzen finanzierungsbedingten Realisierungszeitraum galt es außerdem, die Lichtraumprofile über dem Schifffahrtsprofil der Elisabethsaale zu erhalten und sämtliche innerstädtischen Sparten in einen integrierten und begehbaren Medienwartungsraum zu überführen. Zeitgleich sollten die Straßenbahnanlagen modern und barrierefrei umgestaltet werden,

um die Qualität und Taktung des ÖPNV zu verbessern. Während der Bauzeit musste außerdem der Straßenbahnverkehr vollumfänglich aufrechterhalten bleiben, damit die wichtigste Ost-West-Verbindung zwischen Halle (Saale) und Halle-Neustadt mit täglich ca. 40.000 Fahrgästen bestehen bleiben konnte. Lediglich für den Anschluss des Gleisnetzes an die neu errichtete Brücke war eine kurzzeitige Sperrung erforderlich.

Robustes Bauwerk in kurzer Bauzeit

Um die Bauzeit möglichst kurz zu halten, kam die von SSF Ingenieure entwickelte VTR®-Bauweise zum Einsatz: eine modulare Bauweise mit serieller Vorfertigung hochwertiger Fertigteil-Elemente. Der Aufbau und die Wahl der Baustoffe folgten dem Grundgedanken des modularen seriellen Aufbaus und der Zweckmäßigkeit zum Überführen der Medien und Verkehrsströme.

Begeisterung für Engineering

Schnelles Bauen

— Entwicklungen von Bauweisen

— Adaptive Modulbauweisen im Brückenbau

Bild 1. Elisabethbrücke in Halle (Saale), Blick auf den Brückenneubau in modularer Bauweise (Foto: Florian Schreiber Fotografie)

Im Querschnitt bildet der Überbau einen 2-stegigen Plattenbalken aus zwei längs laufenden Stahlhohlkästen, auf denen seriell vorgefertigte Stahlbeton-Querträger (FTQT) mit konstruktiver Vorspannung aufgelegt werden. Diese werden mit den Längsträgern über einen ersten Verbund-Betonierabschnitt (Erstverbund) zu einem Trägerrost verbunden. Modular gefertigte Stahlbeton-Fahrbahn- und -Randwegplatten als Vollfertigteile werden auf den verlegten FT-QT aufgelegt und ergänzen den Überbau aus Längsund Querträgern, der in einem abschließenden VerbundBetonierabschnitt (Zweitverbund) zu einem in Gänze wirksamen Stahlverbundquerschnitt vervollständigt wird. Auf die konsolartig ausgebildeten Untergurte der Stahl-

Vorteile der VTR®-Bauweise

– Bauen unter Verkehr

– Eingriffe in den unterführten Verkehr (Straße, Bahn, Gewässer) werden erheblich minimiert

– deutlich geringere Verkehrsbeeinträchtigungen, weniger Stau, hieraus entstehende CO2-Emissionen werden reduziert

– hoher Vorfertigungsgrad (Stahlbau, Beton-Fertigteile)

– Qualitäts- und Effizienzsteigerung durch gleichbleibende Herstellbedingungen im Werk

– wirtschaftlicher Transport der Module und schnelles, einfaches Zusammenfügen

– robuste, einfache Bauweise

– dichtes und dauerhaftes Betongefüge durch Einsatz von Hochleistungsbetons

– hohe Adaptivität der Module, abgestellt auf die spezifischen Anforderungen des Projekts

– großer Freiheitsgrad bei den an den unterführten Verkehr anzupassenden Stützenstellungen

– VTR®-Überbauten können analog konventionell hergestellter Verbundbrücken einschl. bereits montierter Querträger eingeschoben werden

– einfache und sichere Herstellung der planmäßigen Gradiente durch Justierbarkeit der Querträger

– die Bauweise kann auch bei engen Radien und Klothoiden eingesetzt werden

– idealerweise auch Einsatz von Fertigteil-Kappenelementen

hohlkästen werden Fertigteil-Platten aufgelegt und bilden den Wartungsgang zur Aufnahme von 38 innerstädtischen Medien (Gas, Wasser, Strom, Bahnstrom, Kommunikation, Beleuchtung). Die Möglichkeit, einen jederzeit begehbaren „Spartenraum“ zwischen den beiden Hauptträgern umzusetzen, stellt ein weiteres wesentliches Qualitätsmerkmal dieser innerstädtischen Flussquerung dar.

Die Kappen wurden ebenfalls im Verständnis der zügigen Montage als Fertigteile ausgebildet. Aufgelegt wurden sie vor der Betonage der Kragarmbereiche und bis zur Betonage des Zweitverbundes über einbetonierte U-Profile mit den Querträgern gesichert.

Bei dem vorhandenen Netz der Verkehrsinfrastruktur in Europa werden in Zukunft vornehmlich Ersatzneubauten benötigt, die die vorstehenden Anforderungen erfüllen. Diese Anforderungen werden mit dem Einsatz der modularen Bauweise in hohem Grade erreicht.

4. BIM-3D-Modell Widerlager Achse 40 mit koordinierter Leitungsplanung (Leitungen, wasserdichte Einbauteile) (Visualisierung: SSF Ingenieure)

Bild 3. Montage der Querträger (Fotos 2 und 3: Manfred Boide)
Bild
Bild 2. Montage der Randwegplatten

Fazit

Der Neubau der Elisabethbrücke stellt in kürzester Bauzeit einen Ersatz für das durch Hochwasser beschädigte Bestandsbauwerk dar. Die neue Brücke ersetzt nicht nur die alte Überführung, sondern sorgt auch für eine nachhaltige und zukunftsfähige Verbesserung der Verkehrssituation. Dank der innovativen VTR®-Bauweise, die in Deutschland erstmals zum Einsatz kam, konnte das Bauwerk in nur 15 Monaten realisiert werden. Die Elisabethbrücke ist ein hervorragendes Beispiel für die Vorteile der modularen Bauweise im Brückenbau. Diese Methode, die im Ausland bereits vielfach erprobt wurde, wird sich auch in Deutsch-

land aufgrund ihrer vielen Vorteile weiter durchsetzen –wie etwa bei den aktuellen Planungen am Autobahndreieck Heumar (A3/A4/A59).

Andreas Danders, SSF Ingenieure AG, Niederlassungsleiter Halle (Saale)

Weitere Informationen:

SSF Ingenieure AG

Domagkstraße 1a, 80807 München Tel. (089) 360 40-0, Fax (089) 360 40-100 muenchen@ssf-ing.de, www.ssf-ing.de

NABU kritisiert Schneller-Bauen-Gesetz

Der NABU NABU – Naturschutzbund Deutschland e. V. verleiht den „Dinosaurier des Jahres“ an das „Schneller-Bauen-Gesetz“ in Berlin. Das Gesetz steht aus NABU-Sicht symbolisch für eine Politik, die eine dringend notwendige ökologische und soziale Stadtentwicklung zugunsten vermeintlich schnellerer Bauvorhaben opfert.

„Ja, die Wohnungskrise in Berlin braucht dringend Lösungen, aber das Schneller-Bauen-Gesetz setzt an den falschen Stellen an“, kritisiert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus würden Regelungen gestrichen, die für Klimaschutz, Artenvielfalt und Lebensqualität in Städten unverzichtbar sind. Die einseitige Bevorzugung des Wohnungsbaus führt aus Krügers Sicht zwangsläufig zur Verletzung anderer, berechtigter Interessen. „Das gefährdet den sozialen Frieden“, warnt der NABU-Präsident und verweist außerdem auf die Bundesebene, wo das Baugesetz inzwischen ähnliche Paragrafen enthält. Der Berliner Senat habe ein Gesetz formuliert, das die Probleme noch verschärft. Es erlaube Eingriffe in geschützte Naturräume, oft ohne ausreichenden Ausgleich. Gleichzeitig werden die Beteiligungsrechte der Bezirke durch eingeschränkte Mitspracherechte massiv beschnitten.

Dr. Melanie von Orlow, Geschäftsführerin des NABULandesverbandes Berlin, sieht durch das Gesetz Berlins Naturschätze in Gefahr: „Der Berliner Senat suggeriert mit seinem Gesetz schnelle und praktikable Lösungen, die aber Natur und Mensch über Gebühr belasten.“ Das Ge-

setz werde zu einem massiven Nettoverlust an Stadtgrün führen, da Ersatzmaßnahmen künftig kaum noch kontrolliert würden oder teilweise sogar entfallen dürfen.

Tatsächlich bietet Berlin noch ungenutzte Potenziale: Durch Bauen auf versiegelten Flächen könnte Platz für weitere 75.000 Wohnungen geschaffen werden, ohne weitere Grünflächen zu zerstören. „Wohnungsnot ist ein drängendes Problem, aber dieses Gesetz löst es nicht. Es zerstört Natur, heizt das Klima an und verhindert eine nachhaltige Stadtentwicklung“, so Melanie von Orlow weiter.

Das sieht auch NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger so: „Das Schneller-Bauen-Gesetz ist keine Lösung für die Zukunft, sondern ein Rückschritt in die Vergangenheit. Der Erhalt von Natur ist kein Selbstzweck, sondern eine Lebensversicherung – gerade für Städte wie Berlin.“ Städte wie Wien, Kopenhagen und zunehmend auch Paris zeigen, dass es auch anders geht. Dort werden Freiräume erhalten oder wiederhergestellt, Nachverdichtung sinnvoll umgesetzt und die Bürger*innen stärker beteiligt. „Berlin sollte sich an diesen Vorbildern orientieren, statt weiter auf rückwärtsgewandte Strategien zu setzen“, fordert Andreas Krüger.

Weitere Informationen:

NABU – Naturschutzbund Deutschland e. V. Charitéstraße 3, 10117 Berlin Tel. (030) 28 49 84-0 NABU@NABU.de, www.NABU.de

Betonstahl mit Ankerkopf für schnelleres Bauen

Seit ca. 40 Jahren entwickelt und produziert HRC Europe Betonstahlprodukte. Alle HRC-Produkte sind aus einem konkreten Bedarf heraus entstanden: etwa um konstruktive Probleme zu lösen, um die Sicherheit auf der Baustelle zu verbessern oder um schneller bauen zu können. Ein gutes Beispiel ist der Betonstahl mit Ankerkopf („headed bar“).

Bei der Planung für den Bau der Offshore-Betonplattformen vor der norwegischen Küste in den 1980er-Jahren stand man vor dem Problem einer ungewohnt großen Bewehrungsdichte. Um ein gutes Resultat zu erreichen, mussten Arbeitsaufgaben wie der Einbau der Bewehrung und das Betonieren ganz anders geplant werden. Unter anderem war man auf der Suche nach einer effektiven Art und Weise, die Schubbewehrung zu verankern. Die Lösung war eine mechanische Verankerung – der Ankerkopf.

Die herkömmliche Form der Schubbewehrung ist der Bügel. Es gibt verschiedene Varianten, die alle eine Gemeinsamkeit haben: dass Abbiegungen oder Haken die Biegebewehrung umschließen und damit den Schubstab verankern. Die Funktion der Schubbewehrung ist vom richtigen Einbau abhängig – in der Abbiegung muss immer ein Stab liegen.

Bei der Bewehrung mit Ankerkopf erzeugt die Ankerplatte am Stabende die Verankerung. Damit ist der Stab nicht länger von der richtigen Platzierung im Verhältnis zur Biegebewehrung abhängig. Das lässt größere Einbautoleranzen zu – ohne dass die Funktion der Bewehrung in Gefahr gerät.

Der große Vorteil ist, dass die Bewehrung mit Ankerkopf leicht durch die Biegebewehrung hindurch eingebaut werden kann. Das ermöglicht einen schnellen Einbau, selbst bei dichter Bewehrung mit mehreren Lagen. Zusätzlich entfällt beim Einsatz der Ankerköpfe die Abbiegung des Betonstahles, was den Einsatz größerer Stabdurchmesser ermöglicht. Damit wird die Anzahl der einzubauenden Stäbe zum Teil erheblich reduziert. Typische Anwendungsbeispiele sind Bodenplatten von Tunneln und Schleusen, aber auch Fundamenten für Brücken, Masten, Türme und Hochhäuser.

Die Form der Schubbewehrung mit Ankerkopf an einem Ende und Haken am anderen Ende ist besonders schnell im Einbau. HRCs Kunden haben mehrfach über einen bis zu fünfmal schnelleren Einbau berichtet. Diese Variante ist bis Stabdurchmesser 20 mm sinnvoll. Bei größeren Stabdurchmessern erhöht sich auch der Biegerollendurchmesser für den Haken. Damit kann es zu Problemen beim Einbau kommen. Eine Lösung ist ein Ankerkopf an beiden Stabenden.

Der schnelle Einbau, die Möglichkeiten der Reduktion der Stabanzahl und die Robustheit bei der Platzierung der Schubbewehrung mit Ankerkopf führen dazu, dass diese Form der Durchbildung immer häufiger gewählt wird.

HRC Europe hat die Stäbe mit Ankerkopf und Haken oder mit zwei Ankerköpfen an eine Vielzahl von Projekten geliefert. Beispiele sind der Umbau des Bahnhofes Paddington Station in London, eine Reihe von Hochhäusern in Rotterdam, Amsterdam und Utrecht (Cooltoren, Casa Nova, Terraced Tower), die Seeschleusen in IJmuiden und Terneuzen sowie die Unterquerung der Maas im Zuge der

Bild 1. Schubbewehrung mit Haken und Ankerkopf – sehr schnell einzubauen.
Bild 2. Durchbildung der Schubbewehrung mit zwei Ankerköpfen – selbst große Stabdurchmesser sind möglich.
Bild 3. Schubbewehrung einer Bodenplatte mit mehrlagiger Biegebewehrung.

Bild 4. Schneller Einbau durch die Biegebewehrung hindurch. (Fotos: HRC Europe)

Blankenburg-Verbindung in Rotterdam (Landtunnel und Absenktunnel).

Am häufigsten werden die Ankerköpfe der HRC100Serie benutzt. HRC Europe liefert die HRC100-Serie für einen Betonstahl-Durchmesser von 12 bis 40 mm. Die HRC100-Serie ist nach dem internationalen Produktstandard für Betonstahl mit Ankerkopf ISO 15698 („Steel for the reinforcement of concrete – Headed bars“) zertifiziert, besitzt eine ETA und trägt die CE-Kennzeichnung. Die Zertifizierungen bestätigen höchste Verankerungsleistungen (Entwicklung der reellen Spannungs- und Dehnungsleistung des Betonstahles), sowie Erdbebenfestigkeit und Ermüdungsbeständigkeit. Weiterhin liegt für HRC-Produkte eine Umwelt-Produktdeklaration (EPD) vor. HRC Europe ist bei seinen Kunden für kurze Lieferzeiten, Flexibilität and Service bekannt.

Weitere Informationen: HRC Europe info@hrc-europe.com, www.hrc-europe.de

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SYSTEMBAU MACHT SCHULE

ZWEI SCHULEN MIT KURZER BAUZEIT

RKW Architektur +

Zwei Schulbauprojekte von RKW Architektur + und Goldbeck –Am Waldschlösschen in Velbert und Diersfordter Straße in Hamminkeln, beide in NRW – zeigen, wie schnelles Bauen möglich wird: mit seriellem Systembau, digitaler Planung und vor allem guter Zusammenarbeit. Rund 25 % schneller als beim konventionellen Bauen sollen die Projekte fertig sein.

Die beiden Schulneubauten sind in Schulform und Größe höchst unterschiedlich. Doch was die kleine Grundschule und die große Gesamtschule eint, ist ihre enorm kurze Bauzeit.

Die große Gesamtschule

In bester Hanglage auf einer Waldlichtung außerhalb des Ortsteils Neviges nähert sich der modernste Neuzugang der Velberter Schullandschaft seiner Fertigstellung. Mit Blick ins Grüne wird hier die Gesamtschule „Am Waldschlösschen“ für ca. 1.400 (laut Ausschreibung) Schülerinnen und Schüler mit einer BGF von ca. 20.350 m2 und einer 3-fach-Sporthalle mit einer BGF von ca. 2.800 m2

gebaut. Zum Schuljahr 2025/2026 soll sie an den Start gehen. Dass der Termin – und das Budget – zu halten sind, ist Konsens im Projektteam. Hier sind gute Bekannte ge-

Bild 1. Gesamtschule Velbert-Neviges: Eingang
Bild 2. Die Gesamtschule Velbert-Neviges aus der Vogelperspektive

meinsam am Werk: Das Düsseldorfer Architekturbüro RKW Architektur + hat sich mit dem Bielefelder Bau- und Dienstleistungsunternehmen Goldbeck als Totalunternehmer und Experte für systematisiertes Bauen zusammengetan.

Im Oktober 2023 begannen die Arbeiten auf dem Gelände mit ersten Gründungsarbeiten und der Vorbereitung für die Geothermieanlage. Dann wuchs im Laufe des Jahres ein klar organisiertes, orthogonales Ensemble, das einen deutlichen Kontrast zur bewaldeten, weichen Landschaft bildet. In ihrer Gesamtheit eine Kammform ergebend, besteht die Schule aus einem dreigeschossigen Westflügel, einem viergeschossigen Ostflügel und einem zweigeschossigen, abgestuften Baukörper als Zentrum. Die Gebäude erstrecken sich in Nord-Süd-Ausrichtung, sodass die Klassen und Kursräume nach Westen und Osten ausgerichtet sind. „Dank der orthogonalen Struktur schaffen wir kurze Wege, bleiben wirtschaftlich und flexibel und können bestens mit Tageslicht versorgte Kommunikationsund Heimatbereiche mit Ausblick in die Waldlandschfaft und Wohlfühlcharakter im Inneren schaffen“, erklärt Julia Koch, Teamleiterin bei RKW Architektur +.

Transparenter Mittelpunkt

Der transparente Verbindungsbau zwischen den Riegeln bildet die öffentliche Mitte der Schule. Hier liegen die zen-

tralen Funktionen, wie der Marktplatz, das Auditorium, die Mensa mit Bistro sowie der Ganztagsbereich und die Bibliothek, die sich im Erdgeschoss und den zwei Obergeschossen verteilen. Das mehrgeschossige Foyer ist ein Ort der Kommunikation mit großzügigen Lufträumen, während der Marktplatz als Treffpunkt eine breite Sitztreppe erhält. Sie führt zur zweigeschossigen, großflächig verglasten Mensa mit Ausblick nach Süden in die Landschaft. Hier ist ein Ort zum Verweilen, Kommunizieren und für Schul-Aufführungen. Besonders spektakulär ist das Entree ins Gelände, von der Straße sanft ansteigend: Eine große Freitreppe vor dem Eingang schafft einen fließenden Übergang von Außen nach Innen und lädt zum Verweilen ein –oder zum schnellen Anfertigen der vergessenen Hausaufgaben.

Die kompakte Grundschule

Szenenwechsel: Auch im niederrheinischen Hamminkeln ist das Gespann aus Goldbeck und RKW Architektur + am Werk. Doch hier, an der Diersfordter Straße, geht es eine Nummer kleiner zu. Eine neue Grundschule ist hier seit dem Spatenstich Ende 2023 im Bau. Sie besteht aus einem zweistöckigen Gebäude mit Lernclustern, einer Turnhalle mit Nebenraumtrakt sowie einem dazwischen liegenden, ebenfalls zweistöckigen Eingangs- und Ganztagsgebäude. „Als Highlight machen wir das Dach des Nebenraumtrakts

Bild 3. Gesamtschule Velbert-Neviges: Aula und Mensa mit Auditoriums-Treppe
Bild 5. Gesamtschule Velbert-Neviges: Aula und Mensa aus der Sicht der Auditoriums-Treppe
Bild 4. Gesamtschule Velbert-Neviges: Clusterforum und Heimatbereich
Bild 6. Gesamtschule Velbert-Neviges:Baustelle Mensa und Auditorium

der Turnhalle über eine vorgeschaltete Freitreppe begehbar, hier entsteht ein pädagogischer Erlebnisraum als Ergänzung zum Pausenhof“, erzählt Pieter Fraune, Assoziierter Partner bei RKW Architektur +.

Ca. 400 Kinder sollen hier in vier Jahrgangsclustern unterrichtet werden können. Diese sind symmetrisch in zwei Geschossen organisiert, jeweils mit breiten Innenzonen und Wohlfühlcharakter. Jedes Cluster hat interne Heimatbereiche mit je vier Klassen- und zwei Gruppenräumen, einer Teamstation, eigenem WC-Bereich und Lehrmittelraum. Auch eine direkte Terrasse und ein eigener Balkonbereich gehören dazu. Die hellen und tageslichtdurchfluteten Heimatbereiche dienen dem Austausch, Lernen und Pausieren, stets mit Blick in die Freianlagen. Auch die Türen der Unterrichtsräume werden verglast und ermöglichen zusätzliche Sichtbezüge nach außen. Die Fertigstellung ist für den Herbst 2025 vorgesehen.

Schnelligkeit mit System

Was die beiden wachsenden Schulen schon beim Ansehen der Baustellen vereint, konnten auch Laien schnell erkennen: die Bauweise. Viele Teile kamen bereits fertig per Tieflader: Erst wurden schlanke, hochaufragende Stahl- und Betonstützen gebracht und in vor Ort gegossene Verankerungen gesetzt, dann kamen Wand- und Deckenelemente. Die Vorteile dieses sogenannten elementierten Bauens mit System sind vielfältig. Es beginnt mit Planungs- und Witterungssicherheit: Die Systemelemente fertigt Goldbeck in eigenen Werken vor – geschützt vor Wettereinflüssen und terminsicher. Darüber hinaus werden durch die genau geplante Fabrikfertigung Ressourcen geschont. „Wir können die Systembauteile genau berechnen sowie optimieren und somit schlanker und effizienter herstellen und emissions-

ärmere Baustoffe einsetzen. Letztendlich wird so auch der Transport- und der Montageaufwand erheblich reduziert“, erklärt Ralf Linde, Leiter der Niederlassung Büro- und Schulgebäude Rhein-Ruhr in Monheim.

Erfahrung macht den Unterschied

Der Effizienz- und Zeitgewinn in der Umsetzung beginnt bereits in der Planung, bei der die Architekten stark von der bewährten Zusammenarbeit mit dem Totalunternehmer profitieren. „Die Geschwindigkeit in der Projektbearbeitung stellt Goldbeck dank des Wissens um den kreativen Umgang mit dem System ab der Leistungsphase 0 sicher“, sagt Ursula Markowitz, Bereichsleiterin bei RKW Architektur +. „Wenn wir als Planer die Möglichkeiten und Grenzen des Systems kennen, haben wir alle kreativen Spielräume, um damit sehr gute Ergebnisse zu erzielen.“

Konsequent digitale Planung

Ebenfalls ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Erfahrung mit Building Information Modeling (BIM). Als eines der heute in diesem Bereich führenden deutschen Büros hat RKW Architektur + bereits ca. 220 Projekte mit der digitalen Arbeitsmethodik abgeschlossen. So konnte – nach eingehender, detaillierter Zieldefinition gemeinsam mit dem öffentlichen Auftraggeber und den späteren Nutzern – das Gebäude komplett digital geplant werden. Die Kompatibilität der BIM-Software Revit mit der Software des Systemherstellers war eine weitere wichtige Voraussetzung.

Schon in der Leistungsphase 2, der Vorplanung, verwendeten die Architekten das Systemraster von Goldbeck und bauten das digitale Modell mit den Herstellersystemen und Herstellerbauteilen auf. Ein weiterer Vorteil von BIM:

Bild 7. Die Gemeinschaftsgrundschule Hamminkeln aus der Vogelperspektive

Bautafel

Neubau Gesamtschule Velbert-Neviges

■ Projektadresse: 42553 Velbert, Waldschlösschen 37

■ Bauherr: Stadt Velbert – Der Bürgermeister, Thomasstraße 1, 42551 Velbert

■ Architekt: RKW Architektur + GmbH, Tersteegenstraße 30, 40474 Düsseldorf

■ Bauleitung/Totalunternehmer: Goldbeck West GmbH, Rheinpromenade 4, 40789 Monheim

■ Tragwerksplanung: Goldbeck West GmbH

■ Landschaftsarchitektur: nsp landschaftsarchitekten stadtplaner PartGmbB Schonhoff schadzek depenbrock, Heinrichstraße 30,30175 Hannover

■ Nutzfläche: 13.700 m2 (Schule), 2.480 m2 (3-fach Sporthalle)

■ BGF: 20.350 m2 (Schule), 2.800 m2 (3-fach Sporthalle)

■ BRI: 85.250 m3 (Schule), 1.430 m3 (3-fach Sporthalle)

■ Bauwerkskosten Gesamt: ca. 38,5 Millionen € (Schule), ca. 2,8 Millionen € (3-fach Sporthalle)

■ Baubeginn: 12/2023

■ Fertigstellung: 07/2025

Bautafel

Gemeinschaftsgrundschule Hamminkeln

■ Projektadresse: Diersfordter Strasse, 46499 Hamminkeln

■ Bauherr: Stadt Hamminkeln, Der Bürgermeister

■ Architekt: RKW Architektur + GmbH

■ Bauleitung: Goldbeck

■ Tragwerksplanung: Goldbeck

■ Landschaftsarchitekt: NSP Hannover

■ Nutzfläche: 5.200 m2

■ BGF: 7.000 m2

■ BRI: 34.400 m3

■ Bauwerkskosten: ca. 18 Millionen € (KG 300-400)

■ Baubeginn: 11/2023

■ Fertigstellung: 06/2025

Alle Planungsbeteiligten vom Architekten bis zu Tragwerksplanern und Fachplanern für die technische Gebäudeausrüstung arbeiten am selben virtuellen Modell. So kann das Projekt mit modernen Kollaborationstools von allen Beteiligten bearbeitet werden – auch virtuelle Begehungen und Besprechungen mit dem Totalunternehmer oder dem Auftraggeber sind möglich.

Kommunikation und Vertrauen

Doch neben elementiertem Bauen und digitaler Planungstechnologie gibt es noch eine weitere – nach Ansicht aller Beteiligten ebenfalls essenzielle – Einflussgröße: Soft Skills. Der partnerschaftliche Umgang zwischen Architekten, Fachplanern, Totalunternehmer und den Auftraggebern macht ebenfalls einen großen Unterschied. „Wir binden alle Stakeholder so früh wie möglich mit ein“, so Pieter Fraune. „Das gilt auch für die Abstimmung mit den Genehmigungsbehörden.“ Dank maximaler Transparenz entsteht Vertrauen. Und aus Vertrauen entsteht gute Arbeit, die alle Beteiligten mit Stolz erfüllt und Spaß macht. Auch das ist ein wesentlicher Faktor für schnelles und erfolgreiches Bauen.

Pieter Fraune, Assoziierter Partner, RKW Architektur +: „Die Zeitersparnis im Bau mit der Systembauweise betrug bei unseren Projekten bislang etwa 25 Prozent. Das kann bei Schulprojekten schnell eine Zeitersparnis von sechs Monaten ausmachen.“

Weitere Informationen:

Architekturbüro RKW Architektur + Tersteegenstraße 30, 40474 Düsseldorf

Tel. (0211) 43 67-274

Ursula Markowitz

Tel. (0211) 43 67-245 ursula.markowitz@rkwmail.de, https://rkw.plus/de/

Bild 8. Gemeinschaftsgrundschule Hamminkeln: Baustelle Magistrale
Bild 9. Gemeinschaftsgrundschule Hamminkeln: Baustelle Fertigteile (Fotos: © RKW +)
„KOKONI

ONE“ IN BERLIN-PANKOW

HOLZBAUQUARTIER AN DER STREUOBSTWIESE

ZRS Architekten Ingenieure

Im Norden von Berlin, im Stadtbezirk Pankow, entsteht das verdichtete und ressourcenoptimierte Wohnquartier „Kokoni One“ mit insgesamt 84 Wohneinheiten auf 23.000 m2 Grundstücksfläche. Die Projektentwicklerin INCEPT GmbH lobte ein Werkstattverfahren mit vier teilnehmenden Architekturbüros aus, an dessen Ende ZRS Architekten Ingenieure als Generalplaner mit der Umsetzung ihres Konzepts beauftragt wurde. Ein Nachhaltigkeitsexperte (Dag Schaffarczyk von Spreeplan) begleitete das Verfahren von Beginn an und trieb Aspekte wie Ressourcenschonung, Flächeneffizienz und Energieeinsparung maßgeblich voran. Für Konzept und Umsetzung arbeitete ZRS u. a. mit Schönherr Landschaftsarchitekten und dem Ingenieurbüro Hausladen zusammen. So konnte ein robustes Energieversorgungskonzept im Einklang mit Architektur und Freiraumplanung entwickelt werden. Dabei wurde auch der Ökostrom-Anbieter Naturstrom frühzeitig in die Planung eingebunden – das Unternehmen stellt neben der Wärmeversorgung über Wärmepumpen auch den Strom aus den Photovoltaik-Anlagen in einem Mieterstrom-Modell bereit. Auch das Unternehmen Terhalle war früh Teil des Projektteams, denn der gesamte

Holz-Rohbau wird bei dem Holzbauer im Werk vorgefertigt und die Holztafelbau-Außenwände mit Zellulosedämmung verfüllt. Die maximale Vorfertigung wirkte sich sowohl wirtschaftlich als auch auf den Terminplan positiv aus.

Das Quartier

Das Grundstück einer ehemaligen Kleingartenanlage befindet sich in Berlin Französisch-Buchholz in einem bestehenden Wohngebiet. Eine gute Nahversorgung mit Supermärkten, Ärzten, Kindergärten etc. war deshalb bereits gegeben. Mit Tram, S- und U-Bahn ist der Alexanderplatz in etwa einer halben Stunde zu erreichen. Die geplante Radschnellverbindung „Panke-Trail“ wird das Quartier zudem für Fahrradfahrer*innen komfortabel ans Zentrum Berlins anbinden. Außerdem wird es verhältnismäßig dicht bebaut, sodass möglichst wenig Fläche versiegelt wird. Eine benachbarte Reihenhaussiedlung mit relativ hoher Dichte konnte als Referenz für die Bebauungsdichte genutzt werden, da für das Gebiet kein B-Plan vorhanden ist.

Bild 1. „Kokoni One“ in Französisch-Buchholz in Berlin: Übersicht über das gesamte Quartier (Visualisierung: © Ziegert GmbH, INCEPT GmbH)

REGENWASSERNUTZUNG& VERSICKERUNG

Anliegerstraße

Gemeinschaftshaus

Streuobswiese Spielplatzund Workout-Corner

TypALang:ca.167m2 Wfl|4–7,5Zi.

TypAKurz:ca.134m2 Wfl|4–5Zi.

TypBLang:ca.157m Wfl|4–6,5Zi. TypBKurz:ca.95m2 Wfl|3Zi. Gemeinschaftshaus Technikzentrale

DURCHWEGUNG&ERSCHLIESSUNG

Flächenversickerung Vorgärten

Versickerungsmulden

wegbegleitende Flächenversickerung

ÜberschüssigesWasservonDächern undbefestigtenFlächenwirdinZisternen zwischengespeichertundanschließend überMuldenversickert.

GEMEINSCHAFTLICHEGRÜNRÄUME

Anliegerstraße

Quartierstreffpunkt

interneWegeerschließung „Gartenpfade“

Angerhöfe Privatgärten öffentlicheStraße

Auto-befahrbareBereichewerdenaufein Minimumreduziert.JedesHaushateinen Straßen-/HofzugangundeinenGartenzugang,woraussicheinzweites,autofreies WegesystemfürFußgänger*Innenund Fahrradfahrer*InnenimGrünenergibt.

Gärten Wechselfeuchte Bereicheinden Versickerungsmulden

Streuobstwiese

Habitatsvernetzung/ Naturfuge

HerzstückderSiedlungistdiezentrale Streuobstwiese.Hierliegen„Dorfplatz“ undGemeinschaftshaussowieder gemeinschaftlicheNutzgarten,SpielundFeierbereich.

Bild 3. Haustyp A, Grundrisse, Schnitte
Bild 2. Lageplan

In Reihenhäusern für zwei bis vier Parteien entstehen insgesamt 84 Einheiten mit einer gesamten Wohnfläche von 11.900 m2. Verschiedene Häusertypen mit 3 bis 7,5 Zimmern bieten Platz für Familien oder Wohngemeinschaften mit zwei bis fünf Personen (Wohnflächenverbrauch pro Kopf: 33,4–67 m2). Aus einer Matrix mit verschiedenen Grundrissvarianten können sich die Bewohner*innen ihr Gebäude individuell zusammenstellen. Die

Innenwände sind nicht tragend und können bei veränderten Bedürfnissen leicht umgebaut werden. Ein zentrales Gemeinschaftshaus sowie Außenflächen, die für alle, auch die umliegende Nachbarschaft, nutzbar sind, reduzieren den individuellen Raumbedarf. Von den insgesamt 14.803 m2 der privaten Parzellen sind 5.751 m2 bebaut. Das gesamte Quartier ist als Wohneigentumsgemeinschaft konzipiert, sodass es keine Realteilung einzelner Grundstücke gibt und eine zukünftige Veränderung der Parzellierung grundsätzlich möglich ist. Der städtebauliche Leitgedanke beruht auf der Gruppierung von acht bis zehn Häusern um Gemeinschaftshöfe. So entstehen innerhalb des Quartiers kleine Nachbarschaften. Eine zentrale Streuobstwiese dient zudem als Treffpunkt für alle. Zusammen mit einem Spielplatz, einer Calisthenics-Anlage und einem Gemeinschaftshaus bildet sie das Zentrum des kleinen Wohnquartiers, das auch von der umgebenden Nachbarschaft genutzt werden kann.

Innerhalb des neuen Wohnquartiers werden die Pkwbefahrbaren Bereiche auf ein Minimum reduziert. Es gibt lediglich eine Anliegerstraße für Autos. In den Gemeinschaftshöfen kann nur zur Be- und Entladung gehalten werden. Jedes Haus hat einen Straßen- bzw. Hofzugang und einen Gartenzugang. „Gartenpfade“ bilden ein zweites autofreies Wegesystem für Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen.

Überschüssiges Wasser von Dächern und befestigten Flächen wird in Zisternen zwischengespeichert und anschließend über Mulden in den gemeinschaftlichen Grünanlagen versickert.

Konstruktion

Die Gebäude sind in zirkulärer Holzbauweise ausgeführt, die für die Nutzer*innen außen und innen sichtbar ist. Die Holztafelbau-Außenwände werden im Werk vorgefertigt und mit Zellulosedämmung verfüllt. Sie werden mit einer Fassade aus europäischem, unbehandeltem Lärchenholz verkleidet. Die Geschossdecken sind aus Massivholz, das von unten sichtbar bleibt. Auf einen Keller sowie Verbundmaterialien und -bauweisen wurde verzichtet. Auch bei den geneigten PV-Dächern kommt eine diffusionsoffene Konstruktion mit Naturdämmstoffen zum Einsatz. Der Rohbau ist somit komplett kreislauffähig. Außerdem wur-

Bild 4. Vorfertigung Dachmodul
Bild 5. Montage Holztafel-Außenwandelement
Bild 6. Montage Holztafelbau-Außenwandelement (Fotos 5–6: © Swiss Krono, Andreas Schwarz)

den (mit Ausnahme der Sockeldämmung) keine erdölbasierten Dämmstoffe verwendet. Einzig die Bodenplatte mit 20 cm Dicke, für die sich anstelle von materialintensiveren Streifenfundamenten entschieden wurde, besteht aus Stahlbeton.

Energiekonzept

Das Energiekonzept entwickelten ZRS Architekten Ingenieure gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Hausladen. Es wurde von Anfang an im Zusammenhang mit dem Entwurf als Quartierslösung konzipiert: Eine zentrale Erdwärmesonden-Anlage versorgt ein niedrigtemperiertes LowExNahwärmenetz, das wiederum die Fußbodenheizungen der einzelnen Wohneinheiten versorgt. Über sie ist im Sommer auch eine passive Kühlung der Gebäude möglich, welche zur Regeneration des Erdwärmesondenfeldes außerhalb der Heizperiode beiträgt. Durch die hochdämmende Bauweise, passive Kühlung und einen Rückkühler konnte die Anzahl der Erdwärmesonden auf 68 reduziert werden. Auf Lüftungsanlagen konnte verzichtet werden, da alle Bäder und WCs außenliegend sind. Die Trinkwassererwärmung erfolgt dezentral über Durchlauferhitzer. Sie werden wie die zentrale Wärmepumpenanlage und die Wallboxen für E-Autos mit Strom von Photovoltaik-

modulen auf den Dächern versorgt, der zentral gebündelt wird, um im gesamten Quartier verfügbar zu sein. Die kumulierte Leistung im Quartier liegt bei ca. 410 kWp. Der Strom wird als Mieterstrom durch den Ökostromanbieter naturstrom bereitgestellt. Das Unternehmen erarbeitete bereits frühzeitig eine Machbarkeitsstudie für das Vor-OrtVersorgungskonzept des neuen Quartiers.

Fazit

Kokoni One ist ein Pilotprojekt für klimaneutrale Wohnquartiere und bietet eine flächen- und energieeffiziente Alternative zum klassischen Einfamilienhausbau. Nur durch das konsequente Gesamtkonzept und die gute Zusammenarbeit aller Akteur*innen konnte das Ziel der Klimaneutralität erreicht werden. Folgeprojekte sind bereits in der Planung.

Bautafel

Kokoni One in Berlin-Pankow

■ Projektentwicklung: INCEPT GmbH

■ Generalplanung und Architektur: ZRS Architekten mit Bruno Röver

■ Brandschutz, Bauphysik: ZRS Architekten

■ Tragwerksplanung, Schallschutz: ZRS Ingenieure

■ TGA Planung: HDH Berlin

■ Energiekonzept: IB Hausladen

■ Landschaftsplanung: Schönherr Landschaftsarchitekten

■ Grundstück: 22.469 m2

■ GRZ | GFZ: 0,26 | 0,51

■ Überbaute Fläche: 5.878,07 m2

■ BGF | BRI gesamt: 16.541 m2 | 53.225 m3

■ Wohnfläche gesamt: 11.965,17 m2, 84 Wohneinheiten je WE 95–169 m2

■ Workshop-Verfahren: 11/2018

■ Planungszeit LP 1–7: seit 01|2019

■ Realisierung: seit 2022

Weitere Informationen:

ZRS Architekten Ingenieure

Schlesische Straße 26, 10997 Berlin Tel. (030) 398 00 95-0 info@zrs.berlin, www.zrs.berlin

Bild 7. Haustyp A, Haustypen B im Hintergrund
Bild 8. Haustypen B, Straßenansicht
Bild 9. Haustypen B, Straßenansicht (Fotos/Grafiken 2–4 und 7–9: © ZRS Architekten Ingenieure)

EINFACH BAUEN IST GANZ EINFACH, ABER ALLES ANDERE ALS GEWÖHNLICH

MEHRFAMILIENHAUS IN NORDHORN

potgeter + wefelshütten architektur gmbh

Im idyllischen Nordhorn inmitten eines beschaulichen Baugebiets entsteht ab Mitte 2025 ein interessantes Mehrfamilienhaus. Mit dem Haus, das irgendwann ein Zuhause für vier Familien bieten wird, möchte die Bauherrengemeinschaft eine Haltung ausdrücken.

Die Bauherrenschaft, bestehend aus Marcus Wefelshütten und Dr. Wilko Potgeter von der potgeter + wefelshütten architektur gmbh, Dr. Dirk Deppe, Geschäftsführer der Klinkermanufaktur Deppe Backstein sowie David und Jannis Korte vom Projektentwickler gmp aus Nordhorn, und etliche Projektbeteiligte gehen bei diesem Vorhaben ins Risiko. Denn sie finanzieren das Projekt aus eigenen Mitteln und teils in Eigenleistung, getrieben von dem Wunsch nach einem „einfachen Bauen“ für eine besser gebaute Umwelt und die Architektur von Morgen. Selbsterklärte Projektziele: maximale Lebensdauer durch simple, aber sinnvolle Konstruktionen mit einer hierarchischen Aus-

tausch-, Rückbaubar- und Recyclingfähigkeit nahezu aller Bauteile. Bei alledem sind sich die Projektbeteiligten einig: Dieses Haus ist keine allumfassende Lösung, dieses Haus ist ein Versuch, über einfaches Bauen und die Rückbesinnung auf alte Bauweisen fundamentale erste Lösungsansätze zu erforschen, die weiterentwickelt werden können und sollen.

Weniger Ressourcen, mehr Wert für die Menschen

Das Mehrfamilienhaus wird flächenoptimiert, ganz bewusst als kompaktes Volumen auf klassischem Grundriss realisiert. Dabei entwickelt sich die fast historisch anmutende Konstruktion, bestehend aus zweischaligem Mauerwerk und Holzbalkendecken, aus den Anforderungen. Die Entscheidung für eine zweischalige Bauweise entgegen der im Rahmen des „einfachen Bauens“ oft favorisierten monolithischen Bauweise erläutert Dr. Wilko Potgeter, der

Bild 1. Mehrfamilienhaus in Nordhorn: einfaches Bauen und Rückbesinnung auf alte Bauweisen

sich im Rahmen seiner Dissertation intensiv mit der Geschichte des Mauerwerks auseinandergesetzt hat: „Das fundamentale Prinzip einer zweischaligen, thermisch getrennten Wand, das aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammt und in der norddeutschen Baukultur fest verankert ist, stellt ein bauphysikalisches Optimum dar, das andere Konstruktionsweisen nicht erreichen können. Die außenliegende Backsteinverblendung schützt vor der Witterung, die innenliegende Wand fungiert innerhalb des Dämmperimeters als thermischer Puffer. Die gesamte Konstruktion bringt eine hohe thermische Trägheit mit sich, sodass wir aktuell davon ausgehen, auf den Beton in der Decke verzichten und stattdessen Holz als nachwachsenden Rohstoff einsetzen zu können.“ Die Entscheidung für Holz und gegen Beton ist für die Architekten von potgeter + wefelshütten ein bewusster Versuch, zu ursprünglicheren Bautechniken zurückzufinden. „Durch den Einsatz einer Holzbalkendecke sparen wir gegenüber einer Betondecke knapp 40.000 kg CO2-Äquivalent in der Erstellung“, erläutert der Architekt. Zu der langen Tradierung backsteinsichtiger Bautechnik kommen die allgemeinen Vorteile der zweischaligen Außenwand mit Ziegel-Verblendmauerwerk, von der Wertbeständigkeit über einen hohen solaren Absorptionsgrad, die Reduktion des Heizenergiebedarfs bis hin zum sehr guten Wärme-, Feuchte-, Schall- und Brandschutz.

Die natürlichen Materialien Holz und gebrannter Lehm, die nicht nur in der primären Konstruktion, sondern z. B. auch in den Parkettböden zum Einsatz kommen, sind enorm langlebig und gewährleisten darüber hinaus im Innenraum eine behagliche, natürliche Atmosphäre. Die Grundrissaufteilung erlaubt eine natürliche Belichtung sämtlicher Aufenthaltsräume und Bäder. Um durch eine optimierte Tageslichtausnutzung eine Überhitzung der Räume in heißen Sommermonaten zu verhindern, haben sich die Architekten für Brüstungsfenster mit tiefen Laibungen, ergänzt durch bodentiefe Fenster im Schatten der Loggien, entschieden. Durch die Tiefe von ca. 40 cm werden die zum Einsatz kommenden Holzfenster natürlich verschattet und auch konstruktiv vor Witterung geschützt.

„Derartige Überlegungen waren früher selbstverständlicher, als sie es heute sind. Das Verständnis des Bauteils Fenster hat sich im 20. Jahrhundert vom Loch mit Laibungstiefe in einer massiven Außenwand hin zu großformatigen, außen bündigen Glasflächen verschoben, die jedoch im Sommer wesentlich zur Überhitzung der Gebäude beitragen“, reflektiert Dr. Wilko Potgeter.

Heute verfügbare Elemente für eine zu 100 % recyclingfähige Architektur von morgen nutzen

„Untersuchungen zufolge beträgt der Anteil des Bauwesens am in Deutschland anfallenden Abfall mehr als 50 Prozent. Ein großer Teil der Abfälle aus dem Bauwesen wird verbrannt oder im Downcycling verwendet. Wir werden als Hersteller von Ziegeln unseren Teil dazu beitragen, das zu ändern. Auf dem Weg zu einer CO2-neutralen Produktion widmen wir uns seit langer Zeit auch den Themen Ressourcenschonung und Recycling von Mauerwerk“, erklärt Dr. Dirk Deppe. Die langwierigen Versuche und Untersuchungen, die das Team von Deppe Backstein unternommen hat, zahlen sich jetzt aus. Dem Klinkerhersteller

Bild 2. Die Grundrissaufteilung erlaubt eine natürliche Belichtung der Aufenthaltsräume und Bäder. (Visualisierungen: © Potgeter + Wefelshütten Architektur, fangpunkt.vis)

ist es gelungen, einen Recyclingziegel aus Abbruchziegeln zu entwickeln und zu produzieren, der bei diesem Mehrfamilienhaus erstmalig zum Einsatz kommen wird.

Für das Basismaterial wurden die alten Ziegel eines abgerissenen Gebäudes in Nordhorn gesichert. Die Abbruchziegel wurden in der Ziegelei zunächst mit Hilfe eines Magneten von Metallresten befreit und gebrochen. Das zerkleinerte Stein-Mörtel-Gemisch konnte dann als Rohmaterial für die Produktion des neuen Mauerwerks verwendet werden. Die Recycling-Backsteine für das neue Mehrfamilienhaus bestehen aus 70 % Abbruchziegel und 30 % frischem Rohmaterial. Der frische Ton wird regional in direkter Nachbarschaft der Ziegelei abgebaut. Zunächst war angedacht, den Recyclingziegel lediglich für das innenliegende Mauerwerk zu nutzen. Doch die Ergebnisse der Recycling-Produktreihe im Hinblick auf Wasseraufnahme, Rohdichte und Druckfestigkeit zeigen eine Qualität, die auch für außenliegendes Mauerwerk optimal geeignet ist.

Das gesamte Mauerwerk kann bei diesem Haus, sollte es einmal zurückgebaut werden, dem Kreislauf problemlos wieder hinzugefügt werden – anders als bei herkömmlichen Backsteinfassaden. Das liegt daran, dass der handelsübliche Mörtel, der bisher zur Realisierung von Mauerwerk zum Einsatz kommt, bei diesem Bauvorhaben durch eine neue Mörtelart ersetzt wird. Dieser lässt sich beim Rückbau des Gebäudes deutlich einfacher vom Ziegel abtrennen, sodass der Backstein sortenrein als Reuse-Ziegel wiederverwendet werden kann.

Der Recyclingziegel besitzt den Rotton der Region und wurde im Strangpressverfahren produziert. In seiner Optik unterscheidet sich der Recyclingziegel von einem herkömmlichen Backstein insbesondere durch seine scharfen Kanten und die besondere Struktur, die durch die gebrochenen Altziegel entsteht. Für das außenliegende Mauerwerk kommt ein Normalformat mit hohem Lochanteil zum Einsatz, die innenliegende Wand besteht, um die Spei-

chermasse zu erhöhen, aus einem Vollziegel, der in der Höhe einem Normalformat und im Pressprofil einem 3DF entspricht. Die scharfkantig-präzise Ausführung mit gleichzeitig markanter, aus dem Produktionsprozess resultierender Oberfläche erlaubt den sichtbaren Einsatz auch im Innenbereich, wo auf Gipsputzschichten und Tapetenaufbauten verzichtet werden soll. Die Ziegel werden im Innenraum lediglich leicht hell geschlämmt, was der thermischen Aktivierung der Speichermasse zugutekommt.

Low-tech einfach verbaut

Die Reduktion der Haustechnik auf ein notwendiges Minimum rundet das ganzheitliche Konzept des Mehrfamilienhauses ab. Dabei wird die Technik, inkl. der Elektroleitungen, bewusst nicht unter dem – nicht vorhandenen – Putz verbaut, sondern aufputz geführt. „Das hat den bedeutenden Vorteil, dass die sowieso schon reduzierten technische Komponenten leicht zugänglich sind und im Falle eines Ausfalls oder einer notwendigen Reparatur einfach ausgetauscht werden können ohne, dass Böden oder Wände aufgebrochen werden müssen“, erklärt Marcus Wefelshütten. Auch das gewählte Heizungssystem zahlt in die Überlegung ein. Die Beheizung erfolgt nicht, wie überwiegend üblich, über ein wassergeführtes System, sondern über Infrarotheizungen mit direktem Anschluss an das Stromnetz. Die an der leichten Holzdecke angeordneten Heizkörper strahlen auf die massiven Außenwände und die Böden und erwärmen diese. Das innovative Konzept, bei dem Heiztechnik und Gebäudekonstruktion zusammen gedacht

werden, wurde mit dem Hersteller der Infrarotpaneele, der Firma Welltherm GmbH aus Lüdenscheid, entwickelt, wobei die großzügig dimensionierte, in mehrere Himmelsrichtungen ausgerichtete PV-Anlage auf dem Walmdach einen wesentlichen Teil der Betriebsenergie direkt erzeugt. Die Warmwasseraufbereitung erfolgt dezentral, um auf energieaufwendige Zirkulations- oder Heizbandsysteme verzichten zu können.

Das Gebäude soll im Sinne des verfolgten Low-TechAnsatzes keine kontrollierte Be- und Entlüftung enthalten, sondern setzt auf eine sinnvolle Fensterlüftung durch vertikale Lüftungsklappen, die eine bestmögliche natürliche Querlüftung ermöglichen, was im Winter eine gute Stoßlüftung ermöglicht und im Sommer zur Nachtauskühlung genutzt werden kann. Der hygienische Mindestluftwechsel wird über die Badabluft mit Nachströmung eingehalten.

Ein Ziel des Low-Tech-Ansatzes ist, den bei komplizierter Haustechnik häufig zu beobachtenden Performance-Gap zu vermeiden, indem die Nutzung der Fensterlüftung sowie der dezentralen Heiz- und Warmwassertechnik ein intuitives, eigenverantwortliches Nutzerverhalten fördert.

Weitere Informationen: potgeter + wefelshütten architektur gmbh Nino-Allee 11, 48529 Nordhorn Tel. (05921) 89 92-0, Fax (05921) 89 92-99 info@potgeter-wefelshuetten.de, https://potgeter-wefelshuetten.de/

Manfred Curbach, Josef Hegger, Frank Schladitz, Matthias Tietze, Matthias Lieboldt (Hrsg.) Handbuch

Carbonbeton

Einsatz nichtmetallischer Bewehrung

- umfassendes Handbuch über Carbonbeton und andere nichtmetallische Bewehrungen

- Zusammenführung der Erkenntnisse aus universitärer und industrieller Forschung mit ersten Anwendungserfahrungen

- Beitrag zum nachhaltigen Bauen durch Senkung des Ressourcenund Energieverbrauchs

Einziges Handbuch mit aktuellem Wissensstand zur Anwendung der neuen Bauweise – für Neubau sowie Ertüchtigung und Instandsetzung: Konstruktionen aus Carbonbeton ermöglichen Materialersparnis, Reduzierung von Energiebedarf und CO 2 -Ausstoß und lassen hohe Lebensdauern erwarten.

2023 · 596 Seiten · 392 Abbildungen · 60 Tabellen

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SYSTEMISCHE NACHHALTIGKEIT GEGEN DEN WOHNUNGSMANGEL

ACHTGESCHOSSER IN AMSTERDAM IN HOLZ- UND SYSTEMBAUWEISE

Ripkens Wiesenkämper

Die Stadt Amsterdam ist für ihre Backsteinarchitektur berühmt. Kaum vorstellbar, dass Holz einmal das wichtigste Baumaterial dieser inzwischen international geprägten Metropole war. Die mittelalterlichen Holzhäuser fielen in der Zeit von 1421 bis 1452 Bränden zum Opfer, sodass kurzerhand der Ziegel als nicht brennbares Fassadenmaterial bevorzugt Einsatz fand, der Holzbau gar in Gänze verboten wurde.

In Zeiten des Nachhaltigen Bauens erlebt Holz nicht nur als Fassaden-, sondern ganz allgemein als Baumaterial ein Comeback. Der Stadt Amsterdam verhilft der nachwachsende Rohstoff mit guter CO2-Bilanz ihre Ziele des sogenannten „Green Deal Houtbouw“ zu erreichen, bis 2050 klimaneutral zu werden, sowie nicht zuletzt der Verpflich-

tungserklärung nachzukommen, bis 2025 ca. 1.500 Häuser jährlich in Holzbauweise zu realisieren. Damit ist die Stadt Amsterdam offiziell eine der sieben Early Adopter Cities des Build-in-Wood-Projekts.

Ein Quartier, das dazu beitragen wird, die ambitionierten Ziele der Stadt zu erreichen, ist „Switi – Gooise Kant“. Auf der Fläche im Südosten von Amsterdam zwischen dem Nelson Mandela Park und dem Stadtteil Kelbergen wird seit 2015 gebaut. Ca. 235 Wohnungen und 24 Einfamilienhäuser sind bereits fertiggestellt. Auf der Zielgeraden befindet sich aktuell das achtgeschossige Mehrfamilienhaus mit 45 Wohnungen. Aufgrund der systemischen Herangehensweise und dem Fokus auf Nachhaltiges Bauen aller Beteiligten stellt der Neubau ein Para-

Bild 1. Der systemische Holzbau erzeugt eine ganz neue Ästhetik. (Foto: © Evelien Hopp, Ekowood Houses)

debeispiel für eine effiziente und zugleich ökologisch wertvolle Bekämpfung des Wohnungsmangels dar.

Zirkularität bis auf Bauteilebene

Das achtgeschossige Mehrfamilienhaus wurde in HolzHybrid-Bauweise als Skelett-Rahmenbau mit Brettsperrholz-Wänden und HBV-Decken geplant und realisiert. Anders als bei vielen anderen Projekten, die in Holz-Hybrid-

Bauweise realisiert werden, liegt bei diesem Projekt der Fokus auf „Holz“ und nicht auf „hybrid“. So bestehen nämlich auch die tragenden und aussteifenden Bauteile aus Brettsperrholz. Sogar der Treppenkern und der Aufzugschacht wurden mit Brettsperrholz errichtet. In der Fassade kommt ein Skelett-Rahmenbau aus Brettschichtholzstützen und Furnierschichtholzrandträgern zum Einsatz. Die Außenwände wurden als Holztafelbau errichtet. Auch die Treppen wurden in Bambus zu realisiert.

Beton, der herstellungsbedingt einen hohen CO2-footprint besitzt, kam nur dort zum Einsatz, wo keine nachhaltige Alternative bestand, nämlich im Bereich der Holzbetonverbunddecken. Diese nicht vollständig aufliegende Decke wurde ebenfalls mit Holznocken und nicht über Stahl mit den Wänden verbunden, um den Hirnholzkontakt zu gewährleisten – auch im Bereich der sechs äußeren Stützen, mit denen die aussteifenden Wände gekoppelt sind. Für die Holznocken im Bereich der Brettsperrholzinnenwände, die lediglich angegossen wurden, wurde seinerzeit ein Mockup entwickelt, aus dem die Planer einige Erkenntnisse gewinnen konnten. Das Mockup wurde mehrmals auseinander und wieder zusammengebaut, um herauszufinden, ob diese dem Anspruch an Zirkularität auf Bauteilebene gerecht werden. Bei alledem konnte eine setzungsarme Gesamtkonstruktion erzielt werden, indem die querdruckbeanspruchten Bauteile für den vertikalen Lastabtrag nicht zur Anwendung kommen.

Modulare Bauweise, hoher Vorfertigungsgrad

Die Integration der Skelett-Rahmenbauweise in den nicht tragenden Fassaden erfolgte bereits im Werk. Auch die aus Schall- und Brandschutzgründen benötigte Vorsatzschale vor den Brettsperrholzwänden wurde bereits vorgefertigt und zeitlich mit dem Rohbau hergestellt. Der hohe Vorfertigungsgrad im Zusammenspiel mit der modularen Bauweise ermöglicht bei diesem Projekt eine deutliche Effizienzsteigerung und damit einen zügigen Baufortschritt, aber vor allem eine integrale Bewertung der Nachhaltigkeit auf einer systemischen Ebene.

Innerhalb des zügigen Bauablaufs konnten auch die Treppenräume effizient integriert werden. Über das System der Schachteltreppe wurden zwei unabhängig voneinander

Bild 2. Nicht nur die Fassade, sondern auch tragende und aussteifende Bauteile bestehen aus Holz. (Foto: © Marcel van der Burg)
Bild 3. Auch die aus Schall- und Brandschutzgründen benötigte Vorsatzschale vor den Brettsperrholzwänden wurde bereits vorgefertigt.
Bild 4. Der hohe Vorfertigungsgrad ermöglichte eine zügige Realisierung.

5. Insbesondere im Wohnungsbau ist Schnelligkeit gefragt. Serieller Holzbau macht es möglich. (Foto: © Evelien Hopp, Ekowood Houses)

funktionierende Treppenhäuser auf kleinem Grundriss realisiert. Auf diese Weise entstehen sehr effizient auch zwei Fluchtwege, deren Bedeutung in einem Gebäude aus Holz einen noch höheren Stellenwert einnimmt als gewöhnlich.

Besonderheit Brandschutz und zweiter Tragweg

Den Brandschutzanforderungen in den Niederlanden liegen andere Rahmenbedingungen zugrunde als in Deutschland. Und so kommen in diesem Projekt Wände in F120 Qualität und Türen in F60 Qualität zum Einsatz mit dem Ziel, die Feuerwiderstandsdauer im darauffolgenden Brandabschnitt jeweils zu reduzieren. Eine weitere Besonderheit bei diesem Projekt, in den Niederlanden und beispielsweise in Großbritannien im Allgemeinen, stellt der Nachweis eines zweiten Tragweges dar. Das bedeutet, dass außergewöhnliche Lastfälle einer zusätzlichen rechnerischen Betrachtung unterzogen werden müssen. Dazu erfolgen beispielsweise bauteilbezogene Untersuchungen. Die zu untersuchenden Bauteile, die im Falle eines Brandes versagen könnten, werden durch die zuständige Behörde

Bild 6. Das Quartier wird dazu beitragen, das Ziel der Stadt Amsterdam, bis 2050 klimaneutral zu werden, zu erreichen.

7. Die obersten Stockwerke ermöglichen einen wunderbaren Ausblick. (Fotos 3, 4, 6 und 7: © Ripkens Wiesenkämper)

definiert. Ebenso wird abgestimmt, für welche Bauteile ein alternativer Lastpfad nachzuweisen ist. Hierzu wurde ein umfangreiches Konzept erarbeitet und in die Gesamtbetrachtung integriert, sodass bereits bestehende Verbindungen in Teilen auch die Funktion des zweiten Tragweges übernehmen konnten.

Fazit

Die Holzbauweise bringt hier etliche Vorteile mit sich. Zum einen wird kein CO2 freigesetzt, zum anderen entsteht im Innenraum eine gesunde und angenehme Atmosphäre. Nicht zuletzt werden die für das Projekt gefällten Bäume neu gepflanzt. Bei dem verwendeten Bambus, der aufgrund seiner Robustheit eine gute Alternative zu herkömmlichem Hartholz darstellt, handelt es sich um eine schnell wachsende Art, sodass in kurzer Zeit viel CO2 wieder aufgenommen wird.

Die systemische Herangehensweise im Zusammenspiel mit Modularität und Nachhaltigkeit könnte ein Weg aus der Wohnungsnot darstellen.

Bautafel

Quartier „Switi – Gooise Kant“, Amsterdam

■ Bauherrin: Ekowood Houses | Projektentwicklung: bpd

■ Architektur: HOH Architecten

■ Tragwerksplanung: Ripkens Wiesenkämper Beratende Ingenieure PartGmbB | Marx Krontal Partner | Constructie Adviesbureau Geuijen

Technische Gebäudeausrüstung: Nieman De Raadgevende Ingenieurs

■ Holzbau: W. u. J. Derix GmbH & Co.

Weitere Informationen: Ripkens Wiesenkämper Beratende Ingenieure PartGmbB Zweigertstraße 14, 45130 Essen Tel. (0201) 871 81 20 buero@rw-ingenieure.de, www.rw-ingenieure.de

Bild
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SCHNELLER BAUEN – ZEHN BERLINER GRUNDSCHULEN IN MODULARER BAUWEISE

h4a Gessert + Randecker Architekten

Der Bedarf an neuen Berliner Schulen ist groß – 25 % höhere Schülerzahlen verzeichnet das Land im Schuljahr 2024/25. Nach Jahren des Investitionsstaus schafft die ins Leben gerufene Schulbauoffensive Abhilfe. In diesem Rahmen lobte die Stadt 2018 einen Wettbewerb für dreizügige modulare Grundschulen aus, mit dem Ziel, einen schnell und effizient umsetzbaren, flexiblen Typenbau für qualitativ hochwertigen Schulraum zu entwickeln. Die Aufgabenstellung: Entwicklung eines idealen Schultypus mit hohem Vorfertigungsgrad für Modulbauweise, der an mehreren Standorten ausgerollt wird; eine Compartmentschule entsprechend des Berliner Team- und Lernhausprinzips mit Mensa, Ganztagsbetreuung und Dreifach-Sporthalle. h4a Gessert + Randecker Architekten konnten mit einem durchdachten Entwurf als Grundlage für effizientes, beschleunigtes Bauen überzeugen und den Wettbewerb für sich entscheiden. Mittlerweile sind fünf der geplanten zehn Standorte in den Stadtbezirken Pankow und Lichtenberg realisiert.

Das Wettbewerbsteam hatte drei quadratische Grundmodule entwickelt, die sich – unterschiedlich kombiniert – an die jeweiligen Standortbedingungen und Grundstücksgröße anpassen ließen. Die Jury schätzte besonders die geschickte Grundrisslösung und Anordnung der Compart-

ments, die sich rund um einen Innenhof organisieren. Der Entwurf punktet nicht nur mit seiner hohen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit – denkbar wären eine gestapelte, versetzte oder eine Ausführung in Reihe –, sondern vor allem auch mit den Möglichkeiten der modularen (Vor-) Fertigung. Die Schulen können dank des Baukastensystems schnell, kostengünstig und nachhaltig errichtet werden, bei gleichzeitig hoher Raumqualität.

Effizient und qualitativ hochwertig

Die Aufgabenstellung des Wettbewerbs verlangte nicht nur einen möglichst wirtschaftlichen und flexiblen Typenbau, sondern hatte auch zum Ziel, neue räumliche Konzepte nach dem Prinzip der sogenannten Compartmentschule zu entwickeln: Eine Unterteilung der gesamten Schule in kleinere, eigenständige Einheiten – die sogenannten Compartments – schafft einen kindgerechten Maßstab, was dem Miteinander und Wohlbefinden zugutekommt. Das neu entwickelte integrative Raumkonzept für Berliner Lernund Teamhäuser orientiert sich an einer zeitgemäßen Pädagogik, die auf der intensiven Zusammenarbeit zwischen Kindern, Jugendlichen und Pädagog:innen basiert. „Ge-

Bild 1. Einladend und selbstbewusst: Die Maria-Leo-Grundschule in Berlin-Prenzlauer Berg ist der erste von zehn realisierten Standorten.

meinsam, miteinander und voneinander lernen“ ist das Motto.

Mit der Umsetzung des Entwurfs beauftragte die Stadt schließlich h4a Gessert + Randecker Architekten als Generalplaner, den Zuschlag als Generalunternehmer erhielt der Bielefelder Bauspezialist Goldbeck, der eine hohe Expertise in seriellem Bauen vorweisen kann. Das h4aArchitektenteam plante zuerst standortunabhängig den umzusetzenden, idealen Typus: Man entschied sich aus ökologischen und bauphysikalischen Betrachtungen für ein kompaktes Schulhaus mit geringstmöglicher Grundund Oberfläche, das sich um einen Innenhof organisiert. Die Grundrisse werden dafür geschossweise übereinandergestapelt. Man verzichtete bei der Realisierung auf unterschiedliche Varianten, was in punkto Zeitmanagement ein weiteres Plus bedeutet. Der grundsätzlich gleiche Entwurf für Schule und Sporthalle wird an unterschiedlichen Standorten lediglich städtebaulich konfiguriert. Für die Sporthalle entwickelten die Architekt:innen zwei Varianten, mit und ohne Tribüne.

Vorteile des seriellen und modularen Bauens

Als nächstes folgte die genaue Planung der Maria-LeoSchule in Berlin-Pankow und der Grundschule Schleizer Straße in Berlin-Lichtenberg, was Kalkulationsgrundlage für alle folgenden Realisierungen war. Generalunterneh-

mer Goldbeck ließ die für den Rohbau benötigten Elemente, Systembauteile aus Stahl und Beton, in eigenen Werken vorfertigen, um sie dann direkt auf der Baustelle zusammenzusetzen. Die Fassadenelemente wurden bereits vormontiert inklusive Fenster und Sonnenschutz angeliefert, sodass die Rohbauphase zeit- und kosteneffizient abgeschlossen und schnell mit dem Innenausbau gestartet werden konnte. Wiederkehrende Bauteile erlauben dabei eine umfangreiche Vorkonfektionierung. Auch zukünftige Um- und Ausbauten sowie der Rückbau sind aufgrund von Systemelementen jederzeit ohne große Komplikationen möglich.

Fünf von insgesamt zehn geplanten Standorten sind mittlerweile an den Nutzer übergeben. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Es zeugt von einer hohen architektonischen Qualität und bietet gut proportionierte, helle Räumlichkeiten, zugeschnitten auf unterschiedliche pädagogische Bedürfnisse und kindliches Erleben. Spricht man mit den Schulleiterinnen, hört man die Begeisterung über ihren neuen Wirkungsort heraus. Das von h4a im Wettbewerb erdachte Konzept hat sich in der Praxis bewährt. Am Standort Maria-Leo-Grundschule in Berlin-Pankow stehen sich Schulhaus und Sporthalle vis-à-vis gegenüber, dazwischen gliedert der attraktive Außenraum mit Baumbestand, Pausenhof sowie Spiel- und Kletterbereichen das Areal (Landschaftsplanung: Glück Landschaftsarchitektur). Das Haus sorgt für Adressbildung – selbstbewusst und einla-

Bild 2. Anpassungsfähig: Am Standort Alt-Blankenburg galt es, ein Bestandsgebäude in den Entwurf zu integrieren.

dend prägt es das Quartier – mit einer klar strukturierten Fassade und freundlich-warmer Haptik durch Keramikelemente. Die Besucher:innen gelangen über einen geschützten Eingangsbereich ins Foyer. Eine großzügige Mensa und ein Gemeinschaftsraum für die Früh- und Spätbetreuung schaffen flexibel zu nutzende Flächen auch für größere Veranstaltungen. In den darüberliegenden Geschossen bieten jeweils zwei Compartments ca. 75 Grundschüler:innen jahrgangsübergreifend eine Heimat. Ergänzt werden sie durch Räumlichkeiten für Verwaltung, Kreativbereiche oder Bibliothek. Ein angenehmes, geschossweise realisiertes Farbkonzept in Orange-, Türkis- und Gelbtönen trägt zur Individualisierung und Orientierung bei.

Raumkonzepte, die den Zusammenhalt fördern

Im Mittelpunkt eines Compartments liegt das vielseitig nutzbare „Forum“ – ein frei zugänglicher Bereich, der als Treffpunkt, Pausenfläche sowie Arbeits-, Besprechungsoder Bewegungsraum dient. Helle, freundliche Klassenund Teilungsräume gliedern sich an, ebenso ein Ruhe- und ein Teamraum für das Lehrpersonal. Transparente Wände und Öffnungen sorgen für Sichtkontakt und unterstützen Austausch und Kommunikation. Die Lernlandschaften

bieten den Pädagog:innen großen Handlungs- und Gestaltungsspielraum: individualisiertes Arbeiten, Klassenzusammenkünfte und projektbezogenes Lernen können je nach Bedarf auf der Tagesordnung stehen. Offene Flächen lassen sich mit wohnlichen, farbigen Vorhängen in geschützte und behagliche Rückzugsorte verwandeln.

Auf den Grundstücken wird jeweils neben dem Schulhaus eine Dreifeld-Sporthalle errichtet, auch für die außerschulische Nutzung. Ein prägnantes Holzdachtragwerk und Prallwände in Ahornfurnier sorgen für ein atmosphärisches Inneres. Die Planung der Baukörper folgt den Aspekten des nachhaltigen Bauens. Der BNB-Qualitätsstandard „Silber“ wird umgesetzt und beinhaltet u. a. einen Energiestandard nach KfW-Effizienzhaus 55, Regenwassermanagement, extensive Dachbegrünung, PV-Anlagen, nachhaltige Baustoffe in Verbindung mit einem Recyclingkonzept. Spielraum für eine Individualisierung der einzelnen Schulstandorte bieten u. a. die Kunst-am-Bau-Konzepte. So beleben etwa rote Schlangenlinien das Foyer der Grundschule Schleizer Straße, kleine Fabelwesen und Schutzgeister okkupieren die Ecken der Schule am Fehrbelliner Tor und die Grundschule unter den Bäumen schmückt entsprechend ihrem Namen eine eindrucksvolle Wurzel- und Baumskulptur.

Bild 3. Das Forum – Herz der Compartment-Einheiten – ist Treffpunkt, Arbeitsraum und Rückzugsort.
Bild 4. Individualisierende Aspekte: Lebendige Bodengestaltung der Künstlerin Veronike Hinsberg im Foyer der Grundschule Schleizer Straße.
Bild 5. Transparenz und gelebte Offenheit – die Räumlichkeiten fördern Kommunikation und das Miteinander.
Bild 6. Sporthalle Leo-Maria-Grundschule: realisierte Variante mit Zuschauergalerie. (Fotos: © David Matthiessen, Stuttgart, www.davidmatthiessen.com/)

Fazit

Die neuen Modulschulen in Berlin beweisen, dass serielles Bauen und architektonische Qualität sich nicht ausschließen. Unterschiedliche Faktoren tragen zum beschleunigten Bauprozess bei: Grundlage ist der durchdachte, flexible Entwurf, basierend auf vorgefertigten Modulen. Ein im Detail einmalig durchgeplanter „Typus“, der dann an den unterschiedlichen Standorten multipliziert wird, sorgt schließlich für deutliche Zeiteinsparungen. Auch Anpassungen wie standortbedingte Raumumnutzungen können integriert werden, ohne den seriellen Bauprozess zu beeinträchtigen. Optimierte und komprimierte Abläufe in den hinteren Leistungsphasen werden durch die Beauftragung eines Generalunternehmers gewährleistet. Für die gesamte Planung gilt: Die Ansprechpartner kennen sich und sich wiederholende Prozesse werden von einem eingespielten Team effektiv gesteuert.

Bautafel

Zehn Berliner Grundschulen in modularer Bauweise

■ Bauherr: Land Berlin

■ Architekt und Generalplaner: h4a Gessert + Randecker Architekten

■ Generalunternehmer: Goldbeck

■ Projektleitung: Daniel Hänelt

■ Team: Andrea Baumann, Christin Broghammer, Jorge Carvajal Garcia, Patrick Haingartner, Victoria Ivanova, Wiebke Kessler, Franziska Kuglstatter, Philip Ledwoch, Clemens Leiner, Monica Munoz, Anika Riedel, Oliver Theile

■ Objektüberwachung: Ernst2 Architekten Standorte

■ Conrad-Blenkle-Straße 20, 10407 Berlin-Pankow – [MariaLeo-Grundschule]

■ Schleizer Straße, Schleizer Straße 67, 13055 Berlin-Lichtenberg Blockdammweg 60, 10318 Berlin-Lichtenberg – [Seepark Grundschule]

■ Koppelweg 50, 12347 Berlin-Neukölln

■ Alt-Blankenburg 26, 13129 Berlin-Pankow

■ Hauptstraße 9, 10317 Berlin-Lichtenberg

■ Fehrbelliner Tor 2/4, 13585 Berlin

■ Stellingdamm / Hirtestraße 10, 12555 Berlin

■ Wiesenweg / Weidenweg, 13591 Berlin

■ Lichterfelde-Süd, 12207 Berlin Wettbewerb

■ 12/2018, 1. Preis an h4a Gessert + Randecker Architekten

■ Planungsbeginn: 2019

■ Baubeginn: 05/2021 Fertigstellung

■ Conrad-Blenkle-Straße: 08/2023

■ Schleizer Straße: 10/23

■ Blockdammweg; 07/24

■ Fehrbelliner Tor: 02/2025

■ Alt-Blankenburg: 02/2025

■ Koppelweg: 04/2025

■ alle weiteren Schulen voraussichtlich 2026

BGF

■ Grundschule: 8.175 m2

■ Sporthalle ohne Tribüne 2.370 m2

■ Sporthalle mit Tribüne 2818 m2

BRI

■ Grundschule 33.515 m3

■ Sporthalle ohne Tribüne 17.165 m3

■ Sporthalle mit Tribüne 20.975 m3

Nachhaltigkeit

■ BNB-Zertifizierung Silber wird umgesetzt

Kunst am Bau

■ Conrad-Blenkle-Straße: „Alles schwingt! Klangskulpturen zum Mitspielen“ von Ulrike Seyboth/Ingo Fröhlich

■ Schleizer Straße: „Gerade. Bogen. Kreuzung. Verschlungene Wege“ Bodengestaltung von Veronike Hinsberg

■ Blockdammweg: „Einsteigen“ Wandgemälde in Treppenräumen: von Anna Ingerfurth

■ Alt-Blankenburg: „Goldbaum und Schattenlaub“ Installation im Foyer von Oliver van den Berg

■ Koppelweg: „Schnörkel“ Installation im Foyer von Christin Kaiser

■ Fehrbelliner Tor: „Agravic Biome“ Skulpturen in Treppenräumen von Mary-Audrey Ramirez

■ Wiesenweg/Weidenweg: „Gemeinsam um die Ecke Denken“ Installationen im Foyer von MITKUNSTZENTRALE

Fachplaner

■ Landschaftsplanung: Glück Landschaftsarchitektur, Stuttgart

■ Tragwerksplanung: Helber + Ruff, Ludwigsburg

■ Brandschutz: hhp, Berlin

■ HLS LP8: TGA PlanungService, Ludwigsburg

■ Elektro: Raible + Partner, Reutlingen

■ Bauphysik: Krebs + Kiefer, Dresden

■ Regenwassermanagement: Fritz Spieth, Esslingen

■ Küchenplanung: Profi-tabel Resultants, Stuttgart Hersteller

■ Fassade: Keramik – Moeding; Sonnenschutz – Warema

■ Bodenbelag: Linoleum – Forbo; Kautschuk – Nora, Werkstein – DASAG

■ Möbel: VS-Schulmöbel

■ Fliesen: RAKO, Villeroy&Boch

■ Türen: Herholz

■ Fenster: Batiment

■ Decken: Troldtekt; Heraklith

Weitere Informationen: h4a Gessert + Randecker Architekten

Immenhofer Straße 47, 70180 Stuttgart Tel. (0711) 90 70 95-0 hello@h4a-architekten.de, www.h4a-architekten.de

SCHNELLER BAUEN MIT HOLZBAUMODULEN

INNOVATIVE SCHULBAUPROJEKTE

IN KÖLN

baut architektur PartmbB

Die schnelle Bauzeit steht im Fokus der modularen Holzbauweise, wie sie bei den Schulprojekten an der Peter-GrießStraße und der Schulstraße in Köln realisiert wurde. Innerhalb von nur wenigen Monaten entstanden moderne Schulgebäude, die mit nachhaltiger Bauweise, energieeffizienter Technik und flexiblen Nutzungsmöglichkeiten zeigen, wie innovative Baulösungen den steigenden Anforderungen im Schulbau gerecht werden und gleichzeitig neue Maßstäbe – insbesondere beim Thema Bau- und Planungszeit – setzen.

Der Bedarf an nachhaltigen und schnellen Lösungen für den Schulbau hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Besonders im urbanen Raum wie in Köln gewinnen modulare Bauweisen an Bedeutung. Durch stark schwankende Schülerzahlen muss Schulraum sowohl schnell als auch standortflexibel zur Verfügung stehen. Holz als Baumaterial spielt dabei eine zentrale Rolle, da es nicht nur ökolo-

gisch vorteilhaft ist, sondern auch durch seine natürlichen Eigenschaften ein gesundes Raumklima schafft. Die von baut architektur und der Blumer-Lehmann GmbH umgesetzten Projekte an der Peter-Grieß-Straße und der Schulstraße in Köln sind Beispiele dafür, wie Schnelligkeit und Nachhaltigkeit erfolgreich kombiniert werden können und auch beim temporären Bauen qualitativ hochwertige Lösungen entstehen können.

Modulare Bauweisen bieten eine hohe Flexibilität, die es ermöglicht, Gebäude an unterschiedliche Bedürfnisse und Rahmenbedingungen anzupassen. Gerade in städtischen Regionen, in denen Flächen begrenzt sind, ist dies ein unschätzbarer Vorteil. Durch den Einsatz von Holz als nachwachsendem Rohstoff wird zudem ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet, da Holz CO2 bindet und so die Umweltbilanz der Bauprojekte deutlich verbessert.

Bild 1. Die temporären Klassenräume fügen sich bestmöglich in den Bestand ein.

Schulen an der Peter-Grieß-Straße und Schulstraße

Die beiden Schulbauprojekte in Köln wurden als modulare Holzbauweise realisiert. Ziel war es, den steigenden Bedarf an Klassenräumen kurzfristig zu decken, ohne die Qualität der Gebäude zu vernachlässigen. Die Peter-GrießStraße erhielt ein zweigeschossiges, L-förmiges Schulgebäude, das auf einem reaktivierten Schulhof errichtet wurde. Die natürliche Lärchenholzfassade und die funktionalen Laubengänge verbinden nicht nur die Räume,

sondern schaffen auch Möglichkeiten für soziale Interaktionen. An der Schulstraße entstand ebenfalls ein zweigeschossiges Gebäude, das dank der kompakten Bauweise auch auf begrenztem Raum angemessenen Platz schafft.

Das Konzept für die Schulgebäude sieht nicht nur die Bereitstellung zusätzlicher Räume vor, sondern auch die Schaffung von Bereichen, die flexibel genutzt werden können. So wurde darauf geachtet, dass die Architektur sowohl traditionelle Lehrmethoden als auch moderne, offene Lernkonzepte unterstützt. Besondere Aufmerksamkeit wurde

Bild 2. Gegliedertes Fassadenbild aus natürlichem Lärchenholz und farbigen Faserzementplatten.
Bild 3. Vorgefertigter Innenausbau – vor Ort erfolgten nur noch die Einbaumöbel, Böden und Malerarbeiten.
Bild 4. Saubere Detailarbeit durch komplette Werkstattplanung in 3D.

dabei den Verbindungen zwischen Innen- und Außenbereichen gewidmet, um eine abwechslungsreiche und inspirierende Lernumgebung zu schaffen.

Fokus auf Lernatmosphäre und Raumklima

Eine gute Lernumgebung ist essenziell für den schulischen Erfolg. Bei den Projekten in Köln wurde darauf besonderer Wert gelegt. Bodentiefe Fenster sorgen für eine helle, natürliche Beleuchtung der Klassenräume. Dreischichtplat-

ten aus Holz, farbige Linoleumböden und mineralisch gebundene Holzwolle-Platten an den Decken erzeugen eine warme, einladende Atmosphäre. Diese Kombination von Materialien schafft nicht nur optische Behaglichkeit, sondern auch akustischen Komfort, der für konzentriertes Lernen wichtig ist. Zusätzlich stehen Einbauschränke und Garderoben zur Verfügung.

Darüber hinaus wurde bei der Auswahl der Materialien darauf geachtet, dass sie frei von Schadstoffen sind, um ein gesundes Raumklima zu gewährleisten. Das unterstützt das Wohlbefinden der Schüler*innen und Lehrkräfte. Außerdem wurde auf die langfristige Haltbarkeit und Pflegeleichtigkeit der Gebäude Wert gelegt.

Schnelle Bauzeit durch Vorfertigung

Ein Merkmal der Holzmodulbauweise ist die schnelle Realisierbarkeit. Beide Schulgebäude wurden innerhalb von acht bis neun Monaten fertiggestellt – von der Auftragsvergabe bis zur Inbetriebnahme. Dies war möglich, da die Module im Werk der Blumer-Lehmann GmbH in Großenlüder in Osthessen vorgefertigt und anschließend vor Ort montiert wurden. Diese Bauweise minimiert nicht nur die Bauzeit, sondern auch Störungen im Schulbetrieb oder in der Nachbarschaft.

Die Vorfertigung erlaubt es zudem, hohe Qualitätsstandards zu sichern. Jedes Modul wird unter kontrollierten Bedingungen hergestellt, was eine präzise Umsetzung der Planung und eine Minimierung von Baufehlern ermöglicht. Dies trägt dazu bei, die Kosten im Rahmen zu halten und eine hohe Wirtschaftlichkeit der Projekte zu garantieren.

Technik und Energieeffizienz

Die Gebäude erfüllen hohe Standards in Bezug auf Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit. Sie wurden mit hochwärmegedämmten Außenwänden in Holzständerbauweise gebaut, die den KfW-40-Standard erreichen. Photovoltaikanlagen auf den Dächern liefern erneuerbare Energie, während dezentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung ein angenehmes Raumklima gewährleisten.

Bild 5. Materialehrlichkeit und Qualität prägen den Innenausbau.
Bild 6. Robuste Materialien im Außenbereich; die natürliche Vergrauung der Fassade wurde im Entwurfsprozess bereits mitgedacht.
Bild 7. Ein Modul mit Tür beinhaltet immer auch den mit Holz verkleideten Haustechnikschacht sowie den Heizkörper für eine einfache Installation.

Bild 8. Die hochwärmegedämmten Module erhalten ein aufgesetztes Pultdach zur optimalen Wiederverwendbarkeit (Fotos: © Annika Feuss, https://annikafeuss.com)

Die Beheizung erfolgt über jeweils eine Luftwärmepumpe, die unabhängig von der Versorgung des Bestandsgebäudes arbeitet. Die Technik wurde in separaten Modulen untergebracht, was die Wartung erleichtert und die Flexibilität erhöht.

Darüber hinaus tragen die Energieeffizienzmaßnahmen dazu bei, die Betriebskosten der Schulen langfristig zu senken. Dies entlastet nicht nur die kommunalen Haushalte, sondern zeigt auch, wie ökologisches Bauen mit wirtschaftlichen Vorteilen verbunden werden kann.

Flexibilität und Wiederverwendbarkeit der Bauweise

Ein zentraler Vorteil der modularen Bauweise liegt in der Wiederverwendbarkeit der Holzmodule. Diese sind so konstruiert, dass sie nach der Nutzungsphase an anderen Standorten erneut eingesetzt werden können. Dies macht die Gebäude nicht nur nachhaltig, sondern auch zukunftssicher. Durch das einfache, auf die Module aufgesetzte

Pultdach und den vorgestellten Laubengang können die Gebäude zudem flexibel an veränderte Anforderungen angepasst werden.

Die Wiederverwendbarkeit der Module reduziert den Ressourcenverbrauch und minimiert die Entstehung von Bauabfällen. Damit tragen die Projekte auch zur Kreislaufwirtschaft bei, die eine zunehmend wichtige Rolle im Bauwesen spielt. Diese Herangehensweise unterstreicht, dass Nachhaltigkeit nicht nur ein Konzept, sondern eine praktische Lösung für aktuelle Herausforderungen ist.

Architektonische Gestaltung und Integration

Die architektonische Gestaltung wurde bewusst gewählt, um die neuen Schulgebäude harmonisch in die bestehende Umgebung zu integrieren. Die natürlichen Materialien wie Lärchenholz verleihen den Gebäuden einen warmen, einladenden Charakter, der den sozialen und ästhetischen Ansprüchen einer Schule gerecht wird. Die funktionalen Laubengänge sorgen für einfache Wegebeziehungen und dienen zugleich als Begegnungsflächen.

Die Gebäude wurden grundsätzlich barrierefrei geplant. Für eine vollständige Barrierefreiheit können außenliegende Aufzüge nachgerüstet werden.

Fazit

Die Kölner Schulbauprojekte zeigen, wie mit modularer Holzbauweise schnelles, flexibles und nachhaltiges Bauen möglich ist. Effizienz, hohe Qualität und ein gesundes Lernumfeld verbinden sich zu einer zukunftsweisenden Lösung für moderne Bildungseinrichtungen.

Die Projekte wurden durch den deutschen Standort des Schweizer Holzbauunternehmens Blumer Lehmann AG gemeinsam mit dem Kölner Architekturbüro baut architektur geplant und realisiert.

Weitere Informationen: baut architektur PartmbB Gesine Appel Geschäftsführende Partnerin Friesenplatz 25, 50672 Köln Tel. (0221) 20 53 93-03 appel@baut-architektur.de, www.baut-architektur.de

Standort Deutschland: Blumer-Lehmann GmbH Verkauf | Planung Alexander Holl Robert-Koch-Straße 20, 53501 Grafschaft Tel. (02225) 911 30-10, mobil 0171 811 40 82 www.blumer-lehmann.com

Gebäudemodule für den Wohnungsbau

Innenansicht der Modulbau-Halle in Fürstenwalde (Foto: Rueckerconsult/Döring)

Ein Joint Venture aus den Unternehmen Capital Bay und Daiwa House Modular Europe hat im Jahr 2022 das Areal des ehemaligen Stahlbauunternehmens Reuther STC in Fürstenwalde/Brandenburg erworben und die bestehenden Hallen so umgerüstet, dass die Produktion von Gebäudemodulen, die vor allem für den Wohnungsbau vorgesehen sind, erfolgen kann.

Capital-Bay-CEO George Salden verweist auf die Vorteile des Bauens mit vorgefertigten Gebäudemodulen: „Mit dem hohen Vorfertigungsgrad der Module in der Fabrik können wir die Bauzeit um 50 Prozent verkürzen. Denn die Module werden auf der Baustelle einfach übereinandergestapelt und da die Qualitätskontrolle bereits im Werk erfolgt, kommt es nicht zu langwierigen Nachbesserungen von Baumängeln“. Er betont weiter: „Der Clou liegt aber in der Nachhaltigkeit der Module. Wir bieten mit unseren Modulen ein kreislauffähiges Produkt und machen damit die Immobilie zur Mobilie. Denn wir sprechen eine Rücknahmegarantie mit einer Rückvergütung aus. Das heißt, zum Ende des Verwendungszyklus eines Gebäudes stapeln wir die Module wieder ab, unterziehen sie in der Fabrik einem Refurbishment und setzen sie für den Bau eines neuen Gebäudes an einem anderen Standort wieder ein. Auf diese Weise spart unser Modulbau 50 Prozent an CO2 gegenüber der traditionellen Bauweise.“

Nachbesserungsbedarf sieht George Salden noch in der Gesetzgebung: „Um bezahlbare Wohnungen zu bauen, brauchen wir den industriellen Typenbau. Genehmigungstechnisch befinden wir uns jedoch in einer widersprüchli-

chen Situation: Modulbauten gelten als Sonderbauten und durchlaufen einen noch komplexeren Genehmigungsprozess, als er ohnehin schon für Deutschland üblich ist. Zudem gelten in Deutschland 16 Landesbauordnungen und zum Teil kommen sogar noch kommunale Sonderauflagen hinzu. Das ist, als müsste ein Auto in jeder Stadt, die es durchfahren sollen darf, extra zugelassen werden.“ Bundesbauministerin Klara Geywitz sagte bei einem Besuch im Werk: „Ich sehe großes Potenzial im seriellen und modularen Bauen für Deutschland insbesondere im Bereich des bezahlbaren Wohnens. Deshalb müssen wir diese Bauweise aus der Nische holen und in die Breite bringen. Mit der geplanten harmonisierten Typengenehmigung für die Landesbauordnungen, die im Rahmen des Beschleunigungspaktes eingeführt werden soll, können die Genehmigungsprozesse für Bauvorhaben deutlich vereinfacht werden. Außerdem haben wir ein Förderprogramm mit einer Summe von 2 Milliarden Euro für den klimafreundlichen Neubau von Wohnungen im Niedrigpreissegment auf den Weg gebracht. Auch das ist eine wichtige Voraussetzung. Dies kann einen Schub für das modulare Bauen bedeuten.“

Derzeit arbeiten ca. 230 Mitarbeiter in der Produktion in Fürstenwalde. „Mit den geplanten Erweiterungen der Produktionskapazitäten wird diese Zahl auf rund 1.500 ansteigen. In dieser Endausbaustufe des Werks werden jährlich bis zu 30.000 Module vom Band laufen“, so Salden.

Im Rahmen eines ersten Mandats werden in Fürstenwalde ca. 3.000 Module für ein Wohnprojekt der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag produziert. Im Berliner Bezirk Lichtenberg in der Landsberger Allee 341–343 errichtet diese vier Gebäude mit mehr als 1.400 Wohnungen – das größte modulare Wohnbauprojekt Europas. Die Bauzeit beträgt ca. drei Jahre.

Weitere Informationen:

Capital Bay-Gruppe in Deutschland

Büro Berlin

Sachsendamm 4–5, 10829 Berlin

Tel. (030) 120 86 62-0 info@capitalbay.de, https://capitalbay.de

Weg vom Schneckentempo – serielles Bauen im Bestand als Prozessbeschleuniger

Die deutsche Bauwirtschaft steckt in einer Krise: Hohe Zinsen, steigende Baukosten und strenge Vorschriften bremsen Projekte, während 800.000 bezahlbare Wohnungen fehlen. Gleichzeitig wächst der Leerstand alter Bürogebäude. Serielles Bauen im Bestand ist eine Lösung – standardisierte Prozesse und modulare Bauweisen ermöglichen effizientes, nachhaltiges Bauen. Die Case Study „Kaiserlei“ zeigt, wie Bestandsgebäude modernisiert und erweitert werden können, ohne ressourcenintensiven Abriss. Ziel ist es, innovative Konzepte für die Zukunft der Bauwirtschaft aufzuzeigen.

Die Baukrise in Deutschland verschärft sich durch stagnierenden Wohnungsbau, Baulandmangel und strenge Vorschriften. Steigende Kosten und Bürokratie bremsen bremsen das jährliche Ziel von 400.000 neuen Wohnungen. Während Wohnraum knapp ist, stehen viele Büroflächen durch Homeoffice-Trends leer. Auch sanierungsbedürftige Mehrfamilienhäuser bleiben oft ungenutzt – teils wegen wirtschaftlicher Unsicherheit, teils aus Spekulation. Besonders in Städten bietet Leerstand Chancen zur Umnutzung, wodurch kostengünstiger Wohnraum entsteht, CO2-Emissionen reduziert und historische Bausubstanz erhalten werden kann.

Das Bauen im Bestand stellt Architekten, Ingenieure und Planer vor besondere Herausforderungen. Neben der Substanzbewahrung und den Anforderungen des Denkmalschutzes müssen auch die Interessen verschiedenster Gruppen – von Investoren bis hin zu Mietern – berücksichtigt werden. Hinzu kommt der Umgang mit vorhandenen Baustrukturen und der Frage, wie diese an die heutigen Anforderungen angepasst werden können. Vor allem Anpassungen an Schall-, Wärme- und Brandschutz sind sehr kostenintensiv. Ferner sind die Tragwerke der Bestandsgebäude zu untersuchen und ggf. an den neuralgischen Stellen zu ertüchtigen.

Die Arbeitsgemeinschaft: Serielles Bauen im Bestand e. V. (kurz: ASBIB), ein Zusammenschluss mittelständiger Architekten und Ingenieure, untersucht die Umnutzung von Bestandsimmobilien. Durch gemeinsame Sanierungsprojekte erkannten die Gründer die Vorteile serieller Bauweise gegenüber monolithischen Methoden. Sie sehen darin eine innovative Lösung, um Gebäude durch gezielte Sanierung und Erweiterung mit vorgefertigten Bauteilen zu erhalten und zu modernisieren.

ASBIB verfasste folgende Thesenpunkte, die die Vorteile des seriellen Bauens im Bestand zusammenfassen und zugleich die Herausforderungen mit entsprechenden Lösungsansätzen der Zeit aufweisen:

Akuter Fachkräftemangel

In Planung und Ausführung fehlen Fachkräfte, viele Handwerksbetriebe finden keine Nachfolge. Baustellenarbeit gilt zunehmend als unattraktiv. Durch Verlagerung in witterungsgeschützte Hallen entstehen bessere Arbeitsbedingungen, die Ergonomie und Gesundheit fördern. Standardisierung ermöglicht den effizienten Einsatz automatisier-

ter Prozesse. Dadurch können die Vorteile automatischer Herstellung konsequent genutzt werden.

Qualitätsmängel

Beim Bauen im Bestand sind viele planerische und ausführungstechnische Aufgaben zu bewältigen. Die Ausführungen vor Ort, meistens mit einem großen Anteil an Handarbeit, führen durch die kleinteilige Gewerkeaufsplittung zu einem Unmaß an Schnittstellen und Abhängigkeiten, die bei kleinsten Störungen des Bauablaufs zu unverhältnismäßig vielen Qualitätsmängeln führen. Die Ausführung vor Ort bei unterschiedlichen Wetterbedingungen ist ebenfalls ein wichtiger Faktor für die Entstehung von Ausführungsmängeln.

Die Vorfertigung der Bauteile unter industriellen Bedingungen führt zu hoher, gleichbleibender Qualität. Das Personal kann zudem auf die Abläufe in der Produktion hin geschult werden. Verbesserungen und Optimierungen (lessons learned) können in die Fertigung einfließen und die Bauteilqualität kontinuierlich erhöhen.

Terminverzögerungen aufgrund des Fachkräftemangels

Die Abhängigkeiten der verschiedenen Gewerke führen bei kleinsten Abweichungen zu großen Störungen im Bauablauf, die sich wiederum auf die gesamte Terminkette auswirken. Dieser Zustand ist weder für die ausführenden Firmen noch für die Objektüberwachung planbar. Fehlende oder unvollständige Materiallieferungen auf die Baustelle sind ebenfalls ein oft gesehenes Problem. Der Einbau vorgefertigter Bauteile verringert diese Terminrisiken. Durch eine klare Prozess- und Logistikplanung kommen die Bauteile „Just in time“ auf die Baustelle und sind direkt verarbeitbar.

Schnittstellenprobleme

Bei der Zusammenarbeit der Gewerke kommt es immer wieder zu Störungen aufgrund qualitativ ungenügender Vorarbeit der vorhergehenden Gewerke. Die Gewerke arbeiten in ihrer jeweiligen Normen- und Vorschriftenwelt, weshalb der Erkenntnishorizont im Rahmen der eigenen Profession bleibt – eine gemeinsame Weiterentwicklung der Arbeitsweisen unter Einbezug aller Gewerke existiert nicht. Die serielle Vorfertigung verhindert damit einhergehende Qualitätsmängel.

Abfallerzeugung

Die Bauindustrie ist für einen Großteil des Abfallaufkommens verantwortlich. Zumeist werden die Materialien zur Baustelle gefahren und dort ausgepackt, wodurch erhebliche Mengen an Verpackungsabfall entstehen. Hinzu kommen Materialreste, Verschnitt und nicht benötigte Mehrmengen. Falsch eingeschätzte Materialmengen führen zu aufwändigen Nachlieferungen durch Paketdienste.

Eine deutliche Reduktion des Abfallaufkommens ermöglicht die industrielle Bauteilfertigung, da der Materialverbrauch exakter berechnet werden kann. Anfallende Reste und Abschnitte können in einen optimierten Wertstoffkreislauf gegeben werden und Abfälle sind sortenrein trennbar.

Ressourcenverschwendung

Materialmengen auf Baustellen sind schwer berechenbar, Verschnitt wird oft nur geschätzt. Schäden, falsche Lagerung und ineffiziente Logistik führen zu weiteren Verlusten. Zudem sind nicht alle Materialien unbegrenzt verfügbar. Vorfertigung optimiert den Ressourceneinsatz, reduziert Abfall und verbessert den Materialfluss.

Gebäudeabriss

In Deutschland werden zu viele Gebäude abgerissen, wodurch das verbaute CO2 nicht genutzt wird. Abriss verursacht zusätzlich CO2, Abfall und minderwertige Recyclingprodukte, obwohl viele Gebäude weiter genutzt werden könnten. Mittels einer genauen Bestandsanalyse können die notwendigen Bauteile projektspezifisch seriell hergestellt werden, sodass eine weitere Nutzung der entsprechenden Immobilie möglich ist.

Seitens des Gesetzgebers müssen allerdings Initiativen zur Anpassung der Anforderungen hinsichtlich der geforderten Bauteilqualitäten erfolgen. Es erschließt sich z. B. nicht, dass in Häusern der Gründerzeit gerne gewohnt und der dort vorhandene Schallschutz in Kauf genommen wird, aber bei einer Umnutzung von Büros zu Wohnen die heutigen Anforderungen an den Schallschutz zu erfüllen sind. Dies führt selbstredend zu deutlich höheren Erstellungskosten.

Kostenrisiken

Beim Bauen im Bestand entstehen durch die Arbeiten im heterogenen Bauumfeld viele Situationen, die zu Nachtragspotenzial, Terminverzögerungen, Qualitätsproblemen und folglich zu Kostensteigerungen führen. Eine Vorfertigung der Bauteile in einem kontrollierten Umfeld wirkt diesen Problematiken entgegen. Die industrielle Vorfertigung, gepaart mit exakt geplanter Logistik und vorgeplanten Einbauschritten, führt zu einer Kalkulationsgrundlage bis zur letzten Schraube.

Schädliche Baustellenauswirkungen

Jede konventionelle Baustelle führt zu Beeinträchtigungen im näheren und weiteren Umfeld. Über einen längeren Zeitraum fallen Baustellenverkehr, Lärm und Lagerflächen für Materialien, Abfall, etc. an. Vorfertigung vermindert die genannten Einflüsse und Bautätigkeiten beschränken sich auf die Montage der Fertigteile und negative Baustellenauswirkungen werden minimiert.

CO2-Erzeugung

Bei der konventionellen Fertigung und Fügung durch die vielen Einzelgewerke können die Materialien nicht opti-

mal auf ihren CO2-Fußabdruck ausgewählt werden. Ferner ist auch die bereits angesprochene ineffiziente Logistik ein nennenswerter Faktor: Bei der seriellen Fertigung aus einer Hand können die Verfahren und Materialien zur Herstellung der Bauteile auf ihren CO2-Fußabdruck hin geschärft werden. Die Verarbeitung von nachwachsenden Rohstoffen oder recycelten Werkstoffen ist so optimierbar. Verarbeitungsweisen zur CO2-Reduzierung können zudem im industriellen Umfeld, im Gegensatz zum herkömmlichen Bauen, gefördert werden.

Schlechte Haustechnikintegration

Bei vielen Bauprojekten treten Probleme bei der Montage der haustechnischen Komponenten auf, da die Bauteile der Objektplanung und der technischen Gebäudeausrüstung nicht optimal aufeinander abgestimmt sind. Viele Themen werden in diesem Zusammenhang auf der Baustelle entschieden und individuell ausgeführt. Bei der seriellen Fertigung geschieht die Integration der TGA-Komponenten in die Bauteile im Werk und kann damit ideal umgesetzt und gesteuert werden. Auch hier profitiert der Prozess von den Optimierungsschleifen, die nur bei der seriellen Fertigung möglich sind.

Fehlende Wiederverwendungsmöglichkeit von verbauten Materialien

Bauteile werden bei der herkömmlichen Montage häufig unlösbar miteinander verbunden und sind später nicht mehr recycel- oder bei einer Umnutzung rückbaubar. Die serielle Fertigung schafft die Möglichkeit lösbarer Fügungen. Es bietet eine tatsächliche Wiederverwendung in gleicher Bauteilqualität anstatt eines Downcyclings der Materialien.

Vorteile des seriellen Bauens

Anhand dieser Thesen wird deutlich, welche Möglichkeiten das serielle Bauen mit sich bringt. Serielles Bauen nutzt vorgefertigte Bauteile, die in einer Fabrikumgebung produziert und vor Ort modular zusammengefügt werden. Dies steigert Produktivität, Qualität, reduziert Bauzeit und spart Kosten. Beim Bauen im Bestand müssen Bauteile jedoch an die vorhandene Struktur angepasst werden. Eine Kombination aus Standardisierung und Individualisierung ist nötig, besonders bei historischen Gebäuden oder neuen Funktionen. Mit digitaler Planung Building Information Modeling (BIM) und enger Zusammenarbeit können auch komplexe Umnutzungen effizient umgesetzt werden. Vorfertigung minimiert Abhängigkeiten, Kostenrisiken und Bauzeiten und gewährleistet hohe Qualität.

Case Study: Kaiserlei

Serielles Bauen setzt neue Maßstäbe im Umgang mit Bestandsgebäuden, um vorhandene Strukturen nachhaltig zu revitalisieren. Unsere Untersuchungen des Kaiserlei-Areals in Offenbach am Main dienen als wegweisende Case Study für dieses Bauverfahren und zeigen, wie ein modernes und vielfältiges Stadtquartier effizient, flexibel und ressourcen-

schonend entwickelt werden kann. Anstatt auf Abriss zu setzen, lässt sich das Potenzial vieler bestehender Gebäude zukunftsweisend nutzen.

Das Entwicklungsgebiet Kaiserlei liegt mit seiner Grundstücksgröße von ca. 35.000 m2 an der Stadtgrenze zu Frankfurt/Main und ist geprägt von den Betongerippen der ehemaligen Siemens-Tüme – ein Symbol für den Stillstand des Viertels. Ziel ist das Aufweisen einer zukunftsweisenden Transformationsmöglichkeit zu einem lebendigen, dichten Quartier, inklusive modernem Wohnraum für Studierende im Rhein-Main-Gebiet. Dies führt zu einer natürlichen Belebung und einem Bedarf an vielfältigen Angeboten. Die Vision von Schmidt Plöcker Architekten ergänzt die Bestandsbauten durch eine ganzheitliche Betrachtung und kombiniert serielles Bauen mit einer modernen, städtebaulich komplexen Struktur.

Im Zuge der näheren Auseinandersetzung mit dem Potenzial des Areals wurde eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, um die architektonische, technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit des Projekts zu prüfen. Potenzielle Herausforderungen und Hindernisse konnten außerdem näher bestimmt werden, wodurch erste Planungsarbeiten und das Entwickeln städtebaulicher Konzepte vereinfacht wurden. Es konnte herausgefunden wer-

den, dass Türme eine solide statische Grundlage bietet. Bei einem Neubau der Siemenstürme wäre ein Einsatz von 10.000 Tonnen Stahl und 100.000 Tonnen Beton nötig, was zu erheblichen CO2-Emissionen führen würde.

Gebäudetransformation durch serielles Bauen im Bestand

Die Gebäudetransformation nutzt serielles Bauen mit modularen Elementen und standardisierten Prozessen. Diese effiziente, ressourcenschonende Methode ermöglicht schnelle Bauzeiten, geringe Emissionen und flexible Anpassungen. Reversible Verbindungen erleichtern Wiederverwendung, Leichtbau-Fassaden reduzieren die Belastung und Module sind austauschbar.

Die Ideen für die Transformation des Kaiserleis zielen auf die Entwicklung einer eigenständigen „Stadt in der Stadt“ mit einem charakteristischen Quartier, das zwischenmenschliche Kontakte und kurze Wege fördert. Die bestehenden Siemens-Türme bleiben mit Ergänzungen Ankerpunkte des Quartiers, umgeben von öffentlichen Plätzen, Höfen, Gärten und Hochebenen als Kommunikationsorte. Eine klare Gliederung in öffentliche, halböffentliche und private Freiräume fördert Sicherheit und Vielfalt. Urbane Treffpunkte als Herzstück dienen als Orte des

Bild 1. Betongerippe Kaiserlei, Offenbach
Bild 2. Betongerippe Kaiserlei, Offenbach (Fotos 1 und 2: © Lars Gruber, www.larsgruber.de/)
Bild 3. Vereinfachte Darstellung Serielles Bauen im Bestand am Beispiel Kaiserlei

Zusammenkommens und der Erholung, wodurch eine langfristige Nutzung sichergestellt wird.

Die Türme sollen gemäß dieses Konzepts zu Studierendenwohnungen ausgebaut werden umgeben von barrierefreien Gebäuden mit maximal acht Geschossen, die von Familien, älteren Menschen, Singles und Berufstätigen bewohnt werden können, um ein Wohnen für alle zu ermöglichen. In den Türmen könnten durch Um- und Anbaumaßnahmen insgesamt 1.502 Wohneinheiten entstehen: 1.059 Studierendenzimmer, 374 Hostelzimmer und 69 Doppelzimmer.

Das Raumkonzept nutzt eine modulare Bauweise, bei der die Raumkonstruktion als vorgefertigte Box gedacht ist, die in das bestehende Gebäude eingeschoben wird. Nasszellen wie Dusche, WC und Waschbecken wären in diesem Szenario vormontiert. Aufgrund der niedrigen Einbringöffnungen im Bestand und der hohen Toleranzanforderungen gestaltet sich der modulare Bau als komplex. Um dennoch eine hohe Vorfertigungsrate zu ermöglichen, werden Module ohne Decke eingebaut und fehlende Wandbereiche durch Adapterwandstücke bis zur Betondecke geschlossen. Zusätzlich kann durch eine durchgängige Wassernebel-Löschanlage die Ausführung der Module als leichte Holzkonstruktion erfolgen.

Büroflächen in der Nachbarschaft beleben das Areal, während großzügige Freiräume Gemeinschaft fördern. Dächer dienen als Grünflächen, Terrassen oder Sportplätze. Ein Quartiersmanagement sichert Qualität, Pflege und Or-

ganisation. Öffentliche Nutzungen in den Sockelgeschossen, wie Einzelhandel, Gastronomie und soziale Einrichtungen, fördern kurze Wege und reduzieren den ökologischen Fußabdruck.

Nachhaltiges Mobilitätskonzept

Das Quartier besticht durch ein Mobilitätspotenzial, welches eine gute Anbindung an Bus und S-Bahn sowie neue Radwege kennzeichnet. Dadurch werden Nachhaltigkeit, Gesundheit und ein geringerer Verkehr gefördert. Geplant sind Mietsysteme für Fahrräder und Autos sowie ein Parkdeck mit Carsharing und E-Mobilität, um den Autoverkehr zu reduzieren. Auf eine großflächige Tiefgarage wird verzichtet, um das Konzept einer „Schwammstadt“ mit grünen Flächen zur Regenwasserspeicherung zu realisieren, was das Mikroklima verbessert. Zudem wird der CO2-Verbrauch durch regenerative Energiequellen wie Erdwärme und Photovoltaik gesenkt.

Terminschiene

Die Realisierung des Projekts ist im Hinblick auf das Bauvorhaben in einem kurzen Zeitraum umsetzbar. Innerhalb von ca. zwei Jahren sind Detailplanung und Herstellung des Mock-Ups, der serielle Produktionsstart der Modulzellen sowie der tatsächliche Einbau der Zellen in die bestehenden Türme möglich.

Bild 4. Konzept Stadtquartier Kaiserlei (Grafiken 3 und 4: © Schmidt Plöcker Architekten)

Fazit

Wie anhand der Case Study und der zuvor dargelegten Gesichtspunkte gezeigt wurde, stellt serielles Bauen im Bestand einen vielversprechenden Ansatz dar, um die Herausforderungen der aktuellen Baukrise zu meistern. Durch die Kombination standardisierter Prozesse mit modularer Bauweise und digitalen Planungstools lassen sich Bauvorhaben nicht nur schneller und kostengünstiger, sondern aufgrund der Minimierung des Ressourcenverbrauchs auch nachhaltiger realisieren. Besonders angesichts des steigenden Bedarfs an Wohnraum in urbanen Regionen und der zunehmenden Zahl leerstehender Bürogebäude bietet dieser Ansatz eine zukunftsfähige Lösung.

Jedoch ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Architekten, Ingenieuren, der Industrie und der Politik erforderlich, um das volle Potenzial des seriellen Bauens auszuschöpfen. Innovative, ressourcenschonende und wirtschaftliche Lösungen lassen sich nur durch eine verstärkte Zusammenarbeit entwickeln. So kann sowohl der Bedarf an Wohnraum gedeckt als auch der ökologische Fußabdruck der Bauwirtschaft deutlich reduziert werden.

Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass das serielle Bauen im Bestand eine Schlüsseltechnologie für die Bauindustrie darstellen könnte. Es hat das Potenzial, den Bauprozess nicht nur zu beschleunigen, sondern ihn auch nachhaltig zu revolutionieren, was für die kommende Generation von Gebäuden und städtischen Infrastrukturen von entscheidender Bedeutung sein wird.

Bautafel

Serielles Bauen im Bestand | Case Study „Kaiserlei“

■ Projektadresse: Berliner Straße 295–299 / Strahlenberger Straße 8, 14, 63067 Offenbach/Main

■ Architekten: Schmidt Plöcker Architekten PartG mbB

Weitere Informationen:

Architekturbüro: Schmidt Plöcker Architekten PartG mbB

Markus Plöcker

Dreieichstraße 59, 60594 Frankfurt/Main

Tel. (069) 959 32 02-0 mail@schmidtploecker.de, www.schmidtploecker.de

Bild 5. Gemeinschaftsterrasse Blick nach Süd Ost
Bild 6. Quartiersmitte Blick nach Westen auf den neuen Turmentwurf (Visualsierungen 5 und 6: © Schmidt Plöcker Architekten und Flooer Studio, www.flooer.art)

MODULBAUWEISE

MIT

REPETITIVEN

GRUNDRISSEN VERKÜRZT DIE BAUZEIT

DREI 3-ZÜGIGE GRUNDSCHULEN IN KÖLN

HHA Planung GmbH

Um den steigenden Schülerzahlen gerecht zu werden, schrieb die Stadt Köln 2017 den Neubau von gleich drei 3-zügigen Grundschulen inklusive 1-fach Turnhalle aus. Als Standorte waren die Gaedestraße, die Statthalterhofallee und die Thessaloniki-Allee vorgesehen. Um eine relativ kurze Bauzeit zu gewährleisten, wurden die Schulen in Modulbauweise konzipiert und realisiert. Außerdem konnte Planungszeit eingespart werden, da alle drei Schulen das gleiche Raumprogramm aufwiesen und dadurch eine Wiederholung möglich war.

Im Zuge des Planungsprozesses wurde seitens der Stadt Köln eine „Phase Null“ zur Bedarfsplanung beauftragt. Im Ergebnis wurde festgelegt, dass das pädagogische Konzept für alle drei Schulstandorte dem Konzept der „Clusterschule“ Rechnung tragen sollte, dass heute das von der Stadt Köln favorisierte Schulkonzept darstellt.

So wurden die Jahrgangsklassen in einzelnen, definierten Bereichen als „Cluster“ zusammengelegt. Dadurch entstehen kleine, überschaubare Schuleinheiten in der großen Institution Schule und Kommunikation und Überschaubarkeit werden gefördert.

Städtebauliches Konzept

Der Baukörper der Schule reagiert jeweils als Ensemble auf die unmittelbare städtebauliche Umgebung. Die Grundschule und die Sporthalle sind dabei jeweils als Solitär konzipiert. Bei dem Grundschulbaukörper werden durch die Abbildung der Lerncluster als Einzelbaukörper zwei Gebäudevolumina definiert. Diese werden über ein verbindendes Bauteil, in dem die allgemeinen Funktionen geschossweise gestapelt werden, miteinander gekoppelt,

Bild 1. Eine der drei 3-zügigen Grundschulen in Köln – Außenansicht

sodass ein Gesamtbaukörper definiert wird, an welchem die funktionale Aufteilung der Innenräume und die Maßstäblichkeit der einzelnen Lerncluster ablesbar bleiben. Die beiden Hauptbaukörper der Grundschule werden gegeneinander gestaffelt und verschoben, sodass der Grundschulbaukörper maßstäblich mit der Bauweise der angrenzenden Bebauung korrespondiert. Durch die Staffelung des Schulbaukörpers und die Positionierung der Sporthalle werden Außenflächen als Freibereiche der Schule definiert. Durch das Hervorschieben des Erdgeschosses wird der Eingangsbereich kleinmaßstäblich markiert. Im rückwärtigen Grundstücksteil wird durch diese Verschiebung der Ein- und Ausgang des Schulhofes markiert. Die Positionierung und Staffelung des Baukörpers trägt so nicht nur der Bebauung der unmittelbaren städtebaulichen Umgebung, sondern auch dem Grundstückszuschnitt und dem vorhandenen Baumbestand größtmöglich Rechnung.

Architektonisches Konzept

Das Ensemble gliedert sich plastisch und programmatisch in die zwei definierten Großformen Grundschule und

Sporthalle. Im Erdgeschoss betritt man die Schule über einen Windfang. Der Sockel tritt an dieser Stelle plastisch hervor, sodass die Zugänglichkeit zum Schulbaukörper auf diese Weise markiert wird. Unmittelbar nach Betreten des Gebäudes gelangt man in ein zentrales Foyer, das als Veranstaltungsbereich, Treffpunkt und zentrales Element der Haupterschließung als gemeinsame Mitte des Gebäudes fungiert. Das Foyer und der Speiseraum sind hier als offenes Raumkontinuum konzipiert und erstrecken sich über die gesamte Tiefe des Baukörpers, die Bibliothek ist dem Foyer hin vorgelagert. Die beiden Einzelhäuser mit Ihren Jahrgangsclustern in den Obergeschossen werden in dieser zentralen Halle so ablesbar. Elemente der vertikalen Erschließung (zentrale Treppe und Aufzug) stellen vom Foyer aus die Verknüpfung zu den oberen Geschossen sicher. Darüber hinaus sind auch über den eingestanzten Luftraum eine Verbindung nach oben, die ausreichende Belichtung der Binnenräume sowie eine angemessene Raumhöhe für die hier organisierten Großräume gegeben.

Die einzelnen Jahrgangscluster werden über einen klar definierten Vorbereich als eigenständige Einheiten von dort aus erschlossen. Über diesen Hauptzugang betritt

Bild 2. Außenansicht
Bild 3. Foyer
Bild 4. Flex-Zone

man das Jahrgangscluster und gelangt in die zentral gelegene „Flex-Zone“. Analog zum vertikalen Foyer des Gesamtbaukörpers dient die „Flex-Zone“ Ihrerseits als gemeinsame Mitte des Clusters. Über Ihre reine Funktion als Erschließungsfläche für die ringsum angeordneten Lernräume hinaus erlaubt dieser Gemeinschaftsbereich auch eine synergetische Nutzung als übergeordnete „Lerninsel“ für das gesamte Cluster.

Die Sporthalle als separater Baukörper ist formal als solitärer Quader konzipiert. Der Eingangsbereich wird durch einen subtraktiven Rücksprung der Fassade im Erdgeschoss markiert. Von hier aus erschließt man einen zweigeschossigen Funktionsteil, der neben der eigentlichen Halle positioniert ist und die dienenden Funktionen aufnimmt. Im Erdgeschoss sind hier die Geräteräume, die Behindertenumkleide, der Regieraum und weitere Nebenräume angeordnet. Im Obergeschoss befinden sich die Umkleiden für Schüler und Lehrer sowie ein Technikbereich.

Trotz der modularen Bauweise wird ein Teil der Fassade vor Ort montiert. Dabei übernimmt der Modulaufbau bereits einen Teil der notwendigen Dämmdicke und die Fenster. Zusätzlich werden dann außen eine mineralische Dämmung sowie eine hinterlüftete Fassade montiert. Die Fassade selber besteht aus sichtbar befestigten Plattenelementen. Die Fassaden der Grundschule folgen der inhaltlichen Konzeption und der Logik des Modulbaus.

Das dem Entwurf zugrundeliegende 1-m-Raster wird auf die Fassade übertragen und als 1,5-m-Raster um ein halbes Feld zum Entwurfsraster versetzt. Durch den Versatz des Rasters und die regelmäßige Rhythmisierung der Fassade können die Modulstöße in den geschlossenen Fassadenabschnitten angeordnet und so möglichst unauffällig integriert werden.

Die Geschosse sind in Bezug auf die Fassade unterschiedlich gestaltet und bilden so auch die unterschied-

Fassaden
Bild 6. Mensa
Bild 7. Ranzennischen
Bild 5. Klassenraum

lichen Funktionsbereiche des Gebäudes ab. Durch eine horizontale Bänderung wird die Geschossigkeit des Gebäudes auf den ersten Blick ablesbar.

Die Sporthalle tritt über ihre Fassadengestaltung und Materialität ebenfalls in Dialog mit der Schule, weshalb sie als eindeutiger Bestandteil des Gebäudeensembles gelesen werden kann. Hier ist die Fassade analog zum ebenfalls durch die Verwendung des gleichen 1,5-m-Fassadenrasters geprägt.

Alle Gebäudeteile treten somit in Dialog zueinander, werden jedoch durch die verschiedentliche Rhythmisierung der Fassadenelemente, die sich aus der inneren Gebäudeorganisation der Funktionsbereiche und der modularen Ausgestaltung der Fassadenelemente ableitet, differenziert und maßstäblich gegliedert.

Baulich-konstruktives Konzept

Das Gebäude der Grundschule ist als vorgefertigter Modulbau geplant. Das gesamte Tragwerk, mit Ausnahme der Bodenplatte, wird inklusive großer Teile des Innenausbaus werkseitig vormontiert und besteht zum Großteil aus Stahlbauteilen. Die Module werden vor Ort verschweißt und an vorher festgelegten Punkten auf die zuvor fertiggestellte Bodenplatte aufgeständert.

Die Bodenplatte wird, zusammen mit einem Schacht zur Medienanbindung und der Aufzugunterfahrt, in Ortbetonbauweise hergestellt. Ziel ist hierbei die Ausbildung einer lastverteilenden Platte ohne Streifenfundamente als WU-Konstruktion. Die Sporthalle wird in konventioneller Bauweise errichtet.

Innenraumgestaltung

Im gesamten Gebäude befinden sich unterschiedlich große bauseitig erstellte Wandnischen, die mit Einbauten für unterschiedliche Nutzungen versehen werden wie beispielsweise Sitzbänke, Trinkstationen und Ranzennischen.

Um die Nischen als wiederkehrendes Gestaltungselement über alle Etagen ablesbar zu machen, werden alle in gleicher Material- und Formensprache behandelt. Sie sind vollflächig (Wände und Decken) in Holz ausgeschlagen (Plattenmaterial mit strapazierfähiger HPL-Oberfläche in Holzoptik), der bauseitige Boden läuft durch. Wo sie als Sitzmöglichkeit/ Bank fungieren, erhalten sie ein farbiges „Sitz- und Rückenpolster“. In diesem Bereich sind sie mit einer farbigen HPL-beschichteten, korpusbündigen Auflage ausgekleidet. Insgesamt werden vier deutlich voneinander unterscheidbare Farben (jeweils eine Farbe pro Cluster) verwendet, sodass eine eindeutige Zuordnung möglich ist.

Bautafel

3 Modulschulen in Köln

■ Projektadresse: Gaedestraße, 50968 Köln / Alfons-NowakStraße, 50858 Köln / Vietorstraße, 51103 Köln

■ Bauherr: Gebäudewirtschaft Stadt Köln

■ Architekt: HHA Planung GmbH

■ Bauleitung: HHA Bauleitung GmbH

■ Tragwerksplanung/Modulhersteller/Landschaftsarchitektur: Reither Landschaftsarchitekt / Studio Grijsbach Landschaftsarchitektur / Contur2

■ Nutzfläche: 15.249 m2

■ BGF: 18.131 m2

■ BRI: 83.676 m3

■ Baubeginn: 07/2021

■ Fertigstellung: 06/2023

Weitere Informationen:

HHA Planung GmbH

Christian Fensterer Schurzelter Straße 27, 52074 Aachen Tel. (0241) 90 03 99 0 mail@hahn-helten.de, www.hahn-helten.de

Bild 8. Sporthalle außen
Bild 9. Sporthalle innen (Fotos: © Jörg Hempel, www.joerg-hempel.com)

Berechnung

der Ökobilanz eines Entwurfs – jetzt auch für zirkuläres Bauen verfügbar

Mit der Software EcoTool kann die Ökobilanz von Bauprojekten bereits in der Wettbewerbsphase dargestellt werden. Ab sofort bietet die digitale Plattform zusätzliche Kernfunktionen an. So können jetzt auch wiederverwendete Bauteile und Bestandsgebäude in die Berechnung einbezogen werden. Außerdem steht für Bauherren ein übersichtliches Wettbewerbs-Cockpit bereit.

In Zeiten der Klimakrise und der Ressourcenverknappung gilt es, den Materialverbrauch und die CO2-Emissionen von Gebäuden bereits in der frühen Phase eines Entwurfs zu prüfen und zu minimieren. Bereits vor über einem Jahr hat deshalb das Basler Büro ZPF Ingenieure zusammen mit dem Kanton Basel-Stadt ein Tool auf den Markt gebracht, mit dem auf einfache Art und Weise schon während des Wettbewerbs eine Ökobilanz zum eingereichten Entwurf erstellt werden kann. Inzwischen ist das EcoTool, das seither vielfach eingesetzt wurde und sich aufgrund seines pragmatischen Ansatzes bewährt hat, als eigenständige Firma ausgegründet worden.

Auf www.ecotool.org können Planende, Ingenieure und Architekt:innen auf der Grundlage von wenigen Eingaben – Standort, Material und Konstruktion von Wand, Decke sowie Fassade – die ökologische Gesamtbilanz des entworfenen Gebäudes abschätzen. Danach können Bauherren und ihre Vertretungen die eingereichten Entwürfe schnell in Bezug auf ihre jeweilige Bilanz vergleichen und ins Verhältnis zu anderen Kriterien setzen, wie z. B. zu den Kosten.

Jetzt sind zwei neue Kernfunktionen zum EcoTool hinzugekommen, die sowohl die Bauherren wie auch die ausführenden Architekturbüros auf dem Weg zu einer klimagerechteren Bauweise noch stärker unterstützen.

Bild 1. Laptop-Auswertung mit ecotool
Bild 2. Bauherren-Cockpit – Auswertung

ReUse, Bestand oder Neubau

Zukunftsfähig bauen bedeutet, Materialien möglichst oft wiederzuverwenden und sie so im Kreislauf zu halten. Doch auch die Wiederverwendung von Bauteilen (ReUse) ist nicht emissionsfrei. Es entstehen Emissionen für die Demontage aus dem Ursprungsobjekt, für den Transport, die Aufarbeitung und den Wiedereinbau. Um dem gerecht zu werden, hat EcoTool in Partnerschaft mit dem Basler Unternehmen Zirkular, einem Pionier für Bauen im Kreislauf, einen baumaterialspezifischen „ReUse-Faktor“ definiert. Auf der EcoTool-Plattform können Architekturbüros bei der Eingabe ihres Bauprojekts jetzt ganz einfach zwischen ReUse, Bestand oder Neubau auswählen. Die Unterschiede in der Ökobilanz werden sofort grafisch sichtbar gemacht. Mit diesem Ansatz sollen die beteiligten Akteure motiviert werden, zirkuläres Bauen so früh wie möglich in ihre Überlegungen einzubeziehen, damit sich das Prinzip der Kreislaufwirtschaft im Bauwesen stärker verankert.

Das Bauherren-Cockpit

Digitale Wettbewerbsverfahren werden von Seiten der Bauherrschaft immer mehr gewünscht. Deshalb entwickelte EcoTool die Möglichkeit, die Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit komplett online abzuwickeln. Im ersten Schritt werden die Architekturteams direkt über die digitale Plattform zum Wettbewerb eingeladen. Diese bilanzieren und optimieren im zweiten Schritt ihr Wettbewerbsprojekt im EcoTool und reichen es im dritten Schritt anonym (mit Kennwort) ein. Der Bauherrschaft steht im

vierten Schritt ein eigenes Analyse-Cockpit zur Verfügung: Hier erscheinen alle Wettbewerbsbeiträge in übersichtlich aufbereiteter Form.

Auf Knopfdruck stehen verschiedene Standard-Reports und Vergleichsoptionen zur Verfügung. Nach Bedarf beraten die Experten von EcoTool die Bauherrschaften auch zu möglichen Zielvorgaben und Formulierungen in Bezug auf die ökologische Nachhaltigkeit in den Ausschreibungsunterlagen.

Bild 3. Bauherren-Cockpit – Übersicht der eingereichten Wettbewerbsprojekte
Bild 4. Vergleich einer Bauteil-Ökobilanz ohne und mit ReUse-Material

Kostenlose Basisversion

EcoTool ist für Planende – ob aus der Architektur, dem Ingenieurwesen oder anderen Disziplinen – als kostenlose Basisversion verfügbar. Dadurch wird ein niederschwelliger Zugang zum Thema Ökobilanzierung im Bauwesen ermöglicht. In den monatlichen Webinaren bekommen Interessierte außerdem eine Einführung in die Nutzung der Software und die vielfältigen Optionen für nachhaltiges Bauen.

Bauherren erwerben eine Lizenz und werden im gesamten Prozess eines Architekturwettbewerbs fachkundig begleitet.

Weitere Funktionen wie Mehrsprachigkeit in Englisch und Französisch sowie eine Anpassung an deutsche oder österreichische Normen und Standards sind in Planung und werden im ersten Halbjahr 2025 angeboten.

Weitere Informationen:

EcoTool AG

St. Johanns-Vorstadt 3 CH-4056 Basel/Schweiz

Tel. +41 61 220 74 26 info@ecotool.org www.ecotool.org

Bild 5. Optionen für ReUse und Bestand in der EcoTool-Software (Foto/Grafiken: © EcoTool AG)

Dank der Verwendung von Ziegelfertigteilen konnte das Bauvorhaben vom ersten Spatenstich bis zum fertigen Rohbau innerhalb von nur drei Monaten abgeschlossen werden.

2. Dank der exzellenten Wärmedämmeigenschaften der verwendeten Ziegel war ein sehr schlanker Wandaufbau realisierbar. So konnte ein Maximum an Wohnraum geschaffen werden. (Fotos 1 und 2: Schielicke Bau)

Das Projekt mit Ziegelfertigteilen von Leipfinger-Bader demonstriert erfolgreich den Rohbau eines Wohnkomplexes in Werneuchen, bei Berlin, der in nur 10 Wochen abgeschlossen wurde.

Dieser innovative Ansatz adressiert die Herausforderungen des aktuellen Wohnraummangels und betont Energieeffizienz, Raumoptimierung und Wirtschaftlichkeit. Der Einsatz schlanker Ziegelfertigteile führte zum Erreichen des KfW 40 Plus Ziels und zu erheblichen Zeit- und Kosteneinsparungen sowie architektonischer Flexibilität. Darüber hinaus ermöglichte die Integration intelligenter Fertigteile mit integrierter dezentraler Lüftungstechnik präzise Materialberechnungen und eine spürbare Reduzierung der Bauzeit, was zur Kosteneffizienz beitrug.

Insgesamt veranschaulicht das Projekt einen Paradigmenwechsel im Bauwesen, der die Machbarkeit von hoch-

3. Der Bau mit Fertigteilen beschleunigt nicht nur den Baufortschritt. Die Fehleranfälligkeit sinkt und auf der Baustelle selbst entsteht bedeutend weniger Schutt und Staub. (Foto: Raap Steinert Kommunikation)

wertigem, kostengünstigem Wohnraum demonstriert, wie die Möglichkeit, in Werneuchen hochwertigen Wohnraum für weniger als 12 € Miete/m2 anzubieten.

Leipfinger-Bader lieferte neben den Produkten auch die komplette Tragwerksplanung, den Schallschutz, den Brandschutz und das Lüftungskonzept. Einen großen wirtschaftlichen Erfolg brachte die Optimierung und Gewinnung von Wohnflächen.

Weitere Informationen: Leipfinger-Bader GmbH Ziegeleistraße 15, 84172 Vatersdorf Tel. (08762) 733-153, Fax (08762) 733-110 caterina.bader@leipfinger-bader.de www.leipfinger-bader.de

Bild 1.
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Interimswohnen bezeichnet temporäres Wohnen, das vorübergehend und flexibel genutzt wird, meist als Übergangslösung zwischen zwei permanenten Wohnsituationen. Es wird immer relevanter, insbesondere in urbanen Gebieten, da Mobilität, berufliche Flexibilität und zeitlich begrenzte Projekte im modernen Leben zunehmen. In den USA sind Mobile-Homes längst nichts Neues mehr, und auch in Deutschland gibt es viele Gründe, seine Wohnung für kurze Zeit mit einer mobilen Lösung zu tauschen – Urlaubsfeeling obendrauf.

Hier einige Beispiele, die als Grund für Interimswohnen sprechen:

1. Sanierungs- oder Renovierungsarbeiten

– umfassende Modernisierung, z. B. Austausch von Leitungen, Fenstern, Böden, oder Heizsystemen

– Schadstoffsanierung (z. B. Asbest- oder Schimmelentfernung)

– Fassadensanierung, die den Zugang und das Wohnen unzumutbar macht

– Umbauarbeiten, die zu einer vorübergehenden Unbewohnbarkeit führen.

2. Schäden durch höhere Gewalt

– Wasserschäden (z. B. Rohrbruch oder Überschwemmung)

– Brandschäden

3. Bauliche Veränderungen am Gebäude

– Aufstockung, Anbauten, Umbauten

– Dachausbau oder -abdichtung

– Installation neuer Versorgungsleitungen, die umfangreiche Eingriffe in die Wohnung erfordern.

4. Gesundheitliche Gründe

– Beseitigung von Schimmel oder anderen gesundheitsgefährdenden Zuständen

5. Staatliche oder behördliche Auflagen

– Einsturzgefahr oder andere Sicherheitsprobleme (z. B. nach einer Gebäudekontrolle)

– Evakuierung wegen Umweltproblemen (z. B. Grundwasserkontamination)

– temporäre Nutzung der Wohnung für öffentliche Zwecke (selten, aber rechtlich möglich).

6. Persönliche Gründe

– erhebliche familiäre oder gesundheitliche Belastungen, die eine ruhigere Umgebung erfordern

– berufliche oder private Umstände, die die Nutzung des Wohnraums vorübergehend unpraktisch machen.

Vorgaben bei Interimswohnen

Bestimmte Vorgaben sind bei der Unterbringung von Mietern während einer Sanierung zu beachten. Ob der Ersatzwohnraum gleichwertig sein muss, hängt von den gesetzliInterimswohnen –

– Sturmschäden oder andere Naturkatastrophen, die Reparaturen erforderlich machen.

Bild 1. UniCube® als kostengünstige Interimswohnlösung

chen Regelungen sowie individuellen Vertragsvereinbarungen ab. Zentrale Aspekte sind:

1. Gesetzliche Regelungen im Mietrecht (BGB) Instandsetzung und Modernisierung (§ 555a, § 555b BGB): Vermieter dürfen Sanierungsarbeiten durchführen, müssen dabei jedoch die Interessen der Mieter berücksichtigen. Ist eine vorübergehende Räumung der Wohnung notwendig, hat der Vermieter eine Ersatzunterkunft bereitzustellen, sofern dies nicht ausdrücklich anders vereinbart wurde.

2. Gleichwertigkeit des Ersatzwohnraums

Das Gesetz fordert keine identische, aber eine zumutbare Unterbringung. Der Ersatzwohnraum muss den grundlegenden Anforderungen genügen:

– ausreichende Wohnfläche (entsprechend der Haushaltsgröße)

– Hygiene- und Sicherheitsstandards – zumutbare Entfernung zur ursprünglichen Wohnung (z. B. keine erheblichen Nachteile beim Weg zur Arbeit, Schule etc.).

3. Zumutbarkeit aus Mietersicht

Die Ersatzunterkunft muss so beschaffen sein, dass sie für den Mieter während des Sanierungszeitraums lebensfähig ist.

Grundausstattung: Eine Küche oder Kochmöglichkeit, sanitäre Anlagen, Heizung und Strom müssen vorhanden sein.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um diesen Vorgaben gerecht zu werden, z. B. die Unterbringung in Hotels, Ferienwohnungen oder Apartments, was teuer ist, in Containern oder in mobilen Lösungen, die kostengünstiger sind. Diese können auf freiem Gelände, Sportplätzen, Campingplätzen oder im kurzzeitig umgenutzten öffentlichen Raum aufgestellt werden. Eine frei konfigurierbare, ökologisch sinnvolle Wohnlösung stellt z. B. der uniCube® der NAWALO GmbH dar. In kürzester Zeit per Lkw transportiert, aufgebaut und später wieder abgebaut, stellt dies eine nachhaltige und kostensparende Alternative dar. Ursprünglich als Tiny-House entwickelt, lässt sich dieses „Baukastenprinzip“ vielfältig einsetzen.

Aber auch andere Anforderungen wie z. B. ein zeitbegrenzt genutzter Besprechungs- oder Schulungsraum können erfüllt werden.

Bild 2. UniCube®, individuell erweiterbar, Wohnen im Grünen
Bild 3. Beispiel Naturbauwagen, Übergangswohnung mitten in der Natur
Bild 4. Urlaubsfeeling für die ganze Familie, während die Wohnung saniert wird
Bild 5. Leben und Arbeiten in der Übergangswohnung als Alternative zum Hotel

Hier ein Beispiel aus Hechingen: Das im Landkreis einmalige Projekt „Schul-Natur-Bauwagen“ an der AlbertSchweitzer-Schule zeigt die Symbiose aus Natur und Bildung. „Mathe im Grünen“ titelte dazu die „Süd-West Presse“. Das erste Natur-Klassenzimmer im Zollernalbkreis erfüllt gleich mehrere Anforderungen, nämlich natur-

Impressum

Ernst & Sohn Special: Schneller Bauen

Ernst & Sohn GmbH Rotherstraße 21, 10245 Berlin, Tel. (030) 470 31-200, Fax (030) 470 31-270 www.ernst-und-sohn.de

Redaktion

Thomas Arndtz, Berlin Rainer Bratfisch, Berlin

Kunden-/Leserservice Abonnementbetreuung, Einzelheft-Verkauf, Probehefte, Adressänderungen

WILEY-VCH Kundenservice für Verlag Ernst & Sohn, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, Tel. (06201) 606-400, Fax (06201) 606-184, service@wiley-vch.de Einzelheft 25,– € inkl. MwSt. und Versand/Porto Bestellnummer 2134-2503

Beilagenhinweis:

Diese Ausgabe enthält folgende Beilagen: Ernst & Sohn GmbH, 10245 Berlin

nahes Lernen, Nachhaltigkeit, zirkuläres Bauen, Wiederverwendbarkeit. Dabei ist dieser „Bauwagen“ auch noch kostengünstiger als jede andere Art der Schaffung von neuen Klassenräumen. Zusammengefasst gibt es viele Einsatzmöglichkeiten von mobilen Baulösungen, von kurzzeitiger Unterbringung für Wohnzwecke bis hin zu ausgelagerten Schulungsund Besprechungsräumen. Und wer weiß, ob so manche „Interimslösung“ den Bewohnern so ans Herz gewachsen ist, dass sich daraus eine Dauerlösung mit Urlaubsfeeling entwickelt – wie bei den Mobile Homes.

Weitere Informationen: NAWALO GmbH

Tanja Preuß, Expertin für kleine Wohnformen Altendeich 9a, 25335 Raa-Besenbek

Tel. (04120) 70 68 87-0, mobil 0151 11998119 tanja.preuss@nawalo.de, www.nawalo.de

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© 2025 Ernst & Sohn GmbH, Berlin

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Bild 6. Schul-Natur-Bauwagen in Hechingen – Lernen im Grünen (Fotos: © NAWALO GmbH)

Hubert Bachmann, Mathias Tillmann, Susanne Urban

Bauen mit Betonfertigteilen im Hochbau

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Das Buch gibt den aktuellen Stand des Betonfertigteilbaus wieder. Es zeigt die wirtschaftlichen Möglichkeiten auf und konzentriert sich auf die Tragwerks- und Fassadenelemente. Entwurf und Konstruktion sowie Aspekte der Herstellung und Montage werden behandelt. Mit Beispielen.

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ISBN 978-3-433-03453-8

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Bachmann, M. Tillmann, S. Urban Bauen mit Betonfertigteilen im Hochbau

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